Blogartikel 216: Legendäre Schauplätze 3: Channodin

Posted April 23rd, 2017 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

heute suchen wir mal einen Ort des Oki Stanwer Mythos auf, den ihr erst in rela­tiv ferner Zukunft zu sehen bekommen werdet – dennoch kann ich die Frage gleich beantworten, warum ich euch denn wohl unter diesen Umständen jetzt schon an diesen Schauplatz führe. Das hat etwas damit zu tun, wer dort lebt. Ihr werdet das gleich näher verstehen, wenn ich ein Stück aus der Eingangsepisode, in der dieser Schauplatz in Erscheinung tritt, hierhin kopiert habe. Werft einen näheren Blick hierhin:

Vaad zuckte mit dem gellenden Aufschrei wieder hoch und saß senkrecht in seinem brei­ten, runden Bett. Schweiß perlte am ganzen Körper herab.

Er fühlte Faajids sanfte Hände, die seinen Nacken massierten. Langsam merkte er, wie sich die Spannung milderte.

„Der alte Alptraum?“, fragte sie mitfühlend.

„Ja“, murmelte er, entzog sich ihr und rollte sich aus dem Bett. Er zog sich den Amtsman­tel über und schnürte die silberne Schnur zu. Ruhelos marschierte er über den Lebenden Tep­pich, der ihn nicht zu beruhigen vermochte. „Wieder. Und diesmal war es der Feuersturm!“

„Du musst dir nicht so viele Gedanken machen!“, meinte seine Gefährtin. Sie setzte sich auf den Rand des Bettes und schob sich lasziv zurück, so dass er die dunkle Mulde zwischen den Schenkeln sehen konnte.

Diesmal allerdings hatte diese Geste nicht die gewünschte Wirkung.

Vaad seufzte. „Lass es gut sein, Faajid. Heute bringt das nichts. Selbst wenn du wirklich noch wolltest. Du hast gestern Abend schon genug davon gehabt.“

Schmollend zog sich das schwarzhaarige Mädchen, das mit acht Jahren gerade erwachsen geworden war, in das weiche Bett zurück und zog sich aus der geheizten Schale auf ihrer Sei­te den Tuchsymbionten hervor und schob ihn zwischen die Beine. Da das Wesen Wärme such­te, kam es gleich zu der Stelle, die Faajid dafür vorgesehen hatte.

Während sie sich aufseufzend ihrer Lust überließ, ging Vaad, der Erste Diener des Staates, zum elliptischen Fenster und sah über die Brüstung hinaus auf die mit weichem, grünem Fluo­reszenzlicht erhellte Stadt Channodin hinab. Der mächtige Höhlendom, den ihre Ahnen er­schlossen hatten, war weitgehend gefüllt mit den Pilzgärten, den weit gestreckten Arbeiter­quartieren mit den flachen Dächern und den überall angesetzten Fluoreszenzbetten, die auch neben den öffentlichen Verkehrsadern entlangliefen, neben den Magnetbahnen und den hohen, grauen Fabrikkomplexen, die im hintersten Winkel der Stadt lagen.

In der gewaltigen, vielfach gewundenen und verwinkelten Höhle der Elf Seitengänge, in der die Stadt Channodin lag, hatten sie viel geschaffen.

Stolz blickte er auf die großen Teiche hinab, in denen die Olmzuchten lagen, er widmete einen kurzen Blick dem hohen Eingang, der bestimmt hundertfünfzig Meter hoch war, hinter dem er das Tiefenkraftwerk wusste. Dort wurde aus vulkanischen Gasen, heißem Dampf und der Tiefenwärme Energie für das Beheizen der Pilzgärten und der Schimmelkolonien gewon­nen, die die Beleuchtungsenergien sicherstellten.

Sein letzter langer Blick galt dem schwarzen Portal in der Felswand direkt gegenüber dem Residentenpalast, achtzehn Kilometer in der Luftlinie entfernt. Dort brannten einzig die Ewi­gen Feuer in den Gasschüsseln, beiderseitig neben dem hohen dreieckigen Portal, das mit der Spitze im Boden versenkt war.

Das Tor war der Eingang zum Heiligen Tempel der Weissagung. Die Priester der Wahr­heitsreligion waren die einzigen, die imstande waren, Träume richtig zu interpretieren. Dass es dabei auch Schwierigkeiten gab, war verständlich, denn sie hatten einstmals erklärt, als ei­nige bedeutende Träume falsch ausgelegt worden waren, die Träume seien so ein weites Feld wie eine nicht aufgeklärte Schlachtordnung des Feindes. Da es viele Wege zum Ziel und zum Sieg gab, konnten sie nicht alleine für sich den einzig selig machenden beanspruchen.

Auch die Götter der Wahrheit hatten da unterschiedliche Auffassungen vom Ziel der Weis­heit und Wahrheit selbst. Wenn sie, die Priester, sich anmaßten, zu wissen, was stimmte, dann wäre das Hybris und gotteslästernd. So war eben die Wahrsagerei ein schwieriges Geschäft, die Traumdeuterei desselben, und wenn auch die Priester eher imstande waren, die Nebel des Nichtwissens zu durchstoßen, als es die Nichtkundigen waren, so war es doch keineswegs sicher, dass sie hundertprozentig trafen.

Das hatte auch Vaad eingeleuchtet.

Der Erste Diener des Staates, den er mitgeformt hatte, nachdem er vor vier Monaten gene­sen und wieder in Amt und Würden eingeführt worden war, seufzte, als er hinter sich Faajid hell aufstöhnen hörte. Der Symbiont war wohl wieder froh, wenn er Körperflüssigkeit trinken konnte…

Wir befinden uns hier in einer unterirdischen Wunderwelt, und Channodin, um das es in diesem Beitrag gehen soll, ist das Zentrum der Aufmerksamkeit. Die obige Szene stammt aus dem Jahre 1994 und aus dem KONFLIKT 24 des Oki Stanwer Mythos, der Serie „Oki Stanwer – Der Neutralkrieger“, genauer gesagt aus Episode 6 „Die Vernichtungsfelder“.

Die Bewohner von Channodin, dieser wunderbaren unterirdischen Metropole, in der archaische Technologie neben vergleichsweise hoch entwickelter Technik besteht – und man achte bitte auch ganz explizit auf die Form des Tempelpor­tals! – , sind von der Statur her kleine Humanoide. Wir würden sie auf den er­sten Blick als zwergenhaft betrachten. Seltsame Wesen mit großen Köpfen und einer fast lackschwarzen Haut.

Das kommt euch bekannt und vertraut vor? Herzlich willkommen beim nächsten Crossover des OSM – natürlich kennt ihr die Urahnen dieser Wesen. Die Urah­nen hörten auf den Volksnamen Shonta, und sie sind euch in KONFLIKT 2 „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ (TI) über den Weg gelaufen, wenn ihr zu den regelmäßigen Lesern dieser Serie gehört.

In KONFLIKT 24 hat ein Splittervolk der Shonta, das ihr beizeiten unter ihrem neuen Artnamen Mörder noch näher kennen lernen werdet, die tiefen Kavernen einer Welt besiedelt, die sich durch starken Vulkanismus auszeichnet und durch eine permanente Belagerungssituation. Channodin, eine große Metropole mit enormer militärischer Macht, steht in starker Konkurrenz zu zahlreichen be­nachbarten unterirdischen Stadtstaaten, und in Channodin hat der Erste Diener des Staates, ein Feldherr namens Vaad, vor relativ kurzer Zeit die Macht an sich gerissen und ist auf Expansionskurs.

So weit, so gut.

Doch dann taucht bei einer Erweiterung Channodins ein rätselhaftes Phänomen auf – ein blaues Ellipsoid, das offensichtlich aus reiner Energie besteht und einen mysteriösen Tunnel mitten im Fels hinterlässt… Vaad, der eine feindliche neue Waffe wittert, schickt eine Expedition in diesen Tunnel hinein und will die­ses Phänomen genauer erforschen lassen.

Wohin das alles noch führt, würde an dieser Stelle zu weit gehen, wollte ich das explizit schildern. Ich deute nur an, dass diese so genannten „Vernichtungsfel­der“ ein fatales Verhängnis über die gesamte unterirdische Welt der Mörder bringen. Und dass das alles etwas mit einer unbegreiflichen Spezies zu tun hat, die man bald als Transversalisten bezeichnen wird.

Channodin jedoch ist ein Schauplatz, auf den ich beizeiten gern zurückkehren möchte, um ihn etwas genauer zu examinieren. Es ist mir bewusst, dass hier noch enormer Beschreibungsbedarf existiert, selbst wenn ich erst 1994 diese Welt entdeckte und beschrieb. Das liegt nun auch schon über 20 Jahre zurück, man glaubt es wirklich kaum.

Ein wenig erinnert diese unterirdische Welt zweifellos an Jules Verne… mit dem Unterschied, dass er sie sicherlich nicht mit schwarzen Zwergenwesen bevölkert hätte oder mit Lebenden Teppichen oder Tuchsymbionten, die Körperflüssigkei­ten aufsaugen und Frauen dadurch munter zum Orgasmus bringen… in gewisser Weise ist Channodin eine Welt direkter, vulkanischer Emotionen. Dann aber gibt es auch wieder diese Wahrheitsreligion mit ihren spirituellen Orakelfunktionen, die ein mystisch-animistisches Element einfügen.

Generell koexistieren in der Stadt Channodin, in der mehrere tausend Mörder in einem strikten Kastensystem leben und arbeiten, sowohl Elemente des technolo­gischen Fortschritts wie des rigiden religiösen Fundamentalismus´ nebeneinan­der. Die Mörder betrachten das durchaus nicht als Widerspruch, sondern sind sich dessen absolut bewusst und empfinden es als ganz normal.

Wie entsteht eine solche unterirdische Gemeinschaft wie Channodin? Das ist eine noch nicht geklärte Frage. Aber diese Entwicklung ist zu dem Zeitpunkt, zu dem Channodin besteht, bereits rund 25 Milliarden Handlungsjahre alt. Wie ich dazu komme, das so sicher und gewiss zu sagen? Nun, in KONFLIKT 19 „Oki Stanwer – Der Missionar“ (DM), der eben entsprechend früher zeitlich gelagert ist, existiert auch schon eine unterirdische Kultur der Mörder in der Unterwelt des Planeten Dawson.

Im weiteren Verlauf des KONFLIKTS 24 wird allerdings noch ein weiterer Grund – neben der quasi überkosmischen historischen Entwicklung – genannt: Als in einer späteren Folge dieses Handlungsstrangs der Helfer des Lichts Colin Gablon auf die Heimatwelt der Mörder verschlagen wird, in deren Tiefen sich Channodin befindet, ergibt sich die wirklich bizarre Möglichkeit, im Wahrneh­mungsfokus eines Transversalisten mit zur Oberfläche des Planeten gebracht zu werden… und dies ist eine Erfahrung, die Colin fast umbringt.

Warum?

Weil nach seinen Wahrnehmungen die Oberfläche von der Strahlung der SIE­BEN SIEGEL VON TOTAM regelrecht geröstet wird. Nichts und niemand, was der regulären Evolution entstammt, vermag an der Oberfläche die ersten paar Sekunden zu überleben. Die Oberfläche des Planeten ist vollkommen lebens­feindlich.

Daraus resultieren natürlich weitere Fragen.

Eine führt in die Richtung, wie wohl die Mörder diese Welt besiedelt haben mö­gen… zweifellos nicht mit Hilfe von Raumschiffen. Sie wären tot gewesen, ehe sie auch nur die Oberfläche berührten. Wie aber dann?

Eine weitere fragt nach dem Grund. Wenn diese Welt so lebensfeindlich ist, wie­so sind sie überhaupt dorthin gelangt? Durch Zufall? Wurden sie ausgesetzt? Sollten sie Kolonisten sein? Wächter?

Das sind tiefschürfende, aber allesamt noch unbeantwortete Fragen. Höchst­wahrscheinlich kann man im Tempel der Wahrheitsreligion von Channodin dazu mehr erfahren, doch bin ich soweit noch nicht vorgedrungen.

Was ich zwischendrin verfolgte, war auch weniger das Alltagsleben der Bürger Channodins, als vielmehr die ausgesandte Expedition in den Tunnel des Trans­versalenfeldes… so nennt man die „Vernichtungsfelder“ recht eigentlich. Beizei­ten habe ich fest vor, dorthin zurückzukehren, nach Channodin. Aber dies wird erst deutlich nach Band 50 der Serie geschehen. Und das bedeutet, frühestens im Jahre 2018 kann ich mich um diese Angelegenheit kümmern.

Dennoch spürt ihr schon an den obigen Zeilen – es gibt noch sehr viel zu Chan­nodin zu erforschen. Für den Moment habe ich euch diesen Handlungsschau­platz vorgestellt. Damit will ich es für den Augenblick bewenden lassen.

In der nächsten Woche erzähle ich euch, was ich im Monat Januar 2017 so alles schreiben konnte… ist nicht wirklich viel gewesen. Ihr seht Näheres am kom­menden Sonntag.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

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