Liebe Freunde des OSM,

es ist immer ein wenig bedauerlich, in der heutigen Zeit an das Ende von Kurz­zyklen zu gelangen – ich sagte verschiedentlich schon, dass es seit ein paar Jah­ren in Mode gekommen ist, seitens der Verlage eine stärkere Betonung auf Kurzzyklen im Buchprogramm vorzunehmen. Namentlich gilt das für erotische Romane, wo man es zumeist mit Trilogien zu tun hat, manchmal auch mit Vier­teilern (Zyklen mit sieben oder mehr Bänden wie bei Anna Todd oder Vina Jack­son sind seltener). In diesem Fall fiel es mir besonders schwer, Abschied zu neh­men.

Das will was heißen? Oh, aber ganz gewiss, Freunde!

Ihr werdet das in den bisherigen Rezensionen der ersten beiden Bände sicher­lich deutlich registriert haben, dass hier starke Sympathie für Cassie Robichaud und die Organisation S.E.C.R.E.T. in meinen Reflexionen mitschwingt, und das ist völlig korrekt. Die vorliegende Trilogie ist ein Musterbeispiel für eine engagier­te, romantische Autorin, die sich am Ende schwer damit tat, ihre Protagonisten wieder verlassen zu müssen. Ich könnte an dieser Stelle sicherlich auch Sylvia Day mit ihren Hauptfiguren Gideon Cross und Eva Tramell nennen (Rezensio­nen folgen noch) oder Julie Kenner mit dem inzwischen recht ausgedehnten Personen- wie Romankosmos um Damien Stark und seine Frau Nikki Fairchild (üblicherweise unter dem Sammelbegriff „Damien Stark and Friends“ zusam­mengefasst; auch hier werden die Rezensionen anno 2019 folgen).

L. Marie Adeline hat einen Mordsspaß beim Schreiben dieses Buches gehabt, und das lässt sie den Leser spüren. Damit, so würde ich sagen, aber genug der Vorrede. Wer wissen möchte, wie die Geschichte in die Endrunde ging, der lese bitte weiter:

S.E.C.R.E.T. 3 – Enthülltes Geheimnis

(OT: S.E.C.R.E.T. Revealed)

von L. Marie Adeline

Heyne 54581

368 Seiten, TB

9.99 Euro, Mai 2015

Aus dem Englischen von Nicole Hölsken

Alles hätte so gut sein können. Aber das Schicksal will es wieder einmal anders… oder der Autorinnenwille oder die Absprache mit dem Verlag, wie auch immer. Tatsache ist jedenfalls Folgendes:

In Band 1 des Zyklus erlebten wir die Begegnung der 35jährigen verwitweten Kellnerin Cassie Robichaud mit den Frauen der geheimen Gesellschaft S.E.C.R.E.T., deren Ziel es ist, Frauen wie sie wieder an die eigene Sexualität her­anzuführen. In dem Wunsch, ihrem Chef Will Foret wieder näher zu kommen, ließ sich Cassie letztlich auf die Prüfungen ein, die S.E.C.R.E.T. ihr auferlegte und für die sie am Ende ein Armband mit zehn goldenen Charm-Anhängern besaß, jede für eine erfolgreich absolvierte Prüfung. Und zum Schluss des ersten Ban­des sah alles so aus, dass Cassie tatsächlich Wills Herz erobern würde… bis Wills gegenwärtige Freundin Tracina ihm gestand, schwanger von ihm zu sein, wor­auf er ihr pflichtschuldig die Heirat versprach – und Cassie so in die Arme von S.E.C.R.E.T. zurücktrieb.

In Band 2 war die immer noch zutiefst unglückliche Cassie in der Gesellschaft aufgestiegen zur Begleiterin des neuen Schützlings, der jungen Unternehmerin Dauphine Mason. Gleichzeitig, während Dauphines erotische Wunschphantasi­en umgesetzt wurden, die sie bis nach Buenos Aires führten, näherte sich Cas­sie nach und nach immer stärker dem attraktiven Koch Jesse an, mit dem sie oft und regelmäßig das Bett teilte. Ihr Herz hing immer noch an Will, doch er war nun definitiv für sie unerreichbar – wegen Tracina und dem Baby.

Doch gerade als Tracina das Kind bekam, tauchte (und das war jetzt für den Le­ser nur bedingt überraschend) der wahre Vater des Kindes auf, ein Politiker na­mens Carruther. Auf diese Weise wurde Will von Tracina „gelöst“ und war nun wieder „frei“ für Cassie, dem von Anfang an seine ganze Zuneigung galt. Ende gut, alles gut, könnte man sagen… aber wer das dachte, freute sich zu früh.

Cassie wagte es nun sogar, ihren geliebten Will mit zu einem Event von S.E.C.R.E.T. zu nehmen – denn die Gesellschaft wagte jetzt notgedrungen den Schritt in die Öffentlichkeit. Bislang hatte sie sich aus dem gelegentlichen Ver­kauf teurer Gemälde finanziert, doch der letzte Verkauf in Buenos Aires, der 15 Millionen Dollar eingebracht hatte, war unter betrügerischen Bedingungen er­folgt. Der schon im Band 1 in Erscheinung getretene Millionär und Playboy Pierre Castille erwarb es in der Absicht, die Ziele der Gesellschaft stärker beein­flussen zu können. Deshalb war Matilda Greene, die Leiterin von S.E.C.R.E.T., der festen Überzeugung, die Gesellschaft würde alsbald ihre Tore schließen müs­sen, aus schierem Geldmangel.

Wie gesagt, während zwischen Dauphine ihr Glück fand und Cassie und Will of­fenkundig wieder zusammen fanden, hätte am Ende dieses Bandes fast alles gut sein können… wenn nicht ein betrunkener Pierre Castille aufgetaucht wäre, der Cassie unverhohlen unterstellte, eine ordinäre Nutte zu sein und jeden Charm ihres Armbandes mit Sexdiensten gegenüber fremden Männern „er­kauft“ zu haben (wobei er dummerweise aus Erfahrung sprach, denn in Band 1 hatte Cassie mit ihm leidenschaftlichen Sex gehabt).

Diese jähe Offenbarung führte dann zum erneuten Bruch zwischen Will und Cassie und ihrem erneuten Rückzug zu S.E.C.R.E.T. und in die Arme von Jesse. Ich dachte – wie sicherlich auch viele Leserinnen: Will ist so ein Strohkopf! Aber die Handlungsdramaturgie ließ ihm wohl keine andere Wahl. Auch die Zukunft der Gesellschaft stand somit weiterhin auf Messers Schneide.

Dies sind also die Ausgangsbedingungen, unter denen dann das dritte Abenteu­er um Cassie Robichaud stattfindet. Ihr neuer Schützling, offenbar der letzte, fi­nanzbedingt, ist die höchst erfolgreiche, geschiedene farbige Journalistin Solange Faraday, die von ihrem Mann Julius getrennt lebt und deren gemeinsa­mer, zehnjähriger Sohn Gus zwischen ihnen hin und her pendelt.

Während das Café von Will Foret und Cassie Robichaud um ein Restaurant erweitert wird, das Will ungeachtet ihres persönlichen Zerwürfnisses „Cassie’s“ nennt, wo neue Personen die Bühne des Schicksals betreten, wird Solange von S.E.C.R.E.T. rekrutiert und durch ihre ganz private, prickelnde Abenteuerslalom­bahn erotischer Phantasien geschleust. Dabei erweist sich, dass Solange zwar eine mutige Person ist, sie aber über ganz bestimmte Hemmnisse und Schwie­rigkeiten verfügt, die sie in spezieller Weise hemmen.

Da ist beispielsweise das Problem, dass sie eine sehr öffentliche Person ist. Fol­gerichtig macht sie sich sehr, sehr viele Gedanken darum, was andere, die sie kennen, wohl denken werden, wenn sie davon erfahren könnten, was sie gera­de tut – sexuelle Abenteuer mit anderen Personen ausleben als ihrem Exmann Julius. Und erst recht fürchtet sie sich davor, dass Fotos davon an die Öffentlich­keit kommen könnten… was S.E.C.R.E.T. munter dazu nutzt, sie kurzerhand in ein erotisches Fotoshooting zu schleusen und in einem Sexvideo ihre hem­mungslose Lust zu dokumentieren…

Besonders pikant wird die Situation aber, als Solange als Herausforderung for­muliert, dass sie unbedingt mit einem ganz bestimmten Mann zusammenge­bracht werden will, der sich sonst überhaupt nicht in der Öffentlichkeit zeigt – ausgerechnet mit Pierre Castille, der inzwischen in Paris lebt. Matilda hat dage­gen aus sehr verständlichen Gründen massive Einwände, aber Solange bleibt absolut eisern und läuft prompt in eine fatale Falle…

Parallel dazu erfolgt endlich auch mal eine Blende hin zur Ausbildung der männ­lichen Mitglieder von S.E.C.R.E.T., die ja für die Realisierung der Phantasien un­abdingbar sind. Da kommen ein paar niedliche, aufreizende Szenen zusammen. Noch heftiger aber wird es dann gegen Schluss des Romans, als Cassie den nächsten Kandidaten ausbilden soll, diesmal zu ihrer Verblüffung einen Mann, und dazu noch einen, der ihr auf eigenartige Weise sehr bekannt vorkommt, was ganz besonders pikante Probleme hervorruft…

Der dritte, abschließende Band der erotischen Abenteuer um Cassie Robichaud war ein schönes und im hinteren Viertel unsagbar vergnügliches Buch, das ich wieder mal in nur zwei Tagen hemmungslos verschlungen habe, gegen Ende habe ich mit dem Kichern kaum wieder aufhören können, weil es so süß wurde, echt. Allein diese rund 30 Seiten sind den Kauf des Buches gewiss wert. Es war kaum möglich, es aus der Hand zu legen, was an der erneuten verschränkten Kapitelstruktur lag. Zwar endete nicht jedes Kapitel mit einem Cliff-hanger, aber oft genug war das schon der Fall. Und da dann stets ein Solange-Kapitel folgte, war ich als Leser auf süße Weise „genötigt“, stets zwei Kapitel weiter zu lesen… geschickt gemacht von der Autorin! Respekt!

Noch mehr gefallen hat mir dann aber, dass die Bände tatsächlich von Roman zu Roman LÄNGER wurden, dieser hier war 60 Seiten stärker als der Anfangs­band – so sollte es bei Romanzyklen generell sein, da die Struktur komplexer wird und auch die Personenriege üblicherweise zunimmt. Als Negativbeispiel taugt dagegen: „80 Days“ von Vina Jackson. Hier wurden die Bände immer kürzer, da die beiden Autoren nichts Substanzielles zu erzählen hatten. Sie enthielten grundsätzlich nicht soviel Text wie diese vorliegenden Bücher und waren überdies so distanziert-überfliegerhaft gestaltet, dass man mit den Personen nicht wirklich mitfühlen konnte. Mein Tipp darum: haltet euch also als kluge Leser besser an die vorliegende Trilogie, davon habt ihr entschieden mehr, zudem noch für sehr viel weniger Geld!

Die Textsteigerung von Band zu Band signalisiert m. E. deutlich, dass die Verfas­serin sich deutlich stärker als andere Autorinnen in ihre Protagonisten hinein­versetzen wollte und es ihr dann doch recht schwer fiel, am Ende wieder loszu­lassen. Ich hatte das Gefühl, sie hätte gern noch hundert Seiten weiter geschrie­ben… und ich hätte nichts dagegen gehabt, sie auch zu lesen.

Es ist außerdem schön zu sehen, dass wieder einmal ein paar meiner Vermu­tungen nicht eintrafen, und es machte ferner Spaß, mit Solange Faraday eine sehr energische farbige Journalistin kennen zu lernen, die wirklich konzentriert am Erreichen ihrer Berufsziele arbeitete… und dann auf der anderen Seite doch auch die Möglichkeit bekam, ihre Sexualität wieder zu entdecken und zu einem harmonischen Liebesleben zurückzufinden.

Ja, die Handlungsschiene mit Pierre Castille kam mir etwas sehr gekünstelt vor, gebe ich zu. Da zeigte sich, dass sie die anfänglichen Erwartungen an den „Fins­terling“ Castille aus den ersten beiden Bänden nicht wirklich halten konnte. Das ist allerdings ein Problem zahlreicher erotischer Romane, dass sie außerstande sind, wirkliche Bösewichte zu bringen oder wahrhaftig bedrohliche Konflikte. Und natürlich ist Adeline eine Romantikerin reinsten Wassers, die an eine Form von Liebes-Vorbestimmung glaubt… wenn man das zeitig entdeckt, könnte es sehr gut sein, dass die Romane stark an Reiz verlieren. Ich sah diese Pfade zwar auch recht deutlich, und insbesondere der des vorliegenden dritten Romans ist da sehr vielsagend… aber sonst hat er mir sehr gefallen, und ich kann ihn guten Gewissens weiterempfehlen.

Schade halt nur, dass er, wiewohl der längste der Trilogie, immer noch zu kurz war und zu schnell ausgelesen – nun, ihr kennt das ja: Gute Bücher sind immer zu kurz. Bei dem hier trifft diese Feststellung definitiv den Nagel auf den Kopf.

Klare Leseempfehlung!

© 2017 by Uwe Lammers

Aus dem sonnigen Süden der Vereinigten Staaten machen wir in der kommen­den Woche – Vorsicht, Kontrastprogramm! – eine Stippvisite in einer wirklich frostigen Ecke der Welt. Da zieht ihr euch aber besser gut an… alles Weitere er­fahrt ihr dann in der kommenden Woche. Ich freue mich schon auf euren Be­such.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe

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