Liebe Freunde des OSM,

überrascht, schon wieder so zeitig die nächste Lektion in OSM-Kosmologie zu erhalten? Nun, ich deutete früher bereits an, dass die Lektionen zwar in relativ weiten Abständen kommen, es aber durchaus passieren kann, wenn die Hand­lungsführung es erfordert, einige rascher aufeinander folgen zu lassen. Heute ist es also mal soweit, dass ich mein letztes Versprechen in die Tat umsetze.

Vor vier Wochen befassten wir uns im Blogartikel 162 mit dem Thema Kosmo­logie und Religion, und ich deutete an, dass ich bald noch mal darauf zu spre­chen kommen würde. Das ist also heute der Fall, und zwar aus gegebenem An­lass.

In der neuen Storysammlung „Als Tiyaani noch ein Kind war… Phantastische Geschichten von Uwe Lammers“, die in ein paar Wochen online geht, findet ihr eine OSM-Geschichte mit einem völlig unspektakulären Titel vor, die euch gerade­wegs in einen Alptraum katapultiert und mitten in ein kosmologisches Minen­feld.

Heimweh“ ist, von der Emotion her betrachtet, ein völlig begreifliches Gefühl. Aber wie ist das, wenn man Heimweh als eine Form von Krankheit empfindet – und zwar, nachdem man gestorben ist?

So geht es dem käfergestaltigen Oheetir Shaygül, als er überraschend an einer Seuche auf seiner Heimatwelt Höolyt in KONFLIKT 21 des Oki Stanwer My­thos stirbt (vgl. beizeiten dazu dann auch die Serie „Oki Stanwer – Fürst von Leucienne“ (FvL)).

Statt im Oheetir-Paradies zu erwachen, stürzt seine Seele in einen peinigenden Schacht aus Feuer… und dann wird er wiedergeboren – als lebendes humanoides Skelett mit einem Brustpanzer aus schwarzem Kristall und einem Hightech-Ka­rabiner in den Knochenhänden.

Shaygül ist ein Totenkopf geworden – ein lebender Toter und soldatischer Krie­ger in TOTAMS unheimlicher Monsterarmee, der LEGION (mehr dazu erfahrt ihr übrigens auch im Herbst 2016 in Annalen 6: „Mein Freund, der Totenkopf“).

Das ist schon sehr ernüchternd, um es vornehm auszudrücken. Die meiste Zeit ist er völlig konsterniert.

Es wird noch schlimmer, denn bald entdeckt er im Trainingsfeld mit Millionen weiterer Totenköpfe, die ihre Kampffähigkeiten im mörderischen Krieg gegen­einander erproben und nach jeder Vernichtung von neuem als Totenkopf im In­nern der Hohlwelt TOTAM reinkarnieren, dass er hier durchaus nicht nur auf ge­storbene Oheetirs stößt.

So kommt es zu der grotesken Situation, dass er zusammen mit einer Gruppe von Totenköpfen in einem Sprengtrichter sitzt und ratlos seinen Gefährten lauscht, die unbegreifliche Gespräche führen.

Da wird von Besteigung von Bergen gefaselt (was für ihn keinen Sinn ergibt).

Einer seiner Gefährten erzählt etwas von einer LIGA, in der er einen hohen Rang innehatte (auch das macht für Shaygül eher keinen Sinn).

Und dann meint ein weiterer leidenschaftlich: „Die Baumeister sind an allem schuld!“

Tja, fragt er sich, was um alles in der Welt mögen wohl Baumeister sein? Und woran sollen sie schuldig sein? Er kann diese Frage nicht lösen.

Für euch könnte diese provokative Bemerkung aber schon etwas erhellend sein. Ihr wisst schließlich beispielhaft um die Rolle der Baumeister im Zusammen­hang mit der Entstehung des yantihnischen Volkes in KONFLIKT 2 „Oki Stan­wer und das Terrorimperium“ (TI). Wenn ihr euch schon gründlicher durch die veröffentlichten Geschichten geschmökert habt, dürftet ihr euch auch an solche Dinge wie das „Haus ohne Anfang und Ende“ erinnern und seinen hekaroni­schen Wächter GOON-TAAS (vgl. dazu die Storysammlung „Ein Passagier der R.M.S. TITANIC und andere phantastische Geschichten“, hierin die Ge­schichte „Hüter des Shanna Djannir“) bzw. auch an die traumatisierenden Er­fahrungen, die ein chinesischer Lunargeologe namens Dr. Lu Chen-Chuyang auf dem irdischen Mond gemacht hat (vgl. dazu die Storysammlung „Reinkarnati­on und andere phantastische Geschichten“, hierin die Story „Die Interventi­on“).

Ja… wenn man sich das so anschaut, dann kann man als umfassend informierter Leser nicht umhin, zu konstatieren, dass das, was der Totenkopf, dem die obige Bemerkung entschlüpfte, nicht völlig falsch ist. Die Spuren der Baumeister fin­den sich tatsächlich überall im Kosmos. Das ist ja auch ganz das Credo des Be­rinnyers Shaslacanyoorid im Roman „Ian und der Stein der Götter“ gewesen.

Ach ja, und entsinnt ihr euch noch an den Roman „In der Hölle“ sowie jüngst an „Jaleenas zweites Leben“? Beide spielen ja im INSEL-Imperium in KON­FLIKT 4 („Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ (IR)), und das ist bekanntlich das Reich der Baumeister.

Es kann also jetzt schon als sicher gelten, dass die Baumeister einen sehr prä­genden Einfluss auf weite Teile der OSM-Universen ausüben. Wie weitgehend dieser Einfluss ist, werdet ihr noch bei der weiteren Lektüre der E-Books entde­cken, insbesondere dann, wenn ich erst mal dazu komme, euch in weitere Seri­enuniversen einzuführen. Das dauert noch ein bisschen.

Dennoch… wir müssen die obige, ressentimentgeladene Bemerkung ein wenig relativieren, und damit komme ich auf den spirituellen Kern aus dem letzten Kosmologie-Artikel zurück. Der gute Berinnyer-Totenkopf hat ein Problem mit den Baumeistern, das ist natürlich sein gutes Recht, und ich wäre der letzte, der behauptete, dass der Kontakt mit Baumeistern unproblematisch ist. Meistens ist er das nicht. Und wenn man Pech hat, ist er sogar tödlich (hängt davon ab, unter welchen Umständen er erfolgt und welchem Volk man entstammt… beispiels­weise).

Dennoch sind sie durchaus nicht an allem schuld!

Erinnert euch an die Worte des Baumeister Nogon aus der TI-Serie. Er äußerst sich ja äußerst herablassend über Quins Einstellung zum Thema „Seele“ und hält die Existenz einer Seele für pure Selbsttäuschung, ja, für eine Form von Zweckoptimismus, für den es keinerlei Grund gebe (deutlicher erlebt ihr das am kommenden Sonntag in TI 26).

Der arme Oheetir Shaygül könnte ihm nun erzählen, dass das so ja wohl nicht der Wahrheit entspricht. Er würde insistieren, dass er sehr wohl eine Seele besit­ze. Was zweifellos stimmt.

Und damit einher geht natürlich noch eine andere Frage: Wenn die Baumeister mehrheitlich nicht an die Existenz einer Seele glauben, wie können sie sich dann wohl die Existenz von Totenköpfen erklären? Von den Dämonen von TOTAM schweigen wir an dieser Stelle, die sind noch ein ganz besonderes Kapitel der Kosmologie, das aber erst aufgeschlagen werden sollte, wenn ihr den ersten von ihnen begegnet seid.

Es ist wohl unumgänglich, dass wir hier wieder im Themenfeld der Religion und der Kosmologie landen, das kürzlich thematisiert wurde. Denn man begreift ja die Religion im strengen Sinne als ein spirituelles System, das in menschlichen Gesellschaften deshalb so erfolgreich wurde, weil es ein zutiefst menschliches Bedürfnis gibt, Klärung in letzten Fragen zu erhalten.

Da nichts in der uns umgebenden Natur – und im übrigen auch nichts in den Wissenschaften, soweit sie bislang etabliert sind – uns das Phänomen des Todes trostreich zu erklären vermag, füllte die Spiritualität eine essentielle Lücke. Der Verlust eines geliebten Menschen einerseits oder auch der drohende Verlust des eigenen Lebens andererseits erzeugt bei den meisten Mitmenschen die drängen­de Frage nach dem Sinn. Was für einen Sinn hat das Dasein, wenn der Tod alles ein für allemal und unwiderruflich zerstört? Ist dann nicht langfristig alles verge­bens?

Die „Erfindung“ der Seele war, könnte man sagen, die zwingende Konsequenz aus diesen unlösbaren „letzten“ Fragen. Die Trostwirkung der Religion in die­sem Punkt sollte man kaum geringschätzen, das wäre reichlich arrogant.

Aber der OSM geht gedanklich darüber hinaus, wie ihr wisst. Ich gehe als be­kennender Dualist ja davon aus, dass es so etwas wie eine Seele gibt, auch wenn ich keine Nachweismöglichkeiten kenne und selbstverständlich keine Gewiss­heit habe.

Im Rahmen des Oki Stanwer Mythos gehe ich zudem davon aus, dass es das Phänomen der Reinkarnation durchaus gibt, wenn auch etwas anders als im landläufigen Verständnis. Das gehört schon seit 1981 zu den Grundpfeilern des OSM, und daran halte ich auch fest.

Nun kehren wir zur Ausgangsfrage zurück: Sind auch daran, „die Baumeister schuld“?

Wenn wir es genau durchdenken: Nein, eher nicht. Insofern ist diese obige Un­terstellung, getroffen in einem Moment der Frustration und emotionalen Über­lastung, ungerecht.

Aber da wir nun einmal in einem physikalisch geprägten Kosmos leben, kom­men wir hier ebenso unweigerlich auf die Warum-Frage. Wenn es nicht die Bau­meister gewesen sind, die ursächlich für die Entstehung einer Seele verantwort­lich zeichnen – und dass es die Seelen gibt, ist offenkundig, davon legt die Story „Heimweh“ ebenso Kenntnis ab wie zahlreiche Geschichten des Oki Stanwer Mythos, die ihr noch nicht kennt – , dann fragt man sich, warum es sie gibt. Und, falls diese Frage irgendeinen Sinn ergibt, wer imstande wäre, so etwas zu erschaffen.

Götter sind im OSM nicht existent… also muss es eine andere Form von Erklä­rung geben. Doch ich fürchte, dafür, um in dieses Mysterium einzudringen, lie­gen euch definitiv noch zu wenige Hintergrundinformationen vor. Wir werden die Klärung dieser wichtigen Frage darum noch vertagen müssen.

Gleichwohl ist unser obiger Gedankenexkurs nicht völlig vergebens gewesen. Aufgrund der schieren Existenz von lebenden Toten ergibt sich eine höchst in­teressante Verkomplizierung der Realität.

Wie, das ist jetzt nicht einsichtig? Na schön, ich nehme einfach mal zwei Bei­spiele (beide im OSM übrigens schon thematisiert, einmal in KONFLIKT 19 „Oki Stanwer – Der Missionar“ (DM), einmal in KONFLIKT 21 „Oki Stanwer – Fürst von Leucienne“ (FvL) bzw. in KONFLIKT 24 „Oki Stanwer – Der Neu­tralkrieger“ (NK)):

Beispiel 1: Ihr habt jemanden umgebracht, aus welchem Grund auch immer. In unserer Welt ist die größte Sorge, die daraus erwachsen könnte, die vor den Strafverfolgungsbehörden. Wie das Verbrechen kaschieren, die Spuren verwi­schen, die Täterschaft tarnen, um eventueller Strafe zu entgehen?

Aber wenn im Rahmen des OSM die Toten eben nicht tot bleiben, dann ist damit eine noch viel beunruhigendere Entwicklung verknüpft – dann könnte der Er­mordete nämlich selbst zurückkommen und die Rache höchstpersönlich in die Hand nehmen.

Nicht wirklich witzig. Denkt mal drüber nach, Freunde! Diese Komplikation re­volutioniert auf bestürzende Weise solche Dinge wie den Sinn der Todesstrafe, um nur einen Aspekt zu nennen. Das schärfste Strafinstrument ist auf einmal stumpf wie ein Radiergummi…

Beispiel 2: Wenn man in einem hoch ideologischen Kampf Informationen final begraben möchte, kann man im Extremfall nicht nur alle Unterlagen vernichten, sondern auch alle Mitwisser ermorden. Kam in der Menschheitsgeschichte oft genug vor.

Aber wenn man nun den Kampf gegen TOTAM führt und TOTAM nun einmal gezielt die Toten zu neuem Leben erweckt, dann hat man jählings ein massives Problem mit der Geheimhaltung. Ich meine, dann gehen die Verstorbenen auto­matisch zum Gegner über, und der bekommt genau die Informationen, die man ihm unbedingt vorenthalten wollte. Was tut man dagegen? Die Leute daran hin­dern, zu sterben? Schwierig, um es vorsichtig auszudrücken.

Auch die Geheimhaltung erodiert unter solchen Gesichtspunkten dramatisch und macht eine grundlegende Wandlung durch.

Da merkt ihr mal, in was für schwierige und stürmische Fahrwasser der moderne OSM treibt… dahin verirrt sich die Phantastik üblicherweise allerhöchstens in exotischen Ausnahmefällen. In meiner Welt ist das hier eher der Normalfall, muss ich sagen.

Für heute, denke ich, raucht euch genug der Kopf. Der nächste Kosmologie-Bei­trag liegt noch in einiger Ferne, und nächste Woche an dieser Stelle kommt ihr auch wieder hübsch auf den Boden der Tatsachen zurück. Da geht es wieder um die Bebilderung des OSM.

Macht es gut, Freunde, und schaut wieder rein!

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

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