Liebe Freunde des OSM,

als das erste Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts zu Ende ging, als also das Jahr 2010 anbrach, da ruhte und rastete ich natürlich kreativ nicht… ich meine, so et­was seid ihr von mir ja auch gar nicht gewöhnt. Während ich noch lange nicht daran dachte, jemals so etwas wie einen Blog zu verfassen und regelmäßig wö­chentlich eine Website mit Inhalten zum Oki Stanwer Mythos und meinen sons­tigen kreativen Aktivitäten zu füllen, wurden meine Gedanken in ganz andere Richtungen gelenkt. Sagen wir, in die althergebrachten.

Vor fünf Wochen berichtete ich euch, dass das Jahr 2009 nahezu ausschließlich im Zeichen des tropischen Archipels stand, der den OSM gründlich an die Wand drückte. Das konnte auch kaum anders sein, arbeitete ich doch an einer ganzen Reihe sehr umfangreicher Romanprojekte zu dieser Welt, allen voran an „Rhon­das Reifejahre“.

Ich hatte mich inzwischen gut auf meiner Arbeitsstelle, im Landeskirchlichen Archiv in Wolfenbüttel eingelebt und bedauerte sehr, dass diese Arbeit befristet war, bis Ende April 2010. Einerseits nahm ich an, anschließend wieder etwas mehr Muße zum Schreiben zu haben, auf der anderen Seite wusste ich aber auch, dass mir die lieb gewonnenen Arbeitskollegen und das nette Ambiente sehr fehlen würden. Und so kam es dann auch.

Also versuchte ich, möglichst kreative Arbeiten voranzutreiben und mich von dem fast zwangsläufigen Trübsinn zu lösen. Dabei tauchten – ich steckte ja noch tief im zweiten Rhonda-Roman – immerzu neue Archipel-Geschichtenkeime auf. Da war zum Beispiel „Kerne und Flüche“, eine lustige und nach wie vor unvollendete Story über den legendären Antaganash und eine deutlich ältere Rhonda, quasi ein Blick in die Zukunft.

Dann begann ich mit den Arbeiten an einer Archipel-Chronologie, die allmäh­lich völlig unverzichtbar wurde. Es gab zu viele Daten, zu viele Personen, zu viele Handlungsstränge, die ich verfolgen und im Blick behalten musste… und es ist wirklich überraschend, wie hochkomplex solch eine Welt sein kann. Darin gleicht der Archipel tatsächlich unserer Welt.

Mit „Wie die Beziehungsgeister ihren Glauben verloren“ wuchs eine weite­re Tiyaani-Legende um die beiden älteren Töchter der Göttin Neeli (Ansiina und Tiyaani) heran. Mehrere Rhonda-Geschichtenkeime blühten auf, aber bis auf „Blindlings“ verharrten sie im Stadium handschriftlicher Skizzierung. Und auch die genannte Geschichte ist nur provisorisch erfasst.

Außerdem – dies alles passierte im Januar! – näherte ich mich spürbar allmäh­lich dem Abschluss von „Rhondas Reifejahre“… und dasselbe Phänomen, das ich früher schon bemerkt hatte, trat auf: Bilder aus dem Folgeroman drängten sich in meinen Verstand, in diesem Fall die aus dem dritten Rhonda-Roman „Rhondas Aufstieg“.

Gütiger Himmel, dachte ich mir, wo bleibt der OSM? Hat dieser Paralleltraum nicht endlich mal ein Einsehen mit mir?

Nun, es sah nicht danach aus.

Am 16. Januar schloss ich die dritte Variante des Archipel-Gesamtglossars ab (nun schon 406 Seiten lang), einen Tag später folgte die Variante 3 des Archipel-Begriffsregisters, das mir das Nachschlagen erleichterte.

Gegen Monatsende konnte ich endlich zwei kleine OSM-Glossare ergänzen, die zu „Sturm aus der Sternenballung“ und zu „Geheimdaten verweigert!“. War das ein richtiger Trost? Eher nicht.

Am 7. Februar folgte das OSM-Glossar für die Story „Die leblosen Doppelgän­ger“, dann rutschte ich mit Schreibarbeiten an den Rhonda-Romanen und „Vivi­ca auf Abwegen“ erneut gründlich in den Archipel ab, mit „Gashhoys Ge­schichte“ wucherte noch eine Archipel-Kurzgeschichtenidee (auch bis heute nicht abgeschlossen). Ach ja, und die OSM-Story „Revolte der Okis“ erhielt gleichfalls ein Glossar. Aber damit war der Monat Februar dann auch schon vor­bei.

Der 6. März brachte mich dem Abschluss des zweiten Rhonda-Romans näher. Da beendete ich endlich den achten Ordner des Romans (bis Seite 3.250!), eben­so konnte ich hier das Ordnerglossar vollenden… ach ja, und dann gab es wieder Archipel-Schreibarbeiten ohne Ende…, vom OSM wenig zu sehen. Das hatte auch damit zu tun, dass ich im März natürlich damit begann, meine Arbeiten im Archiv zu vollenden, damit alles fertig war, bis ich Ende April ausscheiden wür­de.

Und ja, ich fieberte wirklich schon auf den Moment hin, da „Rhondas Reife­jahre“ abgeschlossen sein würde… und wurde erneut auf die Folter gespannt.

Wieso?

Weil völlig überraschend eine weitere Archipelgeschichte aus dem Nichts mate­rialisierte, die – wie jüngst „Ein göttlicher Auftrag“ – eine Crossover-Ge­schichte darstellte. Und diesmal eine mit Nachwirkungen, was ich sofort zu spü­ren begann. Dazu sollte ich ein paar Worte mehr sagen, um euch das zu verdeut­lichen:

Gegen Schluss des zweiten Rhonda-Romans ereignet sich ein kleines soziales Drama im „Garten der Neeli“, in das Rhonda als Mitwisserin hineingezogen wird und das eskaliert, als sie die nervliche Belastung nicht mehr aushält und das Geheimnis beichtet.

Im „Garten der Neeli“ arbeitet als einer der Wächter des Grundstücks ein einst­maliger Gardist der Stadtwache von Asmaar-Len, der zwei Herren dient – ein­mal Panjit al Choor, dem Eigentümer des „Gartens“, dann aber ist er auch noch loyal gegenüber seinem vormaligen Dienstherrn Vaasid al Cooresh, dem Kom­mandanten der Stadtwache. Und in dieser „geheimdienstlichen“ Eigenschaft ab­sentiert sich dieser Wächter nun und begibt sich in eine Schänke, wo er den „Ge­heimbericht“ abfasst (die Story trägt nur den Titel „Der Geheimbericht“) und entstand wirklich in Windeseile.

Hier referiert er im Wesentlichen, was an jüngsten Turbulenzen in Panjit al Choors Haushalt vorgefallen ist… aber in dieser Schänke lernt der Referent halt auch ein Sklavenmädchen kennen, dessen Lebensgeschichte ihn an einen be­freundeten Gardisten erinnert.

Nun, der Archipel ist manchmal echt ein Dorf, das ist ganz wie im realen Leben – diese Story schließt also damit, dass der Berichterstatter sich dazu entschließt, seinem alten Gardistenfreund einen Hinweis auf dieses Mädchen zu geben. Und ehe ich mich versah, tauchte mit „Zwei Welten“ die nächste Story auf. Wirk­lich, so geht das hier ständig…

Und damit ihr begreift, wie scheiteltief ich hier jenseits meiner Archivarbeit di­rekt im Archipel und in diesem einen Roman steckte, sei erwähnt, dass ich am 8. April 2010, also nur einen Monat nach dem vorherigen Ordner, Ordner 9 des Romans „Rhondas Reifejahre“ vollendete und Seite 3.615 erreicht hatte.

Immer noch nicht am Schluss? Gott, nein, leider nicht. Aber es dauerte nicht mehr lange.

Wie lange? Drei Tage und rund 90 Seiten lang war dann der Schlussakkord, den ich bis Seite 3.702 unter den phantastisch inspirierenden Klängen des Soundtracks zu „Alice im Wunderland“ wie im Rausch herunterschrieb. Am Ende war ich fix und fertig, mehrheitlich mental. Die Schlusssituation des Romans war aber auch ein einziges Drama.

Gleichwohl dachte ich mir: Gottlob, jetzt habe ich erst einmal etwas Ruhe vor dem Archipel und kann mich endlich wieder um den Oki Stanwer Mythos küm­mern, den ich ja gründlich vernachlässigt hatte.

Schön wäre es gewesen.

Was passierte stattdessen? Das, was eigentlich immer geschieht, wenn ich ein Großprojekt vollendet habe – es sprudelten neue Geschichtenideen empor. In diesem Fall natürlich Archipelgeschichten: „Kapitän Taisanors Geschichte“, „Ana“, „Raubgut“… und dann machten sich auf einmal zwei längere Geschich­tenprojekte zusätzlich bemerkbar.

Nein, Freunde, das geht schief“, sagte ich den Texten ermahnend. „Ich kann nicht an zwei Archipel-Romanen zugleich arbeiten, das klappt nicht.“

Die Texte hatten kein Einsehen. Am stärksten drängte die 2008 begonnene Ge­schichte „Antaganashs Abenteuer“, die nun wahrhaftig keine Kurzgeschichte mehr blieb. Sie wucherte wie von selbst und sollte in Rekordzeit bis zum 10. Juni 2010 abgeschlossen sein (mit allerdings immerhin 531 Textseiten… und ich erwähne einfach nur mal so am Rande, dass ich am 8. Mai 2010 in dieser Ge­schichte gerade mal bis Seite 22 (!) gekommen war. Ihr seht also, in welch ex­plosiver Weise diese Geschichte sich ausdehnte – völlig unvorhersehbar).

Die andere Geschichte, an der ich schon seit dem Jahr 2000 arbeitete und schon recht gut voran gekommen war – wie ich vermutete, aber darin sollte ich mich täuschen – , stellte „Eine Adelige auf der Flucht“ dar. Diese Geschichte hatte bis zum 12. Mai immerhin schon fast 600 Seiten Umfang gewonnen, und ich nahm zuversichtlich an, sie würde deutlich eher abgeschlossen sein.

Selten so getäuscht.

Ich hatte in dreierlei Hinsicht Glück. Faktor 1: Wie oben erwähnt endete meine zeitliche Beanspruchung durch die Archivtätigkeit Ende April. Damit wurde un­endlich viel Zeit frei zum Schreiben. Faktor 2: Eine Folgebeschäftigung ergab sich so schnell noch nicht (das sollte erst im Oktober 2010 geschehen). Und Faktor 3: Der Antaganash-Roman schrieb sich in Windeseile fast von selbst fer­tig.

Erleichterung war allerdings nicht angebracht, wie ich schnell entdecken musste, als der Juni voranschritt. Zwar gelang es mir, die oben erwähnte „Beziehungs­geister“-Geschichte zu vollenden… indes nur um den Preis, dass mit „Rückzug ins Liebeskloster“ und „Begegnung mit dem Schicksal“ zwei weitere Archi­pel-Ideen ans Licht des Tages traten. Es war echt ganz unglaublich. Und, als wenn das noch nicht genügt hätte, erwies sich bald darauf, dass auch „Eine Adelige auf der Flucht“ deutlich länger werden würde als ursprünglich ange­nommen (Gladys Tvallach alias Yalana hätte eben nicht diesen verrückten Fluchtversuch machen sollen, der sie unvermittelt in eine versunkene Ruinen­stadt irren und schließlich Bekanntschaft mit den Dünendirnen machen ließ)… aber ich glaube, davon erzähle ich euch im nächsten Teil dieser Artikelreihe mehr.

Für heute möchte ich diesen Blogbeitrag, der mehr ein Archipelblog als irgen­detwas anderes gewesen ist, lieber schließen.

Lasst euch mal überraschen, wohin wir in der kommenden Woche reisen.

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

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