Liebe Freunde des OSM,

manchmal ist der Oki Stanwer Mythos, mein designiertes Lebenswerk, ja etwas, was Außenstehende mächtig beeindruckt. Ich wäre der letzte, der das bei dem riesigen Berg beschrifteten Papiers, den ich so angehäuft habe im Laufe der ver­gangenen dreißig Jahre, nicht verstehen könnte. Aber wenn man dann mal den Detailblick durch die Seiten scannen lässt… also, dann stößt man schon auf ech­te Kracher, und das meine ich jetzt im humorvollen bis dämlichen Sinne.

Ich habe euch schon einige Male auf solche Reisen in die Fehlerwüste des frü­hen OSM mitgenommen (vgl. dazu die Wochen-Blogs 29 und 70). Heute ist es also wieder mal soweit.

Jüngst schrieb ich eine sehr alte OSM-Episode ab und kam heute (13. Februar 2014) dazu, die Episode auch auf Glossarbeiträge durchzukämmen. Und sowohl bei der ersten Neubegegnung als auch vorhin musste ich wieder prusten. Ihr werdet gleich verstehen, weshalb. Doch um die Tiefe meiner kuriosen sprachli­chen Verirrung zu begreifen, sei vorab ein wenig zur Geschichte und dem Kon­text erzählt.

Die Episode ist angesiedelt im KONFLIKT 14 „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ (1983-1988). Sie stammt vom 18. Dezember 1983 und trägt die Signatur OSM 144. Eine steinalte Geschichte also. Die Episode, Band 10 der genannten Serie, heißt „Unbekannter aus Sternentiefen“, und es geht darin um die An­kunft des zweiten Helfers des Lichts, Klivies Kleines, in der Galaxis Hun’arc, in der das Sternenreich der insektoiden Cranyaa gerade dabei ist, unter TOTAMS Angriff zu implodieren. Kleines kommt also quasi wie die Feuerwehr, zusammen mit seiner Lichtfestung OREOC. Dummerweise wird er bereits erwartet.

TOTAM selbst ist zwar noch nicht zugegen, hat aber die Dämonenwaffe Rookax vorgeschickt, die seit Jahrhunderten im Zentrum von Hun’arc ein Mehrvölker-Sklavenreich etabliert und ein Volk von Klonwesen erschaffen hat, die Tsoffags, die nun das Cranyaa-Reich angreifen. Außerdem hat TOTAM den Dämon Dreno­sa auf den erscheinenden Klivies Kleines angesetzt.

Als die Cranyaa nun also auf Kleines stoßen, befindet sich der Helfer des Lichts schon im internen Kampf mit dem Dämon Drenosa, den er gerade soeben noch abwehren und vertreiben kann. Anschließend holt Kleines die Insektoiden auf die Lichtfestung und lässt von OREOC deren Erinnerung scannen. Von besonde­rer Bedeutung ist dabei der Cranyaa Kama-Ke, der einstige Kommandant der so genannten „Orakelwache“.

Er kommt direkt als Flüchtling von der Wüstenwelt Yurok, der Orakelwelt – und eben dort fand vor rund 700 Jahren der Erstkontakt der Cranyaa mit den Ge­sandten der Sieben Lichtmächte statt, namentlich mit dem Orakel Slek-Im, der ersten Helferin des Lichts, die seither die kosmischen Geschicke des Insektoi­denvolkes lenkte.

Kurz vor Kleines´ Ankunft ist Slek-Im Opfer eines Angriffs des Dämons Ormun geworden. Kama-Ke ist gerade noch die Flucht gelungen. Und ihm wurden von Slek-Im zwei Erinnerungsvisionen mitgegeben, die er Klivies Kleines mitteilen soll: in diesen Visionen erlebte Kama-Ke in den Bänden 8 und 9 der Serie die Ankunft der Dämonenwaffe und die Entstehung der Tsoffags mit.

Und nun also in jene erheiternde Szene, die ich im Dezember 1983 schrieb:

Komm näher, Cranyaa“, erscholl eine klirrende Stimme.

Die Stimme des Kristallwesens [d. h. Klivies Kleines].

Wer bist du?“, fragte der ehemalige Kommandant der Orakelwache.

Man nennt mich Klivies Kleines“, sagte das kristallene Wesen, „den zweiten Helfer des Lichts. Ich habe gehört, dass du vom Orakel einen Auftrag bekommen hast?“

Ja“, gab Kama-Ke zu, „zwei Visionen.“

Und er erzählte von den beiden Visionen des Grauens.

Nachdem er geendet hatte, herrschte lange Schweigen.

Dann meinte Kleines: „Es ist fast zu spät, du hast recht. Aber das Orakel Slek-Im hat uns gute Angelpunkte hinterlassen.“

Welche?“

Die Mogolker, Tsoffags, Soogrer, Calnarer und Synox. Wir werden alle diese Völker finden…“

Ich war so am Lachen bei der Abschrift, das war schon nicht mehr feierlich. Viel­leicht kann man das auf den ersten Blick nicht nachvollziehen. Es geht primär um das von mir fett hervorgehobene Wort und den Kontext. Ich zitiere mal mei­ne Fußnote Nr. 942, die ich bei der Abschrift schrieb, dann wird das sicherlich klarer:

Gott, ich musste eben bei der Abschrift so lachen, als ich auf diese Formulie­rung stieß. Es ist aber auch wirklich zu grotesk. Man stelle sich bitte mal vor, was geschähe, wenn man das wörtlich nähme: Klivies Kleines, ein Kristallwesen, sitzt an einem Bach und hält eine Angel, um Fische zu fangen, mit denen es nichts anfangen kann. Sekundiert wird Kleines von Cranyaa, Insektenwesen, die nun wohl ebenfalls Angeln halten, um Fische zu fangen, mit denen sie auch nichts anfangen können… das ist zum Brüllen komisch und völlig abstrus. Ge­meint waren ‚Ansatzpunkte‘, aber mir fiel erkennbar das passende Wort nicht ein. Und das Obige ist dann das Resultat. Das geht ja überhaupt gar nicht! Än­dern! Ändern!!!“

Tja, so degenerieren frühe OSM-Episoden zu ungeplantem Slapstick. Schweigen wir mal von der völligen Naivität der Protagonisten und ihrer einfach unmögli­chen Vertrauensseligkeit, etwa hier bei Kama-Ke.

Man stelle sich auch hier mal kurz vor, wie unrealistisch das eigentlich ist: da stoßen zwei Cranyaa (Kama-Ke und sein Kompagnon Olom-Ra) sowie eine Grup­pe in Raumnot geratener Cranyaa-Raumfahrer auf eine gigantische Kristallfes­tung, die sie anfangs anzugreifen scheint (in Wahrheit wehrt OREOC so den dä­monischen Angriff ab). Dann wird Kama-Ke zu Kleines in die Zentrale der Licht­festung transmittiert und freundlich-inquisitorisch befragt… doch statt nun Misstrauen, Skepsis und Reserve zu zeigen, ist Kama-Ke sofort freundlich und plaudert die Geheimbotschaft des Orakels aus.

Kleines könnte ja auch ein Feind sein und sich einfach nur als Kleines ausgeben, nicht wahr? Daran wird keine Sekunde ein Gedanke verschwendet. Als ich da­mals die Zeilen im Alter von gerade mal 17 Jahren schrieb, projizierte ich meine eigene Vertrauensseligkeit munter auf meine Protagonisten. Es gibt in diesen Episoden noch mehr solche Beispiele, wo sich etwa Raumschiffskommandantinnen darüber freuen, einen langweiligen, ereignislosen Job am Rande der Galaxis zu haben usw… was natürlich überhaupt nicht zur Stellenbeschreibung einer Kommandantin passen würde.

Von realistischen Schilderungen, glaubwürdiger Charakterisierung von Personen oder auch nur halbwegs plausiblen Dialogen war ich zu der Zeit noch sehr weit entfernt. Und es kann als sicher gelten, dass es noch eine Menge solcher „Bö­cke“ in den zahllosen Hunderten von OSM-Episoden gibt, die ich euch beizeiten sicherlich mal vorführen kann. Seid gewiss: wann immer ich so kuriose Dinge entdecke, wähle ich mal die „Perlen“ darunter aus und führe sie hier vor.

Denn es zeugt doch meiner Ansicht nach von einer gewissen mentalen Reife, wenn man auch zu den Fehlern stehen kann, die man mal vor langer Zeit ge­macht hat. Die Welt ist davon nicht untergegangen, und das ist gut so. Fehler macht jeder, ich natürlich auch, und ich lerne daraus. Deshalb ist es auch für Li­teraten sicherlich ganz hilfreich, solche gelegentliche Fehlerlese auf meinem Blog zu entdecken.

Und wenn man drüber kichert, ist es umso schöner. Tut es, Freunde. Ich tu es bekanntlich ja auch.

Soviel für den Moment. Wir lesen uns wieder in einer Woche an dieser Stelle.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

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