Liebe Freunde des OSM,

was ist das doch für eine eigenartige Welt, in die ich im Juli des Jahres 2024 (wieder) eintauchte? Buchstäblich jahrzehntelang (!) verschollen waren diese Texte (ich berichtete darüber im Blogartikel 592, der am 8. Dezember 2024 erschienen ist bzw. – da das für mich aktuell noch Zukunftsmusik ist – erscheinen wird).

Ich verfolgte, wie ein weitgehend unter Amnesie leidender Mann namens Oki Stanwer (den Namen hatte er noch drauf) er­wachte und sich in einem steinernen Sarkophag eingeschlossen fand.

Von einem mysteriösen Wesen, von dem er nur die Stimme hör­te, daraus befreit, sah er sich in einer völlig wüsten Landschaft ausgesetzt – die Umgebung, ruinenbedeckt und bar jeder Vege­tation, wirkte am ehesten noch, als wäre eine verheerende Feu­ersbrunst oder ein Vulkanausbruch darüber hinweggegangen.

Er irrte nun durch diese lebensfeindliche Landschaft und traf auf die Ruine einer Kirche, vor der er ein in den Boden gerammtes silbernes Kruzifix mitnahm, das ihm zu schade war, zurückge­lassen zu werden … und damit begann ein aktionistischer Alp­traum für mich, der ich diesen Text mit einem Abstand von na­hezu 40 Schreibjahren digitalisierte. Mein Hauptproblem damit war: es war vollständig uninspiriert. Und das merkte ich sehr schnell.

Erstes Indiz war, dass Okis Mitnahme des Kruzifix eine magische Ruhestätte geöffnet hatte. Und das Wesen, das darin schlum­merte und auf Rache sann, verfolgte ihn nun – eine monströse Dämonenwaffe namens Sardoon, über deren Beschreibung ich allerdings nur grinsen konnte.

Schlimmer noch: Diese Dämonenwaffe kennt Oki Stanwer bes­tens. Also mochte es ja sein, dachte ich, dass ER unter Amnesie leidet … aber warum erkennt ihn dann SARDOON auch erst, als er seinen Namen nennt?

Offenbar leidet Sardoon auch unter Gedächtnisschwund“, seufzte ich und schrieb die Stelle ab in der vagen Hoffnung, es werde vielleicht noch besser werden.

Wurde es nicht.

Abenteuerlicher und aktionistischer wurde es schon, ja, aber nicht besser.

Als nächstes trifft Oki Stanwer auf eine Schneise in einem Wald, die mir durch die Darstellung verriet, dass ich von Forstwirt­schaft nichts verstand … oder habt ihr schon mal eine Schneise in einem Wald gesehen, wo man die gefällten Bäume freundlich aufrecht links und rechts an die noch stehenden Bäume lehnt? Also, ich nicht. Damals hatte ich aber so wenig Ahnung davon, dass ich das prompt so schrieb.

Autsch.

Die Fehler häuften sich munter, denn im Anschluss trifft Oki auf eine Straße, die „auf die Schneise trifft“. Was nahe legt, dass die Straße erst angelegt wurde, nachdem die Schneise da war … kontraintuitiv, freundlich gesprochen. In der Regel legt man erst eine Straße an und kümmert sich DANN um den Holzein­schlag.

Noch mehr Ahnungslosigkeit.

Mann, das muss doch mal aufhören!“, grummelte ich.

Aber es ging ständig so weiter.

Nächster Stopp: Das kleine Dorf Crooth (das optisch nicht be­schrieben wird – amorphe Umgebung ist generell ein großes Problem in dieser Geschichte gewesen). Hier trifft er auf einen rüstigen Greis, dem er sich, wie auch sonst?, als Oki Stanwer vorstellt.

Der alte Mann ist völlig fassungslos und kann das anfangs gar nicht glauben. Dann lädt er Oki zu sich ins Haus ein, um ihm ei­nige Artefakte zu zeigen und ihn eingehender zu befragen. Und Oki Stanwer, der stundenlang durch die Wüstenei gewandert ist, springt sofort positiv darauf an. Kein Gedanke an Essen, Trinken, Ausruhen oder dergleichen … nein, der aktionistische Hand­lungsstrom geht gleich weiter.

Der Greis erzählt ihm unter Vorlage einiger seltsamer Artefakte, die Oki Stanwer aus einem früheren Leben kennt – darunter ein Knochenkreuz und seine Silberkugelwaffe, die er im KONFLIKT 13 „Oki Stanwer Horror“ (rund 50 Milliarden Handlungsjahre frü­her also) – eine wirklich seltsame Geschichte.

Im Kern referiert sie den Verlauf des KONFLIKTS 13 (an dem ich damals 1985 noch schrieb, dessen Ende ich hier in einer Varian­te schon vorwegnahm). Und dann erklärt der alte Mann: Diese Geschichte habe er vom „Dunkelsee“ gehört, der am anderen Ende des Dorfes liege.

Klingt unrealistisch? Ist unrealistisch! Ich glaube, ich zitiere ein­fach mal, was ich da in der Episode „Der Dunkelsee“ als Kom­mentar gebracht habe:

Hier könnte man natürlich sagen: Hey, der See hat dir was ge­flüstert? Wie hoch war denn dein Promillepegel, als du dir das eingebildet hast? Allein, auch diese höchst unrealistisch klin­gende Aussage wird von Oki Stanwer in keiner Weise kommen­tiert, sondern stoisch hingenommen. So gemäß dem Motto: Ach, der See hat dir was geflüstert? Na, das ist hier ja normal. Was hat er denn gesagt?

Kommt sich noch jemand vor wie in einem schrägen gemein­schaftlichen Drogentraum? Die Handlungslogik existiert hier einfach nicht, weswegen auch der größte Stuss stumpfsinnig akzeptiert wird. Dass ich damit nicht weiterkam, ist irgendwie nicht verblüffend …“

Ja, das war dann ein ziemlich galliger Kommentar, den ich da abgeben musste, aber diese frühjugendlich-naive Einstellung, dass Protagonisten einfach sofort alles „glaubten“, was ihnen erzählt wurde, völlig unreflektiert und unkritisch, die ist heute völlig irreal und zeigt eigentlich nur, wie arglos und sozial völlig stumpf meine damalige Darstellungsform war.

Abschwächend ist natürlich zu sagen: Okay, ich zählte damals gerade mal 18 Lenze und hatte weder allzu viel Berufs-, Lebens- noch hinreichende Leseerfahrung.

Das entschuldigt aber nicht den zunehmenden Blödsinn, der sich hier ausbreitete.

Wie vermutlich schon angenommen, geht der Actionstrom na­türlich ohne Pause oder Mahlzeit gleich weiter. Oki und der alte Mann, der von sich behauptet, er sei Thor Gordenbeyl, besu­chen als nächstes den legendären „Dunkelsee“. Laut dem Un­tertitel der Episode soll er „verflucht“ sein und Oki soll „den Fluch nehmen“.

In der Episode steht davon gar nichts. Stattdessen rudert er auf den See hinaus und muss miterleben, wie das Seewasser sich auf einmal in Säure verwandelt – angeblich ist das eine Inter­vention TOTAMS. Die Macht des Bösen versucht, den See zu ei­nem Dimensionstor zu machen, um Oki Stanwers habhaft zu werden.

Warum muss dann das Wasser zu Säure werden? Keine Ahnung. Das ist reine Theatralik, völlig zweckfrei. Ich sage ja: Ich hatte kein Konzept, sondern reihte sinnfreie Actionelemente aneinan­der.

Tja, dumm gelaufen für TOTAM, denn der See (!) interveniert und macht die Säurewirkung rückgängig. Und kippt Okis Boot um. Dann spricht der See auch noch mit ihm und animiert ihn zur Flucht ans Ufer, da TOTAM jetzt, erzürnt, den See vernichten würde. Was auch tatsächlich geschieht. Oki schafft es gerade noch bis ans Ufer.

Im für die Protagonisten völlig unzugänglichen Haupttext steht dann – als Indiz, dass ich Autorentext und Episodentext über­haupt nicht unter einen Hut bekam – , dass der See belebt sei von so genannten „Gerlakos“.1 Ich fragte mich echt, wie das wohl gehen sollte. Waren sie nun – nachdem sie einstmals me­tamorphierte Irrealstrahler aus KONFLIKT 13 waren – jetzt als sprechende Fische oder Meerjungfrauen reinkarniert? Ja wohl kaum als plappernde Wassermoleküle …

Gütiger Himmel, ihr könnt mir glauben, ich war echt heilfroh, als ich diese zweite Episode der Serie Oki Stanwer, der Dämonen­jäger“ fertig abgeschrieben und kommentiert hatte. Dass sich auf nur 25 Textseiten insgesamt 238 Fußnoten tummeln, lässt wohl schon sehr tief blicken. Es ist also kein Wunder, dass ich am 1. Mai 1985 damit aufhörte, diese Serie zu schreiben.

Es sollte bis zum 1. August des Jahres 1988 dauern, ehe ich dann ernsthaft Anstalten traf, den KONFLIKT 23 des OSM tat­sächlich in Angriff zu nehmen. Erleichternd kam hinzu: Sowohl der KONFLIKT 13 als auch der KONFLIKT 14 waren zu dem Zeit­punkt bereits abgeschlossen und bildeten keinerlei Gefahrenpo­tenzial mehr, dass ich von dort bizarr beeinflusst werden würde. Dennoch ist zu sagen, dass auch die ersten zehn Episoden der Serie „Oki Stanwer – Der Dämonenjäger“ (DDj) eher improvisie­rend und konzeptlos genannt werden müssen.

Doch bald darauf berappelte ich mich gottlob und machte diese Serie nicht nur mit 147 Episoden zur längsten bis heute über­haupt, sondern zu einer wahnwitzigen Achterbahn phantasti­scher Ideen … ihr werdet noch davon hören, versprochen!

Bis nächste Woche, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. dazu die Close Up-Episoden, die sich mit KONFLIKT 14 „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ befassten. Auch an der Serie schrieb ich zur Abfassungszeit noch.

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