Liebe Freunde des OSM,

wenn ich sagte, der Monat Juli 2022 sei in jederlei Weise er­schöpfend gewesen, so würde ich die Realität verzerren und nicht vollkommen die Wahrheit sprechen. Wie so häufig war auch dieser Monat eine Mischung aus schönen und weniger schönen Tagen und Fakten, wie üblich. Nur kann ich zurzeit – 1. August 2022 – noch nicht genau sagen, wie sich das in dem kommenden Monat weiterentwickelt.

Das liegt an verschiedenen Faktoren. Faktor 1 ist die Tatsache, dass meine Technik mal wieder spinnt. Erstens hat mein statio­närer PC so viele Schwierigkeiten gemacht, dass ich die Not­wendigkeit sah, ihn mal wieder gründlich durchchecken zu las­sen … allerdings hat nach Kenntnis aller Fakten der Bildschirm den Geist aufgegeben, und ich werde mir diese Woche einen neuen kaufen müssen. Danach wird, so Gott und die Technik es wollen, es mir wieder möglich sein, an den OSM-Digitalisaten zu arbeiten und die inzwischen schon fertig gestellten endlich wie­der gescheit zu sichern … da ich das nicht zeitig auf die Reihe bekam, konnte ich am noch funktionierenden Laptop diese Ar­beiten nicht ausführen.

Na ja, ich gestehe, ich reiße mich auch nicht gerade darum, auf dieser deutlich kleineren Tastatur längere Texte zu schreiben. Al­lerdings hatte ich in einem Punkt gar keine andere Wahl.

Dies ist Faktor 2: Als ich im OSM durch die obige technische Panne gründlich ausgebremst worden bin, änderte das nichts an der Tatsache, dass mir munter weiter Szenen des Archipel-Ro­mans „Rhondas Aufstieg“ durch den Kopf wuselten und mich wirksam von allen möglichen anderen Aktivitäten abhielten (etwa Lesen). Da ich glücklicherweise gerade die aktuelle Fas­sung der Romanseiten auf dem Laptop formatiert hatte, konnte ich dort tatsächlich nahtlos weiterschreiben und tat das dann auch … mit der Konsequenz, dass ich am letzten Tag des Mo­nats einen weiteren schönen Meilenstein erreichte … ich schrei­be weiter unten Näheres dazu.

Faktor 3, der den Monat August ziemlich unberechenbar ma­chen wird, ist mein Autoren-Nachlassarchiv-Projekt, das ich vor Monaten angestoßen habe. Aktuell ist das noch nicht passiert, aber ich habe vor, darüber im Blog Näheres zu schreiben. Wenn ich diesen Plan umsetze, seid ihr dann schon seit Blogartikel 491 im Bilde. Momentan ist das noch Zukunftsmusik (ihr kennt diese seltsamen Momente, mir sind sie seit Jahrzehnten aus der OSM-Schreibpraxis vertraut, wo ich über Konsequenzen von Handlungen schreibe, ehe ich die Ursachen schließlich ver­schriftliche).

Aus Faktor 3 wird notwendig abgeleitet werden ab dem 17. Au­gust, dass ich ein Coaching beginne, das sich wesentlich mit dem Autoren-Nachlassarchiv-Projekt befasst. Wohin mich dieser Pfad führen wird, ist noch unklar, aber ich hoffe sehr, er hat langfristig zur Folge, dass ich a) jeder Menge Autorinnen und Autoren helfen kann, ihre noch unveröffentlichten Werke für die Zukunft zu überliefern, b) dasselbe für meine eigenen Schriften tun kann und c) im optimistischsten Fall für mich eine eigene dauerhafte Arbeitsstelle schaffen kann.

Daumen drücken, Freunde!

Also, wie sah unter Einfluss dieser Faktoren und zum Teil wirk­lich erdrückender Hitzewellen in diesem Monat der kreative Out­put im Monat Juli 2022 aus? Lasst uns das mal näher ansehen:

Blogartikel 499: Work in Progress, Part 115

(Rhondas Aufstieg – Archipel-Roman)

(Archipel-Gesamtglossar)

13Neu 34: Die Schlangenfalle

(Christines Konversion – Erotic Empire-Story)

(13Neu 37: Das kopflose Skelett)

(OSM-Wiki)

(Heather – Erotik Empire-Story)

(Glossar des Romans „Rhondas Aufstieg“)

16Neu 25: Auf der falschen Seite

(16Neu 26: Stern der Toten)

(16Neu 27: Der schwarze Sektor)

(16Neu 28: Die Entführung)

(16Neu 29: Sprung in die Feuerhölle)

(16Neu 30: Auf den Spuren der Zyw-Grynoth)

(16Neu 31: DEATH-ZHONYA)

(13Neu 36: Ghoul-Fest)

(13Neu 35: Der Glusem-Clan)

(13Neu 38: Der schwarze Rubin)

Anmerkung: Allein daran, wie viele Episoden ich als Digitalisate hier begonnen hatte, teilweise textlich schon voll erfasst, viele nur teilerfasst, aber allesamt noch nicht fertig kommentiert, wird deutlich, dass ich nach dem Ausfall des Hauptrechners, in dem sie gespeichert sind, hier nicht weitermachen konnte. Sonst wären sicherlich einige Episoden bis Ende Juli vervollstän­digt worden. Nun ist dies ein Plan für den Monat August.

(Gabriela – Erotic Empire-Story)

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer Horror“)

(Glossar der Serie „Oki Stanwer Horror“)

Anmerkung: Auch hierbei kam ich natürlich nicht vom Fleck, der Grund war derselbe wie oben auch … alles Texte, die in der ak­tuellsten Fassung im Hauptrechner gespeichert waren. Meine erste Amtshandlung, wenn er wieder einsatzbereit ist, wird dar­in bestehen, dass ich eine aktuelle Sicherungsspeicherung ma­che.

Und wie erwähnt kam ich beeindruckend weit im Roman „Rhondas Aufstieg“ voran. Seit ich mit der Arbeit an diesem Archipel-Roman vor 15 Jahren begann (ja, tatsächlich 2008, ich kann das selbst kaum glauben!), stagnierte er ja lange etwa auf Seite 280, bis ich dann in diesem Frühjahr den „Rappel“ bekam, weite Teile des Vorgängerromans „Rhondas Reifejahre“ las und die vorhandenen Seiten des aktuellen Romans korrigierte und neu ausdruckte.

Allein im Monat Juli 2022 habe ich 178 Reinskriptseiten daran geschrieben, sodass der Gesamtroman inzwischen eine Länge von 601 Textseiten besitzt. Mit Seite 571 habe ich allerdings den ersten von voraussichtlich sechs Teilabschnitten des Romans vollendet, wobei allein am letzten Tag des Monats 28 Seiten ge­schrieben und nicht weniger als 55 Reinskriptseiten ausge­druckt wurden. Das hat quasi den gesamten Tag in Anspruch genommen, aber es hat sich wirklich gelohnt.

Nun hat das Mädchen Rhonda eine wichtige neue Persönlichkeit Asmaar-Lens getroffen, die geheimnisvolle alte Frau namens Charita, die ich im Jahre 2010 schon im Roman „Antaganashs Abenteuer“ als Protagonistin auftauchen ließ. Damals zählte sie allerdings erst 22 Lenze, war jung, rank und schlank … und todunglücklich, weil sie von Antaganash geschwängert worden war.

Ihr Tröster in der Not war damals niemand Geringeres als Gun­hoor, Antaganashs bester Freund und zugleich Wächter von Su­rinya, die als Orakel der Neeli-Tochter Ansiina im Dorf Len lebte. Das Kind, das der Verbindung von Antaganash und Charita ent­sprang, habe ich gestern auch kennengelernt – eine wunder­schöne, sympathische Frau namens Tahnee, die Rhonda zu ihrer inzwischen hoch betagten Mutter brachte … ah, ich sage euch, es sind inzwischen so viele Bilder aufgetaucht, nach dem ich den ersten Teil von „Rhondas Aufstieg“ (er trägt den Titel „Verwerfungen“) vollendet habe, dafür gibt es keine adäquaten Worte.

Was nun folgt, steht unter dem Titel des Teils 2, der „Verräter­sommer“ lautet. Ich weiß von dieser sozialen Katastrophe seit vielen Jahren, aber nun geht es wirklich auf dramatische Weise „ans Eingemachte“. Interessant dabei ist, dass ich hiermit auch – so ist es wenigstens gedacht – ein wenig die Vorgeschichte des exilierten Barons Tharmis Kilrayn beschreiben kann.1 Und ich werde in der Lage sein, ebenso die Vorgeschichte der ver­sklavten Lady Amber, einer unterworfenen Adeligen von der In­sel Fandan.2

Ihr merkt schon, dass – ähnlich wie im Oki Stanwer Mythos – die Archipel-Geschichten ziemlich intensiv miteinander verflochten sind. Das wird möglich durch das ausführliche Glossar, das ich zu den Geschichten entwickelt habe … was natürlich gelegentli­che Handlungsfehler nicht ausschließt.

Tatsache ist aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt, dass der Schreibfokus momentan auf dem Archipel liegt und ich einfach rasend neugierig bin, wie es im zweiten Teil des Romans „Rhondas Aufstieg“ weitergehen wird. Tatsache ist jedenfalls, dass die Wolken des Unheils sich über der Archipel-Metropole zusammenballen und die Verschwörung immer mehr auf den Eskalationspunkt hin kulminiert.

Ich halte euch auf dem Laufenden, wie es dabei weitergeht. Hoffen wir, dass im Monat August die Technik wieder perfekt funktioniert und sich alles so entwickelt, wie ich hoffe.

Bis bald, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Über Tharmis Kilrayn – allerdings rund 10 Handlungsjahre später – schrieb ich erstmals im Roman „Christinas Schicksal“, 1999/2000.

2 Davon handelt das Fragment „Die goldene Verlockung“, 2012, die in gewisser Weise ihrerseits eine Weiterung des Fragments „Das Los der Lady Renata“, 2009, darstellt.

Liebe Freunde des OSM,

ihr kennt das sicherlich auch: Es gibt Bücher, die man aus ir­gendeinem Grund beim besten Willen nicht vergessen kann. Das müssen keine Bestseller sein oder Bücher, die unser Leben verändert haben, das können ganz unspektakuläre Werke sein, die die meisten Leute überhaupt nicht kennen. Für mich war solch ein Werk immer C. W. Cerams „Götter, Gräber und Gelehr­te“, das ist für mich unbestreitbar. Auch „Maia“ von Richard Adams fällt in diese Kategorie … und das Werk, das ich heute vorstelle, hat auch ziemlich gute Chancen darauf. Denn obwohl es inzwischen acht Jahre her ist, dass ich es las, aktiviert es un­abweislich meine Erinnerung.

Oliver Sacks, amerikanischer Arzt, der durch sein spektakuläres Buch zur Behandlung der Enzephalitis lethargica-Patienten schlagartig berühmt wurde („Awakenings – Zeit des Erwa­chens“) hat sich auch in diesem Buch mit faszinierenden bis verstörenden medizinischen Fallgeschichten befasst. Aber wie schon der Titel sagt, ist das nicht nur ein Werk, das sich ange­hende Ärzte zu Gemüte führen sollten. Es hat auch für den All­tagsleser bemerkenswerte Kenntnisse zum Inhalt. Hier liegen zwanzig neuropsychologische Fallstudien vor, die zum Teil so bi­zarr sind, als hätte sie sich ein neurotischer Schriftsteller ausge­dacht – und doch entstammen sie vollständig der Wirklichkeit.

Ich schlage vor, wir beginnen einfach mal mit der Achterbahn­fahrt. Schön festhalten:

Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte

(OT: The Man Who Mistook His Wife For A Hat)

von Oliver Sacks

rororo-Sachbuch 8780

Reinbek bei Hamburg 1987

Preis damals: 12.90 DM

Aus dem Amerikanischen von Dirk van Gunsteren

ISBN 3-499-18780-9

Wie oft gehen wir auf der Straße selbstvergessen dahin und nehmen nicht recht wahr, was um uns herum vorgeht? Zu oft, wird man meinen, wenn man dieses Buch ausgelesen hat. Denn manches von dem, was der Neurologe Dr. Oliver Sacks im Alltag entdeckt hat, mag auch ein aufmerksamer Beobachter in unse­ren Landen sehen, ganz egal, in welcher Stadt oder welchem Dorf er wohnt. Wenngleich zuzugeben ist, dass manche Anbli­cke ebenso selten wie unauslöschlich sind, solche etwa:

Was mir die Augen öffnete, war also nicht so sehr das Ergebnis meiner Untersuchung …, sondern das, was ich tags darauf auf der Straße sah. Und besonders eine Szene war so außerge­wöhnlich, daß ich mich heute noch so gut an sie erinnere, als hätte ich sie soeben erst gesehen.

Eine grauhaarige Frau in den Sechzigern erregte meine Auf­merksamkeit. Sie stand offenbar im Mittelpunkt eines höchst sonderbaren Auflaufs. Anfangs war mir nicht ganz klar, was da eigentlich vor sich ging und soviel Turbulenz hervorrief …

Als ich näher kam, sah ich, was da geschah. Sie imitierte die Passanten – wenn „Imitation“ hier nicht ein zu blasses, zu passi­ves Wort ist. Vielleicht sollte ich besser sagen, sie karikierte die Leute. Innerhalb einer Sekunde, einer Zehntelsekunde, hatte sie ihre hervorstechendsten Charakterzüge erfaßt und brachte die­se zum Ausdruck.

Ich habe zahllose Pantomimen und Parodisten, Clowns und Spaßmacher gesehen, aber keiner von ihnen rief jenes erschro­ckene Staunen hervor, das mich nun, angesichts dieser unmit­telbaren, automatischen und konvulsivischen Widerspiegelung sämtlicher Gesichter und Gestalten in ihrer Umgebung über­kam. Doch handelte es sich hier nicht lediglich um eine Imitati­on … Die Frau ahmte nicht nur die Mimik zahlloser Passanten nach, … sie übersteigerte sie ins Lächerliche. Jede Widerspiege­lung war auch eine Parodie, eine Verhöhnung … eine Übertrei­bung, die ihrerseits – infolge ihrer gewaltsam beschleunigten und verzerrten Bewegungen – ebenso krampfhaft wie beabsich­tigt wirkte …

In der Zeit, die diese verwirrte alte Frau benötigte, um an einem kurzen Häuserblock entlangzugehen, karikierte sie wie beses­sen vierzig oder fünfzig Passanten. Es war wie ein Trommelfeuer kaleidoskopischer Imitationen. Sie währten jeweils nur ein oder zwei Sekunden, manche nur winzige Momente, und die ganze verwirrende Szene spielte sich in knapp zwei Minuten ab …“

Phantastischer Einfall? Einbildung? Realität, meine lieben Leser. Nichts als ein simpler Einblick in einen Abgrund der Alltäglich­keit, von dem die meisten Menschen nicht einmal eine Ahnung haben.

Dr. Oliver Sacks ist, wie schon erwähnt, Neurologe, und seine Domäne ist die des Geistes. Er beschäftigt sich mit dem menschlichen Gehirn und dem, was es mit dem dazugehörigen Körper anzurichten versteht, wenn es nicht mehr so funktio­niert, wie es sein soll. Viele der Fallgeschichten, die Sacks in diesem Buch erzählt, sind ebenso erschreckend wie auf morbide Weise faszinierend. Doch verfolgt er mit seinem Buch nicht nur das Ziel, irgendwelche „Travestien“ aufs Podest zu heben und die Bevölkerung zu belustigen. Er appelliert nicht an niedere In­stinkte, sondern verfolgt einen anderen Zweck.

Seiner Ansicht nach ist es an der Zeit, eine neue Form der Neu­rologie und Psychiatrie mehr Geltung zu verschaffen. Die traditionelle Psychologie und Neurologie, erklärt er, setzt auf ein eher mechanisches Modell des menschlichen Geistes. Etwa so, als wäre ein Gehirn eine Maschine, die man mit geeigneten Er­satzteilen oder aber dem Entfernen überschüssigen Materials wieder „funktionsfähig“ machen könne. Wobei er mit Ersatztei­len im Wesentlichen Therapien, Operationen und Medikamente meint.

Was dabei zu kurz komme, seien ganzheitliche Ansichten des Gehirns und des Verhaltens. Vieles werde dabei gar nicht richtig betrachtet und künstlich in gewisse Schemata gepresst. So gilt es beispielsweise als höchst bedauernswert, wenn ein Patient die Fähigkeit verliert, logisch und rational zu denken und gewis­sermaßen auf die reine Gefühlsebene zurückgeworfen wird. Was aber geschieht, wenn jemand das GEGENTEIL erlebt und völlig in den Bereich der Abstraktion geschleudert wird – wie in der Ti­telgeschichte vom Leser fröstelnd nacherlebt werden kann – , das findet nicht nur keine Beachtung, sondern es wird nicht ein­mal für möglich gehalten. Wer in diesem Fall eine gewisse Paral­lele zwischen dem Professor und Musiker Dr. P. und Sacks´ Buch über die L-DOPA-Patienten in „Mount Carmel“ ziehen möchte, kann das tun.1 Es handelt sich um einen sehr ähnlich gelagerten Fall.

Sacks versucht nun, in diesen Fallgeschichten, die er plausibel in vier Abschnitte eingeteilt hat, die Grenzen der traditionellen Neurologie zu sprengen und zu zeigen, was ihr bislang mehr oder weniger entgeht. Und was den übliche Neurologen ent­geht, weil sie nicht auf die rechte Weise ihre Patienten betrach­ten, das können sie natürlich auch nicht angemessen behandeln (dafür bringt er dann leider auch einige sehr drastische Beispie­le. Mir taten die Leute hinterher außerordentlich leid).

Teil 1 mit der Überschrift „Ausfälle“ betrachtet eine Reihe von Personen, in denen höhere Hirnfunktionen, teils durch Unfälle, teils durch Krankheiten oder genetische Veranlagung, teils durch Alter, verlorengingen und auf bisweilen skurrile, monströ­se Weise verändert wurden.

Dr. P. in der Titelgeschichte verliert die Fähigkeit, seine Men­schen um sich herum als Menschen wahrzunehmen, ja, alles so wahrzunehmen, wie es eigentlich ist. Er betrachtet alles als ma­thematische Abstraktionen, was dazu führen kann, dass er selbst Alltagsgegenstände wie Handschuhe nicht mehr als das erkennt, was sie sind.

Jimmie G. hat einen Teil seines Gedächtnisses verloren. Das wäre nicht dramatisch, wenn dieser Teil nicht Jahrzehnte umfas­sen würde. Bis zum Jahre 1945 ist er absolut sattelfest. Aber sein Leben endet im Jahre 1945, wiewohl er in der Gegenwart lebt. Alles, was er nicht mit 1945 in Einklang bringen kann, ruft in ihm absolute Panikanfälle hervor.

Christina verliert die unbewusste Fähigkeit, ihren Körper wahr­zunehmen, und dieser Verlust kündigt sich in einem entsetzli­chen Traum vorher an. Von da an ist sie gezwungen, mühsam zu lernen, jeden Körperteil bewusst zu steuern und anzusehen. Tut sie es nicht, weicht jedes Gefühl daraus, und sie stürzt zu Bo­den. Man mag diese Geschichte kaum glauben, aber sie ist ab­solut wahr …

Teil 2 trägt den Titel „Überschüsse“, und was in Teil 1 nicht vor­handen war oder erkennbar fehlte, ist hier nun im Übermaß existent, etwa bei „Witty Ticky Ray“, einem Mann, der an einer extremen Form des Tourette-Syndroms leidet. Obgleich er unter einer Vielzahl bizarrer Tics und Marotten leidet, gelingt es ihm, diese Bewegungsanomalien in sein Leben einzubauen. Was pas­siert, als Oliver Sacks ihm L-DOPA verabreicht, muss man selbst lesen.

Wenn eine Frau von 88 Jahren auf einmal anfängt, mit jedem Mann zu flirten, unglaublich und permanent heiter und munter zu sein, ganz erstaunlich beschwingt, dann gibt es eigentlich kaum einen Grund, das beunruhigend zu finden – seltsam viel­leicht, ja. Aber beunruhigend? Nun, es handelt sich doch um eine neurologische Besonderheit, wie Oliver Sacks herausfindet, als er die zu diesem Zeitpunkt 90jährige Madeleine K. behan­delt. Sie fühlt sich permanent so, als habe sie Frühlingsgefühle, und in der Tat ist ihr – im Gegensatz zu ihrem Arzt – schnell klar, woran das liegt:

Du bist krank, meine Liebe, sagte ich mir. Du mußt einfach krank sein.“

Krank, sagen Sie? Gemütskrank? Geisteskrank?“

Nein, nicht gemütskrank – körperlich krank. Es war irgend et­was in meinem Körper, in meinem Kopf, das mich so be­schwingt machte. Und dann dachte ich: Verdammt, das ist Amors Pfeil.“

Amors Pfeil?“

Ja, Amors Pfeil: Syphilis …“

Den Rest der Geschichte sollte der geneigte Leser selbst lesen, es ist jedenfalls unglaublich. Und wer einen vorschnellen Schluss wagt, sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er sich mit fast hundertprozentiger Sicherheit täuscht.

Und wie steht es dann mit jenen Leuten wie William Thompson, die mehrere Leben zugleich leben, eigentlich alle, wenn man genau ist – weil sie völlig außerstande sind, die Person, die mit ihnen spricht, zu identifizieren und sie in ihrer Erinnerung nach Leuten suchen, die sie kennen und sie zwanghaft mit ihrem Ge­sprächspartner assoziieren (auf diese Weise „identifiziert“ Thompson Dr. Sacks nacheinander mit einem Kunden seines Feinkostgeschäfts, einem jüdischen Metzger, seinem Hausarzt, jemandem von der Tankstelle und engen Freunden … um da­nach wieder von vorne anzufangen)? Thompson ist ein soge­nannter Korsakow-Patient, benannt nach einem russischen Arzt, der diese Art von Persönlichkeitsstörung als erstes diagnosti­zierte.

Und schließlich gibt es noch jene Leute wie die eingangs zitierte arme Frau, die völlig vom chaotischen Wirbel zwanghaften Nachahmens gefangen wird, ohne die Fähigkeit zu bekommen, eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Sacks nennt solche Unglücklichen zutreffend „die Besessenen“.

Aber was geschieht dann in Teil 3, den er mit „Reisen“ über­schrieben hat? Etwas noch viel Seltsameres. Die ersten beiden Teile kann man ja noch halbwegs akzeptieren, selbst wenn die Verwirrung und Beklommenheit hier schon oft an die Grenzen des Erträglichen stößt (weswegen es sich empfiehlt, maximal zwei der Fallgeschichten am Tag zu lesen. Ich selbst hielt nicht mehr aus).

Als die Rentnerin Mrs. O’C. im Januar 1979 lebhaft von ihrer Kindheit in Irland träumte, dachte sie wirklich an nichts Böses. Sie konnte sogar lebhaft Musik hören, zu der sie damals getanzt hatte. Ein wunderbarer Traum. Er hörte nur nicht auf, als sie aufwachte. Sie konnte die Musik noch immer hören, immer und immer wieder, manchmal so intensiv, dass sie nichts um sich herum mehr verstehen konnte. Aber nur sie war imstande, die Musik zu hören.

Was war geschehen? Sie hatte im Schlaf einen mikroskopischen Schlaganfall gehabt, hervorgerufen durch ein Blutgerinnsel im Gehirn, und jenes Gerinnsel stimulierte nun jene Region ihres Gehirns, in dem sich musikalische Informationen der tiefen Ver­gangenheit befanden …

Ähnlich gelagert war der Fall der neunzehnjährigen Inderin Bha­gawhandi P., die mit 7 Jahren einst an einem Gehirntumor er­krankte, damals aber durch eine Operation halbwegs genesen konnte. Im Alter von 18 Jahren kehrte er zurück, diesmal bösar­tig und so ausgeprägt, daß er nicht mehr entfernt werden konn­te. Er führte zu Schwäche- und Taubheitsgefühlen in der linken Körperhälfte … und zu „anderen Beschwerden“, wie es hieß. Diese „anderen Beschwerden“ waren absonderlicher Natur. Denn die junge Patientin schien keineswegs unter Schmerzen zu leiden, sondern sie wirkte stets seltsam verträumt. Sie hatte „Vi­sionen“. Anfangs noch vage, aber das änderte sich:

Bald nahm diese vage Verträumtheit einen enger umrissenen, konkreteren und visionäreren Charakter an. Bhagawhandi hatte jetzt Visionen von Indien – sie sah Landschaften, Dörfer, Häuser und Gärten – , die sie sofort als Orte erkannte, wo sie als Kind gewesen war und die ihr viel bedeuteten.

Belasten diese Visionen Sie?‘, fragten wir sie. ‚Wir könnten Ih­nen andere Medikamente geben.‘

Nein‘, antwortete sie friedlich lächelnd, ‚ich mag diese Träume – sie führen mich in meine Heimat zurück …‘“

Und am Ende geschah das im wortwörtlichen Sinne.

Über die Fallgeschichten mit der „Hundenase“, dem „Mord“ und über die Träume der heiligen Hildegard von Bingen lasse ich mich hier nicht aus, aber es sei angedeutet, dass in diesen Kapi­teln dem Schicksal von Epileptikern eine intensive und durchaus positive Bedeutung beigelegt wird, die der Normalsterbliche kaum begreifen kann. Insbesondere ist die Rede von den eksta­tischen Glücksgefühlen, die einem solchen epileptischen Anfall unmittelbar vorausgehen.

Der letzte Abschnitt des Buches, „Die Welt der Einfältigen“, ist ein eindringliches Plädoyer für geistig behinderte Menschen, de­nen man im Alltag oft – und in der Nazizeit ganz offen – die Le­bensqualität und gelegentlich das Lebensrecht absprach. Oliver Sacks sieht hier tiefer als die meisten, und er entdeckt die son­derbare Lebensmelodie der Retardierten ebenso wie ihre manchmal fast monströs einseitigen Begabungen.

Ob es die Geschichten liebende Rebecca ist, die begnadete Theaterschauspielerin wird, ob es sich um den Parkinson-Ge­schädigten Martin A. handelt, der im Alter von 61 Jahren in ein Altenheim kommt und Trost im Gottesdienst und in der vollstän­digen Kenntnis von „über 2000 Opern“ findet, die er auswendig kennt (von einem ganzen Musiklexikon mit über 6000 Seiten, das er sich in seiner Kindheit vollständig „gemerkt“, sozusagen gedanklich fotografiert hatte, mal ganz zu schweigen!), oder ob es um die mathematischen Zwillinge und ihre unvorstellbare Zahlenwelt geht – in all diesen Geschichten kommt das Einzig­artige auf der einen Seite und das zugleich Beschränkte, Enge ihres Horizonts zum Vorschein.

In der Tat ist die Welt der Einfältigen nicht nur ein schaler Ab­glanz unserer Wahrnehmung, sondern auf ihre Weise ausgestat­tet mit einer ganz eigenen Faszination, die eine innere vollwerti­ge Welt darzustellen imstande ist. Sie erscheint uns nur deswe­gen oftmals so unvollkommen, weil wir nur die Defizite der Re­tardierten wahrzunehmen pflegen, weil sie nicht wie wir sind. Und weil wir uns gleichzeitig meist außerstande sehen, uns auf ihre Sicht der Dinge einzustellen, etwa die überschäumende, in­tensiv emotionale Seite ihres Lebens.

Auf diese Weise zeigt uns Oliver Sacks einmal mehr Facetten unserer Wirklichkeit, die wir aus eigenem Antrieb kaum jemals sehen oder auch nur wahrnehmen würden. Sein Wissen über diese Menschen ist beinahe enzyklopädisch zu nennen, seine Sprache (respektive die Übersetzung), die schon in „Awake­nings“ das Lesen zu einem Vergnügen machte, ist bilderreich, manchmal geradezu üppig, aber meines Erachtens nicht über­trieben. Dort, wo normale medizinische Fallgeschichten in ei­nem trockenen Fachjargon ersticken, bedient sich Sacks der Wortwahl der Lyrik, der Prosa und der Klassiker, um die Emotio­nen sichtbar zu machen, die ihn selbst umgetrieben haben, um Mitgefühl und Verständnis für seine Patienten zu wecken, die durchaus nicht ausschließlich bedauernswert sind. Manche die­ser Menschen finden beeindruckende Mittel und Wege, sich mit ihrer Krankheit zu arrangieren oder sie sogar als konstitutiven Teil ihres Lebens zu begreifen – sofern sie überhaupt verstehen können, dass ihnen etwas „fehlt“ oder sie von irgendetwas „zu viel“ besitzen.

Der Leser lernt bei der Lektüre eine Menge über die heimliche Magie des Alltags und die ungeheuerliche Macht von Genen, Schicksal und, leider, auch medizinischer Fehleinschätzungen. Die Psyche des Menschen ist tiefer und vielfältiger, als wir uns das oftmals ausmalen, und der schmale Grat zwischen Normali­tät und Abnormität ist noch viel schärfer und spitzer, als ich es mir beispielsweise jemals ausgemalt habe. Wir alle sind gleich­sam Seiltänzer des Schicksals, doch die wenigsten machen sich das jemals klar.

Dieses Buch kann uns zeigen, was geschieht, wenn uns das Glück verlässt. Und manche dieser Schicksale können jedem von uns passieren …

© 2005 by Uwe Lammers

Viele Worte? Fürwahr, aber ihr merkt, ich war mit dem Herzen dabei, diese Rezension damals zu schreiben … das Buch ist wirklich große Klasse und höchst empfehlenswert.

Nächste Woche wird es wirklich wieder ruhiger, ich verspreche es. Dann geht es um Lauren Rowes Finale im „Club“-Zyklus.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 Vgl. Oliver Sacks: „Awakenings – Zeit des Erwachens“, Reinbek bei Hamburg 1991.

Liebe Freunde des OSM,

heute komme ich mal, ganz entsprechend meinem Programm, in dieser sich nur langsam füllenden Artikelreihe, zu der dritten kreativen Denksphäre, um die ich mich hier kümmern möchte und von der ich bislang eher kursorisch in meinen Blogartikeln sprach. Das hatte so seine Gründe, die rasch offenbar werden dürften.

Die Rede ist in diesem dritten Langzeitprojekt-Artikel nach den Abstechern in den tropischen Archipel und in den Oki Stanwer Mythos vom so genannten „Erotic Empire“. Und nein, um das gleich mal vorwegzunehmen, natürlich nennt das in diesem Par­alleluniversum niemand so, sondern es handelt sich um ein Au­torenlabel, das ich als vermittelnden „Kitt“ diesen Werken auf­geklebt habe. Vermittelnde Instanz aller dieser Geschichten sind erotische Schicksale, zumeist von Frauen, und das ist vermut­lich auch der zentrale Grund, warum bislang noch keine dieser Geschichten fertig gestellt worden ist.

Der Handlungshintergrund der „Erotic Empire“-Geschichten ist ein menschliches Sternenreich, das durch Überlichtantrieb-Schiffe zusammengehalten wird, aber im Wesentlichen weiter­hin nach den marktökonomischen Strukturen des fortgeschritte­nen Kapitalismus funktioniert.

Im Wesentlichen? Nun ja, es gibt … Ausnahmen, sagen wir das mal vorsichtig. Ihr werdet beizeiten mehrere Ausprägungen davon mitbekommen, wenn die Artikelreihe sich vermehrt. Nach aktueller Planung wird jede dritte Langzeitprojektstudie sich um ein Werk drehen, das im „Erotic Empire“ spielt. Heute besuchen wir mal eine vom Kapitalismus ziemlich gründlich abgehängte Welt namens Voskinnen.

Voskinnen ist ein prinzipiell erdähnlicher Planet, der als einer der ersten terraformen Welten im Jahr 2048 vom kanadischen Raumadmiral Matthew Voskinnen entdeckt wird. Atembare At­mosphäre, reichlich Wasser … auf den flüchtigen ersten Blick sieht Voskinnen also gut aus. Wenn der Planet nicht gerade eine Eiszeit durchmachen würde, großflächig vergletschert ist und die Temperaturen nicht selten auf minus 40 Grad abfallen. Noch schlimmer ist, dass eigentlich nur Bäume, Tundren und riesige Tierherden der so genannten Churrit diese Welt auszeichnen, eine seltsame endemische Analogie zu den ausgestorbenen irdi­schen Mammuts.

Eine Kolonialwelt, von der man nur Tierfelle und Holz exportie­ren kann? Für den General eine arge Enttäuschung (der Name der Welt wird auch erst 14 Jahre nach seinem Tod vergeben, si­cherlich gegen seinen Willen!). Kurzum: Voskinnen gilt als der A… der Welt, zwar leicht erreichbar, ökonomisch aber wertlos. Und wer will sich hier schon ansiedeln?

Nun, letztere Frage klärt sich zur allgemeinen Überraschung schnell: da der Nordpol auf der Erde aufgrund des menschge­machten Klimawandels abgeschmolzen ist und die Siedlungsge­biete der Inuit unbewohnbar wurde, siedelt die Erdregierung die einstigen Polarbewohner hier an, die generell als relativ genüg­sam und an derart derbes Klima gewohnt charakterisiert wer­den.

So verstreichen gut 200 Jahre, in denen der Planet von der Au­ßenwelt weitgehend vergessen wird. Eine einzige überkuppelte Stadt namens Port Ice kann geschaffen werden, die Inuit, die sich inzwischen den neuen Volksnamen Birrit gegeben haben, koppeln sich völlig ab und kehren zur nomadischen Lebenswei­se zurück.

Das ist der Stand der Dinge, als im Jahre 2272 die junge kanadi­sche Ethnologiestudentin Saskia Tanamaris für voraussichtlich ein halbes Jahr nach Voskinnen kommt, um hier für ihre Ab­schlussarbeit ausgerechnet die Nomadenkultur der Birrit zu un­tersuchen. Sie ist eine temperamentvolle, kluge Blondine und lässt sich von den abweisenden Statements der verbitterten Be­wohner von Port Ice nicht abschrecken. Die finden, die „stinken­den Birrit“ seien es überhaupt nicht wert, näher untersucht zu werden, und nach Port Ice kämen sie ohnehin nie. Wenn man sie finden wolle, gäbe es nur einen einzigen Weg: Hinaus in die Eistundra von Voskinnen, wo jeder Fehler den Tod bedeuten kann. Sie müsse, wird Saskia klargemacht, den Churritherden hinterherziehen wie die Nomaden, wenn sie solche Gruppen ausfindig machen wolle. Und natürlich bräuchte sie dafür Scouts, die sie dorthin brächten.

Obwohl der religiös versponnene Joshua Elam ihr eindringlich, fast weinend ins Gewissen redet, sie möge dies nicht tun. Wie drückt er sich doch konkret aus?

So: „Kind … ich möchte dir wahrhaftig keine Angst bereiten, aber diese Welt dort draußen ist ein grausamer Ort voller Ungeheuer und ketzerischer Heiden mit verdorbenen Sitten und Gebräuchen, eine Welt voller Schmutz und ohne Priester, die den verstreuten Kindern des Heilands den Weg zum Eisigen Berg Horeb bahnen können. Sie leben allein den Weg des Flei­sches, und sie verschlingen gern das zarte Filet keuscher Jungfrauen …“

Verwundert es, dass Saskia Tanamaris das, vorsichtig gespro­chen, für wirres Zeug eines spinnerten Eremiten hält? Sie kann sich nicht vorstellen, dass die Birrit Zuflucht zum Kannibalismus nehmen würden, das klingt nun wirklich völlig weltfremd.

Tja, sie hätte ein wenig genauer auf Elams Worte hören sollen, denn sie sind durchaus nicht vollkommen abwegig, leider. Aber das, was sie erlebt, ist weit jenseits von Saskias kultureller Denksphäre, vollkommen davon entfernt (auch wenn Kanniba­lismus da wirklich keinen Platz hat – die Zumutungen sind ganz anderer Art, und sie erlebt sie buchstäblich hautnah).

Nun, wie dem auch sei – Elam nimmt sie und die Scouts Alan Duvalier und Jason Palmer mit hinaus aus Port Ice, aber es wird rasch klar, dass sie mit dem Eisschweber nicht zu den Nomaden gelangen kön­nen: Die Scouts zeigen ihr, dass die mammutgleichen Churrit, die mit ihren erstaunlich langen Beinen auf den Schneefeldern des Planeten zu atemberaubenden Sprints imstande sind, vor dem Gleiter geradewegs die Flucht ergreifen.

Das habe mit Emissionen der Antriebe zu tun, erfährt sie – auch frühe motorisierte Jäger hätten das feststellen müssen. Man müsse sich den Churritherden und damit auch den sie beglei­tenden Nomaden des Birrit-Stammes also mit dem traditionel­len Fortbewegungsmittel nähern: Mit Skiern und einem Proviant­schlitten. So setzen die drei dann ihre Reise in die majestäti­sche, wildromantische Wildnis dann auch fort, und damit landen wir dann in einem beinahe Alaska-typischen Setting der Um­weltbedingungen. Alaska VOR dem Klimawandel, versteht sich.

Die nächste Zumutung wartet alsbald auf sie: Als sie unter ei­nem Odinbaum vor einem Schneesturm Zuflucht suchen und zu schlafen suchen, rollt Saskia ihre Thermoschlafsackkombi aus, die beiden Scouts dagegen …

„Was ist DAS denn? Ein Bettvorleger?“, lachte die Forscherin, als sie mit dem Essen fertig waren und Jason direkt im Anschluss aus einem luftdich­ten Kunststoffsack etwas herausholte, das wirklich reichlich abenteuerlich wirkte. Und stark nach Moschus oder etwas Verwandtem roch, um nicht zu sagen: stank.

Die beide Scouts lachten über ihre Unwissenheit.

„Nein, das ist ein ganz besonderes Souvenir von einer befreundeten No­madensippe“, erklärte Jason lächelnd. Er rollte das Etwas lang aus, und es entpuppte sich als … als …

Saskias Gelächter erstarb jäh. Sie riss ungläubig die Augen auf. „Also, das ist jetzt aber nicht das, was ich denke, oder?“

„Ich glaube schon. Mein Schlafsack.“

„Ein Schlafsack aus … aus Churrit-Fell?“ Sie ließ von ihrem eigenen sil­bernen Thermoschlafsack ab und rutschte neugierig herüber. Der Geruch des braunen Fells war unbestreitbar streng, doch auf eigenartige Weise … anziehend. Verunsichert strich Saskia über den Schlafsack, an dem sie keine Nähte sehen konnte. Die waren vermutlich innen, so dass dieser Schlafsack möglichst dicht abschloss. Zweifellos hatten ihn geschickte No­madinnen genäht.

Ganz seidiges Fell, viel weicher, als das borstige Äußere scheinen ließ. Und das Leder darunter wirkte sehr biegsam, durchaus nicht zäh oder spröde. Gut behandelt, nahm Saskia an.

Auch wenn die Churrit selbst nur mittelbar ihr Forschungsobjekt darstell­ten, gab es bestimmt nichts Sinnvolleres als ein Churrit-Fell oder meinet­wegen auch einen Schlafsack aus diesem Fell, der zum „Erstkontakt“ taug­te. An einen lebenden Churrit, und wenn es ein Jungtier sein mochte, wür­de sich die Terranerin nie im Leben herantrauen! Diese Tiere mussten sie ja nur ANSCHAUEN, um sie vor Angst umzuwerfen!

„Aber ganz sicher. Das Beste gegen die Kälte, was es überhaupt nur gibt auf Voskinnen“, versicherte er Jason auf ihre ungläubige Frage hin. „Jeder Bewohner von Port Ice würde uns drum beneiden. Was meinst du, warum ich meinen Schlafsack so gut eingepackt habe?“

„Er riecht ziemlich stark.“

Die Männer lachten wieder. Aber offenbar waren sie der Ansicht, Saskia hätte den Kern des Problems getroffen. Nun, vermutlich war der Geruch nach Churrit in Port Ice in der Tat wohlbekannt.

„Du hättest ihn waschen sollen“, fügte die Forscherin an Jasons Adresse hinzu. „Er müffelt, weißt du?“

Beide Scouts lachten erneut. „Saskia, das ist eine der wichtigen Regeln, die du immer beherzigen solltest … Churrit-Sachen WERDEN nicht gewa­schen. Waschmittel zerstören den Zauber.“

Das brachte sie nun tatsächlich zum Lachen. Churrit-Fell und Zauber! Also wirklich!

Joshua Elam behauptete, die Nomaden würden arglose Kolonistinnen verspeisen, da sie ja so gottlose Heiden seien, und die sonst felsenfest auf dem Boden der Tatsachen stehenden Scouts, denen sie sich anvertraut hatte, glaubten allen Ernstes an Märchen! An stinkende Märchen noch dazu! Das war ja wohl wirklich kaum zu fassen!

„Na, also, ich verlasse mich dann lieber auf den Zauber der modernen Technik“, sagte Saskia breit grinsend. Sie schüttelte vergnügt den Kopf über soviel Aberglauben. „Zittert ruhig, meine Lieben. Ich glaube, ich wer­de besser und wärmer schlafen als ihr.“

Zu ihrer Bestürzung muss Saskia jedoch schnell ein paar aben­teuerliche Dinge registrieren. Dazu zählt, dass ihre eigene Ther­mowäsche nächtens nahezu nutzlos ist, während die Scouts wie die Steine schlafen können. Als sie in der nächsten Nacht skep­tisch bei einem der Scouts in den intensiv riechenden Schlaf­sack schlüpft, macht sie eine völlig konsternierende Entde­ckung:

Es ist tatsächlich warm darinnen, so heiß sogar und bizarr an­turnend, dass sie sich binnen kürzester Zeit sexuell mit dem ei­nen Scout vergnügt und ein geradezu irres, ekstatisches Luster­lebnis spürt. Der „Zauber“ der Churritfelle ist offensichtlich alles andere als ein Mythos, auch wenn sie das naturwissenschaftlich nicht verstehen kann. Und es gibt Konsequenzen …

Drinnen roch alles überwältigend nach diesem Moschusaroma der Chur­ritfelle, und Saskia musste begreifen, als sie erst einmal ein paar Minuten unter dem Schutz des Odinbaumes gewandert war, dass ihrer eigenen Haut das Aroma ebenfalls anhaftete. Nun, kein Wunder, sie hatte sich schließlich mit der blanken, schweißfeuchten Haut von innen an diesem Leder gerieben … kein Wunder, dass dieses Aroma auf sie übergesprungen war.

Und es machte geil.

Ja, das war völlig unbestreitbar.

‚Es ist das Aroma‘, ahnte sie, freilich ungläubig. ‚Der Geruch macht mich scharf! Ich glaube das nicht!‘

Saskia hatte noch nie etwas von solchen Substanzen gehört, die derar­tig sexuell aufstachelnd waren. Gewiss, man erzählte sich die unglaub­lichsten Geschichten von Ambra, einem Stoff, der, wenn sie sich recht ent­sann, aus irgendeiner Drüse der Moschusochsen gewonnen wurde, und auch gewisse Sekrete der Zibetkatzen sollten aphrodisisch wirken … aber das hier war doch nun wirklich absurd.

‚Dieses Tier ist seit langem tot‘, erinnerte sich Saskia Tanamaris hartnä­ckig. ‚Es gibt keine Duftstoffe mehr ab. Also ist das, was ich mir hier zu­sammenphantasiere, völlig abstrus.‘

Aber der Gedanke war hartnäckig.

Und der Geruch haftete mangels einer Möglichkeit, sich zu waschen, weiterhin energisch an Saskias Haut. Dagegen ließ sich einfach nichts ma­chen. Nach ein paar weiteren Tagen, fürchtete sie, würde sie stinken wie diese Churrit-Schlafsäcke. Viel besser würde es wohl kaum sein …

Eigentümlicherweise sinkt Saskias Erregungsschwelle immer mehr ab, und ihr Körper reagiert auch in der Folgezeit ganz un­erwartet heftig mit wildem sexuellem Begehren auf dieses Aro­ma, mit der Konsequenz, dass sie bald jede Nacht der Reise mit einem der beiden Scouts schläft. Sie befindet sich zu ihrer nicht geringen Verwirrung in einer Stimmung der atemberaubenden Dauergeilheit. Doch das ist alles erst der Anfang der Überra­schungen.

Dann gelangen sie endlich zu einer Nomadengruppe:

Am dritten Tag nach dem Erspähen der Nomadenfährte erreichten die drei Skifahrer endlich, reichlich erschöpft, das Nomadenlager, das sie so lange gesucht hatten.

Es befand sich in einem weitläufigen Tal mit mehreren Ausgängen. Die verschneiten Hänge der umliegenden sanften Hügel waren nicht sehr steil oder hoch, so dass keinerlei Lawinengefahr bestand. Drei Dutzend kleine Zelte aus braunem Churritfell umringten einen Platz, auf dem offenbar nun gerade ein großes Rundzelt aufgebaut wurde – das Versammlungszelt, wie Saskia aus ihren Studien wusste.

In diesem Zelt – so hieß es in den wenigen Berichten, die über das No­madenleben überliefert waren – wurden die Mahlzeiten eingenommen, hier palaverten die Männer und fällten die Entscheidungen der Sippe, hier fand eigentlich im wesentlichen das ganze Gesellschaftsleben statt. Die kleine­ren Zelte waren, so hieß es jedenfalls, nur zum Schlafen da und reichten kaum für zwei Personen. Familienzelte gab es keine, und das gab ihr den ersten Hinweis, was für eine Art von Nomadengruppe sie hier vor sich hat­ten.

Die Churrit-Herde gab Saskia den zweiten.

Sie umfasste nach einer flüchtigen Zählung vom Höhenrücken aus fast hundertfünfzig Tiere und war damit recht klein. Die schnaubenden Fellrie­sen, die nun aus relativer Nähe wie eine Kreuzung zwischen Moschusoch­sen und kleinen Mammuten wirkten – allerdings, wohlverstanden, ohne Hörner – befanden sich nicht in einem Pferch oder so, sondern sie scharten sich auf seltsame Weise um die kleinen Zelte. Komisch …

Irgendwie hatte Saskia erwartet, dass sie sich gleich über die freigeweh­ten Grasflecke im Tal hermachen würden. Denn sie hatten doch bestimmt Hunger, oder? Dennoch … das geschah nicht.

„Oh, das ist eine Jägergruppe!“, erkannte Saskia, als sie langsam den Aussichtshügel auf ihren Skiern herabkamen und dabei aufpassen muss­ten, dass ihr Leichtmetallschlitten sie nicht überholte. Jason und Alan wa­ren dieses Problem offenbar gewohnt – sie hatten vor dem Abstieg zwei zusätzliche Taue verankert und Saskia aus dem Geschirr ausgekoppelt. So ließ sich der Schlitten besser dirigieren.

Inzwischen war es so warm geworden, dass sie auf den Atemschutz ver­zichten konnte und zeitweise sogar ihre Schneebrille auf die Stirn hochge­schoben hatte. Jetzt war sie wieder heruntergezogen, weil der Fahrtwind doch schneidend war, während sie den Hang hinabfuhren. Am Fuß des Hü­gels schwand der Wind aber, und Saskia brach wieder der Schweiß aus. Schnaufend streifte sie die ganze Gesichtsmaske hoch und genoss die Käl­te der frischen Luft.

„Sie haben Churrit für die Verstärkung ihrer Herden eingefangen und führen sie nach Süden … deshalb sind sie nur so wenige“, fügte die For­scherin nun ihren Worten hinzu, als von den Männern niemand auf die Be­merkung einging.

Dumm für Saskia, denn eigentlich ist ihr der Gruppenverband zu klein. Aber die Scouts machen deutlich, dass diese Noma­dengruppe genommen werden muss, keine andere, es gebe hier keine Wahlmöglichkeit, die nächsten Gruppen können Wo­chen entfernt sein, und dafür reichen die Proviantvorräte nicht aus. Und die Forscherin muss bald erkennen, dass die Gruppen­größe oder der unpassende soziologische Zuschnitt – keine Kin­der beispielsweise bei der Gruppe – gar nicht das Problem ist, dem sie sich zu stellen hat.

Sie sind jedenfalls sehr willkommen, und gerade Saskia wird nachgerade frenetisch begrüßt …

Natürlich, DASS sie willkommen war und die Nomaden sich gefreut hat­ten, das hatte sie schon begriffen, aber mehr auch nicht. Manchmal waren Jasons Kommentare echt nicht hilfreich. So ein Hammel! Warum sagte er nicht etwas, was sie noch NICHT wusste? „Aber ich verstehe das gar nicht … ich meine, sie kennen mich doch gar n … uff!“

Eine kleine, hohe, jauchzende Schreie ausstoßende Gestalt rannte fast geradewegs in sie hinein und riss Saskia durch den Schwung beinahe von den Füßen. Die Forscherin stolperte ein paar Schritte rückwärts und be­mühte sich, das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Sie hielt sich mit rudern­den Armen an dem Neuankömmling fest.

Die so stürmisch aufgetauchte Person war ganz in flauschige, helle und intensiv nach Moschus duftende Churrit-Felle gehüllt, sie hüllten sie wie eine zweite Haut ein. Nun jedoch flog die Kapuze nach hinten, während die kleinwüchsige Gestalt, die in den Pelzen steckte, weiterhin helle Freuden­schreie ausstieß und die Forscherin überglücklich, wie es schien, umarmte. Sie machte begeisterte kleine Luftsprünge und schien beinahe mit ihr durch den Schnee tanzen zu wollen, aber dazu war Saskia nun zu kom­pakt und zu groß. Zum Tanzen gehörten nun mal zwei Personen, die beide tanzwillig sein mussten.

Saskia Tanamaris wollte jetzt erst mal nur verstehen, was eigentlich los war.

Die Nomaden ringsum feixten und machten sich dann vergnügt, als wür­de etwas völlig Normales passieren, wieder an die Arbeit. Jason und Alan packten tatkräftig mit an bei den Verbindungsstücken für das große Zelt. Dieser Zeltaufbau und sicherlich auch der Abbau waren Gemeinschafts­werk.

Die kleinwüchsige, völlig vor Freude aufgekratzte Person, die sich nicht von Saskia zu lösen verstand, war von dieser Arbeitspflicht sichtbar ausge­nommen. Die Forscherin würde bald verstehen, weshalb.

Saskia erblickte jetzt jedenfalls überrascht ein kleines, herzförmiges Ge­sicht unter dichtem schwarzen Haar, und jedes einzelne Detail dieses Ge­sichts zeigte ihr, dass sie ganz unbestreitbar eine Frau der Birrit vor sich hatte, eine Nomadin von schwer zu schätzendem Alter, die sich aber sicht­bar fast halbtot freute, Saskia zu sehen.

Die zierliche Frau ist Ana, die einzige Frau in der Gruppe, und sie ist überglücklich, auf einmal auf eine Geschlechtsgenossin zu treffen. Ehe die Forscherin begreift, was sie da sagt, erklärt sie Ana bereitwillig, ihr „natürlich“ bei ihren Aufgaben zu helfen … und was dann passiert, ist durchaus gewöhnungsbedürftig. Denn kaum haben sie das große Gemeinschaftszelt betreten, streift sich Ana den Fellanzug vom Körper, für den es hier drin­nen natürlich viel zu warm ist … und darunter ist sie splitterfa­sernackt!

Dann beginnt sie, an Saskias Sachen zu zerren, wogegen die Forscherin sich verlegen wehrt. Doch im Nu beginnt die Stim­mung der Nomadengruppe, die vorher noch geradezu eupho­risch war, umzuschlagen.

Ängstlich wendet sich Saskia an ihre Gefährten, die sich doch mit den Bräuchen der Birrit weit besser auskennen, weil sie halt auf Voskinnen leben.

„Was passiert, möchtest du wissen? Na, du bist gerade dabei, deine For­schungsarbeit zu sabotieren. Das ist los“, sagte Jason leise und sehr ernst zu der Forscherin. „Weißt du, wenn ich du wäre, würde ich versuchen, mich mehr an die Sitten des Stammes zu halten. Sonst werfen sie uns nämlich gleich raus, und damit ist unser Aufenthalt hier beendet. Es wird keine zweite Chance geben, sondern sie schicken uns dann geradewegs nach Port Ice zurück!“

„Was? Nein!“ Schreckgeweitet starrte sie ihn an. Diese Worte trafen sie nun wirklich wie ein Blitzschlag aus heiterem Himmel. Das war ja wohl das Schlimmste und Unerwartetste, was Saskia je erwartet hätte. „Ich verste­he nicht …“

Jason schaute sie mild vorwurfsvoll an und meinte dann kopfschüttelnd: „Ich denke, du kennst dich mit den Sitten der Nomaden aus? Hast du nicht so was erzählt?“

„Ja … nun … ich glaubte das jedenfalls“, stotterte Saskia etwas hilflos, immer noch den Tränen nah. „Aber das hier … davon habe ich nie was ge­lesen … ich weiß nicht, was …“

„Die Rolle der Frauen der Nomaden“, erklärte Jason nun eilig, als er ihr ehrliches Unverständnis entdeckte, „ist sehr vielfältig. Aber am wichtigs­ten ist es, Saskia, dass man sich als Gast an ihre Kleidungsordnung hält. Du siehst an Ana hier, wie man ist, wenn man als Frau in dem Gemein­schaftszelt ist und sich in der Gesellschaft befindet …“

Nackt?“, keuchte Saskia fassungslos. Das war ja wie ein Hieb mit der Bratpfanne vor den Kopf. Hatte sie sich verhört? Aber Jason wirkte absolut aufrichtig!

Dennoch – das konnte doch wohl nicht wahr sein! Die Frauen der Noma­den hatten, wenn sie sich im Gemeinschaftszelt der Männer aufhielten, ganz NACKT zu sein? Das war sozusagen … verpflichtend? Für JEDE Frau?

Wie um alles in der Welt …?

„…und du erwirbst dir erst das Recht auf vernünftige Kleidung, wenn du wie sie mitarbeitest“, wurden ihre Gedanken von Jasons weiteren, eben­falls sehr eindringlichen Worten durchschnitten und zum Versiegen ge­bracht. „Anderenfalls wirst du, wie gesagt, vom Stamm nicht akzeptiert. Es ist eine Frage des Platzes in der Gesellschaft.

Frauen haben viel mehr Macht im Nomadenverbund, als du glauben magst. Darüber wird normalerweise nicht gesprochen, und vielleicht hast du deshalb nie etwas erfahren. Aber was ich sagen will: mach, was Ana macht, und mach es gefälligst schnell! Sonst finden deine Forschungen nicht statt! Die Männer hier sind schon reichlich ungeduldig, und es ist dein Glück, dass der Anführer noch draußen zu tun hat. Beeil dich lieber!“

Ein schneller Blick zu den Nomadenmännern, die inzwischen alle ihre Ar­beiten eingestellt hatten und sie anstarrten, ziemlich finster anstarrten!, bewies leider schlagend, dass Jason ganz Recht hatte.

Wenn sie nicht schnell eine Entscheidung fällte, konnte Saskia alle For­schungen vergessen!

Und sie musste sich SOFORT entscheiden!

‚Verdammt sollst du sein! Konntest du mir das nicht VORHER sagen?‘

Saskia fühlte heißen Zorn in sich erwachen, aber der half natürlich auch nicht weiter. Eingezwängt in den Schraubstock fremder Sitten und eines extrem engen Zeitplans konnte sie wirklich nur das tun, was Jason empfoh­len hatte.

Tu, was Ana tut. Und tu es schnell!

Und Ana war NACKT, nicht wahr?

‚Das werde ich in meinen Bericht aber NICHT schreiben!‘, nahm sich die Forscherin entschieden vor.

Sie gab nun den bisherigen Widerstand gegen die dunkel vor sich hin­brummelnde Ana auf, die sofort und mit Feuereifer mit ihrer Entkleidungs­aktion fortfuhr. Nun, mit SASKIAS Entkleidungsaktion! Sie selbst war ja schon nackt.

Saskias BH landete sofort am Boden, und ihre schönen, vollen Brüste sprangen lustvoll hervor und bebten aufreizend, während die schöne blon­de Forscherin nun resignierend weiter mithalf, sich auszuziehen. Binnen weniger Sekunden fielen erst ihre Stiefel, dann die Thermohose, die sie un­ter ihrem Anzug getragen hatte, schließlich die langen Unterhosen, die hochgezogenen Strümpfe, das Thermohöschen und der knappe Slip, den Saskia Tanamaris noch am Leibe trug.

Dann war sie so völlig hüllenlos wie Ana auch …

Das ist leider alles erst der Anfang.

Ja, die Macht der Frauen ist in Birrit-Nomadengruppen sehr stark, das soll sie bald selbst miterleben. Aber dass Ana über zu große Arbeitsbelastung klagt, hat nur wenig mit dem Essenzu­bereiten zu tun … sehr viel mehr dagegen mit Sex. Und nun sind sie zu zweit, sie befinden sich im Zelt und sind nackt in ei­ner quasi reinen Männergesellschaft … und Saskia lernt schnell Dinge kennen, die ihre Vorstellungen von der Birrit-Gesellschaft komplett auf den Kopf stellen.

Sie hat vor allen Dingen zu begreifen, dass ihr die Scouts aus vollkommenem Eigeninteresse eine Menge vorenthalten haben, was mittelfristig zu einem ernsten Zerwürfnis der drei führt. Doch da ist es schon zu spät zum Umsteuern.

Alles hat massiv mit den Churrit zu tun, die die Lebensgrundla­ge der Nomaden sind, und die Schlafsäcke der beiden Scouts sind wirklich gar nichts gegen die aphrodisische Wirkung, die von warmer Churritmilch ausgeht, Churritfleisch, den Churrit­matten, dem aufreizenden Anzug aus Churritfell, der ihr maßge­schneidert wird …

Ein erotisches Abenteuer nimmt seinen Anfang, das ihr alsbald aufgrund ihrer hellen Haut den stolzen Beinamen „Milchglanz“ einbringt. Und auf eine geradezu zwanghafte Weise ist sie sehr viel leistungsfähiger als die zierliche Ana.

Allerdings begreift sie sehr lange nicht, dass die durchtriebene kleine Nomadin und die Birrit-Männer längst einen Plan ge­schmiedet haben, in dem Saskia Tanamaris die Hauptrolle spie­len soll …

Der Roman wurde am 31. Dezember 2005 begonnen und um­fasst inzwischen 328 Seiten, wobei von den sechs Abschnitten gerade mal zweieinhalb ausformuliert fertig sind. Die Zitate oben stammen sämtlich aus den ersten 100 Textseiten. Wer hierbei schon rote Ohren bekam, für den ist die Geschichte wirk­lich nichts, in der es um sehr, sehr, sehr viel Sex mit wechseln­den Partnern und in verschiedensten Konstellationen gehen wird.

In gewisser Weise ist „Saskia bei den Nomaden“ eine hitzige erotische Fieberphantasie, könnte man sagen. Eine gewisse Par­allele zu dem Roman „Die Kolonie Saigon II“ ist nicht zu verken­nen. Generell zeichnen sich Erotic Empire-Werke mehrheitlich durch erotischen Obsessionscharakter aus … nicht ausschließ­lich zum Nachteil für die Protagonistinnen, wie ich ergänzen sollte.

Das, was die Scouts sagen, ist durchaus nicht falsch: Die Frauen der Birrit-Nomaden HABEN eine sehr starke Stellung innerhalb der Gesellschaft. Aber die Ausprägung und die Rahmenbedin­gungen dieser Stellung sind, vorsichtig gesprochen … gewöh­nungsbedürftig.

Saskia wird das noch entdecken.

Ich kann allerdings wirklich noch nicht sagen, wann dieses Pro­jekt endet, es gibt da speziell eine biologisch-temporale Klippe, die ich noch nicht wirklich umschifft habe. Dafür ist wahrschein­lich eine strukturelle Veränderung zwingend erforderlich.

Aber soviel ist absolut sicher: Als „Milchglanz“ wird Saskia Tana­maris zu einer rassigen Berühmtheit von Voskinnen aufsteigen und nachgerade eine Legende werden, das ist sicher. Allein, sie selbst macht sich immer noch Illusionen, sie könne beizeiten, „wenn es ruhiger geworden ist“, ihre Forschungsarbeit wieder aufnehmen.

Dass es dazu nie kommen wird, ist zurzeit noch jenseits ihres Vorstellungsvermögens. Aber wie sollte sie darüber auch nach­denken, wenn jeder einzelne Tag ihres Daseins sich in einem Strudel der erotischen Raserei auflöst und sie zu orgasmischen Ufern führt, die sie früher für unvorstellbar hielt?

Soviel also zu dem ersten Einblick – jenseits von „Saigon II“ – in die nicht unkritischen Untiefen des „Erotic Empire“. In der kom­menden Woche kehren wir dann wieder bodenständiger in den Oki Stanwer Mythos zurück.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 395: Zähme mich!

Posted März 15th, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

das ist ein schwieriges Buch, das ich heute vorstellen möchte, soviel sei zur Warnung vorangestellt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Leser, die diesem Blog schon seit geraumer Zeit folgen, das von so einigen Werken denken, die ich rezensiert habe. Aber selbst unter diesen ist das aktuelle Buch doch ziemlich … speziell.

Ja, es entstammt mal wieder dem Segment der erotischen Lite­ratur und hier dem Teilbereich der BDSM-Romane. Zugleich aber hat es einen außerordentlichen psychologischen Fokus, der deutlich macht, dass der BDSM-Zugang eigentlich nur eine Art … ja, sagen wir, von Ventil bildet. Wer also denkt, es erwartet ihn eine Geschichte a la „Fifty Shades of Grey“, der wird hier gründlich auf andere Gleise wechseln müssen, um der Ge­schichte zu folgen. Wie ich unten sage – es geht sehr viel mehr um Psychologie und ziemlich neurotisch-abgefahrene Familien­geschichte als um irgendetwas anderes.

Natürlich gibt es erotische Szene, sogar nicht wenige, und meist arg heftige. Aber das ist, was jetzt vielleicht verwirrend klingt, nur eine Art von „Kurieren an Symptomen“, ohne dem Kern des Problems wirklich nahe zu kommen.

Kryptisch, aber interessant formuliert? Okay, Freunde, dann fasst euch ein Herz und lest weiter:

Zähme mich!

(OT: What happens after dark)

Von Jasmine Haynes (alias Jennifer Skullestadt)

Weltbild Editionen

416 Seiten, TB (2013)

Aus dem Englischen von Anna Wichmann

Keine ISBN!

Als Luke Raven die bildhübsche Bree Mason kennen lernt, ge­schieht das unter seltsamen Umständen – er besucht einen SM-Club in San Francisco, wo sie von ihrem aktuellen Dominus De­rek wie der letzte Dreck behandelt wird. Obwohl der selbst eine Firma leitende Luke so etwas sonst überhaupt nicht tut, nimmt er Derek seine „Sklavin“ kurzerhand weg und erklärt sich selbst zu ihrem „Meister“ … etwas, was für Bree vollkommen in Ord­nung scheint.

Dass die Dinge grässlich anders liegen, als er glaubt, bekommt er erst sehr viel später mit. Der Roman steigt ein, als die beiden bereits seit einem halben Jahr in einer solchen Wochenend-BDSM-Beziehung stehen. Sie ist von Anfang höchst eigenartig. Bree besteht darauf, dass sie ihn kontaktiert, und er weiß auch nach sechs Monaten immer noch nicht, wie sie mit Nachnamen heißt oder wo sie lebt.

Dass Brianna Mason, die sich traditionell gern Bree nennen lässt, im bürgerlichen Leben eine höchst schüchterne Büroange­stellte beim Industrieunternehmen DeKnight Gauges (DKG) ist und hier tadellose Arbeit versieht, könnte er sich nicht vorstel­len. Und erst recht ist ihm nicht klar, weil Bree nie über Persönli­ches redet, sondern sich mit ihm NUR und ausschließlich zum Sex trifft, dass sie in massiven Schwierigkeiten familiärer Natur steckt.

Wie sollte er auch?

Bree ist eine großartige Schauspielerin. Sie schauspielert schon ihr gesamtes Leben, vor jedem Mann, vor ihren Vorgesetzten in der Firma, überall. Alles ist immer wunderbar, absolut in Ord­nung, es gibt überhaupt keine Schwierigkeiten … und doch ist ihr Leben voll davon. So voll, dass sie schreien könnte – aber das würde bedeuten, sie würde Schwäche zeigen, und das ist schlecht. Das hat ihr nicht zuletzt ihr herrischer Vater eingere­det, jahrzehntelang.

Ihr Vater, der nun im letzten Stadium einer Krebserkrankung ist und im Sterben liegt.

Und ihre Mutter fleht Bree an, nach Saratoga zurückzukommen, weil sie mit der Pflege des schwerkranken Vaters überfordert ist. Bree, die eine eigene Wohnung hat, gerät darüber fast in Panik, aber natürlich, das kann man nicht zeigen, das wäre ja Schwä­che, und Schwäche ist schlecht … also tut sie, worum ihre Mut­ter sie bittet.

Luke stellt derweil bei ihren Zusammenkünften äußerst frus­triert fest, dass Bree alle Orgasmen des letzten halben Jahres nur geschauspielert hat … und es beunruhigt ihn immer mehr, auf welche sehr eigenartige Weise er sie schließlich dazu brin­gen kann, doch welche zu empfinden – indem er sie unflätig be­schimpft, erniedrigt und bestraft. Wie Bree es wünscht. Denn so läuft das ab: Sie ruft ihn an, provoziert ihn oder behauptet, sie habe sich schlecht verhalten und verdiene Bestrafung … und auf diese beunruhigende Weise intensivieren sich die Dinge, je näher Luke nun an die wahre Bree heranzukommen versucht und sie gleichzeitig panisch darum bemüht ist, nach außen ihre Fassung zu wahren und – wie ihre Mutter – Normalität vorzuspie­geln, die in keiner Weise mehr existiert, ja, eigentlich nie exis­tiert hat.

Aber dann stirbt Brees Vater.

Und ihre Mutter verhält sich plötzlich so … so … verrückt!

Alles gerät außer Kontrolle. Und Bree sucht mehr denn je Flucht und Erlösung in gnadenloser Bestrafung durch Luke – zu dumm nur, dass er inzwischen gewisse Schlüsse zu ziehen begonnen hat, und das „Spiel“, das sie spielen, auf schreckliche Weise brüchig wird …

Ein Wort der Warnung vorweg: Das ist ein Buch, bei dem ich, während ich es las, immer wieder geschwankt habe, ob ich es rezensieren soll oder nicht. Es geht echt an die Substanz, aus verschiedenen Gründen. Zum einen ist die Beziehung oder bes­ser … die Verbindung zwischen Luke und Bree auf eine Weise pervers, wie ich das bislang noch nicht erlebt habe. Es ist, we­nigstens für mich, vollständig abtörnend, wenn die Liebespart­nerin ständig beschimpft, gequält oder gedemütigt werden muss, um tatsächlich sexuelle Lust zu empfinden. Wer daraufhin also denkt, dass mit der Frau etwas nicht stimmt, hat leider voll­kommen Recht. Geflucht und beschimpft, und zwar auf reichlich unflätige Weise und stets auf die weibliche Hauptperson bezo­gen, das wird darum in diesem Roman sehr viel. Das ist eigent­lich ein klares No-Go für eine Rezension …

Dann ist da Brees seltsame Mutter … um es vorsichtig auszu­drücken … und je mehr man sie kennen lernt, desto mehr muss man auch an ihrem klaren Menschenverstand zweifeln. So, wie sie sich verhält, sollte man wirklich nicht drauf sein. Ich deute nur mal die Sache mit der Dumbo-Keksdose an … widerwärtig bis ungeheuerlich, und das ist nicht die einzige Unfasslichkeit, die sie sich leistet. Die ganze Zeit lauert man als Leser mit ge­sträubten Nackenhaaren darauf, dass da die kathartische Explo­sion stattfindet und das gesamte Setting in einen Alptraum ent­gleist. Man fühlt sich wie auf einer scharfen Bombe sitzend oder auf einem gleich eruptierenden Vulkan, ehrlich!

Auf der anderen Seite findet man als Leser in diesem Roman Dinge, die man wirklich so überhaupt nicht in einem erotischen Roman erwarten würde. Schilderungen, die speziell mir fast den Boden unter den Füßen wegzogen. Man sollte dafür freilich Fol­gendes wissen: Mein Vater starb vor rund viereinhalb Jahren. Das, was Bree und ihre Mutter also mit seinen Sachen tun, war mir auf so alptraumhafte Weise bis in Details hinein vertraut, dass es mir kalt den Rücken herunterlief … auch wenn ich zuge­be, dass wir unseren Vater wirklich geliebt haben und das, was die beiden Frauen tun, die absolut traumatische, antagonisti­sche Gegenposition darstellt.

Aber dann schwankte ich auch wieder in die Gegenrichtung und sagte mir: Die beiden Frauen sind auf so spezielle und unter­schiedliche Weise neurotisch, dass es einfach glaubwürdig, wenn auch grässlich alptraumhaft dargestellt ist. Und das ge­hört unbedingt anerkannt. Die Autorin hat ein sehr solides Stück Familiengeschichte niedergeschrieben und zweifelsohne an vie­len Stellen aus vertrauten Quellen geschöpft. Man könnte sich beispielsweise gut vorstellen, dass sie beruflich etwas Ähnliches macht wie Bree Mason und ebenfalls einschlägige Hospiz-Erfah­rungen hat. Da ist sie auf geradezu bestürzende Weise glaub­würdig und beweist genau in den Bereichen Kompetenz, die in vielen erotischen Romanen einfach nur Staffage und Tünche darstellen. Kann man hier nicht sagen.

Ach ja … und vergesst bitte den abwegig-reißerischen deut­schen Titel. Er führt definitiv völlig auf Abwege. Es geht hier pri­mär um Psychologie. Und um schmutzigen Sex und Seelenqua­len, ganz genau.

Ob die Beziehung zwischen Bree und Luke im Störfeuer der psy­chischen Defekte dann wirklich gegen die Wand gefahren wird oder ob es noch so etwas wie eine Notbremse gibt, sei hier nicht verraten. In jedem Fall ist ein sehr lesenswerter Roman entstanden, der einiges an Nervenkraft abverlangt. Er ist eine Zumutung, ja, aber auch eine Herausforderung. Wer mutig ge­nug ist, der nehme sie an. Ich denke, er wird bereichert daraus hervorgehen.

© 2018 by Uwe Lammers

Okay, das war jetzt harter Tobak, das gebe ich zu. Das habt ihr vermutlich nicht kommen sehen (nun, ich beim Leseeinstieg auch nicht, da sind wir schon mal auf demselben Level). In der kommenden Woche stelle ich eure Nerven auf eine ganz andere Probe, aber diesmal buchstäblich „in the real world“.

Was das heißt? Nun, lasst euch mal überraschen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Blogartikel 501: Close Up: Der OSM im Detail – Teil 41

Posted März 12th, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

beginnen wir mit einem kurzen Rückblick, denn ihr seid vermut­lich noch dabei, euch ein wenig in dieser bislang recht fremden Welt einzuleben. Da geht es euch ganz so wie Oki Stanwer.

Rückblick: Nachdem Oki Stanwer im Anschluss an die Schlacht im Nebelsektor gestorben ist, retten die Lichtmächte seine mentale Essenz und schicken ihn fünf Milliarden Jahre später in einem neu generierten Kosmos erneut in den Einsatz, auf dass er die Macht TOTAM aufhalten möge.

In dieser Galaxis Milchstraße schreibt man das Jahr 3896 terra­nischer Zeitrechnung, und er kommt als weitgehend erinne­rungsloser Schiffbrüchiger im Wrack des Oki-Schlachtschiffs KÄMPFER wieder zu sich. Das Wrack und er werden von Colonel Hareb Simk von der terranischen Sternenreichsunion (SRU) ent­deckt, und Oki wird zu Verhörzwecken zum Planeten Krollos ge­schafft.

Hier hat aber inzwischen der Dämon Mersan kurzfristig das Kommando übernommen und kapert Simks Schiff HOHEITSS­TERN, sodass Oki Stanwer in seine Gewalt gerät. Aber er erfreut sich dieses Triumphes nicht lange, da Raumpiraten unter Thor Gordenbeyl die HOHEITSSTERN kapern und ihn in die Flucht schlagen.

Nun landet Oki Stanwer auf der Kegelwelt, dem Schlupfwinkel der Piraten und ist immer noch in Lebensgefahr … bis Thor als Helfer des Lichts aktiviert wird und der Agent Henry Bent, der für ein rätselhaftes Wesen arbeitet, die beiden aus dem Piraten­stützpunkt mitnimmt. Unterwegs werden Colonel Hareb Simk und sein Adjutant Mark Grimsen an die raupengestaltigen Händler aus dem Volk der Zyw-Grynoth „verhökert“. Henry Bent nimmt Zielkurs auf die Freihandelswelt ELDORADO, wo sein Auf­traggeber auf sie warten soll – ein Außerirdischer namens Soffrol …

Episode 6: Landung auf ELDORADO

(1984, digitalisiert 2021)

Oki Stanwer, Thor Gordenbeyl und Henry Bent, gerade der Ge­walt der Raumpiraten entronnen, reisen nun von der Kegelwelt nach ELDORADO. Dabei handelt es sich um eine von mehreren prosperierenden, nicht an andere Sternenreiche gebundenen tropischen Freihandelswelten. Nach Henrys Worten steht der Planet unter der Regentschaft des Monarchen Talach VI., Harg Segor. Soweit bekannt, ist das Verhältnis von ELDORADO zur dominanten militärischen Macht, der terranischen Sternen­reichsunion (SRU) durchweg angespannt. Dennoch gibt es na­türlich diplomatische Vertretungen hier, auch beispielsweise von der anderen größeren, von Terranern abstammenden Com­munity, der Zentrumsrepublik Otanien.

Generell gilt, dass ELDORADO ein Schmelztiegel von Menschen und Aliens ist. Wenn Oki Stanwer irgendwo untertauchen kann, weil die SRU-Offiziellen ihn suchen, dann ist es zweifellos hier, wo Talach VI. eigentlich allen zu Unrecht Verfolgten Zuflucht ge­währt.

Hier soll sich auch der mysteriöse Soffrol aufhalten, dessen Name Oki Stanwer irgendwie vertraut vorkommt … aber da der Großteil seiner Erinnerung verschüttet sind, kann er wirklich nicht sagen, ob und woher er ihn kennt (Leser der vorherigen „Close Up“-Einträge sind da deutlich schlauer).

Auf ELDORADO sollen sie nach Henrys Worten Carina treffen, wie er eine Agentin Soffrols. Aber die Ereignisse verlaufen nicht so, wie sie sollen. Während sie noch landen, erhält der Regent von ELDORADO Besuch ein einem schattenhaften Fremden, der sich als „Dämon Dartusuum“ vorstellt und ihn ultimativ auffor­dert, Oki Stanwer unmittelbar nach Ankunft an TOTAM auszulie­fern.

Und, schlimmer noch, als Oki und seine Gefährten auf ELDORA­DO landen und sich schon dem Terminal nähern, wo Henrys Mutter auf sie wartet, wird ein verheerender Bombenanschlag auf den Terminal verübt, bei dem Carina Bent ums Leben kommt.

Wohin auch immer Oki Stanwer geht, scheint ihm der Tod zu fol­gen …

Episode 7: Schergen der Union

(1985, digitalisiert 2022)

Nach dem Terroranschlag ziehen sich Oki und seine verstörten Gefährten in das Gewusel von Exos-City, der Hauptstadt ELDO­RADOS, zurück, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Doch das ist leichter gesagt als getan.

Henry gibt nämlich nun Wissen Soffrols preis, um Okis Erinne­rung zu stimulieren. Es gäbe in der Milchstraße eine Überliefe­rung über einen „Bezwinger des Chaos“, dessen Bestimmung es sei, einen finalen Kampf gegen das Böse zu führen. Und der Name dieses Heerführers, der eine galaktische Streitmacht schaffen und anführen solle, laute Oki Stanwer!

Wie schon zu Beginn des KONFLIKTS 15 (Serie „Oki Stanwer“) weigert Oki sich strikt, dieser mythologischen Forderung zu ent­sprechen.

Er ahnt nicht, dass sich zur gleichen Zeit üble Dinge anbahnen.

Colonel Hareb Simk und sein Faktotum Mark Grimsen, die er los zu sein glaubte, haben sich nämlich inzwischen aus der Gewalt der Zyw-Grynoth befreit und ebenfalls nach ELDORADO bringen lassen. Hier nehmen sie umgehend direkten Kontakt mit der SRU-Botschaft auf und lassen nach Oki Stanwer fahnden.

Zwar ist der hiesige Botschafter James Optin durchweg skep­tisch, weil er keinen Stress mit den eldoradanischen Behörden will … aber schließlich stimmt er einem Kommandoeinsatz der SRU-Geheimagenten auf eldoradanischem Boden doch zu. Zu­gleich will er darüber aber sicherheitshalber auch den Regenten in Kenntnis setzen. Dummerweise ist Talach VI. außer sich vor Zorn, weil Hareb Simk zeitgleich den Zugriff vornimmt. Der Re­gent fühlt sich hintergangen und verweist die SRU-Botschaft von ELDORADO … und setzt die Planetengarde in Marsch!

Doch in diesem Moment blickt Oki Stanwer schon am Ende der Episode in den Waffenlauf von Colonel Hareb Simk und steht di­rekt vor seiner Festnahme …

Episode 8: Der Lebensretter

(1985, digitalisiert 2022)

Simks Freude über Oki Stanwers Fassungslosigkeit währt aller­dings nur sehr kurze Zeit – denn dann umstellt die Planetengar­de von ELDORADO das Café, in dem sich die Festnahme abspie­len soll … der Herrscher ELDORADOS hat Kenntnis erhalten von dem unglaublichen diplomatischen Zwischenfall, der hier klammheimlich über die Bühne gehen soll und angeordnet, dass diese Festnahme unterbunden wird.

Simk und seine Männer sehen das überhaupt nicht ein. Sie zer­ren Oki ins Café, und ein Schusswechsel beginnt. Und dann taucht auf einmal eine dritte Fraktion auf, die nun ihrerseits bei­de Kombattanten-Gruppen unter Feuer nimmt: Lebende Skelet­te mit schwarzen Brustpanzern – TOTAMS Soldaten, Totenköpfe!

In dem sich entspannenden Chaos kommt es zu jeder Menge To­ter, aber zu guter Letzt gelingt es Thor, Simk und Grimsen in die Enge zu treiben … dennoch wäre er beinahe erschossen wor­den, wenn nicht im allerletzten Moment ein rätselhafter klein­wüchsiger Fremder in weißer Kutte mit goldenem Bogen er­schienen wäre, um Hareb Simk einen Pfeil in die Schulter zu ja­gen.

Fassungslos starrt Oki den Lebensretter an, der ihn umgehend von hier wegbringen will. Oki erinnert er an ein Wesen namens Yorrok, das so ähnlich wie er ausgesehen hat – aber dieser Fremde nennt sich Ekkon und will ihn zu jemandem bringen, den er den LEUCHTENDEN nennt.

Doch das wird gleich darauf vom Auftauchen Henry Bents, durch den Soffrol spricht, vereitelt. Ekkon verschwindet spurlos und lässt einen völlig verunsicherten Oki Stanwer zurück. Die SRU-Offiziellen werden festgenommen, und die Planetengarde unter Major Sanders macht Oki und seinen Gefährten klar, dass sie nun unverzüglich eine Audienz beim Regenten von ELDORA­DO wahrnehmen müssen, um dieses ganze Chaos zu erklären …

Episode 9: Treffpunkt Sternenwrack

(1986, digitalisiert 2022)

Blende zur Fundstelle von Oki Stanwer am Rand der Galaxis. Das Wrack des Oki-Kriegsschiffes KÄMPFER ist bekanntlich von dem Kreuzer HOHEITSSTERN der SRU ausfindig gemacht wor­den, das eigentlich nach von den Lontreks entführten Fracht­schiffen suchte (vgl. Bd. 1 der Serie).

Hier, fast 14.000 Lichtjahre von der Erde entfernt, erforschen in­zwischen Wissenschaftlertrupps unter dem Forscher Robert Hays das weitgehend zerstörte, aber immer noch Alien-High­tech enthaltende Schiffsruine, die man nur das „Sternenwrack“ nennt.

Als die Wissenschaftlerin Corinna Schwartz das Wrack besucht, um Hays an voreiligen Experimenten zu hindern, kommt sie zu spät. Denn er erklärt ihr, dass eine hier vor Ort befindliche Raumzeit-Anomalie möglicherweise erklären kann, woher dieses Wrack kam – und dass sich damit eventuell ein Zeittunnel in die Vergangenheit öffnen lässt.

Ungerührt startet er seine Experimentreihe und löst eine Kata­strophe aus. Das erste, was geschieht, ist unsichtbar – ein entropisches Phänomen wird wirksam, das die Lebenden im KONFLIKT 15 schon mit Grauen erfüllte: Der Kalte Tod wird wirk­sam und lässt die Seelen der anwesenden Schiffsbesatzungen erkalten … aber das ist erst der Anfang.

Episode 10: Der Fluch der KÄMPFER

(1986, digitalisiert 2022)

Fortsetzung der Handlungsspur aus Band 9: Robert Hays‘ Expe­riment gerät außer Kontrolle. Während er versucht, eine Hyper­raum-Anomalie gewaltsam zu öffnen, löst er entropische Phäno­mene aus. Außerdem tauchen rätselhafte Geister auf, Besat­zungsmitglieder werden geradewegs atomisiert, und sogar ei­ner der schwer beschädigten Oki-Roboter, die die SRU-Wissen­schaftler vom Wrack bargen, erwacht zu neuem Leben.

Das ist aber nicht das Schlimmste.

Es gibt auch ferne Entitäten mit großer Machtfülle, die derartige Manipulationen nicht gern sehen, weil sie die Stabilität des Kos­mos beeinträchtigen. Sie schicken sich an, den Matrixfehler, also das Oki-Kampfschiff KÄMPFER, kurzerhand aus der Matrix auszubrennen. Und der Effekt greift auf katastrophale Weise auf die SRU-Forschungsschiffe über und radiert sie ebenfalls aus.

Dummerweise ist das noch nicht das Ende vom Lied …

Soweit für heute der nächste Blick in den KONFLIKT 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“. In der kommenden Wo­che erzähle ich von dem dritten Langzeitprojekt. Diesmal bege­ben wir uns auf eine Eiswelt namens Voskinnen im Erotic Empi­re

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 394: Meine kurze Geschichte

Posted März 8th, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

vermutlich stehe ich nicht allein mit meiner Aussage, dass ich Stephen Hawkings Gedanken zur Kosmologie nie recht zu folgen verstand. Seine „kurze Geschichte der Zeit“ steht immer noch ungelesen im Regal, aber den Plan, das Buch zu lesen, verfolge ich seit Jahrzehnten immer wieder sporadisch … und werde von leichterer Lektüre abgelenkt.

Nun, vielleicht werde ich in Bälde einen neuen Anlauf dazu un­ternehmen. Anlass dazu ist das vorliegende Buch, das mir kürz­lich in die Hände fiel und das ich umgehend verschlang … nicht allein, weil der Titel und der schiere Umfang des Buches nahe legten, dass es tatsächlich viel leichter und schneller zu lesen sein würde (was stimmte). Ein Grund war tatsächlich darin zu finden, dass dieses Werk meine wissenschaftliche Neugierde als Biografiehistoriker anfachte.

Warum kommen Menschen auf bestimmte Ideen? Wie werden sie zu dem, was sie sind? Was für Hindernisse legen sich ihnen im Laufe ihres Lebens in den Weg, wie überstehen sie krisenhaf­te Situationen, was für Lehren ziehen sie daraus?

Solche biografiegeschichtliche Fragestellungen werden zu ei­nem guten Teil von autobiografischen Texten aufgegriffen … selbst wenn man als Historiker dann stets etwas skeptisch ge­genüber gewissen verbreiteten weichzeichnenden Erzähleffek­ten und nivellierenden Vereinfachungen sein muss, enthalten doch solche Werke in der Regel genügend Substanz, um weitere faktenbasierte Nachprüfung zu ermöglichen. Und auf diese Wei­se kann man dann – bei Bedarf, es ist kein Muss – auch durch al­ternative Quellen einiges über das Selbstverständnis des Refe­rierenden lernen. Ob beispielsweise seine Einschätzungen von erwähnten Personen, Kollegen, Politikern usw. der Realität nahe kommen oder sich eher zu abseitigen Vermutungen versteigen, die in der Autobiografie als Fakten referiert werden.

Das sind so ein paar kritische Vorabgedanken, die man vielleicht im Hinterkopf behalten sollte, ehe man eine Autobiografie, und um so etwas handelt es sich hier heute, 1:1 für bare Münze nimmt.

Doch wie immer es auch um die kritische Lesehaltung bestellt sein mag … ich fand, dass Hawkings biografische Erinnerungen eine Menge an sehr lesenswerten und bislang unbekannten De­tails enthielten, die mein Bild von diesem genialen Physiker si­gnifikant bereicherten. Wer immer sich für ihn interessiert, wird meiner Ansicht nach an diesem Büchlein wohl nicht vorbeikom­men:

Meine kurze Geschichte

(OT: My Brief History)

Von Stephen Hawking

rowohlt (2013)

164 Seiten, geb.

Aus dem Englischen von Hainer Kober

ISBN 978-3-498-03025-4

In der Wissenschaft gibt es eine weit verbreitete Ansicht: Was in der Karriere zählt, sind die Fakten, insbesondere die eigenen Leistungen intellektueller Natur, die Erfolge, die Publikationen, die Vorträge und die Stationen der akademischen Laufbahn. Ge­ring geschätzt wird üblicherweise dabei ein zentraler Aspekt, ohne den das Obige überhaupt nicht möglich wäre: die eigene Biografie. Dieser blinde Fleck in der Selbstwahrnehmung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hat mich immer wie­der verblüfft. Es scheint so, als rühre man hier an eine seltsame Form von Tabu – ganz so, wie wenn das Aufrollen einer meist recht unspektakulären Biografie die nachmalige wissenschaftli­che Leistung in irgendeiner Weise schmälern würde.

Als ich Geschichte studierte und dort stark von den Lebensläu­fen der Protagonisten angezogen wurde, was sich in zahlreichen kürzeren Veröffentlichungen zur Biografiegeschichte nieder­schlug, stellte ich fest, dass – falls das oben angedeutete Tabu wirklich existiert – das Kennen einer Wissenschaftlerbiografie oftmals dazu beiträgt, auch deren akademische Leistung bzw. vielleicht auch Fehlleistung besser zu verstehen, als wenn man sie betrachtet, als spielte sich deren akademische Laufbahn im luftleeren Raum ab.

Im Fall der vorliegenden kurzen Autobiografie des Astrophysi­kers Stephen Hawking, der am 14. März 2018 im Alter von 76 Jahren erstaunlich hoch betagt verstarb, ist die Kenntnis seiner Familiengeschichte und der Wegmarken, an denen er die Ent­scheidungen traf, die ihn zu dem machten, was er war, inklusive seiner Krankheit, besonders erhellend.

Er rollt hier in trockener, bisweilen wirklich vergnüglich zu lesen­der und nicht selten amüsanter Kürze in 13 Kapiteln die Ge­schichte seines Lebens bis zum Jahre 2013 auf. Dabei kommt – was ich besonders schön fand – auch die familiäre Verkettung väterlicher- wie mütterlicherseits nicht zu kurz, was sein Leben in einem größeren biografischen Kontext verankert, der bis ins späte 19. Jahrhundert zurückreicht (genau genommen geht er bis zu seinem Urgroßvater John Hawking, einem wohlhabenden Landwirt aus Yorkshire, zurück).

Besonders interessant fand ich die Passagen, wo er sich 1962 in Cambridge dagegen entscheidet, bei dem prominenten Astrono­men Fred Hoyle Doktorand zu werden (nun gut, geben wir der Wahrheit die Ehre: er war enttäuscht, als er abgelehnt wurde, weil Hoyle schon genug Doktoranden hatte). Im Nachhinein in­terpretiert Hawking das als Vorteil, weil er sonst Hoyles „Steady State“-Theorie des Universums hätte verteidigen müssen, an die er selbst immer weniger glaubte (heute ist die Theorie nach meiner Kenntnis quasi tot). Stattdessen wendet er sich von der Astronomie ab und der Kosmologie zu, auch wenn das damals ein wenig beachteter Zweig der Wissenschaften war. Und hier spezialisiert sich Hawking, obwohl er zugibt, in Mathematik nicht sonderlich firm zu sein und auch bei der Quantenphysik so seine Probleme zu haben, auf das Thema der Schwarzen Löcher. Dies tut er nach anfänglichem Interesse an Gravitationswellen (die erst Jahrzehnte später nachgewiesen werden konnten – auch hier wich er also einem eher fruchtlosen Themenbereich intuitiv aus).

Heutzutage ist die von Schwarzen Löchern emittierte „Hawking-Strahlung“, die er wesentlich entdeckt hat und die nach ihm be­nannt wurde, in der Physik allgemein bekannt, aber in den frü­hen 60er Jahren glaubte man kaum an die Existenz dieser Ster­nenmonster, und beobachtet hatte sowieso niemand eines. Selbst indirekte Nachweise durch Schwerkraftwellen waren mangels passender Instrumente noch rein hypothetisch.

Und dann lässt ihn die Gesundheit im Stich, nachhaltig: motori­sche Störungen machen Hawking zunehmend das Leben schwer, und die Ärzte konstatieren ALS, eine degenerative Ver­fallskrankheit, die in der Regel binnen weniger Jahre zum Tode führt. Damit im Alter von 21 Jahren konfrontiert zu werden, ist für Hawking ein enormer Schock … interessanterweise führt er dazu, dass er auf einmal Vergnügen am Lernen findet und durch die zunehmende Behinderung keine Lehre und keine Studenten­betreuung auszuführen hat.

Er empfindet diese Behinderung also zwar als drastische Ein­schränkung seines Lebens, aber zugleich auch, positiv gewen­det, als Möglichkeit und Chance, sich vollständig auf die theore­tische Physik zu konzentrieren. Im weiteren Verlauf des Buches erfahren wir eine Menge über die Hintergründe, unter denen Hawkings berühmtestes Buch „Eine kurze Geschichte der Zeit“ entstanden ist … von zahlreichen weiteren Werken ganz zu schweigen, während seine Fähigkeiten, sich mitzuteilen, im­mer dürftiger wurden. Schließlich verlor Hawking die Sprache vollständig und war zunehmend auf einen Rollstuhl mit einem Sprachvokoder angewiesen, um überhaupt noch kommunizieren zu können.

Wenn man sich ansieht, wie dieser Mann voller warmherzigem Humor und Seelenruhe über sein Dasein und seine Biografie und Karriere reflektiert, wobei er Wort für Wort mühsam Buch­stabe für Buchstabe konzentriert formuliert haben muss … das ist ungeachtet der Kürze eine unglaubliche Leistung. Herausge­kommen ist ein äußerst lesenswertes Werk, das ich jedem ans Herz lege, der mehr über diesen Ausnahmewissenschaftler er­fahren möchte. Und danach, so könnte ich mir denken, ist der eine oder andere sicherlich auch neugierig auf „Eine kurze Geschichte der Zeit“ geworden und darauf, ob er/sie viel­leicht dann doch dank Hawkings Erläuterungen im vorliegenden Buch das Konzept der „imaginären Zeit“ verstehen wird.

Das Abenteuer könnte sich lohnen – es klingt nach Science Fiction pur!

© 2021 by Uwe Lammers

Tja, ich lasse mal dahingestellt sein, wann ich Hawkings zuletzt genanntes Buch dann wirklich in Angriff nehmen werde. Obiges ist unbedingt empfehlenswert.

In der nächsten Woche wenden wir uns dann einmal mehr der facettenreichen erotischen Literatur zu …

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Blogartikel 500: Oki Stanwers Kinder

Posted März 5th, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

wie ihr, die ihr dem Blog hier lange genug folgt, sicher wisst, ist ein Hunderter-Eintrag für mich immer etwas ganz Besonderes, ein Jubiläum eben. Und aktuell in Zeiten der immer noch umge­henden Corona-Pandemie (wir schreiben jetzt in diesem Mo­ment, wo ich die ersten Sätze an diesem Artikel formuliere, den 10. Juli 2021), da mache ich mir schon Gedanken, was ich in diesen Artikel thematisch einbringen könnte. Er liegt zwar ver­öffentlichungstechnisch noch ziemlich weit in der Zukunft (kon­kret erscheint er am 5. März 2023 auf meiner Homepage), aber mir kam eine schöne und sehr passende Idee für diesen Eintrag, und ich entwickele sie in Etappen über Monate hinweg, weil das so seine Zeit braucht (genau genommen hat es dann fast an­derthalb Jahre gedauert, bis ich ihn fertigstellen konnte … daran seht ihr, dass ich mir die Arbeit an diesem Text nicht eben leicht gemacht habe. Am Ende werdet ihr vermutlich verstehen, war­um das so ist).

Wie sieht es eigentlich im OSM mit Oki Stanwers Kindern aus?

Die Frage ist durchaus nicht rein akademischer Natur. Physiolo­gisch ist Oki Stanwer immerhin ein viriler Mann im gesunden Mannesalter, und selbstverständlich hat er diverse Beziehungen zu Frauen gehabt … auch wenn das in der sehr fernen Zukunft eher ein wenig ungläubig konstatiert wird … ich komme dazu noch weiter unten.

Wie kam ich auf die Idee dieses Themas?

Nun, in den zurückliegenden Wochen und Monaten habe ich mich sehr stark mit zentralen thematischen Episoden des KON­FLIKTS 28 „Oki Stanwer – Der Siegeljäger“ befasst. Das ist chro­nologisch der äußerste Bereich des Oki Stanwer Mythos, wo die Wirklichkeit schon brüchig wird, wo Gewissheiten spröde und fragil und fragwürdig werden. Und in diesem Bereich kommt es zu einem epochalen Bündnis zwischen zwei legendären Persön­lichkeiten … und beide sind Töchter Oki Stanwers.

Und dann gab es ja noch seinen Sohn Marconius.

Effektiv haben wir hier also schon drei Personen, die zu themati­sieren sind. Von weiteren habe ich (bislang) keine Kenntnis, aber das muss ja nicht als in Stein gemeißelte Aussage für die Zukunft Bestand haben. Vieles im OSM ist bis dato noch nicht ergründet, und es gibt zweifellos in den vielen Jahrtausenden von Oki Stanwers verschiedenen Leben Zeiten, in denen er Zweisamkeit mit Frauen pflegte. Das kann dann natürlich höchst biologische Konsequenzen gezeitigt haben.

Im Folgenden möchte ich also ein wenig die Gefährtinnen Oki Stanwers thematisieren, soweit das nicht Veröffentlichungen der nahen Zukunft unangemessen vorgreift, und sodann die ge­meinsamen Kinder zumindest knapp darstellen (bei einer Per­son davon muss ich unvermeidlich sehr vage bleiben, da kann ich nur jetzt schon um Entschuldigung bitten). Ihr werdet so je­denfalls sehen, dass Oki Stanwer in biologischer Hinsicht dem traditionellen Menschen sehr viel ähnlicher ist, als das vielleicht meist gemutmaßt wird. Immerhin ist er ja kein Mensch, auch wenn er wie einer aussieht (das hat er, wie ich heute weiß, durchaus mit einem gewissen Timelord gemeinsam – aber sein Liebesleben ist deutlich lebhafter als bei Doctor Who).

In der Frühzeit des OSM – und da gehen wir jetzt mal serien­chronologisch und nicht handlungschronologisch vor – , da ist Oki Stanwer noch nicht so klar als biologisches Individuum greif­bar. Leser, die meinen KONFLIKT 2 „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ im E-Book-Format seit Jahren verfolgen, werden im­mer wieder mal gegrübelt haben, warum die Serie wohl so heißt, wie sie heißt. Denn von Oki ist zwar gelegentlich die Rede, aber er ist doch insgesamt sehr, sehr fern, mehr wie ein Regierungsoberhaupt für einen einfachen Otto-Normalbürger. Man hört von ihm, sieht ihn vielleicht auch in Bildsendungen, aber er ist quasi unerreichbar entrückt.

Zu seiner Rolle in KONFLIKT 3 kann ich zurzeit noch nichts sa­gen, da er in Bearbeitung ist.

In KONFLIKT 4 „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ ist er als durch­aus menschlicher Repräsentant der Baumeister Lenker des IN­SEL-Imperiums. Aber auch dort ist er seit über zweitausend Jah­ren eine eher öffentliche Person, die aus ihrem Privatleben ver­ständlicherweise ein Geheimnis macht … es ist sehr wahr­scheinlich, dass er hier temporär liiert war, aber es ist fragwür­dig aufgrund seiner physischen Unsterblichkeit, dass diese Be­ziehungen von langer Dauer waren. Das schließt potenzielle Nachkommen natürlich nicht aus, ich weiß hiervon nur noch nichts.

Zu den KONFLIKTEN 5-8 kann ich wenig sagen. KONFLIKT 7 „Oki Stanwer – Held der Hohlwelt“ ist in Arbeit, aber ob er sich dort jemanden anlacht, ist zurzeit reine Spekulation.

In KONFLIKT 9 „Oki Stanwer – Der Kaiser der Okis“ ist das grund­legend anders, was schon im Band 1 der Serie thematisiert wird. Hier ist er leitendes Besatzungsmitglied der Raumyacht STERNENFLUG der abenteuerlichen und temperamentvollen Kleini-Millionärin Viane Vansin el Descorin del Sante von der Kleini-Kolonialwelt Descorin, und sie wälzen sich oft und ausgie­big im Bett in eindeutig sexueller Aktion. Ich gehe allerdings davon aus, dass beiden nicht der Sinn nach Nachwuchs steht, und zumindest Viane sehr klare Verhütungsvorkehrungen trifft.

Die KONFLIKTE 10 und 11 sind aktuell weitgehend unerforscht und harren noch der Realisierung. Hier kann zu ihnen deshalb nichts gesagt werden.

Anders sieht das dann wieder im 1993 fertig gestellten KON­FLIKT 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ aus. Hier treten diverse weibliche Personen in Erscheinung im direkten Umfeld Oki Stanwers. Die wichtigste davon ist die Helferin des Lichts Salketh-en-torion, die schlussendlich eine intensive Beziehung zu Oki Stanwer unterhält. Hier ist aber von Kindern ebenfalls keine Rede.

Als ich den KONFLIKT 13 „Oki Stanwer Horror“ (OSH) verfasste, geschah das in einer Zeit, in der ich selbst mit Mädchen eher wenig anfangen konnte, und folgerichtig ist die OSH-Serie doch sehr männerlastig. Das betraf damals auch Oki Stanwer als Handlungsperson … erst gegen Ende hin wird das etwas aufge­lockert durch Tina McCall und ihre Tochter Serena, die aber phy­siologisch mit Oki Stanwer nichts zu tun haben. Als ich dann al­lerdings anno 1988 damit begann, diese Serie in das Buch „DER CLOGGATH-KONFLIKT“ umzuarbeiten, wurde diese bio­logisch recht einseitige Sichtweise grundlegend aufgeweicht.

Hier macht Oki beizeiten die Bekanntschaft mit der hochintelli­genten, temperamentvollen und leidenschaftlichen Yard-Wissen­schaftlerin Dr. Elizabeth Quine, und hier entsteht eine so innige Beziehung, dass sie tatsächlich von ihm schwanger wird … doch kann ich hier in diesem Kontext leider nicht deutlicher werden, ohne massiv zu spoilern. Seht es mir also nach, wenn ich hier aktuell vage bleiben muss.

Man sieht allerdings schon an diesen Beispielen: Oki Stanwer ist wirklich alles andere als ein asexuelles Wesen, und es gibt für Frauen daher durchaus Möglichkeiten, ihm auf erotische Weise näherzukommen, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Über seine Vaterqualitäten sagt das allerdings nichts aus – ich komme dazu noch weiter unten.

In KONFLIKT 14 „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“, das wis­sen die Leser, die meinen Close Up-Beiträgen gefolgt sind, er­gibt sich anfangs aufgrund von Okis Physis, später wegen sei­nes Umfeldes keine Gelegenheit, sexuelle Beziehungen mit Frauen einzugehen und Nachwuchs zu erzeugen. Diesen KON­FLIKT können wir also außer Betracht lassen.

Auch in KONFLIKT 15 Oki Stanwer“ (geschrieben von 1982 bis Anfang 1984) kommt noch die damals sehr distanzierte Haltung zum weiblichen Geschlecht insgesamt zum Tragen, sodass sie dort quasi gar nicht als Handlungspersonen existent sind, schon gar nicht in Okis Gegenwart. Eindimensional und unrealistisch? Eindeutig, aber so war ich damals eben drauf. Bei einer Ausar­beitung sollte das ebenfalls gründlich geändert werden.

Als KONFLIKT 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“ all­mählich kontinuierlich geschrieben werden kann, befinden wir uns historisch schon in den späten 80er Jahren, was für die dif­ferenziertere Geschlechterdarstellung erkennbar hilfreich ist. Parallel hierzu entwickelte sich ja auch der in dieser Beziehung flexiblere KONFLIKT 12, was nicht ohne Auswirkung blieb. So stolpert Oki hier auf dem Planeten ELDORADO in KONFLIKT 16 über eine Herbergsbesitzerin, die ihn sogleich für sich reklamie­ren will. Die Rede ist von der feuerhaarigen Zynolerin Miriam, die leider nie einen Nachnamen erhält.

Miriam, eine Nachfahrin von terranischen Kolonisten aus dem Altair-System, bringt dem bis dahin eher unbedarften und sexu­ell offenbar recht unerfahrenen Mann, der aber über einen höchst attraktiven Körper verfügt, sehr bereitwillig sinnlich-ero­tische Lektionen aus nächster Nähe bei. Darin ist sie als tempe­ramentvolle Nymphomanin mit sehr leichtlebigem Lebenswan­del ohnehin Expertin. Zwar hält die Beziehung nicht sehr lange, aber sie ist ausgesprochen leidenschaftlich. Man kann es nicht anders sagen – die beiden haben eine Menge Spaß im Bett, was gelegentlich amüsante Nebenwirkungen nicht ausspart.

Kaum wieder solo, stolpert Oki Stanwer dann in die Hände der wilden Raumpiratin Death-Zhonya, hinter deren martialischer Maske sich eine intelligente und zutiefst traumatisierte junge Frau verbirgt. Sonja, so ihr bürgerlicher Name (die leider auch keinen Nachnamen bekommt), hat durch die Machenschaften der Raupenwesen aus dem Volk der Zyw-Grynoth ihre Eltern und ihre Heimat verloren und das Hassen wirklich gründlich ge­lernt.

Das ändert sich überraschenderweise auch nicht, als sie Oki Stanwer in ihr Bett zieht – etwas, was augenscheinlich unvermeidbar war, denn Sonja ist eine Helferin des Lichts. Während es allerdings meistens so ist, dass die Aktivierung eines Helfers des Lichts durch Oki Stanwer eine wesentliche Veränderung des Wesenskerns eines Helfers erzeugt, ist das bei ihr nicht so. Sie hasst die Zyw-Grynoth immer noch und vernichtet sie, wo im­mer sie sie finden kann. Dass Oki das in ein moralisches Dilem­ma stürzt, ist recht verständlich.

Es ist Sonja ebenfalls klar, dass Oki nicht langfristig bei ihr blei­ben kann (die Gründe dafür werde ich in den Close Up-Artikeln thematisieren, denen ich hier nicht vorgreifen möchte), und so muss sie ihn nach wenigen Wochen gehen lassen … Er hat lan­ge Zeit keine Ahnung davon, dass sie in dieser Zeit des Beisam­menseins schwanger von ihm geworden ist. Er trifft sie bedauer­licherweise erst Jahrzehnte später wieder und lernt bei dieser Gelegenheit ihren gemeinsamen Sohn Marconius Stan­wer kennen.

Da diese Geschichte im Rahmen der Close Up-Artikel aber als­bald deutlicher entwickelt wird, halte ich mich bei ihm auch bes­ser nicht weiter auf, selbst wenn das gerade bei Marconius sehr lohnend wäre (ich deute nur mal an, dass er auch in KONFLIKT 18 eine wichtige Rolle spielt, auch wenn das eher unmöglich scheint … ich komme dazu beizeiten noch, aber logischerweise dauert das noch ein paar Jahre). Tatsache ist nur, dass Oki hier durch Abwesenheit glänzt und nicht eben das darstellt, was man einen traditionellen Vater nennt. Die Umstände sind aller­dings hier wie auch im Fall von Liz Quine gegen ein idyllisches Familienleben gerichtet. Ihr werdet das in den Close Up-Beiträ­gen erkennen.

In den KONFLIKTEN 17 „Drohung aus dem All“ und 18 „Kampf gegen TOTAMS Dämonen und Schergen“ wird der sexuelle As­pekt Oki Stanwers eher unterbelichtet dargestellt oder ganz ausgeblendet. Im ersteren KONFLIKT ist das der Schreibzeit ge­schuldet, die ja schon 1986 endete, im zweiten Fall gab es an­dere Komplikationen, die mich gründlich ablenkten. In Anbe­tracht der geringen Handlungszeit beider KONFLIKTE ist das al­lerdings zu verschmerzen, finde ich.

Der KONFLIKT 19 Oki Stanwer – Der Missionar“ ist noch in Ar­beit, aber er zeigt durchaus, dass er ein gestandener Mann ist. Hier kommt es zu einer Liaison mit einer zum Planeten Dawson ausgewanderten Terranerin namens Tanith Tassier. Dazu sage ich weiter unten noch etwas mehr. Von Kindern ist hier aktuell nichts bekannt, aber es ist deutlich, dass er kein Kind von Trau­rigkeit ist, da ich hier schon eine weitere Gespielin eingebracht habe, die sich mit ihm munter im Bett wälzt (die ich hier aus Schicklichkeitsgründen aber nicht mit Namen nenne). Denkbar wären solche Weiterungen hier also durchaus, sie sind nur noch nicht spruchreif.

In KONFLIKT 20 „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam“ ist es in­diskutabel, dass er irgendwelche erotischen Gefühle entwickelt. In dieser 1997 abgeschlossenen Serie ist seine Seele schließlich in einen Terminator-ähnlichen Körper eingepfercht, den so ge­nannten „Robotkaiser“, und man kann davon ausgehen, dass sexuelle Aktivität auf seiner Agenda nicht eben hoch angesie­delt ist.

Die KONFLIKTE 21 „Oki Stanwer – Fürst von Leucienne“ und 22 „Oki Stanwer – Der Schattenfürst“ sind noch in Arbeit, Bezie-hungen zu Frauen sind hier zurzeit nicht bekannt.

Interessant wird es dann wieder in KONFLIKT 23 „Oki Stanwer – Der Dämonenjäger“, geschrieben von 1988 bis 1994. Denn hier, in der mit 147 Episoden längsten fertig gestellten OSM-Ebene überhaupt, wird die Frage von Oki Stanwers Nachkommen gera­dezu existenziell.

Warum? Nun, das hat mit den Plänen seiner Gegner zu tun. Oki Stanwer wird sehr früh von der Dämonenwaffe GOLEM gefan­gen genommen. Und die Dämonenwaffe hat einen infamen Plan ersonnen, Oki Stanwer zu töten … allerdings erst, nachdem er gezwungenermaßen mit der Hexe Davina einen Nachkommen gezeugt hat, in dessen Leib Oki Stanwers Primärenergieseele übergehen kann. Denn wenn das passiert ist, kann er Oki Stan­wer ohne Probleme töten.

Tja, aber auch perfekte Pläne scheitern manchmal auf bizarre und unerwartbare Weise. Die schwangere Davina entschwindet nämlich auf eine höchst unkonventionelle Art und Weise aus ihrem ägyptischen Gefängnis – durch eine Tür aus Licht, die sich direkt ins Innere der Matrix öffnet!

Nie dagewesen, ich weiß. Aber dieser KONFLIKT 23, den ich we­sentlich während meines Zivildienstes in Hameln Ende der 80er Jahre und Anfang der 90er entwickelte, sprengte sowieso alle Grenzen, die bis dato bekannt waren … leider ist er noch nicht digitalisiert, aber ich freue mich sehr darauf, das alsbald in An­griff nehmen zu können. Wenn ich mit den Digitalisaten von KONFLIKT 13 und 16 fertig bin, ist es soweit.

Nun, zurück zu Davina, der glückseligen oder glücklosen Hexe, das kann man sehen, wie man möchte. Sie entkommt in das In­nere der Matrix, was früher für unmöglich gehalten wurde, und hier kommt die gemeinsame Tochter zur Welt: Sarai Stanwer.

Ein Kind, das das Universum umstülpen wird. Die Universen, um genau zu sein. Die vorherigen und die zukünftigen, auch wenn das undenkbar scheint (die Baumeister und Sieben Lichtmächte halten das jedenfalls auf fatale Weise für undenkbar, eine sehr lange Zeit).

Sarai Stanwer wird schon sehnlichst erwartet. Es heißt im In­nern der Matrix, ihre Geburt wurde schon vor Jahrtausenden vorausgesagt. Auch, dass sie die Fürstin der Matrix sein wird und den KONFLIKT auf eine völlig neue Weise modellieren soll, als es bislang vorstellbar war.

Das trifft tatsächlich auf ungeheuerliche Weise zu, und sie ist über Jahrmilliarden hinweg das wirkungsmächtigste Kind Oki Stanwers, wenngleich ich auch dazu sagen muss, dass Sarai im Kern eine durchaus tragische Person darstellt … ich wünschte, ich dürfte euch dazu schon mehr verraten, aber da auch Sarais Leben noch im Werden begriffen ist, müsst ihr an dieser Stelle ein wenig Verständnis aufbringen, dass ich auch hier etwas vage bleibe.

Nach dem ungeheuerlichen KONFLIKT 23 verändert sich, nicht zuletzt durch Sarais Aktivitäten, die Struktur der folgenden KON­FLIKTE. Es entsteht etwas, was man das „Netzuniversum“ nennt und was die bisherigen KONFLIKTE auf eine Weise entgrenzt und neue Freund- und Feindlager erschafft, die zuvor undenkbar wa­ren.

Ich bin im KONFLIKT 24 „Oki Stanwer – Der Neutralkrieger“, wie­wohl er bereits 1994 begonnen hat und Band 50 überschritten hat, immer noch nicht weit genug, um hier sagen zu können, wie es mit Oki und seinen potenziellen Lebenspartnerinnen und möglichen Nachkommen ausschaut. Sorry, Freunde. Die Serie ist auch nach bald 30 Schreibjahren immer noch in Arbeit.

Die KONFLIKTE 25-27 sind dunkel, weil noch nicht geschrieben. Aber nach dem, was ich aus KONFLIKT 28 „Oki Stanwer – Der Siegeljäger“ weiß, findet in diesen Universen etwas statt, was man einen galoppierenden Zerfallsprozess nennen mag. Die kosmischen Strukturen unterliegen einem Degenerations- und Schwächungsprozess, der in KONFLIKT 28 schließlich in das Phä­nomen des RANDES mündet.

In diesem Universum wird Oki Stanwer zwar von der Mutantin Sandra de Casalle angehimmelt, er ist aber nicht lange genug in ihrem Umfeld, um ihrem Charme zu erliegen. Ich denke also nicht, dass er hier Liebeleien erleben wird, was von Sandra durchaus bedauert wird. Stattdessen fliegt er zu TOTAMS Leiche und trifft auf atemberaubende Weise eine weitere Nachkommin von sich.

Insgesamt haben wir also derzeit drei Kinder Oki Stanwers: Mar­conius, Sarai und jenes Mädchen, das in KONFLIKT 13 gezeugt wird, aber auf eine sehr unkonventionelle Weise eine Art von di­mensionalem Zwischenleben führt, um bis in KONFLIKT 28 zu überleben … Details werde ich euch sehr viel später dazu verra­ten.

Daran merkt ihr deutlich, dass die Frage nach Oki Stanwers Kin­dern alles andere als einfach ist und die Kinder, die ich nachwei­sen konnte, allesamt keine „einfache“ Biografie haben. Ihnen al­len ist leider gemeinsam, dass in der Kindheits- und Jugendpha­se ihr Vater durch Abwesenheit glänzte. Entschuldigend muss man natürlich ergänzen, dass Oki das selbst ebenfalls bedauert hat. Die Zeitumstände waren schlicht gegen ihn. Davon erfahrt ihr in den Close Up-Artikeln zu KONFLIKT 16 mehr und könnt das dann vielleicht etwas besser nachvollziehen und seine Abwe­senheit entschuldigen.

Auch ihre Mütter, die selbst eher tragische Gestalten darstellen, haben kein langes Leben gehabt (von Sonja in KONFLIKT 16 mal abgesehen … aber dass das trotzdem tragische Züge trägt, er­fahrt ihr beizeiten in den Close Up-Artikeln). An ein harmoni­sches Familienleben ist hier also nicht zu denken, und heutzuta­ge fühle ich mich ein wenig an die Skriptschreiber der DC-Co­micverfilmungen erinnert, wo die Beziehungen der Helden auch immer irgendwie tragisch gestaltet werden. Ob man da nun an Superman denkt, an Batman, an Flash, an Arrow … lauter Tragö­dien und düster-melancholische Fatalismus-Dramen. Gar so me­lodramatisch ist der OSM dann glücklicherweise doch nicht.

Kehren wir dorthin zurück.

Was ist nach KONFLIKT 28, könnte man sich fragen. Denn nach der 1985 entwickelten Struktur umfasst der OSM ja insgesamt 33 aufeinander chronologisch folgende KONFLIKT-Universen, was einen Handlungsraum von wenigstens 165 Milliarden Hand­lungsjahren eröffnet. Man sollte annehmen, dass es dort irgend­wie Möglichkeiten gibt, Oki Stanwer so etwas wie ein harmoni­sches Familienleben zuzugestehen. Aber das ist nicht der Fall, aus grundsätzlichen Strukturerwägungen heraus.

Es ist aktuell einigermaßen schwierig, über diese fünf Folgeuni­versen etwas Verlässliches zu sagen. Das hat mit den dortigen Entwicklungen zu tun, von denen ich zwar schon seit rund 25 Jahren weiß, die ich aber immer noch kaum gescheit einzuord­nen verstehe.

Soviel ist zum aktuellen Zeitpunkt sicher: Jenseits des RANDES in KONFLIKT 28 entwickelt sich etwas, was man eine post-biolo­gische Lebenssphäre nennen könnte, in der die traditionellen physikalischen Gesetze weitgehend außer Kraft gesetzt sind – das ist eine direkte Folge der „Netzuniversum“-Bildung. Metalli­sche Lebensformen übernehmen dort mehrheitlich die Kontrolle. Mächte wie die AUTARCHEN und Kybernoiden entwickeln sich. Und sie beherrschen die transuniversale Zeitreise … ebenso wie ihre Antagonisten, die nicht minder unbiologischen GRALSJÄ­GER, die von einer Nachfahrin Oki Stanwers ausgesandt wer­den, um Entwicklungen in untergegangenen Universen umzu­schreiben und so die Zukunft zu verändern.

In diesen Universen ist nur eins ziemlich offenkundig: Oki Stan­wer ist inzwischen das geworden, was der Komplextitel des Ge­samtwerks aussagt – ein Mythos. Eine substanzlose Legenden­gestalt. Physisch offensichtlich nicht mehr existent.

Und deshalb wird er, fast schon folgerichtig, wie eine Mythenge­stalt behandelt. Das bringt uns auf interessante und recht ver­blüffende Weise in den KONFLIKT 19 „Oki Stanwer – Der Missio­nar“ zurück und auf den Planeten Dawson.

Das mag überraschen, denn hier ist er ja noch vollständig aus Fleisch und Blut und sehr wohl zu erotischen Beziehungen zu Frauen imstande. Aber KONFLIKT 19 ist außerdem – wie viele andere frühe KONFLIKTE – Schauplatz eines transuniversalen Zeitkrieges. Und so kommen Gesandte beider Kampffraktionen jenseits des RANDES hier auf Dawson zum Einsatz.

Eine dieser Personen ist eine unscheinbare, zierliche und sanft­mütige Asiatin namens Ghani. Sie ist wirklich alles andere als unscheinbar und ungefährlich. Sie ist in Wahrheit, wie der 2018 abgeschlossene Annalen-Roman „Eine scharf geschliffene Waffe“ titeltragend andeutet, sehr gefährlich. Und sie verfügt über erstaunliche Fähigkeiten, die sie unter anderem dazu ein­setzt, Oki Stanwer zu schützen.

Da es noch weit hin ist, bis ihr die entsprechenden Originaltexte zu sehen bekommen werdet (was ich schade finde, serienchro­nologisch aber einfach nicht anders zu machen ist, weil ihr da­für mehr Vorwissen akkumulieren müsst, um die Querpfade die­ser Geschichte nachvollziehen zu können), kann ich hier ein Zi­tat bringen. Es stammt aus dem Folgeroman „Licht und Schatten auf Dawson“, wo Ghani im LAGER Oki Stanwers wirkt und schon einen Vertrauenspersonstatus genießt.

Ghanis Genese erfolgte jenseits des RANDES, also gut 50 Milliar­den Jahre nach dem Untergang von Dawson. In jener Zeit ist Oki Stanwer ein Mythos, eine Legende. Und nun kommt es zu einer Begegnung zwischen Ghani und der deutlich verzweifelten Ta­nith Tassier, die die Asiatin mit einer Sorge behelligt:

Ghani nahm an, dass Tanith irgendjemanden im LAGER heim­lich begehrte, sich aber aus irgendeinem Grund nicht getraute, zur Tat zu schreiten – wiewohl das bei ihrer sonst so energi­schen Persönlichkeit wirklich bemerkenswert war.

„Ich spreche nicht über meine Ratschläge, Tanith. Alle Men­schen, die ich je beraten habe, wissen das.“

Gleichwohl bestand Tanith darauf, dass sie zum Ringweg um den runden Kratersee hinuntergingen, wo sich derzeit niemand in Rufweite aufhielt. Erst hier sagte sie, wo das Problem be­stand.

„…siehst du … es geht um Oki, Ghani …“ Sie hatte wirklich ei­nige Schwierigkeiten, die gescheiten Worte zu finden, aber die zierliche Asiatin war binnen Minuten völlig im Bilde.

Und ja, Tanith hatte vollkommen Recht – es WAR ein Problem.

Sie liebte Oki Stanwer.

‚Ein faszinierender Gedanke’, kommunizierte sie ihren Sub­routinen. ‚Seht ihr irgendeine realistische Chance der Verwirkli­chung dieses Wunsches?’

Sie selbst konnte sich das irgendwie nicht vorstellen. In Gha­nis Augen war Oki Stanwer allein schon von seinem Primärener­giepotential und seiner phantastischen, singulären Bedeutung im Rahmen des KONFLIKTS eine Person, die sie, wiewohl masku­lin geschaffen, irgendwie als Neutrum verstand.

So kam die Antwort ihrer unterbewussten Routinen denn auch völlig überraschend: #prinzipiell steht dem nichts im wege.#

In einer Informationsblende erfuhr Ghani, dass Oki Stanwer sich durchaus schon in diversen Universen mit Frauen verbun­den hatte, etwa in KONFLIKT 13 mit einer Wissenschaftlerin von New Scotland Yard namens Dr. Elizabeth Quine (über deren Le­bensende im Rahmen des CLOGGATH-KONFLIKTS dann aller­dings eine sehr interessante Informationsrestriktion bestand! Nachbohren blieb nutzlos).1 Zwei kürzere Affären hatte er in KONFLIKT 9 mit der Kleini-Millionärin Viane Vansin el Descorin del Sante gehabt2 und mit der irdischen Raumkorsarin Death-Zhonya in KONFLIKT 16, mit der er den gemeinsamen Sohn Mar­conius Stanwer gezeugt hatte.3

Es gab auch nicht verifizierte Informationen darüber, dass er sich in KONFLIKT 12 mit der Helferin des Lichts Salketh-en-tori­on erotisch amüsiert hatte4, zudem diverse Vermutungen, was Beziehungen Oki Stanwers zu Sternenfeen oder Terranerinnen in diversen KONFLIKTEN anging.

Nein, Oki Stanwer war wirklich alles andere als ein asexuelles Wesen.

„…und siehst du, ich WEISS doch, dass er etwas für Frauen übrig hat. Ich spüre das einfach. Er ist nicht jemand, der auf Männer steht oder reiner Intellekt ist oder so … aber es ist eben einfach nicht so, dass ich auf ihn nun munter zugehen könnte und … ihn fragen und so …“ Tanith machte nervöse Handbewe­gungen, und ihre pheromonale Aura war aufgeladen mit Frus­tration, Verdruss und einer sehr subtilen, aber deutlich spürba­ren Verzweiflung.

Sie brauchte es wirklich dringend.

Und damit war nicht einfach nur Sex gemeint, den hätte sie mit ihrer Statur und ihrem Aussehen mühelos jeden Tag hier in der Geheimkolonie oder auch im LAGER haben können, und es mangelte wirklich nicht an Anmachversuchen, ob sie nun von Trappern, Handwerkern, Wachleuten, Jägern, Rohstofftauchern oder anderen Männern kamen.

Nein, sie brauchte Sex mit genau der einen Person, nach der sich ihr Herz verzehrte. Und das war nun einmal gerade Oki Stanwer.

Knifflig, befand Ghani.

Wie sich diese Situation letztlich löst, habe ich in der Serie dar­gestellt – und wie erwähnt, sie ist immer noch im Werden, dar­um kann abschließend hierzu nichts weiter ausgesagt werden.

Insgesamt würde ich als Fazit Folgendes festhalten: Auch wenn ihr davon, weil ihr den KONFLIKT 1 „Der Zathuray-Konflikt“ (beendet 1991) noch nicht kennt, keine rechte Vorstellung ent­wickeln könnt, so darf ich hier doch andeuten, dass Oki Stan­wers ungewöhnliche Genese möglicherweise ein wichtiger Grund dafür ist, dass seine bisher bekannt gewordenen Bezie­hungen so eigenartig verlaufen sind. Nicht vollkommen unglücklich, aber auf jeden Fall unüblich in Bezug auf das, was man traditionell von einem harmonischen Familienleben erwar­tet.

Wir haben oben gesehen, dass er mit seinen leiblichen Kindern keine traditionelle Vaterrolle einnehmen konnte und ihnen in der Regel erst sehr viel später in deren Leben begegnete. Hinzu kommen die meist erzwungenen Trennungen von den Lebens­partnerinnen, die meist von den Umständen, manchmal aber auch von den Frauen selbst herbeigeführt wurden.

Das alles verführt natürlich zusammen mit seiner geradezu my­thologisch aufgeladenen Bedeutung im KONFLIKT insgesamt dazu, ihn aus der Spätzeit – das Ghani-Zitat beweist es – abwe­gig als asexuelles Wesen zu ikonisieren. Das ist allerdings irreführend und trifft in keiner Weise die Realität seiner Lebenszeit. Und seine Kinder betrifft das schon gar nicht. Die sind äußerst lebendig, lebensnah und haben vielleicht – so hoffe ich – ein eigenes erfülltes Leben, soweit es ihnen möglich ist. Das trifft zumindest auf Marconius zu. Seine Töchter hingegen … nun, das ist eine völlig andere Geschichte, und sie ist zu sehr großen Teilen erst noch zu schreiben.

Ihr werdet es mir darum nachsehen müssen, wenn ich den Gentleman spiele und an dieser Stelle wohlwollend den Mantel des Schweigens über diese ungeschriebenen Zeilen decke.

In der kommenden Woche werde ich dann wieder zielstrebig in den KONFLIKT 16 des OSM überleiten und Oki Stanwers Lebens­weg auf dem Planeten ELDORADO weiterverfolgen. Ich verspre­che: das wird spannend!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. dazu die Umarbeitung des KONFLIKTS 13 „Oki Stanwer Horror“ (1982-1985) in Form des BUCHES „DER CLOGGATH-KONFLIKT“, begonnen 1988.

2 Vgl. dazu den KONFLIKT 9 „Oki Stanwer – Der Kaiser der Okis“, begonnen 2011.

3 Vgl. dazu den KONFLIKT 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“ (1983-1998).

4 Vgl. dazu KONFLIKT 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ (1987-1993).

Rezensions-Blog 393: The Club (6) – Desire

Posted März 1st, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

willkommen im unrealistischen Parallelkosmos von Lauren Ro­wes Romanzyklus „The Club“. Die Haupthandlung wurde in den Bänden 1-3 abgefrühstückt, die Bände 4-7 sind dagegen eine Art mehrhundertseitiger „Nachklapp“, der insbesondere einem dient, wie ich heute weiß: Dem Vorstellen des Personals des Fol­gezyklus, der sich dann um die Morgan-Familie drehen wird (ich komme dazu in separaten Rezensionen noch zu sprechen).

Was sich jetzt vielleicht unangemessen garstig liest, ist so nicht gemeint – genau genommen ist die Lektüre der genannten Bän­de des Zyklus, wenn man mal gewisse realistischen Erwartun­gen beiseite schiebt und sich auch nur bedingt um die zwangs­läufigen Wiederholungen bekümmert, nämlich eine äußerst ver­gnügliche Lektüre. Wer die turbulente und absolut nicht stö­rungsfreie Beziehungsanbahnung zwischen Kat Morgan und Josh Faraday buchstäblich hautnah miterleben möchte, ist hier voll­kommen an der richtigen Adresse.

Die Autorin ist mit Feuereifer, Herzblut und viel Humor dabei, diese Liebesgeschichte auszuwalzen, und es macht ihr spürbar einen Riesenspaß. Und den Leser, der sich darauf einlässt, un­terhält das auch sehr gut.

Gut 400 Seiten Feel-good-Lektüre sind wirklich die investierten Lesestunden wert. Im Detail sieht das dann so aus:

The Club 6: Desire

(OT: The Revelation)

Von Lauren Rowe

Piper (ohne Verlagsnummer), 2016

448 Seiten, TB, 12.99 Euro

Aus dem Amerikanischen von Christina Kagerer

ISBN 978-3-492-06065-3

Der Kampf gegen den „Club“ geht in die letzte Runde … wieder einmal, muss man sagen, denn eigentlich wurde dieser Kampf ja bekanntlich in Band 3 der Reihe ausgefochten. Aber wir befin­den uns nun in der Gegenperspektive – es geht nicht mehr pri­mär um Jonas Faraday und seine Geliebte Sarah Cruz, sondern um Sarahs beste Freundin Katherine Ulla Morgan (Kat) und Jo­nas´ Bruder Joshua Faraday.

Während der fünfte Band der Reihe im Grunde die Ereignisse vom Schluss des Bandes 1 bis tief in den dritten Band aus Joshs und Kats Sicht dargestellt hat und dabei besonders auf die zu­nehmende erotische Versessenheit fokussierte, die sie beide an­einander bindet – auch wenn es fast den gesamten Band 5 dau­erte, ehe sie auch nur einen Kuss miteinander austauschten – , haben die beiden nun am Schluss des Bandes zusammen­gefunden und stellen entzückt fest, dass die Chemie zwischen ihnen wirklich phantastisch funktioniert.

Zusammen mit dem Hackergenie Henn gelingt es den beiden, die in Las Vegas zurückgeblieben sind, den kriminellen „Club“ um seine milliardenschweren Ersparnisse zu bringen, danach stürmt das FBI den Laden und schaltet die Verbrecher endgültig aus.

Und für Kat und Josh wird es nun kompliziert. Denn sie ist PR-As­sistentin in Seattle, er ist Jungunternehmer in Los Angeles, wenn auch gebürtig aus Seattle. Es sieht auf fatale Weise aus, als driftete ihr Leben jetzt auseinander. Es ist irgendwie nicht optimal, dass sie soweit auseinander leben. Und, schlimmer noch, Joshs Playboy-Vergangenheit stellt ihnen unablässig ein Bein – denn die Frauen, mit denen er sich getroffen hat, stellen ihm weiterhin nach und akzeptieren offensichtlich kein Nein.

Kat hingegen wird, wiewohl sie geglaubt hat, diese Eigenschaft niemals zu besitzen, von unbeschreiblicher Eifersucht zerfres­sen. Schlimmer noch als diese Fakten, die zu einer Reihe krisen­hafter Situationen führen, sind die verwirrend widersprüchlichen Zielvorstellungen der beiden Liebenden. Denn wiewohl sie jedes einzelne Mal, wenn sie einander sehen, übereinander herfallen, als gäbe es kein Morgen, ist Josh doch aus biografischen Grün­den schlicht unfähig, weiter als bis zur nächsten Woche seine Zukunft zu planen – wenigstens im privaten Bereich, geschäft­lich sieht das natürlich anders aus. Eine Heirat steht für ihn je­denfalls auf überhaupt keine Weise auf dem Plan.

Kat wünscht sich dagegen durchaus mehr … aber nach außen vertritt sie vehement die These, dass eine Heirat doch nicht zwingend erforderlich sei, wenn sie einander lieben.

Aber warum will sie ihn dann unbedingt ihrer Familie vorstellen? Was geht da in den Tiefen ihrer abenteuerlustigen Seele vor? Josh versteht es jedenfalls nicht – und so kommt es schließlich zu einer unvorhergesehenen Komplikation …

Auch der sechste Band des Zyklus hat im Grunde mit dem Oberthema „The Club“ nichts mehr zu tun. Und jenseits emotio­naler Konflikte weist er quasi keine Spannungsspitzen mehr auf. Wer also auf Abenteuer oder Action steht, ist hier definitiv auf dem falschen Stern. Es geht um Liebe, emotionale Berg- und Talfahrten, Streits, Versöhnungen und eine Menge Sex und Ge­lächter. Dennoch könnte man den Inhalt dieses Romans mit sehr wenigen Sätzen zusammenfassen – sonderlich komplex nennen kann ich ihn nicht, er ist mehr so ein emotionales Sah­nehäubchen und ergänzendes Puzzlestück zu den Bänden 1-3 des Zyklus und strukturell daher mit den Bänden 4 und 5 sehr verwandt.

Ohne Lauren Rowe zu nahe treten zu möchten – ich liebe es auch, wenn Autorinnen sich nicht von ihren Protagonisten tren­nen können, und sie macht es einwandfrei sehr viel unterhalts­amer und vergnüglicher, als es zahlreiche andere Autorinnen gemacht haben. Aber indem sie nahezu vollständig auf die Josh-Kat-Beziehung fokussiert, verliert sie vollständig den Boden un­ter den Füßen und das große Ganze aus dem Blick.

Ich fand es zwar nett, ein wenig Details darüber zu erfahren, wie die „Bande“ die Verbrecher um ihr Vermögen erleichtert hat, aber realistischer wurde es dadurch immer noch nicht. Man stelle sich das bitte mal bildlich vor: Kat gibt sich als Verbreche­rin Oksana Belenko aus, spaziert in fünf Banken und transferiert von hier aus mehr als fünfhundert Milliarden (!) Dollar binnen ei­nes Tages … es ist ja schön und nett, dass sie da als vermeintli­che Kontoinhaberin persönlich auftreten muss. Aber glaubt ir­gendwer ernsthaft, dass Oksana da nicht selbst schon in der Bank vorstellig geworden ist? Dass es nicht auf einmal auffällt, wenn sie jählings um 30 Jahre verjüngt dasteht?

Also bitte … diese sehr schlichte Handlungspassage kann ich der Autorin immer noch nicht glauben. Und dass das alles letz­ten Endes ohne Folgen für die Verantwortlichen bleibt, während sie anschließend in der Weltgeschichte herumgondeln, hört sich auch nicht plausibel an. Der „Club“ bestand doch nicht nur aus 3 Personen, von denen zwei kurzerhand in einem Nebensatz als erschossen gemeldet werden und die dritte auf Lebenszeit hin­ter Gitter wandert. Versucht mal, anders ausgedrückt, die Mafia um eine Riesensumme Geld zu bringen, dann seid ihr aber den Rest des Lebens auf der Flucht vor den Mitgliedern des Syndi­kats! Hier hingegen? Nichts davon, gar nichts! Realismus? Fehl­anzeige!

Also, ich schlage vor, kritische Leser sollten diesen Teil der Ge­schichte besser schnell vergessen, weil völlig unrealistisch, und sich auf die turbulente Beziehung zwischen Josh und Kat kon­zentrieren, die dann wirklich lesenswert ist.

Gott, diese sture „kleine Terroristin“, wie Josh Kat zärtlich nennt, ist schon ein echtes Biest. Und so stur wie ein Panzer. Sie macht sich selbst viel zu viel Stress. Und was das für Konsequenzen hat, sieht man dann ja im letzten Band des Zyklus.

Also: heißer Stoff für Romantiker, die gern reichlich Taschentü­cher bei der Lektüre verbrauchen wollen. Freunde komplexeren Lesestoffs werden dabei wahrscheinlich eher unterfordert … macht aber nichts wirklich aus. Ich habe das Buch sehr gern ge­lesen und binnen zwei Tagen verschlungen.

Braucht ihr noch mehr Hinweise auf die Qualität des Buches? Nein? Gut so!

© 2018 by Uwe Lammers

Wohin reisen wir in der kommenden Woche? In die Autobiografie eines der intelligentesten Menschen des 20. Jahrhunderts. Das Büchlein fiel mir vor recht kurzer Zeit in die Hände und wurde quasi vom Fleck weg verschlungen.

Mehr dazu erzähle ich in der nächsten Woche an dieser Stelle.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

wie ich bereits in dem monatlichen Beitrag für die ESPost heute geschrieben habe – aber bis diese Zeilen hier erscheinen, habt ihr das natürlich alles längst vergessen – , war der Monat Juni etwas strange, und das ist vermutlich gemessen an dem, was ich sonst so tue, recht passend beschrieben.

Ihr kennt mich als jemanden, der ständig mit unzähligen Frag­menten, Projekten, Serien, Romanskripten usw. jongliert, der reihenweise Blogartikel schreibt, Rezensionen und Mails und Briefe sowieso, ganz zu schweigen davon, dass ich üblicherwei­se sehr viel lese.

Nun, der Monat Juni 2022 war in dieser Beziehung wirklich denkwürdig – weil ich das meiste davon nämlich nicht tat. Ich las gerade mal ein einziges Buch (binnen von 2 Tagen, weil es sehr kurz war), ich schrieb sehr wenige Blogartikel … und fo­kussierte auf ein altes Archipel-Romanprojekt, in dem ich auf wunderbare Weise voran kam. Doch ich sage dazu weiter unten Näheres. Schauen wir uns erst mal den Monat insgesamt an, der mit nur 14 beendeten Werken wirklich ziemlich aus dem Rahmen fällt. Und das hat nur bedingt mit der drückenden Hitze zu tun gehabt, die mich definitiv handicapte.

Blogartikel 495: Work in Progress, Part 114

Blogartikel 494: Close Up: Der OSM im Detail (40)

13Neu 32: Die Blutquelle

13Neu 33: Goldene Gladiatoren

(OSM-Wiki)

(Wendy und die Räuber – Archipel-Novelle)

Anmerkung: Eigentlich fing alles schon im Mai an … mich über­kam ein dringendes Bedürfnis, dieses dramatische Sturmerleb­nis im Roman „Rhondas Reifejahre“ nachzulesen. Das lag jetzt gut 10 Jahre zurück und war schon etwas diffus in der Erin­nerung geworden … ich fand die Stelle auch recht schnell, kurz nach Seite 2100, weil ich ja ein sehr ausführliches Inhaltsver­zeichnis habe.

Was dann passierte, war ungeplant: Der Roman saugte mich re­gelrecht in sich auf! Ich las zwar die paar Dutzend Seiten, die den Sturm und die Sturmschäden betrafen, aber danach wollte ich einfach wissen, wie es weiterging … und so las ich erst Dut­zende weitere Seiten, dann Hunderte … und so ging das bis zum Ende des Romans auf Seite 3702!

Damit steckte ich mitten im Archipel und kam nicht mehr raus. Da von dem Folgeroman „Rhondas Aufstieg“ auch schon seit 2008 knapp 300 Seiten geschrieben worden waren (die letzten allerdings anno 2015), kam ich nicht umhin, diese Seiten nun ebenfalls zu schmökern. Dabei las ich sie zugleich Korrektur, führte Rechtschreibkorrekturen herbei und druckte alles noch mal aus … was es erforderlich machte, die Glossarseiten neu zu machen, weil die Seitenzahlen sich verschoben hatten.

Was das bedeutet, wisst ihr aus den Zusammenhängen zwi­schen Glossararbeiten und Schreibaktivierungsprozessen aus den zurückliegenden Jahren – und hier kam es natürlich zu ge­nau denselben Effekten.

Mit einem entscheidenden Unterschied: Auf einmal hatte ich zwei konkurrierende Geschichten vor mir und überlegte, wo ich zuerst weiterschreiben sollte. Denn die obige Wendy-Geschich­te ist genau genommen ein Seitenpfad des dritten Rhonda-Ro­mans. Lady Wendy wird wenige Wochen nach dem aktuellen Schreibstopp im Roman zu Gast im „Garten der Neeli“ sein, wo sie dann ihre Entführungsgeschichte aus ihrer Perspektive schil­dert (und nahezu jedes einzelne Detail so verdreht, dass man es beinahe eine Lüge nennen kann – sie tut das aber aus sehr guten Gründen, die freilich für die Mädchen um Rhonda alle­samt noch ein Geheimnis bleiben müssen).

Ich überlegte nun: Soll ich erst Lady Wendy ihre Lügengeschich­te im Rahmen von „Rhondas Reifejahre“ erzählen lassen? Dann könnte ich im Rhonda-Roman weiterschreiben. Oder schreibe ich lieber erst mal die Wendy-Geschichte, auch wenn ich nach rund 2000 Leseseiten jetzt voll im Rhonda-Schreibstrom drinstecke?

Ihr seht das Dilemma, nicht wahr?

Ich schaute mir also erst mal die Wendy-Geschichte an und fragte mich nach den bislang noch weitgehend intransparenten Hintergründen, Fadenziehern im Hintergrund, nach den langfris­tigen Implikationen im Rahmen der städtischen Geschichte von Asmaar-Len.

Und es wurde auf geradezu dramatische Weise so schnell hoch­komplex und führte mich auf abenteuerliches Neuland, dass ich unwillkürlich zurückschreckte und zu der Überzeugung kam: Es ist sehr viel klüger, erst mal bei Rhonda weiterzuschreiben. Was ich dann auch tat.

Deshalb ist diese Novelle vorläufig noch nicht sehr viel weiter verfolgt worden.

13Neu 31: Der Vampir-Mönch

Glossar des Romans „Rhondas Aufstieg“, Ordner 1

(Rhondas Aufstieg – Archipel-Roman)

Anmerkung: Das hier war die Hauptbaustelle in diesem Monat. Wie ich oben schon angedeutet habe, konnte ich am 19. Juni mit Seite 350 nach einer Arbeit von effektiv 14 Jahren den ers­ten von mehreren Rhonda-Ordnern abschließen (ich gehe aktu­ell von fünf aus, es gibt hier wirklich viel zu erzählen), und da jeder Romanordner hier ein eigenes Glossar bekommt, entwi­ckelte ich das gleich mit … 54 Seiten lang. Da kommt halt viel zusammen. Inzwischen hat dieser Roman schon entschieden mehr als 420 Reinskriptseiten, und er wächst weiter munter … ich muss mich immer dazu zwingen, zwischenzeitlich mal ir­gendwas anderes zu machen.

Ja, mir geht es ein bisschen so wie den Eisenspänen, die unwi­derstehlich vom Magnetfeld angezogen werden. Die Analogie ist durchaus nicht so schief, wie es auf den ersten Blick scheint. Aber das ist weniger eine Belastung als vielmehr ein mordsmä­ßiges Vergnügen. Ich bin echt happy, wieder so tief in den Ar­chipel eingetaucht zu sein.

(Vivica auf Abwegen – Archipel-Novelle)

Anmerkung: Bei dieser Novelle habe ich wenig mehr gemacht als die Satzzeichen richtig zu setzen und Fehlerkorrektur sowie stilistischen Feinschliff zu betreiben. Das wird beizeiten noch anders werden, aber momentan gibt es nur einen sehr weit ent­fernten Konnex zwischen dem dritten Rhonda-Roman und die­sem Werk … das war am Ende von „Rhondas Reifejahre“ noch anders. Aber seit die Klientin Lucinda den „Garten der Neeli“ verlassen hat, ist dieser Verbindungspfad gekappt (nein, das müsst ihr jetzt nicht verstehen, das sind Interna, die man nur beim Lesen des Romans selbst nachvollziehen kann).

(Glossar des Romans „Rhondas Aufstieg“, Ordner 2)

(16Neu 25: Auf der falschen Seite)

(Glossar der Serie „Oki Stanwer Horror“)

(13Neu 35: Der Glusem-Clan)

Blogartikel 487: Archipel-Fieber

Anmerkung: Ich vergesse immer wieder, wenn ich Blogartikel so weit im Voraus schreibe, dass ihr ja von manchen hier referier­ten Zusammenhängen schon Kenntnis besitzt, wenn diese Zei­len erscheinen. Zum momentanen Zeitpunkt allerdings, dem 1. Juli 2022, ist für euch auch der Blogartikel 487 noch ferne Zu­kunftsmusik. Und so verfahre ich dann auch. Gewisse themati­sche Überschneidungen sind also unvermeidlich, schätze ich.

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer Horror“)

(Archipel-Gesamtglossar)

Anmerkung: Auch an diesem Gesamtglossar habe ich ziemlich lange nicht weitergearbeitet. Es gab keinen Bedarf dafür, da ich zwischenzeitlich keine Archipel-Werke abgeschlossen habe, de­ren Glossare hierin zu überführen gewesen wären.

Nun schon? Allerdings: Ich habe das Glossar des Romans „Rhondas Aufstieg“, Ordner 1, darin überführt. Ist noch nicht vollständig eingearbeitet, denn bei 54 Textseiten kann das dau­ern … aber danach ist dieses Gesamtglossar auf dem aktuells­ten Stand.

(13Neu 36: Ghoul-Fest)

Blogartikel 488: Aus den Annalen der Ewigkeit – alt und neu (XLIX)

Und wenn ihr nun ausruft: Das sind doch nur 8 fertige Werke! Wo ist der Rest?, so seid bitte daran erinnert, dass Rezensions-Blogs, serienunabhängige Storyabschriften, Überarbeitungen, Fanzineredaktionen und normale Rezensionen hier nicht auf­ploppen.

Damit jedenfalls war der Monat Juni 2022 dann Vergangenheit. Und glücklicherweise begann der Juli mit einem ausgiebigen nächtlichen Gewitter und einer köstlichen Abkühlung – exakt das Richtige für den neuen Monat, um mich mit frischer Energie auszustatten.

Ich bin vermutlich ebenso gespannt darauf, was der nächste Monat Kreatives bringen wird wie ihr. In rund 4 Wochen sind wir alle schlauer.

In der nächsten Woche steht mit dem Blogartikel 500 wieder ei­ner der seltenen „runden“ Jubiläumsbeiträge an. Da schaue ich mir mal Oki Stanwers Kinder etwas näher an.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 392: Der Schatz der Tataren

Posted Februar 22nd, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

als ich das vorliegende Buch vor zehn Jahren las, zählte ich mich durchaus zu den Robert E. Howard-Fans, das ist nicht zu leugnen. Dass ich dennoch nach abgeschlossener Lektüre sehr kritische Töne anschlug, gibt infolgedessen schon zu denken. Ich erkläre mir das heute folgendermaßen: Fansein ist nicht nur eine Haltung, die naiv-unkritische Einstellung kultiviert, sondern die durchaus einen gewissen Skeptizismus am Leben erhält. Das hat seine Gründe.

Wer sich an meine Rezensionen zu Peter F. Hamilton oder Clive Cussler erinnert, der wird ebenfalls wissen, dass ich bei diesen beiden Autoren, die ich sehr schätze, gleichfalls gelegentlich sehr kritische und einschränkende Bemerkungen machte. Das liegt durchaus nahe, denn Autoren sind eben keine Top-Bestsel­ler-Schreibmaschinen, sondern Menschen, die natürlich auch mal schwache Werke abliefern.

Warum sollte das einem im Wesentlichen so talentierten und brillanten Stilisten wie Howard nicht auch mal so ergehen? Spe­ziell Werke aus dem Nachlass muss man diesbezüglich mit Vor­sicht genießen. Der Verfasser hielt sie nicht ohne Grund zurück, und ich legte damals schon durchaus den Finger auf die Wunde.

Gewiss, eingefleischte Howard-Fans wird das eher nicht küm­mern. Aber für alle jene von euch, die ihn wirklich lieb gewinnen wollen, empfehle ich diese Anthologie NICHT zum Einstieg. Die­jenigen, die aber gern alle Howard-Werke, die auf Deutsch er­schienen sind, ins Regal stellen möchten, werden auch an die­sem Buch nicht vorbeigehen können.

Und das erwartet euch:

Der Schatz der Tataren

(OT: Swords of Sharahzar)

von Robert E. Howard

Terra Fantasy 80

Rastatt 1980

162 Seiten

Aus dem Amerikanischen von Martin Thau

Mit diesem Buch liegt der nächste Kurzgeschichtenband des 1936 verstorbenen amerikanischen Fantasy-Autors Robert Ho­ward vor, und die Linie, die schon in Terra Fantasy 77 „Im Land der Messer“ eingeschlagen wurde (vgl. Rezensions-Blog 208 vom 20. März 2019), wird hier fortgesetzt. Statt um klassische Fantasy-Helden geht es in diesen Geschichten mehr um Abenteurertypen, die man eher in der Nähe von India­na Jones ansiedeln würde, wobei sie – ein Charakteristikum Ho­wards – sehr viel blutiger agieren als dieser.

War in TF 77 noch Francis Xavier Gordon („El Borak“ genannt) die Hauptperson, so verteilen sich die Geschichten dieser An­thologie auf verschiedene „Heldenfiguren“, wie man sie mal verkürzt nennen kann. Den Großteil davon – drei der fünf Sto­ries – bestreitet hier ein irischer Abenteurer namens Kirby O’Donnell, der große Ähnlichkeit mit Gordon aufweist und natür­lich auch mit seinem Schöpfer Howard, als dessen verlängerter Arm er fungiert.

Wie Gordon ist auch O’Donnell, den man „El Shirkuh“ nennt, den Berglöwen, inkognito in der wilden Bergwelt Afghanistans am Anfang des 20. Jahrhunderts unterwegs. Es fällt dabei aller­dings an einer Stelle recht deutlich auf, dass Howard offensicht­lich die tief verwurzelte Feindschaft der Iren mit den Briten nicht richtig realisiert hatte, was dann O’Donnells Handlungsmuster in einer Geschichte doch sehr schief erscheinen lässt. Es wird darauf an gegebener Stelle verwiesen werden.

Der Fluch des roten Gottes“ ist eine posthum erschienene Story, die erst 1976 der Öffentlichkeit aus dem Nachlass Ho­wards zugänglich gemacht wurde. Sie beginnt in einer Location, die schon aus TF 77 bekannt ist: in El Harami, der „Stadt der Diebe“. Hier ist der vermeintliche Kurde El Shirkuh (auch verwir­renderweise manchmal als Ali el Gazi bezeichnet) auf der Suche nach den Räubern einer Schatzkarte, die ihm entwendet wurde, als er jählings in eine Auseinandersetzung zwischen Fremden hineingerät und unerwartet einem Unbekannten das Leben ret­tet. Dieser erweist sich dann als ungemein hilfreich, denn mit seiner Hilfe gelingt es ihm, den Pfad zu dem Schatz wieder zu finden – zu einem diabolischen Idol mit roten Edelsteinen, das in einem verborgenen, halb vergessenen Bergtempel auf seinen Finder wartet. Und auf den Finder selbst wartet der Tod …

Der Schatz der Tataren“ ist eine der beiden Stories aus die­ser Anthologie, die zu Howards Lebzeiten noch publiziert wurde, und zwar im Januar 1935 im Magazin „Thrilling Adventures“. Das ist deshalb unglücklich gewesen, weil die darauf folgende Story „Die Schwerter von Sharahzar“, bereits im Oktober 1934 im Magazin „Top Notch“ erschien. Damit wurde die Handlungsrei­henfolge leider auf den Kopf gestellt, die erst in diesem Ta­schenbuch korrekt wieder hergestellt werden konnte. Zweifellos haben die Leser im Oktober 1934 nur bedingt begriffen, worum es in der Geschichte ging und die Vorgeschichte vermisst, die in „Der Schatz der Tataren“ zu lesen ist.

In dieser Geschichte, die recht ähnlich beginnt wie die zuerst oben behandelte, rettet O’Donnell einem Turkmenen in einem Kampf in der Stadt Sharahzar das Leben. Einem der Angreifer, den er tötet, kann er dabei ein Amulett vom Hals reißen, was ihm aber erst später aufgeht. Dieses Amulett ist nun ein wichti­ges Ding – nämlich ein Erkennungszeichen, das die Hüter des Schatzes von Sharahzar auszeichnet, des legendären Schatzes der Tataren, der O’Donnell erst in diese Stadt gelockt hat. Indem er sich nun als Schatzwächter ausgibt, gelangt er in die stark bewachte Festung und steht schließlich dem Schatz selbst ge­genüber, der weitaus unermesslicher ist, als er sich das ausmal­te.

Aber er gerät zugleich in Bedrängnis: Nicht nur wird er enttarnt und muss um sein Leben kämpfen, sondern Sharahzar selbst wird kurze Zeit später belagert, und O’Donnell hat eine höchst pragmatische Entscheidung zu fällen, die seinen ursprünglichen Zielen völlig zuwider läuft …

In „Die Schwerter von Sharahzar“ wird, wie eben schon er­wähnt, der Handlungsstrang aus „Der Schatz der Tataren“ fortgesetzt. O’Donnell hat sich mit den neuen Machthabern von Sharahzar angefreundet, die den Schatz suchen … aber er gerät in eine Intrige, die wahrscheinlich nur mit seinem Tode enden kann. Der Verschwörer, Suleiman Pasha, weist ihm einen Aus­weg: Krieger des Stammes der Khuruk haben bei einem ster­benden Engländer Papiere gefunden, die Suleiman haben will. O’Donnell soll sie beschaffen.

Doch als O’Donnell und seine Eskorte die Stadt Khuruk errei­chen, laufen sie in eine Falle – denn die Männer, denen sie in Bedrängnis helfen, sind durchaus nicht die, als die sie sich aus­geben …

In der Story „Der bronzene Pfau“, die ebenfalls aus Howards Nachlass erscheint, begegnet der Leser dem Abenteurer Erich Girtmann, der sich – wie weiland Richard Francis Burton – inko­gnito in das Zentrum einer fremden Religionsgemeinschaft ein­schleicht, diesmal handelt es sich um die Sekte der Jeziden, die angeblich einem finsteren Satanskult frönen sollen.1 Girtmann gelingt es, ihren größten Schatz zu entwenden, aber von nun an ist er auf der Flucht durch die Welt, ständig verfolgt von Meu­chelmördern. Und schließlich holen sie ihn ein …

Die Geschichte „Der schwarze Lama“, die am Jangtsekiang spielt, wo der Ich-Erzähler, Black John O’Donnell, sich in das Hauptquartier eines Geheimbundes um den sinistren Yotai Yun einschleicht, weil er den Mord an einem Freund zu rächen wünscht. Dabei entdeckt er zugleich eine viel größere Gefahr, von der er nichts ahnte und hat mörderische Kämpfe durchzu­stehen, um diese zu entschärfen. Doch die Übermacht der Fein­de ist erdrückend …

Nach der Lektüre der Geschichten ist relativ deutlich, warum die drei Stories, die während Howards Lebenszeit das Licht der Öf­fentlichkeit nicht erblickten, unter Verschluss blieben. Die erste Story weist eine Person namens Hawklin auf, die sich zudem noch sehr ähnlich wie eine fast gleichnamige Person in den El-Borak-Geschichten verhält.

Bei „Der bronzene Pfau“ erschwert die (unbeholfen) nach Lovecraft-Art ausufernde Nacherzählung von Girtmanns Aben­teuern, die mit acht Druckseiten mehr als die Hälfte der Ge­schichte einnimmt, die Lektüre einigermaßen und befremdet die Leser, die von Howard eigentlich flüssige Abenteuer- und Actionhandlung gewohnt sind.

In „Der schwarze Lama“ funktionieren dann gleich mehrere Dinge nicht. Zum einen ist die Handlungsdramaturgie kindisch durchsichtig, und dies gleich ganz zu Beginn: eine Gruppe von drei Personen wird charakterisiert. Eine davon ist die Hauptper­son, die zweite stirbt bald darauf, die dritte wird als grundsätz­lich unsympathisch beschrieben und verschwindet … und am Schluss wird dann die Identität des „rätselhaften“ schwarzen Lama gelüftet, die selbst für halbwegs naive Leser schon lange kein Rätsel mehr darstellt.

Hier versucht sich Howard offenbar im Strickmuster der damals populären Doc Savage-Romane, ohne auch nur halbwegs die­sem Maßstab gerecht zu werden.

Wirklich grotesk wird es dann aber, wenn in dieser Geschichte fiktive Personen wie Cthulhu und Yog-Sothoth eingeflochten werden, die Howard klipp und klar auf etwas naive Weise von seinem Schriftstellerkollegen Howard Phillips Lovecraft entlehnt hat … eindeutig ein Problem, das er selbst als solches erkannte und die Geschichte zweifellos für eine gründliche Überarbeitung zurückhielt. Sie würde heute wohl eher unter „Fanfiction“ rubri­ziert werden.

Auch El Shirkuh ist eine nur bedingt durchdachte Figur. Abgese­hen davon, dass man als Leser irgendwie von einem Iren eine rothaarige, eher blasse Person erwartet, nicht jemanden, der wie O’Donnell mühelos als Kurde durchgehen kann, ist er eine recht eindeutige Kopie von Francis Xavier Gordon. Und, wie schon angedeutet wurde, verhält er sich am Ende von „Schwerter von Sharahzar“ nicht eben historisch plausibel.

Als er hier nämlich die Papiere in die Hände bekommt, stellt er fest, dass sie, in falsche Hände geratend, für die britische Vor­herrschaft in Indien brandgefährlich werden könnten … und be­schließt sodann, sie den Briten zu übergeben. Ich glaube, An­fang des 20. Jahrhunderts hätten das wohl nur sehr wenige mili­tante Iren bereitwillig getan. Man denke beispielsweise daran, dass es dem deutschen Kaiserreich während des Ersten Welt­kriegs noch gelang, irische Nationalisten zum Oster-Aufstand in Irland aufzustacheln mit dem klaren Ziel, die Briten durch einen inneren Konflikt als Kriegspartei auszuschalten. Solche antibriti­schen Ressentiments passten Howard natürlich gar nicht in die­se Geschichte. Aber auf diese Weise wird die Person an sich un­glaubwürdig.

Man kann darum nur konstatieren, dass diese Anthologie von Howard-Abenteuergeschichten zu den schwächeren gehört, die er jemals verfasst hat, und dummerweise versucht er das hier auch noch mit mehr Kampf, mehr Blut, mehr Grausamkeit zu kompensieren … ein Rezept, das zumindest auf mich seine Wir­kung verfehlt hat. Aber wer solche Stories mag, ist hier be­stimmt nicht fehl am Platz und mag sich gut unterhalten fühlen. Abenteuerlich sind die Geschichten schließlich unbedingt …, al­lerdings meiner Ansicht nach nur für echte Howard-Fans emp­fehlenswert.

© 2013 by Uwe Lammers

In der kommenden Woche kehren wir dann in die seltsame Ver­längerung von Lauren Rowes „The Club“-Zyklus zurück, die ich damals wirklich nicht so ganz begreifen konnte. Heute ist aller­dings recht transparent, dass sie damit ihren nächsten Roman­zyklus um die Morgan-Familie vorzubereiten begann. Weswegen dort dann auch Personen aus dem „The Club“-Zyklus wieder er­scheinen und nun von anderen Seiten her beleuchtet werden (ja, die Bände sind längst rezensiert und werden in Bälde für den Rezensions-Blog aufbereitet, das kann aber noch ziemlich dauern).

Soviel also für heute. Macht es gut und bis bald, Freunde!

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 Wie man im Fanzine PARADISE 113 (2021) nachlesen kann, ist dieses Vorurteil, das die Jesiden/Jeziden mit einem Satanskult in Verbindung bringt, zu Howards Zeiten weit ver­breitet gewesen und wurde in schnell heruntergeschriebenen Pulp-Geschichten offenbar häufiger thematisiert. Genau genommen eine klassische Sündenbock-Geschichte … ein wenig vergleichbar mit der alten Legende von jüdischen Brunnenvergiftern oder Ritual­mördern, die für geheime Riten christliche Kinder entführen und töten. Nichts davon hält einer Prüfung stand, hat aber für Nazis und andere von Ethnohass erfüllte Gruppen eine beliebte Steilvorlage für Gräueltaten gebildet.