Liebe Freunde des OSM,

ich musste gestern (10. Dezember 2024) so herzhaft und aus­giebig lachen über ein paar unfasslich witzige Kommentare, die ich vor über zehn Jahren geschrieben hatte, dass mir sofort klar war: Das muss ich euch zum Besten geben, das glaubt man ei­gentlich kaum.

Natürlich, ich könnte jetzt behaupten, was ich damals im Jahre 1984 schrieb, sei einfach nur noch megapeinlich … aber es heißt ja nicht umsonst, dass es von Größe zeugt, wenn man frei­mütig zu den eigenen Fehlern von einst steht. Also führe ich euch heute mal in den digitalisierten KONFLIKT 18 „Kampf ge­gen TOTAMS Dämonen und Schergen“ (18Neu), in den Band 4, den ich 1984 verfasste.

Ich gebe zu, im ersten Moment, als ich diese neue/alte Baustelle entdeckte, war ich einigermaßen genervt. Inzwischen, mit 48 Stunden Abstand, sehe ich das deutlich gelassener. Ihr solltet die Vorgeschichte kennen, um das Folgende richtig einordnen zu können:

Ihr wisst längst, dass ich zu jeder OSM-Serie sowohl ein Glossar führe als auch parallel dazu eine Lexikonliste. Üblicherweise sind diese deckungsgleich. Ich schreibe eine Episode, drucke sie aus, gehe sie auf Glossarbegriffe durch und übertrage die neu­en/alten Begriffe dorthin bzw. vermerke die ergänzenden Episo­denziffern. Ins Lexikon kommen dann explizit die „Neuzugänge“ an Namen, Begriffen, semantischen Neuerfindungen usw.

Als ich nun dem Gedanken nachging, mir anzuschauen, wie weit ich damit beim KONFLIKT 18 gekommen war, haute es mich ziemlich um. Im Glossar: bis Band 114, also bis zum Serienende. Okay. Im Lexikon: Bis inklusive Band 67! Weiter ging es nicht. Das zeigte mir ernüchternd, dass ich in dieser Serie Lexikon und Glossar unabhängig voneinander entwickelt hatte. Und ersteres war während der Digitalisierungsphase dann völlig abgestürzt und ignoriert worden.

Nicht gut? Wahr. Aber das war ja noch nicht alles.

Ich stellte nämlich aufgrund eines Fußnotenkommentars, den ich 2019 geschrieben hatte, außerdem fest, dass die Glossie­rung der Serie offensichtlich nur den Basistext erfasst hatte. Was bedeutete, dass ich rund 14.000 Fußnoten völlig ignoriert zu haben schien! Das war nun gar nicht mehr lustig.

Aber da Lamentieren bekanntlich nichts hilft und externe Hilfe sowieso nicht in Sicht ist, biss ich kurzerhand in den sauren Ap­fel und begann mit der handschriftlichen Glossierung der Fußno­ten … und damit gelangte ich binnen eines Abends bis Band 4.

Dann musste ich vor Lachen aufhören, echt … denn was ich da fand, war so urig, dass ich aus dem Kichern kaum mehr heraus­kam.

Was hatte ich entdeckt, und was war so aberwitzig? Dazu erst mal etwas Hintergrundkolorit:

Oki Stanwer wird im Jahre 2034 als relativ ahnungsloser Müßig­gänger in London unvermittelt ins Zentrum dämonischer Aktivi­täten hineingezogen, die ihm nach dem Leben trachten. Zu sei­nem Glück ist schon jemand zu ihm unterwegs, nämlich der Deutsche Gerd Kartland von der WEOP, der Weltgemeinschaft zur Erforschung Okkulter Phänomene. Dabei handelt es sich um eine weltweit operierende philanthropische Organisation mit Sitz in Rom, die paranormalen Phänomen nachspürt, einer Enti­tät namens TOTAM und den mysteriösen SIEBEN SIEGELN VON TOTAM.

Oki wird von der WEOP protegiert und in diverse dämonische Zwischenfälle einbezogen. Einer davon ereignet sich in Grie­chenland, wo Menschen auf rätselhafte Weise versteinern. Dort spielt der KGTDUS-Band 4, um den es hier geht.

Die WEOP ist natürlich eine internationale Organisation, und wie das bei solchen Institutionen – etwa der UN oder auch dem bü­rokratischen Apparat der Europäischen Union zu eigen ist, kommt es zu internationalen personellen Verflechtungen.

Ich übertrieb es aber in meiner argen Naivität auf so unfassliche Weise, dass mein 2011 gemachter Kommentarapparat zu KGTDUS 4 bisweilen recht bissig ausfiel.

Nehmen wir etwa die Fußnote 248. Sie kommentiert eine Stelle, an der ein (aufpassen!) griechischer Polizeibeamter namens „Franco“ auftritt. Ich notierte dazu in der Fußnote: „Franco! Ach, was für ein herrlicher griechischer Name! Sag mal, war ich damals total bescheuert? Deutsche, die in England leben und in München arbeiten (Ray Braun). Griechen mit italienischem Namen, die auf Französisch fluchen … also, Kosmopolitismus ist was Schönes, aber das ist wirklich eine Lachnummer. Das geht ja überhaupt nicht!“

Ihr merkt schon, dass ich ziemlich säuerlich dreinblickte. Aber es ging noch weiter in dieser Episode. Nun wisst ihr zumindest schon einmal, woher dieser Blogartikel seinen Titel hat.

Weiter geht es mit der Fußnote 268. Hier wird das Zusammen­treffen Oki Stanwers und Gerd Kartlands mit Franco Benici (ja, schon wieder ein Franco, aber darum geht es hier jetzt nicht) beschrieben. Er ist Leiter der griechischen WEOP-Zentrale.

Mein Kommentar dazu lautete folgendermaßen: „Das muntere Nationalitätenwechseln geht weiter. Möglicherweise ist auch ein Japaner bei der WEOP-Niederlassung in Nairobi führend, und ein Senegalese vertritt die WEOP im Ural, oder was? Gescheit ist das nicht, weil es z.B. die Zusammenarbeit mit den lokalen Be­hörden und der örtlichen Bevölkerung erschwert. Natürlich wür­de ein solches Rotationssystem Korruption erschweren, das will ich nicht bestreiten. Es ist aber zu zweifeln, ob ich damals so weit gedacht habe. Auch hier betone ich einmal mehr: ich muss in den Anfangsbänden viel mehr über die Struktur, Größe, das Alter usw. der WEOP unterbringen.“

Aus der Kommentierungstiefe ist schon recht klar erkennbar, dass ich eine Menge Defizite und abenteuerliche Übertreibun­gen durchaus kritisch zu hinterfragen wusste. Aber der Band hatte ja noch einen Klopfer für mich parat. Dazu schauen wir uns mal Fußnote 282 an.

Hier geht es um Themistokles Thuronis, einen griechischen Dä­monenjäger, der nach dieser Passage von sich selbst behauptet, „ein Geist von den Sternen habe ihn geküsst und auserkoren“. Deshalb habe Benici an die WEOP übermittelt, es handele sich vielleicht um einen Fall von Seelenwanderung.

Und dann kam mein Kommentar dazu: „Moment! Widerspruch zum letzten Band, wo stand, THURONIS habe sich als jemand bezeichnet, der einer Seelenwanderung unterlag. Hier ist es Be­nici, der das VERMUTET und diese Vermutung an die WEOP wei­tergibt. Der Stille-Post-Effekt wirkt offensichtlich auch auf dieser Ebene. Demnächst hätte er vermutlich noch behauptet, TOTAM sei ein Gastwirt in Thessaloniki, und man könne ‚die Macht des Bösen’ einfach so festnehmen, hm? Hallo? Was ist denn das al­les für ein Quatsch?“

Ehrlich, Freunde, ich lachte Tränen. Ich konnte nicht mehr. TO­TAM als „Gastwirt aus Thessaloniki“! Keine Ahnung, wo das her­kam, aber es war einfach nur noch grotesk urig.

Die Episode enthält noch sehr viel mehr absurde Stellen, aber diese drei Fußnoten (von insgesamt 100, die die Episode spren­kelten, als ich sie anno 2011 abschrieb), sind zweifellos das Highlight.

Selbst wenn man bedenkt, dass ich zu der Zeit, als ich die Epi­sode schrieb, vor gut 40 Jahren also, gerade mal 17 Lenze zähl­te, hätte ich mir soviel Unsinn doch nicht gestatten sollen.

Und was den vermeintlichen Kosmopolitismus angeht … ich hat­te einfach so überhaupt kein Gespür dafür, dass das Personal solcher Organisationen im Kern immer noch mit relativ stark re­gional verwurzeltem Personal besetzt sein würde. Das ist bei der WEOP natürlich auch nicht anders. Und Leute in Ermange­lung passender griechischer Namen (und Flüche) mit italieni­schen Namen und französischen Flüchen agieren zu lassen, ist eigentlich nur noch peinlich. So etwas muss natürlich in Zukunft vermieden werden. Hier suchte ich händeringend nach etwas „Passendem“ und tapste von einem Fettnäpfchen ins nächste, und heraus kam eine groteske Lachnummer wider Willen.

Was mir in dem Zusammenhang aber absolut peinlich ist (und da muss ich auch eine dezente Rüge Dritten gegenüber aus­sprechen), das ist die Dreistigkeit, mit der ich diese Episoden dann Dritten zur Veröffentlichung in Form eines Fanzines weiter­reichte … was 1989 dann auch tatsächlich geschah!

Ich sage nicht, wo und bei wem das passierte, aber demjenigen ist nachträglich natürlich ebenso zu attestieren, dass sein Quali­tätsbewusstsein ähnlich gering ausgeprägt war wie meines als Verfasser.

Doch das ist Schnee von gestern. Wir haben uns da beide däm­lich angestellt, Schwamm drüber.

Damit schließe ich mal wieder die „Fehlerlese-Akten“, wie ich das hier nennen möchte. In der kommenden Woche gelangen wir wieder in die Gegenwart, dann schreibe ich ein wenig zum Autoren-Nachlassarchiv-Projekt.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

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