Rezensions-Blog 440: The bottom of my heart

Posted Januar 24th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

vor vier Jahren habe ich sehr arbeitsreiche Tage durchlebt, und mir war dann an vielen Tagen – ihr werdet merken, es gibt einen eindeutigen Bezug zum heutigen Roman – nicht mehr danach zumute, mich intensiver mit anspruchsvollen Büchern, zumal historischen Sachbüchern, zu befassen. Dafür gab es einfach keine Energie mehr. Dann einfach nur ein Buch zu greifen, bei dem ich vom Sujet her wusste: Das wird reine Unterhaltung, Entspannung und Abschaltlektüre, das lag irgendwie sehr nahe. Und da ich, wenn ich nette Unterhaltung genossen habe, diese Werke auch zu rezensieren pflegte, sind auf diese Weise damals zahlreiche solche Rezensionen entstanden, die nun sukzessive den Weg in meinen Rezensions-Blog finden.

Dies nur zur Erläuterung, wie es wohl zu der derzeitigen Schwemme an Rezensionen zu erotisch-romantischen Romanen kommen konnte, die, wie ihr leicht am Schluss derselben seht, zumeist aus dem Zeitfenster der Jahre 2017-2019 stammen.

Der vorliegende Roman fällt da ein kleines bisschen aus dem Rahmen heraus. Insofern nämlich, als er von dem 08/15-Stan­dardmuster etwas abweicht. Natürlich geht es auch hier um eine Liebesgeschichte, es geht um einen dominanten Kerl und ein devot veranlagtes Mädchen … aber das ist nur die halbe Wahrheit.

Die Beziehung zwischen Daisy Marino und Jesse Fuller ist doch ein bisschen abgedrehter, als man das anfangs erwartet. Stellt euch mal auf eine vergnügliche Achterbahnfahrt ein, wenn ihr weiterlest. Es lohnt sich auf jeden Fall:

The bottom of my heart

Von Annabel Rose

Plaisir d’Amour

288 Seiten, TB (2017)

ISBN 978-3-86495-294-4

Preis: 12,90 Euro

Es ist schon ein Kreuz mit der Leidenschaft in unserer Gesell­schaft. Zeigt man sie zu zügellos, gilt man leicht als Luder. Ver­drängt man sie ins Verborgene, verbiegt man sich die eigene Psyche, was langfristig nicht gut gehen kann. Und diese Kompli­kationen nehmen noch zu, wenn man genau weiß, dass man als Charakter devot veranlagt ist und eigentlich die starke Hand ei­nes Masters benötigt, um ein erfülltes, tolles Liebesleben zu ha­ben.

Die junge Unternehmerin Daisy Marino, die in New York lebt und hier ein kleines, doch feines Deli betreibt, hat in der Hinsicht ei­nige Schwierigkeiten. Sie war jahrelang die Sub eines dominan­ten Masters namens Mark, allerdings nur Rad 3 von drei Mädels … so hat sie sich schließlich von ihm getrennt (man glaube nicht, dass Subs kein eigenes Bewusstsein hätten und außerstande wären zu selbstbestimmten, energischen Entschei­dungen, weit gefehlt). Inzwischen hat Daisy schon seit einigen Jahren keine Beziehung mehr, keinen Master mehr, und Arbeit mehr als genug. Sie fällt zumeist abends todmüde ins Bett und muss morgens wieder zeitig raus (ein Muster, das auch wir Nor­malmenschen irgendwie kennen). Sie träumt sich ihren Master zurecht, aber wann und wo soll sie DEN wohl kennen lernen?

Keine Chance.

Und dann bekommt sie Post von der Westküste der Vereinigten Staaten: Jemand namens Jesse Fuller will ihr ihren Werbeslogan „Delight, Delightfuller, Daisy’s“ abkaufen. Daisy ignoriert die Offerten, bis … ja, bis eines Tages Jesse Fuller zornschnaubend bei ihr im Laden steht. Und optisch so unerträglich an ihren Traum-Dom erinnert, dass Daisy völlig von der Rolle ist. Pech für Jesse und Pech für Daisy: Er führt sich wie ein arroganter Mist­kerl auf und wird prompt von ihr dafür abgestraft.

Aber er gibt nicht auf, sondern startet einen illegalen zweiten Versuch, an das zu gelangen, was er für sein Recht hält … bei der Gelegenheit bekommt er mächtig eins übergebraten, und als er wieder zu sich kommt, weiß er von überhaupt nichts mehr. Nicht mehr, was er wollte, wo er sich befindet, wer er ist … und überhaupt ist der verdammte Mistkerl auf einmal lammfromm und … ja … süß.

So kann Daisy schließlich der Versuchung nicht widerstehen, die Grenzen dieser Erinnerungslosigkeit auszutesten. Sie nennt ihn „Adam“, und binnen kürzester Zeit wächst zwischen ihnen eine aufreizende Romanze. Doch die Schatten drohen bereits am Ho­rizont …

Das war mal ein wirklich vergnügliches Buch. Die Strategie des Gedächtnisverlustes wird doch eher selten angewandt, und hier dann dazu noch zu sehen, dass wir eine sehnsüchtige Sub ha­ben, die ihren Traum-Master sucht und einen Mann, der zwar um seine dominanten Züge weiß, aber keinerlei praktische Er­fahrung hat, das ist eine wirklich aufreizend-amüsante Sache.

Wie man natürlich weiß, wenn man derlei Geschichten gelesen hat, kommt es kurz vor Schluss (erwartungsgemäß) zu einer kri­senhaften Entwicklung, die alles Erreichte wieder in Frage stellt, aber ebenso sicher darf man sich sein, dass die Wunschpartner sich „natürlich“ letzten Endes kriegen. Es ist halt ein romanti­scher BDSM-Roman und damit strukturell ein Liebesroman. Aber einer von der witzigen und kurzweiligen Sorte, bei der ich nicht aufhören konnte zu lesen … was dazu führte, dass er leider nach 2 Tagen schon ausgelesen war. Kurzweiliges, amüsantes Lesefutter für Leute, die ein wenig prickelnde Lektüre gut ge­brauchen können. Tiefgang braucht man hier keinen zu erwar­ten. Wer mit der Vorinformation an die Geschichte rangeht, kann sich auf ein paar nette und unterhaltsame Lesestunden einrichten.

Ach ja, der Titel … der kann wahlweise von Frank Sinatra oder Stevie Wonder stammen, beide werden im Buch erwähnt. Und „Bottom“ ist natürlich in diesem Kontext zweideutig gemeint.

Ansonsten alles in allem: Klare Leseempfehlung.

© 2018 by Uwe Lammers

Tja, das war doch mal etwas leicht neben der klassischen Spur der romantischen BDSM-Romane, nicht wahr? Sage mir also nie­mand, ich verstünde keinen Humor – das hier zeigt das klare Gegenteil.

In der kommenden Woche wird uns das Lachen wohl vergehen. Ich nehme euch da mit auf eine Zeitreise 20 Jahre zurück in eine ferne Weltgegend und zu einer Katastrophe, die bis heute singulär geblieben ist und mich zutiefst erschütterte. Das wird man meiner Rezension zweifelsohne auch anmerken.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Leave a Reply

XHTML: You can use these tags: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>