Rezensions-Blog 224: Power Play – Opalherz (4)

Posted Juli 10th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

eine Trilogie hat üblicherweise drei Bände… ich weiß das, Freunde. Dennoch ist das hier absolut richtig unter „4“ rubriziert, denn inhaltlich schließt dieser auto­nome Roman eng an die „Sweet Sins“-Trilogie an. Da aber Renee Maurice und die Agentur „Sweet Sins“ hier nur eine Nebenrolle spielen, ist auch das „E“ hin­ter dem Band „Fesselnde Blicke“ jüngst absolut berechtigt gewesen. Ich kann der Autorin das wirklich nicht übel nehmen, dass sie sich von den Protagonisten nicht trennen mochte… ähnliche Strukturen habe ich jüngst bei Lauren Rowes Zyklus „The Club“ gefunden und bei Beth Kery.1

Meine unten gemachten Bedenken hinsichtlich des ausgelebten Sadismus und Masochismus erhalte ich gleichwohl aufrecht. Ich habe es wirklich nicht so gern, wenn Männlein und Weiblein ausgesprochenen Gefallen an der intensi­ven Vermengung von Qual und Lust empfinden, das fühlt sich für mich unge­sund an… aber das ist so meine Privatansicht. Das war auch der zentrale Grund, warum ich etwa Linda Mignanis „Federzirkel“-Romane nicht rezensiert habe. Sie lesen sich ganz nett, ja, aber die Schwelle zum „Sind sie rezensionswürdig?“ wussten sie nicht zu überschreiten.

Der untere Band wird eigentlich auch eher aus Gründen der Vollständigkeit da­mals rezensiert worden sein und die Besprechung deshalb hier abgedruckt. Wer also gern etwas tiefer in die sadistisch-masochistische Gedankenwelt eintau­chen und gleichwohl romantischen Lesestoff vorfinden möchte, der schmökere einfach mal weiter und entdecke das vorliegende Buch:

Power Play – Opalherz

Von Ivy Paul

Plaisir d’Amour

292 Seiten, TB (2016)

ISBN 978-3-86495-229-6

Preis: 12,90 Euro

Gleich mal zur Vorwarnung: wer nicht auf Hard Limits steht und definitiv etwas dagegen hat, wenn Mädel Hiebe verabreicht bekommen, ist in diesem Roman fehl am Platze – es setzt hier reichlich Hiebe, und das hat mit der finsteren männlichen Hauptperson der Geschichte zu tun, mit Isak Söderblom und sei­nem infamen Rachetrip. Zugleich jedoch, und das sollte ebenfalls sogleich ange­merkt werden, handelt es sich um eine ausdrückliche und leidenschaftliche Lie­besgeschichte. Und diese widersprüchliche Message dröselt sich folgenderma­ßen auf:

Isak Söderblom, erfolgreicher Jung-Reeder aus Schweden, hat den Tod seiner geliebten Schwester Greta noch nicht überwunden, und da er den Verursacher kennt, einen dominanten Mistkerl namens Wayne Durham, glüht in seinem finsteren Herzen der Zorn und die Rachsucht unbeschreiblich heiß. Sein ganzes Leben ist nur noch in tiefschwarze Nacht getaucht, und es vergeht kein Tag, an dem er nicht heiß und innig danach dürstet, Wayne seiner gerechten Strafe zu­zuführen. Doch dies ist unmöglich – zwar hat Wayne Greta mit perversen BDSM-Spielen an den Rand ihrer Nervenkraft geführt und sie anschließend ver­gewaltigt, so dass sie nur noch in den Selbstmord flüchten konnte… aber Wayne hat sich in seine Heimat England abgesetzt, ein Verfahren gegen ihn wurde nicht eröffnet.

Da scheint sich für Isak ein Fenster für eine Rachemöglichkeit zu öffnen: sein Todfeind Wayne hat doch wirklich eine Schwester, Julie. Und über das Internet macht Isak Julie Durham am anderen Ende der Welt ausfindig, in Australien. Hier betreibt sie offensichtlich einen Seifenladen.

Wie grausam muss es für Wayne Durham sein, malt er sich aus, wenn er Julie in seinen erotischen Bann zieht, ihre Liebe und Hingabe gewinnt und sie schließ­lich aus kaltem Kalkül im Stich lässt und so ihr Glück ebenso zerstört, wie Wayne es mit dem seinen und Gretas Harmonie getan hat? Dies hört sich für den rachsüchtigen Schweden höchst konsequent an. Da er selbst eine starke dominante, ja ausgesprochen sadistische Ader hat, nimmt er nicht an, dass das „graue Mäuschen“, für das er Julie Durham hält, ihm lange Widerstand wird entgegensetzen können. Er weiß, dass er auf das weibliche Geschlecht sehr gut wirkt, geradezu magnetisierend gut.

Was soll also schon schief gehen?

Nun, einiges.

Zunächst einmal macht Isak eine Stippvisite bei alten Freunden in Sydney, näm­lich bei Renee Maurice, der Inhaberin der Erotik-Agentur „Sweet Sins“ (!), und schon hier stößt er auf arge Vorbehalte. Renee billigt seinen infamen Racheplan nämlich überhaupt nicht.

Er lässt sich nicht aufhalten, sondern sucht den Kontakt mit Julie Durham, wo­bei er natürlich den wahren Grund der Kontaktanbahnung nicht durchschim­mern lässt. Zu seiner vollkommenen Überraschung entpuppt sich die junge Sei­fensiederin als bildhübsch und aufregend gerundet… und um die Überraschung perfekt zu machen, stellt sich recht schnell heraus, dass sie unerfüllte erotische Phantasien in sich trägt, in denen es um wilde Liebeserfüllung in der Rolle einer devoten Gespielin geht.

Und dann ist da auch noch die Sache mit Isaks und Julies Herzen…

Der Roman ist eine interessante Form von erotisch-exzessiver Achterbahnfahrt – strukturell natürlich recht vorhersehbar, weil die Strickmuster romantisch-ero­tischer BDSM-Romane sich doch grundsätzlich sehr ähneln. Aber es gibt auch hier ein paar nette Überraschungen, mit denen der Leser nicht sogleich rech­net.

Überraschung Nummer eins war wenigstens für mich das Auftauchen von Re­nee Maurice und dem Journalisten Nicholas Brady, die aus den „Sweet Sins“-Romanen bekannt waren. Es ist interessant, zu sehen, wie diese Romane ein personelles Kontinuum zu bilden beginnen. Dabei stellte ich noch etwas fest – es wird auf Handlungsstrukturen angespielt, die im Buch „Sweet Sins 3 – Fes­selnde Blicke“ abgehandelt werden, das ich noch nicht besitze.2 Insofern kam die Lektüre ein wenig zu früh, doch macht das nicht viel aus, da die Überschnei­dungsflächen begrenzt sind.

Überraschung Nummer zwei war die verblüffende Entdeckung, dass die weibli­che Hauptperson zwar eine ausgesprochene Abneigung gegen Kontrollfreaks hat, sich aber unter Isaks vollständiger Kontrolle komplett hingeben kann und das dann sogar als erfüllend versteht. Eine psychologische Struktur, die man nicht auf Anhieb erwartet, die aber das Wechselspiel der Emotionen der Protagonisten um einiges interessanter macht, als wenn man einem plumpen Schematismus folgt.

Der ausgelebte Sadismus und, man muss es dann leider doch aussprechen, die wirklich sehr ausgeprägte masochistische Ader Julies passen dann wie Schlüssel und Schloss ineinander. Dennoch fand ich es an einigen Stellen etwas zu exzes­siv, was Isak Julie antat, und noch beunruhigender, dass beide daran solchen Gefallen fanden.

Wie gesagt, wenn man sich für derlei absichtsvolle Grausamkeiten erwärmen kann, mag man diese Geschichte für höchst anregend halten. Ich hätte lieber ei­nen Gang zurückgeschaltet und weniger Hiebe denn andere anregende Liebes­praktiken in der Darstellung bevorzugt. Ich hatte das Gefühl, die Autorin habe mal versucht, sich auf ein etwas härteres erotisches Terrain zu bewegen. Ob das wirklich gelungen ist, müssen die Leute entscheiden, die ausgesprochene Sadis­ten mit letzten Endes weichem Herz als Protagonisten mögen. Ich habe da so meine Vorbehalte.

Ach ja, und was den Titel angeht… sowohl „Power Play“ als auch „Opalherz“ treffen meines Erachtens den Inhalt nicht. Es gibt da zwar einen Opalherz-An­hänger, und es wird auch kurz mal von Power Play gesprochen, aber das war’s dann auch schon. Der Verlag hätte vielleicht gut daran getan, einen geschick­teren Titel zu wählen. Oder alternativ die Autorin.

Möge der Leser entscheiden, ob dies eine Leseempfehlung ist oder nicht – gut lesen ließ er sich jedenfalls, in meinem Fall binnen von drei Tagen…

© 2017 by Uwe Lammers

Seltsame Kost gab es heute zu entdecken? Wohl wahr, meine Freunde. Und mit den Entdeckungen machen wir in der kommenden Woche auch gleich munter weiter. Inwiefern? Nun, da lasst euch mal überraschen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Beide Zyklen – einmal ein Siebenteiler, zum zweiten ein nicht klar so deklarierter Vierteiler – sind in Vorbe­reitung für den Rezensions-Blog, voraussichtlich für 2020.

2 Wie ihr als regelmäßige Leser meines Rezensions-Blogs wisst, ist diese Info inzwischen überholt. Vgl. dazu meinen Rezensions-Blog 219 vom 5. Juni 2019. Das ändert nichts daran, dass ich den dort rezensierten Ro­man noch nicht kannte, als ich obige Rezension schrieb. Es kann hier also Überschneidungen geben.

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