Rezensions-Blog 529: Die Antarktis-Verschwörung

Posted Oktober 7th, 2025 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

nachdem wir in der vergangenen Woche einer erotischen Ge­heimgeschichte auf der Spur waren und uns eher in vergleichs­weise zivilem Setting aufgehalten haben, kann man davon in diesem Fall bei dem vorzustellenden Buch nicht mehr sprechen. Hier geht es um sehr manifeste Bedrohungen für die gesamte Erde.

Nun haben wir es wieder einmal mit dem bewährten NUMA-Team um Kurt Austin und Joe Zavala zu tun, die einem Notruf ei­ner einstmaligen Kollegin nachgehen. Und, wie kaum anders zu erwarten ist, landen sie sofort in Lebensgefahr nahe dem südli­chen Kältepol des Planeten. Doch wenn es nach den Personen geht, die hinter der titelgebenden Antarktis-Verschwörung stecken, soll es noch sehr viel kälter werden und Milliarden Men­schenleben fordern … es geht also um alles, aber zu Beginn ist das nicht mal im Ansatz erkennbar.

Vorhang auf für:

Die Antarktis-Verschwörung

(OT: Fast Ice)

Von Clive Cussler & Graham Brown

Blanvalet 1201, 2023

544 Seiten, TB

Übersetzt von Michael Kubiak

ISBN 978-3-7341-1201-0

Im Jahre 1939 ist die Deutsche Antarktische Expedition im tie­fen Süden der Erde unterwegs, um wissenschaftliche Erkennt­nisse zu generieren und im gleichen Atemzug Land für das nationalsozialistische Deutschland zu akquirieren. Aber als der Flugkapitän Günther Jürgenson mit seinem Flugboot auf einem Binnensee der Antarktis landet, wird er zu seinem Unglauben Zeuge eines unfasslichen Phänomens, das ihn und die Expediti­onsteilnehmer fast das Leben kostet. Mit Müh und Not können sie entrinnen.

In der Gegenwart ist die so genannte Grishka-Expedition in Ant­arktika unterwegs. Zu den Besatzungsmitgliedern dieses früh­zeitig aus der Antarktis zurückkehrenden Schiffes gehört die Kli­maexpertin und Mikrobiologin Cora Emmerson, die früher für die NUMA gearbeitet hat, dann aber in die Privatwirtschaft wechselte. Nun ist sie gewissermaßen auf der Flucht, weil sie eine beunruhigende Entdeckung gemacht hat … doch ehe sie die Polargewässer verlassen kann, wird die Grishka brutal atta­ckiert. Mit letzter Kraft kann Cora noch ein Notsignal an die al­ten NUMA-Kollegen absetzen.

Auf diese Weise kommen Kurt Austin und sein Kollege Joe Zava­la zum Einsatz, die sich Sorgen um Cora machen und zu ihrer Rettung eilen. Sie entdecken das havarierte Schiff und stellen fest, dass es umfassend geplündert wurde. Unter anderem fällt ihnen dort auf, dass die von der Expedition erstellten Eisbohr­kerne gestohlen wurden. So wenig klar Coras Sorgen formuliert waren, ist an ihnen offensichtlich soviel dran, dass jemand sich jede Mühe gab, alle Spuren für das Geschehen zu vernichten … und die Attacke ist noch nicht vorbei, wie die beiden entdecken müssen, als während ihres Aufenthaltes an Bord des Havaristen ein fremdartiges U-Boot energische Anstrengungen unternimmt, das havarierte Schiff zu versenken. Die Mörder der Besatzung sind also noch dort draußen und verfolgen ihre kriminellen Plä­ne weiter. Und für Kurt ist die Angelegenheit nun sehr persön­lich geworden.

Die Fährte der Verbrechen wie auch der Expedition selbst führt die NUMA-Männer wenig später nach Südafrika zu dem Indus­triellen Ryland Lloyd und dessen fanatischer Schwester Yvonne Lloyd. Doch je mehr Zavala und Austin versuchen herauszufin­den, was in der Antarktis vor sich ging, desto mysteriöser wird die Angelegenheit.

Das liegt an der diametral verschiedenen Zielsetzung der Ge­schwister – während Ryland daran interessiert zu sein scheint, die Antarktis ökonomisch wegen ihrer Bodenschätze auszubeu­ten und seine Geschäftspartner mit dem Versprechen lockt, das Nordpolarmeer eisfrei machen zu wollen, verfolgt Yvonne dage­gen die Wahnidee, die Erde durch eine Super-Eiszeit von der Geißel der Gegenwart zu befreien – der Menschheit!

Aber sind diese verrückten Ziele irgendwie in Deckung zu brin­gen? Und ist es überhaupt plausibel, dass es einstmals so etwas wie die „Schneeball-Erde“ gab, wie Yvonne in einer wissen­schaftlichen Arbeit einmal postuliert hat? Und was hat das alte Nazi-Projekt „Fast Ice“ damit zu tun? Als schließlich deutlich wird, wie dramatisch weit diese Wahnsinnspläne gediehen sind, haben Kurt und Joe keine andere Chance mehr, als sich während eines Supersturms in die Antarktis zu begeben und den Kampf aufzunehmen …

Der aktuelle Roman des NUMA-Teams Kurt Austin und Joe Zavala behandelt einmal mehr eine globale Bedrohung und kann beim besten Willen absolut nicht langweilig oder bedächtig genannt werden. Er ist zwar aufgrund seiner recht starken Fokussierung auf Antarktika deutlich linearer ausgerichtet als die bisherigen Werke von Graham Brown, aber er besitzt eine ganze Reihe von faszinierenden Details, die einen starken Reiz ausstrahlen. Dazu zählt etwa dieses faszinierende U-Boot, das hier zur Anwendung kommt, aber ganz besonders natürlich auch die „Goliath“, zu der ich oben mit Absicht nichts sagte.

Die These der Schneeball-Erde in der Erdgeschichte wird tat­sächlich wissenschaftlich thematisiert, ist aber nach meiner Kenntnis durchaus umstritten. Dass es selbst in der NS-Zeit schon ähnliche Ideen a la Welteis gab, ist ebenfalls historisch belegt, womit der – oben auch nur vage angedeutete NS-Bezug der Geschichte – ebenfalls eine gewisse Plausibilität erlangt. Für weniger historisch belesene Genießer der Geschichte klingt wahrscheinlich vieles an der Story abwegig bis abstrus, aber Graham Brown gibt sich redliche Mühe, zumindest eine histo­risch schimmernde Schein-Plausibilität aufzubauen.

Ich fand eigentlich nur einen einzigen Punkt, der mir unlogisch erschien. Das ist die Sache mit den Eisbohrkernen der Grishka-Expedition. Es ist schwer zu sagen, ob das eine Frage der Über­setzung war oder ob es inhaltlich tatsächlich so schief war – aber man gewinnt beim Lesen den Eindruck, als wenn die Bohr­kerne gestohlen worden sind, weil sie Informationen über Bo­denschätze (!) in Antarktika beinhalteten. Das ist natürlich gro­ber Unfug, wenn dies tatsächlich so im Roman gestanden haben sollte. Denn ganz offensichtlich enthalten Eisbohrkerne nur Eis, sie hören notwendig beim Erreichen der gefrorenen Oberflä­chenerdschicht auf. Folglich können sie über Bodenschätze kei­ne Informationen enthalten.

Alles in allem ist dies wieder ein rasantes NUMA-Abenteuer, das aber nicht mehr ganz so ein page-turner ist wie die bisherigen Kurt Austin-Geschichten. Dennoch vermag der Roman sehr gut zu unterhalten und ist definitiv lesenswert.

© 2025 by Uwe Lammers

So, Freunde, genug an den Fingernägeln gekaut, das Abenteuer ist gut überstanden. Und da wir unseren Slalomkurs einhalten, besuchen wir in der kommenden Woche wieder die Inhaberin­nen des Cafés „Sugar & Spice“ und schauen, wie wohl die vierte Freundin unter die Haube kommt.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

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