Liebe Freunde des OSM,
dies ist das insgesamt neunzehnte Abenteuer der NUMA-Agenten Kurt Austin und Joe Zavala, und insgesamt sicherlich das sechzigste oder siebzigste Buch von Clive Cussler, das ich gelesen habe. Und dessen ungeachtet vermag der heutige Hauptautor Graham Brown nach wie vor zu überraschen, wie ich bei der Lektüre feststellte. Ich war wieder binnen drei stürmischer Lesetage ruckzuck durch dieses Buch durch. Und ihr wisst, dass das immer ein gutes Zeichen ist.
Diesmal, so mein Fazit, war Brown wieder etwas sattelfester als kürzlich bei seinem Antarktis-Roman. Das hatte sehr wesentlich damit zu tun, dass es viel um Technik ging.
Klingt abschreckend? Nö, Freunde, ist es eigentlich nicht. Was euch erwartet, ist eine interessant ineinander geschachtelte Storyline, bei der man am Anfang wirklich so gar nicht weiß, wohin die Reise geht und man ständig auf Abwege gerät, ins Leere tappt oder in ziemlich kritische Situationen gerät. Alles in allem eine turbulente Achterbahnfahrt. Sie beginnt am Anfang des 19. Jahrhunderts im Südchinesischen Meer …
Gefährliche Allianz
(OT: Dark Vector)
Von Clive Cussler & Graham Brown
Blanvalet 1268, 2023
544 Seiten, TB
Übersetzt von Michael Kubiak
ISBN 978-3-7341-1268-3
Im September 1808 eskaliert ein Krieg im südchinesischen Meer, der zwischen Piraten ausgefochten wird. Der Piratenkapitän Zi Jun Chu hat an Bord seiner Dreimastdschunke Seidener Drache Schätze geraubt, die eigentlich Beutegut der Piratenfürstin Ching Shih sind. Doch nun wird Juns Schiff in einer Bucht in die Enge getrieben und geentert – es sieht sehr danach aus, als solle dieser Raubzug in eine Katastrophe münden … was dann auch tatsächlich geschieht, doch aus anderen Gründen als angenommen. Der Schatz versinkt im Dunkel der Geschichte und wird zu einem Mythos.
Gut zweihundert Jahre später sind die chinesische Schifffahrtshistorikerin und Tauchexpertin der Volksbefreiungsarmee, Yan-Li, zusammen mit zwei befreundeten NUMA-Tauchern – unseren sattsam bekannten Helden Kurt Austin und seinem Kollegen Joe Zavala – vor der vietnamesischen Küste dabei, eben diesen Schatz aufzuspüren. Sie sind bereits kurz davor, als die beiden NUMA-Männer zu einem anderen Schauplatz gerufen werden. Ein hochmodernes Frachtschiff, die CANBERRA SWIFT, ist offenbar auf dem Heimweg aus Asien nach San Francisco in Seenot geraten und spurlos vom Radar verschwunden. Da man die letzte Position recht genau eingrenzen kann und Joe und Kurt mit ihrem hochmodernen Equipment am nächsten dran sind, werden sie in Marsch gesetzt.
Sie haben keine Ahnung, wo hinein sie dabei geraten.
Sie wissen nicht, dass die CANBERRA SWIFT von einer kleinen Gruppe Piraten, den so genannten „Water Rats“, während der Fahrt gekapert wurde … und erst recht nicht, dass eine weitere Partei diese Piraten ausgetrickst hat, was zur Versenkung des Schiffes und dem Tod der Piratenanführer, eines Mannes namens Lucas Teng, führte.
Als Kurt und Joe am Ziel ankommen, finden sie zwar Trümmerteile, aber sehr schnell kristallisiert sich heraus: Was immer hier gesunken ist, die CANBERRA SWIFT war es nicht. Also geht die Suche von neuem los.
Derweil wird auch allmählich transparenter, warum es so elementar ist, dieses Schiff und seine Fracht wieder zu finden: In seinen Hangars befanden sich so genannte Vector-Einheiten – Prototypen eines Supercomputers, der einer neuen Generation von Rechnern angehört. Die Vector-Einheiten sind so konzipiert, dass sie auf dem Meeresgrund stationiert werden können, wo sie durch die Energie von Tiefenwasserströmungen zugleich gekühlt wie mit Energie versorgt werden. Dort angeschlossen an die globalen Glasfaserkabel vermögen sie unfassbare Rechenleistung zu entfesseln. In den verkehrten Händen können sie verheerenden Schaden anrichten.
Also gut, Kurt und Joe machen das Wrack ausfindig und tauchen hinein mit dem expliziten Plan, die Vector-Einheiten zu sprengen … doch zum einen sind sie hier, wie sie schnell entdecken müssen, nicht allein, sondern eine zweite Partei ist zugegen, um die Einheiten zu bergen … und zur völligen Verblüffung stellen sie auch noch fest, dass der Hangar leer ist. Eine dritte Partei war noch schneller und hat die Einheiten gestohlen.
Im Laufe der weiteren Handlung kommt alsbald zutage, mit wem sie es hier zu tun haben. Sie sind, ohne es zu wissen, in einen Untergrundkrieg hineingestolpert. Auf der einen Seite steht der britische Exilant Kinnard Emmerson, der von Hongkong aus ein weitläufiges Verbrechernetzwerk unterhält und exquisite Kontakte in die chinesischen Regierungskreise besitzt. Er ist seinerseits verfeindet mit einem internationalen Hacker-Kollektiv, das auf den Namen CIPHER hört (dieser Name ist bekannt aus den „Fast & Furious“-Filmen, dort allerdings mit Charlize Theron personalisiert).
Während Emmerson die „Water Rats“ engagiert hat, um die Vector-Einheiten zu stehlen, will CIPHER eine internationale Auktion in Taipeh mit den Einheiten veranstalten, und schon rotten sich die Interessenten zusammen: Chinesen, Russen, Iraner, Nordkoreaner … und Joe und Kurt sind immer noch dabei, die verschwundenen Einheiten zu lokalisieren und Freund und Feind zu sortieren. Das wird erst recht erschwert, als ihre Kollegin Yan-Li auf der Gegenseite auftaucht, weil sie von Emmerson erpresst wird. Da beginnen die Dinge endgültig aus dem Ruder zu laufen, bis die einzigen Verbündeten, die die NUMA dann noch besitzt, eine Piratenbande mit fraglicher Loyalität ist …
Man kann wirklich sagen, was man möchte, aber es wird in diesem Roman definitiv überhaupt nicht langweilig. Man merkt – im Gegensatz zu dem eher mäßigen vorherigen Antarktis-Abenteuer, dass Graham Brown hier wieder voll in seinem Element ist. Und er ist verblüffend solide an der vordersten Front der Hightech-Forschung. Mit der „Phantom“ wird ein innovatives neues U-Boot vorgestellt, mit dem „Air Truck“ taucht sogar ein automatisches, pilotenloses Fluggefährt auf, das atemberaubende Geschwindigkeit erreicht und eine spektakuläre Manövrierfähigkeit besitzt. Wir lernen eine Stealth-Drohne kennen und eben die Vector-Einheiten, die in der Tat ein sehr relevantes Problem superschneller Rechner der Gegenwart auf eine innovative Weise bekämpfen, nämlich die unglaubliche Energiegefräßigkeit gepaart mit der drastischen Überhitzungsgefahr. Hier wird klug extrapoliert, wie ich fand. Auch sind die Villains bis ganz zuletzt nicht zu unterschätzen, was sie Spannung enorm steigert.
Daneben kommt natürlich die klassische Action nicht zu kurz: Verfolgungsjagden, Hinterhalte, Attentate, kaltblütige Mordanschläge und Verrat, quasi das volle Programm. Es wird reichlich geschossen und in die Luft gesprengt, und ich habe mich wirklich an keinem der drei Lesetage in irgendeiner Weise gelangweilt … Hut ab, Mr. Brown, das war solide Arbeit.
Klare Leseempfehlung von mir!
© 2025 by Uwe Lammers
In der kommenden Woche kommen wir dann mal wieder zu etwas „completely different“, um es mal so auszudrücken. Ich erzähle euch dann nämlich von einem Buch, das bei mir über Jahrzehnte (kein Witz!) sozusagen „Lesehemmung“ auslöste. Es kostete einen ausdrücklichen Akt der Überwindung, ehe ich mich an diese Lektüre wagte … und phantastisch positiv überrascht wurde. Das könnte euch auch so gehen – ich nehme mal an, dass die meisten von euch dieses Sachbuch nur dem Hörensagen nach kennen und es nie selbst gelesen haben.
Das solltet ihr ändern, spätestens, wenn ihr meine Rezension in der nächsten Woche an dieser Stelle gelesen habt.
Lasst euch mal überraschen, Freunde!
Bis dann, mit
Oki Stanwers Gruß,
euer Uwe.