Blogartikel 457: Die Jinminqui-Katastrophe (Teil 1)

Posted Mai 7th, 2022 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

heute nehme ich euch mal mit auf eine Abenteuerreise in den KONFLIKT 4 des OSM, also die Serie „Oki Stanwer – Der Insel-Re­gent“ (IR), an der ich zurzeit besonders intensiv arbeite. Wir schreiben zum gegenwärtigen Zeitpunkt den November 2021, bis diese Zeilen also erscheinen, mögt ihr sagen, ist das alles Schnee von vorgestern … das ist nicht völlig präzise.

Warum nicht? Weil die Texte, die ich im OSM schreibe, ja nicht wirklich 1:1 gleich veröffentlicht werden. Die Publikation des KONFLIKTS 4 wird darum bis zum Veröffentlichungszeitpunkt des Blogartikels 457 noch nicht gekommen sein, mithin ist alles Fol­gende für euch Neuland.

Ich muss diese Reise auf zwei Blogartikel verteilen, da sie doch etwas umfangreicher ist. Im Teil 1 geht es um die Ausgangslage und die Darstellung der Katastrophe selbst, im kommenden, der in der nächsten Woche folgen wird, kümmere ich mich dann um ein paar der Implikationen und die Lösung des Problems, soweit man das so nennen kann … und nein, ich habe letzteres noch nicht niedergeschrieben, aber in Umrissen schon gesehen. Und ja, „Katastrophe“ beschreibt es sehr gut.

Fangen wir mit den Basics an:

Die INSEL ist, soweit dürfte euch aus bisher veröffentlichten Ge­schichten aus KONFLIKT 4 vertraut oder leicht aufzuholen sein1, nicht ein tropisches Eiland, sondern ein galaktisches Vielvölker-Imperium in der Galaxis Mysorstos. Zum Zeitpunkt, da ich in die Serienhandlung einsteige, besteht dieses von den Baumeistern geschaffene Reich schon seit gut 2500 Jahren und dehnt sich auf Tausende von Welten aus. Der unsterbliche Regent ist Oki Stanwer, und unter der Tünche der zivilisatorischen Oberfläche dieses Friedensreiches, das in beispiellosem Wohlstand lebt, fürchten die Lenker der INSEL, dass die Macht TOTAM irgendwo im Kosmos darauf lauert, die INSEL anzugreifen und zu zerstö­ren.

Sie warten auf den „Alarmfall TOTAM“ und haben dafür massive Abwehrkräfte zusammengezogen: mondgroße künstliche Ster­ne, mobil und im Kern Kampfsterne von unvergleichlicher Stär­ke, die ZYNEEGHARE. Außerdem gibt es noch die Krisenreakti­onsstreitkräfte, Hunderttausende von hochgerüsteten Robot­kampfschiffen, die in dimensional verfalteten Depots auf ihren Einsatzbefehl warten.

Die INSEL ist, so sehen das Oki Stanwer und die Baumeister, sehr gut auf TOTAMS möglichen Angriff vorbereitet. So sieht das jedenfalls aus.

Und dann kommt es zum Ghinsslay-Zwischenfall, und alle Ge­wissheiten hören von heute auf morgen auf zu bestehen.

Das Ghinsslay-System gehört nicht zur INSEL. Es handelt sich um eines von zahllosen Randsystemen des imperialen Raumes, das wegen dort lebender systemischer Völker von Beobachtern und Wissenschaftlern observiert wird. In diesem Fall handelt es sich um ein in sieben Clanstaaten zergliedertes Insektoiden­reich, das auf einer feudalen Entwicklungsstufe steht. Die Jin­minqui, so ihr Artname, sind noch sehr weit etwa vom Dampf­maschinenzeitalter entfernt, infolgedessen verbieten sich direk­te Kontakte.

Es gibt allerdings einen Jinminqui-Stamm, der seiner Zeit etwas voraus ist – das ist der Stamm der Ilquiin, der in einer entlege­nen Gebirgsregion lebt. Hier haben die Baumeister tatsächlich eine Kontaktstelle eingerichtet, über die die Ilquiin Kontakt zu den Sternen haben.

Eine Wissenschaftlermission unter Professor Dr. Jashquandaar, einem Techno von der Welt Sintaujan, ist nun unterwegs, um ei­nen ersten Direktkontakt mit den Ilquiin herzustellen und sozio­logische Studien durchzuführen. Soweit ist alles normal und un­problematisch. Ein Biologe, ein Exosoziologe und eine Linguistin sowie ein Ex-Soldat begleiten diese Mission, die von dem freien Raumfahrtunternehmer Alfassi Cenndor und seiner gemischt­rassigen Crew nach Ghinsslay-II gebracht werden soll. Da gibt es schon gewisse Reibungen, aber nichts, womit sich nicht um­gehen ließe.

Das ändert sich dramatisch, als sie die steppen- und wüstenhaf­te Welt erreichen. Denn die Ilquiin reagieren nicht auf die Kon­taktanrufe. Obwohl die Forscher sich unbehaglich fühlen, landen sie dennoch nahe der Gebirgssiedlung und machen sich auf den Weg dorthin.

Womit sie konfrontiert werden, ist beim besten Willen nicht zu erwarten: Die Siedlung ist offenbar fluchtartig verlassen worden … aber in der Baumeister-Station finden die bestürzten Forscher eine Gruppe toter Jinminqui-Priester: sie scheinen, ihren zer­borstenen Gelenken zufolge, offenbar an einer Art Pilzinfektion gestorben zu sein. Allesamt.

Professor Jashquandaar ist untröstlich und am Boden zerstört – all die jahrelange Vorarbeit der Baumeister ist schlagartig zu­nichte gemacht worden. Denn die anderen Jinminqui-Stämme haben keinerlei Ahnung, dass es jenseits ihrer Welt noch andere Lebensformen gibt. Der Professor fürchtet zu Recht, dass sie jetzt wieder bei Null anfangen müssen, und das wird Jahrzehnte der Vorbereitungsarbeit kosten.

Nun, es sei denn, es haben noch Ilquiin, die geflüchtet waren, ir­gendwo anders überlebt, etwa in der nächsten Stadtansiedlung namens Shyliit-Ci.

Er sieht nicht einmal das wirkliche Problem.

Das ist dann einer seiner Gefährten. Und der Biologe, Dr. Vas­laygon, formuliert es äußerst drastisch so:

„Schauen Sie: hier links sehen Sie die DNS eines erwachsenen Jinminqui. Cha­rakteristisch für die besonderen DNS-Verhältnisse auf dieser Welt sind die ge­spleißten Enden der Stränge. Hier ist das sehr deutlich zu sehen …“ Er erzählte noch eine Menge mehr von Basensequenzen, Abfolge und Länge von Strängen, dem sie nicht folgen konnte, aber er kam rasch wieder zurück zum eigentlichen Problem.

„Und das hier … das ist die Pilz-DNS. Schauen Sie sich das mal an!“

Silvanis Augen wurden groß vor Verblüffung, als sie die Jinminqui-DNS und die Pilz-DNS so nebeneinandergestellt sah. Zwar war letztere eine typische Doppel­helixstruktur, wie die DNS sie nun einmal einnahm, aber sie wies seltsame graue Winkelstücke auf, als ob sie … nun … mit einem Stück Draht gekreuzt worden wäre. Was natürlich unmöglich war.

„Was ist das?“

„Gute Frage“, nickte Dr. Vaslaygon. „Ich habe so etwas noch nie gesehen. Die grauen Enden sind nach Angabe der Roboter Metallverbindungen, die fest mit der DNS fusioniert sind. Vorrangig Nickel und Quecksilberverbindungen, eigentlich absolut schädigend für die genetische Information. Hier jedoch nicht … ich kann mir nicht mal im Traum vorstellen, wie so etwas zustande kommt … es ist eine Sensation …“

„Und so sind also die Jinminqui gestorben …“

„Ach, das ist doch alles gar nicht wichtig! Sehen Sie denn die wirkliche Schwie­rigkeit nicht, Silvani?“ Er wirkte jetzt ernsthaft ungehalten.

Sie blinzelte ihn verdutzt an. Hatte sie wichtige Dinge überhört? „Na ja … ich meine … sie sind doch offensichtlich durch diese Schwermetallverbindungen ver­giftet …“

„Ja, das hat sie vermutlich umgebracht, zusammen mit dem explosiven Wachs­tum der Pilzkeime … aber das ist doch ganz egal. Es GIBT solche genetischen Kombinationen auf Ghinsslay-II nicht.“

Die Linguistin zwinkerte und starrte die seltsamen genetischen Paare an, die sich gegenüberstanden. Die Gene der gestorbenen Jinminqui und die der bizarren Pilze. Das war einwandfrei eine furchtbare Art und Weise, zu sterben.

„Sind sie gleich gestorben … oder hat es noch eine Weile gedauert?“

„Verdammt, Silvani! Das ist doch völlig egal!“, knurrte der Biologe. „Frauen! Se­hen nicht das Wesentliche …!“

Die Linguistin merkte, wie ihr Gesicht zornig anlief. Sie war eine geduldige Wis­senschaftlerin, aber wenn sie auf diese Weise chauvinistisch beschimpft wurde …

Ihre Wut verrauchte jäh und machte ungläubigem Grauen Platz, als Vaslaygon seine Bemerkung wiederholte und sie dabei fast flehend anschaute: „Bitte, be­greifen Sie doch, Silvani! Wir befinden uns hier in großer Gefahr! Die genetische Konfiguration der Pilze … es GIBT sie auf Ghinsslay-II einfach nicht! Was auch im­mer die Jinminqui umgebracht hat – ja, ja, die Pilze, ich weiß – es kommt nicht von diesem Planeten! Das war keine Infektion. Es war ein Biowaffenangriff!“2

Und damit sind sie mitten in der Katastrophe. Denn auf einmal müssen die Forscher realisieren, dass nicht nur die Ilquiin ge­fährdet sind, sondern mehr oder minder ALLE Millionen Jinmin­qui auf Ghinsslay-II. Eine Stippvisite in der nächsten Stadt der Insektoiden bestätigt ihre schlimmsten Ahnungen. Auch dort hat sich die Epidemie dramatisch ausgebreitet und alle Bewoh­ner getötet.

Die animistischen Jinminqui haben dies alles, wie ihre Aufzeich­nungen verraten, für das Wirken „tödlicher Geister“ gehalten und in ihrer verengten Weltsicht alles nur noch verschlimmert.

Um die Katastrophe noch mehr zu verschärfen, stellen die For­scher fest, dass die insektoiden Teilnehmer ihrer Expedition ebenfalls schon infiziert sind. Die beiden Xhilaari sterben kurz darauf, und Dr. Vaslaygon geht davon aus, dass sie alle von dem Erreger längst befallen sind, der sich offenbar über die Luft weiter verbreitet.

Eine Flucht vom Planeten erweist sich allerdings als unmöglich – längst haben die Baumeister den Planeten unter Quarantäne gestellt und drohen damit, jedes startende Schiff abzuschießen.

Es scheint nur eine einzige Möglichkeit zu geben, vom Planeten zu entkommen: In einem Felsmassiv hinter einer alten Jinmin­qui-Metropole befindet sich ein Baumeister-Transmitterportal, durch das man höchstwahrscheinlich eine INSEL-Welt erreichen kann.

Um die Handlung, die noch etwas verschlungener ist, abzukür­zen: Die Gestrandeten von Ghinsslay-II können tatsächlich die alte Metropole erreichen – ebenfalls inzwischen eine von Lei­chen erfüllte Geisterstadt … und hier landen zurzeit robotische Pioniermaschinen der Baumeister, die einen Tunnel ins Felsmas­siv fräsen, um den Zugang zum Transmitter freizulegen.

Grundsätzlich gut?

Jein.

Denn dummerweise steuern nicht mehr die Baumeister die Ma­schinen. Und auch die Krisenreaktionsschiffe und fünf ZYNEEGHARE, die ins Ghinsslay-System entsandt worden sind, stehen inzwischen unter einer rätselhaften Fremdkontrolle.

Der richtige Alptraum beginnt allerdings, als die gestrandeten Forscher ungläubig erleben müssen, wie die toten (!) Jinminqui auf einmal zombiegleich zu neuem, unnatürlichem Dasein erwa­chen und beginnen, den Transmitter zu durchqueren. Eine in die Millionen gehende Monsterarmee ist entstanden, und der voran­gehende Tod ihrer Mitglieder stellte offenbar erst den Teil 1 ei­nes schrecklichen Plans dar, der gut und gerne den Untergang der INSEL zur Folge haben kann.

Professor Jashquandaar, Alfassi Cenndor und ihre überlebenden Gefährten entschließen sich mangels einer Alternative zur Flucht nach vorn und durchqueren den Transmitter ebenfalls.

Leider landen sie zwar in einer von einem Baumeister gestalte­ten Hohlwelt namens Uuridan – aber sie ist nicht Teil der INSEL. Stattdessen werden sie auf einmal paralysiert und begreifen gar nicht, wie ihnen geschieht. Und sie haben keine Vorstellung davon, in was sie da hineingeraten sind … es ist ein schwacher Trost, dass die Verantwortlichen der INSEL um Oki Stanwer ebenso ahnungslos sind.

Sie fürchten noch, TOTAM könne mit dem Drama im Ghinsslay-System zu tun haben und irren sich vollständig. Die Dinge sind noch sehr viel schlimmer.

Inwiefern? Das erkläre ich euch in der nächsten Woche an die­ser Stelle.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. dazu etwa die beiden E-Books „In der Hölle“ , 2013, und „Jaleenas zweites Leben“, 2016 (2 Teile).

2 Vgl. dazu beizeiten die Originalepisode, IR 5: „Tödliche Geister“, 2005.

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