Liebe Freunde des OSM,

vor elf Wochen habe ich euch an dieser Stelle meinen mutmaß­lichen Romanerstling für den Zauberkreis-Verlag, „Dämon mit tausend Gesichtern“, vorgestellt. Dieser wurde am 1. Juli 1984 beendet und umgehend als Originalskript im Verlag für die dortige Horror-Heftromanreihe eingereicht. Man muss berück­sichtigen, dass ich damals stark im Horror-Fandom verankert war und mehrheitlich dort publizierte. Die Einflüsse der Lektüre von Howard Phillips Lovecraft und dessen Umfeld haben mich damals ähnlich stark geprägt wie Horror-Heftromane, weswegen es durchaus nahe lag, als erstes einen Heftroman aus diesem Sektor zu verfassen.

Allerdings war das nicht wirklich das Herzensanliegen. Denn in Wahrheit war die Horrorspur, so lange sie auch andauerte (etwa bis 1990) immer nur die zweite, vermutlich sogar die dritte Lei­denschaft bei mir. Das ist vielleicht erklärungsbedürftig und hat mit meiner literarischen Sozialisation zu tun:

Als ich Lesen lernte, tat ich das nicht wirklich mit Kinderbü­chern, sondern parallel mit historischen und phantastischen Werken. Neben Büchern über Dinosaurier verschlang ich Ge­schichten über Piratenschätze, wurde von dort hin zur klassi­schen Archäologie geleitet und konsumierte insbesondere C. W. Cerams Klassiker „Götter, Gräber und Gelehrte“. Wer mei­nem Blog schon ein paar Jahre folgt, weiß das natürlich.

Parallel dazu entdeckte ich allerdings auch das Genre der Co­mics und, von dort ausgehend, SF-Heftromane, wobei mich be­sonders die Ren Dhark-Serie stark ansprach. Das hatte wesent­lich mit der faszinierenden Verquickung mit Kosmo-Archäolo­gie zu tun. Warum, so suggeriert die Serie, sollte es unterge­gangene Kulturen, die mich ja hier auf Erden schon faszinierten, nur auf der Erde geben? Warum nicht auch im Weltraum? Und damit entstand eine bis heute dauerhafte gedankliche Verbin­dung zwischen Archäologie und SF, die ich nie als Widerspruch verstanden habe.

Nach der Einstellung der Ren Dhark-Zweitauflage stieg ich in die Terranauten-Serie ein (mit Band 83 erkennbar spät), nur um wenige Monate später auch hier das Serienaus erleben zu müs­sen. Erst im dritten Anlauf landete ich dann bei Perry Rhodan, einer Serie, der ich über 20 Jahre lesend treu blieb und die ich erst mit Band 2100 verließ.

Im Sommer 1984, als ich den Plan fasste, für den Zauberkreis-Verlag Heftromanskripte zu erstellen, drängte sich nun also nach dem Abschluss des ersten Romans aus dem Horror-Seg­ment ein weiteres Romanthema in den Vordergrund. Zweifellos hatte ich auch vor, damit eine thematische Vielfalt zu beweisen, indem ich diesmal ein SF-Thema aufnahm.

Der Sirenen-Stern“ wurde direkt im Anschluss an die Fertig­stellung des „Dämons mit tausend Gesichtern“ begonnen und, man kann das kaum anders nennen, in absoluter Rekord­zeit fertig gestellt. Den Romanerstling hatte ich am 1. Juli 1984 beendet, „Der Sirenen-Stern“ war tatsächlich am 24. Juli 1984 schon abgeschlossen!

Das ist umso bemerkenswerter, als er keinerlei Vorarbeit besaß. Und es ist bis heute zu bedauern, dass ich damals so töricht war, irgendwann 1985 dieses Romanskript (das vom Verlag ebenfalls abgelehnt wurde) an einen Brieffreund aus Walperts­kirchen zu versenden … natürlich im Original, wie ich das da­mals leichtsinnigerweise mit den meisten meiner Geschichten tat. Viele davon sind auf diese Weise für immer verschollen, aber bei keinem tat es mir so sehr leid wie bei diesem Roman­skript, das bis heute eine Fehlstelle in meinem Romanarchiv ist.

Deshalb ist dieser Beitrag etwas, was man eine Art von Luft­nummer nennen muss, da sie wesentlich auf diffusen Halberin­nerungen fußt und sich leider textlich so in gar keiner Weise ve­rifizieren lässt.

Soweit meine Erinnerungen noch vorhanden sind, geht es in „Der Sirenen-Stern“ um eine irdische Forschungsexpedition zu einem fremden, lebensfeindlichen Himmelskörper, der eigen­artige Signale aussendet und so Raumschiffe anlockt. Hier an­gelangt erweist er sich als eine bizarre Lebensform planetaren Formats, die auf eigentümliche Weise die Definition von Leben an sich in Frage stellt.

Ich weiß noch, dass ich damals, als ich ihn schrieb, von dem Phänomen der Induktion aus dem Physik-Unterricht fasziniert war (aber es ist zugleich zu sagen, dass ich weder in Physik noch in Mathematik jemals sonderlich erfolgreich war, weswe­gen es schon etwas vermessen zu nennen ist, dass ich mich ei­nes solchen Themas in einem Romanskript annahm).

Mehr über den Verlauf dieses Romans und die Konfrontation mit dieser planetaren Lebensform und ihren metallisch-induktiven Leitungsbahnen, die auf groteske Weise neuronale Verbindun­gen bei gängigem Leben imitieren, kann ich leider kaum bei­steuern. Es ist aber offensichtlich, dass mich damals die Gren­zen von Leben und Tod und biologischer Funktionsfähigkeit sehr faszinierten und ich dabei war, alternative Lebensformen argu­mentativ zu erkunden und zu begründen.

Auch von daher wäre es spannend, dieses Skript heute zu lesen. Schade, dass das wohl nie passieren wird. Mein damaliger Brieffreund hatte das Skript definitiv erhalten, hat aber später nie mehr etwas dazu gesagt, weshalb ich ihn in meinem damali­gen Zorn immer als „Romandieb“ charakterisiert habe. Ich war damals um einiges unduldsamer und hitzköpfiger als heute. Das ist ein gewisser Vorteil des Alters.

Was hatte ich damals für gedankliche Vorlagen, um diese Ge­schichte so schnell umzusetzen? Weder bei Ren Dhark noch bei den Terranauten kann man solche Themen finden … es gibt aber schon Vermutungen, woher ein Teil der Ideen kam.

Ich hatte damals beispielsweise zwei Romane von Stanislaw Lem gelesen, einmal „Der Stern des Todes“ (später als „Die Astronauten“ bei Suhrkamp neu aufgelegt) und „Der Unbe­siegbare“. Beide trafen bei mir den obigen Nerv, denn es geht in beiden Romanen um untergegangene Alienkulturen.

Im ersten Roman wird, ausgehend vom Tunguska-Ereignis von 1908, das mich bis heute nicht loslässt, von einer sowjetischen Venus-Expedition erzählt, die unter den Wolken der Venus auf die Reste der venusischen Zivilisation stößt (heute ist das natür­lich durch die moderne Raumfahrt ebenso angestaubt und ad absurdum geführt wie die Marskanäle Schiaparellis und Edgar Rice Burroughs daraus resultierende Marsromane; und verges­sen wir auch die Dinosaurier und Urwälder, die noch in den frü­hen Perry Rhodan-Romanen auf der Venus zu finden waren).

Im zweiten Roman wird eine gescheiterte Forschungsexpedition zu einem wüstenhaften Planeten verfolgt, wo das Wrack des Schiffes entdeckt wird – und eine schwarmartige Maschinenin­telligenz als letztes Relikt der untergegangenen dortigen Kultur.

Vielleicht hatte ich auch mit „Solaris“ schon einen weiteren Lem-Roman gelesen, der ebenfalls eine fremdartige Alien-Le­bensform projiziert, hier einen gallertartigen Planeten … es ist ziemlich deutlich erkennbar, dass ich meine dementsprechen­den Leseerinnerungen in den „Sirenen-Stern“ projizierte. Möglicherweise stammten die metallischen, induktiven Lebens­adern aus diesem Roman gedanklich aus dem Asporco-Zyklus der Perry Rhodan-Serie, wo Lebensformen vorkommen, die durch Metalladern aus PEW-Metall reisen können.

Außerdem kannte ich mit großer Gewissheit den Film „Die phantastische Reise“, wo mikrominiaturisierte Wissenschaft­ler in den menschlichen Blutstrom eindringen … das alles zu­sammen ergab einen höchst spannenden Nährboden, der in mir in Rekordzeit einen neuen Romanstoff sprießen ließ.

Well, man kann natürlich sagen, dass das ziemlich seltsamer Stoff ist, ungewöhnlich allemal. Aber ich war gewissermaßen angefixt und auf den Geschmack gekommen. Zu entdecken, dass ich parallel zum Schulstoff imstande war, binnen weniger Wochen ein 120-Seiten-Skript zu konzipieren und niederzu­schreiben, um es dann einzureichen, stellte einen ziemlichen Booster für meine Kreativität dar.

Ihr könnte euch denken, dass mich das natürlich nachhaltig be­einflusste. Nachdem ich im Januar 1984 die erste OSM-Serie „Oki Stanwer“ abgeschlossen hatte, stampfte ich am 7. August die nächste OSM-Serie aus dem Boden, „Kampf gegen TOTAMS Dämonen und Schergen“ (heute KONFLIKT 18 des OSM). Und natürlich machte ich mich parallel dazu daran, nachdem ich den zweiten Roman beim Zauberkreis-Verlag eingereicht hatte, gleich daran, einen dritten zu verfassen, wieder einen SF-Ro­man.

Von ihm erzähle ich euch im Blogartikel 640 am 9. November. In der kommenden Woche möchte ich allerdings erst einmal wie­der zurücklenken in den KONFLIKT 17 „Drohung aus dem All“, wo sich weiterhin dramatische Ereignisse anbahnen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

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