Rezensions-Blog 375: Mr. & Mrs. Smith

Posted Oktober 25th, 2022 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

fangen wir mit dem Schluss heute mal an: Nein, der Fehler wur­de nicht begangen, von diesem Film eine Fortsetzung zu dre­hen. Dass das regelmäßig schief geht, ist auch 2021 und sicher­lich anno 2022 wieder im Kino zu bewundern. Solange man nicht die geschickten Texter von Marvel in der Hinterhand hat, geht so etwas meistens daneben. Jüngste Beispiele – meiner Ansicht nach – sind „Ghostbusters – Legacy“ und „Matrix Resur­rections“, die doch sehr hinter den Erwartungen zurückblieben.

Manchmal ist es dann tatsächlich sehr interessant, einen Gang zurückzuschalten, das Phantastische einfach außen vor zu las­sen und sich in ein turbulentes, im Kern komödienhaftes Aben­teuer zu stürzen, in dem man ein wenig den klaren Menschen­verstand baumeln lassen kann.

Solch ein Film war anno 2005 „Mr. & Mrs. Smith“, die turbulente und gagreiche Geschichte eines Ehepaars, gespielt von Angeli­na Jolie und Brad Pitt, die insgeheim Top-Profikiller für konkurrie­rende Organisationen sind und eines Tages als Sicherheitsrisiko eingestuft werden.

Nein, nein, wir sind hier nicht bei Bruce Willis und „R.E.D.“, wo dann auf einmal ein mannstarkes Killerkommando die Heimstatt von Willis und am liebsten auch ihn selbst zerlegt (wer den Film kennt, weiß natürlich, dass bei dieser Schießerei sehr viel zu Bruch geht, aber Willis, wiewohl im Ruhestand, die Killer mit links alle macht, um es mal flapsig auszudrücken.

Nein, bei Mr. & Mrs. Smith wird das vermeintlich geschickter ge­macht: Die Firmen setzen einfach ihre Topkiller auf das jeweilige „Sicherheitsrisiko“ an.

Und das Ergebnis sieht dann so aus:

Mr. & Mrs. Smith

(OT: Mr. & Mrs. Smith)

von Jane und John Smith

(Pseudonym für Cathy East Dubowsky)

Heyne 50013, 7.95 Euro

336 Seiten, Juli 2005

Aus dem Amerikanischen von Claire Roth

Irgendwann kommt wohl jede Ehe an diesen Punkt: Mann und Frau sind mehrere Jahre lang verheiratet, beide haben einen Job, und dann hört jener Zauber des Anfangs auf, die Leiden­schaft verfliegt, zumal dann, wenn man aus beruflich bedingten Gründen keine Kinder in die Welt setzt … und das Eheleben er­starrt in einer Art von seltsamem Ritual. Aus dem Geliebten und der Geliebten, aus dem Ehepartner wird ein Fremder, dem man nachts beim Einschlafen zusieht, während man sich selbst nur noch Worthülsen an den Kopf wirft und es im Alltag immer öfter zu diesen kleinen nervenaufreibenden Mißverständnissen kommt, die zum Zündpotential für Kurzschlusshandlungen wer­den.

Manche Leute begehen aus solchen Launen heraus Seiten­sprünge, die die Ehe zerstören. Andere flüchten sich in Drogen oder spleenige Launen. Und wieder andere versuchen mühsam, sich mit dem bizarren Alptraum namens Ehe zu arrangieren, in­nerlich immer mehr hadernd, immer weniger verstehend, wieso sich ihr Partner so sehr verändern konnte, fragend, wo die Per­son geblieben ist, die sie einstmals geliebt haben.

So geht es auch Mr. und Mrs. Smith.

Jane und John Smith bilden ein amerikanisches Durchschnitts­ehepaar, das in ihrem Viertel als Vorzeige-Ehepaar schlechthin gehandelt wird und auf allen Partys von Nachbarn gern gesehe­ner und bewunderter Gast ist. Gewiss, sie haben keine Kinder. Gewiss, sie sind hart arbeitende Business-Workaholics – sie in der Computerbranche, wobei sie zu den unmöglichsten Zeiten des Tages hochgeschreckt wird, um abgestürzte Rechner in Fir­men wieder in Stand zu setzen, er ist Bauunternehmer mit internationalem Operationsgebiet und oft auf Reisen … dennoch werden sie bewundert.

Doch im Innern ihrer Ehe herrscht Eiszeit.

Schon der Griff nach dem Salzstreuer ist wie das Betreten eines Minenfeldes, ganz zu schweigen von dem Kauf neuer Gardinen, dem abendlichen Essen kochen oder dem Beieinander im Bett (Sex? Hat da irgendwer etwas von Sex erzählt? Was ist das? Kann man das mal buchstabieren?). Da ist es irgendwie folge­richtig, dass sie beide auf einer Party doch tatsächlich den Hauptgewinn ziehen: Vier Sitzungen beim Eheberater Dr. Mark Wexler.

Nicht, dass sie das nötig hätten, ach nein, natürlich nicht … aber das ist doch eine nette Sache, eine Art Test, wie etwa … ja, wie ein Ölwechsel, sagt John, und dabei lacht er etwas zu laut. Der Berater merkt schnell, dass bei den beiden vieles im Argen liegt.

Zum zweiten Termin erscheint nur Mrs. Smith, und sie wirkt selt­sam abwesend. Sie kommt ohne Wissen ihres Mannes, und Wexler gibt ihr eine harmlos scheinende Aufgabe: Sie solle doch einmal aufschreiben, wo und wie sie ihren Mann kennengelernt hat, und sie müsse diese Aufzeichnungen natürlich niemandem zeigen. John Smith, der – ebenfalls ohne Wissen seiner Frau – die nächste Sitzung alleine besucht, gibt er denselben Rat. Und so entsteht die Struktur des Buches.

In wechselseitigen Ich-Kapiteln berichten nun Jane Smith (Ange­lina Jolie) und John Smith (Brad Pitt) von dem gegenseitigen Kennenlernen in Bogotá/Kolumbien, wo sie beide „zufällig“ gerade „Urlaub“ gemacht haben bzw. „beruflich unterwegs“ wa­ren, als ein Politiker ermordet wurde, davon, wie sie sich unsterblich ineinander verliebten und diese nun schon fünf Jahre … pardon, Jane hat natürlich recht, es sind bereits sechs Jahre … währende Ehe anbahnten.

Nach außen ist sie, wie gesagt, eine ganz normale Vorstadtehe von Mustergattin und Mustergatte. Doch leider führen beide ein Doppelleben. Weder ist er in der Baubranche tätig, noch fährt sie ständig Computer hoch. Sie verbirgt in der Küche im Herd ein ganzes Arsenal an Waffen, das seine befindet sich im Keller des Gartenhäuschens.

Sie sind beide Killer für unterschiedliche Organisationen, und während sie nicht den blassesten Schimmer davon haben, dass der andere keineswegs der biedere Normalo ist, für den sie sich gegenseitig halten, bekommen ihre Chefs davon sehr wohl Kenntnis. Und so werden sie als Sicherheitsrisiko eingestuft und bekommen einen außerordentlich pikanten, wiewohl verdeckten Auftrag: Liquidieren Sie den Topkiller der Gegenorganisation. Im Grunde genommen also – töten Sie Ihren Ehemann/Ehefrau.

Damit stürzt das jahrelang sorgsam aufgebaute Gebäude der Lügen in sich zusammen … und unerwartete Dinge nehmen ihren Lauf, völlig unerwartete Dinge …

Doug Liman hat die „mörderische Komödie“ (Klappentext) im Jahre 2005 verfilmt und in die Kinos gebracht, ein Film, der zum einen natürlich vor Action nur so strotzt und in dem die Luft mehr als einmal bleihaltig genug ist, um daran zu ersticken. Zum anderen aber prasselt ein Feuerwerk von Wortwitz und Si­tuationskomik auf den Zuschauer ein, da sich die beiden Prot­agonisten wirklich gar nichts schenken. Unbestreitbar sind An­gelina Jolie und der von mir wirklich nicht sehr geschätzte Brad Pitt hier in absoluter Höchstform. Den Film habe ich sehr genos­sen, wiewohl er an manchen Stellen doch arg unrealistisch da­herkam, nicht zuletzt zum Schluss.

Wenn einem dann für 2 Euro das Buch zum Film über den Weg läuft, überlegt man sich schon, ob es einem gefallen könnte. Nun, ich kaufte es als Geschenk für einen Freund und begann dann dummerweise, den Prolog zu lesen. Das hätte ich nicht tun sollen. Zwei Tage danach war das Buch ausgelesen, trug mei­nen Besitzerdvermerk und wanderte in mein Buchregal.

Das Buch wird nicht verschenkt.

Ich habe einst zum Film „Men in Black I“ gesagt, vom Kauf des Romans sei abzuraten, weil er in keiner Weise den Humor des Films einfing. Lasst euch gesagt sein, potenzielle Leser, bei DIE­SEM Buch ist das anders. Durch die sehr raffinierte und kurzwei­lige Blendentechnik und zeitweilige Überblendung der Eintra­gungen der Protagonisten sowie intensive Reflexion entsteht ein äußerst geschicktes Werk, das dem Leser sogar so manche Re­aktionen der Handelnden im Film besser erklärt, als es der Film verstand. Und es gibt gar viele humorvolle Reflexionen im Text, die die Angelegenheit sogar noch sehr viel komischer gestalten, als man es sich eigentlich ursprünglich ausmalt.

Sicher ist die Grundstruktur simpel, sicherlich ist auch die Dar­stellung eines „Ehekrieges“ nicht eben neu (man erinnere sich an Der Rosenkrieg), die Zutaten sind halt nur neu gemixt und zusammengerührt worden. Aber geschickt gemacht. Kurzweilige Unterhaltung ist in jedem Fall programmiert. Und irgendwie kann man verstehen, dass sich Brad Pitt während der Drehar­beiten in Angelina verknallte und daraufhin prompt seine Ehe mit Jennifer Aniston cancelte.

Nein, man muss Angelina Jolie und Brad Pitt nicht für tolle Schauspieler halten oder für schön aussehende Menschen. Aber in dieser Rolle waren sie einfach eine optimale Besetzung. Ich kann nur hoffen, dass niemand den Fehler begeht, von diesem Film eine Fortsetzung zu drehen. Das kann alles nur zerstören.

© 2006 by Uwe Lammers

Gott, echt, was war das für ein Lesevergnügen … ich muss stän­dig mich gekringelt haben vor Lachen. Wer wirklich mal völlig abschalten möchte, ist hier absolut goldrichtig. Auch wenn der Film inzwischen 17 Jahre auf dem Buckel hat – ich sollte ihn mir echt mal wieder anschauen.

In der nächsten Woche wird es dann ein wenig haarsträubend … meine eigentliche Vorausplanung sah einen anderen Beitrag vor, der eher beruhigend und sanft-philosophisch ausgefallen wäre. Dummerweise stellte ich dann rechtzeitig fest, dass ich dieses Buch in meinem Blog 2021 schon besprochen hatte, und dann sattelte ich kurzerhand um.

Stattdessen geht es also um ein inzwischen zwar schon recht betagtes historisch-politisches Magazin, doch die darin getroffenen Feststellungen und, mehr noch, meine anno 2014 vorgenommenen Kommentierungen sind leider alles andere als aus der Welt.

Ihr werdet verstehen, wovon ich rede, wenn ihr kommende Woche hier wieder vorbeischaut.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

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