Rezensions-Blog 393: The Club (6) – Desire

Posted März 1st, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

willkommen im unrealistischen Parallelkosmos von Lauren Ro­wes Romanzyklus „The Club“. Die Haupthandlung wurde in den Bänden 1-3 abgefrühstückt, die Bände 4-7 sind dagegen eine Art mehrhundertseitiger „Nachklapp“, der insbesondere einem dient, wie ich heute weiß: Dem Vorstellen des Personals des Fol­gezyklus, der sich dann um die Morgan-Familie drehen wird (ich komme dazu in separaten Rezensionen noch zu sprechen).

Was sich jetzt vielleicht unangemessen garstig liest, ist so nicht gemeint – genau genommen ist die Lektüre der genannten Bän­de des Zyklus, wenn man mal gewisse realistischen Erwartun­gen beiseite schiebt und sich auch nur bedingt um die zwangs­läufigen Wiederholungen bekümmert, nämlich eine äußerst ver­gnügliche Lektüre. Wer die turbulente und absolut nicht stö­rungsfreie Beziehungsanbahnung zwischen Kat Morgan und Josh Faraday buchstäblich hautnah miterleben möchte, ist hier voll­kommen an der richtigen Adresse.

Die Autorin ist mit Feuereifer, Herzblut und viel Humor dabei, diese Liebesgeschichte auszuwalzen, und es macht ihr spürbar einen Riesenspaß. Und den Leser, der sich darauf einlässt, un­terhält das auch sehr gut.

Gut 400 Seiten Feel-good-Lektüre sind wirklich die investierten Lesestunden wert. Im Detail sieht das dann so aus:

The Club 6: Desire

(OT: The Revelation)

Von Lauren Rowe

Piper (ohne Verlagsnummer), 2016

448 Seiten, TB, 12.99 Euro

Aus dem Amerikanischen von Christina Kagerer

ISBN 978-3-492-06065-3

Der Kampf gegen den „Club“ geht in die letzte Runde … wieder einmal, muss man sagen, denn eigentlich wurde dieser Kampf ja bekanntlich in Band 3 der Reihe ausgefochten. Aber wir befin­den uns nun in der Gegenperspektive – es geht nicht mehr pri­mär um Jonas Faraday und seine Geliebte Sarah Cruz, sondern um Sarahs beste Freundin Katherine Ulla Morgan (Kat) und Jo­nas´ Bruder Joshua Faraday.

Während der fünfte Band der Reihe im Grunde die Ereignisse vom Schluss des Bandes 1 bis tief in den dritten Band aus Joshs und Kats Sicht dargestellt hat und dabei besonders auf die zu­nehmende erotische Versessenheit fokussierte, die sie beide an­einander bindet – auch wenn es fast den gesamten Band 5 dau­erte, ehe sie auch nur einen Kuss miteinander austauschten – , haben die beiden nun am Schluss des Bandes zusammen­gefunden und stellen entzückt fest, dass die Chemie zwischen ihnen wirklich phantastisch funktioniert.

Zusammen mit dem Hackergenie Henn gelingt es den beiden, die in Las Vegas zurückgeblieben sind, den kriminellen „Club“ um seine milliardenschweren Ersparnisse zu bringen, danach stürmt das FBI den Laden und schaltet die Verbrecher endgültig aus.

Und für Kat und Josh wird es nun kompliziert. Denn sie ist PR-As­sistentin in Seattle, er ist Jungunternehmer in Los Angeles, wenn auch gebürtig aus Seattle. Es sieht auf fatale Weise aus, als driftete ihr Leben jetzt auseinander. Es ist irgendwie nicht optimal, dass sie soweit auseinander leben. Und, schlimmer noch, Joshs Playboy-Vergangenheit stellt ihnen unablässig ein Bein – denn die Frauen, mit denen er sich getroffen hat, stellen ihm weiterhin nach und akzeptieren offensichtlich kein Nein.

Kat hingegen wird, wiewohl sie geglaubt hat, diese Eigenschaft niemals zu besitzen, von unbeschreiblicher Eifersucht zerfres­sen. Schlimmer noch als diese Fakten, die zu einer Reihe krisen­hafter Situationen führen, sind die verwirrend widersprüchlichen Zielvorstellungen der beiden Liebenden. Denn wiewohl sie jedes einzelne Mal, wenn sie einander sehen, übereinander herfallen, als gäbe es kein Morgen, ist Josh doch aus biografischen Grün­den schlicht unfähig, weiter als bis zur nächsten Woche seine Zukunft zu planen – wenigstens im privaten Bereich, geschäft­lich sieht das natürlich anders aus. Eine Heirat steht für ihn je­denfalls auf überhaupt keine Weise auf dem Plan.

Kat wünscht sich dagegen durchaus mehr … aber nach außen vertritt sie vehement die These, dass eine Heirat doch nicht zwingend erforderlich sei, wenn sie einander lieben.

Aber warum will sie ihn dann unbedingt ihrer Familie vorstellen? Was geht da in den Tiefen ihrer abenteuerlustigen Seele vor? Josh versteht es jedenfalls nicht – und so kommt es schließlich zu einer unvorhergesehenen Komplikation …

Auch der sechste Band des Zyklus hat im Grunde mit dem Oberthema „The Club“ nichts mehr zu tun. Und jenseits emotio­naler Konflikte weist er quasi keine Spannungsspitzen mehr auf. Wer also auf Abenteuer oder Action steht, ist hier definitiv auf dem falschen Stern. Es geht um Liebe, emotionale Berg- und Talfahrten, Streits, Versöhnungen und eine Menge Sex und Ge­lächter. Dennoch könnte man den Inhalt dieses Romans mit sehr wenigen Sätzen zusammenfassen – sonderlich komplex nennen kann ich ihn nicht, er ist mehr so ein emotionales Sah­nehäubchen und ergänzendes Puzzlestück zu den Bänden 1-3 des Zyklus und strukturell daher mit den Bänden 4 und 5 sehr verwandt.

Ohne Lauren Rowe zu nahe treten zu möchten – ich liebe es auch, wenn Autorinnen sich nicht von ihren Protagonisten tren­nen können, und sie macht es einwandfrei sehr viel unterhalts­amer und vergnüglicher, als es zahlreiche andere Autorinnen gemacht haben. Aber indem sie nahezu vollständig auf die Josh-Kat-Beziehung fokussiert, verliert sie vollständig den Boden un­ter den Füßen und das große Ganze aus dem Blick.

Ich fand es zwar nett, ein wenig Details darüber zu erfahren, wie die „Bande“ die Verbrecher um ihr Vermögen erleichtert hat, aber realistischer wurde es dadurch immer noch nicht. Man stelle sich das bitte mal bildlich vor: Kat gibt sich als Verbreche­rin Oksana Belenko aus, spaziert in fünf Banken und transferiert von hier aus mehr als fünfhundert Milliarden (!) Dollar binnen ei­nes Tages … es ist ja schön und nett, dass sie da als vermeintli­che Kontoinhaberin persönlich auftreten muss. Aber glaubt ir­gendwer ernsthaft, dass Oksana da nicht selbst schon in der Bank vorstellig geworden ist? Dass es nicht auf einmal auffällt, wenn sie jählings um 30 Jahre verjüngt dasteht?

Also bitte … diese sehr schlichte Handlungspassage kann ich der Autorin immer noch nicht glauben. Und dass das alles letz­ten Endes ohne Folgen für die Verantwortlichen bleibt, während sie anschließend in der Weltgeschichte herumgondeln, hört sich auch nicht plausibel an. Der „Club“ bestand doch nicht nur aus 3 Personen, von denen zwei kurzerhand in einem Nebensatz als erschossen gemeldet werden und die dritte auf Lebenszeit hin­ter Gitter wandert. Versucht mal, anders ausgedrückt, die Mafia um eine Riesensumme Geld zu bringen, dann seid ihr aber den Rest des Lebens auf der Flucht vor den Mitgliedern des Syndi­kats! Hier hingegen? Nichts davon, gar nichts! Realismus? Fehl­anzeige!

Also, ich schlage vor, kritische Leser sollten diesen Teil der Ge­schichte besser schnell vergessen, weil völlig unrealistisch, und sich auf die turbulente Beziehung zwischen Josh und Kat kon­zentrieren, die dann wirklich lesenswert ist.

Gott, diese sture „kleine Terroristin“, wie Josh Kat zärtlich nennt, ist schon ein echtes Biest. Und so stur wie ein Panzer. Sie macht sich selbst viel zu viel Stress. Und was das für Konsequenzen hat, sieht man dann ja im letzten Band des Zyklus.

Also: heißer Stoff für Romantiker, die gern reichlich Taschentü­cher bei der Lektüre verbrauchen wollen. Freunde komplexeren Lesestoffs werden dabei wahrscheinlich eher unterfordert … macht aber nichts wirklich aus. Ich habe das Buch sehr gern ge­lesen und binnen zwei Tagen verschlungen.

Braucht ihr noch mehr Hinweise auf die Qualität des Buches? Nein? Gut so!

© 2018 by Uwe Lammers

Wohin reisen wir in der kommenden Woche? In die Autobiografie eines der intelligentesten Menschen des 20. Jahrhunderts. Das Büchlein fiel mir vor recht kurzer Zeit in die Hände und wurde quasi vom Fleck weg verschlungen.

Mehr dazu erzähle ich in der nächsten Woche an dieser Stelle.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

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