Liebe Freunde des OSM,

ihr kennt das sicherlich auch: Es gibt Bücher, die man aus ir­gendeinem Grund beim besten Willen nicht vergessen kann. Das müssen keine Bestseller sein oder Bücher, die unser Leben verändert haben, das können ganz unspektakuläre Werke sein, die die meisten Leute überhaupt nicht kennen. Für mich war solch ein Werk immer C. W. Cerams „Götter, Gräber und Gelehr­te“, das ist für mich unbestreitbar. Auch „Maia“ von Richard Adams fällt in diese Kategorie … und das Werk, das ich heute vorstelle, hat auch ziemlich gute Chancen darauf. Denn obwohl es inzwischen acht Jahre her ist, dass ich es las, aktiviert es un­abweislich meine Erinnerung.

Oliver Sacks, amerikanischer Arzt, der durch sein spektakuläres Buch zur Behandlung der Enzephalitis lethargica-Patienten schlagartig berühmt wurde („Awakenings – Zeit des Erwa­chens“) hat sich auch in diesem Buch mit faszinierenden bis verstörenden medizinischen Fallgeschichten befasst. Aber wie schon der Titel sagt, ist das nicht nur ein Werk, das sich ange­hende Ärzte zu Gemüte führen sollten. Es hat auch für den All­tagsleser bemerkenswerte Kenntnisse zum Inhalt. Hier liegen zwanzig neuropsychologische Fallstudien vor, die zum Teil so bi­zarr sind, als hätte sie sich ein neurotischer Schriftsteller ausge­dacht – und doch entstammen sie vollständig der Wirklichkeit.

Ich schlage vor, wir beginnen einfach mal mit der Achterbahn­fahrt. Schön festhalten:

Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte

(OT: The Man Who Mistook His Wife For A Hat)

von Oliver Sacks

rororo-Sachbuch 8780

Reinbek bei Hamburg 1987

Preis damals: 12.90 DM

Aus dem Amerikanischen von Dirk van Gunsteren

ISBN 3-499-18780-9

Wie oft gehen wir auf der Straße selbstvergessen dahin und nehmen nicht recht wahr, was um uns herum vorgeht? Zu oft, wird man meinen, wenn man dieses Buch ausgelesen hat. Denn manches von dem, was der Neurologe Dr. Oliver Sacks im Alltag entdeckt hat, mag auch ein aufmerksamer Beobachter in unse­ren Landen sehen, ganz egal, in welcher Stadt oder welchem Dorf er wohnt. Wenngleich zuzugeben ist, dass manche Anbli­cke ebenso selten wie unauslöschlich sind, solche etwa:

Was mir die Augen öffnete, war also nicht so sehr das Ergebnis meiner Untersuchung …, sondern das, was ich tags darauf auf der Straße sah. Und besonders eine Szene war so außerge­wöhnlich, daß ich mich heute noch so gut an sie erinnere, als hätte ich sie soeben erst gesehen.

Eine grauhaarige Frau in den Sechzigern erregte meine Auf­merksamkeit. Sie stand offenbar im Mittelpunkt eines höchst sonderbaren Auflaufs. Anfangs war mir nicht ganz klar, was da eigentlich vor sich ging und soviel Turbulenz hervorrief …

Als ich näher kam, sah ich, was da geschah. Sie imitierte die Passanten – wenn „Imitation“ hier nicht ein zu blasses, zu passi­ves Wort ist. Vielleicht sollte ich besser sagen, sie karikierte die Leute. Innerhalb einer Sekunde, einer Zehntelsekunde, hatte sie ihre hervorstechendsten Charakterzüge erfaßt und brachte die­se zum Ausdruck.

Ich habe zahllose Pantomimen und Parodisten, Clowns und Spaßmacher gesehen, aber keiner von ihnen rief jenes erschro­ckene Staunen hervor, das mich nun, angesichts dieser unmit­telbaren, automatischen und konvulsivischen Widerspiegelung sämtlicher Gesichter und Gestalten in ihrer Umgebung über­kam. Doch handelte es sich hier nicht lediglich um eine Imitati­on … Die Frau ahmte nicht nur die Mimik zahlloser Passanten nach, … sie übersteigerte sie ins Lächerliche. Jede Widerspiege­lung war auch eine Parodie, eine Verhöhnung … eine Übertrei­bung, die ihrerseits – infolge ihrer gewaltsam beschleunigten und verzerrten Bewegungen – ebenso krampfhaft wie beabsich­tigt wirkte …

In der Zeit, die diese verwirrte alte Frau benötigte, um an einem kurzen Häuserblock entlangzugehen, karikierte sie wie beses­sen vierzig oder fünfzig Passanten. Es war wie ein Trommelfeuer kaleidoskopischer Imitationen. Sie währten jeweils nur ein oder zwei Sekunden, manche nur winzige Momente, und die ganze verwirrende Szene spielte sich in knapp zwei Minuten ab …“

Phantastischer Einfall? Einbildung? Realität, meine lieben Leser. Nichts als ein simpler Einblick in einen Abgrund der Alltäglich­keit, von dem die meisten Menschen nicht einmal eine Ahnung haben.

Dr. Oliver Sacks ist, wie schon erwähnt, Neurologe, und seine Domäne ist die des Geistes. Er beschäftigt sich mit dem menschlichen Gehirn und dem, was es mit dem dazugehörigen Körper anzurichten versteht, wenn es nicht mehr so funktio­niert, wie es sein soll. Viele der Fallgeschichten, die Sacks in diesem Buch erzählt, sind ebenso erschreckend wie auf morbide Weise faszinierend. Doch verfolgt er mit seinem Buch nicht nur das Ziel, irgendwelche „Travestien“ aufs Podest zu heben und die Bevölkerung zu belustigen. Er appelliert nicht an niedere In­stinkte, sondern verfolgt einen anderen Zweck.

Seiner Ansicht nach ist es an der Zeit, eine neue Form der Neu­rologie und Psychiatrie mehr Geltung zu verschaffen. Die traditionelle Psychologie und Neurologie, erklärt er, setzt auf ein eher mechanisches Modell des menschlichen Geistes. Etwa so, als wäre ein Gehirn eine Maschine, die man mit geeigneten Er­satzteilen oder aber dem Entfernen überschüssigen Materials wieder „funktionsfähig“ machen könne. Wobei er mit Ersatztei­len im Wesentlichen Therapien, Operationen und Medikamente meint.

Was dabei zu kurz komme, seien ganzheitliche Ansichten des Gehirns und des Verhaltens. Vieles werde dabei gar nicht richtig betrachtet und künstlich in gewisse Schemata gepresst. So gilt es beispielsweise als höchst bedauernswert, wenn ein Patient die Fähigkeit verliert, logisch und rational zu denken und gewis­sermaßen auf die reine Gefühlsebene zurückgeworfen wird. Was aber geschieht, wenn jemand das GEGENTEIL erlebt und völlig in den Bereich der Abstraktion geschleudert wird – wie in der Ti­telgeschichte vom Leser fröstelnd nacherlebt werden kann – , das findet nicht nur keine Beachtung, sondern es wird nicht ein­mal für möglich gehalten. Wer in diesem Fall eine gewisse Paral­lele zwischen dem Professor und Musiker Dr. P. und Sacks´ Buch über die L-DOPA-Patienten in „Mount Carmel“ ziehen möchte, kann das tun.1 Es handelt sich um einen sehr ähnlich gelagerten Fall.

Sacks versucht nun, in diesen Fallgeschichten, die er plausibel in vier Abschnitte eingeteilt hat, die Grenzen der traditionellen Neurologie zu sprengen und zu zeigen, was ihr bislang mehr oder weniger entgeht. Und was den übliche Neurologen ent­geht, weil sie nicht auf die rechte Weise ihre Patienten betrach­ten, das können sie natürlich auch nicht angemessen behandeln (dafür bringt er dann leider auch einige sehr drastische Beispie­le. Mir taten die Leute hinterher außerordentlich leid).

Teil 1 mit der Überschrift „Ausfälle“ betrachtet eine Reihe von Personen, in denen höhere Hirnfunktionen, teils durch Unfälle, teils durch Krankheiten oder genetische Veranlagung, teils durch Alter, verlorengingen und auf bisweilen skurrile, monströ­se Weise verändert wurden.

Dr. P. in der Titelgeschichte verliert die Fähigkeit, seine Men­schen um sich herum als Menschen wahrzunehmen, ja, alles so wahrzunehmen, wie es eigentlich ist. Er betrachtet alles als ma­thematische Abstraktionen, was dazu führen kann, dass er selbst Alltagsgegenstände wie Handschuhe nicht mehr als das erkennt, was sie sind.

Jimmie G. hat einen Teil seines Gedächtnisses verloren. Das wäre nicht dramatisch, wenn dieser Teil nicht Jahrzehnte umfas­sen würde. Bis zum Jahre 1945 ist er absolut sattelfest. Aber sein Leben endet im Jahre 1945, wiewohl er in der Gegenwart lebt. Alles, was er nicht mit 1945 in Einklang bringen kann, ruft in ihm absolute Panikanfälle hervor.

Christina verliert die unbewusste Fähigkeit, ihren Körper wahr­zunehmen, und dieser Verlust kündigt sich in einem entsetzli­chen Traum vorher an. Von da an ist sie gezwungen, mühsam zu lernen, jeden Körperteil bewusst zu steuern und anzusehen. Tut sie es nicht, weicht jedes Gefühl daraus, und sie stürzt zu Bo­den. Man mag diese Geschichte kaum glauben, aber sie ist ab­solut wahr …

Teil 2 trägt den Titel „Überschüsse“, und was in Teil 1 nicht vor­handen war oder erkennbar fehlte, ist hier nun im Übermaß existent, etwa bei „Witty Ticky Ray“, einem Mann, der an einer extremen Form des Tourette-Syndroms leidet. Obgleich er unter einer Vielzahl bizarrer Tics und Marotten leidet, gelingt es ihm, diese Bewegungsanomalien in sein Leben einzubauen. Was pas­siert, als Oliver Sacks ihm L-DOPA verabreicht, muss man selbst lesen.

Wenn eine Frau von 88 Jahren auf einmal anfängt, mit jedem Mann zu flirten, unglaublich und permanent heiter und munter zu sein, ganz erstaunlich beschwingt, dann gibt es eigentlich kaum einen Grund, das beunruhigend zu finden – seltsam viel­leicht, ja. Aber beunruhigend? Nun, es handelt sich doch um eine neurologische Besonderheit, wie Oliver Sacks herausfindet, als er die zu diesem Zeitpunkt 90jährige Madeleine K. behan­delt. Sie fühlt sich permanent so, als habe sie Frühlingsgefühle, und in der Tat ist ihr – im Gegensatz zu ihrem Arzt – schnell klar, woran das liegt:

Du bist krank, meine Liebe, sagte ich mir. Du mußt einfach krank sein.“

Krank, sagen Sie? Gemütskrank? Geisteskrank?“

Nein, nicht gemütskrank – körperlich krank. Es war irgend et­was in meinem Körper, in meinem Kopf, das mich so be­schwingt machte. Und dann dachte ich: Verdammt, das ist Amors Pfeil.“

Amors Pfeil?“

Ja, Amors Pfeil: Syphilis …“

Den Rest der Geschichte sollte der geneigte Leser selbst lesen, es ist jedenfalls unglaublich. Und wer einen vorschnellen Schluss wagt, sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er sich mit fast hundertprozentiger Sicherheit täuscht.

Und wie steht es dann mit jenen Leuten wie William Thompson, die mehrere Leben zugleich leben, eigentlich alle, wenn man genau ist – weil sie völlig außerstande sind, die Person, die mit ihnen spricht, zu identifizieren und sie in ihrer Erinnerung nach Leuten suchen, die sie kennen und sie zwanghaft mit ihrem Ge­sprächspartner assoziieren (auf diese Weise „identifiziert“ Thompson Dr. Sacks nacheinander mit einem Kunden seines Feinkostgeschäfts, einem jüdischen Metzger, seinem Hausarzt, jemandem von der Tankstelle und engen Freunden … um da­nach wieder von vorne anzufangen)? Thompson ist ein soge­nannter Korsakow-Patient, benannt nach einem russischen Arzt, der diese Art von Persönlichkeitsstörung als erstes diagnosti­zierte.

Und schließlich gibt es noch jene Leute wie die eingangs zitierte arme Frau, die völlig vom chaotischen Wirbel zwanghaften Nachahmens gefangen wird, ohne die Fähigkeit zu bekommen, eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Sacks nennt solche Unglücklichen zutreffend „die Besessenen“.

Aber was geschieht dann in Teil 3, den er mit „Reisen“ über­schrieben hat? Etwas noch viel Seltsameres. Die ersten beiden Teile kann man ja noch halbwegs akzeptieren, selbst wenn die Verwirrung und Beklommenheit hier schon oft an die Grenzen des Erträglichen stößt (weswegen es sich empfiehlt, maximal zwei der Fallgeschichten am Tag zu lesen. Ich selbst hielt nicht mehr aus).

Als die Rentnerin Mrs. O’C. im Januar 1979 lebhaft von ihrer Kindheit in Irland träumte, dachte sie wirklich an nichts Böses. Sie konnte sogar lebhaft Musik hören, zu der sie damals getanzt hatte. Ein wunderbarer Traum. Er hörte nur nicht auf, als sie aufwachte. Sie konnte die Musik noch immer hören, immer und immer wieder, manchmal so intensiv, dass sie nichts um sich herum mehr verstehen konnte. Aber nur sie war imstande, die Musik zu hören.

Was war geschehen? Sie hatte im Schlaf einen mikroskopischen Schlaganfall gehabt, hervorgerufen durch ein Blutgerinnsel im Gehirn, und jenes Gerinnsel stimulierte nun jene Region ihres Gehirns, in dem sich musikalische Informationen der tiefen Ver­gangenheit befanden …

Ähnlich gelagert war der Fall der neunzehnjährigen Inderin Bha­gawhandi P., die mit 7 Jahren einst an einem Gehirntumor er­krankte, damals aber durch eine Operation halbwegs genesen konnte. Im Alter von 18 Jahren kehrte er zurück, diesmal bösar­tig und so ausgeprägt, daß er nicht mehr entfernt werden konn­te. Er führte zu Schwäche- und Taubheitsgefühlen in der linken Körperhälfte … und zu „anderen Beschwerden“, wie es hieß. Diese „anderen Beschwerden“ waren absonderlicher Natur. Denn die junge Patientin schien keineswegs unter Schmerzen zu leiden, sondern sie wirkte stets seltsam verträumt. Sie hatte „Vi­sionen“. Anfangs noch vage, aber das änderte sich:

Bald nahm diese vage Verträumtheit einen enger umrissenen, konkreteren und visionäreren Charakter an. Bhagawhandi hatte jetzt Visionen von Indien – sie sah Landschaften, Dörfer, Häuser und Gärten – , die sie sofort als Orte erkannte, wo sie als Kind gewesen war und die ihr viel bedeuteten.

Belasten diese Visionen Sie?‘, fragten wir sie. ‚Wir könnten Ih­nen andere Medikamente geben.‘

Nein‘, antwortete sie friedlich lächelnd, ‚ich mag diese Träume – sie führen mich in meine Heimat zurück …‘“

Und am Ende geschah das im wortwörtlichen Sinne.

Über die Fallgeschichten mit der „Hundenase“, dem „Mord“ und über die Träume der heiligen Hildegard von Bingen lasse ich mich hier nicht aus, aber es sei angedeutet, dass in diesen Kapi­teln dem Schicksal von Epileptikern eine intensive und durchaus positive Bedeutung beigelegt wird, die der Normalsterbliche kaum begreifen kann. Insbesondere ist die Rede von den eksta­tischen Glücksgefühlen, die einem solchen epileptischen Anfall unmittelbar vorausgehen.

Der letzte Abschnitt des Buches, „Die Welt der Einfältigen“, ist ein eindringliches Plädoyer für geistig behinderte Menschen, de­nen man im Alltag oft – und in der Nazizeit ganz offen – die Le­bensqualität und gelegentlich das Lebensrecht absprach. Oliver Sacks sieht hier tiefer als die meisten, und er entdeckt die son­derbare Lebensmelodie der Retardierten ebenso wie ihre manchmal fast monströs einseitigen Begabungen.

Ob es die Geschichten liebende Rebecca ist, die begnadete Theaterschauspielerin wird, ob es sich um den Parkinson-Ge­schädigten Martin A. handelt, der im Alter von 61 Jahren in ein Altenheim kommt und Trost im Gottesdienst und in der vollstän­digen Kenntnis von „über 2000 Opern“ findet, die er auswendig kennt (von einem ganzen Musiklexikon mit über 6000 Seiten, das er sich in seiner Kindheit vollständig „gemerkt“, sozusagen gedanklich fotografiert hatte, mal ganz zu schweigen!), oder ob es um die mathematischen Zwillinge und ihre unvorstellbare Zahlenwelt geht – in all diesen Geschichten kommt das Einzig­artige auf der einen Seite und das zugleich Beschränkte, Enge ihres Horizonts zum Vorschein.

In der Tat ist die Welt der Einfältigen nicht nur ein schaler Ab­glanz unserer Wahrnehmung, sondern auf ihre Weise ausgestat­tet mit einer ganz eigenen Faszination, die eine innere vollwerti­ge Welt darzustellen imstande ist. Sie erscheint uns nur deswe­gen oftmals so unvollkommen, weil wir nur die Defizite der Re­tardierten wahrzunehmen pflegen, weil sie nicht wie wir sind. Und weil wir uns gleichzeitig meist außerstande sehen, uns auf ihre Sicht der Dinge einzustellen, etwa die überschäumende, in­tensiv emotionale Seite ihres Lebens.

Auf diese Weise zeigt uns Oliver Sacks einmal mehr Facetten unserer Wirklichkeit, die wir aus eigenem Antrieb kaum jemals sehen oder auch nur wahrnehmen würden. Sein Wissen über diese Menschen ist beinahe enzyklopädisch zu nennen, seine Sprache (respektive die Übersetzung), die schon in „Awake­nings“ das Lesen zu einem Vergnügen machte, ist bilderreich, manchmal geradezu üppig, aber meines Erachtens nicht über­trieben. Dort, wo normale medizinische Fallgeschichten in ei­nem trockenen Fachjargon ersticken, bedient sich Sacks der Wortwahl der Lyrik, der Prosa und der Klassiker, um die Emotio­nen sichtbar zu machen, die ihn selbst umgetrieben haben, um Mitgefühl und Verständnis für seine Patienten zu wecken, die durchaus nicht ausschließlich bedauernswert sind. Manche die­ser Menschen finden beeindruckende Mittel und Wege, sich mit ihrer Krankheit zu arrangieren oder sie sogar als konstitutiven Teil ihres Lebens zu begreifen – sofern sie überhaupt verstehen können, dass ihnen etwas „fehlt“ oder sie von irgendetwas „zu viel“ besitzen.

Der Leser lernt bei der Lektüre eine Menge über die heimliche Magie des Alltags und die ungeheuerliche Macht von Genen, Schicksal und, leider, auch medizinischer Fehleinschätzungen. Die Psyche des Menschen ist tiefer und vielfältiger, als wir uns das oftmals ausmalen, und der schmale Grat zwischen Normali­tät und Abnormität ist noch viel schärfer und spitzer, als ich es mir beispielsweise jemals ausgemalt habe. Wir alle sind gleich­sam Seiltänzer des Schicksals, doch die wenigsten machen sich das jemals klar.

Dieses Buch kann uns zeigen, was geschieht, wenn uns das Glück verlässt. Und manche dieser Schicksale können jedem von uns passieren …

© 2005 by Uwe Lammers

Viele Worte? Fürwahr, aber ihr merkt, ich war mit dem Herzen dabei, diese Rezension damals zu schreiben … das Buch ist wirklich große Klasse und höchst empfehlenswert.

Nächste Woche wird es wirklich wieder ruhiger, ich verspreche es. Dann geht es um Lauren Rowes Finale im „Club“-Zyklus.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 Vgl. Oliver Sacks: „Awakenings – Zeit des Erwachens“, Reinbek bei Hamburg 1991.

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