Rezensions-Blog 405: Devoted 2: Verbotene Leidenschaft

Posted Mai 24th, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

es ist echt nicht einfach mit Romanen, die klar auf Geschwindig­keit geschrieben sind und die im Wesentlichen mit einem vor­hersehbaren Arsenal an Komplikationen operieren. Wenn sie darüber hinaus noch gewisse schematische Protagonisten ver­wenden, die durchaus der Klischeekiste entstiegen sein könnten UND schließlich auch noch die Handlung tunnelblickartig veren­gen, dann kann das alles kein sehr behagliches Resultat hervor­bringen.

Im Fall des vorliegenden Zyklus, von dem ich heute den zweiten Teil vorstelle, kommt leider all das zusammen und wird zudem noch von einem reichlich instinktlosen Verlagsmarketing unter­stützt, das ich z. T. durchaus als eine Form von Antiwerbung verstehen könnte … die Autorin konnte mir anschließend beina­he leid tun. Denn ihre Hauptperson Sophia Rose ist eigentlich eine sehr sympathische.

Vielleicht gebt ihr dem Buch darum eine Chance und lest mal weiter:

Devoted 2: Verbotene Leidenschaft

(OT: Where the Ivy Grows)

Von Susanna Quinn

Goldmann 48040

320 Seiten, TB

ISBN 978-3-442-48040-1

Aus dem Englischen von Andrea Brandl

Sophia Rose, angehende Schauspielschülerin an der Londoner Schauspielschule Ivy College, steckt in Schwierigkeiten, deren Dimensionen sie anfangs noch vollkommen unterschätzt – sie hat sich in ihren Lehrer, den charismatischen wie schwierigen Schauspieler Marc Blackwell verliebt. Zu ihrer Faszination erwi­dert Marc diese Liebe. Mehr noch – er ist verzaubert von Sophia, die sich darüber nicht genug wundern kann, kommt sie sich selbst doch eher durchschnittlich vor. Damit steht sie aber er­kennbar ziemlich allein da – Sophias wesentliches Problem, das in diesem Band immer deutlicher zum Vorschein kommt, be­steht in massiven Selbstzweifeln.

Zwar haben beide klar begriffen, dass es problematisch ist, eine erotische Lehrer-Schülerinnen-Beziehung zu führen, und in An­betracht von Marcs Ruf in der Presse, er sei ein Frauenheld und würde Liebschaften beginnen und wieder ablegen wie andere Leute gebrauchte Handtücher … dennoch können sie sich beide nicht gegen die Anziehung wehren. Zum Ende des ersten Ban­des entscheiden sich beide also dafür, das Wagnis einzugehen und die Beziehung nicht im Geheimen zu führen, sondern öf­fentlich zu machen. Leider ist die Presse in dieser Beziehung deutlich schneller.

Begreiflich, dass das zu Turbulenzen führt, und zwar auf ver­schiedenen Ebenen.

Sophia muss sich einmal mehr mit der glühenden Eifersucht ih­rer Mitschülerin Cecile Jefferson auseinandersetzen, die unver­froren mit der Presse Kontakt aufnimmt und Sophia als billiges Flittchen denunziert, das sich Marc aus rein karrieretechnischen und vielleicht sogar monetären Gründen an den Hals geworfen habe.

Dann macht Sophia die Bekanntschaft von Vertretern der Pres­se. Während Arabella Price vom Magazin „Gossip“ noch ver­gleichsweise moderat zu sein scheint, ist Giles Getty geradezu besessen davon, sie ans Tageslicht der Yellow Press zu zerren und ihren Ruf zu ruinieren. Erst mit Verspätung begreift Sophia, dass ein zentraler Grund dafür Gettys Hass auf Marc Blackwell ist, mit dem er eine gemeinsame Vergangenheit teilt. Aber wie weit Getty dafür gehen würde, ist beiden unklar – bis es fast zu spät ist.

Marc reagiert auf die Pressereaktionen, indem er nun versucht, seine junge Geliebte von der Außenwelt abzuschotten und so vor Schaden zu bewahren – das ist natürlich ebenfalls verkehrt, denn Sophia erdrückt diese rigide Abschottung schier, und sie setzt sich auf ihre Weise dagegen zur Wehr.

Die Situation beginnt zu eskalieren, als klar wird, dass Sophia ein Musical-Angebot offenkundig nur deswegen gemacht wird, weil sie mit Marc Blackwell zusammen ist und diese Verbindung mediale Aufmerksamkeit auf die Veranstaltung lenkt. Marc lehnt dieses Engagement umgehend ab, was zum heftigen Streit mit Sophia führt. Und sie nimmt hinter seinem Rücken das Engage­ment an und will ihre eigenen Schauspielerfahrungen sammeln.

Dummerweise ist der männliche Hauptdarsteller in dem Musical der charismatische Leo Falkirk. Und auch er beginnt nun ein Auge auf Sophia zu werfen …

Spätestens mit E. L. James sind kryptische Zweiworttitel bei ero­tischen Romanen bei Zyklen offensichtlich unvermeidbar gewor­den, so auch in dem vorliegenden Zyklus. Solche wohl vom Ver­lagsmarketing vorgegebenen Muster verzerren meist notwendig den Bezug des Titels zum Inhalt, und wenn man sich in diesem Fall Originaltitel und deutschen Titel anschaut, kann man wirk­lich nur den Kopf schütteln. Ganz zu schweigen davon, dass es doch auch intelligent gewesen wäre, statt Orchideen auf den Covern dieses Zyklus Efeu abzubilden – das hätte wenigstens von Sachverstand gezeugt. Aber so? Nein, derselbe Stumpfsinn wie bei „Shades of Grey“, „80 Days“ und Konsorten. Da hat sich wirklich jemand so überhaupt keine Mühe gegeben. Im Fall des vorliegenden Zyklus ist sogar die Farbwahl so fad und fins­ter, dass man als potenzieller Leser gründlich abgeschreckt wird. Durchaus bedauerlich – denn der Inhalt ist deutlich inter­essanter als die poppig-grellen „80 Days“, die sich durchweg durch ihre Oberflächlichkeit entwerten.

Ungeachtet dieser eher technischen Oberflächlichkeiten erweist sich der zweite Band der „Devoted“-Trilogie als ein interessan­tes, durchaus nettes Stück Lesestoff. Es liest sich mühelos in zwei Tagen, was primär der Kürze und der überlappenden Struk­tur der 109 Kapitel geschuldet ist, die diesen Roman untertei­len. Leider, und das stimmt bedenklich, ist der Roman deutlich kürzer als der erste (und der dritte wird dann noch einmal eine reduzierte Seitenzahl besitzen) – eigentlich das klare Indiz da­für, dass dem Stoff vor der Zeit die Puste ausgegangen ist.

Ich hoffe, das bewahrheitet sich nicht. In diesem Buch ist das al­lerdings schon ansatzweise zu spüren: Während ein wenig Licht in die doch dubiosen Reaktionen von Cecile gebracht wird, tre­ten neue Personen auf der Handlungsbühne auf, die freilich wie­der etwas stereotyp wirken, beispielsweise Davina Merrywea­ther, die das Musical „The Beauty and the Beast“ inszeniert. Ein klassischer „Drachen“, der primär auf Publicity schielt und So­phia nicht ausstehen kann.

Andere Personen – der Mitschüler Ryan vom College etwa, der im ersten Teil noch eine gewisse Rolle spielte – verschwinden ganz. Bis auf vier bis fünf Personen scheint das College generell völlig entvölkert zu sein, was doch einigermaßen unrealistisch ist. Statt also das Umfeld der Hauptpersonen zu stärken, wird hier primär auf Tunnelblick und Konfrontationskurs mit den Me­dien gesetzt. Daran mag viel Wahres sein, aber es wirkt ein bisschen gezwungen.

Nett sind dagegen die humanen Anwandlungen, die Sophia um­treiben und die immer wieder durchbrechen: Ihr unerschütterli­ches Mitgefühl mit anderen Menschen, hier etwa mit Marcs dro­gensüchtiger Schwester Annabelle, ihre Sehnsucht nach der Na­tur und der drängende Impuls, Gartenarbeit zu verrichten, wenn sie verwilderte Gärten sieht – oder Efeu „auf den richtigen Weg zu bringen“, wie sie es im Teil 1 tut, als sie in Marcs Gegenwart einen Baum vom Efeu befreit und diesen auf dem Boden aus­breitet … das ist einfach süß und trägt viel zur Sympathiebil­dung bei. Soph ist einfach ein Mensch, den man mögen muss. Und ganz so wie bei „Fifty Shades of Grey“ holt sie durch ihre Menschlichkeit und Mitgefühl den seelisch verfinsterten Marc Blackwell aus seinem emotionalen Kerker.

Dennoch … „Verbotene Leidenschaft“ ist doch ein etwas zu krasser Titel für das Buch. Wo der deutsche Titel zu absurd wirkt, ist der englische allerdings dann zu verspielt. Man sollte sich das Buch deshalb nicht des Titels wegen kaufen, sondern vielleicht eher, um die sympathische Sophia Rose kennen zu ler­nen, die es wirklich wert ist.

Ich bin daher wirklich mal gespannt, wie die Geschichte im drit­ten Band endet. Ach ja, und noch einen Hinweis zur Vorwar­nung: Lest nicht die letzte Seite vor der Zeit, das ist gefährlich. Und ihr wollt euch doch nicht den Lesespaß verderben, oder? Also hübsch geduldig sein und die Seiten in der richtigen Rei­henfolge lesen …!

© 2018 by Uwe Lammers

Ja, das klang nun wirklich nicht berauschend, zugegeben. Aber es gibt halt auch durchaus schwache Zyklen, die ich gelegent­lich bespreche … gewissermaßen für die Leserinnen und Leser, die einfach nur schlichte, flüchtige Unterhaltung suchen. Das ist hier schon der Fall, wenn man die Kritikpunkte oben ausblendet.

In der kommenden Woche werden wir SEHR viel gehaltvoller, das werdet ihr sehen. Denn da kümmern wir uns um eine äu­ßerst ungewöhnliche Neuinterpretation der Ilias des alten grie­chischen Dichters Homer. Nein, kein Scherz. Griechische Hel­den, der Trojanische Krieg, kleine grüne Männchen, Götter und Hightechwaffen … ihr werdet es erleben, und noch viel mehr.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

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