Rezensions-Blog 517: Das Portland-Projekt

Posted Juli 16th, 2025 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

eins vorab, vielleicht auch zwei Bemerkungen vorab, gewisser­maßen zur Einstimmung: Wirklich sehr selten habe ich einen Ro­man gelesen, der einen derartigen Understatement-Titel besaß und ziemlich in die Irre führte. Es war ungeachtet des dramati­schen Covers, auf dem man ein havarierendes U-Boot sehen kann, wirklich nicht zu erahnen, worum es in diesem Buch ge­hen würde und vor allen Dingen, was das für ein Nonstop-Page­turner sein würde. Da kann man schon mal einen Qualitätsha­ken setzen.

Zum zweiten ist der Roman zwar kürzer als sein Vorgänger, aber das merkt man wirklich nicht. Man ist einfach zu sehr da­mit beschäftigt, sich vor den nächsten Winkelzügen des infa­men und anfangs quasi unbesiegbar scheinenden Villains zu fürchten.

Juan Cabrillo, der Vorsitzende der Corporation, der schon über ein Dutzend Male weltbedrohliche Krisen undercover für die CIA weltweit entschärft hat, steht diesmal vor seiner größten Her­ausforderung.

Warum? Weil der Mann, mit dem er es zu tun hat, ihn in und auswendig kennt. Und weil das Schiff, das er befehligt, die Port­land, nahezu eine 1:1-Kopie der OREGON ist, also von Juan Ca­brillos Schiff. Und das führt dann schließlich dazu, dass man tat­sächlich fürchten muss, dies sei die „Final Option“ für Juan Ca­brillo, gewissermaßen das letzte Gefecht.

Und wie das alles im Detail aussieht, das lest ihr hier:

Das Portland-Projekt

(OT: Final Option)

Von Clive Cussler & Boyd Morrison

Blanvalet 0831

2020, 11.00 Euro

528 Seiten, TB

Übersetzt von Michael Kubiak

ISBN 978-3-7341-0831-0

Man schreibt den 30. Januar 1921, als vor der Küste Nordameri­kas nahe Cape Hatteras ein Fünfmastsegler namens Caroll A. Deering eine Begegnung mit dem deutschen Weltkriegs-U-Boot Bremen hat und die Besatzung Versuchskaninchen einer schrecklichen Waffe wird. Kein Besatzungsmitglied des Seglers kommt mit dem Leben davon – die Deering geht später als ei­nes der unheimlichen Geisterschiffe des 20. Jahrhunderts in die Geschichte ein.

In der Gegenwart hat das CIA-Frachtschiff Manticora bei einer Containerübergabe eine rätselhafte Begegnung mit einem her­untergekommenen und nachgerade beunruhigend vertraut er­scheinenden Frachtschiff – und wird kurz darauf gnadenlos von diesem Frachtschiff namens Portland versenkt. Dabei sind die Details der Beschreibung des Schiffes einigermaßen schockie­rend – ähneln sie doch auf bestürzende Weise der Darstellung der OREGON, also des Schiffes von Juan Cabrillo, dem Chef der Corporation, der seit 13 Romanen mit seinem Team den Verei­nigten Staaten in brisanten Krisenfällen freiberuflich aushilft.

Dann geht das Atom-U-Boot Kansas City verloren und ver­schwindet in den Tiefen des Meeres. Dass die Besatzung quasi den Verstand verlor, ist jenseits des Schiffsrumpfes ebenso we­nig bekannt wie der Grund dafür. Die amerikanische Regierung ist alarmiert, aber die Pannenserie reißt nicht ab. Die nächste Katastrophe ist schon im Anmarsch, nur Juan Cabrillo, den das alles letztlich ins Verderben reißen soll, hat noch von nichts eine Ahnung. Es braut sich ein Sturm der Verschwörung zusammen mit dem Ziel seines Untergangs.

Cabrillo, der seinen Leuten von der Corporation gerade in Südamerika Erholungsurlaub zugestanden hat, ahnt jedenfalls von diesem Doppelgängerschiff nichts. Und er hat erst recht keine Vorstellung davon, was ihn noch für mörderische Überra­schungen erwarten. Als ihn der CIA-Koordinator Langston Over­holt nun dringend darum bittet, in Rio de Janeiro drei in Kartelle eingeschleuste Undercover-Agenten zu retten, weil offensicht­lich ein Maulwurf in der CIA deren Enttarnung betreibt, ist er gleichwohl sofort an der Seite seines alten Mentors. Alles sieht nach einem zwar kniffligen Job aus, der gleichwohl Routine sein dürfte.

Dennoch geht die Extraktion beinahe schief – das hat unter an­derem damit zu tun, dass jene Schallwaffe, die schon 1921 Schiffsbesatzungen in den Wahnsinn trieb, zum Einsatz kommt. Diesmal trifft diese Waffe die OREGON-Crew, und ungeachtet ih­rer Profession sind die Kameraden Juan Cabrillos dagegen ver­störend hilflos.

Erst danach enthüllt der Gegner sein wahres Gesicht – es han­delt sich um einen früheren Kollegen Juan Cabrillos namens Za­chariah Tate, der eine Allianz von rachedurstigen Kriminellen zusammengebracht hat, die alle mit Cabrillo noch, freundlich gesprochen, ein Hühnchen zu rupfen haben. Dabei geht es allerdings nicht vordergründig um Cabrillos Tod, sondern stattdessen soll Juan Cabrillos Ruf vernichtet werden.

Indem das Kopie-Schiff Portland als OREGON kriminelle Taten vollbringt, wird das Vertrauen der CIA in die Corporation und Juan Cabrillo massiv unterminiert. Und Cabrillo wird zudem mit eigentlich unlösbaren, tödlichen Aufgaben gefordert, die ihm Tate stellt, die den ganzen Einfallsreichtum des Chefs der Cor­poration fordern.

Tate scheint ihm dabei stets mehrere Schritte voraus zu sein – und selbst als klar wird, was die Hauptgefahr darstellt, ist gegen die heimtückische Schallwaffe offenbar nichts gewachsen. Als es schließlich zum verheerenden Showdown OREGON vs. Port­land kommt, sieht es ganz so aus, als würde die letzte Stunde der OREGON geschlagen haben …

Wie stets zeichnen sich die Romane um die OREGON-Crew, die Boyd Morrison konzipiert, durch extrem rasantes Tempo, haar­sträubende Situationen, beeindruckende technische Gimmicks und raffinierte Täuschungsmanöver aus. Wenn also Associated Press auf dem Umschlag euphorisch schreibt „Boyd Morrison hat die Juan Cabrillo-Romane zu neuen Höhen geschrieben – und Das Portland-Projekt ist sein bislang bester!“, so ist die­sem Urteil definitiv zuzustimmen. Wenn man erst mal richtig in den Roman eingestiegen ist, so meine Leseerfahrung, dann kommt man eindeutig nicht mehr heraus.

Durchtriebene, raffinierte Villains, Furcht erregende, nahezu un­besiegbare Waffentechnologie, Verräter, Hinterhalte und quasi ausweglose Zwangssituationen machen die Geschichte zu ei­nem echten Pageturner, das ist nicht zu leugnen. Ich war – lei­der – schon wieder binnen von drei Tagen mit dem rasanten Le­severgnügen durch, und ich kann heute sagen, dass dies kein Buch der Sorte ist, die man nach zwei Kapiteln vor dem Ein­schlafen wieder aus der Hand legen kann. Mit 76 Kapiteln wird man regelrecht durch die Geschichte gepeitscht … und zu mei­ner Freude passte diesmal sogar das dramatische Titelbild.

Klare Leseempfehlung für die Freunde gut gemachter Span­nungsliteratur!

© 2025 by Uwe Lammers

Junge, Junge, sage ich euch … das war harter Lesetobak, aber von erlesener Güte. Im Vergleich dazu muss eigentlich jedes Nachfolgebuch dramatisch abrutschen, ganz besonders in mei­nem wechselhaften Rezensions-Blog. Reizvoll bleibt es dennoch … ihr werdet das in der nächsten Woche sehen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

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