Blogartikel 518: Captain Future und Mike Cole

Posted Juli 9th, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

es gibt schon eigenartige Momente im Leben eines Kreativ­schaffenden. Mir ist das jüngst wieder so ergangen, und darum ist heute mal der Zeitpunkt, wo ich darüber erzählen möchte. Dabei gebe ich euch gleich Einblick in zwei Denkwelten, die chronologisch viel miteinander gemeinsam haben, obgleich zwi­schen ihnen formal wenigstens ein Abstand von 40 oder 50 rea­len Jahren liegt.

Edmond Hamilton (1904-1977) verfasste in den 30er Jahren die Space Opera-Romane um den Weltraumhelden Captain Future. Augenscheinlich wurde dann seitens filmischer Verwertung ab­gewartet, bis er verstorben war, ehe ab 1978 eine japanische Adaption der Captain Future-Abenteuer das Licht der Welt er­blickte. Nüchtern betrachtet muss man dazu sagen, dass die Zeichentrickfilmserie, die dann sehr zeitnah in Deutschland ver­öffentlicht wurde, nicht nur massive Kürzungen aufweist (was man an manchen Vorspannblenden und erzählten Informationen erkennen kann, die sich in der filmischen Handlung selbst nicht finden). Sie wurde auch einfach nur noch gruselig getextet und übersetzt.

Da gehen „Sonnensysteme“ und „Galaxien“ munter durcheinan­der, Sternbildnamen werden willkürlich verwendet, Lichtjahre mutieren zu Zeitangaben, von Distanzangaben schweigen wir mal und von so abstrusen Erfindungen wie „Kosmomeilen“ … heutzutage muss man diese Adaption doch leider, halbwegs kri­tisch betrachtet, für schlecht befinden bzw. sogar als Desinfor­mation für Kinder einstufen. Schweigen wir von den haarsträu­benden Handlungsfehlern, der zum Teil wirklich gruseligen Zeichnungsweise, die durch unzählige verschiedene Zeichner hervorgerufen wurde.

So könnte man also theoretisch den Mantel des Schweigens über die Captain Future-Verfilmung legen. Dummerweise traf die Verfilmung mit mir anno 1979 auf einen äußerst beeinfluss­baren Kinderverstand. Im Alter von 13 Jahren hatte ich mich schon ziemlich intensiv im nachmaligen Oki Stanwer Mythos (OSM) eingerichtet, auch wenn er diesen Namen erst 1985 er­halten sollte. Und so ungenügend auch die Raumabenteuer des Captain Future waren, so sehr animierten sie doch meine Phan­tasie.

Vor einer Weile schaute ich mir die alten Folgen noch einmal an und wurde sehr hellhörig, als ich den Zyklus um das Geheimnis der sieben Weltraumsteine anschaute. Dieser Zyklus um den Verbrecher Vul Kuolon, den so genannten „Magier vom Mars“ (ein Begriff, der in der Fernsehserie nie begründet wird, sich aber wohl in den Originalromanen plausibler erklärt findet), han­delt von einer uralten Hinterlassenschaft eines angeblich vor 200.000 Jahren untergegangenen Volkes. In den sieben Welt­raumsteinen soll ein Geheimnis verschlüsselt sein, das den Weltraum erschüttern kann, und Vul Kuolon, Futures Erzfeind, versucht nun, die Steine in seinen Besitz zu bringen und ihr Ge­heimnis zum Schaden der Menschheit auszunutzen.

Ich greife mal vorweg und verrate, dass das letzten Endes (na­türlich) misslingt. Aber es gibt in diesem Zyklus eine Szene, wo man die sieben Weltraumsteine auf einem Samtkissen liegend sehen kann, kreisförmig angeordnet mit einem speziellen Stein in der Mitte.

Und dieses Bild kannte ich, weil ich es auf frappierende Weise vor sehr langer Zeit schriftstellerisch verwertet hatte.

Ich ging also in mein Bibliothekszimmer und nahm dort eine Mappe aus dem Schrank meines selbst geschriebenen Roman­archivs. Der 120 Seiten lange Roman (bislang nur analog exis­tent) trägt den Titel „Sternenjuwelen“ und ist Band 5 einer Ro­manserie, die ich 1985 um den Weltraumdetektiv Mike Cole ent­wickelte. Den Roman selbst hatte ich schon lange nicht mehr in den Fingern gehabt und die Handlung zu einem Gutteil verges­sen. Nun war ich aber neugierig geworden, ob meine Erinne­rung stimmte … und ja, das tat sie.

In der Tat gibt es da eine Szene um ein solches Samtkissen mit sieben Sternenjuwelen, die so angeordnet sind, wie es in der Captain Future-Episode der Fall war. Allerdings war der Kontext hier ein völlig anderer. Und damit er etwas transparenter wird, sollte ich etwas mehr von dieser Serie bzw. ihrem Hintergrund erzählen:

Die Mike Cole-Serie spielt im Jahre 2254. Die Menschheit hat sich über mehr als tausend Kolonialwelten ausgebreitet, und die Verwaltungszentren sind die Erde und der Planet Paumer IV (die Heimat von Mike Cole und eigentlich der zentrale Handlungs­ort). Nur wenige Jahre zuvor hat der so genannte Prokyon-Krieg gewütet, der binnen von ein paar Jahren entschärft werden konnte. Wesentlich wichtiger für die Serie ist der so genannte Genetische Krieg, der fünfzig Jahre zuvor tobte und bei dem ganze Planeten verwüstet und verseucht worden sind. Diese sind inzwischen zu so genannten „Sperrplaneten“ erklärt wor­den.

Die Verantwortlichen für den Genetischen Krieg sind zu einem erheblichen Teil noch auf der Flucht und werden als Genetische Krieger bezeichnet. Hier ergibt sich durchaus eine Parallele zu untergetauchten Nazis nach dem Zweiten Weltkrieg, was die Serie auch historisch durchaus interessant macht. Falls ich sie einmal weiterführen werde – es gibt insgesamt 25 Romane, aber die Handlungsfäden weisen noch wesentlich weiter in die Zukunft – , kann ich hier mein durch das Studium der Ge­schichtswissenschaften erworbene Wissen einarbeiten.

Im Jahre 2254 gibt es zudem eine terranische Kolonialwelt, die sich immer stärker von Terra emanzipiert, die Kolonie Linden. Die Lindianer, die zwischenzeitlich sehr stark aufgerüstet ha­ben, streben vollständige Autonomie an. Zu der Zeit, zu der der genannte Roman spielt, er fällt in jene Zeit, wo der Weltraumde­tektiv Mike Cole gerade ganz frisch seine Agentur angemeldet hatte und ist daher prinzipiell als „Remember-Band“ einzustu­fen, befinden sich das Reich und Linden in einer sehr ange­spannten Lage.

Dies ist der Augenblick, in dem ein Doppelagent mit dem Na­men Hekhor tätig wird und eine Reihe von Attentaten in Szene setzt, mit denen er die Lindianer und Terraner gegeneinander aufhetzen will. Die Lindianer aktivieren schon ihre Raumflotte, die militärisch der terranischen zu diesem Zeitpunkt überlegen ist, und es bleiben keine 24 Stunden mehr, um den Angriff auf Terra und Paumer IV abzuwenden.

Das ist dann der Moment, in dem Mike Cole überraschend in diese Geschichte hineingerät. Er denkt anfangs noch, dass der Mord an dem Diplomaten Gordon Sandhurst, der sich am Rand der Hochzeitsfeier des Magnaten Tenno Fucashi und seiner lindianischen Braut Terry Hynor ereignet, eine rein planetare Angelegenheit ist.

So kommt er unerwartet auf die Abschussliste des Doppelagen­ten Hekhor, und so muss er schließlich mit dem TS, dem Terra­nischen Sicherheitsdienst, und seinem knurrigen Chef Jean Don­net zusammenarbeiten. Einmal, um den Krieg zu verhindern, zum anderen aber auch, um selbst am Leben zu bleiben.

Auf diese Weise kam es, für mich aus einer Distanz von mehr als 37 Schreibjahren, doch einigermaßen überraschend, dass ich aus so einem kleinen Handlungsdetail einer eher mäßig ge­machten SF-Romanverfilmung einen strukturell veralteten und stilistisch in vielerlei Hinsicht reformbedürftigen, ansonsten aber packenden Detektivroman im SF-Milieu entwickelt habe.

Ich glaube, beizeiten muss ich mich wirklich mal dem Plan wid­men, die alten Romanskripte der Mike Cole-Serie abzuschreiben und sie mir von neuem ins Gedächtnis zurückzurufen. Der ein­zelne Fall des Romans „Sternenjuwelen“ zeigt mir jedenfalls, dass das durchaus lohnend sein dürfte.

Mit diesen Gedanken möchte ich für heute wieder schließen. Macht es gut und bis demnächst, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

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