Rezensions-Blog 362: Hardline – verfallen (3)

Posted Juli 27th, 2022 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

wer vor vier Wochen im Blogartikel 358 der Ansicht gewesen sein sollte, dass es mit den Verwicklungen um Erica Hathaway und Blake Landon nicht mehr schlimmer werden könnte, der sieht sich in dem vorliegenden dritten Teil des Romanzyklus „Hard“ eindeutig eines Besseren belehrt. Es geht definitiv noch schlimmer. Teil davon sind bislang dunkle und nicht angerührte Teile von Landons Hacker-Vergangenheit, Geschäftsrivalen von Erica und die sich daraus ergebenden emotionalen dramati­schen Turbulenzen.

Ja, der Roman ist kürzer als der Vorgänger, aber es ist – wie ich in der Rezi schrieb – ein so wildes Auf und Ab, dass man weder die Kürze des Textes richtig spürt noch zum gescheiten Durchat­men kommt. Die Autorin ist richtig gut darin, zunehmend ver­zwicktere biografische und wirtschaftliche Zwangssituationen zu erzeugen und so unter hohem Druck unbekannte Facetten, mehrheitlich bei Landon, zutage zu fördern, die die leidenschaft­liche Beziehung zu Erica Hathaway starken Belastungen aus­setzt.

Nun ist dieser Art von Lesestoff nicht jedermanns Sache, das ist mir klar. Aber ich tauche nun mal ganz gern in solche erotisch-emotionalen Wechselbäder ein und beschreibe sie dann auch dementsprechend in meinen Rezensionen (wartet nur, bis ihr meine Rezensionen zu Anna Todds „After“-Zyklus lest! DAS ist emotional harter Stoff, fand ich, dagegen ist das hier ein laues Lüftchen).

Trotzdem neugierig geworden? Dann schaut einfach mal weiter:

Hardline – verfallen

Teil 3 des Hard-Zyklus

(OT: Hardline)

Von Meredith Wild

Lyx (keine Verlagsnummer!), 2016

336 Seiten, TB

ISBN 978-3-7363-0128-3

Aus dem Amerikanischen von Freya Gehrke

Glück in der Liebe, Pech im Beruf? So könnte man den Anfang dieses Romans mit einer Abwandlung eines traditionellen Spru­ches charakterisieren, aber das würde nicht tief genug gehen. Es ist schon ein Stückchen weit komplexer.

Die Ausgangslage der Geschichte ist Monate nach dem Ab­schluss von Erica Hathaways Studium in Boston verwirrend ge­nug. Die 21jährige Absolventin der Wirtschaftswissenschaften hat zusammen mit ihren Freunden Sid und Alli ein Internet-Startup schon während des Studiums aufgebaut, und die Web­seite Clozpin läuft auch grundsätzlich gut. Mit Blake Landon hat sie nicht nur einen Investor gefunden, sondern auch den Mann ihres Lebens, der ihr Lust und Glück im Übermaß schenkt. Doch er ist ein angefeindeter Mann, der sich nicht nur aufgrund sei­ner Vergangenheit in der Hackergruppe M89 eine Menge Feinde gemacht hat, sondern auch im Geschäftsleben. Diese Leute trachten nun danach, über Erica auch ihn zu treffen.

Schlimmer noch: Am Ende des zweiten Romans stellt sich zu Eri­cas Schrecken heraus, dass die anstelle ihrer aus Berufsgrün­den ausgeschiedenen Freundin Alli ins Team von Clozpin einge­stiegene Risa Corvi sie schnöde beruflich ausspioniert und dann verraten hat, und zwar an Blakes Rivalen Maxwell Pope. Erica hat das anfangs alles nicht glauben wollen, aber dann waren die Beweise unleugbar, und sie zog die Konsequenzen und feuerte Risa. Mit der Konsequenz, dass sie unvermittelt eine neue Intim­feindin hinzugewann (dabei gibt es ja mit Blakes früherer Flam­me Sophia ja schon jemanden, auch sonst herrscht an Gegnern definitiv kein Mangel). Und als wenn das noch nicht genügte, beginnen nun Max und Risa ungeniert eine Konkurrenzseite na­mens PinDeelz aufbauen und munter damit beginnen, Erica die Anzeigenkunden wegzufangen.

Parallel dazu erweist es sich, dass ihr leiblicher Vater Daniel Fitzgerald, den Erica nach 21 Jahren endlich ausfindig gemacht hat, den festen Entschluss fasst, sie in sein Wahlkampfteam zu holen. Denn er kandidiert für den Gouverneursposten und hat – was kaum jemand weiß – erst jüngst seinen Stiefsohn eigenhän­dig erschossen und dies als Selbstmord kaschiert. Was das mit Erica zu tun hat? Nun, ohne dass sie seinen Namen jemals kannte, hat dieser Mann namens Mark MacLeod sie vor drei Jah­ren noch während des Studiums betrunken gemacht und dann brutal vergewaltigt und traumatisiert … und in jüngster Vergan­genheit nach ihrer entsetzlichen Neubegegnung im Haus der Fitzgeralds ungeniert durchblicken lassen, dies lustvoll wieder­holen zu wollen.

Nun ist er also tot, Erica kennt den Mörder, kann und will aber ihren leiblichen Vater, der sie von diesem Alptraum befreit hat, nicht der Polizei ausliefern. Obgleich die Behörden immer noch ermitteln, deckt sie dieses Verbrechen und fühlt sich elend da­bei.

Zwar konnte Erica den ärgsten Druck, den ihr Vater daraufhin auf sie ausübte, von sich ablenken und auch seinen Hass auf Blake Landon abschwächen. Aber es ist erkennbar, dass die Lage sowohl beruflich wie privat angespannt ist und eine Lö­sung kurzfristig eher nicht in Sicht zu sein scheint.

Im Laufe dieses Romans verdichten sich die Indizien, dass der inzwischen untergetauchte Hacker Trevor Cooper, scheinbar der neue Kopf der wieder erwachten Gruppe M89, mit Max und Risa zusammenarbeitet, um weiterhin den beruflichen Erfolg der bei­den Liebenden zu hintertreiben. Auch er hat – wenigstens nach vorliegenden Informationen – Grund zum Hass auf Blake und al­les, was mit ihm zusammenhängt, womit Erica automatisch ins Fadenkreuz geraten ist: In Blakes dunkler Hackervergangenheit hat Trevors Bruder Selbstmord begangen, und die Tat lastet Tre­vor Blake an. Die Sache ist aber nach wie vor undeutlich, eben­so wie etwa die Details der früheren jahrelangen Beziehung zwi­schen Blake und Sophia.

Als Blake seiner Geliebten einen wirklich romantischen Verlo­bungsantrag macht, scheint das alles in rosa Wolken zu ver­schwinden. Natürlich nimmt sie den Antrag an. Aber dann kommt diese gemeinsame Geschäftsreise nach San Francisco, wo sie auf einem Kongress Risa Corvi wieder sehen – und Blakes Eifersucht in einer Weise eskaliert, dass Erica völlig verstört ist. Sie beginnt sich anschließend nervös zu fragen, ob sie den Mann an ihrer Seite, den sie liebt, überhaupt wirklich kennt. Ist er unter der charmanten Oberfläche vielleicht doch ein zutiefst brutaler Mensch? Seine Herrschsucht, mit der er Ericas vollstän­dige Unterwerfung fordert, scheint das wenigstens nahe zu le­gen. Soll sie tatsächlich in die nun geplante Hochzeit einwilli­gen?

Dann passiert dieser grässliche Zwischenfall mit Maxwell Pope, der sie erneut völlig aus der Bahn wirft. Und kaum hat sie sich davon halbwegs berappelt, tritt auf einmal wieder Daniel Fitzge­rald an sie heran: Die Tatsache, dass sie seine uneheliche Toch­ter ist, sollte doch ihr gemeinsames Geheimnis bleiben, zumin­dest bis der Wahlkampf durchgestanden ist. Sie hat ihm das hoch und heilig versprochen. Aber nun sickern auf einmal Infor­mationen darüber an die Presse durch – und er macht ihr Druck, herauszufinden, wer das ist. Er hat ausgerechnet schon wieder Blake Landon im Verdacht … der Teufelskreis scheint sich zu wiederholen …

Der dritte Band des romantischen Romanzyklus um die Jungun­ternehmerin Erica Hathaway und Blake Landon ist wieder ein unentwegtes Auf und Ab von abenteuerlichen Kapriolen des Schicksals, diesmal allerdings nicht gar so dramatisch angerich­tet wie im zweiten Band. Zentral ist, weil der Antrag schon sehr früh im Roman kommt, natürlich die Geschichte um die enger werdende und sich anbahnende eheliche Verbindung der beiden Hauptpersonen.

Die Intrigen um PinDeelz und das Drama mit Maxwell Pope kon­trastieren dies, während sich das Personenkarussell etwas beru­higt. Erica lernt Blakes Familie besser kennen, auf der anderen Seite entdeckt sie dunklere Seiten an ihrem Geliebten, manche davon so heftig, dass ich beim Lesen dachte: Oje, jetzt läuft sie davon. Da gibt es schon ein paar ziemlich arge Szenen, die nicht nur den Blutdruck steigen lassen können. Eine Menge Le­serinnen könnten da durchaus vor Empörung (mit Recht) auf­schreien.

Ansonsten hält die Autorin sich ein paar Personen durchaus mit Potenzial in der Hinterhand und plant auf diese Weise recht ge­schickt den vierten und fünften Band des Zyklus. Man bekommt (ein kleines bisschen) mehr vom Berufsalltag von Erica und ih­rer Firma mit, und Blakes Kontrollfetischismus bekommt noch ei­nige Facetten mehr, die mich durchaus beunruhigen. Oftmals dachte ich bei der Lektüre: Mann, diese Eifersucht ist aber echt krankhaft und gehört behandelt. Allerdings schätze ich, dass das im vierten Band thematisch sehr zentral werden wird (nicht die Behandlung der Eifersucht, sondern die Gründe, warum er so wurde, wie er heute ist), denn da wird es um Sophia gehen, die Verflossene Blakes, die nicht von ihm lassen kann.

Wie angedeutet, es gibt auch hier noch manche Sache, die der dringenden Klärung bedarf – etwa warum Blake mit ihr immer noch in geschäftlicher Verbindung steht und sie finanziell stark unterstützt. Hier schlägt dann nämlich Ericas Eifersucht durch. So, wie Blake bei nahezu jedem Mann rot sieht, der seiner Ge­liebten schöne Augen macht, so ähnlich ist es bei Erica umge­kehrt hinsichtlich Frauen, die Blake zu nahe kommen. Da neh­men sich die beiden durchaus nichts, was mitunter zu anstren­genden Szenen führt. Oder zu schmerzhaften. Oder zu beidem.

Was ich allerdings ehrlich nicht realistisch dargestellt fand, war die Reaktion der beiden Geschäftsleute auf Risa Corvis Verrat. Ich meine: Wenn eine Angestellte der eigenen Firma nachweis­lich – und sie hatten die Informationen des Verrats überdeutlich in Risas Mailaccount – interne Daten von Clozpin klaut und dann mit einem erwiesenen Gegner Blake Landons eine Konkurrenz-Webseite aufbaut, die quasi ein Klon von Clozpin ist, dann sollte man doch annehmen, dass eine Plagiatsklage und Klage wegen Wirtschaftsspionage einige Aussicht auf Erfolg hat. Gerade in den klagewütigen USA schien mir dies wirklich sehr nahe zu lie­gen. Aber über diesen Pfad wird hier nicht mal nachgedacht.

Mir ist klar, dass das vermutlich der Handlungsplanung der Au­torin zuwiderläuft, die mit Risa wohl noch einiges vorhat … aber dass nicht einmal der Gedanke hier ventiliert wird, kam mir doch ziemlich unrealistisch vor. Man hätte das tun und dann aus strategischen Erwägungen davon absehen sollen. Das fände ich plausibel.

Ansonsten ist der Roman, von den heftigen Stellen einmal abge­sehen, die dann manchmal doch schlucken lassen, immer noch eine gut lesbare Lektüre, die den privaten und beruflichen Be­ziehungskosmos von Blake und Erica schön ausdehnt. Dass er diesmal deutlich kürzer als die Vorgängerbände ausfällt, was ich üblicherweise als Warnzeichen verstehe, dass der Autorin der Stoff ausgeht, kommt dem Leser gar nicht so recht zu Bewusst­sein, weil man spürt, dass es immer noch eine Menge ungeklär­te Fragen und damit Potenzial gibt. Bei früheren Romanzyklen, deren Romane immer kürzer wurden, war das eindeutig nicht der Fall.

Zur Lektüre ist auch dieser Band darum absolut empfohlen für jene Leser/innen, die solche Romane mögen und mit den Haupt­personen warm geworden sind.

© 2018 by Uwe Lammers

Ja, da braut sich so einiges zusammen. Demnächst mehr dazu. Im kommenden Band reisen wir zurück in die Zeit des Ersten Weltkriegs – zu einer wunderbaren historischen Analyse, die mich schwer begeistert hat.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

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