Wochen-Blog 65: Der OSM im Bild, Teil 3

Posted Juni 1st, 2014 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

tja, da sind doch tatsächlich schon wieder wie viele Wochen ins Land gestri­chen, seit ich mich das letzte Mal mit euch über die Illustrationen des Oki Stan­wer Mythos (OSM) unterhalten habe? Elf! Am 16. März 2014 verließ ich euch im Blogartikel 54, nachdem ich mich über die ersten Brieffreunde unterhalten hatte, die in der Frühzeit des OSM-Schreibens dazu beigetragen hatten, den Ge­schichten ein visuelles Antlitz zu verleihen – deutlich besser übrigens, wie ich finde, als ich das damals wie heute selbst konnte.

Aus rechtlichen Gründen kann ich euch das Bildmaterial selbst nicht zugänglich machen, das ist vielleicht einer ferneren Zukunft vorbehalten. Wenn ich denn dann mal die Erlaubnis der Beteiligten eingeholt habe… aber nahezu alle sind heutzutage aus meinem Dunstkreis entschwunden, so dass ich nicht einmal weiß, ob sie noch leben oder phantastisch tätig sind. Schade eigentlich.

Ich erwähnte im Blogartikel 54 die Brieffreunde Paul Abert und Bernd Held. Heute kümmern wir uns um weitere interessante Personen. Fangen wir gleich mal an:

Wir befinden uns im Jahr 1983. Mein kreativer Elan ist stramm damit beschäf­tigt, den stilistisch völlig ungenügenden OSM zu publizieren, namentlich die Epi­soden des KONFLIKTS 13 „Oki Stanwer Horror“ (OSH, 1982-1985). Ich erwähnte neulich schon, dass mein damaliger Brieffreund Götz Nennstiel die Episoden abzuschreiben begann, um sie in einer Mikroschrift-Edition, etwa im Din-A8-Format (kein Witz!) herauszugeben. Diese Bände, Doppelbände jeweils, brauch­ten natürlich Titelbilder.

So schrieb ich auch meinen österreichischen Brieffreund Hans Walter Hendler an, und er steuerte tatsächlich ein Cover bei, nämlich das für OSH 1, „TOTAMS Knochensaat“. Heutzutage würde man sagen, man erkennt daran, wie un­kritisch ich gewesen bin, wie sehr der Enthusiasmus meine ästhetische Rationa­lität verdrängte.

Hans´ Illustration zeigt einen fensterlosen Raum mit dunklen Vorhängen, der Boden ist offenbar mit Parkett ausgelegt, darauf ist ein Pentagramm gezeichnet, umringt von schwarzen, hohen Kerzen. Im Vordergrund sieht man von hinten einen Mann mit seltsam deformiert wirkendem Kopf (das lag an Hans´ Zeichen­künsten, der Mann in der Episode hat keine Deformationen), und in der oberen Bildmitte ist ein – ebenfalls eigentümlich zerknautschter – menschlicher Toten­schädel mit Strahlenglanz ringsum zu erkennen.

Die Szenerie ist für OSM-Eingeweihte offenkundig: es handelt sich um die „Be­schwörung“ der Dämonenwaffe GOLEM, eines glühenden Totenschädels. Son­derlich überzeugend ist diese Darstellung heute freilich nicht mehr.

Hans steuerte ein weiteres Bild bei, das mir im Original noch vorliegt. Auf der Rückseite hat er akribisch vermerkt: „Oki Stanwer Horror Nr. 3, 17. Jänner 1984“. Es handelt sich bei dieser Episode um das Werk „Der Horror-Garten“, und da es zu der Episode zwei Titelbilder gibt (die beide nicht verwendet wor­den sind, bekanntlich ist Götz Nennstiels Publikation der Serie nach dem ersten Doppelband schon eingestellt worden), sollte ich an dieser Stelle ein wenig über den Inhalt erzählen und dann die beiden Bildmotive genauer beschreiben.

Der Horror-Garten“ spielt im Hamburg des Jahres 2123. Oki Stanwer kommt hier einem gewissen „Mr. Mor“ auf die Spur, hinter dem sich nachher ein Dä­mon von TOTAM enttarnen lässt. Mor betreibt in seinem „Horror-Garten“ ein magisches Metamorphosegeschäft, wo er Menschen und Tiere in Ungeheuer transmutiert. Heutzutage mutet das etwas obskur an, weil „Magie“ im strengen Sinn im OSM nicht mehr existent ist. Aber ich erwähnte früher schon, dass ich 1982 und 1983 noch munter mit diesem Begriff hantierte – Ausfluss meiner da­maligen Horror-Heftromanlektüre.

In diesem „Horror-Garten“ geht also erst eine Katze verloren, anschließend macht sich ihr Besitzer, ein alter Seemann namens Mark Garsen, auf die Suche nach ihr. Mor fängt sie beide ein. Die Katze Cathy wird in eine erotische Katzen­frau verwandelt, Garsen in einen Werlöwen. Doch Garsen übersteht scheinbar den Verwandlungsschock nicht und stirbt. Später erwacht er während seines Begräbnisses zu neuem Leben und läuft Amok… und kehrt in den „Horror-Gar­ten“ zurück, um schließlich gegen Mor zu opponieren. Oki Stanwer und seine Freunde kommen ihm dabei in die Quere.

Hans Hendlers Bild zeigt nun, und das war mir deutlich zu ereignisarm, einige aufgespießte Skelette und Schädel in blütenreichem Ambiente vor einer Stein­mauer. Garten, ja, Horror auch, ja… aber wo war die Handlung geblieben? Ver­schwunden.

Nein, sagte ich mir, Hans, nein, das kann ich so nicht verwenden. Und so wan­derte es in die Ablagemappe. Ich sah mich nach einem alternativen Zeichner um, und Götz Nennstiel erbot sich, seine Zeichenkünste unter Beweis zu stel­len.

Seine Version sieht so aus: man sieht einen Blick auf einen Friedhof, im Hinter­grund eine hohe Mauer, davor schattig Grabsteine. Rechts erhebt sich ein recht verwahrloster, bröckeliger Turm, dahinter krallt sich ein schwarzes, kahles Geäst in den fahlen Himmel. Hinter den Grabsteinen reckt sich eine Monstergestalt, die den Werlöwen Mark Garsen darstellen soll. Links versucht eine Männerge­stalt in Schwarz, aus dem Bild zu flüchten. Garsen schleudert allerdings – das steht tatsächlich so in der alten Episode – einen seiner ausgerissenen Fangzäh­ne als Geschoss, mit der Wirkung, dass der arme Fliehende in den Hals getrof­fen wird.

Man sieht eine schwarze Blutfontäne, und sogar eine sehr plakative Sprechbla­se, in der das Opfer mit „Ahhh“ seinen dramatischen Todesschrei von sich gibt. Heutzutage klingt das natürlich nicht minder albern… dramatisch ist es, ja. Aber auch theatralisch völlig überzogen.

Ihr ahnt es – ich war nicht überzeugt.

Hans schien von einer weiteren Geschichte dieser Serie angetan zu sein, und er zeichnete ein Alternativcover zu dem Band 4 der Serie, „Das schleichende Grauen“, zu dem bereits Bernd Held ein Titelbild geschaffen hatte (ah, vielleicht war es zeitlich auch umgekehrt, ich bin mir jetzt nicht mehr ganz sicher). Über Bernds Version habe ich in der zweite Folge der Reihe „Der OSM im Bild“ ge­schrieben, also im Wochen-Blog 54. Das Bild von Hans, das er später – und im übrigen wohl falsch – im Bezug geändert hatte, sollte sich dann angeblich auf OSH 30: „Ghoul-Fische“ beziehen… das passte dann aber überhaupt nicht mehr. Die Skizze ist auf den 14. Feber 1984 datiert.

Was zeigt sie? Nun, da sie ursprünglich auf Band 4 Bezug nahm, in dem die quallengestaltige Dämonenwaffe Glusem ein Geschäftsgebäude im Innern von London auflöst, sieht man tatsächlich ein riesiges, quallenartiges Etwas, das im Bildhintergrund rechts ein Gebäude zu verdauen scheint und dann nach vorne auf einen Platz fließt. Es erinnert dabei ein wenig an eine Nacktschnecke. Links davon sieht man einen kahlen Fahnenmast und eine angedeutete Rasenfläche. Im Bildvordergrund flüchten drei Menschen, ganz rechts eine durchaus nicht unhübsche Lady.

Leider ermangelt das Bild nahezu jeglicher Perspektive, und mit dem Inhalt der Episode 30 der OSH-Serie hat sie wirklich nicht viel zu tun. Das Bild blieb darum auch nur eine eher flüchtige Skizze, die keine weitere Verwendung fand. Und damit endete dann Hans Hendlers grafisches Gastspiel für die Serie.

Was nicht endete, war die Zeichnerleidenschaft von Götz Nennstiel. Er entwarf nämlich eifrig schon ein Titelbild für OSH 8: „Der Todesfahrer“, dem er den pla­kativen „Untertitel“ gab: „Als Okis Doppelgänger mordete“. Wobei er dies falsch „Oki’s“ schrieb… aber ich bezweifle, dass das der zentrale Grund war, warum es gar nicht dazu kam, dass dieses Bild jemals der Öffentlichkeit bekannt wurde.

Was sieht man darauf? Nahezu vollständig finstere Nacht, links zwei futuristi­sche Straßenlaternen, die etwas bizarre Lichtkegel projizieren, auf einen Glei­ter, der von rechts nach links durchs Bild schießt. Und im Vordergrund wird ein argloser und wehrloser Passant kopfüber von dem Aufprall auf den Betrachter zugeschleudert.

Inhaltlich vollkommen passend, eindeutig. Indes, es half nichts… ich sagte schon, die Serie kam gar nicht bis an diesen Punkt, was die Publikation anging. Stilistisch war das sehr von Vorteil.

Schade war es freilich um ein weiteres Cover dieser Serie, das Götz auch schon in den vorgefertigten Rahmen einfügte. Zu dem Cover sollte ich vielleicht noch etwas mehr erzählen: Man sieht dort oben groß und zentriert den „Horror“-Schriftzug, links davon einen Totenschädel mit einem Auge, der sozusagen hin­ter dem „H“ hervorlugt. Unter dem Schriftzug steht „Oki Stanwer“, rechts davon in einem weißen Kasten die Bandnummer. Der Titelschriftzug wurde in Form ei­ner liegenden Schriftrolle am unteren Seitenende gebracht, wobei die Schrift­form des Titels munter variierte.

Man merkt letzteres besonders an dem letzten mir vorliegenden Titelbild dieser Serie: Götz´ Freund Peter Felsch, der sehr viel mehr von Perspektive und Anato­mie verstand, zeichnete ein Cover zu OSH 7: „Der glühende Schädel“, das von Götz auch gleich in einen Rahmen montiert wurde. Auch hier muss ich sagen, herrscht strikte Übereinstimmung zwischen Motiv und Inhalt der Episode.

Was sieht man hier? Nun, diese Episode spielte in Frankreich und war der zwei­te Teil eines auch räumlich geteilten Zweiteilers. Oki Stanwers Freunde, die so genannten „Stanwer-Agenten“ Richard Winer und Leonard Telkow, beide vom britischen Militär zur Unterstützung des Stanwer-Teams abgestellt, folgten hier in Frankreich dämonischen Spuren und liefen in einen Hinterhalt der Dämonen­waffe GOLEM, die ein ganzes Dorf unterwandert hatte. In den dramatischen Schlussszenen waren die beiden Agenten wie an Marterpfähle gefesselt, und GOLEM erschien in der Gestalt eines Skeletts mit brennendem Schädel.

Just dieses Motiv sieht man auf diesem Titelbild. Die beiden Agenten an den Pfählen stehen im Bildhintergrund, vorne rechts ist das Skelett sehr schön ge­zeichnet, mit dem Blick nach vorne links gerichtet und gereckter Knochenhand. Der Totenschädel starrt finster den Leser an, umlodert von Flammen… schön gezeichnet, muss ich selbst heute noch konstatieren. Dass über GOLEMS Hand dann eine Flamme lodert, in der eine Art von Teufelsgestalt auftaucht, ist wohl künstlerische Freiheit.

Damit möchte ich für heute auch schon wieder den Reigen der OSM-Künstler schließen. In der nächsten Folge geht es dann noch ein Stück weiter damit, da werde ich wohl mit der OSH-Serie soweit abschließen können. In der nächsten Woche kümmern wir uns – wieder einmal – um das Thema Tod im OSM. Worum im Detail? Lasst euch überraschen. In sieben Tagen an diesem Ort.

Bis dann, mit Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

PS: Und ehe ich das vergesse – morgen werden wir uns an dieser Stelle auch noch einmal sehen, außerplanmäßig sozusagen. Schaut doch einfach rein.

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