Rezensions-Blog 354: Hardwired – verführt (1)

Posted Juni 1st, 2022 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

erotische Romane und Internet-Start Ups … ein No-Go? Technik und sinnliche Frauen passen nicht zueinander, sondern man verbindet Ersteres im Zusammenhang mit Computertechnik doch eher mit nachlässig gekleideten, sozial unbeholfenen Nerd-Typen? Nun, wer so schematisch tickt, muss bei diesem Zyklus durchaus umdenken.

Mit Erica Hathaway erschafft die Autorin Meredith Wild eine jung-dynamische Unternehmerpersönlichkeit, deren Defizite auf ganz anderen Sektoren liegen, und zugleich eine Protagonistin, die wie ein unter schäumendem Meerwasser verborgenes Riff gefährliche, faszinierende Untiefen und Geheimnisse birgt. Der erste Anschein trügt offenbar sowohl bei ihr als auch bei der männlichen Bezugsperson, dem superreichen Blake Landon.

Ein Buch, das ich in gerade mal zwei Tagen regelrecht ver­schlang, lässt schon einiges erwarten … aber da es Teil 1 eines fünfteiligen Zyklus ist, solltet ihr, wenn ihr damit beginnt, unbe­dingt jede Menge offene Fragen gewärtigen. Ich finde aber, das ist das Leseabenteuer durchaus wert.

Was euch genau erwartet? Schaut euch mal an, was ich anno 2018 dazu geschrieben habe:

Hardwired – verführt

(OT: Hardwired)

Von Meredith Wild

Lyx (keine Verlagsnummer!), 2016

352 Seiten, TB

ISBN 978-3-7363-0124-5

Aus dem Amerikanischen von Freya Gehrke

Die 21 Jahre junge Erica Hathaway hat gerade ihren Abschluss an der Universität in Boston in der Tasche und große Pläne für die Zukunft. Sie ist davon überzeugt, dass ihr das Leben ja nicht immer die Loser-Karte zeigen kann, auch wenn ihr gesam­tes bisheriges Leben wenig glamourös verlaufen ist. Ein kurzer Blick zurück zeigt das deutlich.

Den leiblichen Vater hat sie nie kennen gelernt, da sich ihre Mutter Patricia von ihm trennte, als sie noch mit Erica schwan­ger war. Mit dem Stiefvater verbindet sie ein eher distanziertes Verhältnis, seit das einzige Bindeglied, eben die Mutter, zwölf Jahre zuvor an Krebs verstarb. Seither ist Ericas engste Verbin­dungsperson die beste Freundin ihrer Mutter Marie Martelly. Jah­re später geriet Ericas sexuelle Initiation zu einem alptraumhaf­ten Desaster, über das sie am liebsten den Mantel des Schwei­gens deckt. Verschiedene Erlebnisse mit verschiedenen Män­nern schlossen sich an, aber sie ist grundsätzlich nicht der Bin­dungstyp, sondern bemüht sich seither, auf eigenen Füßen zu stehen.

Das meint sie auch gut geschafft zu haben – bereits während des Studiums hat sie mit ihren Freunden Sid (vermutlich der Kurzname für Sidney, einem nerdigen Computerprogrammierer, der eher nachaktiv ist) und Alli, die für Marketing verantwortlich zeichnet, das Internet-Startup Clozpin aufgebaut. Es handelt sich dabei um ein modebasiertes Social Media-Tool, das sie nun karrierebewusst und zielstrebig zu einer eigenen Firma ausbau­en will. Dafür braucht sie natürlich jetzt, wo sie ihren Abschluss in der Tasche hat, Finanzierungskapital.

Sie fühlt sich tough und karriereorientiert. Außerdem hat sie ei­nen Termin bei der Firma Angelcom Venture Group, die vielleicht die erforderlichen zwei Millionen Dollar bereitstellen kann. Es wird auch höchste Zeit, denn Alli ist – notwendig, es muss ja nach der Uni irgendwie weitergehen – dabei, sich zu bewerben. Die beiden wollen zwar beste Freundinnen bleiben, aber viel­leicht wird tatsächlich eine ihrer Bewerbungen positiv beantwor­tet, dann ist sie möglicherweise in New York … und das liegt ja nicht gerade um die Ecke. Und familiären Rückhalt besitzt Erica bekanntlich nicht.

Auch aus anderem Grund drängt die Zeit. Das Studentenwohn­heim, in dem Erica, Alli und Sid leben, wird sie alsbald an die Luft setzen. Höchste Zeit zum Handeln, eindeutig. Eine neue Wohnung muss her, möglichst bezahlbar (rar in Boston), und später vielleicht noch Geschäftsräume. Also hat der Abschluss mit Angelcom höchste Priorität.

Maxwell Pope von Angelcom„Nennen Sie mich doch einfach Max“ – scheint an ihrem Projekt sehr interessiert. Der einzige in der Runde, der ihr indes eine sofortige Absage erteilt, ist der elektrisierende, junge und superreiche Blake Landon. Zu Ericas Verwirrung ist er aber auch derjenige, der sie emotional völlig aus der Balance bringt und sexuell unerträglich anzieht. Und, noch verwirrender, er ist es auch, der ihr eine Einladung für eine Unternehmerkonferenz in Las Vegas besorgt, wo sie ihr Startup vor erlesenem Publikum vorstellen kann. Hier treffen Erica und Alli nicht nur ihn wieder, sondern auch seinen nicht minder cha­rismatischen Bruder Heath, in den sich Alli prompt total ver­schießt.

Und obwohl Erica mit Blake in Vegas eine leidenschaftliche Lie­besnacht verbringt, entschließt sie sich dazu, dass „was in Ve­gas passiert, in Vegas bleibt“. Sie kehrt ihm den Rücken und strebt weiterhin den Deal mit Angelcom an.

Blake bleibt indes erstaunlich hartnäckig.

Auf einmal ist er überall.

Und er hat offensichtlich zum einen eine Lösung für ihre drän­genden Probleme (etwa, indem er ihr eine Maklerin empfiehlt, die rein zufällig seine Schwester Fiona ist), zum anderen scheint er aber alles daran zu setzen, ihren in Arbeit befindlichen Ver­trag mit Angelcom zu torpedieren. Dass das andere Gründe hat, als sie anfangs annimmt, kristallisiert sich erst mit Verzögerung heraus. Und dann findet Erica Landons Begründung einfach lä­cherlich … nun, sie weiß einfach noch nicht genug.

Landon Blake ist ohnehin eine rätselhafte Person. Laut dem In­ternet hat er eine sinistre Vergangenheit als Hacker der Hacker­gruppe M89. Und er macht keinen Hehl daraus, dass er Erica will. Genauer gesagt: er will, dass sie ihm gehört und nieman­dem sonst. Und dabei entwickelt er seltsame Attitüden, weil er ein absoluter Kontrollfreak ist. Wütend beginnt er etwa damit, alle Männer wegzubeißen, die ihm dabei im Weg stehen könn­ten: Max, Sid, sogar einen Verleger aus New York, der Erica recht ungeniert an die Wäsche will. Zugleich gibt es einige Din­ge, die Erica definitiv besser kann – kochen etwa. Zu niedlich ist die Szene, wie sie gemeinsam einkaufen und sie konstatieren muss: „Im Supermarkt war Blake völlig hilflos.“ Was habe ich gelacht! Da ist der Roman dann einfach süß.

Beunruhigend stellt Erica derweil fest, dass Blake in ihr stürmi­sche Emotionen weckt wie noch kein Mann zuvor. Aber sie will doch ihre Firma aufbauen, auf eigenen Füßen stehen … für so etwas wie die Liebe ist da jetzt wirklich kein Platz. Warum nur wird sie dann in Blakes Nähe immer wieder schwach?

Gleichzeitig versucht der Millionär, aus der Frau an seiner Seite schlau zu werden, die so viele Geheimnisse vor ihm hat. Und dann tauchen die Schatten der Vergangenheit auf und reißen alte Wunden in Erica Hathaway auf. Das geschieht leider ausge­rechnet in dem Moment, in dem sie gehofft hat, alles würde sich zum Guten wenden …

Der fünfteilige Hard-Zyklus von Meredith Wild war schon seit 2017 von mir neugierig beäugt worden, aber da ich die Autorin nicht kannte und jeder Band 12,99 Euro kostete, zögerte ich ge­raume Zeit, mich hieran zu versuchen. Als ich dann im Septem­ber 2018 alle fünf Bände antiquarisch beisammen hatte, be­gann das Lesen … und der erste von ihnen war binnen zwei Ta­gen ausgelesen.

Ihr wisst, was das bedeutet: hohes Lesetempo bedeutet ebenso hohe Lesbarkeit. Erica ist eine durchweg sympathische Person, und auch Landon Blake weiß zu gefallen. Ein wenig bedauerlich ist zwar, dass viele Personen fast durchweg nur mit Vornamen genannt werden, was eine gewisse Flüchtigkeit induziert, aber dies ist ja auch erst der Auftaktband der Serie, und es steht zu hoffen, dass sich das noch bessert.

Man sollte ein wenig internet-affin sein, wenn man das Buch liest, der Titel „Hardwired“ kommt nicht von ungefähr, da es eben recht viel um Nerdkram geht. Allerdings auf eine etwas wi­dersprüchliche Weise. Erica ist, wiewohl sie ein modebasiertes Social Media-Tool betreibt, selbst modisch eher „taub“ und stän­dig auf Ratschläge ihrer Freundin Alli (möglicherweise die Kurz­form von Allison) angewiesen. Sowohl ihre Internetfähigkeiten wie die des designierten vormaligen Hackers Landon Blake blei­ben doch recht unspezifisch an der Oberfläche … möglicherwei­se, um potenzielle Leser nicht zu verschrecken.

Schön fand ich die Pfade, die schon gelegt werden, um die zu­künftigen Ereignisse vorzubereiten. Landon Blake sorgt dafür, dass Erica jede Menge Turbulenzen im privaten wie im geschäft­lichen Umfeld anrichtet (na ja, im Grunde genommen ist er ur­sächlich dafür verantwortlich, und es ist noch nicht klar, inwie­weit diese Turbulenzen berechtigt sind). Zahlreiche Personen sind am Ende des Romans auf die beiden sehr schlecht zu spre­chen, und auch die beiden Pfade in Ericas Vergangenheit sind voller Fallstricke und Stolperfallen.

Gewiss, gerade in Bezug auf Ericas Vergangenheit kommt es doch zu seltsam vielen Zufällen, die ein wenig inszeniert wirken (etwa die Sache mit dem Foto aus der Vergangenheit ihrer Mut­ter, das wie das Kaninchen aus dem Hut gezaubert wird), auch zieht sich die Sache mit Angelcom so sehr, dass man sich fragt, ob daraus überhaupt noch etwas wird … aber ich schätze, diese Dinge werden sich in den Folgebänden aufhellen, besonders auch diese Angelegenheit mit dem Hackerangriff auf Ericas Site.

Ich bin jedenfalls neugierig darauf, zu erfahren, wie die Ge­schichte weitergeht und was da noch alles zutage treten wird. Aktuell sehen wir nur die Spitze des Eisberges (beider Eisberge, wenn wir Ericas und Blakes Leben als solche betrachten), und es wird spannend werden, hier in die Tiefe abzutauchen und die verborgenen Teile zu inspizieren. Demnächst in der Folge-Re­zension.

Dieses Buch ist jedenfalls durchweg ein empfehlenswerter und lesenswerter Anfang des Zyklus. Hoffen wir, dass das Niveau gehalten werden kann oder sich sogar noch steigert …

© 2018 by Uwe Lammers

Außerordentlich positives Fazit? Ja. Mal schauen, wie die weite­ren vier Bände bewertet wurden, die ich im Abstand von weni­gen Wochen ab jetzt hier vorstellen werde.

In der kommenden Woche kommen wir zu einer umwerfenden, wirklich spektakulären Entdeckung jüngster Vergangenheit im Tal der Könige, als dort nach anfänglicher Verblüffung das mit weitem Abstand größte Grabmal der Pharaonen gefunden wur­de: Das Totenhaus von Ramses‘ Söhnen. Das solltet ihr euch echt nicht entgehen lassen!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

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