Liebe Freunde des OSM,

ich habe das ja schon verschiedene Male erwähnt… der frühe OSM ist reich an Stilblüten und zutiefst abenteuerlichen Fehlern. Und während ich diese alten, zumeist handschriftlichen oder maschinenschriftlichen Episoden aus den 80er Jahren abschreibe und ihnen eine digitale Struktur verleihe, stoße ich immer wieder auf Passagen, die absurd, abenteuerlich oder amüsant sind, nicht selten alles auf einmal.

Gestern war es dann wieder mal soweit. Ich bearbeitete das Glossar des KON­FLIKTS 15 weiter, also der Serie „Oki Stanwer“ (1981-1984), als ich ganz unver­mittelt in Gelächter ausbrach. Der Grund war eine Stelle in einer Episode aus dem späten Jahr 1983, die ich schon bei meiner Abschrift und Digitalisierung im Jahr 2005 entdeckt hatte. Die Kommentierung selbst erheiterte mich dann nur noch mehr.

Manche Brieffreunde, die gelegentlich auf Briefrückseiten Fehlausdrucke sol­cher kommentierten Seiten zu sehen bekommen, pflegen regelmäßig etwas irri­tiert zu sein, wie harsch ich da mit mir selbst ins Gericht gehe. Aber ich stehe auf dem Standpunkt, dass es einfach nicht nützlich ist, vor den eigenen Unzu­länglichkeiten der schriftstellerischen Frühzeit die Augen zu verschließen, auch scheint mir eine „altersmilde“ Sicht der Dinge gänzlich unangebracht zu sein. Blödsinn ist eben Blödsinn, und selbst wenn ich zugebe, dass man entschuldi­gend etwa in diesem Fall sagen müsste, ich habe damals ja gerade mal 17 Lenze gezählt, so bleibt doch die Zumutung für den Leser erhalten, und das muss man klar aussprechen.

Hier und heute geht es aber nicht um Zumutungen, sondern um Amüsement. Denn was dem einen seine reuigen Fehler sind, taugt für die Allgemeinheit ja al­lemal zur Unterhaltung. Darum folgt mir in den KONFLIKT 15, eine finstere Zeit des OSM.

Der KONFLIKT 15 treibt seinem fulminanten Höhepunkt zu, der „Schlacht im Ne­belsektor“, wo Oki Stanwers zerstreute Streitmacht von disparaten Verbünde­ten die Entscheidung im Kampf gegen TOTAM und die Heere des Bösen sucht. Eines dieser Völker an Oki Stanwers Seite ist dabei das Volk der robotischen All-Hüter, die zu diesem Zeitpunkt – fünf Bände vor Beginn der Schlacht! – noch eine etwas unentschlossene Haltung einnehmen. Oki Stanwer stieß auf sie in ei­ner Staubwolke, der so genannten „Wolan-Ballung“, danach trennten sich ihre Wege. Doch nun sammeln die All-Hüter ihre Streitmacht, und folgendes pas­siert, ich zitiere aus Band 81: „Unbekannte Signale“.

Die Wolan-Ballung war verlassen. Das 900-Meter-Kampfschiff der All-Hüter, worauf sich ALL-HÜTER NULL befand, flog an der Spitze eines unvorstellbaren Raumerheeres.

Es war so unvorstellbar, dass es unsichtbar war.

So schien es.

Aber diese Ansicht war falsch.

Zeitfelder hielten die Schiffe verborgen. Es waren Tausende…

Tja, und da war ich dann damals bei der Abschrift und hier beim gestrigen Nachlesen schon haltlos am Kichern. Wer genau liest, weiß sofort, warum: Das Raumerheer, natürlich, das „so unvorstellbar ist, dass es unsichtbar ist“.

Mein Kommentar von 2005 fiel entsprechend trocken aus, ich zitiere aus der damaligen seriellen Fußnote 2864:

Also, das ist ja mal wirklich eine nette Stilblüte. Ein unvorstellbares Raum­schiffsheer, das DESWEGEN unvorstellbar ist, weil es unsichtbar ist? Ich glaube, mein Schwein pfeift! Das ist nicht mal höherer, sondern niederer Blödsinn…“

Damals hatte ich freilich etwas falsch gelesen und den verkehrten Schluss gezo­gen. Denn korrekt müsste es heißen, dass aus der Unvorstellbarkeit die Unsicht­barkeit resultiert. Gleichwohl – beide Formen der Deutung sind natürlich Non­sens, und damit hatte ich 2005 schon ganz Recht.

Es versteht sich von selbst, dass die Unsichtbarkeit vielmehr aufgrund der Zeit­felder zustande kam. Die Sache mit der „Unvorstellbarkeit“ sollte man still­schweigend dem Vergessen überantworten. Derartige Formulierungen müssen ohnehin für die Publikation dramatisch korrigiert werden, in dieser Version wer­det ihr das im E-Book oder später im Printformat nie zu sehen bekommen.

Wirklich, es gibt verrückte Dinge im frühen OSM, diese Episode ist leider reich daran, und ebenfalls reich an grässlichen Tatsachen und atemberaubenden Ha­ken der Handlungslogik. Ein weiterer Mosaikstein dieser Episode ist die Auslö­schung des Reiches der Clu’un’raa durch entropische Phänomene. Kurz davor tritt allerdings das BUCH TOTAMS als Zerstörungsinstanz in die Szenerie ein, muss dann freilich das Hasenpanier vor den Kräften der Entropie ergreifen. Dennoch steht in der Episode: „Und nun schlug es zu. Erbarmungslos.“

Eine Seite später ist dann die Entropie schneller, und das BUCH kommt gar nicht mehr zum Zuge. So atemlos sprunghaft, wie ich damals die Serie schrieb, kann man sie euch Lesern unmöglich zugänglich machen. Da muss sehr viel im Hand­lungsstrom geglättet, geändert, ergänzt und ausgebaut werden, damit da über­haupt irgendein gescheiter Sinn hineinkommt. Doch das dauert noch ein paar Jährchen.

In der Zwischenzeit werde ich euch immer wieder mal so ein paar kuriose Vignetten aus der OSM-Frühzeit zur Anschauung und Zerpflückung unterbrei­ten.

Für den Moment soll das für heute aber wieder hinreichen. Weitere Fehlerlese in der nahen und ferneren Zukunft wird es natürlich auch weiterhin geben. Mal sehen, was ich als nächstes ausbuddele… sicher ist indes, dass heute in einer Woche die Artikelserie „Der OSM im Bild“ fortgesetzt werden wird. Jeder Inter­essierte schaue darum einfach am kommenden Sonntag wieder vorbei. Ich freue mich darauf!

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

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