Blogartikel 228: Legendäre Schauplätze 4 – Dawson

Posted Juli 16th, 2017 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

als die ersten Kosmonauten der russischen Mission „Kosma Venaja“ im Jahre 2041 den glutheißen Planeten Venus des solaren Systems erreichte, konnte nie­mand erahnen, was sie entdecken würden. Noch weniger wurde für lange Zeit deutlich, warum diese Expedition überhaupt unternommen worden war – galt doch die Venus als absolut lebensfeindlicher Ort und für die Kolonisation noch denkbar ungeeigneter als etwa der frostkalte Mars mit seiner dünnen Atmosphä­re.

Und doch barg die Venus den Weg zu den Sternen: rätselhafte Aliens hatten hier eine unterirdische Station zurückgelassen mit einem schwarzen Kristallmono­lithen, den die Teilnehmer der nächsten Venus-Mission, der chinesischen MING-2-Expedition, das „Tor der Ewigen Seligkeit“ nannten. Nach und nach ver­schwanden alle Teilnehmer durch dieses rätselhafte Portal auf die andere Seite und kehrten nie wieder zurück.1

Jenseits dieses Portals lag eine geheimnisvolle Welt, und als ich im Jahre 1991 damit begann, an dem 19. KONFLIKT des Oki Stanwer Mythos zu arbeiten, be­gleitete ich terrestrische Auswanderer und Leute, die vor dem Gesetz auf der Flucht waren, auf die andere Seite.

Ich landete auf einem Planeten namens Dawson, und zu meiner nicht geringen Verblüffung waren weder ich noch die anderen Terraner die ersten hier. Und Dawson war auch nur einer von zahlreichen Namen dieser Welt, die auf den er­sten Blick so unscheinbar, ungezähmt und unkompliziert aussah.

In Wahrheit erwies sich Dawson in den kommenden 25 Jahren, in denen ich mit diesem Planeten zu tun hatte, als ein durch und durch todbringender Ort, an dem nahezu nichts so war, wie der erste Anschein Glauben machte.

Dawson, ein annähernd erdgroßer Planet, ist klimatisch etwa mit dem gemäßig­ten Norden der Erde zu vergleichen, eine Welt, überzogen von Tundren und Sumpfgebieten – was dann der Grund ist, warum einzelne Auswanderer wie der junge Ire Ian Perry ihn für sich auch „Swamp“ nennen. Das Tal des windungsreichen Blackriver – so ziemlich der einzige Bereich der Welt, der bislang erforscht ist – ist jener Ort, wo das Gegenportal des Venustransmitters steht, den die Hightech-Spezies der Baumeister geschaffen und dort zurückgelassen hat. Die ursprüngliche Vermutung der frühen Kolonisten, sie würden gewissermaßen in einer Hightech-Umwelt wieder erscheinen, war vollkommen abwegig. Sie landeten vielmehr in einer unerschlossenen Wildnis, die am ehesten mit Kanada, dem nichtpolaren Alaska, Skandinavien oder Russland nahe dem Ural vergleichbar wäre.

Elektronische Signale, Satelliten, Luftfahrt – völlige Fehlanzeige. Der Planet Dawson schien buchstäblich völlig untechnisch zu sein. Nichts und niemand weit und breit zu sehen, und wie weiland die frühen Kolonisten des amerikani­schen Mittelwestens waren die Besucher auf sich gestellt, mit nichts anderem als dem, was sie zum Überleben mitgebracht hatten.

Aber Dawson sträubte sich.

Der Planet bewies recht bald, dass er ein paar üble Tricks auf Lager hatte – so wurde der Kolonist Ian Perry etwa von einer scheinbar einheimischen Lebens­form vergiftet und fast umgebracht. Sein Glück war allerdings, dass er im Flusstal südwärts gewandert war und hier auf andere Lebewesen stieß, von de­nen sich eine verblüffend humanoide Frau namens Sinaa in ihn verliebte, ihn ge­sundpflegte und schwanger von ihm wurde.2

So entdeckte er, dass das humanoide Volk der Kleinis von der Zentralwelt auch diesen Planeten schon entdeckt hatte, aber auf eine… höchst merkwürdige Weise hierher gefunden hatte. Sie waren mitsamt ihrer Stadt Koloron irgendwie aus dem Nichts erschienen und unverzüglich in die Wildnis geflüchtet. Was genau in Koloron geschehen ist oder was es mit diesem Auftauchen auf sich hat, könnte ich an dieser Stelle zwar verraten, aber das wäre wirklich viel zu viel des Spoi­leralarms, also möchte ich das besser noch nicht tun.

Die Kleinis nannten diese Welt Shoneei, und interessanterweise gab es ein paar Jahrzehnte VOR der Ankunft von Koloron noch eine Gruppe von Kleinis, die auf dieser Welt strandete – angeführt von einem Revoluzzer namens Klivies Kleines, einem Helfer des Lichts, der per Raumschiff aus seinem Heimatimperi­um flüchtete.3

Er wurde direkt nach seiner Bruchlandung dummerweise Zeuge, dass ihn hier lebende Existenzformen bereits erwarteten… Gestaltwandler aus dem Volk der Berinnyer, die ihn als „Volksbefreier“ begrüßten. Das machte Kleines sofort klar, worum es sich bei diesen Berinnyern handelte: um Matrixfehler.

Denn es stimmte schon, er hatte einstmals eine mythische Person verkörpert, die man den „Volksbefreier“ nannte – das war allerdings im KONFLIKT 12 gewe­sen, der inzwischen rund 35 Milliarden Jahre zurücklag.4 Die Berinnyer glaub­ten, nach wie vor in diesem Universum zu leben, in dem der KONFLIKT 12 tobte. Kleines war klar, dass sie nichts anderes als Matrixfehler sein konnten.

Dawson bildete nicht nur die Heimstatt für Menschen und Kleinis sowie Berinnyer, sondern auch für interessante Mischwesen wie etwa die Tochter von Ian Perry und Sinaa, die durch einen berinnyischen Spaltling namens Shaslacanyoorid aufregende Fähigkeiten vermittelt bekommen hatte.5

Aber auch das war noch nicht die ganze Wahrheit.

Während im Laufe der folgenden Jahrzehnte bis etwa 2081 irdischer Zeitrech­nung auf Dawson im Blackriver-Tal eine mühsame kleine Menschenpopulation entstand, die sich in wenigen kulturellen Zentren wie insbesondere „First Valley“ ballte, mehrten sich die Anzeichen, dass der Planet, so unscheinbar er auch sein mochte, Brennpunkt kosmischer Auseinandersetzungen werden wür­de.6

Es begann damit, dass ein Trupp Flüchtlinge am 7. August 2064 von der Venus im Transmittergegenportal nahe First Valley auftauchte – angeführt von einem Mann namens Oki Stanwer, der auf der Erde aus dem Nichts aufgetaucht war und sofort von den Behörden verfolgt wurde. Er suchte Zuflucht auf Dawson und schuf in der Wildnis seinen eigenen Unterschlupf, das LAGER, das der Ge­genpol zu der Diktatur des Obmanns Alex Tschernowsky von First Valley wur­de.7

Es ging weiter, als offenbar wurde, dass hinter den rätselhaften Erscheinungen der so genannten „Veils“ und der „Ghaylies“ in den Wäldern Dawsons zwei weitere Alienvölker stecken mussten, von denen wenigstens eines auf dem Pla­neten beheimatet war… das andere schien eine Spezies von Dimensionswande­rern zu sein, die Dawson dann und wann einen Besuch abstatteten.

Besonders kompliziert wurde es, als eine höchst fragile Mensch-Berinnyer-Alli­anz das unterirdische Reich der Mörder ausfindig machte, in dem Klivies Klei­nes in einem Stasis-Gefängnis eingekerkert worden war. Zwar gelang Kleines´ Befreiung, aber das war erst der Beginn viel schrecklicherer Ereignisse. Denn kosmische Mächte wachten schon die gesamte Zeit über diese unscheinbare Welt, die rund 100 Lichtjahre von der Erde entfernt lag. Sie befand sich ebenso wie die Erde im so genannten „Innersten Quadranten“ der Milchstraße – zwar ebenso wie das solare System formell an der Peripherie der Galaxis gelegen, aber von unglaublichen Sicherheitssystemen abgeschirmt und angeblich uner­reichbar.

Nun, das war alles eine grässliche Täuschung.

Dawson war schon seit Jahrhunderten infiltriert von Mächten, die sehr viel machtvoller waren als alles, was die Baumeister und die Entropie-Ingenieure, die die spezialstrukturierte Galaxis Milchstraße als Kampfschauplatz dieses KONFLIKTS 19 formatiert hatten.

Mächte aus der Zukunft, die um den größten Teil der Historie und auch um viele der Dinge wussten, die noch kommen würden. Sie begannen damit, Schicksal zu spielen, mit den Bewohnern von Dawson, mit den Bewohnern der Erde, mit den Helfern des Lichts, den Berinnyern, den Kleinis und besonders mit Oki Stanwer. Die eine Seite wünschte die Instrumentalisierung, die andere schien eher be­schützend zu wirken. Was nicht bedeutete, dass sie tatsächlich beschützten. Und die Art und Weise ihres Schutzes war mitunter mörderisch.

Als ein ortungstechnischer Schutzwall um das unscheinbare Dawson fiel, wurde das, was die Mächte aus der Zukunft immer schon gespürt hatten, dass Dawson nämlich ein so genanntes „blindes Datenfenster“ war, eine unwägbare Variable im kosmischen Handlungsstrom, allgemein als Risiko erkannt.

Interventionskräfte wurden dorthin entsandt – sture, betonhäutige Soldaten, die Grauhäutigen. Dann ein Ritter vom Goldkristall, der fürchtete, dass sich Klivies Kleines mit dem schlimmsten Feind von allen verbündet haben könnte – mit TOTAM, der Macht des Bösen.

Und dann erschienen weitere Emissäre auf der Bühne des Schicksals – negative GRALSJÄGER, die bereit waren, ganze Städte in Schutt und Asche zu legen, nur um vermeintlich „Ordnung“ wiederherzustellen. Doch auch sie waren ledig­lich Marionetten an langen Schicksalsschnüren und Erfüllungsgehilfen monströ­ser Pläne.

Mächte kontrollierten diese unscheinbare Welt Dawson in einer Weise, die für die Kämpfer des Lichts, die im SCANNER-System, dem Steuerungsherzen der spezialstrukturierten Galaxis Milchstraße, agierten, einfach unbegreiflich blei­ben mussten. Eine unscheinbare Asiatin namens Ghani, die seit Jahren in Oki Stanwers LAGER wirkte und als „Hexe“ berüchtigt war, hätte ihnen soviel mehr erzählen können. Aber Ghani dachte nicht im Traum daran.

Offenbarungen, wusste sie, waren einfach nur geeignet, jedwedes Vertrauen auf Dawson zu zerstören. Schlimmer noch: Offenbarungen der Art, wie sie sie hätte machen müssen, hätten jedes Leben auf dieser Welt vernichtet, vielleicht sogar den KONFLIKT selbst entgleisen lassen.

So schaukelten sich also die Wellen des Chaos immer weiter hoch, und aktuell, nach einer Arbeitszeit von über 25 realen Jahren, stehe ich an dem Punkt, end­lich die konfusen Fäden des chaotischen Handlungsstromes zusammenzuführen und an jenem Punkt kulminieren zu lassen, wohin sie immer sollten: in einer strahlenden Metropole der Kleinis tief im Süden des Blackriver-Tales: in Kolo­ron.8

Gleichwohl gibt es noch sehr viel über Dawson zu berichten. In der näheren Zukunft werdet ihr mit der Story „Das Versteinerungs-Spiel“ eine weitere Vi­gnette von Dawson zu lesen bekommen, zweifellos dann auch noch ergänzende Stories.

Dawson ist ein Schauplatz von unglaublich komplexem Zuschnitt und bei aller Unscheinbarkeit wohl der zentralste Ort dieses KONFLIKTS, wenn man viel­leicht mal von der Erde und TOTAM sowie der NISCHE absieht. Und deshalb reihe ich Dawson mit vollem Recht unter die legendären Schauplätze des OSM ein, die mich über die Jahrzehnte wieder und immer wieder beschäftigen – selbst wenn es aktuell so aussieht, als würde dieser Planet nur in diesem Universum eine bedeutsame Rolle spielen. Da ihr ihn schon in einer Stippvisite kennen lernen konntet, kam es mir wichtig vor, euch hier einen kleinen, gruseligen Vorgeschmack darauf zu geben, was ich von Dawsons Zukunft und Vergangenheit alles schon entdeckt und beschrieben habe… beizeiten werdet ihr diese Details in aller schrecklicher Farbenpracht selbst erleben können. Da es hier aber nicht nur grässliche, sondern auch sehr amüsante Passagen gibt, dürfte das letztlich für euch ein echtes Erlebnis werden.

Soviel möchte ich für heute über den legendären Schauplatz Dawson erzählen. In der kommenden Woche wechseln wir dann brüsk das Universum, und ich be­richte über eine meiner jüngsten Wiederentdeckungen während meiner Abschrift des KONFLIKTS 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“.

Worum es da genau geht? Na, da lasst euch mal überraschen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. dazu beizeiten den KONFLIKT 19 des Oki Stanwer Mythos (OSM), „Oki Stanwer – Der Missionar“ (DM), Episode 1: „Das Tor der Ewigen Seligkeit“ (1991). Kursorisch werden diese historischen Informatio­nen in dem Roman „Ian und der Stein der Götter“ (E-Book Aus den Annalen der Ewigkeit 2, 2014) re­feriert.

2 Vgl. dazu „Ian und der Stein der Götter“, 2014.

3 Vgl. dazu beizeiten den KONFLIKT 19.

4 Vgl. dazu beizeiten den KONFLIKT 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ (BdC, 1987-1993; E-Book-Erscheinung ab 2017 geplant).

Vgl. dazu die Story „Der Platz der Steine“, 2015.

6 Vgl. dazu beizeiten das Romanfragment „Eine scharf geschliffene Waffe“.

7 Vgl. dazu beizeiten den KONFLIKT 19.

8 Dies wird beizeiten der Inhalt der Geschichte „Ein Alptraum namens Koloron“ sein, aktuell noch ein Frag­ment. Sie folgt unmittelbar dem Handlungsszenario des Romans „Eine scharf geschliffene Waffe“ und spielt bald nach Band 53 des KONFLIKTS 19, Eigentitel „Fluchtziel Koloron“, 2014.

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