Wochen-Blog 153: Serielle Crossover a la OSM

Posted Februar 7th, 2016 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

vor rund einem Monat habt ihr nun die erste wirklich intensive Begegnung mit einem Phänomen gehabt, das es – meiner Erkenntnis zufolge – so nur im Oki Stanwer Mythos zu erleben gibt: ihr habt Matrixfehler getroffen.

Nun könnt ihr natürlich sagen: Hey, die kennen wir doch aus den Blogartikeln schon zur Genüge… und außerdem war doch schon in Annalen 2: „Ian und der Stein der Götter“ davon die Rede. Da muss man nur an die Kleinifrau Sinaa denken, Ian Perrys süße Geliebte und Mutter der gemeinsamen Tochter Senyaa­li (von der ihr in diesem Jahr noch mehr erfahren werdet).

Wahr, nicke ich dann, das stimmt.

Dennoch ist das, was in Annalen 5: „Jaleenas zweites Leben“ passiert ist, damit nur bedingt zu vergleichen. Denn Sinaa entstammte dem Volk der Kleinis, von denen ihr sonst noch nicht sonderlich viel wisst.

Jaleena hingegen, die in einem verheerenden Gewitter im Blitzberge-Park auf der Zentralwelt der INSEL in KONFLIKT 4 „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ (IR) als „Mädchen aus dem Nichts“ materialisiert und ihr buchstäblich „zweites Le­ben“ beginnt, kommt aus einer Welt, die euch derzeit sehr vertraut ist.

Jaleena ist eine Yantihni.

Ihre Heimat ist das yantihnische Imperium.

Der KONFLIKT 2, in dem ihr euch gerade lesend einrichtet, wenn ihr der Serie „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ (TI) folgt.

Insofern, möchte ich also insistieren, hat diese Begegnung mit dem Matrixfeh­ler Jaleena eine fundamental andere Bedeutung und Bedeutungsschwere als dieses Zusammentreffen mit Sinaa und den anderen ihres Volkes auf dem Pla­neten Shoneei in KONFLIKT 19.

Da das so ist und weil dies kein Einzelfall bleiben wird, schien es mir nützlich, an dieser Stelle mal ein wenig darüber zu philosophieren, was solche „seriellen Crossover“ wohl für einen Stellenwert im OSM einnehmen. Und was das für in­teressante Effekte und auch Schwierigkeiten auslöst.

Das Matrixfehler-Problem, ich habe das schon verschiedentlich angedeutet, er­zeugt in meinem kreativen Gedankenkosmos schon seit sehr langer Zeit Konfu­sionen unterschiedlichster Art. Zum einen natürlich für mich selbst, dann aber auch für die Protagonisten, die damit konfrontiert werden, und schließlich für die Leser selbst, also für euch.

Über letzteres kann ich mangels Feedback wenig aussagen, aber zu den ersten beiden Formen der Konfusion ist einiges bereits bekannt, und nutzen wir ein­fach mal Jaleena, um sie exemplarisch zu beleuchten. Umfassend oder gar ab­schließend kann das natürlich nicht sein, das Thema ist dafür zu komplex, und es wird uns in zahllosen Abschattungen und Wandlungen noch über Jahre ver­folgen. Aber für den Anfang soll dieser Blogartikel hinreichen.

Jaleena fiel in mein Leben am 31. Juli 2005, als ich den Band 7 der Serie „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ schrieb, nämlich „Das Mädchen aus dem Nichts“. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt bereits, dass sie eine Yantihni ist, die gute Jalee­na, doch was hinter ihr lag, bekam ich erst etwas später heraus, als ich „Jaleenas zweites Leben“ schrieb. Und schon hatte ich das erste Problem. Wer den Roman gelesen hat, wird das sofort sehen:

Jaleena entstammt der Spätphase des KONFLIKTS 2. Das bedeutet, sie hat schon Dinge gesehen, die in der TI-Serie aktuell noch gar nicht als E-Book, teilweise noch nicht einmal geschrieben sind. Sie weiß, wie der Krieg im KONFLIKT 2 aus­geht… wenigstens in dem Part, der ihr selbst zugänglich gewesen ist. Es gibt freilich Handlungsströmungen, von denen sie keine Ahnung haben konnte (schauen wir hier beispielsweise auf die Shonta-Abenteuer der Linguistin Va­niyaa, von denen die TI-Leser eine teilweise Kenntnis besitzen, oder ich deute mal an, dass es da auch noch Cestai-Abenteuer geben wird, von denen sie na­türlich auch nichts wissen konnte). Insofern ist also die Gefahr, Spannung durch Vorkenntnisse zu reduzieren, begrenzt.

Was durch die Veröffentlichung von „Jaleenas zweites Leben“ ebenfalls – in Maßen – begrenzt wird, ist mein Handlungsspielraum für KONFLIKT 2.

Wieso in Maßen?, mögt ihr jetzt fragen. Wenn Jaleena weiß, wie der KONFLIKT 2 im yantihnischen Reich endete, oder wenn sie andere Yantihni-Matrixfehler im Blitzberge-Park befragt, dann ist das doch ganz offensichtlich die Wahrheit… oder nicht?

Na ja, sagen wir… jein.

Matrixfehler erzeugen nicht nur Probleme, sie haben auch selbst welche, mit­unter mit ihrer Erinnerung. Denn das, was ich in der OSM-Terminologie als „in­formelle Matrixfehler“ bezeichne, das kann auch bei den physischen Matrixfeh­lern vorkommen…

Ah, ich merke, ich mache den zweiten Schritt vor dem ersten. Also noch mal kurz zurück:

Es gibt physische Matrixfehler, etwa Jaleena und andere Yantihni im vorliegen­den Roman.

Und dann gibt es „informelle Matrixfehler“, das wäre beispielsweise eine defini­tiv falsche Erinnerung. So etwas kommt häufig in anderen KONFLIKTEN bei Hel­fern des Lichts vor, die sich an Dinge erinnern, die so nie passiert sind – und für sie sind diese Dinge ebenso Wahrheit wie die realen Fakten ihres alltäglichen Lebens. Kein Lügendetektortest könnte informelle Matrixfehler entlarven.

So kommt es also auch vor, um die Volte jetzt rückwärts zu schlagen, dass We­sen wie die arme Jaleena sich an Dinge entsinnen, die so nie passiert sind. Das ist auf den ersten Blick die Hintertür des Autors. Es gibt dafür OSM-kosmolo­gisch aber eine gute Begründung, die ich euch heute noch nicht liefern kann. Ich kann nur sagen: vertraut mir, eines Tages werdet ihr das verstehen, wenn die seltenen OSM-Kosmologie-Lektionen sehr viel weiter gediehen sind.

Wenn sich Jaleena also an grässliche Details der Vergangenheit erinnert, muss es nicht wirklich so sein, dass sie im KONFLIKT 2 auch tatsächlich Realität waren. Das gibt mir dann den Spielraum zurück, der durch den informatorischen Vor­sprung des Romans „Jaleenas zweites Leben“ entstanden ist.

Das zweite Problem, das ich mit Jaleena hatte, war der GRUND ihrer Existenz, und ich glaube, das treibt euch auch um: Warum gibt es Matrixfehler, und warum gerade diese? Warum sind sie hier und nicht irgendwo anders entstan­den und verankert? Aber auch diese Fragen rühren an die Grundfesten der OSM-Kosmologie und müssen heute unbeantwortet bleiben. Z. T. bin ich da selbst als Forschender und Suchender noch nicht sattelfest.

Damit sind wir dann aber schon in der zweiten Sphäre gelandet, nämlich bei den Problemen, die sich aus der Neuexistenz von Matrixfehlern für die Individu­en selbst ergeben. Da sie sich ja offensichtlich ihre Neuexistenz nicht erklären können, kommt die unweigerliche Stunde der Neuinterpreten. Wer den Roman gelesen hat, kennt die Deutung des Yantihni-Matrixfehlers Anshoor: Wir sind neu ins Leben zurückgerufen worden durch den Sonnengott Quin, der will, dass wir die Kleinis vor demselben Verhängnis warnen, dem unser Volk zum Opfer fiel.

Dies ist natürlich eine religiös-fanatische Sicht der Dinge, eine Art von Tun­nelblick. Ob sie überhaupt etwas mit der Realität zu tun hat, muss sich erst noch erweisen. Aber gar so metaphysisch ist der OSM dann doch nicht.

Die Sicht der Baumeister auf die Matrixfehler ist ebenfalls eine doktrinäre, die aber schon zu Zeiten der INSEL nicht mehr uneingeschränkt in Geltung ist (oder vielleicht noch nicht, das müsste noch genauer erforscht werden): Die Matrix­fehler sind Schöpfungen TOTAMS, sie dienen allein der Verwirrung der Diener der Sieben Lichtmächte, sind also gewissermaßen Blendwerk, Täuschung und Quell der Verstörung.

Die Reaktion der Baumeister-Hardliner auf dieses Problem ist demzufolge durchaus nachvollziehbar: Auslöschung der Matrixfehler, wo man sie finden kann. Dass das keine Probleme löst, findet in KONFLIKT 4 der Baumeister Naam relativ rasch heraus. Es erzeugt höchstens weitere Komplikationen.

Doch ganz gleich, ob Matrixfehler wie Jaleena kooperieren oder nicht – ihr Rät­sel löst sich dadurch nicht. Das kann auch nicht verblüffen, kennen sie doch ih­ren Ursprung selbst nicht.

Serielle Crossover, um nun zum Allgemeinen überzugehen und ein wenig aus dem weiten Feld des noch nicht veröffentlichten OSM zu plaudern, sind immer ein phantastisches Abenteuer mit ungewissem Ausgang. Da ich nicht exakt sa­gen kann, wie die Wesen denken und planen, die ursächlich für das Phänomen der Matrixfehler verantwortlich zeichnen, und da Matrixfehler, sobald sie ein­mal realisiert sind, sich üblicherweise einer Kontrolle entziehen, kann da schlechthin alles Denkbare vorkommen.

Interessant hingegen, und das deutete ich bestimmt schon mal gelegentlich an, ist das OSM-endemische Thema der Matrixfehler für jene Leser, die bestimmte Charaktere lieb gewonnen haben.

Warum dies?

Nun, in traditionellen Romanen oder Serien ist der Tod eines Protagonisten üb­licherweise der Endakkord der Handlungsschiene. Man hört von diesen Leuten dann allenfalls noch in Nachrufen und Beerdigungen. In phantastischen Roma­nen kann sich auch ein metaphysisches Nachleben in Form von Geistern, Unto­ten oder dergleichen anschließen, zumeist religiös gefärbt.

Der OSM springt über diesen engen Möglichkeitsschatten hinweg, und als wür­de ein Objekt von verschiedenen Lichtquellen beleuchtet, entstehen mehrere weitere Schatten oder Optionen des „Nachlebens“, durchaus auch mal in Form eines völlig realen, physischen Nachlebens, zehn Milliarden Jahre nach dem Tod – wie es eben dem Mädchen Jaleena ergeht. Manchmal kommen die geliebten Charaktere auch sehr viel später im OSM wieder zum Vorschein (ich darf andeu­ten, dass ich gerade im KONFLIKT 4 an einem weiteren Yantihni-Crossover ar­beite, das höchst bemerkenswert sein wird… ihr lest beizeiten davon).

Das Schöne für euch und mich gleichermaßen ist daran der Aspekt, dass man sich niemals vollendet sicher sein kann, ob jemand wirklich „dauerhaft tot“ ist. Man kann vielen Personen, durchaus auch ganz unscheinbaren, irgendwann wieder begegnen.

Bei mancher Kategorie von Personen ist das gewissermaßen eine „eingebaute“ Art von Unsterblichkeit oder… na, sagen wir, extremer Langlebigkeit: Bei Dämo­nen von TOTAM beispielsweise, den unverwüstlichen Dämonenwaffen oder auch Helfern des Lichts, von Oki Stanwer ganz zu schweigen.

Aber es kommen halt auch andere Leute in Frage. Jaleena ist da ein ebenso schönes Beispiel wie der traumatisierte Anshoor und viele andere Wesen, auf die ihr noch treffen werdet. Leute, die der festen Überzeugung waren, nach dem Tode in Quins Sonnengarten einzugehen, ins Paradies oder vielleicht auch in das schwarze Nichts jenseits der Todesschranke – wenn sie eben strikte Ma­terialisten waren oder Atheisten.

Weit gefehlt, meine Lieben, der OSM räumt mit diesen bequemen Vorstellun­gen ein für allemal gründlich auf und macht die Dinge unberechenbarer… und interessanter, wie ich hoffe.

Denn Protagonisten wie Jaleena und andere Yantihni auf der Zentralwelt in KONFLIKT 4 verwirren die klar gefasste Ordnung der Dinge, und die Ordnungsfa­natiker par excellence, die Baumeister, können sich damit so gar nicht anfreun­den. Und wie gesagt, ganz so wie Anshoor suchen sie Lösungen, Begründungen.

Ihr werdet weiter erleben, was sich daraus ergibt. Und glaubt nicht 1:1 Jaleenas und Anshoors Erinnerung, da ist viel Spielraum für alternative Ereignisstruktu­ren, die ihr beizeiten in den TI-Episoden lesen werdet.

Soviel zu diesen Dingen für heute. In der kommenden Woche geht es wieder zurück in meine kreative Biografie mit einem neuen Eintrag der Blogartikelreihe „Was ist eigentlich der OSM?“ Die solltet ihr nicht versäumen.

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

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