Liebe Freunde des OSM,

wie vor so vielen Wochen versprochen, kümmere ich mich heute um das Jahr 2000, bezogen auf die Werke, die unter dem Label „Aus den Annalen der Ewig­keit“ realisiert werden konnten. Das wird eine ernüchternde Angelegenheit. Ich habe schon vor Monaten, als ich in der Subreihe „Was ist eigentlich der OSM?“ des Blogs dasselbe Jahr generalisierend untersuchte, erzählt, dass das Jahr 2000 wirklich nicht sehr rege war.

Wir erinnern uns: Im Jahr 2000 steckte ich noch mitten in den Schlusswehen meines Geschichtsstudiums und investierte darin eine Menge Zeit und Energie. Zum anderen war ich nach wie vor Chefredakteur des Fanzines „Baden-Würt­temberg Aktuell“ (BWA) im Science Fiction-Club Baden-Württemberg, und auch das kostete jede Menge Energie und Power. Es musste vieles organisiert werden, beispielsweise Themenausgaben unseres Fanzines, und ich war dabei, einen Ro­man des Oki Stanwer Mythos (OSM), in Etappen in BWA zu publizieren.

Es handelte sich dabei um den zweiten Roman der Edward-Norden-Saga, „Der Herrscher von Arc“, dessen vollständige Überarbeitung ich am 16. Januar 2000 abschloss. Dieser Roman erschien sodann in zehn Teilen zwischen Februar 1999 und Februar 2000.1

Dann herrschte gähnende Leere für den Rest des ersten Halbjahres 2000 – weil mich der gigantische Archipel-Roman „Christinas Schicksal“ so vollständig absorbierte. Er wurde am 19. Juli fertig und umfasste unfassliche 1.134 andert­halbzeilige Druckseiten.

Ihr versteht vermutlich, dass ich danach kreativ so platt war, dass ich auf keinen grünen Zweig mehr kam… jedenfalls nicht mehr in diesem Jahr. Und schon gar nicht im Oki Stanwer Mythos. Denn im gleichen Monat und kurz vor der Fertig­stellung dieses riesigen Romans huschte mir ein zerlumptes, unbekanntes Mäd­chen in einem Urwald über die Füße und verleitete mich, ihm zu folgen… ein ge­heimnisvolles Kind namens Rhonda, das mich in das nächste turbulente Archi­pel-Abenteuer hineinriss, für das ich wirklich nicht bereit war.

Es handelte sich dabei um den Roman „Rhondas Weg“, von dessen Ausmaß ich beim besten Willen keine Vorstellung entwickeln konnte. Es war doch nur ein kleines Mädchen, nicht wahr? Was konnte da schon viel passieren…?

Tja, heute bin ich natürlich schlauer, aber vor sechzehn Jahren war ich völlig blauäugig.

Das Jahr 2000 war also für den OSM gelaufen, und auch für die „Annalen“. Wie also entwickelten sich die Dinge im darauf folgenden Jahr 2001 weiter?

Zunächst rutschte ich fast automatisch in den nächsten Archipel-Roman hinein, nämlich in „Abenteuer im Archipel“. Dabei handelte es sich grundsätzlich um die direkte Fortsetzung von „Christinas Schicksal“, und mir schwante schon von Anfang an: Das wird wieder ein ziemlicher Klotz… Christina, meine golde­ne Prinzessin, ist eben nicht wirklich ein einfaches Wesen. Und zwei Archipel­werke parallel zu entwickeln, klang nach einer echten Schnapsidee (und das von einem Antialkoholiker! Man höre und staune!).

Ich konnte dennoch nichts dagegen tun. Romane, die geschrieben werden WOL­LEN, die WERDEN eben auch geschrieben, Vernunft hin oder her. Und die Konsequenz bestand dann darin, dass etwas krass an die Wand gedrückt wurde. Dreimal dürft ihr raten, was das wohl war.

Der Oki Stanwer Mythos, richtig.

Da ich außerdem a) in diesem Jahr massiv meine Magisterarbeit in Angriff nahm und viele Tage des Jahres mit Archivrecherchen füllte und b) Geschmack daran zu finden begann, kurze Archipel-Stories zu verfassen, schrumpfte das für den OSM verfügbare Zeitkontingent noch weiter in sich zusammen. So ähnlich, als hätte ich mich zu lange im kalt werdenden Badewasser aufgehalten.

Unschön, um es behutsam zu formulieren.

Eine Schreibmaschinenreparatur versetzte meinem Schreibdrang im Juli 2001 einen weiteren Dämpfer. Ich bekam sie rasch wieder zurück, rasch genug jeden­falls, um mit „Der Feuersucher“ am Ende des Monats den zweiten Roman um den begabten Xin Shorex’uss fertigstellen zu können.2 In dieser Geschichte geht der Handlungsstrang des Romans „Der Feuerspürer“ weiter. Der sehr rasch heranwachsende und seinen Altersgenossen deutlich überlegene Shorex versucht zu ergründen, wie er Informationen erhalten kann, um seine sehr rege ausgeprägten, bohrenden Fragen zu beantworten. Dabei stößt er auf die unschöne Erkenntnis, dass sein Zentralkollektiv ebenso wie die erwachsenen Xin vor ihm Geheimnisse haben und Halbwahrheiten verbreiten.

Aber so etwas schreckt einen Shorex natürlich nicht ab…

Bei der Fertigstellung dieses Romans handelte es sich allerdings nur um so eine Art von mattem Aufflackern. Die meiste Schreibzeit des Jahres investierte ich auch weiterhin in die närrischen, süßen, unglaublichen Abenteuer der kleinen Rhonda in der Archipel-Metropole Asmaar-Len. Ich lernte den Makler Panjit al Choor kennen, seine Haushälterin Carina, die ganze Mädchenschar in seinem Garten, mit der sich Rhonda flugs anfreundete, und es gab ganz unwahrscheinli­che Konfusionen, vergnügliche Missverständnisse und soviel zu lernen… ich war gründlich abgelenkt.

Erst, als ich am 1. Oktober 2001 den Roman „Rhondas Weg“ dann vollenden konnte – mit ganz unglaublichen 1.876 anderthalbzeiligen Schreibmaschinensei­ten! – , erst da lockerte sich der stramme Klammergriff des Archipels und ließ mir wieder Luft zum Durchatmen.

Allerdings gestehe ich, dass ich völlig groggy war.

Zwischendrin wurde die Weltgeschichte durch den Terroranschlag vom 11. Sep­tember 2001 gründlich durchgeschüttelt, und wir wissen alle, dass sie sich bis heute davon nicht erholt hat. Randphänomene wie Osama bin Laden oder Al-Qaida rückten jählings ins Zentrum der Wahrnehmung und schufen ein Klima der Verstörung und Furcht weltweit, und eine grimmige Gegenwoge von Zorn und erbitterter Feindschaft. Glaube niemand, das ging an mir spurlos vorbei, ganz im Gegenteil.

Doch für den Oki Stanwer Mythos vermochte ich diese Emotionen kurzfristig nicht nutzbar zu machen, wie es eigentlich ein guter Literat vermögen sollte. Ich stürzte mich stattdessen in ein völlig anderes Abenteuer, das die Leser meiner E-Books schon kennen – in die Novelle „Hüter des Shanna Djannir“, die pünkt­lich noch zum 30. Dezember 2001 fertig gestellt werden konnte…3 die Geschich­te des „Hauses ohne Anfang und Ende“ des Landoktopodenmädchens Shinyi aus dem Volk der Thusii, die nach anfänglicher und sehr begreiflicher Furcht zur neuen Hüterin des Shanna Djannir geformt und ernannt wird.

Aber damit war dann auch schon die Luft raus aus dem Oki Stanwer Mythos für das Jahr 2001. Ich sagte ja eingangs – glorreich war das nicht, weil der Archipel soviel Zeit und Energie gebunden hat.

Wie ging das alles im Jahr 2002 weiter? Nun, davon erzähle ich euch beim nächsten Mal.

In der nächsten Woche gibt es aus aktuellem Anlass mal eine überraschende Meldung aus der Gegenwart. Ich glaube, das solltet ihr nicht verpassen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Die entsprechenden Ausgaben des Fanzines BWA waren die Nummern 185-197. Wer irri­tiert ist: BWA 190 war eine Katzen-Sonderausgabe, da fehlte der Fortsetzungsroman, Nr. 192 war eine Christel-Scheja-Sonderausgabe, auch dort fehlte der entsprechende Teil, und die Nr. 196 war eine Sonderausgabe „Phantastische Bibliotheken“, da war es ebenso.

2 Ihr findet dieses Werk bei Interesse auf der Website des Science Fiction-Clubs Baden-Württemberg (SFCBW) unter der Adresse: www.sfcbw-online.de. Es handelt sich dabei al­lerdings nur um die vorläufige Version. Sobald sie für das E-Book-Format beizeiten aufbe­reitet wird, muss sie noch gründlich ausgearbeitet werden.

3 Diese Story ist Teil meiner zweiten E-Book-Storysammlung „Ein Passagier der R.M.S. TITANIC und andere phantastische Geschichten“, erschienen im Januar 2015.

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