Wochen-Blog 279: Logbuch des Autors 25 – Ordnerrausch

Posted Juli 7th, 2018 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

vor elf Wochen erzählte ich in dem letzten Beitrag dieser Rubrik etwas von mei­nem „Bücherrausch“. Heute möchte ich gewissermaßen noch einen drauf set­zen und von meinem nächsten heimischen „Exzess“ ordnungsstruktureller Art berichten. Auch das ist nicht selbstverständlich und für manchen von euch ver­mutlich fern wie der Mond.

Wenn ich über meine Bücherberge schrieb, konnte ich noch gewiss sein, dass viele meiner Leser dies anhand eigener Büchersammlungen gut nachvollziehen konnten. Aber ein wenig möchte ich anzweifeln, dass ihr ein analoges Ordner­problem habt, wie sich das bei mir seit Jahren in immer stärkerer Weise ab­zeichnet. Glücklicherweise gibt es dafür Lösungen.

Meine Lösung hieß… Aldi.

Ohne Witz, Freunde, Aldi. Genau der bundesweit vertretene, in eine Nord- und Süd-Fraktion aufgeteilte Lebensmittel-Discounter, der nicht nur Nahrungsmittel im Angebot hat. Neulich fand ich dort – neben Ordnern, bei denen ich traditio­nell gern zugreife – etwas eher Ungewohntes: Archivkartons. Und dies zu einem durchaus akzeptablen Preis. Das brachte mich sehr schnell zum Nachdenken und, eingedenk der Tatsache, dass solche Angebote schnell wieder verschwun­den sind, zum Zugreifen.

Warum genau tat ich das?

Nun, um das nachzuvollziehen, sollte ich ein wenig über meine heimischen Ord­nerbestände erzählen. Im Grunde genommen gibt es vier große Abschnitte in meinem Ordnerbestand, die hier mal kurz summiert werden sollen:

A) OSM-Ordner

B) Archipel-Ordner

C) Briefordner

D) Sonstige Ordner

Im Laufe von insgesamt annähernd 40 Jahren (der älteste stammt aus dem Jahr 1979) haben sich hier sehr viele Ordner akkumuliert, und es ist traditionell so, dass es ein stetig wachsender Bestand ist. Im Gegensatz zu meiner Bibliothek, wo verschiedentlich Bücher aussortiert und weggegeben oder verschenkt wer­den (im Laufe der letzten zehn Jahre über tausend Bücher), ist dies ein Bereich meines Lebens, der konsequent wächst.

Jedes Jahr kommen traditionell Storyordner hinzu, es wachsen meine Brieford­nerberge und neuerdings – seit 2013 – natürlich auch Ordner für E-Books und die Blogartikel. Während die OSM- und Archipel-Ordnerfraktion eher sehr mo­derat wächst, sieht das bei den Briefen völlig anders aus. In frühen Jahren, wo meine Briefe noch kurz und knackig waren und Mails keine Rolle spielten, war zum einen die Anzahl an Briefkontakten überschaubar, zum anderen wuchs die schiere Zahl an Briefen und Karten nicht ins Unüberschaubare. Da war es schon überraschend, wenn ein Jahr drei oder sogar vier Ordner erforderte.

Heutzutage, im Mailzeitalter, sind acht Ordner pro Jahr absolut normal, meis­tens sind es zehn oder mehr. Und da meine Wohnung nun mal nicht die TARDIS ist und somit innen größer als außen mit unbegrenztem Stauraum (da kann ich definitiv auf den Doktor neidisch sein, von seinem Zeitmanagement mal ganz zu schweigen – Zeitmaschine!!!!), geriet ich schon vor Jahren an gewisse Grenzen.

Regalplatz, zumal solcher, wo ich Ordner einstellen kann, ist einfach rar, und je mehr die Buchbestände sich ausdehnten, desto weniger Raum blieb mir. Schon 2014 war es so, dass ich sie auf dem Fußboden aufstellen musste, eine bestän­dige Fußfalle.

Es kamen die Jahre 2015 und besonders 2016 und 2017 mit ihrem unfasslichen Mail- und sonstigen Korrespondenzaufkommen (2016: rund 3.500 Positionen, 2017: rund 3.400 Positionen). Meist kurze Schreiben, keine Frage. Aber schlicht viele! Wo also unterbringen?

Und dann tauchten im Januar 2018 diese Archivkartons auf.

Ihr ahnt, was in meinem Kopf vorging, nicht wahr? Ja, ja, ratter, ratter… genau.

Endlich mal die Chance, hier die ganz alten Briefordner gescheit und platzspa­rend zu verstauen und die anderen, die in drei Zimmern der Wohnung verstreut aufgestellt waren, mehr schlecht als recht, gescheit zu ordnen und neu aufzustellen.

Gesagt, getan.

In einem ersten Arbeitsschritt begann ich, sechs Kartons zu kaufen, testweise, und sie dann mit Ordnern zu befüllen. Gleichzeitig beschriftete ich sie natürlich gleich konsequent mit Laufzeit und ggf. Sonderinhalten… Sonderinhalte? Nun, da waren etwa die zweijährlich geführten Briefstatistiken und Adresslisten. Da gab es Reiseberichte von Brieffreunden, etwa meiner alten Brieffreundin Marty aus Bayern, die ausführlich über ihre Reise nach Japan berichtet hatte, von an­derer Seite gab es einen schönen Reisebericht aus Barcelona. Ich konnte Pro­jektberichte aus meiner Arbeit als Historiker einfügen und kleine Fotoalben aus den 80er Jahren.

Tja, 30 Ordner, das war schon ein schöner Anfang, fand ich… und kaufte am nächsten Tag noch einmal sechs Kartons nach, um damit gleich weiter fortzu­fahren.

Diesmal kam ich bis zum Jahr 2003, diese Korrespondenz ist nun brav in insge­samt 12 Archivkartons verstaut, und ich hatte mir damit ein halbes Regal freige­schaufelt.

Sehr gut. Jetzt kann ich endlich die Storyordner ab 2013 systematisch da ab­stellen, wo sie hingehören“, murmelte ich, ging ins Wäschezimmer und holte sie mir von dort, wo ich sie – Platzmangel – aus Verlegenheitsgründen aufgestellt hatte.

Immer noch viel Platz im Regal.

Ich sollte direkt im Anschluss an die Storyordner die Fragmentordner aufstel­len“, sinnierte ich weiter.

Die nächste Umschichtung: drei blaue allgemeine Fragmentordner wanderten in dieses Regal. Dann fünf knallrote Archipel-Fragmentordner. Dann ein halbes Dutzend graue OSM-Fragmentordner.

Eigentlich gehören doch die angefangenen Romanskripte hier auch hin…“, ging es mir durch den Kopf. Und so fanden „Odyssee in Arc“, „Eine scharf geschliffe­ne Waffe“ und „Aktion TOTAMS Ende“ ebenfalls ihren Platz hier. Das ist zwei­fellos noch nicht das letzte Wort.

In die unterste Reihe des frei gewordenen Regals begann ich dann die Ordner aus dem nächsten Korrespondenz-Regal einzugliedern. Als ich hier zu den Ord­nern des Jahres 2007 kam, fiel mir etwas auf, dessen katastrophale Ausmaße mir bislang unklar gewesen waren: ich hatte ein ernstes Zerfallsproblem. Das sah folgendermaßen aus:

Mein Bibliothekszimmer liegt nach Westen raus im dritten Stock, man kann sich also die Hitze vorstellen, die an heißen Sommertagen sich trotz offener Fenster dort staut. Was ich vor etwa anderthalb Jahren mit einigem Unglauben ent­deckte, war, dass Ordner mit Folienrücktaschen im Gegensatz zu solchen mit reinen Aufklebeetiketten stark wärmeempfindlich sind. Mit der Konsequenz, dass die Folientaschen einfach erst spröde werden und dann unter Fingerdruck munter zerbröseln.

Ich musste aufgrund dieser Tatsache schon eine Reihe von Ordnern verschrot­ten und austauschen. Nun entdeckte ich, dass die 2007er-Korrespondenzordner auf ähnliche Weise demoliert waren. Aber hier war die Hitze von zwei Seiten her gekommen (das Regal ist nach hinten offen).

Ich zog einen Ordner heraus und hörte es knistern und knirschen.

Unschön.

Ich schlug ihn auf und entdeckte einigermaßen fassungslos, dass das Kunststoff-Register an der rechten Seite, wo die Buchstabenzähne stehen, komplett zer­bröselte.

Das kann doch wohl nicht wahr sein!“, murmelte ich frustriert.

Dann strich ich über die Ränder der Klarsichthüllen, die ich für Schriftstücke je­nes Jahres verwendete, bei deren Mailausdrucken ein zu schmaler linker Rand verblieben war. Beim normalen Lochen wären dort Buchstaben der Lochung zum Opfer gefallen.

Nun, ich strich über die Ränder der Klarsichthüllen und hörte es knistern und bröseln.

Nein, das glaube ich jetzt einfach nicht!“

Es war Tatsache: auch der dem Sonnenlicht ausgesetzte rechte Rand der Klar­sichthüllen war fast durch die Bank zerbröselt. Diese Klarsichthüllen konnte ich vergessen, die konnte man nur noch wegwerfen.

Ich seufzte, zog den Ordner mit mir und widmete mich in der Küche eine knap­pe halbe Stunde dem munteren wie stumpfsinnigen Umbetten. Glücklicherweise hatte ich noch ein papiernes vollständiges Register da. So werde ich also die ins­gesamt 8 Ordner morgen entsprechend nachbearbeiten müssen, ehe ich ans Weiterrücken des Bestandes denke. Und erst dann kann ich ermessen, wie viel Raum ich durch die Verpackungsaktion, die ich mit „Ordnerrausch“ ironisch be­zeichnet habe, gewinnen konnte.

Der ersten Zählung von eben nach zu urteilen habe ich zumindest im Bereich der Briefordner Raum für 22 weitere Ordner geschaffen, aber an vielen anderen Stellen meines verstreuten Aktenordnerbestandes sind nun natürlich ebenfalls Lücken entstanden, die ich adäquat auffüllen kann. Schaut gut aus, muss ich sa­gen. Und da wird mir schon einiges einfallen zur Schließung dieser Lücken.

Gleichwohl… der „Ordnerrausch“ dauert noch ein Weilchen an und macht di­verse Nacharbeiten erforderlich.

Was für Nacharbeiten meine ich?

Nun, als ich etwa in den Bereich der Jahre 2006 und 2007 vorstieß, stellte ich fest, dass die Ordnerrückenbeschriftung fast komplett ausgeblichen war (Son­neneinstrahlung). Die war also nachzuziehen. Von den zerbröselten Klarsicht­hüllen und Kunststoff-Registern sprach ich schon.

Ferner galt es, gewisse Lücken auszufüllen, da manche Regalfächer nicht voll­ständig mit Ordnern voll gestellt werden können. Da sortierte ich dann gelesene Sonderhefte von NATIONAL GEOGRAPHIC ein, Bücher über die TITANIC und ähnliches (und fand einen über orientalische Wohnkunst, von dem ich ausging, ich hätte ihn längst gelesen… falsch geschätzt: er stand seit 2001 ungelesen im Regal und musste nun natürlich in den Buchbestand übernommen werden).

Solche Dinge halt.

Ich stolperte über Schriftstücke, die ich in Zeitnot einfach nicht eingeheftet, sondern auf die Ordner gelegt hatte. Darum werde ich mich in den nächsten Ta­gen kümmern, um da etwas mehr Ordnung hineinzubringen.

Und vorsorglich plane ich, morgen noch einen Schub Archivkartons zu kaufen. Denn ich sagte ja: dieses Angebot ist ein saisonales, das kann in einer Woche schon verschwunden sein, wer weiß, wann es wiederkehrt? Die Ordnerbestän­de nehmen aber konsequent von Jahr zu Jahr zu. Habe schon einen Briefordner für 2018 angelegt, der noch viel Raum bietet. Aber es wird nicht der einzige bleiben. Und für die 2017er-Briefe und deren Mails brauche ich zweifelsohne noch einen Ordner 6 und 7, allein für die Korrespondenz, die schon abgearbei­tet ist und jetzt auf einem Stapel in einer Zwischenablage gelagert wird.

Ihr merkt: langweilig wird das hier nicht in einem Literatenhaushalt und bei je­mandem, der das Schreiben mit Leidenschaft praktiziert. So bin ich eben einfach.

Der Vorteil eines solchen „Ordnungsrausches“, wie ich das mal nennen möchte, liegt aber im Umkehrschluss auf der Hand: in relativer Ordnung und Übersicht­lichkeit lässt es sich einfach besser arbeiten. Ich werde also, wenn diese Ord­nungsaufgabe erst mal abgeschlossen ist, umso konzentrierter an meinen krea­tiven Projekten arbeiten können, etwa dem nächsten E-Book.

Und damit schließe ich für den Moment und freue mich darauf, euch in einer Woche hier wieder als Leser begrüßen zu dürfen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

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