Liebe Freunde des OSM,

heute starten wir mit meiner kreativen Rückschau in das erste Quartal des Jahres 2022. Die Kennzahlen für diese Monate sind: 31, 18 und 22. Aber wie ihr wisst, führen solche Zahlen traditio­nell in die Irre. Das kann verschiedene Gründe haben. Zum ei­nen verstecken sich darin natürlich stets Blogartikel und Rezen­sionen, die ich hier nicht explizit aufliste. Zum anderen kann es sehr gut sein, dass ich an zahlreichen Werken weiter geschrie­ben habe, die zwar viele Seiten Text erbrachten, aber nicht zur Fertigstellung gebracht wurden. Das kann dann den rein statisti­schen Ertrag der Monate deutlich drosseln. Schauen wir also mal genauer hin.

Der Jahresanfang ist traditionell bei mir eine Zeit, in der ich recht viel schreibe. Der Horizont ist offen, ein wenig wie eine gewischte Tafel, bereit, neue Texte aufzunehmen. Aber natürlich werden dann auch begonnene Projekte fortgeführt, beispiels­weise Seriendigitalisate. So war das im Januar 2022 etwa mit dem KONFLIKT 16 und dem KONFLIKT 13 des Oki Stanwer My­thos.

Ich schloss in dem Monat mit dem Blogartikel 462 die Artikelrei­he „Legendäre Schauplätze“ ab, die ich sehr viel früher begon­nen hatte. Am 20. Januar konnte ich außerdem den Roman „Das Geheimnis von Church Island“ beenden, an dem ich so lange geschrieben hatte … da ist mir ein ziemlicher Stein von der Seele gepoltert, das könnt ihr mir gern glauben. Das mit der Veröffentlichung der Geschichte ist indes um einiges komplizier­ter, als ich mir das damals dachte. Inzwischen habe ich aber eine neue Idee entwickelt, die es mir vielleicht möglich macht, diese Geschichte als Teil des E-Books „DER CLOGGATH-KON­FLIKT 2: Monstererwachen“ zu nutzen … nicht originär so gedacht, aber vermutlich die sinnvollste Möglichkeit.

Von der Fertigstellung dieses Romans wisst ihr natürlich schon seit langem (seit Blogartikel 472, um exakt zu sein), aber ich sagte ja … manche Dinge brauchen viel Zeit bei mir.

Woran habe ich im Januar 2022 noch gearbeitet? Nun, ein wenig an dem eben erwähnten E-Book. Und ganz zum Schluss wagte ich mich noch vor in den Roman „Quisiins letzter Fall“ … das war deshalb einigermaßen verwegen, weil ich in der Digitalisie­rung von KONFLIKT 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“, in den der Roman gehört, erst bis Band 12 gekommen war (und die Ereignisse des Romans spielen in den 90er-Episo­den der Serie, zu denen ich erst am Beginn des Jahres 2024 ge­langte.

Im Februar versuchte ich mich an einem älteren Storyfragment, das den Titel „Thalgoons letzte Stunden“ trägt und in KON­FLIKT 2 spielt, also der Serie „Oki Stanwer und das Terrorimperi­um“. Ich kam aber nicht allzu weit damit. In die Serie muss ich mich echt erst mal wieder einlesen …

Ganz wesentlich werkelte ich in diesem Monat an den Episoden­abschriften des KONFLIKTS 13 „Oki Stanwer Horror“, wobei dies der Bereich bis Band 25 war, wo ich zahlreiche Entwurfsversio­nen mit einarbeiten wollte und konnte … das hat mich doch sehr viel Energie gekostet, die für andere Projekte aus dem Be­reich der „Annalen“ dann nicht mehr zur Verfügung stand.

Ganz verblüffend kam ich in der zweiten Monatshälfte in der lange stagnierenden Serie „Oki Stanwer – Held der Hohlwelt“, also in KONFLIKT 7, vorwärts, das war eine reine Schreibfreude. Und wie immer, wenn ich gänzlich neue Episoden schreibe, ging das natürlich etwas langsamer vonstatten als das reine Digitali­sieren.

Auch im Monat März ging es eifrig mit KONFLIKT 7 weiter, wo ich bis Band 14 vorstieß. In den Monat fiel auch meine Fertigstel­lung von OSM-Band 2100. Dazu entstand ein Hintergrundtext mit dem Titel „Reich der Geister und Legenden – Gedan­ken zu Hyoronghilaar“, der mich ebenfalls eine Menge Geis­teskraft kostete … sehr gut investierte Geisteskraft, wie ich aus­drücklich betonen möchte. Leider ist der Text so verräterisch, was die langfristigen Handlungslinien von KONFLIKT 7 angeht, dass ich ihn wohl noch recht lange Zeit nicht öffentlich zugäng­lich machen werde.

Demgegenüber blieben andere Projekte, wie erwähnt, deutlich zurück. Insbesondere betraf das die fortwährende Digitalisie­rung der KONFLIKTE 13 und 16. Dafür entstanden freilich jede Menge Blogartikel – alleine 26 in diesen drei Monaten. Ich glau­be, das lässt schon tief blicken.

Hinzu kamen viele Stunden Weiterarbeit an Serien wie „Horror­welt“, „Erotische Abenteuer“, an Archipel-Werken und Fragmen­ten aus dem Umfeld des „Erotic Empire“. Also wirklich, von Lan­geweile kann hier absolut keine Rede sein. Ja, es wurmte mich ein bisschen, keine E-Books fertigstellen zu können. Es war auch nicht wirklich prickelnd zu erleben, dass meine Backlist an OSM-Fragmenten immer länger wurde und ich auch mit den dazu passenden Glossaren nicht wirklich voran kam.

Das Jahr war allerdings auch noch jung … und ich war grund­sätzlich sehr gespannt, wie es sich weiter entwickeln würde. Von den entsprechenden Entwicklungen im nächsten Quartal 2022 berichte ich euch beim nächsten Mal.

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 480: Die TITANIC-Verschwörung

Posted Oktober 30th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

Autoren legen in Romanen mitunter Fährten, die in die tiefe Ver­gangenheit führen und letzten Endes dann zu einer Gegen­wartshandlung führen, um ihnen gewissermaßen ein histori­sches Flair zu verleihen. Nennen wir es einen Nimbus der zwin­genden Notwendigkeit.

Clive Cussler kannte diese Art der Plotstruktur schon fast von Anfang an. Der erste Roman nach diesem Strickmuster, dem er anschließend bis zu seinem Tod treu blieb, war das Buch „Hebt die TITANIC!“, das ungeachtet seiner inhaltlichen Fehler und Schwächen in meinen Augen nach wie vor atmosphärisch eines der besten aus seiner Frühzeit darstellt. Gut, das sagt natürlich auch ein ausdrücklicher TITANIC-Fan, und insofern ist das wohl unvermeidlich.

Aber womit ich jahrzehntelang nicht rechnete, das war, dass Cussler und seine Coautoren jemals irgendwann einmal in die Realhandlungszeit der Jungfernfahrt der RMS TITANIC vordrin­gen und dort einen gesamten Roman ansiedeln würden … 2020 wurde ich auf tollste Weise eines Besseren belehrt. Und das hier ist das, was herauskam, als ich das Werk las (verschlang, sollte man es vielleicht besser nennen) und rezensierte:

Die TITANIC-Verschwörung

(OT: The TITANIC Secret)

Von Clive Cussler & Jack du Brul

Blanvalet 0830, 12.00 Euro

544 Seiten, TB, November 2020

Übersetzt von Michael Kubiak

ISBN 978-3-7341-0830-3

Man schrieb das Jahr 1976, als sich ein noch vergleichsweise unbekannter amerikanischer Schriftsteller namens Clive Cussler anschickte, quasi über Nacht weltberühmt zu werden – indem er über ein marines Geheimnis schrieb, das die Menschen bereits seit über 60 Jahren bewegte und nie gelöst worden war, weil das entscheidende corpus delicti des Geschehens fehlte, der Leichnam, wenn man so will.

Clive Cussler schickte seinen marinen Helden Dirk Pitt auf die Suche nach der 1912 bei der Jungfernfahrt gesunkenen TITANIC, die 1976 noch unentdeckt auf dem Grund des Atlantiks ruhte. Es sollte noch reale neun Jahre dauern, bis die Tauchboote des Forschers Robert Ballard den Luxusliner oder das, was von ihm noch übrig war, in über viertausend Metern Meerestiefe ausfin­dig machten.

Als „Hebt die TITANIC!“ 1980 in der Übersetzung von Werner Gronwald in Deutschland erschien, brauchte es ein paar Jahre, ehe ich das Buch entdeckte, aber da ich damals schon von der TITANIC fasziniert war, gehörte das Werk, das ich seit 1984 vier­mal gelesen habe, zu den „Must Have“ meiner Bücherregale.

Und wie vermutlich viele Leser habe ich mich immer wieder ge­fragt: Wie war das damals wohl wirklich, als der Bergmann Joshua Hayes Brewster aus Colorado zu dem verrückten Plan kam, im Jahre 1911 auf der russischen, gottverlassenen Eisinsel Nowaja Semlja nach dem damals eigentlich noch völlig unbe­kannten Erz Byzanium zu graben? Und was ist damit gemeint, wenn er in seinem in die Staaten geschickten Tagebuch erklärt, er und seine Männer seien gnadenlos durch England verfolgt und der Reihe nach umgebracht worden? Von wem? Was genau war damals geschehen?

Der Leser erhielt keine Aufklärung, da es Cussler mehr um Dirk Pitt und die Gegenwartshandlung ging. Brewster und alles aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts war damals das, was schon tiefe Vergangenheit war, und wohl nicht einmal der Autor dach­te daran, diesen Faden jemals wieder aufzunehmen.

Als er allerdings damit anfing, über den amerikanischen Detek­tiv Isaac Bell zu schreiben, der Ende des 19. Jahrhunderts sich seine Sporen in der fiktiven Van Dorn Agency verdiente und dessen Ermittlungen bis in die 50er Jahre hinaufreichen, rückte der Fokus auf einmal tiefer in die Vergangenheit. Und als er zu­sammen mit Justin Scott Fälle aus den Jahren um 1911 zu be­handeln begann, tauchte das TITANIC-Projekt wieder auf der Agenda auf.

Plötzlich schien es nicht nur möglich, sondern fast schon zwin­gend, die Handlungsspuren von Dirk Pitt und Isaac Bell und den Coloradanern zusammenzuführen. So kam der vorliegende neue Roman zustande, den ich mir – was wirklich selten vorkommt – unbedingt und sofort zum Neupreis kaufen musste. Ich meine, versteht das: Ich habe immerhin satte 36 reale Jahre auf diese Geschichte gewartet.

Und, war es das wert?

Mein Fazit: unbedingt. Und das ist es, was euch erwartet:

In der Rahmenhandlung erhält Dirk Pitt überraschend in der Ge­genwart von einem Rechtsanwalt ein Dokument ausgehändigt, das von einem ihm unbekannten Mann stammt – einem seit lan­gem verstorbenen Detektiv namens Isaac Bell. Als Begründung gibt der Anwalt an, dass es sicher im Sinne des Verfassers ge­wesen wäre, diese Aufzeichnungen dem Mann zu übergeben, der die TITANIC gehoben habe, einfach deshalb, weil dieser Be­richt, den Bell damals schrieb, mit dem Schiff ende und die Vor­geschichte beschreibe … und sich so der Kreis schlösse. Ich ver­rate nicht mehr über die durchaus dramatische Rahmenhand­lung, sondern springe gleich mal zur Geschichte selbst.

Bell befindet sich im Jahre 1911 in Denver, um einen Postdieb­stahlfall zu lösen … und selbst wenn das nur die Ouvertüre ist, macht es doch mächtig Spaß, das zu lesen und sich so ein schö­nes Bild von Isaac Bell, dem damaligen Chefermittler der Van Dorn Agency zu machen. Eigentlich möchte Bell gleich wieder abreisen und zu seiner Ehefrau Marion nach New York zurück­kehren, doch man hält ihn ab. Ein Mann namens Hans Bloeser sucht seine Hilfe. Sein Bruder Ernest Bloeser und er sind im Bergbaugeschäft tätig, und sie sind skeptisch wegen eines jüngst geschehenen Bergbauunglücks, bei dem neun Bergleute ums Leben gekommen sein sollen. Sie glauben, dabei sei es nicht mit rechten Dingen zugegangen.

Isaac Bell lässt sich darauf ein, noch ein paar Tage in Denver zu verbleiben und sich die Little Angel Mine anzuschauen, wo sich das Unglück ereignet hat, und ein paar Erkundigungen einzuzie­hen. Dabei treten in der Tat seltsame Dinge zutage. Nicht nur wird er auf einmal beschattet, sondern es gibt sehr mörderische Versuche, ihn ins Jenseits zu befördern. Daraufhin ist er fest überzeugt, dass Bloesers Verdacht stimmt und etwas im Gange ist, das höchst problematisch ist.

Colonel Gregory Patmore vom US-Militär, der ihm in der Notlage hilft, weiß mehr darüber, und auch er sucht nun Bells Hilfe. Die neun in der Anlage vermeintlich Verschütteten unter Joshua Hayes Brewster sind in Wahrheit von der französischen Société des Mines de Lorraine aus Paris angeworben worden. Brewster hatte durch einen Zufall auf der russischen Insel Nowaja Semlja ein Vorkommen eines neuen radioaktiven Minerals namens By­zanium entdeckt, das die Franzosen zwar für wertlos erklärten, von dessen Wert er selbst – der die einzige Lagerstätte kannte – aber fest überzeugt war. Dadurch war er für die Franzosen un­entbehrlich geworden, die ihn in der Folge in Paris ausstatteten. Zugleich hatte Brewster Kontakt mit dem amerikanischen Militär aufgenommen, weil er argwöhnte, dass die Tarngeschichte ihres Todes in der Little Angel Mine die ideale Lösung für ihr wirklich geplantes Ableben nach den Abbauarbeiten darstellte. Womit er richtig lag.

Bell soll nun dafür sorgen, dass Brewster von einem Plan B Kenntnis erhält – dass nämlich ein Schiff der Amerikaner ihn vor den Franzosen von der russischen Eisinsel abholen würde. Doch dafür muss der Detektiv nach Paris, sich in das Hauptquartier der Minengesellschaft einschleichen und wieder die Konfrontati­on mit jenen Männern suchen, die ihn schon in Colorado um­bringen wollten, allen voran ein skrupelloser Mörder namens Foster Gly.

Was sich daraus in der Folge entwickelt, inwiefern Bell fast in der Pariser Kanalisation zu Tode kommt, warum auf einmal ein isländischer Walfänger eine Rolle spielt und inwieweit ein Sabo­teur unter den Bergarbeitern auch nach dem Ende der Abbauar­beiten das Leben zur Hölle macht, das ist eine abenteuerliche, wilde Tour de Force mit erstaunlichsten Biegungen und Wendun­gen des Schicksals, für die wirklich kein Autor besser geeignet gewesen wäre als Jack du Brul, der schon die Abenteuer der OREGON-Crew mit Action würzte.

Es ist zwar eigenartig, Isaac Bell auf einmal in einer so unge­wöhnlich actionlastigen Umgebung und in unterschiedlichsten Settings kennen zu lernen, aber ich muss zugeben, es macht wahnsinnigen Spaß.

Neckisch sind auch die namentlichen Anklänge. Bei Foster Gly musste ich beispielsweise gleich an „Foss Gly“ denken, den Kil­ler aus Quebec, der in dem Cussler-Roman „Um Haaresbrei­te“ eine zentrale Rolle spielt, und Yves Massard, Glys Kompa­gnon, ist ziemlich offenkundig eine Anspielung an Yves Massar­de, den Schurken aus dem Buch „Operation Sahara“.

Auch gibt sich du Brul jede Mühe, die Widersprüche zwischen dem 1976er-Roman und dem vorliegenden zu nivellieren. So ist der Trick, wie er Joshua Hayes Brewster an Bord der TITANIC schmuggelt, ohne dass er auf der Passagierliste erscheint, nied­lich und erinnert wirklich sehr an einen gewissen Jack Dawson aus dem Film „TITANIC“. Und die anderen Unstimmigkeiten werden solide aus Diskretionsgründen eingewoben, über die ich hier nichts weiter sagen möchte. Das sollte man dann selbst le­sen. Es lohnt sich, die Lektüre schön zu strecken, wie ich es ge­tan habe, auf fast 2 Wochen. Allein schon deshalb, weil alle Na­men, die Cussler 1976 in dem Ursprungsroman nennt – die Bergarbeiter – hier zu eigenständigen Personen mit zum erhebli­chen Teil wirklich grausigen Schicksalen ausgearbeitet werden.

Einzig einen kleinen Wermutstropfen gibt es natürlich – von der TITANIC bekommt man nur eine verwehende Rauchfahne im Ha­fen von Southampton zu sehen. Der Titel führt also durchaus sehr in die Irre, sowohl im Original wie in der Übersetzung. Aber sei’s drum! Der Inhalt stimmt und ist ausgezeichnet. Und wer mag, kann dann gleich im Buch „Hebt die TITANIC!“ die Spur weiter verfolgen, denn der Verlag hat notwendig das Buch neu aufgelegt … allerdings nicht in einer Neuübersetzung, sondern nur in einer neuen Aufmachung (und dabei wurde das Inhalts­verzeichnis gestrichen, mithin ist die Neufassung eigentlich eine Verschlechterung gegenüber der Erstauflage, und viel teurer ist sie zudem; ich empfehle, das alte Buch antiquarisch zu suchen, es macht auch optisch viel mehr her!).

Ein gelungener Zirkelschluss der Geschichte, wie ich finde.

Eine ganz eindeutige Leseempfehlung!

© 2020 by Uwe Lammers

Tja, es gibt echt noch wirklich verblüffende Überraschungen auf dem Buchmarkt, die aus den ausgetretenen Pfaden der Verlags­politik herausfallen, dass man nur zwinkern kann. Hat mir sehr gefallen.

In der kommenden Woche wird es wieder kosmisch, dann ma­chen wir eine abenteuerliche Weltraumfahrt zum Mond, und ich verspreche: es wird richtig apokalyptisch!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

wenn ich sage, dass der Monat Februar 2024 einige Überra­schungen für mich parat hielt, dann entspricht das nur der rei­nen Wahrheit. Ich kam zwar, alles in allem – Mails, Listen usw. mit eingerechnet – auf nicht einmal 500 Textseiten in diesem Monat, was für meine Verhältnisse eher unterdurchschnittlich ist … aber was das für Seiten waren, darauf kommt es ja letzten Endes an.

Und es war ja auch nicht wirklich so, dass ich sagenhaft viel freie Denkzeit gehabt hätte, ganz im Gegenteil! In den Februar fiel mein erster Besuch in der Physikalisch-Technischen Bundes­anstalt (PTB). Ich organisierte den ersten „Frühen Vogel“ für die KreativRegion im Jahr 2024, es gab die Kassenprüfung des Ver­eins und die ebenfalls von mir organisierte Außerordentliche Mitgliederversammlung … außerdem gehörten hierzu zahlreiche Team-Meetings, Schulungsformate und Fortbildungen.

Ich war also mit den Gedanken zumeist ganz woanders unter­wegs und musste viele Dinge einfach notwendig schleifen las­sen. Dass ich dennoch 20 Werke abschließen und noch mehr leicht weiterbearbeiten konnte, ist wirklich ein kleines Wunder. Schauen wir uns das mal im Detail an:

Blogartikel 582: Work in Progress, Part 134

(16Neu 99: Die Sommeroffensive)

Anmerkung: Besonders im Digitalisat des KONFLIKTS 16 kam ich in diesem Monat wirklich gut voran. Bis Monatsende konnte ich alle Episoden dieser Serie bis Band 96 inklusive fertigstel­len. Ich gehe davon aus, dass diese rasante Erfassungsarbeit im Monat März ähnlich weitergehen wird.

Blogartikel 575: Close Up: Der OSM im Detail (56)

Blogartikel 580: Close Up: Der OSM im Detail (57)

Blogartikel 578: Aus den Annalen der Ewigkeit – alt und neu (LXI)

(Rückzug in das Liebeskloster – Archipel-Novelle)

Anmerkung: Wie bei anderen längeren Baustellen-Werken kam das hier zustande, weil ich am nächsten Beitrag zu den Lang­zeitprojekten arbeitete. Ich komme noch dazu.

16Neu 92: Der Vooler-Aufstand

16Neu 94: Mobilmachung der Rebellen

16Neu 95: Die Rehabilitierung

(16Neu 97: Feinde aus der Zukunft)

(16Neu 98: Der Baumeister)

(16Neu 100: Festung RANTALON)

(Kim 2 – Erotic Empire-Story)

Anmerkung: An zahlreichen Erotic Empire-Fragmenten wurde in diesem Monat weitergeschrieben. Dabei handelte es sich in ers­ter Linie um längst fällige, aktualisierte Neuausdrucke. Fertig wurde keines davon.

16Neu 96: Geheimprojekt Zeitgezeiten

(OSM-Wiki)

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“)

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“)

Spurwechsel – OSM-Hintergrundtext

Anmerkung: Das war eine wirklich großen Überraschung für den Monat Februar. Und es handelte sich tatsächlich um einen Text, den ich ungeachtet seiner Länge an einem Tag „aus dem Ärmel schüttelte“. Ich sollte das am 1. März noch einmal erleben.

(16Neu 101: THRAVOOR)

(Abgesunken in die Abhängigkeit III – Erotic Empire-Story)

(Mary Jane – Erotic Empire-Story)

(Jaime in neuer Stellung – Erotic Empire-Story)

20Neu 19: Mentaljäger

(20Neu 23: Die Labyrinthe von Arc)

(Heather – Erotic Empire-Story)

(Lonny – Erotic Empire-Story)

(16Neu 102: TAASIK-889)

(Glossar der Serie „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam“)

Blogartikel 576: Langzeitprojekte 10 – Rückzug in das Lie­beskloster

Anmerkung: Hierhin stieß ich am 18. Februar vor und schrieb auch diesen Artikel an einem Nachmittag geschwind herunter. Wirklich beeindruckend. Er ist inzwischen – für euch – schon längst zugänglich, das gilt allerdings nicht für die Gegenwart des 1. März 2024, wo ich diese Zeilen verfasse. Da habt ihr ge­rade den Informationsstand von Blogartikel 551 erreicht.

(Die entführte Gefangene – Erotic Empire-Story)

(Auf und nieder – Archipel-Story)

(Julianna – Archipel-Story)

(Lexikon der Serie „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam“)

(16Neu 103: Kampf um die Lenkwelt)

(20Neu 20: Kampf um Grat-ban)

(NK 62: Fürsorgliche Entführung)

Anmerkung: Auch das war ein überraschender Switch in einen anderen OSM-KONFLIKT. Ich nehme zuversichtlich an, hier im Monat März gut voranzukommen, da sich immer mehr Bilder konkretisieren. Interessant wird es hier in KONFLIKT 22 auch, weil der Episoden-Planungshorizont nur noch wenige Bände um­fasst … dahinter ist alles noch waberndes Niemandsland, was zweifellos der Grund ist, warum ich daran seit Jahren kaum vor­ankomme. Auch hier wird sich in nächster Zeit ohne Zweifel et­was ändern.

(Das Sklavengras – Erotic Empire-Story)

Tja, und damit war der Monat dann vollendet. Aber alles in al­lem bin ich ziemlich zufrieden damit. Und mächtig neugierig darauf, was dieser Monat März alles noch so bringen wird. Ihr erfahrt mehr davon in Blogartikel 590, der im November 2024 veröffentlicht werden wird.

Bis bald, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 479: Der Preis der Begierde

Posted Oktober 22nd, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

Kommunikation ist, das weiß wahrscheinlich jede/r meiner Lese­rInnen aus eigener jahrelanger Erfahrung, ein schwieriges Busi­ness. Wie stellt man eigentlich sicher, dass man als Sender selbst vermeintlich eindeutiger Botschaften auf der Empfänger­seite auch richtig wahrgenommen wird? Das ist schätzungswei­se ein Feld, auf dem man bis ins hohe Lebensalter nicht aus­lernt. Und, damit wird es dann vergnüglich bis dramatisch, na­türlich entstehen aus Kommunikationspannen bisweilen haar­sträubende Abenteuer.

Ein solches schildert der vorliegende Roman, der der Lebensli­nie der frischgebackenen Architektin Emma Mayson folgt. Ei­gentlich will sie sich nur selbständig machen, muss aber natür­lich bis dahin auch ihre Rechnungen bezahlen. Und so geht sie ein Arrangement ein, das zu erstaunlichen Missverständnissen, Pannen und (beim Leser) zu zunehmenden Lachattacken Anlass bietet.

Willkommen in einem sehr unterhaltsamen, kurzweiligen Bezie­hungsroman mit ausdrücklich erotischer Ausrichtung – selbst wenn das, genau genommen, eher eine Panne ist. Wieso und warum? Ach, ich schlage vor, ihr schaut euch das einfach mal selbst an:

Der Preis der Begierde

(OT: The Erotic Secrets of a French Maid)

Von Lisa Cach

rororo 25356

288 Seiten, TB (2010)

ISBN 978-3-499-25356-0

Seattle ist für angehende Architekten ein hartes Pflaster. Das merkt auch die mit der Ausbildung fertige junge Architektin Emma Mayson. Und solange man keinen Namen hat, kommt man auch kaum an mögliche Stellen. Sie ist also zu ihrem nicht geringen Frust dazu genötigt, anderweitig ihr Geld für den Le­bensunterhalt zu verdienen … am besten mit einer Tätigkeit, die intellektuell nicht so fordernd ist und die ihr Zeit lässt, ihre Kar­rierepläne weiter zu verfolgen.

So fängt sie an zu putzen.

Einer der ihr empfohlenen Haushalte, in denen sie neu anfängt, ist der des reichen Unternehmers Russell Carrick, der in der lo­kalen IT-Branche zu enormem Vermögen gekommen ist. Schon am ersten Arbeitstag unterlaufen Emma allerdings eine Reihe von Missgeschicken, unter anderem lädiert sie fast den Porsche von Carricks Geschäftsfreund Kevin … was zur kuriosen Folge hat, dass Kevin sie zu daten versucht. Noch interessanter … Russell scheint durchaus etwas dagegen zu haben, dass das ge­schieht. Aber zugleich beteuert er Kevin gegenüber, an Emma überhaupt kein Interesse zu haben.

Die Dinge entwickeln sich seltsam, und das ist erst der Anfang. Der Leser beginnt hier bereits zu schmunzeln, und das steigert sich noch deutlich weiter. Denn Emma registriert zu ihrer Verwirrung, dass Carricks unglaublich luxuriöser Haushalt eigentlich keine Putzhilfe benötigt (das war auch nicht seine eigene Idee, wie schnell herauskommt). Und dann gehen die Lebensumstände von Emma baden – indem sie nämlich kurzerhand ihre Wohngemeinschaftspartnerin verliert und auch sonst eine Menge schief geht.

Russell trifft seine Putzfrau denn auch wenig später völlig aufge­löst bei sich an, was ihr schrecklich peinlich ist … und dann bie­tet er ihr doch tatsächlich seine kleine, gegenwärtig leerstehen­de Wohnung als Interimsbleibe an. Das kommt doch ziemlich überraschend. Und in der Folge hat Emma hat das Gefühl, sie könne doch noch mehr für ihn tun, etwa kochen. Denn wiewohl er eigentlich gar nicht ihr Typ ist, mag sie ihn doch inzwischen recht gern.

Ja, das wäre mit dem Kochen wäre eine interessante Idee, davon hat er selbst wenig Ahnung, zeigt sich der reiche Russell aufgeschlossen … und dann geht das Chaos richtig los. Denn in derselben Unterhaltung phantasiert Emma, immer gelockerter werdend, sie könne sich auch vorstellen, irgendwann mal als „Mätresse“ eines reichen Mannes tätig zu werden und sich ein paar Male in der Woche für sexuelle Dienste entlohnen zu las­sen.

Russell, der noch ganz auf dem „Koch doch für mich“-Trip ist, stimmt diesem Arrangement zu … und Emma interpretiert das – völlig überrumpelt – als Zustimmung zum „Mätressen“-Vor­schlag, was sie ganz fassungslos macht. Aber nicht bereit, das Missverständnis aufzudröseln, stellt sie sich der neuen Heraus­forderung. Und auch Russell, im Umgang mit Frauen eher ge­hemmt, hat zwar ein schlechtes Gewissen und begreift schnell, wie falsch sie ihn verstanden hat … aber wiewohl er sich vor­nimmt, das Arrangement schnellstens zu beenden, tut er’s nicht.

Und dann geht die emotionale Achterbahnfahrt so richtig los …

Es gibt Geschichten, die direkt nach Kauf so sehr reizen, dass man die Finger nicht davon lassen kann – das hier ist eine davon. Es ist zwar ein erotischer Roman, der allerdings wohltu­end Abstand von Fesselspielen und BDSM nimmt und stattdes­sen sehr viel mehr auf die komplizierte Psychodynamik der weiblichen Psyche Wert legt. Zugleich ist unübersehbar, dass die Autorin intensive Freundin von Komödien ist, denn diese Ge­schichte hat so viele komödiantische Einlagen und ist bisweilen so haarsträubend grotesk, dass es einen zwerchfellerschüttern­den Spaß macht, sie im Nu wegzulesen (gerade mal zwei Lese­tage legen beredtes Zeugnis davon ab, wie unterhaltsam das präsentiert wird).

Ein wenig anstrengend fand ich allerdings – wenn auch zweifel­los realistischer als die überschäumende, ekstatische Bereit­schaft, die aus den Zeilen romantischer BDSM-Romane entge­genströmt, die nun wirklich realitätsfremd ist – die gehemmte Emma, die, bei allem Respekt, doch etwas entspannter hätte sein können. Gewiss, die Situation war eigenwillig, und hier zu erleben, dass es schließlich Russ war, der deutlich konzentrier­ter bei der Sache war, hat überrascht. Auf der anderen Seite muss man zugeben, dass Lisa Cach Recht hat: viele Frauen kommen eben beim Beischlaf nicht zum Orgasmus, da spricht sie wahrscheinlich aus eigener Erfahrung, und auch dass viele Männer egoistische Wesen sind, die auf ihren eigenen Höhe­punkt fixiert sind, ist zweifellos plausibel.

Zum Ende hin wurde die Geschichte ein wenig zäher, hatte ich das Gefühl, vielleicht deshalb, weil dann der eher spielerische Anfang etwas auf der Strecke blieb. Es blieb allerdings witzig genug, das lag nicht zuletzt an den Freundinnen Beth und Daph­ne, die Emma gründlich zusetzten. Gleichwohl versprach der englische Originaltitel irgendwie mehr, als er letztlich hielt.

Als kurzweiliges, durchaus witziges Leseabenteuer zwischen­durch ist der Roman aber absolut zu empfehlen.

© 2017 by Uwe Lammers

Wirklich eine goldige Geschichte, die ich gern gelesen habe. Wie gesagt, nicht mit allzu viel Tiefgang, aber es muss ja nicht immer inhaltsschwer sein. In der nächsten Woche berichte ich von einem Roman, der mich echt kalt erwischte und den ich so­fort zu lesen beginnen musste. Immerhin hatte ich ein paar Jahrzehnte auf genau diese Geschichte gewartet (auch wenn ich nie geglaubt hätte, dass sie je geschrieben würde).

Klingt kurios? Ist kurios – und superspannend. Nächste Woche seid ihr schlauer.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

Blogartikel 585: Close Up: Der OSM im Detail – Teil 58

Posted Oktober 20th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

die Ausgangssituation in diesem Frühjahr des Jahres 3938 sieht düster aus im KONFLIKT 16 des Oki Stanwer Mythos, also der Serie „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“. Oki Stanwer und seine engsten Mitstreiter sind immer noch in der Vergan­genheit verschollen. Das Königreich der Dämonen ist einge­stürzt und Zeitstürme haben die dort lebende Menschheit in Staub verwandelt. GOLEMS Schergen sind in den Weiten der Ga­laxis untergetaucht, und niemand kann sie ausfindig machen. Die „Operation Spurensucher“ (vgl. Bd. 90) tappt ins Leere.

Die Galaxisrebellen ahnen, dass ihnen die Zeit davonläuft, weil sich der Feind nun reorganisieren kann, und sie fürchten das Schlimmste – nicht zu Unrecht, denn GOLEM aktiviert nun schla­fende Reserven. Schon vor Jahrzehnten hat er geheime Stütz­punkte geschaffen, auf denen Hunderttausende von Tiefschlä­fern darauf warten, in den Kampf eingreifen zu können. Auch die Dämonenwaffe denkt, die Zeit arbeitet für sie … aber es kommt zu einem bösen Erwachen …

Episode 91: Generationswechsel

(1997, digitalisiert 2024)

Schauplatz: Das Nest in der Dunkelheit, irgendwo am Rande der Milchstraße

Bevor GOLEM vierzig Jahre zuvor die Milchstraße angriff, war be­reits eine Fünfte Kolonne von ihm in der Galaxis der Menschheit präsent. Techniker und autonome Roboter erschufen die so ge­nannten „Schlafstationen“, riesenhafte Ringbasen im Schutz ei­ner dichten Staubwolke. Erzloyale Vooler, die hartleibigen Vogel­wesen aus Kirrongar, bemannten sie, und hier wurde eine Ar­mee für die Zukunft gehortet. Als das Königreich der Dämonen untergeht, reaktiviert GOLEM die Schlafstationen und deren Be­satzung.

Auf Schlafstation 109 wird dabei auch ein uralter Vooler namens Quisiin aufgeweckt, der schon graufedrig war, als er vor vierzig Jahren in den Tiefschlaf ging. Rätselhafterweise wurde er wäh­rend des Tiefschlafs beruflich hochgestuft zum Politoberoffizier. Das macht die neue Führung der Schlafstation vorsichtig. Viel­leicht gibt es gute Gründe dafür. Quisiins Hauptaufgabe hier in der Galaxis „Fernstern“ war damals, bevor die Schlafstationen eingemottet wurden, die Jagd auf Saboteure und Regimekritiker.

Doch nun, in der „Neuen Zeit“, in der die Station phantastisch ausgebaut ist und ausgestattet mit modernster Hightech und beneidenswert jungen, agilen und blitzgeschwinden Artgenos­sen, da fühlt sich Quisiin völlig überflüssig. Die Vorstellung, dass GOLEM, der „Galaxienbezwinger“, seiner Ansicht nach kurz vor dem finalen Sieg gegen die „infamen Galaktiker“ steht, macht seine Präsenz eigentlich unnötig.

Doch dann ereignet sich vor seinen Augen ein spektakulärer To­desfall, und er begreift: Nein, er ist nicht überflüssig, aber über­haupt gar nicht! Denn das, was hier passiert, ist in seinen Au­gen einwandfrei Sabotage! Darauf beharrt er steif und fest, selbst wenn das sonst niemand glaubt und eher an einen bedauernswerten technischen Unfall denkt.

Er kann den amtierenden Lyaat der Station indes davon über­zeugen, dass er durchaus nicht euthanasiert und in die Recy­clingtanks geschickt gehört, sondern Quisiin nimmt die Jagd nach den Saboteuren auf. Und damit tritt er eine Lawine los, dessen Ausmaß ihm völlig unklar ist.

Parallel dazu wird zu den Galaxisrebellen umgeblendet, die nach wie vor das zerstörte Königreich der Dämonen untersu­chen … und hier tritt ein rätselhafter Feind in Erscheinung, der selbst die ERKUNDER-Einheiten des Baumeistersterns MONO­LITH blitzschnell vernichten kann.

Es scheint weit und breit kein Licht zu geben, keine Besserung in Sicht …

Episode 92: Der Vooler-Aufstand

(1997, digitalisiert 2024)

Schauplatz: Das Nest in der Dunkelheit, irgendwo am Rande der Milchstraße

Quisiins Ermittlungen gehen weiter. Und tatsächlich kann er ei­nen der Haupträdelsführer der Saboteure festnehmen, den psy­chotischen Ingenieur Ylsiit. Zugleich bringen ihn mehrere Zwi­schenfälle dazu, ein psychologisches Profil der neuen Generati­on von Voolern anzulegen, und es fröstelt ihn zunehmend, als er etwas Grundlegendes begreift: Irgendetwas ist bei der Züchtung dieser Generation kategorisch fehlgeschlagen. Hunderttausen­de von Voolern in den Schlafstationen sind überempfindlich, reizbar, neurotisch und latent psychotisch. Die Schlafstationen sind ein höchst labiles Pulverfass, das jeden Moment explodie­ren kann.

Und der Moment kommt – als der Saboteur Ylsiit durch einen aufgestachelten Mob freikommt, kippt die gesamte Situation an Bord der Schlafstation 109. Die Verschwörer schicken Attentä­ter, die Quisiins medizinischen Helfer fast liquidieren. Die Füh­rungscrew der Station wird eliminiert, die Schwerkraft fällt aus, und das völlige Chaos beginnt zu eskalieren.

Der worst case tritt ein, und Quisiin versucht verzweifelt, zu ret­ten, was noch zu retten ist.

Episode 93: Das Nest in der Dunkelheit

(1997, digitalisiert 2024)

Fortsetzung der Quisiin-Handlungsspur:

Die Saboteure sind auf Erfolgskurs. Der Aufstand der Vooler er­möglicht es ihnen, aufrührerische Funksprüche an benachbarte Schlafstationen im so genannten „Nest in der Dunkelheit“ zu senden.

Doch davon erhalten auch die Dämonenwaffen Kenntnis, die sich nun hastig bemühen, Schadensbegrenzung zu betreiben. Während der greise Politoberoffizier Quisiin noch darum bemüht ist, die Feinde – formell Verbündete der Galaxisrebellen um Mar­conius Stanwer, von dessen Existenz und Wahnsinn (!) er keine Kenntnis besitzt – zu bekämpfen, wird die Vernichtung der Schlafstation 109 durch GOLEMS Truppen angeordnet und – zö­gerlich – realisiert.

Zögerlich deshalb, weil diejenigen, die die tödlichen Waffensys­teme führen müssen, ebenfalls Vooler sind, die nun ihre eigenen Volksgenossen ermorden sollen.

Sie kommen außerdem zu spät.

Der Keim der Rebellion hat längst weitere der über 100 Statio­nen erreicht und breitet sich aus. Zweifel an der Führung, pa­thologischer Neid auf andere Mitglieder der Vielvölkerallianz und Schlimmeres beginnen zu grassieren. Auch in der Raumflot­te GOLEMS kommt es zu Rebellionen und Aufständen, bis die Dämonenwaffe hasserfüllt die Vernichtung aller Schlafstationen anordnet.

Am 28. Februar 3938 ist ERKUNDER 28 unter der Galaktikerin Samira Taschar am Rand der Galaxis unterwegs, schon die zwei­te Woche auf der vergeblichen Suche nach GOLEMS Rückzugs­orten. Hier fangen sie einen verstümmelten Funkspruch auf, der von Voolern ausgesandt wird. Und sie beschließen, ihm vorsich­tig zu folgen – ins „Nest in der Dunkelheit“ hinein …

Episode 94: Mobilmachung der Rebellen

(1997, digitalisiert 2024)

28. Februar 3938, MONOLITH:

Direkt im Anschluss an den vorigen Band wird umgeblendet auf den Baumeisterstern MONOLITH, der inzwischen rege von Gala­xisrebellen von SIDEWALK aufgesucht wird und längst als tech­nologisches Herz der Rebellenallianz fungiert. Hier wird Marconi­us Stanwer, Oki Stanwers Sohn, von der Entdeckung des ER­KUNDERS 28 in Kenntnis gesetzt und entsprechend alarmiert. Wenig später findet Samira Taschar den Ausgangspunkt des Notrufs – und eine ganze Reihe von gigantischen GOLEM-Schlachtschiffen.

Der ERKUNDER stellt sich tot, und die Schiffe verschwinden mit seltsamen Antriebsemissionen, die aufgezeichnet werden. Als sie wieder allein sind, erforschen die Galaktiker der Besatzung die weite Höhlung der Sternenwolke und finden grässliche Din­ge: Riesige, ausbrennende Schlachtschiffe GOLEMS, die allem Anschein nach von Ihresgleichen zerstört worden sind … und dann die Trümmerwolken gewaltiger ringförmiger Stationen.

Und mitten zwischen den Trümmern: treibende Leichen, Vooler. Tausende. Zehntausende. Hunderttausende. Millionen …

Es ist offenkundig, dass GOLEM hier einen Genozid begangen hat, und es erschüttert sie alle heftig – selbst wenn GOLEM au­genscheinlich seine eigenen Parteigänger ermordet hat, ist das doch ein monströses, unentschuldbares Verbrechen.

Dass in dem Chaos auch ein greiser, loyaler Politoberoffizier na­mens Quisiin umgekommen ist, wissen sie nicht.

Bizarrerweise hat die Entdeckung dieses Massakers einen positi­ven Aspekt – denn das Emissionsspektrum, das der ERKUNDER 28 beim Verschwinden der GOLEM-Schlachtschiffe auffing, er­möglicht es dem Kommandogehirn von MONOLITH, nun GO­LEMS Täuschungsmanöver zu durchleuchten und die wahren Rückzugsorte von GOLEMS Truppen ausfindig zu machen.

Dies hat nun zur Folge, dass die Galaxisrebellen endlich wieder ein klares Ziel haben – ein Ziel, das man angreifen kann. Marco­nius Stanwer und der Rebellenrat sehen Licht am Ende des Tun­nels und beschließen kurzerhand die Mobilisierung ihrer Truppen …

Und bei fortgeschrittener Mobilisierung erreicht am 16. März 3938 ein Funkspruch von SIDEWALK die Rebellenführung auf MONOLITH – auf SIDEWALK wird ein schockstarrer Funker von zwei Wesen bedroht, vom LEUCHTENDEN und Ekkon, dem Ritter vom Goldkristall, die unbedingt Marconius Stanwer zu sprechen wünschen …

Episode 95: Die Rehabilitierung

(1997, digitalisiert 2024)

Rückblende: SIDEWALK, Januar 3938

Auf der Hauptwelt der Rebellen sind Monate vor den obigen Ge­schehnissen nach wie vor Ekkon, der Ritter vom Goldkristall, und sein Vorgesetzter, der amtierende Matrixkoordinator des KONFLIKTS 16, der LEUCHTENDE, als Parias aus der Gesellschaft ausgestoßen und mehr geduldet als akzeptiert.

Ekkon hat Oki Stanwers ERKUNDER-Expedition ins GRALSREICH begleitet (vgl. dazu die Bd. 64-66) und ist ihm anschließend in den so genannten Fragilraum gefolgt (vgl. dazu die Bde. 69-71). Hier wurde Ekkon klar, dass er es war, der Oki Stanwer die Mög­lichkeit gab, im Rahmen eines Zeitexperiments die Dimensions­zentrale des LEUCHTENDEN zu sabotieren. Als er dies jetzt nach der Rückkehr nach SIDEWALK seinem Vorgesetzten „beichtet“, wird er von ihm kurzerhand als Verräter beschimpft.

So hängt nun auch zwischen ihnen beiden der sprichwörtliche Haussegen mächtig schief.

Bald danach wird Ekkon auf die Mobilisierungsmaßnahmen der Galaxisrebellen aufmerksam. Aber selbst auf Nachfrage erfährt er keine Einzelheiten – man traut ihm immer noch nicht. Er kann aber rasch 1 und 1 zusammenzählen, und ihm wird zunehmend klar, dass die Rebellen Hinweise haben, die zu einer Mobilma­chung geführt haben.

Was er nicht ahnt, ist ein Faktum, das der LEUCHTENDE selbst ihm verschwiegen hat: Er hat vor der Zerstörung der Dimensi­onszentrale noch Gerätschaften gerettet, und ein Messgerät vermag Ausschläge von Zeitgezeiten zu messen – Ausschläge, die sich nun dramatisch verstärken und galaktische Wacheinhei­ten vor RANTALON bedrohen.

Am 15. März 3938 explodieren die Skalen geradezu – und die galaktische Einheit THESSALIEN vor RANTALON wird von den Zeitgezeiten erfasst und deren Besatzung ausgelöscht.

Der LEUCHTENDE und Ekkon dringen daraufhin in die Funkzen­trale auf SIDEWALK ein und zwingen den Funker, Kontakt mit MONOLITH herzustellen, um die Rebellen zu warnen und ihre Einheiten von RANTALON zurückzuziehen.

Im Zuge des anstrengenden Gesprächs offenbart der LEUCH­TENDE die Existenz seines Messgeräts, was naturgemäß das Misstrauen gegen ihn nur noch intensiviert – bekanntlich sind diejenigen, die die monströsen Zeitgezeiten vor RANTALON schufen, unbekannt. Und bekanntlich ist Marcs Mutter Death-Zhonya, vor neun Jahren in den Zeitgezeiten vergreist und kurz nach Oki Stanwers Rückkehr dann gestorben.

Das Gerücht, dass die Bediensteten des Lichts für diesen Vorfall verantwortlich seien, ist bekanntlich nie verstummt. Doch der LEUCHTENDE sagt nun, dass die Manipulationen am Zeitgezei­tenfeld von einer anderen Stelle der Galaxis kommen und er diese Stelle ausfindig machen könne, wenn man ihn lasse … daraufhin rehabilitiert ihn Marconius zögerlich und beschließt, nach SIDEWALK zu kommen, damit eine Mission mit dem LEUCHTENDEN und Ekkon an Bord diesem Problem nachgehen kann.

Niemand ahnt, dass sie damit in das nächste Wespennest an Problemen stechen … denn hinter der Manipulation der Zeitge­zeiten steckt niemand Geringeres als Soffrol, der monströse Rä­cher von Breeth-Fgahn und Herr der Neuen LIGA …

Neues Unheil bahnt sich also an. Im nächsten Bericht über diese Serie werdet ihr noch mehr dazu erfahren.

Bis bald, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 478: Ein Traum von Wessex

Posted Oktober 15th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

Rezensionen schreibe ich schon wirklich lange. Die frühesten davon datieren in die frühen 1980er Jahre. Und in der Frühzeit meiner Fandomaktivität sandte ich, enthusiastisch und ohne Möglichkeit eines Backups, oftmals Geschichten und Rezensio­nen als Originalskripte hinaus an befreundete Redakteure. Viele Werke fielen auf diese Weise dem Vergessen anheim und tauch­ten nie wieder auf.

Andere hatten das Glück, dass mehr oder minder befähigte Re­dakteure sie abschrieben (oftmals reichlich mit Tippfehlern an­gereichert, ein Ergebnis der hitzigen Hast der Arbeit). Dann er­schienen sie in deren Fanzines, und ich bekam in der Regel ein Belegexemplar.

Auch meine Fanzine-Sammlung reicht bis in diese Tage zurück. Und darin entdecke ich in den letzten Jahren immer wieder Re­zensionen von Büchern, die längst aus meinem Blickfeld ent­schwunden sind. So war es auch mit dieser Rezension, die 1996 ein einziges Mal veröffentlicht wurde. Das Fanzine gibt es schon lange nicht mehr, also schrieb ich die Rezension ab und korri­gierte die importierten Schreibfehler.

Und je weiter ich mit der Abschrift kam, desto mehr musste ich respektvoll nicken. Mein damaliges Ich, gerade mal zarte 26 Lenze alt, kümmerte sich zwar favorisiert um eher schlicht ge­strickte Geschichten und rezensierte nicht minder simpel … aber das hier wich davon doch im positiven Sinne sehr ab.

Da Christopher Priest hochbetagt wenige Tage nach der Wieder­entdeckung dieser Rezension verstorben ist, könnt ihr diese Ver­öffentlichung als kleine posthume Verneigung vor einem wirk­lich bemerkenswerten Autor verstehen. Wer ein gewisses Faible für solche Dinge wie „Matrix“, „Welt am Draht“ oder die Ge­schichten eines Philip K. Dick hat und dieses Werk noch nicht kennt, sollte vielleicht danach Ausschau halten. Es könnte ihm/ihr gefallen.

Warum sage ich das? Nun, am besten ist es, ihr lest mal, was ich dazu vor 32 Jahren zu schreiben wusste. Ich könnte mir den­ken, dass ihr am Ende ganz meiner Meinung seid …

Ein Traum von Wessex

(OT: A Dream of Wessex)

Von Christopher Priest

Heyne 3631, 1979

240 Seiten, TB

Übersetzer: Ronald M. Hahn

ISBN: 3-453-30543-4

Dieser Roman spielt zum einen im Jahr 1987, zum anderen im Jahr 2137. Bei dem Projekt, dem man in der Burg Maiden Castle in Wessex im Auftrag einer Treuhändlergesellschaft nachgeht, handelt es sich um die Projektion einer Zukunft durch 38 ver­sierte Wissenschaftler und Fachkräfte, die sich in einem Mental­projektor befinden, der von einem Mann namens Ridpath erfun­den wurde. Sie werden in regelmäßigen Abständen zurückge­holt, verfassen Reporte und führen Gespräche mit ihren Betreu­ern, damit diese über jeden Aspekt des Vorhabens informiert sind.

Wessex im Jahre 2137 ist gespenstisch verändert. Tektonische Instabilitäten haben das Land abgesenkt, sodass Wessex mit Maiden Castle darauf und einigen weiteren Orten zu einer Insel wurde. England wurde von Russland okkupiert, die Vereinigten Staaten werden von Arabern beherrscht, es gibt auch Moscheen und Muezzine in England, zugleich aber herrscht zumindest in der Enklave Wessex eine Freizügigkeit, die bizarr erscheint. Die Stadt Dorchester, über der Maiden Castle liegt, ist eine Touris­tenhochburg geworden. Dort verkaufen auch die Männer und Frauen von Maiden Castle , einer größtenteils autarken, etwas geheimnisvollen Gesellschaft, ihre Produkte, die sich touristisch orientieren.

Alles in allem bietet die Welt einen friedfertigen Eindruck, sie IST auch friedlich und längst zu einer Fluchtidentität der Men­schen des Projekts geworden, die, während sie in der Projektion existieren, jede Erinnerung an ihre Vergangenheit verlieren und stattdessen eine Schein-Vergangenheit, die zur Zukunftsprojek­tion gehört, annehmen.

Hauptperson ist zum einen Julia Stretton, eine Geologin, die re­lativ neu in Wessex ist und hier mehr durch Zufall auf eine Spur David Harkmans, einer weiteren Hauptperson, stößt. Harkman ist einer der ersten, der in die Projektion eingeschaltet wurde, aber seither – seit etwa zwei Jahren – ist es nicht mehr gelun­gen, ihn zurückzuholen. Dadurch, dass Julia eine erotische Be­ziehung zu ihm aufbaut und sich letztlich richtig in ihn verliebt, binden sie sich gegenseitig aneinander, was ihnen später das Leben retten soll.

Es ist eine Auflage der Teilnehmer des Wessex-Projekts, dass sie einander in der normalen Welt nicht kennen sollen, damit nicht aus emotionalen Konflikten eine Störung der Projektion er­wächst. Keiner aber ahnt, als Paul Mason im Auftrag der Treu­händergesellschaft auftaucht, was er für ein Chaos anrichten wird: Mason hat vor mehr als sechs Jahren eine unglückliche Be­ziehung zu Julia Stretton unterhalten und soll nun die Projektion ansehen. Julia wird von ihm durch persönliche Details erpresst, ihre Bekanntschaft herunterzuspielen, und so dringt Paul Mason in das Paradies Wessex der Zukunft ein.

Aber er ist ein labiler, machthungriger Charakter, und er verän­dert das sonnige, freundliche Wessex in einen Ort, der von In­dustrie überladen ist, in dem es keine Touristen mehr gibt, der Ort verwandelt sich in eine verschandelte Kloake, in der er der absolute Herrscher ist. Auf dem Pseudo-Maiden Castle versucht er, den auch dort vorhandenen Ridpath-Generator in Betrieb zu nehmen, und zwar mit dem Ziel, eine Projektion der VERGAN­GENHEIT zu erstellen: 150 Jahre zurück, eine Projektion des Aus­gangsjahres 1987. Dabei kommt es zur völligen Konfusion. Ma­son verliert den Verstand, und die geistigen Kräfte der Beteilig­ten eskalieren …

Kritiker schrieben, „A Dream of Wessex“ sei der bedeutendste Roman, der in letzter Zeit über die phantastischen Möglichkei­ten des menschlichen Bewusstseins geschrieben wurde, und ich denke, damit haben sie durchaus recht gehabt. Mich hat der Ro­man schon vor über zehn Jahren fasziniert, und als ich die letz­ten Kapitel des Romans las, wuchs diese Faszination in mir wie­der an.

Man stelle sich das plastisch vor: Bewusstseine erschaffen eine Ersatzwelt, 150 Jahre in die Zukunft projiziert, eine Welt, die so­gar so real ist, dass es dort Pseudocharaktere gibt, die diesel­ben Namen tragen, ein idealisiertes Aussehen und einen ideali­sierten Tagesablauf besitzen. Eine Welt, in der man selbst dann, wenn man erkennt, DASS es eine Täuschung ist, diese nicht als solche erkennen kann.

Und dann wird eine Information aus dem Jahre 1987 entdeckt, eine verstaubte Zeitungsmeldung, die besagt, dass dieses Wes­sex, in dem man sich gerade aufhält, nur eine Illusion ist – er­zeugt von den Bewusstseinen von schlafenden Menschen! Und dann kehrt man zurück ins Jahr 1987 und erkennt auf einmal, dass man der Realität nicht mehr traut, weil dieses Jahr 1987 WENIGER Realität zu haben scheint als das Jahr 2137.

Oder gibt es, geworfen vom zukünftigen Ridpath-Projektor, eine ZWEITE Ebene von 1987? Ist derjenige, der aus der Zukunft zu­rückgeht, in der RICHTIGEN Welt gelandet oder nur in einer Scheinrealität, die ebenso idealisiert worden ist wie jene Welt, aus der der Reisende kommt?

Der Verstand des Lesers gerät auf den letzten dreißig, vierzig Seiten des Buches wirklich aufs Glatteis. Für mich ist dieser Ro­man von Christopher Priest durchaus mit den realitätszermal­menden Romanen eines Philip K. Dick zu vergleichen.

Unbedingt empfehlenswert! Wenn man so will: Ein Geheimtipp für Insider.

© 1992 / 2024 by Uwe Lammers

Harter Tobak für heute? May be. Aber ihr wisst ja, die Abwechs­lung macht die Qualität eines Blogs wie dieses aus. Manche Bei­träge fordern „nur“ 400 Klicks heraus, andere dagegen, und die­ser hier könnte gut dazu gehören, kommt dann locker auf mehr als 1000 neugierige Blicke.

In der kommenden Woche wird es sehr viel entspannter, dann stelle ich tatsächlich reine Unterhaltungslektüre vor.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

wir schrieben den 13. Juni 2024, spätabends, als ich endlich die letzte von 13.909 Fußnoten geschrieben hatte und mich mit Er­leichterung zurücklehnen durfte.

Das Digitalisat des KONFLIKTS 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“ (16Neu) war abgeschlossen. 125 abenteuerliche Bände voll verrückter Einfälle, grässlicher Täuschungen, Reisen, Zeitreisen und kosmischer Wunder endete nun. Ursprünglich ar­beitete ich daran von Dezember 1983 bis Mai 1998, also fast 15 Jahre. Das Digitalisat, das 2439 Seiten stark ist, ließ sich leichter und rascher bewerkstelligen. Immerhin schrieb ich hieran dann aber auch von November 2021 bis jetzt, Juni 2024, also immer noch rund drei Jahre.

Mit KONFLIKT 16 ist der vorvorletzte komplett analog vorliegen­de OSM-KONFLIKT erfasst und darum ein leichtes Feld für digita­le Suchoperationen … die ich auch häufig während der Digitali­sierungsprozesse benötigte. Gerade in den letzten 30 Bänden, die ich 1997/1998 innerhalb weniger Monate herunterschrieb, hatten sich doch viele Andeutungen und Anspielungen ver­steckt, die ich mit klaren Verweisen dingfest und eindeutig posi­tionieren musste.

Ihr kennt ja aus anderen Fertigstellungsartikeln dieser Art (zu­letzt aus dem Blogartikel 552, der am 3. März 2024 das Licht der Öffentlichkeit erblickte), dass ich bei einem solchen Prozess mehrstufig vorgehe.

Stufe 1 ist die reine Texterfassung (wobei ich dann fehlende Worte oder Satzzeichen ergänze oder handschriftliche spätere Korrekturen namhaft mache und dokumentiere). Hier kommt es selbstverständlich schon vor, wenn Sätze völlig verkorkst sind, Wortreihenfolgen zu ändern oder einfallslose bzw. abstruse Wortverbindungen zu korrigieren. Gerade im Schreibeifer kam es häufig vor, dass ich SCHNELL nach Worten suchte, alternati­ven Formulierungen usw. Da waren schon echte Kracher dabei. Der große Vorteil war jetzt ja der, dass ich etwas mehr Zeit hat­te und mich von dem schon vorhandenen Handlungsstrom nicht so jagen lassen musste. Ich würde sagen, das kam an den Kri­senstellen der Formulierungsfähigkeit doch sehr entgegen.

Stufe 2 nimmt dann den Faden wieder auf und füllt die Blanko-Verweisstellen, die stets durch „Vgl. Bd.“ auszeichnen, mit expli­ziten einzelnen oder multiplen Episodenangaben. Und zwar nicht nur aus dieser Serie, sondern das geht dann über die gan­ze Breite des geschriebenen OSM. Da tauchen Werke aus frühe­ren OSM-Ebenen auf, etwa aus KONFLIKT 13 „Oki Stanwer Hor­ror“, ich zitiere dort „Annalen“-Geschichten, aber auch externe Inspirationsquellen.

Stufe 3 ist dann der anstrengende, anspruchsvolle nächste Schliff: Über die bisherigen Anmerkungen hinaus verfolge ich in der Dokumentation der Serienepisoden Handlungsbögen, ent­schlüssele Zeitparadoxa, kläre über Handlungs-, Reihenfolge- und Inhaltsfehler auf. Und ich glaube, ich verrate kein Geheim­nis, wenn ich sage, dass gerade auf der Schlussgerade dieses Zyklus faszinierende Reflexionen über die gesamte Dimension des OSM verstärkt vorkamen. Das konnte mich nicht wirklich überraschen.

Warum sage ich das?

Nun, der OSM hat sich in den zurückliegenden 25 Jahren natür­lich strukturell enorm weiterentwickelt. Und gerade in diesem KONFLIKT tauchten nun vermehrt Superwesen auf, so genannte GRALSJÄGER. Die stammen wenigstens aus KONFLIKT 22 (Serie „Oki Stanwer – Der Schattenfürst“), viele sogar originär aus ei­ner Zeit nach dem RAND jenseits von KONFLIKT 28 (Serie „Oki Stanwer – Der Siegeljäger“).

Und in dem Maße, in dem die Kenntnisse über die allgemeine TOTAM-Physik gewachsen waren, begann ich während der Ab­schriften und Kommentierungen zu spannende Entdeckungen zu machen.

Auf einmal wurde deutlich, warum es auf RANTALON selbst für die GRALSJÄGER so etwas wie „blinde Datenfenster“ gab. Ich entdeckte mit einigem Schaudern den „Spurwechsel“ und hege inzwischen nach dem fertigen Erstellen der letzten 16Neu-Texte das Gefühl, dass ich an einer Stelle sogar 1998 fast den GESAM­TEN OSM hätte entgleisen lassen!

Diese Passage ließ es mir echt kalt den Rücken herunterlaufen, Freunde. Aber das, was man später das „chronotechnische Inferno der Ebene 16“ nennt, hat das Schlimmste verhindert.

Alles in allem sind diese 125 OSM-Episoden, die nun endlich, nachdem ich vor rund 26 Realjahren die letzte Zeile daran schrieb, nun endlich fertig gestellt, und mir ist ein ziemlicher großer Stein von der Seele genommen.

Es gibt im Anschluss natürlich noch einiges zu tun.

Stufe 4 war das digitale Durchsehen der Episoden auf dem Laptop, um den Ausdruck vorzubereiten. Das ist inzwischen auch alles geschehen.

Stufe 5 ist die glossarische Durchsicht der Episoden (bis inklu­sive Band 119 ist das schon geschehen). Sodann werden die Be­griffe im 16Neu-Glossar verzeichnet und in diesem Arbeits­schritt auch neue Begriffe, die sich noch nicht im 16Neu-Lexikon fanden, dort verzeichnet.

Stufe 6 wird die allmähliche Auffüllung des Glossars für diese Serie sein. Zwar habe ich 85 Doppelseiten an Begriffen schon erklärt (und habe das Glossar so auf über 300 Seiten Inhalt ge­bracht) … aber wenn ich andeute, dass es noch 54 Seiten (!) Le­xikonbegriffe gibt, die bislang nicht erklärt werden konnten auf diesen 170 Lexikonseiten, dann ahnt ihr, dass hier noch viel Nacharbeit auf mich wartet.

Diese Aufgabe kostet dann wirklich viel Zeit.

Weshalb das?

Nun, weil ich hier ja nicht für jede Serie das Rad sinnbildlich neu erfinde. Stattdessen schaue ich nun erst mal im zweiteiligen OSM-Hauptglossar nach, ob ich für die einzelnen noch offenen Einträge im 16Neu-Glossar dort schon Erklärungen habe. Die solcherart aufgefüllten Begriffe streiche ich dann aus der Nach­tragsliste.

Anschließend muss ich dann aber noch die einzelnen Serien­glossare durchgehen … und zwar deswegen, weil die dort er­klärten Begriffe bislang noch nicht in das Hauptglossar über­nommen worden sind. Ihr werdet euch vielleicht entsinnen, dass ich bislang nur ein Serienglossar, nämlich das von KONFLIKT 13 „Oki Stanwer Horror“ dorthin übertragen konnte. Alle anderen Begrifflichkeiten, die z.B. die KONFLIKTE 22, 24, 28 oder noch andere Serien des OSM betreffen, muss ich jeweils zeitraubend dort nachschlagen.

Erst danach kann ich daran gehen, die wirklich noch nicht er­klärten Namen, Orte und Welten aus dem KONFLIKT 16 zu be­schreiben, indem ich dann die Episodendigitalisate dieser Serie heranziehe und sie nach den relevanten Details durchsuche.

Erst dann – mutmaßlich in ein paar Monaten – kann ich schluss­endlich auch daran gehen, das Glossar des KONFLIKTS 16 in das Hauptglossar zu integrieren.

Während das alles aber so auf einer Nebenaktivitätsspur dahin­läuft, kann ich an anderen Projekten weiterarbeiten.

An welchen?

Och, daran herrscht wahrlich kein Mangel.

Zuvorderst sollte ich den Roman „Quisiins letzter Fall“ ab­schließen, der schließlich mitten im KONFLIKT 16 spielt.

Ein weiteres Projekt, das ich natürlich verfolge, ist dann die Wei­terarbeit am KONFLIKT 4 „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“, wo ich in diesem Jahr schon so famos weit vorangekommen bin und nur noch wenige Episoden vom Serienschluss entfernt bin.

Dann sind da natürlich die E-Books, an denen ich schon seit ge­raumer Zeit vorankommen will.

Und außerdem ist da noch das nächste Digitalisat-Großprojekt. Ich schreibe ja schon seit geraumer Zeit an KONFLIKT 20 „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam“ (bzw. 20Neu). Und seit dem 10. Juni hat auch die Arbeit an der noch letzten rein analog ab­geschlossenen Serie, dem KONFLIKT 23 „Oki Stanwer – Der Dä­monenjäger“ begonnen.

Davon werdet ihr alsbald in den „Work in Progress“-Blogartikeln noch deutlich mehr hören. Auch diese Serie ist ja seit 1994, also seit 30 Jahren, abgeschlossen … in den stürmischen Jahren 1988 bis 1994 verfasste ich alle 147 Episoden dieser längsten und komplexesten OSM-Serie, die wirklich mit sehr vielen golde­nen Kühen des klassischen OSM aufräumte und mich von einer nuklear verstrahlten Erde zu einem magischen Pharaonenreich führte, wo leibhaftige Götter regierten. Ich traf auf Fabelwesen in einem entvölkerten Paris, auf desertierende Totenköpfe, ei­nen Fake-Mond, der sich als Kampfstern der Okis herausstellte. Es gab eine Naziwelt und einen Handlungsschauplatz mit dem Tahuantinsuyu der Inkas … Junge, Junge, ich sage euch, und das ist wirklich nur ein Zipfel all dessen, was euch in dieser Serie er­wartet.

Alsbald erfahrt ihr mehr.

Für den Moment aber gilt es jetzt, die oben angeführten sechs Arbeitsstufen an dem Seriendigitalisat 16Neu zu vollenden, da­mit ich hier einen schönen Schlussstrich ziehen kann.

In der nächsten Woche bleiben wir übrigens gleich beim KON­FLIKT 16. Da lernt ihr den oben erwähnten Politoberoffizier Qui­siin kennen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

der Titel des Buches, das ich euch heute mal als interessante Lektüre ans Herz legen möchte, klingt wahlweise nach einem Fiebertraum oder einer nationalpatriotischen Wunschvorstel­lung. Das dachte ich vor knapp 15 Jahren, als ich es las, eben­falls … aber nicht lange.

Was wir hier vor uns haben, ist eine überaus feinsinnig ausge­führte historische Vergleichsanalyse, die die bekannten Fakten durch ein eher unsichtbares Raster leitet und zu interessanten Schlussfolgerungen kommt.

Wenn ihr ein wenig historisch interessiert seid und mal über simple Schlussfolgerungen zu etwas anspruchsvolleren Argu­mentationen übergehen möchtet, empfehle ich euch wärms­tens, hier weiterzulesen. Es lohnt sich.

Wie Deutschland den Ersten Weltkrieg gewann

von Benjamin Richter

Olzog-Verlag, München 2008

128 Seiten, TB

ISBN 978-3-7892-8253-9

Das Deutsche Reich hat den Ersten Weltkrieg verloren, das ist eine historische Tatsache. Der im Sommer 1914 begonnene Krieg, damals noch nicht als Weltkrieg absehbar und auch so von Anfang an nicht konzipiert, wucherte im Verlauf von vier Kampfjahren zu einem monströsen, mörderischen Geflecht von erbitterten Feindschaften und Zwängen, in dem offenkundig kei­ne Seite zuerst klein beigeben wollte. Doch als am 4. Oktober 1918, als das Deutsche Reich die Alliierten um einen Waffenstill­stand bat, der dann am 11. November 1918 in Kraft trat, stand für die Weltgeschichte eigentlich unumstößlich fest: das Deut­sche Reich, mit Abstand die treibende Kraft in dem Konflikt, hat­te das Ringen verloren. So steht es in den Geschichtsbüchern. Von anderen Dingen träumen allenfalls Phantasten oder Unver­besserliche.

Es ist darum verständlich, dass das Buch von Benjamin Richter, das ja just das Gegenteil der historischen Tatsachen zu be­schreiben schien, meine Neugierde weckte, sowohl als Histori­ker mit einem Neigungsschwerpunkt Erster Weltkrieg als auch als tätiger Phantast mit starkem Interesse an kontrafaktischer Geschichte.

Um eines vorwegzunehmen: Es handelt sich nicht um eine Phantasie, also nicht um eine kontrafaktische Ausarbeitung, wie das hätte aussehen können, wenn Deutschland tatsächlich, den Tatsachen zuwider, im Jahre 1918 (oder wann auch immer) den Ersten Weltkrieg gewonnen hätte. Eine solche höchst reizvolle, wiewohl auch äußerst anspruchsvolle Ausarbeitung harrt bis heute ihrer Realisierung. Nein, Richter hält sich strikt an die rea­len Fakten.

Dr. Benjamin Richter (Jahrgang 1977), tut vielmehr etwas ande­res. Wiewohl er kein Historiker ist, sondern Philosophie und Poli­tikwissenschaft studiert hat und inzwischen als Journalist arbei­tet, hat er sich des Themas des Ersten Weltkrieges angenom­men, um es gewissermaßen gegen den Strich zu bürsten.

Seine grundlegende These lautet nämlich: Wenn man unvorein­genommen auf den Krieg zugeht und sich einmal jenseits des Versailler Friedensschlusses und seiner Konsequenzen ansieht, für was für Ziele die einzelnen Nationen in den Krieg gezogen sind und ob und wenn ja, wie sie ihre Ziele erreicht haben, was für einen Schluss muss man dann daraus ziehen? Schon im Vor­wort kommt der Verfasser dadurch zu dem Schluss, dass alle Kriegsziele eigentlich verfehlt worden sind … bis auf die, derent­wegen die Deutschen in den Kampf zogen. Und deshalb, so zieht er Bilanz, hätte prinzipiell Deutschland den Krieg gewon­nen. So kommt er zu dem Titel.

Folgerichtig ist das Buch auch in fünf Hauptkapitel aufgeteilt, ein Resümee und einen bescheidenen Anhang von Endnoten und Karten. Jenseits der Einleitung führt uns das Kapitel 2 „Das Erbe Richelieus“ zur französischen Regierung. Und hier beschert sowohl der gut lesbare Stil des Verfassers als auch sein recht unerwarteter Blickwinkel eine Erleuchtung, was den bislang als wahnwitzig betrachteten „Plan 17“ des dortigen Generalstabs angeht.

Richter arbeitet nämlich heraus, dass es der französischen Füh­rung nur in zweiter Linie um „Revanche für 1870/71“ ging. Er blickt tiefer zurück, bis ins 17. Jahrhundert, und sein durchaus begründeter Schluss aus den politischen Plänen seit Kardinal Ri­chelieus Tagen führt dahin, dass es das Ziel der französischen Außenpolitik sein musste, Bismarcks Einheitswerk zu destabili­sieren, die als desaströs begriffene Nationenbildung Deutsch­lands rückgängig zu machen und Deutschland als Gesamtstaat zu zerteilen, um seine Macht dauerhaft zu brechen.

Es lässt sich nicht leugnen, dass auch der Versailler Friedensver­trag, der massiv von französischem Territorialinteresse diktiert wurde, genau in diese Richtung zielt. Gleichwohl hat Richter Recht – Frankreich hat zwar den Krieg faktisch gewonnen (mit alliierter Unterstützung), aber das eigentliche Kriegsziel, die Zerteilung Deutschlands, wurde nur höchst partiell erreicht und später von Hitler revidiert.

Unter „Der Griff nach Konstantinopel“ widmet sich der Verfasser der russischen Kriegszielproblematik. Hier muss er noch weiter zurückgehen, nämlich bis 1453, zum Sturz des byzantinischen Großreichs und der Flucht der dortigen Eliten nach Russland. Wenigstens bis zum Krimkrieg Mitte des 19. Jahrhunderts bin ich geneigt, Richter zuzustimmen, dass Russlands Politik wenigs­tens partiell dahin tendierte, Konstantinopel wieder zurück zu gewinnen bzw. die orthodoxe Herrschaft über die Stätten des Heiligen Landes sicherzustellen (was natürlich mit den Franzo­sen, Türken und anderen Mächten kollidierte). Eine zweite Stoß­richtung war die panslawistische Bewegung Richtung Balkan und die dortige Hegemonialstellung, die sich bis direkt in die Anfangstage des Ersten Weltkriegs verfolgen lässt und den di­rekten Konflikt mit Österreich-Ungarn herausforderte.

Der Wunsch, in der Konfrontation mit Österreich-Ungarn sieg­reich zu bleiben und Russland mithin mehr Einfluss auf dem eu­ropäischen Kontinent und vielleicht auch im Bereich des Bospo­rus zu sichern, wird also als zentrales Kriegsziel Russlands defi­niert, das mehr in den Konflikt hineingezogen wurde, als dass es ihn direkt gesucht hätte. Doch wie endete der Krieg für Russ­land? Durch das vorzeitige Ausscheiden aufgrund der bolsche­wistischen Revolution 1917 und das Zurückdrängen hinter die polnische Ostgrenze verlor Russland nahezu allen politischen Einfluss auf Deutschland und Zentraleuropa. Wahrhaftig – ein Sieger sieht anders aus.

Für England, charakterisiert der Autor im vierten Kapitel, war „Das europäische Gleichgewicht“ ausschlaggebend, und zwar schon seit vielen Jahrhunderten. Er geht in die vornapoleonische Zeit zurück, arbeitet den Antagonismus Frankreich-England her­aus und zeigt ebenfalls auf, dass die Briten kein Interesse an dem französischen Kriegsziel haben konnten, der Zerschlagung Deutschlands. Denn ihnen lag wahrhaftig nichts daran, ein star­kes Frankreich als neue Zentralmacht zu fördern. Hierin liegen für Richter auch die Wurzeln der Appeasement-Politik nach dem Ersten Weltkrieg, und das ist durchaus begründet. England musste vielmehr daran gelegen sein, das europäische Gleichge­wicht zu stabilisieren und zu verhindern, dass eine der Mächte zu stark wurde. Das Zauberwort hieß quasi: gleichmäßige Ent­kräftung aller Seiten.

Doch Österreich-Ungarn wurde planmäßig zerschlagen. Es ent­stand eine Pufferzone neuer Staaten im Osten Europas, Deutschland und Frankreich waren geschwächt, doch Deutsch­land erstarkte im Verlauf des Bestehens der Weimarer Republik vergleichsweise schnell, und von dem angestrebten europäi­schen Gleichgewicht blieb im Grunde nichts übrig. Auch die Bri­ten sind deshalb, wiewohl formell Sieger, grundsätzlich mit Blick auf ihr hauptsächliches Kriegsziel, Verlierer des Konflikts zu nen­nen.

Im Kapitel 5 „Krieg dem Kriege“ werden die Amerikaner als Krieg führende Nation charakterisiert. Zunächst isolationistisch, sich moralisch überlegen dünkend gegenüber dem „Sumpf“ eu­ropäischer Intrigen und Gemetzel. Als Präsident Woodrow Wil­son, mit Recht als Moralist alter Schule gezeichnet, endlich dem Morden in Europa nicht mehr länger zusehen konnte, kam er mit dem Prinzip, einen Krieg auszufechten, der alle künftigen Kriege beenden würde, mit einer Art von Kreuzzugsideologie nach Europa herüber, was zutreffend dem Weltkrieg ein ganz neues Gepräge gab. Amerika trat nicht in den Krieg ein, um Macht oder Territorien zu erobern, sondern um ein Ideal durch­zusetzen.

Das Ideal aber, mit diesem Konflikt und seinem siegreichen Aus­gang alle künftigen Kriege zu beenden, war wirklich zu hoch, um sich erfüllen zu lassen. Zu verbittert waren die europäischen Kombattanten, zu blutig das Schlachtengemetzel, zu verletzt die Völker – und der hehre Anspruch des amerikanischen Präsi­denten erwies sich als gar zu abgehoben. Zwar entschieden die frischen Truppen Amerikas den Krieg zugunsten der Alliierten, aber im Friedensvertrag von Versailles setzten sich die revan­chistischen Wünsche der Franzosen durch und vergifteten die Zukunft. Zwar entstand der Völkerbund, Wilsons Wunsch ent­sprechend, aber der amerikanische Kongress erteilte der Ratifi­zierung des Friedensvertrages eine Absage, und Amerika wurde kein Mitglied des Völkerbundes. Wilson erlitt bald darauf einen physischen Zusammenbruch und starb wenig später. Auch hier muss man leider sagen – dies ist keine Siegerstory, und Wilsons Idealismus kam zur Unzeit.

Auch Deutschland, dem Richter mit Abstand das längste Kapitel widmet (Kapitel 6: „Aufbruch der ‚Einkreisung’“, fast 40 Seiten lang), hatte sich nicht auf einen langen Krieg vorbereitet. Aber zumindest WAR es auf diesen Krieg vorbereitet, besser als die Nachbarstaaten. Nachdem im Jahre 1890 der neue Monarch, Wilhelm II., seinen alten Kanzler Bismarck aufs Altenteil ge­schickt hatte, verfiel Bismarcks bislang riskant, aber erfolgreich ausbalancierte Außenpolitik. Bismarck, der stets versucht hatte, Frankreich zu isolieren, wurde nicht mehr gehört, womit das ein­trat, wovor er stets gewarnt hatte: die „Einkreisung“ Deutsch­lands.

Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts waren aus Frankreich, Russland und England Verbündete geworden, die Deutschland umringten. Österreich-Ungarn mochte auf dem Papier territorial groß aussehen, doch militärisch war es in Wahrheit ein Papierti­ger – was sich im Weltkrieg mehr als einmal erweisen sollte und deutschen Beistand notwendig machte. Der militaristisch den­kende Kaiser Wilhelm II. sah die Lösung in einem schnellen, kurzen Krieg, für den nur der passende Anlass gefunden werden musste. Wirtschaftlich war Deutschland vor Ausbruch des Ers­ten Weltkriegs die mit Abstand stärkste Nation, sein Heer vor­züglich gedrillt und überproportional kampfstark. Und doch rüs­tete es sich wie in einer Zelle hoch, das Gefühl, die „Einkrei­sung“ schnüre die Luft zum Leben ab, je länger sie andauere, war weit verbreitet.

Also ein Befreiungsschlag. Für diesen Befreiungsschlag gab es Pläne, insbesondere den Schlieffen-Plan, der vorsah, im Falle ei­nes ausbrechenden Krieges zunächst unter Bruch der Neutrali­tät Belgiens in einem Gewaltmarsch zunächst gegen Frankreich zu marschieren und es niederzuwerfen. Sodann würden die Heere zur Ostfront zurücktransportiert werden, wo die „russi­sche Dampfwalze“ sehr allmählich mobil machen würde. So­dann sollte der Schlag gegen Russland erfolgen, was „unver­meidlich“ einen Friedensschluss von Seiten der Alliierten zur Folge haben würde. Deutschland würde dann darauf dringen, so sahen die Pläne es vor, im Osten Europas eine Reihe von Puffer­staaten unter deutschem Einfluss zu errichten, womit die Ein­kreisung ein für allemal enden müsse.

So war es geplant.

Wir wissen, dass es anders gekommen ist: Der Angriff durch Belgien blieb letzten Endes – unter anderem durch Verwässe­rungen des Schlieffen-Planes durch den neuen Generalstäbler Moltke – dicht vor Paris stecken und lief sich in einem bis dahin nie da gewesenen Grabenkrieg fest. Die Russen mobilisierten erschreckend viel schneller als erwartet. Die Österreicher ver­sagten bei dem Versuch, Serbien zu überrennen, außerdem er­wies sich die deutsche Hochseeflotte als völlig nutzlos, weil die Briten die See auch weiterhin beherrschten.

Richter sagt zutreffend, dass die Fachleute auf deutscher Seite bereits im Winter 1914 klar erkennen konnten, was die Stunde geschlagen hatte – dass der festgefahrene Krieg nicht mehr zu gewinnen sei. Intelligent wäre es gewesen, nun die Chance zu ergreifen und einen taktischen Rückzug einzuleiten. Diese Chance wurde vertan.

Auch die zweite Chance, als nämlich im Frühjahr 1917 die russi­sche Front zu zerbröckeln begann – die französischen Soldaten waren längst kriegsmüde und hätten möglicherweise einen ein­seitigen deutschen Rückzug auf die deutsche Grenze sehr be­grüßt und sich wahrscheinlich zu einem Kompromissfrieden be­reit gefunden – , wurde vom deutschen Generalstab ignoriert. Das lag wesentlich daran, wie der Verfasser sagt, dass im militä­rischen Führungsstab Erich Ludendorff inzwischen das Komman­do angab, der für solche Vorstellungen nicht zu haben war. Er wird hier als Hasardeur, als „Spieler“ charakterisiert, für den es nur „Alles oder Nichts“ gab, vollständiger Sieg oder vollständige Niederlage. Nicht umsonst ist es Ludendorff, der 1918 den Kapi­tulationsgedanken souffliert und sich danach aus der militäri­schen Verantwortung verabschiedet.

Gleichwohl: auch wenn Deutschland militärisch den Krieg ganz unübersehbar wenigstens in ein Patt gesteuert, bei Fortführung aber ganz bestimmt verloren hätte, muss man als Historiker Richter durchaus Recht geben: wenn es das zentrale Ziel des Deutschen Reiches war, die „Einkreisung“ aufzubrechen, so wurde dieses Ziel um einen sehr hohen Preis durchaus erreicht.

Natürlich kann man einwenden, dass das geschlagene und von Reparationen und territorialen Amputationen betroffene, demili­tarisierte Deutsche Reich wohl kaum siegreich genannt werden kann. Mit Recht würde man einwenden, dass die Isolation, in der sich Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg wieder fand, noch schlimmer als zuvor war … ja, aber nur auf Zeit. Bekanntlich zermürbte der geschlagene Koloss im Verein mit den desaströ­sen Erbschaften des Krieges die Nachkriegsordnung.

Die neu geschaffenen Staaten waren alles andere als stabil und selbstständig. Sie hatten mit Minderheitenproblemen zu kämp­fen, mit Freikorpseinflüssen, mit jederlei politischer Instrumen­talisierung durch umliegende Großmächte. Wirtschaftliche Kri­sen, politische Attentate, bürgerkriegsähnliche Unruhen, Streik­wellen, politische Radikalisierung … das alles war nicht auf Deutschland beschränkt, sondern suchte mehr oder minder ganz Europa heim.

Deutschland und Russland waren aus dem Völkerbund ausge­schlossen, ja. Aber die Parias Europas fanden sich in der Nach­kriegszeit zusammen, und spätestens, als die Reparationen ab­geschüttelt waren und die Verständigungspolitiker Stresemann und Briand eine zaghafte Annäherung der „Erzfeinde“ im Her­zen Europas versuchten, weichten auch die harschen Restriktio­nen des Versailler Vertrages auf.

Dass es letzten Endes Adolf Hitler sein sollte, der die Fesseln der Nachkriegsordnung endgültig über den Haufen warf und mit seiner schrankenlosen Kriegstreiberei das Maß der Dinge sprengte, ist eine böse Ironie der Geschichte. Doch formell be­trachtet, durch Benjamin Richters Brille, hatte Deutschland in der Niederlage schon zuvor das getan, was er behauptet: den Ersten Weltkrieg fast unabsichtlich doch noch gewonnen, we­nigstens vom Ursprungsziel her.

Infolgedessen ist dieses schmale, bescheidene Büchlein ein in­teressanter, sehr lesbarer Gedankenanstoß, den man auch His­torikern ans Herz legen kann. Ich denke, es lohnt sich.

© 2011 by Uwe Lammers

In der kommenden Woche reisen wir noch einmal deutlich wei­ter zurück, nämlich in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts. Da­mals erschien ein heute weithin vergessener, spannender SF-Roman eines Autors, der jetzt hoch betagt im Frühjahr 2024 ge­storben ist. Ich hatte diese Rezension erst kürzlich wieder in ei­nem alten Fanzine ausgegraben und digitalisiert.

Alles Weitere erfahrt ihr in der nächsten Woche.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Blogartikel 583: Das Autoren-Nachlassarchiv-Projekt, Teil 11

Posted Oktober 6th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

auch dieser Text entsteht mit relativ wenig „Vorwarnzeit“, wie ich das mal vergnüglich formulieren möchte, nämlich am 29. September 2024, also eine Woche vor Veröffentlichung. Wie ich schon im letzten Teil (Blogartikel 574, veröffentlicht am 4. Au­gust 2024) geschrieben habe, neige ich in der Regel dazu, nicht solche Schnellschüsse zu produzieren, sondern konsequenter länger vorauszuplanen.

Beispielhaft ist hierfür etwa die Entwicklung des Rezensions-Blogs, der zurzeit bis Ausgabe 508 vorangeschrieben ist. Zur Verdeutlichung: Dieser Beitrag wird euch erst am 14. Mai 2025 erreichen. Bis dahin habe ich also Ruhe, alte Rezensionen abzu­schreiben, neue zu verfassen und Blogartikel in die Zukunft zu verlängern. Die aktuelle Planung für den Rezensions-Blog reicht übrigens bis Nr. 529 (8. Oktober 2025). Da herrscht also in kei­ner Weise Zeitdruck.

Bei den regulären Sonntags-Blogartikeln ist das anders, da habe ich durchaus diverse „Lücken“ noch offen. Das empfiehlt sich für Blitzeinfälle oder eben solche Beiträge, die sich um das Auto­ren-Nachlassarchiv-Projekt drehen.

Und damit sind wir beim Thema … na, fast.

Warum, so könntet ihr euch fragen, hat es auch diesmal so lan­ge gedauert, bis ich diesen Beitrag verfassen konnte? Wäre es nicht, eingedenk der letzten Information aus dem Vorgängerteil 10, nicht sinnvoll gewesen, diesen Beitrag direkt anschließend zu schreiben? Wer meine „Work in Progress“-Blogartikel kennt, weiß ja, dass das gelegentlich schon vorkommt, dass ich mehre­re Beiträge einer Artikelreihe im Fluss direkt aneinander schrei­be.

Nun, die Lage hat sich hier unschön entwickelt, arbeitstechnisch betrachtet. Der Plan, die Zeit zwischen dem Ende meiner Be­schäftigung bei der KreativRegion e.V. (31. Juli 2024) und der in Aussicht genommenen Wiederanstellung ebendort im Herbst 2024, mit einem Coaching zu überbrücken, in dem ich mich in­tensiver als in den Vormonaten um das Autoren-Nachlassarchiv-Projekt kümmern wollte, hat sich nicht realisieren lassen. Die Gründe, die gewissermaßen höherer Natur sind und nicht an mir liegen, lasse ich hier mal außen vor.

Zudem gab es bzw. gibt es zwei wichtige andere Aufgaben, die mich in der Zwischenzeit beanspruchten. Beide haben mit der Tatsache zu tun, dass ich ja 1. Vorsitzender des Fördervereins Phantastika Raum & Zeit e.V. in Braunschweig bin.

Erstens war der Verein ja Co-Ausrichter der 5. Perry Rhodan-Ta­ge Braunschweig Ende August/Anfang September im Jugend­zentrum Mühle in Braunschweig. Das beanspruchte gerade im August viel meiner Zeit und konnte dann erst so um den 5. Sep­tember herum als weitgehend abgeschlossen gelten.

Außerdem, zweitens, war ich mit Notaren und dem Finanzamt beschäftigt, um endlich die Aktualisierung der Eintragung des Vereins im Vereinsregister in die Wege zu leiten. Der Prozess läuft noch, ich bin aber guter Dinge, dass sich das alsbald re­geln lassen wird.

Daneben hatte ich mich ja auch gegenüber der KreativRegion e.V. verpflichtet, ehrenamtlich die Geschäftsstelle nicht völlig im Stich zu lassen (was sich als sehr sinnvoll erwies, da dort wö­chentlich durchaus bis zu 50-60 Mails eintrudeln, die gesichtet und verteilt werden wollen).

So kam es also, dass ich meinen durchaus gehegten Plan, zeiti­ger diesen Beitrag zu verfassen, nicht in die Tat umsetzen konn­te. Das ist eben das Leben, und das schießt mitunter quer. Ge­burtstage und Erkrankung von Freuden taten Ergänzendes, um mich abzulenken.

Jetzt bin ich hier aber voll fokussiert und setze den Gedanken­austausch fort, den ich am 4. August begonnen habe. Damals schrieb ich von einer Unterredung eines BANSON-Mitarbeiters im Trafo Hub, das in ein unerwartetes Gedanken-Brainstorming ausartete. Die erste von drei Seiten handschriftlichen Protokolls, das ich damals entwarf, habe ich euch damals zum Besten ge­geben. Hier folgt nun die zweite Seite. Am besten ist es, ihr druckt euch bei Gelegenheit beide Beiträge aus und legt sie ne­beneinander, dann habt ihr einen besseren Überblick (oder ihr speichert sie separat und schaut sie auf einem geteilten Bild­schirm an).

Notizen aus der BANSON-Besprechung (Teil 2):

Verein online – Vereinssoftware (VereinOnline.org)

coapp – Community-Plattform, Coworking-Spaces usw.

Ester Warth Design – Webdesign BS, arbeitet auch mit BANSON zusammen (Flyererstellung usw.)

CISmart – wegen Webauftritt

– Kalkulieren der Kosten: Horizont für 5 Jahre, 10 Jahre usw.

– Langzeitprojekt & Langzeitrentabilität

– Eher nicht erwähnen, dass Finanzierungsfragen via Bank bis­lang erfolglos – Antiwerbung!

– Bei IHK-Beratung schon Entwurfssatzung zum Durchsprechen dabei haben!

– BS Zukunft wegen Existenzgründung und -beratung hinzuzie­hen.

– Kostenkalkulation: Experten (s.o.) nach Erstellungs- und Unter­haltungskosten befragen, Gesamtbeträge extrapolieren (Websi­te, Werbung, Räume, Versicherungen, Infrastruktur, Personal­kosten, Krankenversicherung usw.) + 20 %, da man immer her­untergehandelt wird!

– Positive Beispiele (J. K. Rowling beispielsweise, van Gogh, Franz Kafka), Rekurs auf Marbach erwarten

– Selfpublisherszene, nachwachsende Talente, erfolgreiche Self­publisher hervorheben, um potenziellen Wert der Werke für die Zukunft zu zeigen

– Unterstützerliste nach Buchmesse als Türöffner!

– Im Idealfall persönlich gut vorbereitet zu Maecenata nach Ber­lin fahren zur Vorstellung des Projekts!

Ich glaube, ihr merkt, was da für ein sprühender kreativer Druck in diesem Gespräch steckte. Und das war ja immer noch nicht das Ende der Fahnenstange. Dazu komme ich dann im Teil 12 dieser Artikelreihe. Dafür könnt ihr euch schon eine Notiz im Ka­lender machen für den 17. November 2024.

Und ja, natürlich könnte ich jetzt diesen Beitrag sofort schrei­ben, das Material liegt ja bekanntlich vor. Aber inzwischen, wäh­rend ich diese Zeilen niedergeschrieben habe, kam mir der Ge­danke, dass es möglicherweise intelligenter ist, nicht so zu ver­fahren.

Warum? Nun, die Zeit entwickelt sich ja weiter, und im Laufe des Monats Oktober kann – neben zahlreichen Geburtstagen, darunter meinem eigenen – eine Menge passieren. Es ist wohl klüger, das dann hier mit einzuarbeiten.

In der kommenden Woche berichte ich euch dann davon, wie ich im Juni 2024 das Digitalisat von KONFLIKT 16 abgeschlossen habe. Die detaillierte Serienhandlung wird euch noch bis Mai kommenden Jahres begleiten – die entsprechenden Close Up-Beiträge sind allesamt schon fertig.

Bis nächste Woche also, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 476: Die zehnte Plage

Posted Oktober 2nd, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

ich hatte schon vor Jahren, als ich vom Erscheinen des Romans erfuhr, das unangenehme Gefühl, dass sich die Cussler-Coauto­ren wie die deutsche Verlagsverantwortlichen zunehmend „bib­lischer“ Themen annehmen wollten. Glücklicherweise lag ich da bei dem vergangenen Cussler-Roman „Die zweite Sintflut“ auf erleichternde Weise daneben (vgl. dazu den Rezensions-Blog 472 vom 4. September 2024). Und auch hier gibt es zwar Anklänge, die den deutschen Titel plausibel machen, aber auch hier wird so vielfältig das Grundthema variiert und ausgeweitet, dass man den Titel als einigermaßen abwegig bezeichnen muss.

Gleichwohl: Ja, das alles fängt im alten Ägypten an, aber es hat schließlich viel mit Umweltkatastrophen-Sanierung, politischen Intrigen, Lobbyismus, Größenwahnphantasien und einigem mehr zu tun.

Ich kann nur soviel schon verraten: Langweilig ist dieser Roman nun wirklich so gar nicht. Er lohnt die Lektüre.

Wenn aber doch der deutsche Titel so abwegig ist, worum ge­nau GEHT es denn dann wirklich? Ich glaube, das solltet ihr euch näher anschauen. Lest einfach mal weiter:

Die zehnte Plage

(OT: Celtic Empire)

Von Dirk Cussler

Blanvalet 1024

496 Seiten, TB, 2021

ISBN 978-3-1024-5

Aus dem Amerikanischen von Michael Kubiak

Der Roman ist auf längere Sicht wirklich dazu geeignet, Stirn­runzeln auszulösen, da sich anfangs insbesondere der englische Originaltitel so überhaupt nicht erschließt … aber es lohnt sich, hier Geduld zu investieren. Entgegen der ersten Annahme ha­ben wir es nämlich geraume Zeit nicht mit Kelten zu tun. Ganz im Gegenteil.

Der Prolog, ein Klassiker für Cussler-Romane, beginnt im alten Ägypten im Jahre 1334 vor Christus. Die Prinzessin Meritaton, eine Tochter des Ketzerpharaos Echnaton, flüchtet mit Gefolge aus dem Nilreich und verschwindet im Nebel der Geschichte. Hinter ihr bleibt ein Land zurück, das von einer furchtbaren Seu­che heimgesucht wird.

Blende in die Gegenwart nach El Salvador. Eine Gruppe von Wis­senschaftlern der Organisation United States Agency for Inter­national Development (USAID) ist in El Salvador, um Entwick­lungshilfe beim Anbau von Feldfrüchten zu leisten. Die Wissen­schaftlerin Elise Aguilar stößt dabei eher zufällig auf eine Reihe von Todesfällen unter Kindern und entnimmt Wasserproben aus einem Stausee … was nach einer Routineangelegenheit aus­sieht, bedeutet beinahe ihren Tod – denn Unbekannte sprengen den Staudamm, und kurz darauf wird auch noch das Entwick­lungshilfelager überfallen und alle Anwesenden ermordet. Es ist nur der zufälligen Gegenwart von Dirk Pitt senior und seinem al­ten Kameraden Al Giordino von der NUMA zu verdanken, dass Elise das alles überlebt.

Offiziell gilt der Anschlag auf das Lager als Werk von Extremis­ten … aber die vermeintlichen Extremisten verfolgen die Wis­senschaftlerin mit mörderischer Penetranz bis in die Vereinigten Staaten und sind augenscheinlich sehr erpicht darauf, sowohl sie als auch die Wasserproben und alle Beteiligten zu vernich­ten, die irgendwie damit befasst sind. Recht bald wird Dirk Pitt also ebenfalls von Killern verfolgt, die ihm hartnäckig ans Leder wollen.

Wer Cussler und Dirk Pitt kennt, weiß genau, dass sich die Kri­minellen damit die falsche Zielperson ausgesucht haben. Man merkt auch sehr schnell, dass der Roman damit rasant an Tem­po gewinnt und an keiner Stelle langweilig wird.

Doch dann kommt es in den Staaten bei Detroit zu einem fata­len Schiffsunfall – ein Ölsande transportierender Frachter sinkt nach einer Kollision, und eine dramatische Umweltkatastrophe scheint unvermeidbar. Da ergibt sich durch einen scheinbaren Zufall, dass Dirk Pitt mit seiner Frau, der Abgeordneten Loren Smith-Pitt, auf einer Gala ins Gespräch mit dem unangenehmen Senator Stanton Bradshaw kommt und der herrischen Schottin Evanna McKee, die CEO der Firma BioRem Global Limited ist. Und diese Firma ist spezialisiert auf die mikrobielle Sanierung von Umweltschäden. Sie verspricht sofortige Hilfe, wenn Loren Smith und Bradshaw die Zulassungen für ihre genetisch opti­mierten Mikroorganismen beschleunigen – was dann auch im Eiltempo passiert. Zu diesem Zeitpunkt wirkt das alles fast zu­fällig, aber zufällig ist daran gar nichts. Das beginnt Pitt bald zu argwöhnen, als es bei dem Bergungsversuch in Detroit zu ei­nem rätselhaften Todesfall unter den Tauchern kommt. Er hat nur leider keine Beweise für seinen Verdacht.

Parallel zu diesen Geschehnissen, die den McKee-Clan ins Ram­penlicht rückt und die Intentionen der Matriarchin, mehr Frauen zu fördern, um sie in Chefetagen aufrücken zu lassen, wird eine weitere Handlungsebene aufgebaut, die diesmal in Ägypten spielt. Genauer gesagt: in Amarna, der alten Regierungshaupt­stadt des Pharaos Echnaton. Hier ist Professor Dr. Harrison Stan­ley bei Ausgrabungsarbeiten. Ihm assistiert eine reizende junge Frau namens Riki Sadler, die sich erst im Verlauf der Handlung als Tochter von Evanna McKee herausstellt. Sie werden auf dra­matische Weise in einen Überfall von scheinbaren Grabräubern verwickelt … durch die Einmischung von Summer und Dirk Pitt junior, die just zu diesem Zeitpunkt im Nil unterwasserarchäolo­gische Arbeiten ausführen, kann das Schlimmste verhindert werden … allerdings nicht, dass das unberührte Grab geplün­dert wird. Doch eigenartigerweise sind die Räuber nicht auf die goldenen Grabbeigaben aus, sondern rauben einen Kindersarg mitsamt Leiche und zerschießen eine Grabinschrift.

Diese ist zuvor allerdings noch fotografiert worden … und ähn­lich wie im Zwischenfall in El Salvador unternehmen die ver­meintlichen Grabräuber nun alles, um das Handy mit dem Reli­effoto in ihren Besitz zu bringen oder es zu zerstören. Das führt schließlich beinahe dazu, dass Summer und Dirk Pitt jr. im Nas­sersee an die Krokodile verfüttert werden.

Inzwischen wird ihnen zunehmend klarer, dass hier sehr merk­würdige Dinge vor sich gehen. Und immer wieder stoßen sie da­bei auf den Namen der verschollenen ägyptischen Prinzessin Meritaton. Das führt letztlich zu dem Plan, das unbekannte Grab der Meritaton ausfindig zu machen, das eindeutig nicht in Ägyp­ten liegt. Und das ist wirklich das Allerletzte, was die Verbrecher sich wünschen. Die Gründe dafür bleiben weiterhin schleierhaft.

In der Zwischenzeit lädt Evanna McKee Loren Smith-Pitt nach Schottland zu einer internationalen Tagung auf ihrem Familien­sitz ein, an der – ihrem Anliegen entsprechend – nur Frauen teil­nehmen sollen. Lorens Ehemann lässt es sich aber nicht neh­men, sie zu begleiten. Es sei ja nur für ein paar Tage, und solan­ge könne die NUMA, die er schließlich leitet, auch ohne ihn aus­kommen.

Aber der Trip an den Loch Ness erweist sich alsbald als lebens­gefährliche Reise, die sowohl ihn wie seine Frau in Todesgefahr bringt. Und er führt beide auf die Spur jener globalen Verschwö­rung, die die Fäden aus El Salvador, Washington, Detroit und Ägypten zusammenführt. Denn Evanna McKee plant einen Um­sturz der Weltordnung auf eine so ungeheuerliche Weise, dass schon bald Hunderte von Millionen Menschen bedroht sind. Und es scheint keinen Weg zu geben, das Verhängnis aufzuhalten …

Ein Roman, der ein Handlungspersonal-Verzeichnis von mehr als 4 Seiten erforderlich macht, kann nicht als schlicht gestrickt be­zeichnet werden. Wenngleich kritisch angemerkt werden muss, dass viele der Protagonisten nur mit Vornamen verzeichnet wer­den, so weist die alleinige Quantität schon auf eine breit gefä­cherte Komplexität hin. Dasselbe gilt, wie stets, auch für die Schauplätze und die durchaus geschickte Vielzahl an Versu­chen, die Guten im Roman auf möglichst originelle Weise vom Leben zum Tode zu befördern. Manche dieser Anschläge gelin­gen sogar, sodass die Anzahl von Toten, vorsichtig gesagt, an­sehnlich ausfällt. Zu den Mordmethoden zählen Kampftaucher, Sprengstoffanschläge, brennende Bibliotheken, explodierende Boote, Autounfälle, Mordschützen, Ertränken in Tanks sowie alt­modische Steinschlosspistolen … um nur ein paar der Methoden zu nennen.

Auch die Grundidee der Geschichte hat einigen Reiz. Letzten Endes ist nicht viel einzuwenden gegen den Gedanken, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, vorausgesetzt natür­lich, es handelt sich nicht um solche Psychopathinnen wie Evan­na McKee, die am Ende der Geschichte wirklich völlig abdreht. Auch das Mittel, das sie für ihre verbrecherischen Pläne einsetzt und das – der deutsche Titel deutet es an – auf biblische Inspira­tion zurückgeht, ist durchaus nicht so realitätsfremd, wie es vielleicht anfangs erscheinen mag. Da kann es dem Leser gele­gentlich schon eisig den Rücken herunterlaufen, gerade heutzu­tage in Pandemiezeiten ist der Plot auf beunruhigende Weise gegenwartsnah.

Mit diesem Roman hat sich deshalb Dirk Cussler aus dem Schat­ten seines jüngst verstorbenen Vaters freigeschwommen, würde ich sagen. Die früheren Coproduktionen hatten immer etwas Altbackenes und Unausgereiftes, das hier liest sich deutlich pro­fessioneller und geschickter … nun, auch wenn man einschrän­kend sagen muss, dass die Killer sich manchmal doch geradezu deppenhaft ungeschickt verhalten. Aber eben nur manchmal. Vielfach sind es wirklich glückliche Umstände, die die Pitts mit dem Leben davonkommen lassen.

Ein interessanter Roman, der durchaus solide wissenschaftliche und historische Spekulation mit einer dramatischen Handlung verbindet. Hat mir gefallen (und nein, das lag nicht nur an der pharaonischen Prinzessin … auch wenn das natürlich ein nettes Sahnehäubchen war).

© 2023 by Uwe Lammers

In der nächsten Woche kommen wir zu einem faszinierenden, wahrscheinlich größtenteils vergessenen Sachbuch, dessen Titel mir so kontrafaktisch erschien, dass ich es mir einfach antiqua­risch besorgen musste. Noch witziger war, dass der Titel fak­tisch tatsächlich STIMMT, obwohl die Geschichtsbücher strikt (und auch mit Recht) das Gegenteil behaupten.

Wer wissen möchte, wie man die Ansicht vertreten kann, Deutschland habe den Ersten Weltkrieg gewonnen (!), der schalte nächste Woche wieder ein Aufmerksamkeitsfenster zu meinem Blog. Es lohnt sich auch hier.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.