Liebe Freunde des OSM,

wie ich vor sechs Wochen schon andeutete, hoffte ich für den Anfang des Jahres 2021, von dem ich heute berichten will, dar­auf, dass es sich besser entwickeln würde als die letzten beiden Quartale des Vorjahres. Dort hatten mich erst die drückende Hit­ze im Sommer und dann die langfristigen Isolationsfolgen der anhaltenden Corona-Pandemie im Verein mit beruflichen Aufga­ben zunehmend kreativ ermattet. Wenig Zeit, noch weniger Kontakt mit Freunden oder kulturellen Events … Home Office und vieles weitere trug zu einer fortwährenden Auslaugung bei, auch wenn ich dem Virus selbst bis heute (25. Juni 2023) entge­hen konnte.

Wenn wir uns dann die Fertigstellungszahlen der ersten drei Mo­nate des Jahres 2021 anschauen, könnte man meinen, ich sei auf wundersame Weise genesen und zu kreativer Höchstform aufgelaufen … habe ich doch in diesen Monaten 28, 28 und 32 Werke fertig gestellt!

Ah, ihr ahnt fraglos schon den Pferdefuß. Ich habe ihn ja im ver­gangenen Beitrag gegen Schluss schon erwähnt: Dort begann ich mit dem Digitalisat einer weiteren alten Non-OSM-Serie, nämlich „Erotische Abenteuer“, wo ich aus dem Stand bis Band 8 kam. Das ging hier natürlich ungebremst weiter. Bis Ende März erreichte ich hier den Band 29 der Serie.

Außerdem entstanden im genannten Dreimonats-Zeitraum nicht weniger als 21 Blogartikel. Damit sind von den obigen 88 Wer­ken schon nicht weniger als 42 angesprochen, also rund die Hälfte, die man vom Gesamtvolumen dividieren muss.

Ebenfalls sind 7 Rezensionen zu berücksichtigen und nicht weni­ger als 9 Horrorwelt-Episoden. Macht weitere 16 Ausschlusskri­terien. Damit bleiben für die drei Monate gerade mal noch 30 Werke übrig, die zu berücksichtigen wären (worin aber Fanzine-Endredaktionen und Digitalisate von Non-OSM-Werken auch noch enthalten sind). Damit löst sich der zauberische Schreib-Flow ein wenig in Luft auf und erhält doch wieder etwas Boden­haftung.

Doch was bedeutet das jetzt im Detail für die Monate Januar, Fe­bruar und März 2021?

Im Januar 2021 reiste ich auf schöne Weise zurück in den KON­FLIKT 7 „Oki Stanwer – Held der Hohlwelt“ (HdH). Irgendwie fol­gerichtig arbeitete ich dann auch an der ebenfalls in diesem KONFLIKT spielenden Annalen-Geschichte „Bewusstwerdung“ weiter … ärgerlicherweise erlosch der Bilderstrom zu rasch.

Dann vertiefte ich mich in das Digitalisat von KONFLIKT 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ (BdC) und schwenkte dann, für mich selbst etwas überraschend, in die Novelle „Rilaans Ge­schichte“ um, die bekanntlich im KONFLIKT 4 spielt, also 40 Milliarden Handlungsjahre früher in der Serie „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ (IR).

Mir vorzuhalten, ich sei sprunghaft, ist zweifellos berechtigt. Aber so „tickt“ meine Kreativität eben nun einmal. Ich habe längst aufgegeben, dagegen anzukämpfen, das funktioniert so­wieso nicht.

Wohin ging die Reise dann? Nun, ich verweilte noch in diesem KONFLIKT und feilte etwas an der IR-Episode 26 „Odyssee in Uuridan“ weiter. Und dann war der Monat um.

Der Monat Februar schwemmte mich mehrheitlich in die Serie Horrorwelt, dann steppte ich kurz in die HdH-Serie, kam aber nicht recht vom Fleck … und den Rest des Monats oszillierte ich zwischen den Digitalisaten von KONFLIKT 12, KONFLIKT 13 und Horrorwelt. Sonst keine berichtenswerten Besonderheiten.

Im März versuchte ich, durch ein paar Besuche im Archipel die Lethargie – was das Schreiben neuer Werke anging – ein wenig zu kanalisieren, aber obwohl ich ein wenig an der Story „Auf und nieder“ und dem Roman „Rhondas Aufstieg“ minimal vorankam, war dieser Denkansatz zum Scheitern verurteilt. Also kehrte ich in die bisherigen Pfade zurück.

Das hieß: KONFLIKT 12, Erotische Abenteuer, Horrorwelt.

Nach dem 17. März folgte der zweite Ausbruchsversuch. Wieder Archipel, aber auch die Novelle „Die Rollenspielerin“ wollte nicht recht wachsen. Dasselbe galt wenig später für die Erotic Empire-Story „Schnelle Zähmung“. In der Folge entstand dann sogar ein Gedicht mit dem prägnanten Titel „Corona-Blues“ und ein Fanzine, dem ich den Titel „CORONA-Infosplitter“ gab … ein klares Indiz dafür, was mich zu dieser Zeit tatsächlich arg beschäftigte.

Während alle Welt schon nichts mehr von der Corona-Pandemie hören wollte und einem Heilmittel entgegenfieberte, von dem sich viele Arglose eine „Rückkehr zur Normalität vor Corona“ er­sehnten (wie wir heute wissen und mir damals schon klar war, handelte es sich dabei um eine überoptimistische Chimäre, da diese „Zeit der Normalität vor Corona“ nun mal nicht zurückkehren wird), hatte ich zunehmend das Gefühl, in einer Art von Parallelwelt zu leben. Ohne übertreiben zu wollen … angesichts der völlig überzogenen Wunscherwartungen meines sozialen Umfeldes fühlte ich mich als pragmatischer Realist ziemlich isoliert.

Heutzutage wissen wir, dass mein Realismus und meine Skepsis durchaus sehr angebracht waren, aber damals wollte das kaum jemand ernstlich hören.

Die Konsequenz für meinen kreativen Schaffensprozess sah so aus, dass ich zwar schrieb, ja, aber es handelte sich mehrheit­lich nicht um innovativ-neue Geschichten, sondern eben, wie er­wähnt, um Digitalisate alter Werke. Oder um das moderate Wei-erbearbeiten bestehender Fragmente.

Zu denen addierte ich gegen Ende März 2021 auch noch die Ar­chipel-Story „Freundschaftsbande“ und die Erotic Empire-Ge­schichte „Unter falscher Flagge“. Und ich erreichte mit Hor­rorwelt-Band 160 „FEENDÄMMERUNG“ einen Punkt der Ge­schichte, der ein Ende der Serie absehbar machte. Bekanntlich hatte ich 1998 mit Band 172 die Serie für Jahrzehnte pausieren lassen.

Und das Verrückte daran war nun: Jetzt, wo ich mich wieder um die Feenkönigin Firona und ihre Feen-Freundin Berielle kümmern konnte – Band 160 handelte genau von ihnen – , da spürte ich zunehmend eine Art Zwicken meines kreativen Verstandes, das ich noch nicht so recht glauben wollte.

Wie jetzt?“, murmelte ich im Selbstgespräch. „Du willst echt HORRORWELT fortsetzen? Bist du jetzt total bescheuert? Nach der langen Zeit? Das ist schon irgendwie crazy, oder? Die Ge­schichte ist doch vollkommen festgefahren …“

Ja, war sie schon, natürlich. Und ich war damals halb abgedrif­tet, halb geflüchtet in den Archipel, der nun wirklich nichts von Untotenlegionen und Weltuntergangsvisionen wusste. Aber es ließ sich nicht leugnen, dass in mir zunehmend Bilder aufstie­gen, die eindeutig mit einer Fortschreibung der Serie Horrorwelt zu tun hatten … und so kam es dann auch im kommenden Mo­nat April.

Davon und von anderen Dingen erzähle ich im nächsten Teil die­ser Artikelserie, in der ich das zweite Quartal des Jahres 2021 behandle.

Nächste Woche reisen wir in den dramatischen KONFLIKT 16 und in das Chaos der verwüsteten Galaxis Milchstraße nach GO­LEMS Invasion zurück.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 447: Projekt Chimera (Sigma Force 10)

Posted März 13th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

wenn man als Romanautor, der sich ein serielles Sujet – im Falle von James Rollins die sinistre „Gilde“ – gesucht und dieses bis zum Zentrum abgearbeitet hat, tritt üblicherweise ein Phäno­men auf, das allgemein vertraut ist: Man steht als Autor unter einem gewissen Erfolgsdruck, ein Thema im nächsten Buch zu bringen, das mindestens diesen erreichten Standard hält, denn daran wird man nun mal von Verleger- wie Leserseite gemes­sen.

Traditionell gelingt das eher nicht, und so fällt denn auch dieser 10. Sigma Force-Roman ein wenig inhaltlich gegen die bisheri­gen neun vorherigen Bände ab. Dass ich hier mit der Berichter­stattung der Serie – von denen nach meiner Kenntnis inzwi­schen 16 Bände vorliegen – erst mal pausieren möchte, hat aber weniger mit Lesemüdigkeit zu tun als vielmehr damit, dass mir die Folgebände noch nicht alle vorliegen und hier der aktu­elle Lesehorizont erreicht ist. Beizeiten werde ich auch auf die kommenden Romane zu sprechen kommen.

Vor uns liegt ein durchweg wieder spannend komponierter Ro­man, der Historie und Gegenwart, technisch-biochemische Zu­kunft, Thriller, Wissenschaft und damit durchaus reale histori­sche und wissenschaftliche Details mit fiktionalen Elementen und extremen Hochrechnungen verknüpft.

Wir bewegen uns von amerikanischen Schutzgebieten bis in die Tiefen der Antarktis, medizinische Notfälle, Seuchen und Terror­anschläge werden zu einer packenden Melange fusioniert, die dann indes ein paar Schwächen aufweist, was die letztendliche Umsetzung angeht. Das hat mir ein kleines bisschen das Lese­vergnügen geschmälert … aber ihr kennt das ja von mir: Viel­leicht bin ich da zu kritisch. Wer den Roman einfach unter dem Aspekt des spannenden Abenteuerromans liest und gewisse Plausibilitäten gering schätzt, wird hier hervorragend unterhal­ten.

Schauen wir uns die Geschichte mal genauer an:

Projekt Chimera

(OT: The 6th Extinction)

Von James Rollins

Blanvalet 0511

576 Seiten, TB, 2018

Übersetzt von Norbert Stöbe

ISBN 978-3-7341-0511-1

Moderne Genetik fasziniert viele Menschen aus sehr begreifli­chen und nahe liegenden Gründen – ob es sich um Gentechnik oder Gentherapie handelt, um Manipulation von Pflanzen zur Wachstumssteigerung, der Behandlung von Tieren und Men­schen mit dem letztendlichen Ziel, Krankheiten an der Basis ihres Entstehens zu fassen zu bekommen und final zu besiegen … moderne Genetik spielt in der Gegenwart eigentlich in nahe­zu alle Lebensfelder mit hinein. Das gilt dann ebenfalls für ihre dunkle Seite: Bioterrorismus und die Gefahr von verheerenden Seuchen, die von Menschen maßgeschneidert werden könnten aufgrund der modernen technischen Möglichkeiten. Die es ge­wissermaßen möglich machen, dass biochemische Massenver­nichtungswaffen in Garagen und Hinterhoflaboren zusammen­gebraut werden und verheerende Auswirkungen erlangen.

Zum zweiten thematisiert der vorliegende Roman, wie der Titel schon aussagt, das Thema von globalen Umweltkatastrophen und Artensterben. Die Auslöschung der Dinosaurier vor rund 65 Millionen Jahren wird als 5. Auslöschungsereignis bezeichnet, und das gegenwärtige globale Massensterben, das ganz we­sentlich – wenn nicht sogar ausschließlich, aber das ist umstrit­ten – auf den Menschen und seine wuchernde Ausbreitung auf dem Globus zurückzuführen ist, das dem auf schreckliche Weise nicht nachsteht, wird als das 6. Auslöschungsereignis bezeich­net. Wogegen – mit vollkommenem Recht – zahllose Umwelt­schützer weltweit angehen.

James Rollins´ neuer Roman verbindet diese beiden Gedanken­gänge zu einer dramatischen Thrillerhandlung, und dies kommt dabei heraus:

Der Prolog bringt uns rätselhafterweise nach Feuerland und ins Jahr 1832 an Bord der HMS Beagle: Charles Darwin gibt seiner Forscherneugierde leichtsinnig nach und macht zusammen mit der Schiffsbesatzung eine erschreckende Entdeckung, die sie alle aber tunlichst niemals mehr weiter verfolgen wollen. Dar­win hebt allerdings eine Karte in seinen Unterlagen auf, die spä­ter in seinem Nachlass wieder zutage tritt.

In der Gegenwart wird umgeblendet nach Kalifornien zum Mono Lake, einem natürlichen See ohne Abfluss, in dem sich besonde­re Mikrolebensformen entwickelt haben, deren Stoffwechsel auf Eisen und Arsen basiert. Hier in einem Naturschutzgebiet arbei­tet die Rangerin Jenna Beck mitsamt ihrem Hund Nikko, und al­les scheint in bester Ordnung zu sein – bis sie einen alarmieren­den Anruf bekommt und von einem Notruf erfährt, der von einer militärischen Geheimeinrichtung in den nahen Bergen gekom­men ist. Am Ende des Notrufes hieß es auf erschreckende Wei­se: „Tötet uns … tötet uns alle …!“

Jenna solle dort einmal schnell nach dem Rechten sehen, wird ihr befohlen. Das tut sie – und kommt beinahe ums Leben.

Denn die Einrichtung, deren Eingangstor offen steht, wird gera­dewegs vor ihren Augen gesprengt … und dann breitet sich auf erschreckende Weise eine mörderische Giftgaswolke aus, vor der sie verzweifelt in eine auf einem Hügel liegende Geister­stadt flüchten kann. Sie wird allerdings verfolgt von einem Hub­schrauber, der von der Einrichtung direkt nach der Explosion aufgestiegen ist, und dessen Insassen setzen nun alles daran, die Rangerin als Zeugin zu töten.

Ebenfalls in Kalifornien ist Direktor Painter Crowe von der Sigma Force kurz davor, seine Verlobte Lisa Cummings zu heiraten, als er von dem Zwischenfall erfährt. Notgedrungen muss er die Fei­erlichkeit verschieben und sich um diese Angelegenheit küm­mern. Doch während er noch versucht, Licht ins Dunkel zu brin­gen, woran in dieser Einrichtung genau geforscht wurde und was für einen Grund es haben kann, dass Dr. Kendall Hess´ Ein­richtung zerstört wurde, wird die Sigma Force-Zentrale in Wa­shington, D.C., angegriffen – von einem hochprofessionellen Söldnertrupp, der ganz offenkundig mit dem Zwischenfall in Ka­lifornien in Verbindung steht und alle Möglichkeiten ausschalten soll, dass man diesen durchleuchten kann.

Es gelingt dem Agenten Grayson Pierce glücklicherweise, den Anschlag teilweise zurückzuschlagen und die Angreifer zu dezi­mieren, die später als Söldner identifiziert werden können, die früher zu einer britischen Antiterroreinheit gehörten. Irgendwer hat sie offensichtlich angeheuert, um Verbrechen zu vertuschen – beispielsweise auch die Entführung von Dr. Hess in Kalifornien.

Was immer passiert ist, es ist noch nicht vorbei!

Während Jenna Beck um Haaresbreite gerettet werden kann, stellt sich heraus, dass in Kalifornien keine Entwarnung gegeben werden kann: Dr. Hess hat offenkundig an einem künstlich opti­mierten Mikroorganismus gearbeitet, der dem Labor entkom­men ist (warum klingt das nur in Corona-Zeiten so vertraut? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt … der Roman wurde 2014 ge­schrieben, also lange vor der gegenwärtigen Pandemie). Die Giftgaswolke, die zahllose Quadratkilometer Leben um die zer­störte Station abtötet, sollte den Mikroorganismus eindämmen und vernichten.

Die Mitglieder der Sigma Force müssen beklommen entdecken, dass das nicht funktioniert hat. Die Todeszone, die bis zu einem halben Meter Erdreich alles sterilisiert und in Rekordgeschwin­digkeit vernichtet, breitet sich immer weiter aus. Nicht einmal Feuer scheint in der Lage, das monströse Mikroleben zu vernich­ten. Und es drohen Gewitter mit Starkregen und heftigen Win­den, die den rätselhaften Erreger immer weiter verbreiten. Da nicht zuletzt auch der Rangerhund Nikko und Lisa Cummings´ Bruder Josh von dem feindlichen Mikroerreger betroffen sind und um ihr Leben kämpfen, tickt die Zeit erbarmungslos. Außer­dem ist ein hartleibiger Militär der Ansicht, er könne der Gefahr mit dem Einsatz einer Nuklearbombe beikommen. Das gilt es natürlich auch zu verhindern.

Grayson Pierce folgt alsbald einer Fährte, die ihn buchstäblich ans andere Ende der Welt führt – in die Antarktis, wo ein For­scher, der mit Hess zusammenarbeitete, weilt und hier unter dem Eis eine unglaubliche Entdeckung gemacht hat, die unmit­telbar zur gegenwärtigen Bedrohungslage führte. Doch Profes­sor Alex Harrington, der erwähnte Forscher, hat ganz offensicht­lich mächtige Feinde, die ihm sehr dicht auf den Fersen sind. Ehe Pierce mit seinem Kollegen Kowalski, der ihn begleitet, recht versteht, was los ist, muss er sich mit denselben briti­schen Elite-Söldnern herumschlagen, denen er auch bereits in Washington begegnet ist und die gnadenlos über Leichen ge­hen.

Als er schließlich endlich Professor Harrington begegnet, findet er sich in einer phantastischen, monströsen Unterwelt wieder, die von so genanntem „Schattenleben“ nur so wimmelt und die seit Millionen von Jahren von der Umwelt abgeschlossen war. Hier entbrennt alsbald ein erbarmungsloser Kampf auf Leben und Tod – zwischen Pierce, Harrington und den anderen Einge­schlossenen, den Männern von der X-Schwadron andererseits, und dann ist da auch noch das unheimliche, tödliche Schatten­leben ringsherum. Zeitweise kommt man sich tatsächlich vor wie in einer schattenhaften Form von Jurassic Park, und das ist sicherlich kein Zufall.

Die Fährte des entführten Wissenschaftlers führt derweil nach Südamerika, wo Dr. Hess endlich den Drahtzieher hinter dem ganzen Chaos zu sehen bekommt – und von der „dunklen Gene­sis“ erfährt, die das Ende der Menschheit einläuten soll, wie wir es kennen. Und er wird erpresst, zu kooperieren. Entweder er­fährt er, wie die sich wild ausbreitende mikrobielle Verwüstung in Kalifornien zu stoppen ist oder die Welt, wie er sie kennt, hört auf zu existieren. Dummerweise soll sie auch dann enden, wenn er kooperiert, dann aber auf viel schrecklichere Weise.

Da ist jetzt guter Rat teuer, und Direktor Painter Crowe, der als einziger noch handlungsfähig wäre, kommt beinahe zu spät für alles …

Zugegeben, der Roman liest sich – in meinem Fall – locker in zwei Tagen, und es ist auch nicht zu bezweifeln, dass er außer­ordentlich spannend und hochdramatisch ist. Vieles, was James Rollins speziell zum biologischen Hintergrund der Geschichte am Ende aufdröselt, ist dann tatsächlich geeignet, den Leser grausen zu lassen. Denn zahlreiche Fakten, die er in seinem Ro­man ins Extrem fortspinnt, sind alles andere als freie Fiktion.

Ja, es gibt gentechnisch veränderte Organismen. Es existiert so­gar die nicht auf DNS oder RNS, sondern auf exotischer XNS ba­sierende Form von Leben. Die Fortschritte der Biotechnologie und die leichte Verfügbarkeit von Maschinen zur Manipulation des genetischen Codes sind leider durchaus Realität. Ähnliches gilt auch für zahlreiche der historischen Fakten, die er in die Ge­schichte einwebt. Die Polarexpedition von Robert Byrd hat es tatsächlich gegeben. Die Existenz versteinerter Vegetation am Pol ist verifiziert. Die abgebildeten Karten im Roman sind auch keine Fiktion, desselben die Fraktionierung von Umweltschutz­gruppen, von denen die meisten höchst ehrenwerte Ziele verfol­gen … manche aber auch zu den Extremisten zählen.

Herausgekommen ist also ein definitiv packender, mahnender Roman über die Gefahren menschlicher Hybris und über fehlge­leiteten Idealismus, der buchstäblich über Leichen geht. Was ich an manchen Stellen allerdings vermisste, waren ein paar logi­sche Hintergründe. Wie kommt der Drahtzieher etwa an das vie­le Geld, das er unübersehbar für seine Ziele einsetzt? Wie moti­viert er seine „Selbstmordtruppen“, die sich lieber selbst um­bringen statt in Gefangenschaft zu geraten? Und fügt er seine Familie nur in die Geschichte ein, um einen eher dürftigen Be­zug zum „Dschungelbuch“ von Rudyard Kipling zu bringen? An diesen Stellen, fand ich, wurde die Geschichte dann doch ein wenig schludrig (vielleicht auch nur nachlässig übersetzt, das ist schwer zu entscheiden). Ebenfalls ist es definitiv von Nach­teil, dass das gesamte Handlungsgeschehen in nicht weniger als 3 Tage gepresst wird. Der daraus entstehende Druck ist doch so enorm, dass er mitunter die Plausibilität vermissen lässt. Ich hätte mir hier gelegentlich ein etwas entspannteres Erzählen gewünscht.

Man merkt jedenfalls durchaus, dass Rollins nach dem finalen Ausschalten der „Gilde“ im 8. Sigma Force-Roman noch nicht recht zu einer neuen Erzählstruktur gefunden hat. Das ist ein bisschen so wie bei James Bond, nachdem im Anschluss an „Diamantenfieber“ (lange) nicht mehr von SPECTRE zu spre­chen war.

Doch dessen ungeachtet ist Rollins mit dieser Geschichte immer noch ein interessanter, spannender und nachdenklich stimmen­der Roman gelungen, der sogar gewisser phantastischer Ele­mente nicht entbehrt, selbst wenn man die Vorbilder z. T. recht klar erkennen kann und sie mitunter selbst benannt werden („Die vergessene Welt“ von Arthur Conan Doyle etwa oder das „Dschungelbuch“). Also gebe ich mit den obigen Einschränkun­gen definitiv eine Leseempfehlung.

© 2022 by Uwe Lammers

Wie gesagt, für den Moment lasse ich es bei der Sigma Force bei den ersten zehn Bänden bewenden. Alsbald, denke ich, wer­de ich die Serie weiterlesen, und dann entstehen unzweifelhaft weitere Rezensionen, das kann ich schon sicher versprechen.

Stattdessen werde ich mich nächstens mal wieder einem alten Bekannten zuwenden, von dem auch zahlreiche rezensierte Ro­mane noch vorliegen, die ich hier noch nicht thematisieren konnte. Die Rede ist von Clive Cussler und seinen Epigonen. Wenn ich es recht gezählt habe, liegen mir hier noch dreizehn ungelesene Werke vor … also, da erwartet euch alsbald noch ei­niges mehr.

In der kommenden Woche kühlen wir uns aber erst mal mit ei­nem erotischen Einzelroman wieder herunter, den ich vor Jahren las. Schaut einfach mal, ob euch diese Lektüre ebenso zusagt wie der obige rasante Thriller.

Bis nächste Woche, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

heute machen wir mal eine wirklich ordentliche Zeitreise in mehreren Etappen. Fangen wir die Geschichte mal langsam an. Ich bleibe mal in der Realzeit.

Wir schreiben den August des Jahres 1984, als in meinem Ver­stand eine neue OSM-Serie aufblüht und bald sehr kuriose Blü­ten zu treiben beginnt. Die Rede ist von KONFLIKT 18 „Kampf gegen TOTAMS Dämonen und Schergen“ (KGTDUS). Sie ist – wie schon die strukturelle Vorgängerserie KONFLIKT 13 „Oki Stan­wer Horror“ (OSH) eine Serie, die auf einem vertrauten planeta­ren Schauplatz ausgetragen wird, nämlich auf der Erde des Jah­res 2034. Wie in der OSH-Serie hat sich die Menschheit mehr­heitlich vom Weltraum abgewandt, um die irdischen Probleme verstärkt anzugehen. Die sozialistischen Staaten haben das 20. Jahrhundert überlebt und existieren weiter, die Polarisierung der Welt hat zugenommen.

Soweit klingt das alles vertraut. Dann wird es seltsam, und zwar sehr schnell: Oki Stanwer, der designierte Vorkämpfer für die Sieben Lichtmächte, lebt ahnungslos in London und erhält im Sommer 2034 ein rätselhaftes Päckchen aus Alaska. Und direkt darauf wird er Ziel einer dämonischen Attacke von bizarren Eis­wesen.

Als er in die Enge getrieben wird, kommt ihm überraschend ein junger, dynamischer Mann mit einem eigentümlichen Stab zu Hilfe, der diese dämonischen Wesen, so genannte „Eismörder“ des Dämons Maaraan, kurzerhand zerschmilzt.

Auftritt Gerd Kartland.

Das magische Artefakt, das er zum Einsatz bringt, ist ein mehre­re tausend Jahre altes Gebilde, das man den „Babylonischen Stab“ nennt und der sich im Laufe der Serie als atemberaubend machtvolles magisches Instrument erweist, dessen Kern direkt vom Dämonenplaneten TOTAM stammt.

Als die Serie im Frühjahr 1989 abgeschlossen wird, bleibt in mir der Gedanke des Babylonischen Stabes weiterhin haften. Ich wusste aus der Serienhandlung, wann und von wem er erschaf­fen wurde … aber wie um alles in der Welt war er in Gerd Kart­lands Hände geraten?

No Idea.

Dennoch dauerte es bis August des Jahres 2012, bis in meinem Verstand – während der Digitalisierung des KONFLIKTS 18 – Bil­der entstanden, die mir Indizien aufzeigten, wie dieser Stab in Kartlands Hände gefallen war … und ich muss zugeben, die Bil­der gefielen mir wirklich gar nicht.

Gleichwohl waren sie unaufhaltsam.

Also begann ich im August 2012 damit, diese Geschichte zu ent­wickeln. Und sie führte weit zurück. Genau genommen beginnt sie im antiken Babylon im 16. Jahrhundert vor Christus … als der unheimliche Dämonenschmied von Babylon den Babyloni­schen Stab schmiedet.

Dann verschwindet er für Jahrtausende im Dämmer der Ge­schichte und wird in einem Grab nahe Babylon verborgen. Im Jahre 2022 sind hier zwei Grabräuber zugange, die just jene Gruft ausfindig machen und sie öffnen, um Schätze auszugra­ben und später auf dem Antikenschwarzmarkt zu verhökern.

Dabei treffen der junge Razul und sein älterer, erfahrener Onkel Ali, auf das Schicksal selbst, könnte man sagen. Und für sie en­det die Geschichte folgendermaßen:

Razul meinte, irgendein Wispern gehört zu haben, und verwirrt schüttelte er den Kopf. Es klang auch zu absurd. Hier war niemand außer ihnen, und Geister gab es nicht. Vielleicht war er mit dem Fuß an irgendetwas geraten und hatte selbst ein Geräusch erzeugt, das wie ein Wispern klang.

Dennoch … irgendetwas zog ihn geradezu magisch zur linken Seite.

Er hockte sich hin und schob Krüge beiseite, die direkt an der Wand der Grabkammer standen. Seltsam eigentlich, denn dort gab es doch überhaupt nichts … nichts … Interessantes …

Sein Onkel merkte nichts von alledem, er war noch mit dem Ernten des Goldschmucks beschäftigt und hatte gerade den knöchernen Hals der toten Edeldame um ein etwas verstaubtes, aber immer noch funkelndes Amulett aus Gold, Türkis und Amethyst erleichtert, das ihm nun zwischen den Fingern zerfiel. Die Schnüre, die die einzelnen Teile zusammengehalten hatten, waren natürlich porös geworden und zerbröselten unter seinem Zugriff.

Er fluchte halblaut und rückte die Lampe zurecht, um zwischen den Knochen der Toten nun die Einzelteile des Amuletts wieder zu finden. So ein verdammter Mist aber auch …

Razul bekam davon nichts mit.

Seine Finger machten sich einfach selbständig, als würden sie ferngelenkt.

Hinter den Krügen gab es eine Fuge der Wandverkleidung der Grabkammer, die seltsam aussah und die man leicht übersehen konnte. Der junge Beduine zückte sein Messer und schob es in die Fuge, hebelte mit einer ungewöhnlich konzentrierten, kräftigen Bewegung einen der Steine aus der Wand und tastete dann mit der Hand vorsichtig in den dunklen Spalt hinein. Jeder andere Gedanke entschwand aus seinem Verstand.

Seine Finger glitten über etwas Kantiges.

Offensichtlich gab es hier eine Art geheimes Fach, in dem sich ein Kasten oder dergleichen befand. Und von einem Moment zum nächsten ging Razul aller Bedenken und jedweder Furcht verlustig. Er packte, das Messer weglegend, den nächsten Stein an und zerrte ihn keuchend aus seiner Fassung.

Dann versuchte er, mit schon schweißbedecktem Gesicht, den Kasten, den er nun deutlich ertasten konnte – mehr als armlang – , herauszuholen. Aber er erwies sich als zu hoch. Er polterte nur dumpf gegen die Umfassung seines Verstecks. Der Kasten war ganz klar noch vollkommen massiv, kein bisschen brüchig. Der junge Beduine begriff, dass er erst noch die unteren beiden Steine lösen musste, um die Öffnung groß genug zu machen. Der Kasten musste zur Gänze herausgeholt werden.

Stumm und verbissen nahm Razul sein Messer wieder auf und kratzte den trockenen, porösen Mörtel aus den Fugen der umliegenden Wandsteine. Schließlich trat er dann gegen die Steine und lockerte sie damit endgültig. Gleich … gleich würde die Öffnung groß genug sein, um den Kasten hervorzuziehen …

„Was machst du denn da?“, fragte sein Onkel, nun registrierend, dass hier etwas geschah, was ungewöhnlich war.

Razul antwortete nicht. Er warf den dritten Stein beiseite, dann den vierten, und er achtete nicht darauf, dass er dabei ein Salbengefäß zertrümmerte. Er hatte nur noch Blicke für den Kasten, den er in der dunklen Nische mehr ertasten denn sehen konnte.

Er war in der Tat gut armlang und besaß einen leicht gewölbten Deckel. Er bestand scheinbar aus stabilem Eibenholz, fast schwarz angelaufen vor Alter, die Beschläge schienen aus Kupfer zu sein und waren völlig grün korrodiert. Der Kasten wog sicherlich zehn Kilogramm, eher deutlich mehr, aber Razul spürte das Gewicht nicht. Es war ihm auch vollkommen gleichgültig. Er zerrte ihn aus seinem Versteck, in dem er seit ewigen Zeiten geruht hatte.

„Ha, das ist wohl der Hauptgewinn“, schätzte sein Onkel Ali, der sich nun triumphierend neben ihn hockte. Das sah doch wirklich nach einem tollen Fund aus! Extra versteckte Schätze in Grabkammern waren stets besonders wertvoll. „Gut gemacht, Razul. Nun lass mich doch mal schauen, was da drin …“

Der rüde Ellenbogenstoß seines Neffen kam so schnell und unerwartet, dass Ali überrumpelt zurückgeworfen wurde und über einen der Ziegel stolperte. Nur mit Mühe konnte der alte Beduine und Grabräuber verhindern, dass er beim Sturz mit dem Kopf gegen eine der steinernen Bettlager prallte und sich schwer verletzte. Aber auch so brauchte er Sekunden, bis er sich wieder aufrappeln konnte.

„Was fällt dir ein, du dummer Bengel?“, fluchte er zornig. Das war ja wohl eine verdammte Unverschämtheit! „Bist du eigentlich verrückt geworden? Ich bin dein Onkel! Ich habe diese verfluchte Grabkammer gefunden … was bildest du dir eigentlich …?“

Er sprach nicht zu Ende.

Razul hatte den Kasten geöffnet und hob nun das, was darin lag, ins Licht der Lampe.

Ali verschlug es die Sprache.

Der junge Beduine hielt einen unterarmlangen Stab ins Licht. Der Stab selbst bestand wohl aus Bronze, war aber in keiner Weise oxidiert, sondern glühte in einem mattgoldenen Schimmer. Gekrönt wurde der Stab von einer offensichtlich fest daran verankerten Kugel, die aus reinem Gold zu bestehen schien. Und nun, im Licht der Lampe, sah es beinahe so aus, als sprühe diese Kugel goldene und rötliche Funken. In dieser Beleuchtung war deutlich zu sehen, dass die Kugel graviert war und feine Ziselierungen besaß.

Sie sah unglaublich kostbar aus.

Der gesamte Stab war ein phantastischer, einmaliger Kunstgegenstand und übertraf an Schönheit alles, was Ali jemals aus Gräbern geraubt hatte – auf dem schwarzen Antiquitätenmarkt bekam er für dieses Ding ein Vermögen!

„Razul! Das ist phantastisch …“, sagte er heiser. Sein Zorn von eben hatte sich verflüchtigt. „Hast du eine Vorstellung davon, was wir für so ein Stück verlangen können? Das bringt uns ein Vermögen ein …“

Sein Neffe drehte sich zu ihm um, den Stab in der Hand. Sein Gesicht war vollkommen ausdruckslos, jedenfalls für einen Augenblick, geradezu Furcht einflößend emotionslos. Razuls Augen waren schwarz wie die Nacht.

Dann verzog sich sein Mund zu einem Lächeln, einem für diesen jungen Mann völlig unbegreiflichen, unüblichen Lächeln, das geradezu grausam und triumphierend wirkte. Razuls Augen schienen noch finsterer als bisher zu sein. Düster wie der Tod selbst, und ebenso gnadenlos.

Ali merkte jäh, wie sich eisige Furcht seiner bemächtigte.

„Razul … was ist los? Was soll das?“

Der junge Beduine stand ruhig und schweigend auf, soweit die Höhe der Grabkammer das zuließ, immer noch grausam grinsend. Er hob den schweren bronzenen Stab mit einer klaren, mörderischen Absicht.

„Nein!“, schrie Ali ungläubig auf. Er hob voller Entsetzen abwehrend seine Arme. „Nein, Razul, nein …!“

Es war nutzlos.

Razul schlug gnadenlos zu, zehnmal, zwanzigmal, und kein Schrei, kein Wimmern, keine abwehrende Bewegung konnte ihn aufhalten. Er hörte erst auf, als die Wände der Grabkammer mit Blutflecken gesprenkelt waren und sein Onkel leblos zwischen den verwitterten Gerippen dalag. Er wischte den blutigen Schatz an dem Burnus seines Opfers sauber, ohne jedes Gefühl. Seine Miene war wie Stein, völlig unmenschlich.

Dann nahm der junge Mann den Beutel mit den Schmuckstücken und die Lampe, und er verließ die Grabkammer ohne jedes Gefühl der Reue oder des Bedauerns. Auf dem Gang hielt er noch einmal kurz inne und drehte sich um. Nach einem Moment, in dem ihn seltsame Gedanken zu erfüllen schienen, tippte der junge Beduine mit dem fremdartigen Stab gegen die eigentlich sehr solide Lehmziegelmauer.

Die Berührung reichte – die gesamte Grabkammer stürzte donnernd wie ein Kartenhaus in sich zusammen und zermalmte den Leichnam seines Onkels.

Razul aber stieg seelenruhig und ohne noch einen Gedanken an den eben ermordeten Verwandten zu verschwenden, hinaus aus der Grabanlage. Als er ans Licht des dämmernden Morgens kletterte, streichelte er den fremdartigen, uralten Stab wie eine sanftmütige Geliebte. Und der Stab, getroffen vom Licht der verblassenden Sterne, sang lautlos in seinem Geist von vergangener Größe und erzählte uralte Geschichten, als sei er ein lebendiges Wesen.

Zugleich ging Razul ein Gedanke durch den Kopf, der nicht der seine war: ‚Nun ist es an der Zeit. Jetzt beginnt alles.’

Dass er nur ein Werkzeug war, ahnte der junge Razul nicht …

Damit betritt der Babylonische Stab die Bildfläche. Und er bringt ausschließlich Unheil, wie sich rasch herausstellt. Denn wer auch immer ihn benutzt, dem folgt eine Schleppe von Mord, Tot­schlag, Verrat und Zerstörung.

Im unruhigen, von Bürgerkriegen zerrissenen Irak – der Nahe Osten ist im Zuge der Dekolonisierungsbewegungen schon sehr viel früher als in unserer Welt politisch instabil geworden, was auch beispielsweise Ägypten betrifft – verschwindet der Stab er­neut.

Im April des Jahres 2034 versucht der junge Wissenschaftler Gerd Kartland, der der Organisation WEOP angehört (Weltge­meinschaft zur Erforschung Okkulter Phänomene), deren Sitz in Rom ist, das nach außen weitgehend politisch abgeschottete Ägypten zu bereisen. Sein Ziel ist ein legendärer britischer For­scher, Dr. Henry Cavendish, den er nach okkulten Relikten be­fragen möchte.

Doch Kartlands Reise steht unter einem Unstern. Als er Dendera House erreicht, ist der Manager des Hotels völlig aufgelöst und fassungslos. In der Erwartung, Kartland (der Deutsche wird von ihm für einen Briten gehalten) könne ihm helfen, bringt er ihn zu Cavendishs Suite. Und hier wird dem Deutschen klar, dass Cavendish keine Fragen mehr beantworten wird:

Es war ihm geschickter erschienen, als Mitarbeiter des Britischen Museums in London aufzutreten und den Kontakt zu Cavendish zu suchen …

… und nun war das alles vergebens.

„Grundgütiger Gott!“, flüsterte er nun wie betäubt, als er im Arbeitszimmer des Archäologen stand und endlich sah, was den Hotelmanager Rasheed so in seiner Fassung aufgelöst hatte.

Auf einmal verstand er, dass die Probleme gerade erst begonnen hatten.

Richtige Probleme!

Cavendish würde keinerlei Fragen mehr beantworten.

Er saß zusammengesunken an seinem Schreibtisch, eine Hand zu dem aufgeschlagenen Notizbuch ausgestreckt, über dem ein Block lag. Darauf stand Kartlands Name und die Terminnotierung für heute früh, zusammen mit seiner Telefonnummer im Hotel, in dem er abgestiegen war.

„Deshalb, Sir … deshalb habe ich zuerst Sie angerufen … ich meine … das war doch sicher richtig, oder? Bitte, Sir, sagen Sie mir, dass das richtig war …!“

Das war die nervöse, dünne Stimme des ganz aufgelösten Managers hinter ihm. Sie klang fast wie ein ängstlicher Ruf aus einer anderen Welt – denn Gerd Kartland hatte das betäubende Gefühl, auf einmal in jene Sphäre der Märchen und Legenden entrückt worden zu sein, an deren Allgegenwart viele spirituell überzeugte Ägypter immer noch glaubten.

Kartland starrte den Toten in seinem Rattansessel weiterhin wie betäubt an – er konnte den Anblick noch nicht restlos verarbeiten, verstehen sowieso nicht – und antwortete darum eher automatisch: „Ja, natürlich … ja, Mr. Rasheed, das war ganz richtig so. Das haben Sie gut gemacht.“

„Und was … was TUN wir jetzt? Bitte … ich habe so etwas noch nie erlebt! Bitte sagen Sie mir, was wir denn nur tun können … sind meine Frau, meine Kinder oder ich … sind wir jetzt auch in Gefahr?“, wimmerte der mollige Ägypter weiter, dessen Fassung unaufhörlich weiter erodierte. Er war schon den Tränen nah.

Kartland riss sich mühsam zusammen und drehte sich zu ihm um. Panik war das Allerletzte, was er jetzt zulassen durfte, auch wenn er selbst ebenfalls dicht davor stand, hysterisch zu werden. Er wandte sich um, fasste den schlotternden Manager an den Schultern und sagte, so fest es ihm möglich war: „Mr. Rasheed! Reißen Sie sich bitte etwas zusammen! Und tun Sie sich und uns allen bitte einen Gefallen – verlieren Sie nicht die Nerven! Es war GUT, dass Sie mich angerufen haben, und das sollte vorerst auch Ihr einziger Anruf sein, haben Sie mich verstanden?“

„Ich … ich … ja!“, brachte Rasheed mühsam hervor.

Seinem deutlich blasser werdenden Gesicht war anzusehen, dass er durchaus nicht verstand. Aber er richtete sich nur zu gerne nach Kartlands Order, weil er jetzt irgendetwas brauchte, irgendjemand, der ihm Orientierung gab. Zweifellos war Mr. Rasheed in seiner Militärdienstzeit nicht sehr hoch aufgestiegen. Er gehörte zu den subalternen Personen, die bei unerwarteten, zumal grässlichen Ereignissen sofort einknickten und ängstlich Zuflucht bei Autoritäten suchten. Gerd war für diese Entdeckung sehr dankbar und nutzte den Umstand sofort aus. Das mochte die einzige Chance sein, aus diesem verdammten Mist mit heiler Haut zu entkommen.

Denn dass er augenblicklich in Lebensgefahr schwebte, konnte als sicher gelten. Er musste jetzt schnell, beherzt und konzentriert handeln.

„Kommen Sie bitte mit!“ Kartland führte den Ägypter zur Tür der Suite und redete leise auf ihn ein: „Weiß sonst noch jemand von diesem Vorfall …? Nein? Gut so! Dann belassen Sie es bitte auch dabei. Tun Sie nach außen hin bitte so, als wäre nichts Dramatisches vorgefallen … ja, ich weiß, Dr. Cavendish verhält sich gerade etwas … seltsam. Nun, dann sagen Sie einfach, er fühle sich derzeit nicht wohl und habe Sie benachrichtigt, dass er heute viel Ruhe bräuchte und von den üblichen Plänen für den Tag abgehe. Er möchte erst einmal nicht gestört werden … sehen Sie, seine Frau …“

Rasheeds Augen weiteten sich. Er nickte hastig und begann zu verstehen. Sein bislang panischer Verstand lief wieder an. „Ja … ja … sicher … seine Frau … große Trauer … ich verstehe … natürlich … er wird ganz ungestört bleiben, wirklich, ganz bestimmt …“

„Gut so, mein Freund. Und ich werde mir das jetzt etwas genauer ansehen und Sie informieren, was wir anschließend machen. Beizeiten werden natürlich die Behörden informiert werden müssen, aber das schieben wir jetzt noch etwas hinaus. Die Angelegenheit ist … etwas heikel.“

„Ja! Ja! Natürlich!“ Der Manager des Hotels zeigte sich unendlich erleichtert darüber, dass ihm jemand wie Kartland das Denken abnahm, dass er ihm klare WEISUNGEN gab, damit er wusste, wie er sich verhalten sollte. Es kam ihm in seiner desolaten Gefühlslage nicht in den Sinn, gescheite Rückfragen zu stellen. Subalterne Militärsoldaten – Rasheed war definitiv nicht sehr weit in der Rangfolge des Militärs aufgestiegen, als er gedient hatte.

Gerd Kartland tat es zwar in der Seele weh, den armen, braven Kerl so in die Irre führen zu müssen, aber es ging einfach nicht anders. Als Abdul Rasheed wenige Minuten später nach unten verschwand, um die Tarnung aufzurichten, dass der hoch verehrte Dr. Cavendish sich derzeit nicht wohl fühle und von einem akuten Schub äußerst verständlicher Melancholie befallen worden sei, ausgelöst durch die Erinnerung an seine jüngst verstorbene Frau, da schloss Gerd Kartland die Tür fest, verriegelte sie von innen und lehnte sich dann dagegen.

„Puh!“, schnaufte er und wischte sich die schweißnasse Stirn ab. „Das war verdammt knapp!“

Als sich seine Fassung wieder hinreichend stabilisiert hatte, ging er langsam wieder zum Schreibtisch zurück und sah auf Dr. Cavendishs Leiche hinab. Denn eine Leiche war er, unzweifelhaft. Er würde den Gesprächstermin gewiss nicht mehr einhalten.

„Das hier würde mir niemand glauben“, murmelte er und zog seine kleine Automatikkamera, die er immer mit dabei hatte, um eine Serie von Fotos zu schießen.

Dr. Cavendish, von Natur aus ein Hüne von Gestalt, war wettergegerbt und besaß schulterkurzes, schlohweißes Haar. Aber man konnte vollkommen sicher sein, dass er vor heute früh noch keine MUMIE gewesen war.

Nun aber hing er in seinem Sessel, nur noch aus Haut und Knochen bestehend, das Gesicht zu einer irrwitzigen Karikatur einer Pharaonenmumie verzerrt, die Zähne bleckend, wobei ein paar Goldkronen scheußlich im Morgenlicht funkelten. Allein die mürben Leinenbinden fehlten, um den Eindruck zu vervollständigen, dass sich der britische Gelehrte über Nacht auf entsetzliche Weise den alten Pharaonenherrschern angeglichen hatte, die zu erforschen seine Profession gewesen war. Genau so sah er nämlich leider aus.

Irgendetwas oder irgendjemand hatte Cavendish in der Nacht oder den frühen Morgenstunden ermordet … vermutlich bald nach Mitternacht. Und die Intention war offenbar gewesen, sein Zusammentreffen mit Kartland zu vereiteln, aus welchem Grund auch immer.

Von der Art dieses tödlichen Anschlags konnte sich Kartland allerdings keine Vorstellung machen. Wenn er über Cavendishs Aussehen nachdachte, konnte er selbst fast anfangen, an Dämonenzauber zu glauben. Aber wie der Forscher auch immer ums Leben gekommen sein mochte – die Tat wirkte in diesem Land zweifellos ausgezeichnet auf die armen, abergläubischen Teufel. Er wollte sich lieber nicht vorstellen, was Cavendishs rätselhafter Tod mit den internationalen Beziehungen Ägyptens anstellte …

Der WEOP-Mann tat also, was er tun musste – in Windeseile durchsuchte er den Schreibtisch und die Schränke des verstorbenen Ägyptologen, wobei er zahlreiche weitere Dokumente ablichtete. Den interessantesten Fund machte Gerd Kartland allerdings in dem Notizbuch unter Cavendishs Händen. Es enthielt seitenweise Namen und Telefonnummern, und ein kleiner Zettel war herausgeflattert und am Boden gelandet.

Vorsichtig hob er ihn auf.

Er zeigte eine faszinierende Skizze eines Kunstgegenstands: offensichtlich eine Art von Zeremonialzepter mit runder Grundfläche, möglicherweise unterarmlang oder etwas größer. Es gab leider keinen Anhaltspunkt für die Größenschätzung. An der oberen Seite des Objekts befand sich ein kugelförmiger Aufsatz mit angedeuteten Gravuren.

Gerd Kartland erschauerte, als er das Objekt sah. Die Skizze war leider nur recht flüchtig. Dennoch … ein ganz seltsamer Eindruck wurde durch dieses Objekt erzeugt. Und als er den kleinen Zettel umdrehte und die Kurzschriftzeichen Cavendishs darauf erkannte, war ihm klar, dass es sich dabei um ein Artefakt handeln musste, von dem er noch nicht sehr lange Kenntnis hatte.

Der WEOP-Mann hätte dieses Blatt wie alle anderen hier lassen und es einfach ablichten können, aber spontan entschied er sich dafür, es einzustecken. Die Kurzschriftzeichen waren nur mit Bleistift angebracht – genau mit jenem Bleistift, der neben Cavendishs verdorrten Fingern lag! – , und es würde vermutlich eine ganze Weile an Zeit kosten, diese Notizen zu entziffern.

Zeit, die er nun nicht mehr hatte. Nicht vor Ort jedenfalls.

Cavendish war ein berühmter, in Ägypten sehr angesehener Mann … und Kartland erinnerte sich bestens der mahnenden Worte von Mohamed Singh, was den Aberglauben anging. Wenn Abdul Rasheed irgendwelche Zweifel an seiner Identität bekam, war es von dort bis zu der Befürchtung, Gerd Kartland sei verantwortlich für Cavendishs Tod, nur noch ein Katzensprung. Und sobald herauskam, dass Kartland unter falschem Namen in Ägypten arbeitete und in Wahrheit gar kein Engländer war …

Nun, Gerd Kartland muss Ägypten hastig verlassen. Aber zuvor gelingt es ihm noch, die Notizen zu entschlüsseln, die darauf hinweisen, dass das Artefakt auf der Skizze – der Babylonische Stab – im Irak gefunden worden sein muss und sich wohl noch dort befindet.

So begibt er sich, weitgehend ohne Rückendeckung, inkognito in das chaotische Bürgerkriegsland und versucht dieses Relikt aus­findig zu machen.

Die Details dieser Passagen habe ich noch nicht gesehen und konnte sie folgerichtig nicht niederschreiben. Aber allein das, was schon an weitgehend ausgearbeiteten Szenenblenden und Skizzen existiert, umfasst inzwischen 34 Textseiten. Es ist also durchaus davon auszugehen, dass diese Geschichte wenigstens eine Novelle wird, vielleicht sogar ein Roman vom Format des Romans „Das Geheimnis von Church Island“.

In gewisser Weise gibt es hierzu noch eine strukturelle Ähnlich­keit – denn wie dieser Roman ein Scharnier darstellt zwischen den E-Books „DER CLOGGATH-KONFLIKT 1: Vorbeben“ und „DER CLOGGATH-KONFLIKT 2: Monstererwachen“ verhält es sich mit obigem Werk „Spurensuche in Babylon“. Es ist gewisser ein Prequel zur KGTDUS-Serie. Denn wie oben darge­legt, ist Gerd Kartland ja am Anfang der Serie im Besitz des Ba­bylonischen Stabes.

Es kann noch geraume Zeit dauern, bis ich die restlichen noch fehlenden Puzzleteile dieser Geschichte ausfindig gemacht und in passende Reihenfolge gebracht habe. Aber was ich bis jetzt schon sehen kann, ergibt eine phantastische und farbenprächti­ge Story.

Wichtig ist, dass hier ein konsistentes World-Building greift. Das ist bei der seltsamen KGTDUS-Welt gar nicht so einfach. Ich habe allerdings einen ganz entscheidenden Vorteil, vielleicht so­gar mehrere: Da der KONFLIKT 18 noch in den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts geschrieben wurde, ist er (negativ gewendet) höchst rudimentär. Personencharakterisierungen existieren selbst für Hauptprotagonisten nur recht schlicht und holzschnitt­artig. Da dort so vieles noch gar nicht ausdefiniert wurde, ist das ein klarer Vorteil für mich. Wenn ich für die Babylon-Ge­schichte einen World-Building-Background entwickle, kann ich ihn nachher auch für die gesamte Welt anwenden, sobald ich daran denke, KONFLIKT 18 zu überarbeiten.

Der zweite Vorteil, den es gibt ist dieser: Das Digitalisat „18Neu“ dieses KONFLIKTS wurde im Juni 2018 abgeschlossen. Ich kann also einen raschen Zugriff auf die Fakten der Serie si­cherstellen – etwas, was vor zwanzig Jahren beispielsweise kaum möglich war. Noch schöner wäre es natürlich, wenn auch schon das Glossar und das Begriffsregister zu KONFLIKT 18 fer­tig wäre. Doch sind das leider noch Baustellen.

Aber wie bei allen Langzeitprojekten kennt ihr das von mir – es sind aus genau solchen Gründen Langzeitprojekte, und es dau­ert, bis sie fertig sind. Doch da sich in diesem Projekt Archäolo­gie und OSM-Grundwissen treffen, bin ich relativ zuversichtlich, dass „Spurensuche in Babylon“ 2024 weitergeschrieben werden wird. Aber wann sie fertig ist, wage ich nicht zu pro­gnostizieren …

In der nächsten Woche kehren wir in die Artikelreihe „Aus den Annalen der Ewigkeit“ zurück und machen dort ebenfalls eine kleine Zeitreise in die jüngere Vergangenheit.

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 446: Perfect Passion 3 – Sündig

Posted März 5th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

es gibt Romane, die aufregend sind. Es gibt Romane, die witzig sind oder tiefgründig. Solche, die durch ausgefeilte Charaktere bestechen oder geschmeidige Dialoge und abenteuerliche Set­tings. Als ich mit Jessica Clares Romanzyklus „Perfect Passion“ anfing, dachte ich mir eigentlich nicht sehr viel dabei … locker-leichte Unterhaltung, höchstwahrscheinlich. Jedenfalls fielen die ersten beiden Bände eindeutig in diese Kategorie.

Mit Band 3, der hier vorliegt, dreht sie richtig auf, und ich kam aus dem Lachen kaum mehr heraus – was immer eine sehr gute Sache ist und ein Garant dafür, unentwegt am Ball zu bleiben. Das gelingt dem Leser und der Leserin hier ohne Frage … ihr werdet überrascht sein, wie schnell ihr tief in diesem Roman versunken seid und geradezu darauf lauert, was auf der nächs­ten Seite für Katastrophen passieren oder für dramatische, ab­surde Dialoge, dass die Fetzen fliegen. Denn das passiert hier wirklich ständig.

Und dann landet auch noch die Hauptperson im falschen Bett … also wirklich, noch verrückter geht es nimmer.

Dann starten wir mal die Reise mit der emotionalen Achterbahn­fahrt, und ich sage schon mal vorweg: Vorsicht – Suchtgefahr in jederlei Weise …!!

Perfect Passion 3 – Sündig

(OT: The Wrong Billionaire’s Bed)

von Jessica Clare

Bastei 17218

320 Seiten, TB (2015)

Aus dem Amerikanischen von Kerstin Fricke

ISBN 978-3-404-17218-4

Ihr Name ist Audrey Petty. Sie ist die unermüdliche, perfekt or­ganisierte Assistentin des Milliardärs Logan Hawkings und trägt ihr Leben lang eine Maske vor der Außenwelt. Und sie hat, wie sie wenigstens findet, auch jeden Grund dafür. Das hat mit ihrer Biografie zu tun.

Audrey ist mit ihrer Zwillingsschwester Daphne aufgewachsen und wurde stets von der älteren Schwester Gretchen observiert, die sowieso alles besser machen konnte. Besser kochen, besser gut aussehen, perfekter sein. Sie war quasi das Vorbild, das sie ständig erreichen wollte. Und, das war noch schlimmer, sie musste stets hinter der chaotischen Schwester Daphne herräu­men, deren Leben aus einer beispiellosen Kette von Katastro­phen zu bestehen scheint. Daphne war genau das, was sie selbst nicht war – chaotisch, abenteuerlustig, leichtlebig, und ganz besonders fiel es ihr immer leicht, Kerle zu umgarnen.

Da wunderte es auch kaum, dass Daphne sehr viel schneller Er­folg hatte als Audrey. Als Sängerin mit wilden Konzerttouren stieg sie am Pophimmel auf und zierte die Titelseiten der Klatschmagazine … leider sehr rasch auch mit ihren Drogenex­zessen und Alkoholdesastern. Und wer musste dann immer, wenn Daphne zusammenbrach und tränenüberströmt am Ende war, da sein und sich um sie kümmern?

Audrey. Der gute Zwilling.

Das war das eine Problem, dessentwegen Audrey immer stark sein musste.

Das andere Problem hieß Cade Archer. Der Junge aus Kinderta­gen, der mit allen drei Schwestern gut befreundet war, stellte den Kerl dar, in den Audrey schon verschossen war, seit sie 13 Jahre alt wurde. Aber – sie war der gute Zwilling, nicht wahr? Es gehörte sich für ein braves Mädchen nicht, sich ihm einfach an den Hals zu werfen.

Wer tat das also? Daphne! Und zwar deshalb, weil sie genau wusste, dass Audrey erfolglos für ihn schwärmte!

Gott, wie sehr Audrey ihre Schwester dafür hasste, dafür gab es echt überhaupt keine Worte mehr (kein Wunder, dass sie ihre Schwester dann einfach mal rachsüchtig in den Teich schmiss und Cade Daphne retten musste)! Aber immer, wenn sie selbst in Cades Nähe kam, war sie stumm wie ein Stockfisch, kicherte dümmlich in der Gegend herum und bekam keinen Ton mehr heraus.

So entwickelten sich die Leben der Schwestern auseinander. Cade Archer begann damit, sich zum Milliardär zu entwickeln und Teil des Milliardär-Geheimclubs zu werden. Audrey trat in die Dienste von Logan Hawkings. Gretchen wurde von dem Milli­ardär Hunter Buchanan auf scheue Weise umworben und schließlich von der energischen Petty-Schwester erobert (siehe Rezension zu Band 2 des Zyklus). Und Daphne? Daphne stürzte regelmäßig in ihren Exzessen ab, und Audrey konnte weiterhin immerzu die Trümmer auffegen und hinter ihr die Wogen glät­ten.

Gott, Audrey hatte es so was von satt, dafür gab es echt keine Worte mehr!

Als Daphne also mal wieder einen Totalausfall hat, stellt Cade Archer den beiden Schwestern kurzerhand seine Jagdhütte zur Verfügung, damit diese desolate Situation nicht wie üblich von Paparazzi ausgeschlachtet werden kann. Diesmal ist Audrey fest entschlossen, ihre Schwester auf Kurs zu bringen, die bisher jede Entziehungskur abgebrochen hat. Und es wird sogar noch schöner werden – denn schließlich hat Cade, immer noch ihr Schwarm, sich dafür entschieden, mit ihnen zusammen zu sein.

Sie drei in der Jagdhütte, und Daphne zu krank, um im Weg zu sein? Ein Wunschtraum geht für Audrey in Erfüllung! Endlich wird sie ihrem aus der Ferne angehimmelten Cade nahe sein, ihm vielleicht sogar sagen können, was sie für ihn empfindet.

Das denkt sie jedenfalls, bis sie in der Jagdhütte eintrifft – eher eine Art abgelegenes luxuriöses und mehrstöckiges Chalet, wenn man genau sein will – und dann im dortigen Whirlpool zwei Eindringlinge vorfindet: den notorischen Playboy und Milli­ardär Reese Durham … und ein fast nacktes Mädel, das gerade dabei ist, sich von ihm vernaschen zu lassen.

Erst mit etwas Verspätung erfährt sie, dass es sich dabei um Camilla Sellers handelt, die Reese umgarnen wollte, um einen Geschäftsdeal an Land zu ziehen. Binnen kürzester Zeit eska­liert die Situation auf chaotische Weise: Audreys Handy wird im Whirlpool versenkt, Camilla rauscht zornentbrannt ab, und da­bei nimmt sie Reeses Kleidung, sein Handy und seinen einzigen fahrbaren Untersatz mit. Und so sind die beiden Schwestern mit dem unverschämt dreisten Jungmilliardär allein.

Reese, der anfangs den leicht aufbrausenden Rotschopf über­haupt nicht ausstehen kann und schnell ungläubig entdecken muss, dass Audrey Cade hemmungslos anhimmelt (was dieser überhaupt nicht zur Kenntnis nimmt!), kommt sich bald vor, als wäre er im falschen Film, und das hat er mit dem Leser über weite Strecken des Romans durchaus gemeinsam: er ist der ver­dammte Playboy, sagt er sich. Und die Frauen spielen üblicher­weise verrückt, wenn er nur den Raum betritt und werfen sich ihm an den Hals.

Was macht Audrey? Sich mit ihm streiten. Ihm widersprechen. Ihn provozieren. Ihn vertreiben wollen. Und sie himmelt einen Kerl an, der in ihr nur eine liebe Schwester oder Jugendfreundin sieht und sie in keiner Weise als sexuelles Wesen wahrnimmt … und, noch schlimmer, offenbar in das drogensüchtige Wrack na­mens Daphne Petty verguckt ist.

Doch sehr schnell erkennt Reese auch den Eispanzer der Ca­mouflage, den sich Audrey umgelegt hat. Und darunter, davon ist er überzeugt, ist ein feuriges Wesen verborgen, das sie nur nicht zeigen will. Eine Herausforderung! Und er liebt Herausfor­derungen!

So beginnt eine unglaublich amüsante Schlacht der reizbaren Seelen, die die arme Audrey bis an die Grenzen ihrer Zumutbar­keit treibt. Und ihre Leidenschaft entfesselt …

Manche Autoren neigen ja dazu, in einem mehrbändigen Zyklus im Laufe der Zeit immer fader zu werden, und die Gefahr be­steht natürlich in dem Fall eines erotischen Liebesromans umso mehr. Warum? Weil es nun einmal im Kern um das Zusammen­kommen eines Mannes und einer Frau mit entsprechenden se­xuellen Interaktionen geht, und die nun einmal ihrer physiologi­schen Struktur nach durchaus begrenzt sind. Da muss man sich natürlich Variationen einfallen lassen, und nachdem ich nun drei Bände von Jessica Clare gelesen habe, muss ich anerkennend sagen: sie hat’s wirklich drauf.

In diesem Roman war es so, dass ich an manchen Stellen wirk­lich aus dem Prusten nicht mehr herauskam, weil er so witzig ist. Besonders die Passagen, wo sich Reese und Audrey wie Hund und Katze spinnefeind beharken und provozieren, waren mitunter an Absurdität nicht mehr zu überbieten. Doch, die scharfzüngigen Wortgefechte und die hier praktizierte Schlag­fertigkeit haben mir mehrfach die Tränen in die Augen getrie­ben.

Erschwert wird das alles anfangs natürlich von der massiven Drogensucht der Schwester und Audreys wirklich unentwegtem Mantra: Ich bin der gute Zwilling. Ich mache so etwas nicht. Ich bin eigentlich in Cade verschossen. Irgendwann wird er das schon sehen. Und Reese hasse ich. Ich kann den Kerl nicht aus­stehen.

Konsequenz: erotisch ist der größte Teil der ersten Romanhälfte eigentlich nicht. Aber wahnsinnig amüsant, was sehr der Cha­rakterentwicklung dient, insbesondere lernt man so die in den ersten beiden Romanen des Zyklus nur als Nebenperson agie­rende Audrey besser kennen.

Je weiter der Roman voranschreitet, desto deutlicher wird es au­ßerdem, dass diese mühsam stabilisierte Fassade in keiner Wei­se hinreichend das beschreibt, was Audreys Herz wirklich will … aber es dauert verdammt lange, bis ihr das klar wird. Und es macht einen Heidenspaß, diesen Weg zu verfolgen.

Wo sie schließlich landet, geht schon aus dem amerikanischen Originaltitel ziemlich unzweideutig hervor. Aber das bedeutet nicht, dass das Buch nicht ein verdammtes Lesevergnügen ist, denn das ist echt der Fall. Ich habe es mal wieder in gerade mal zwei Tagen verschlungen und werde alsbald in den vierten Band des Zyklus aufbrechen. Denn ihr wisst ja aus der Rezension des ersten Bandes „Stürmisch“1, dass es sechs Milliardäre sind, nicht wahr? Und Jessica Clares Mission ist es, alle sechs Kerle glücklich zu machen. Der nächste auf der Liste ist der Philan­throp Griffin Verdi, der scheinbar mit Frauen nichts anfangen kann.

Wollen wir wetten, dass sich das alsbald ändert?

Bis dahin amüsiert euch gut mit diesem Buch. Klare Leseemp­fehlung!

© 2019 by Uwe Lammers

Wie im Fall von Magnus Ridolph in der vorigen Woche bin ich der Ansicht, dass euch hier ein großartiges, zwerchfellerschüt­terndes Lesevergnügen entgeht, wenn ihr nicht zugreift, sobald ihr des Romans habhaft werdet. Und ich denke fernerhin, wenn ihr den hier verschlungen habt, seid ihr schon auf der Suche nach Nachschub. Keine Sorge, die bekommt ihr alsbald … in der nächsten Woche besuchen wir aber erst mal wieder James Rol­lins´ Sigma Force.

Bis dann, Freunde, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. Rezensions-Blog 438 vom 10. Januar 2024.

Liebe Freunde des OSM,

am 13. Juni 2023 war es mal wieder soweit – ein weiterer klei­ner Meilenstein des Oki Stanwer Mythos wurde vollendet. Der Titel deutet es schon an: Ich habe eine weitere Serie fertig digi­talisiert. Die Rede ist von KONFLIKT 13 „Oki Stanwer Horror“ (OSH), die ich seit 1988 in Form des Buches „DER CLOGGATH-KONFLIKT“ (CK) umarbeite und sukzessive unter dem gleichen Titel auch in E-Book-Form veröffentlichen möchte. Ein erster Auftakt wurde bekanntlich 2018 mit dem E-Book „DER CLOG­GATH-KONFLIKT 1: Vorbeben“ gemacht … danach stockte die Ausarbeitung, und der Grund lag für mich rasch auf der Hand: Ich hatte die Serie nach wie vor nur als analoges Hand­lungsskript vorliegen, was das Surfen in den Texten unmöglich und Nachlesen zumindest schwierig gestaltete.

Am 14. Januar 2020 zog ich daraus den einzig sinnvollen Schluss: Ich musste ein Seriendigitalisat erstellen. Bei insge­samt 77 Episoden, die zwei Ordner in meinen Regalen füllten, eine zwar überschaubare, aber doch ambitionierte Aufgabe, die mich mehrere Jahre Lebenszeit kosten würde. Das war mir so­fort klar. Aber ihr kennt mich inzwischen genug, um zu wissen, dass mich langfristige Aufgaben nicht schrecken.

Vor allen Dingen gilt das für Aufgaben, die unabdingbar sind – wie ihr etwa auch am Plan des Autoren-Nachlassarchivs deutlich sehen könnt: Wenn da ein Notstand erkannt ist, der behoben werden will, dann kümmere ich mich energisch darum.

Im Fall der OSH-Serie gab es einen Faktor, der die Angelegen­heit erschwerte: Die Serie stammt aus meiner Schreibfrühzeit und wurde parallel zur ersten OSM-Serie „Oki Stanwer“ verfasst und reichte dann darüber hinaus ins Jahr 1985, in dem der OSM in der modernen Form allmählich Gestalt annahm.

Das heißt auch, dass ich sie noch zu Realschulzeiten zu schrei­ben anfing … und es gab handschriftliche Vorentwürfe zu einzel­nen Episoden, Alternativfassungen sozusagen. Mit verschiede­nem Personal, noch rudimentärerem Duktus, bizarren und nach­her nicht mehr aufgegriffenen Ideen oder solchen, die der mo­dernen Physik des OSM einfach nicht mehr entsprachen.

Was sollte ich damit tun? Alle vergessen?

Dann hätte ich, sagte ich mir, die Geschichte quasi nur zur Hälf­te erzählt. Also entschied ich mich konsequent dazu, diese Vor­versionen in das Seriendigitalisat einzugemeinden. Das verlän­gerte und erschwerte die Gesamtaufgabe um einiges. Ich deute nur mal an, dass so – und wegen der reichlich notwendigen Kommentierung – aus 2 Ordnern insgesamt 5 wurden. Und al­lein in den ersten Ordner waren neben 12 „kanonischen“ Episo­den nicht weniger als 13 Entwurfsepisoden aufzunehmen.

Das ließ dann bald deutlich nach, aber der letzte „alternative“ Band der Serie war Band 50, wo ich ernsthaft Oki Stanwer mit einem Griechen namens Midas zusammentreffen ließ … ein We­sen, das es im modernen OSM nicht mehr gibt und der dann Oki Stanwer zu lebendigem Gold erstarren ließ.

Ihr merkt schon, es gibt hier wilde Denkansätze, es wimmelt auch von „magischen“ Lösungen und dergleichen, die ich so na­türlich kritisch kommentieren musste. Ich bin bei vielen Episo­den wirklich froh, dass sie nicht-kanonisch sein können und ich sie außen vor lasse. Als Digitalisat und Ausdruck sind sie jetzt vorerst vor weiterem Verfall geschützt. Manche Episoden waren doch schon im Laufe der letzten 40 Realjahre (!) arg verblasst. Die Schäden waren allerdings nicht so gravierend wie bei der Ursprungsserie „Oki Stanwer“, die teilweise völlig verschwunde­ne Passagen aufwiesen, weil das Papier die Schreibtinte aufge­saugt und absorbiert hatte.

Je weiter ich im Digitalisat der Serie kam, desto interessanter wurde es für mich (ja, und auch dystopischer, das ist nicht zu leugnen). Ich stolperte über zahllose krasse Handlungsfehler. Ei­ner verdient es, hervorgehoben zu werden, nämlich die Sache mit den „untoten“ Dämonen im Finalzyklus.

Sind die wirklich untot? Nein, nicht im originalen Sinn. Aber es ist so, dass zwei Dämonen, die dort noch munter Gefechte schlagen, von mir im vorherigen Serienverlauf schon getötet wurden … am Ende verlor ich den Überblick so vollständig, dass ich sie einfach weiter agieren ließ, obwohl sie schon gar nicht mehr lebten.1

Ein weiterer Punkt, der für die Ausarbeitung wichtig werden wird, ist der, dass ich eine sehr wichtige, zentrale Handlungs­person in der Episodenserie nicht drin habe, weil sie erst an Oki Stanwers Seite trat, als ich die Romanumarbeitung „DER CLOGGATH-KONFLIKT“ schrieb. Handelte es sich dabei nun um eine Nebenperson, so könnte ich das vielleicht irgendwie „unter der Hand“ lösen … aber sie ist eine zentrale Handlungs­person, die sehr wesentlichen Einfluss auf die Endkämpfe auf TOTAM ausübt. Da verbietet sich so ein Vorgehen von selbst.

Ich bin mir nicht sicher, ob ihr euch vorstellen könnt, was in meinem Verstand vor sich ging, als ich diese Episoden digitali­sierte und dabei ständig mit zweierlei Handlungsstrangwissen arbeiten musste. Etwa folgendermaßen:

Also, in der Episodenserie verläuft diese Konfrontation folgen­dermaßen … aber ich muss ja Person X jetzt noch in der Ausar­beitung ergänzen. Das hat massive Auswirkungen auf diese und jene Handlungsabläufe … so, wie das in der Serie steht, kann das also auf gar keinen Fall ablaufen.

Die Einbeziehung von Person X bedeutet, dass Person A und B sich anders zueinander verhalten. Dann muss ich die Dämonen aus der Gleichung herausnehmen und durch Totenköpfe erset­zen, das passt dann sehr viel besser, wenn Person Y als Ent­scheidungsparameter hinzukommt …“

Und so weiter und so fort.

Meine Gedanken waren doch etwas verheddert … auf der einen Seite. Auf der anderen Seite eröffnete sich mir, und insofern ist es sehr gut, dass ich diese Serie nicht etwa schon vor fünf Jah­ren oder so digitalisiert habe, Handlungspfade und Erklärungs­muster, die ich vorher so gar nicht gesehen hatte. Und die wo­gen dann auf interessante Weise diverse theatralische Wendun­gen, die logisch einfach nicht umzusetzen waren, grundlegend auf.

Es ist natürlich immer deutlicher geworden, dass gerade der Fi­nalzyklus und die etwa zehn Bände davor so vieles vermissen lassen, was da unbedingt hineingehört. Auch dafür war es not­wendig, so lange zu warten. Je weiter sich der CLOGGATH-KON­FLIKT ausdehnt und je mehr Menschen dabei ums Leben kom­men, je mehr Städte sich in amorphe Schuttwüsten verwandeln, desto deutlicher wurde es, dass die zivilen und militärischen Strukturen zerfallen würden. Das wusste ich auch 1985 schon, als ich das erstmals schrieb … aber was das in der Konsequenz wirklich bedeutet, davon machte ich mir höchst naive Vorstel­lungen.

Nehmen wir nur mal diese Reise, die Mark Garsen durch das verwüstete Deutschland im Sommer 2124 unternimmt. Kann man da noch mit einem Zug von Hamburg nach Freiburg fah­ren? Selbstverständlich NICHT!2 Also müssen er und sein Beglei­ter eine andere Route nehmen, um zum Ziel zu kommen. Ich habe sie bislang nur in Fußnoten skizziert, aber sie wird etwa so aussehen, dass sie sich zum Rhein durchschlagen und mit Schleppern gen Süden reisen. Soweit ich das sehen kann, sind die Wasserwege noch einigermaßen sicher, was man von Stra­ßen, Flugplätzen und Eisenbahntrassen nicht sagen kann … aber auch hier fiel mir auf, wie viele Dinge ich einfach verges­sen habe.

Als da wären? Na ja, Untotenheere etwa. Marodierende Dämo­nen. Knochenparasiten.3 Heeresdeserteure. Plünderer. Flücht­lingstrecks. Lynchjustiz … also, es gab der Komplikationen schon gar viele, die ich völlig unterschätzte.

Der CLOGGATH-KONFLIKT ist, je weiter er sich ausdehnt, ein zu­tiefst dystopischer Alptraum, keine Frage. Und insofern juckte es mich ständig, in den schon datentechnisch angelegten ein­zelnen CK-Kapiteln Textbausteine zu formulieren … ich habe mir das dann erst mal verkniffen, weil ich deutlich merkte, wie mei­ne Gedanken sonst zerfasert wären.

Erst einmal, so der Vorsatz, den Haupttext abschreiben. Dann die Kommentierung. Danach die Verzeichnung der Glossarbe­griffe im Serienglossar und im Lexikon für die Serie. Damit kam ich am 13. Juni 2023 zum Schluss. Nun gilt es nur noch, die Ord­ner-Inhaltsverzeichnisse zu ergänzen … und natürlich will dann noch ein Nachtragsglossar verfasst werden. Denn obwohl ich den Serienepisoden immer 2 Lexikonseiten anfügte, habe ich so viele Personen, Orte und Begriffe in der Serie erwähnt, dass das Glossar jetzt schon fast 200 Seiten umfasst.

Was übrig blieb, waren 19 Seiten mit noch nicht erklärten Be­griffen … das ist dann die nächste Baustelle, die mich aber – was ich gestern fasziniert begriff – zu einem weiteren interes­santen Highlight führen wird: Wenn ich diese Begriffe nämlich alle erklärt habe, wird das Serienglossar für KONFLIKT 13 das erste sein, das ich überhaupt vollende und so in das OSM-Hauptglossar überführen kann.

Wenn man bedenkt, dass mit dem Digitalisat der Serie „13Neu“, also der OSH-Serie, schon die 15. abgeschlossene OSM-Serie vorliegt, ist es irgendwie etwas blamabel, dass ich noch bei kei­nem anderen Seriendigitalisat soweit gekommen bin … irgend­wie stand ich da immer auf dem Schlauch, seltsam.

Nun, die Ziellinie ist damit durchaus in Sicht, und ich werde mich umgehend an die Arbeit machen, dieses Ziel zu erreichen.

Ah, ich ahne, dass ihr noch eine Nachfrage habt, und ich kann mir auch gut denken, welche: Jetzt hat der Uwe doch durch die­sen Serienabschluss freie Zeitkontingente gewonnen. Heißt das, die Arbeit an den E-Books geht jetzt weiter?

Das wird geschehen, gar keine Frage. Aber ich habe auch eine andere, schon lange für diesen Moment vorgesehene Aufgabe in Angriff genommen, kaum dass ich das obige Projekt soweit abgeschlossen hatte – das Seriendigitalisat für KONFLIKT 20 „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam“ (OuC). Wer da jetzt ent­täuscht aufstöhnt, sollte bitte folgende Tatsache mit im Blick be­halten: Ich schrieb OuC-Band 1 im Mai des Jahres 1984. Auch diese Serie wird damit in diesem Jahr schon 40 Jahre alt, und das Digitalisat ist seit Abschluss der Serie im Jahr 1997 überfällig. Das ist also die nächste wichtige Aufgabe.

Aber keine Sorge, die E-Books sind definitiv nicht vergessen. Kommt Zeit, kommen E-Books, versprochen!

In der nächsten Woche schauen wir uns aber in der Rubrik „Langzeitprojekte“ wieder mal ein OSM-Werk näher an. Lasst euch da mal überraschen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Zu meinem Bedauern ist das in der OSH-Serie kein einmaliger Ausrutscher. Als ich vor ein paar Jahren KONFLIKT 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“ provisorisch glossierte, entdeckte ich zu meiner Frustration, dass ich eine lange zuvor verstorbene Handlungsperson einfach wieder eingesetzt und dann noch einmal hatte sterben las­sen … aber damals konnte ich zumindest als Erklärung sagen: Okay, die Episoden habe ich mit jahrelangem Abstand zueinander geschrieben, da kann das schon mal vorkommen.

In der OSH-Serie war es allerdings so, dass der eine Dämon im ersten Band des Final­zyklus starb … und wenige Bände danach DENNOCH agierte, also quasi noch im glei­chen Schreibmonat. Das war dann doch arg peinlich.

2 Und nein, warum das – und sehr viel mehr anderes auch noch – nicht mehr funktio­niert, das verrate ich an dieser Stelle nicht, das wäre ein zu massiver Spoiler, darüber kläre ich euch besser dann an Ort und Stelle auf, wenn die entsprechenden Passagen als E-Book erschienen sind … und das kann noch ziemlich dauern. In diesem Punkt müsst ihr also einfach mal meiner Expertise vertrauen, Freunde.

3 Nein, auch von denen verrate ich nicht mehr. Spoiler!!!

Rezensions-Blog 445: Die Welten des Magnus Ridolph

Posted Februar 28th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

das Weltall ist ein wunderlicher Ort, und Autoren, die sich dort schreibend bewegen, ersinnen die bizarrsten Szenarien, die man sich nur vorstellen kann. Einer der Literaten, die dies bis in kleinste Verästlungen beherrschten und deren Werke sogar bis­weilen bei guten Übersetzungen mit Fußnoten (!) kommentiert werden, in denen man faszinierend Wissenswertes an Mehrwert über die geschilderten Welten, Spezies und sozialen Bräuche er­fährt, war der Amerikaner Jack Vance. Ich merkte das auf wun­derbare Weise, als ich anno 2019 dieses alte Werk aus meinen Regalen hervorzog und entschied, es umgehend auf den Lese­plan zu setzen.

Eine sehr gute Idee, bisweilen geradezu so grotesk komisch, dass ich hell herausprustete, wenn ich die Pointen der Geschich­ten entdeckte. Der trockene Humor und die bodenständige, bis­weilen fast boshafte Hintersinnigkeit, mit der Magnus Ridolph für ausgleichende Gerechtigkeit sorgt, ist in der Tat, wie ich in der Rezension damals schrieb, ein Charakteristikum, das die Ge­schichten auch nach so langer Zeit immer noch höchst lesens­wert macht.

Ihr kennt Magnus Ridolph noch nicht? Na, Freunde, dann wird es aber wirklich allerhöchste Zeit, dass wir das mal ändern! Also, Vorhang auf für eine Persönlichkeit, die euch lange im Gedächt­nis bleiben wird, mein Wort darauf:

Die Welten des Magnus Ridolph

(OT: The Many Worlds Of Magnus Ridolph)

von Jack Vance

Heyne 4053

256 Seiten, TB (1984)

Aus dem Amerikanischen von Lore Strassl

ISBN 3-453-30996-0

Manchmal muss man gar nicht so weit blicken und graben, um auf Gold zu stoßen, sondern man hat es geradewegs vor Augen – so erging es mir mit diesem Buch, das ich im September 1988 erwarb und dann die nächsten gut 30 Jahre ungelesen von ei­nem Regal ins nächste schob und mir sagte: Irgendwann, Jack, wird schon die Gelegenheit kommen, mich um dieses Werk zu kümmern. Vermutlich wurde ich durch die schlichte Tatsache von dem Lesevergnügen abgehalten, dass ich Magnus Ridolph nicht kannte. Andernfalls hätte ich das Buch sicherlich noch im gleichen Monat des Kaufes verschlungen.

Nun, das Schöne an Büchern ist, dass sie, zumal dann, wenn es sich bei ihnen um ausgesprochen zeitlose Werke handelt, weni­ger stark altern als die Leser, und dass das Lesevergnügen al­lerhöchstens dann verblasst, wenn die Inhalte von der Ge­schichte überholt werden (etwas, was mir bei älteren Sachbü­chern und Zeitschriftenartikel häufiger widerfährt). Magnus Ri­dolph als Figur gehört aber zu jener Form von nachgerade ar­chetypischen Charakteren mit einem ausgeprägten Eigenleben, dass ein Veralten der Geschichten quasi unmöglich ist. Wir ha­ben es hier ja auch nicht mit einem solchen Kontext zu tun wie bei Sherlock Holmes, der ewig in dem Zeitfenster zwischen 1870 und 1930 verharren wird, das an sich wenige Veränderun­gen zulässt.

Magnus Ridolph ist ein Mann der weit entfernten Zukunft, und seine Spielwiese ist ein von vielfältigen Alienkulturen bevölker­tes Sternenreich der Menschheit in der ferneren Zukunft (das er nie genau zeitlich einordnet, und daran tut er gut!). Genau ge­nommen ist Magnus Ridolph, der stämmige Mann mit dem ope­rettenhaften weißen Spitzbart, jemand, den man leicht unter­schätzt und den übel gesonnene Zeitgenossen gern übervortei­len und in wirtschaftliche Probleme stürzen wollen. Dummerwei­se weiß sich dieser Mann zu wehren, denn er ist nicht umsonst einer der besten Detektive der Galaxis – und zudem jemand, der dann auf recht unorthodoxe Weise seine Fälle löst und in der Regel auch für ausgleichende Gerechtigkeit sorgt.

Dieser Band enthält die gesammelten 8 Geschichten um Magnus Ridolph, die Vance zwischen 1966 und 1980 verfasste, und ich zögere nicht zu gestehen, dass ich in den meisten aus dem vergnügten Kichern nicht mehr herauskam. Zum einen enthal­ten die Geschichten üblicherweise recht vertrackte logische Pro­bleme oder kriminalistische Problemfälle, die auf den ersten Blick schwer bis nicht lösbar erscheinen. Zum anderen wimmeln sie von bizarren Welten und noch weitaus exotischeren Alienwe­sen, fremden Kulturen und eigentümlichen Bräuchen. Ob es da­bei um Müllbeseitiger, fromme Mörder, intelligente Sardinen oder noch seltsamere Dinge geht.

Werfen wir am besten mal einen Blick in die hier gesammelten Fallstudien:

Die Kokodkrieger“ ist die mit Abstand längste Novelle des Ban­des. Magnus Ridolph, von zwei Geschäftspartnern übervorteilt und geprellt, ist ziemlich abgebrannt, als ihn Martha Chickering, die Schriftführerin der Frauenvereinigung zur Erhaltung von Sit­te und Ordnung aufsucht und ihm den Auftrag erteilt, dem Ko­kod-Syndikat das Handwerk zu legen. Es handelt sich dabei um eine Vereinigung auf dem Planeten Kokod, die mit Wetten auf kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den dort behei­mateten Stämmen Gewinne erzielt. Bei den blutigen Konflikten kommt es regelmäßig zu zahlreichen Todesfällen. Mrs. Chicke­ring findet das ungeheuerlich und will, dass das aufhört.

Nun, das könnte schwierig sein, gesteht Ridolph, der sich über das Thema schlau gemacht hat. Denn die Kokod-Krieger sind eine von Natur aus kriegerische Spezies, und die sehr ernst ge­meinten Kämpfe der Sippen gegeneinander sind ein bevölke­rungspolitisches Regulativ. Ohne eine genetische Behandlung, die das gesamte Volk betrifft, könne man da kaum Abhilfe schaffen … aber dann erwähnt die Klientin, dass zwei Personen namens Bruce Holpers und Julius See die Verantwortlichen sind, die das Schattentalhotel auf Kokod betreiben, wo diese Wetten stattfinden. Und wie es der Zufall will, sind das die betrügeri­schen Geschäftspartner, die Ridolph um sein Vermögen ge­bracht haben.

Obgleich die Wahrscheinlichkeit sehr gering erscheint, in die­sem Fall erfolgreich sein zu können, nimmt der Detektiv also die Herausforderung an und begibt sich ins Schattentalhotel. Und sehr seltsame Dinge passieren …

Der unnennbare McInch“ ist ein Verbrecher von atemberauben­der Dreistigkeit, der auf dem Planeten Sclerotto sein Unwesen treibt. Die Unikultur-Mission beauftragt Ridolph, den Verbrecher ausfindig zu machen und nach Möglichkeit auszuschalten. Aber niemand auf diesem kläglichen, völlig überbevölkerten und von bizarren Aliens nur so wimmelnden Flecken Welt weiß, wer McInch ist, nicht einmal, ob es sich dabei um einen Menschen handelt. Dass es ihn gibt, ist aber durch Diebstähle und zahlrei­che Tote bezeugt, die auf sein Konto gehen.

Ridolph beginnt also zu ermitteln und befragt nacheinander die Polizisten, die asselgestaltigen Postboten, den Aas fressenden Müllmann und den nicht minder unmenschlichen Bankier, der bestohlen worden ist. Und schließlich ist er sich sehr sicher, wer McInch ist und ruft die Verdächtigen zusammen, obgleich er scheinbar gar nichts in Erfahrung gebracht hat …

Die heulenden Schlinger“ stellen eine Gefahr dar, die Magnus Ridolph unbekannt ist, als er sich von Gerard Blandham eine Plantage mit prachtvollen Ticholama-Pflanzen zu einem ausge­sprochenen Schnäppchenpreis aufdrängen lässt. Blandham ist nach eigenen Worten derzeit in einer finanziellen Klemme, an­dernfalls hätte er diese Plantage, die doch so ertragreich ist, niemals verkaufen wollen. Alles scheint also mit rechten Dingen zuzugehen. Nur jenseits des Feldes befindet sich ein komischer Streifen Brachland, der bei Ridolphs zweitem Besuch irgendwie größer geworden zu sein scheint. Und Blandham hat es auch ungewöhnlich eilig, das Geschäft abzuschließen.

Kaum hat er sich aus dem Staub gemacht, wird die Schattensei­te des Kaufes sichtbar, und die könnte Magnus Ridolph nicht nur um die Plantage bringen, sondern auch das Leben kosten …

Auch in „Der König der Diebe“ ist Magnus Ridolph, von der Plan­tagengeschichte gründlich weit entfernt, dabei, ein neues Ge­werbe zu erkunden. Diesmal geht es um wichtige Kristallvor­kommen auf dem Planeten Moritaba, einer Welt, deren Bewoh­ner als notorische Diebe gelten. Ridolph möchte mit dem König der Diebe, Old Kanditter, einen Geschäftsvertrag aufsetzen, um diese Kristallvorkommen ausbeuten zu können. Dummerweise ist er darin nicht allein, sondern hat Konkurrenz von dem intri­ganten, hinterlistigen Ellis B. Mellish, der ihn zu einer leichtsin­nigen Wette veranlasst. Natürlich weiß auch Mellish von der Langfingertendenz der Bewohner des Planeten und meint, wer am Ende der Woche noch mehr von seinem eigenen Hab und Gut habe, werde letztlich das Geschäft mit Old Kanditter ma­chen.

Ridolph wittert schon Schwierigkeiten und wird in der Tat bereits bestohlen, kaum dass er in der Unterkunft angekommen ist. Und Mellish macht ihm auch anderweitig das Leben schwer. Aber der Detektiv wäre nicht der Mann, der er ist, wenn er nicht selbst auch noch Geheimtricks aufzubieten hätte …

Ein „Kurort zwischen den Sternen“ ist die Welt unter der Sonne Eta Pisces nur in den Prospekten. Das wissen Joe Blaine und Lucky Woolrich, die höchst unglücklichen Betreiber eines neu errichteten Touristen-Resorts mit allen erdenklichen Schikanen, nur zu gut. Denn nach der problemlosen Errichtung des Komple­xes hat sich alles in einen Alptraum verwandelt: „Neun Bade­gäste gleich am ersten Tag von Seekäfern getötet! Die Goril­lawesen, die diese Mädchen in den Dschungel zerrten! Ganz zu schweigen von den Flugschlangen und Drachen …“

Nein, ein Idyll sieht deutlich anders aus. Das Resort ist wie leer gefegt, und dies aus gutem Grund. Aber die Ursache für all das verstehen die beiden nicht. Und so engagieren sie Magnus Ri­dolph, der die Geschichte aufklären soll. Irgendetwas hier ist faul, aber es ist nicht ersichtlich, was. Offenbar, kommt bald zu­tage, hat es irgendetwas damit zu tun, dass die hiesigen Einhei­mischen, die beim Bau des Hotels halfen, die friedlichen Mollies, sich seither wieder in ihre Dschungeldörfer zurückgezogen ha­ben. Blaine hat eine Idee, was die Ursache gewesen sein könnte – aber die Umsetzung dieser Idee kostet Magnus Ridolph fast das Leben …

Die Story „Gnadenstreich“ ist leider die schwächste in der Sammlung, und das hat mit dem bedauerlich verräterischen Ti­tel zu tun, sowohl im Englischen wie im Deutschen. Magnus Ri­dolph befindet sich auf einem Raumhabitat, das man als „die Nabe“ bezeichnet, ein exterritorialer Raum, auf dem sich multi­ethnische Begegnungen ereignen. Hier kommt er durch einen Zufall – er ist nur Tourist auf der Durchreise – mit dem Anthropo­logen Lester Bonfils in Kontakt, der mit drei paläolithischen Ein­geborenen von S-Cha-6 auf Reisen ist. Bonfils macht einen ge­quälten Eindruck, und das hat mit seinen Erlebnissen auf einer Welt namens „Journeys End“ zu tun. Hier hatte er, dem Verneh­men nach, ein intimes Verhältnis mit einer Eingeborenen. Und seither wird er nach eigenen Worten von Feinden verfolgt, die ihm nach dem Leben trachten.

Magnus Ridolph kann ihm nicht helfen, er nimmt gegenwärtig keine Aufträge an.

Am nächsten Morgen ist Lester Bonfils tot, ermordet in seiner eigenen Unterkunft, direkt vor den drei im Käfig befindlichen pa­läolithischen Eingeborenen. Der Betreiber der „Nabe“, Pan Pas­coglu, bittet Ridolph inständig um Hilfe, und binnen kürzester Zeit ermittelt der Detektiv zehn mögliche Verdächtige, darunter jene Frau namens Fiamella der Tausend Kerzen, die Bonfils den Tod angedroht hat. Offensichtlich die Person, die am meisten verdächtig erscheint. Ridolph kommt aber nach der Verneh­mung der Verdächtigen zu einem anderen Schluss …

Die manipulierten Sardinen“ ist mit Abstand die bizarrste Ge­schichte, wie ich fand. Es ist eher ein Zufall, dass der Detektiv auf diese seltsame Sache stößt. Er wird von seinem Freund Joel Karamor zum Essen eingeladen, und zum Dessert gibt es – für mich einigermaßen befremdlich – Sardinen und Kaffee. Es IST auch befremdlich, denn beim Öffnen explodiert die Sardinendo­se.

Karamor gibt zu, dass dies der wesentliche Grund dafür ist, sei­nen Freund gerufen und zum Essen eingeladen zu haben. Die Sardinen stammen vom Planeten Chandaria, wohin sie einst ex­portiert wurden und prächtig wachsen und gedeihen. Auf wun­dersame Weise sind die von dort importierten Sardinen deutlich preiswerter und qualitativ besser als die irdischen. Wenn nur nicht in letzter Zeit so bizarre Unglücksfälle vorkommen wür­den.

Karamors Geschäftspartner auf Chandaria, George Donnels, ist dort für die Fischzucht und Verarbeitung zuständig. Und als Magnus Ridolph sich dort in der Tarnung eines einfachen Arbei­ters einfindet, stellt er alsbald fest, dass eigentümliche Sachen vor sich gehen. Die Sardinen werden beispielsweise von Leitfi­schen in die Verarbeitungsanlagen geleitet, die Leitfische selbst entschwinden aber durch eine Seitenluke aus der Falle und kommen so mit dem Leben davon. Und warum führt Donnels in der Lagune vor der Fabrik Sprengungen durch? Irgendetwas ist hier in der Tat sehr seltsam. Und es erweist sich als lebensge­fährlich, dem Rätsel auf die Spur zu kommen …

In der letzten Geschichte geht es um „Das mysteriöse Ver­schwinden“. Magnus Ridolph, der gerade mit einem Alien-Zoo Schiffbruch erlitten hat und von Gläubigern verfolgt wird, erhält unerwartete Schützenhilfe von dem bärbeißigen Industriemagnaten Howard Thifer. Als Thifer Ridolphs Schulden tilgt, ist der Detektiv sozusagen engagiert und landet alsbald mit dem In­dustriellen auf dessen Planeten Jexjeka, einer kargen und ei­gentlich unbewohnbaren Felsenwelt in einem Drei-Sonnen-Sys­tem. Thifer hat hier vier Oasen errichtet, A, B, C und D genannt, wo er Arbeiter angesiedelt hat und Minen ausbeutet. Sein Pro­blem besteht darin, dass in den Oasen C und D mit einer ge­spenstischen Regelmäßigkeit nach jeweils 84 Tagen alle Bewoh­ner spurlos verschwinden. Er kann es sich nicht erklären und meint nun gelassen, Magnus Ridolph habe drei Möglichkeiten, wie er die Angelegenheit angehen könne: Erstens könne er den Fall des Verschwindens lösen. Zweitens könne er seine Schul­den, die Thifer ja für ihn getilgt hat, in monatelanger Minenar­beit abarbeiten. Oder er könne, drittens, wie die anderen Arbei­ter kurzerhand spurlos verschwinden.

Ridolph entscheidet sich verständlicherweise für Variante 1. Aber das Rätsel scheint undurchdringlich. Und dann hält er sich in einer der genannten Oasen auf, als der 84. Tag anbricht …

Es ist eine pralle, farbenprächtige Welt, die Jack Vance hier vor dem Leser aufspannt, eine reiche Welt fremder Kulturen, bizar­rer Lebensformen, exotischer Settings und Gebräuche, in denen er sich mit kulturanthropologischer Belesenheit und gründlicher Vorabinformation im steten Kampf gegen Vorurteile und heimtückische Betrüger befindet. Die Lösung seiner Fälle ist nie ohne einen gewissen Witz, manchmal – etwa im Fall der Sardinenge­schichte – entbehrt sie sogar nicht ökologischer Aspekte.

Es sind, nach meinem Geschmack, auch ungeachtet ihres Alters von z. T. mehr als 50 Jahren, gerade aufgrund der Tatsache, dass sie nicht an landläufiger Technologie festgemacht sind oder in vertrauten Umgebungen spielen, die unangemessen schnell altern können, zeitlose Werke, die man auch heute noch mit Vergnügen und gelegentlichem Gewinn lesen kann. Gerade die psychologische Ausleuchtung der Protagonisten und ihre lo­gischen Kurzschlüsse sind immer wieder äußerst erfrischend.

Schade fand ich, dass Vance allein schon im Titel „Gnaden­streich“ die Lösung der Geschichte vorweggenommen hat. Al­lein wer des Französischen nicht mächtig war („Coup de Grace“ war der OT), hat vermutlich die Lösung nicht sehr zeitig erken­nen können.

Alles in allem gelingt es Vance aber in dieser Sammlung von Ge­schichten, für Storysammlungen und Anthologien definitiv eine Lanze zu brechen. Es mag sein, dass sich Romane besser ver­kaufen, aber ich versichere euch, dass diese Vance-Kurzge­schichten schon genügend Gehalt aufweisen, um es mit durch­schnittlichen Romanen von 200 Seiten Umfang locker aufzuneh­men. Es lohnt sich, sie im Tempo von einer Geschichte pro Tag genüsslich zu konsumieren. Und als sehr zufriedener Leser am Ende das Buch zu schließen und sich vorzunehmen, alsbald das nächste Werk des leider schon verstorbenen amerikanischen SF-Autors zu verschlingen.

© 2019 by Uwe Lammers

Ja, das ist eine sehr nachdrückliche Leseempfehlung! Ich stehe auch nach fünf Jahren immer noch gern dazu. Euch entgeht da einiges, wenn ihr dieses Buch links liegen lasst, nur weil ihr meint, es sei „zu alt“.

In ähnlicher Weise kann ich euch für die nächste Woche ein Buch empfehlen, das angenehmes, humorvolles Lesevergnügen garantiert. Näheres erfahrt ihr in der kommenden Woche.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

die Vorteile eines Monats, in dem das Wetter eher durchwach­sen zu nennen ist und zwischen ergiebigen Regengüssen und sengend heißen Tagen schwankt – das hatten wir in diesem Juni 2023 – besteht für Menschen, die nicht von Migräneanfällen ge­plagt sind, überraschend leistungsfähig zu sein. Ich pflegte ja in vergangenen Jahren an dieser Stelle zu sagen, dass ich in den heißen Monaten des Jahres nicht optimal kreativ „funktioniere“ … davon kann glücklicherweise in diesem Monat keine Rede sein.

Mit einer Endsumme von 34 fertig gestellten Werken zählt der Monat Juni zu den kreativ starken in diesem Jahr, und das, ob­wohl es wirklich reichlich Ablenkungen im privaten und berufli­chen Bereich gab. Vielleicht bin ich deshalb dann verstärkt in den Raum der Kreativität ausgewichen, wenn mir die Alltagssor­gen über den Kopf wuchsen. In jedem Fall wirkte sich das höchst positiv für die Kreativbilanz aus. Schauen wir uns das mal im Detail an:

Blogartikel 547: Work in Progress, Part 126

13Neu 72: Inferno Kristallwelt

16Neu 62: MARCONIUS STANWER

Anmerkung: Als ich diese Episode schrieb, war Marconius für mich natürlich schon lange kein Unbekannter mehr … ihr wer­det euch vielleicht entsinnen, dass ich ihn gelegentlich schon mal in den Blogartikeln erwähnt habe (etwa im Blogartikel 500). Tatsächlich war Marconius eine faszinierende Entdeckung, und seine Entwicklung ist auch OSM-charakteristisch.

Inwiefern? Nun, weil er starb, ehe er eigentlich geboren wurde … ich ließ ihn erstmals schon 1985/86 in der Serie „Kampf ge­gen TOTAMS Dämonen und Schergen“ auftauchen, wo er 1989 dann serienkonform starb. Damals war Oki Stanwers Sohn aber ein Matrixfehler, und ich wusste schon dort, dass er eigentlich in KONFLIKT 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“ gebo­ren wurde … nur waren diese Episoden noch nicht geschrieben. Das geschah dann erst in den 90er Jahren, sodass ich die faszi­nierende Erfahrung machte, das Leben einer Hauptperson ge­wissermaßen „nachträglich“ zu gestalten. Und Marconius hat in der 16Neu-Serie wirklich einen prominenten Status, das werdet ihr beizeiten noch erleben.

13Neu 73: Der vierte Helfer

16Neu 60: Flug ins Galaxiszentrum

Anmerkung: Diese hochdramatische Episode abzuschreiben und zu kommentieren, war ein großes Vergnügen und ging mir in diesem Monat äußerst flink von der Hand. Die Geschichte ent­hält ein ernsthaftes Problem: Oki Stanwer und seine Gefährten werden von einer Gefahr verfolgt, die ihnen in jeder Weise über­legen ist. Flüchten ist unmöglich. Verstecken ist unmöglich. Konfrontation ist Selbstmord. Was also tun? Oki entschließt sich zu einem Akt des schieren Wagemuts … mehr dazu sagte ich ja schon in der vergangenen Woche, aber was er tatsächlich tut, erfahrt ihr erst in einigen Wochen beim Close Up-Artikel 52.

Diese Episoden sind jedenfalls echt spannend, das spüre ich selbst noch aus einer Distanz von fast 30 Realjahren. Da war ich richtig in Fahrt, was dann auch die Abschrift sehr leicht von der Hand gehen lässt.

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“)

16Neu 61: Die Rebellen der Milchstraße

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“)

13Neu 74: OKI STANWERS PAKT

16Neu 63: Blick auf RANTALON

Anmerkung: Wie ihr aus den Close Up-Beiträgen wisst, ist RAN­TALON der Kampfort für den finalen KONFLIKT 16. Aber bislang wissen die Galaktiker noch nicht genau, wie dieser Ort aussieht. Die Leser werden in dieser Episode darüber aufgeklärt. Was al­lerdings nicht heißt, dass die Endauseinandersetzung nun schon stattfindet, das ist noch ziemlich weit hin.

Was bis dahin passiert? Viel Schreckliches und Unglaubliches, versprochen. Ihr erfahrt es in den nächsten Monaten sowohl hier als auch in den Close Up-Beiträgen.

(OSM-Wiki)

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer Horror“)

(Glossar der Serie „Oki Stanwer Horror“)

13Neu 75: CLOGGATHS ENDE

13Neu 76: „Der WÄCHTER ist ein Mörder!“

Wie die Beziehungsgeister ihren Glauben verloren, Teil 1 – Archipel-Story

Wie die Beziehungsgeister ihren Glauben verloren, Teil 2/E – Archipel-Story

Anmerkung: Das war eigentlich eher eine editorische Finger­übung, wenn ich ehrlich sein soll. Ich formatierte diese Ge­schichte in zwei Teilen für den Abdruck im Fanzine „Baden-Würt­temberg Aktuell“ (BWA). Weitere Archipel-Geschichten sind diesbezüglich in Vorbereitung, höchstwahrscheinlich für dieses Jahr 2024 … aber die Planungen haben noch nicht begonnen.

16Neu 64: DIE GRALSJÄGER

16Neu 65: Imperiumsherz in Fesseln

(16Neu 67: Das Energienetz)

16Neu 66: INFERNO

VvD 12: Stimmen der Vergangenheit

(Sarittas Hilflosigkeit – Archipel-Story)

13Neu 77: TOTAMS RACHE

Anmerkung: Damit war dann das Ende des KONFLIKTS 13 er­reicht. Und seit dem 13. Juni 2023 bin ich nun dabei, ausgiebig die Lücken im Glossar der Serie zu schließen … es hat echt den Anschein, als wäre dies das erste Serienglossar des OSM, das ich in das Hauptglossar überführen kann. Dafür werde ich aber die jetzt schon über 500 Seiten umfassende Riesendatei des Hauptglossars in mehrere Dateien aufspalten müssen, damit ich es leichter handhaben kann. Auch davon werdet ihr zu gegebe­ner Zeit hören.

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Verteidiger von Demor“)

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer – Verteidiger von Demor“)

VvD 13: Reehns Verdacht

(VvD 14: Mission in Dyllawaar)

(Die Kolonie Saigon II – Erotic Empire-Roman)

20Neu 1: Der kristalline Sarg

Anmerkung: Und da war dann der Start des nächsten Seriendi­gitalisats … ich merkte bei der Abschrift echt, dass ich 1984, als ich damit begann, noch ziemlich rumpelige Geschichten schrieb. Hölzerne Protagonisten, unbeholfene Formulierungen, vergessene Absätze und Einrückungen, Theatralik, unzählige Auslassungen … die Serie ist zu Beginn wirklich keine Glanzleis­tung, und so kurz die Episoden auch sind – wenn man (wie in diesem Fall) jede Folge mit 100 und mehr Fußnoten kommentie­ren muss, ist das doch etwas anstrengend. Ich verstehe heute jedenfalls gut, warum ich damals jahrelang bei der Serie nicht vom Fleck kam.

Das wurde tatsächlich erst besser, als ich die ersten KONFLIKTE abgeschlossen hatte und 1987 dann, quasi als Nebeneffekt des Schreibens an dieser Serie, die Edward-Norden-Saga entwickelte.

(20Neu 2: Auf der Flucht)

(Glossar des Romans „Die Kolonie Saigon II“)

(VvD 17: Die Stimme der Hoffnung)

Blogartikel 552: 1735 Seiten, 15.195 Fußnoten oder: Ein Ende des Schreckens

(Drei Freundinnen – Erotic Empire-Novelle)

(16Neu 68: Calor-Ests Erbe)

(Lexikon der Serie „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam“)

(Glossar der Serie „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam“)

(20Neu 3: Hypnotische Träume)

(16Neu 69: Die Flotte der CROMOS)

Anmerkung: Zu diesen Episoden sind die Close Up-Artikel noch nicht vorgestoßen, aber ich kann euch schon jetzt versichern – wer denkt, das Drama im Reich der Zyw-Grynoth und im GRALSREICH, zu dem ich in den 16Neu-Episoden zwischen 58 und 66 schrieb, sei schon der Höhepunkt des Abenteuers gewe­sen, der sollte sich erst mal anschauen, was HIER weiter pas­siert. Und ich kann jetzt schon andeuten, das ist immer noch nicht der höchste Spannungsgipfel, der in der Serie erklommen wird. Da kommen noch ganz andere Zumutungen auf euch zu.

Ja, 1995ff. war ich schon ziemlich in Fahrt, das kann ich nicht anders nennen. Da kommen wilde Zeiten auf euch zu, Freunde!

Blogartikel 548: Aus den Annalen der Ewigkeit – alt und neu (LVII)

Blogartikel 554: Aus den Annalen der Ewigkeit – alt und neu (LVIII)

(16Neu 70: Erkunder im Fragilraum)

(NK 59: Ziel: Splitterhort)

Anmerkung: Das war jetzt wirklich eine witzige Stippvisite, die kam so aus dem Bauch heraus. Irgendwie wollte ich die Episode 58 noch mal nachlesen, die ja seit längerem fertig ist, und dann dachte ich mir so halb und halb … ach, da könnte ich ja durch­aus weiterschreiben … ist noch nicht viel daraus geworden, aber ja, das wird wohl ein relativ nahes Schreibziel werden. Das gilt auch für den Folgeband, der hier folgt.

(NK 60: Im Sturm von Tushwintau)

Blogartikel 545: Close Up – Der OSM im Detail (50)

Blogartikel 550: Close Up – Der OSM im Detail (51)

Damit war dann das Ende der „Fahnenstange“ erreicht, wie ich das mal nennen möchte. Ich sah mit einiger Freude auf das Er­reichte. Wenn ihr nachzählt, werdet ihr hier natürlich wie immer zahlreiche Posten vermissen. Solche Dinge wie Fanzineredaktio­nen, Rezensionen und Rezensions-Blogs erscheinen in dieser Rubrik eben nicht. Aber auch so kann sich das Gesamtergebnis des Monats Juni 2023 durchaus sehen lassen.

Wie ihr oben gesehen habt, werde ich mich in der nächsten Wo­che an dieser Stelle um die Abschlussarbeit am KONFLIKT 13 „Oki Stanwer Horror“ bzw. an dessen Digitalisat „13Neu“ küm­mern. Und während ich euch das zugänglich mache, bereise ich schon wieder weitere alte Universen (KONFLIKT 16, KONFLIKT 20), feile weiter an Glossaren und OSM-Lexika bzw. schaue mir neue Welten an (KONFLIKT 11).

Bleibt mal neugierig, wie sich das dann in einem Monat an die­ser Stelle auswirkt und was es dann zu berichten gibt.

Soviel für heute – bis nächste Woche, Freunde, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 444: Fly me to the Moon

Posted Februar 21st, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

was fasziniert uns an Büchern und führt dazu, dass wir sie kau­fen? Diese Frage umfassend zu beantworten würde hier natür­lich den zur Verfügung stehenden Raum sprengen, ganz klar. Für mich, und nur für mich kann ich recht präzise sprechen, gibt es eine klare Rangliste von alternativen Kategorien.

Zum einen sind da natürlich bekannte, vertraute und als gut eingestufte Autorinnen und Autoren.

Zum zweiten reizt mich vielfach das Sujet, da greife ich auch gern zu neuen, unbekannten SchriftstellerInnen. Da kommt es selbstverständlich bisweilen zu Fehlgriffen.

Zum dritten mögen Titelbild oder Klappentext relevante Aus­wahlkriterien sein.

In diesem Fall war es, kein Witz, eine Kombination aus Thema, der Haptik des Buches (!) und natürlich der schieren Gelegen­heit: Es gab die Möglichkeit, das Buch quasi umstandslos zu verschlingen.

Ich muss sagen, in diesem Fall hat mich die Intuition nicht ge­trogen, sondern mich zu einem interessanten Buch einer unver­trauten Autorin hingelenkt. Und ein wesentliches Element des Werkes fand ich ganz besonders anheimelnd und überraschend.

Welches? Ach, lest einfach weiter, dann erfahrt ihr mehr:

Fly me to the Moon

Von Anaïs Goutier

Knaur 51671

448 Seiten, TB

August 2015

ISBN 978-3-426-51671-3

Es gibt Bücher, die kauft man und stellt sie monate- oder jahre­lang ins Regal, gewissermaßen als Lesevorrat, um sie zu gege­bener Zeit zu schmökern. Und dann gibt es Bücher … wie soll ich das ausdrücken … Bücher, die sofort geradewegs danach ru­fen, unverzüglich gelesen zu werden. So ging es mir mit dem vorliegenden Werk.

Im Jahre 2013 erschien auf der Selfpublisher-Plattform Neo­books der vorliegende Roman als sechsteiliger E-Book-Zyklus. Ungeachtet seines englischen Titels handelt es sich um ein Werk einer deutschen Autorin, das es dann zwei Jahre später in einer grundlegend überarbeiteten Fassung zu einer Buchpubli­kation bei Knaur gebracht hat (etwas, was nicht allzu viele E-Books aus Selfpublisher-Hand fertig bringen, hier hat mutmaß­lich der sonstige Rang der anonym schreibenden Autorin etwas nachgeholfen). Das Titelbild ist natürlich wie üblich völlig sinn­frei gewählt, aber die etwas samtige Haptik des Umschlags hat etwas unleugbar Sinnliches an sich, was zweifellos Intention ist. Und auch sonst hat das Buch einige Überraschungen in petto.

Worum genau geht es?

In Frankfurt am Main lebt und arbeitet die junge Dozentin Ann-Sophie Lauenstein, deren Schwerpunkte Kunst- und Geschlech­tergeschichte sind. Als engste Vertrauten fungieren ihre beiden launischen Katzen und ihre Freundin Kiki, eine kommunistisch-fundamentalistisch angehauchte Künstlerin (die freilich im Buch etwas zu flüchtig thematisiert wird, um hinreichend Profil zu ge­winnen). Im Grunde genommen arbeitet Ann-Sophie an ihrer Habilitationsschrift, unterrichtet aber weiterhin einige Tage an der Woche und gibt entsprechende Kurse an der Universität.

Im Zuge einer Exkursion im Rahmen dieser Kurse, die sie in ein vom milliardenschweren Hotelier Ian Reed gestiftetes Privatmu­seum führt, lässt sie sich im Anschluss an die Führung zu ein paar despektierlichen Bemerkungen bezüglich Reeds seltsa­mem Verständnis von Kunst und Privatsammlung hinreißen … wobei sie nicht ahnt, dass der attraktive Mann am Nebentisch Ian Reed IST. Als Wiedergutmachung für ihre Worte fordert er von ihr ein gemeinsames Abendessen, und es zeigt sich sehr schnell, dass Reed mehr im Sinn hat als nur ein romantisches Dinner. Eine erstaunlich leidenschaftliche Liebesnacht schließt sich an, und ehe die junge Dozentin begreift, was da eigentlich passiert, ist es auch schon geschehen – sie hat sich in ihn ver­liebt.

In Ian Reed, einen Mann, der quasi aus dem Koffer lebt und des­sen Leben aus unentwegten Reisen rund um den Globus be­steht. Teilweise ist das notwendig als Leiter der Reed Group, ei­nes internationalen Hotelkonzerns. Aber schnell entdeckt sie, dass hinter dem Playboy und Immobilienhai noch ein völlig an­derer Mensch steckt, der eine durchaus dunkle Seite der Erotik bevorzugt … und als ihr eine vormalige Gespielin Ians namens Isabelle schockierende Videos von dem zeigt, was angeblich Reeds tiefste Sehnsüchte darstellt, da kommt es zum peinigen­den Bruch zwischen den beiden.

Und – ganz analog zu E. L. James´ Liebespaar Christian Grey und Anastasia Steele in „Fifty Shades of Grey“ – beide leiden darunter, da die Verliebtheit längst beiderseitige Obsession ist … und sie raufen sich dann wieder zusammen. Aber wie Ann-Sophie entdecken muss, sind die Schatten der Vergangenheit noch deutlich finsterer, und es gibt Dinge, die Ian Reed so mus­tergültig verdrängt hat, dass sie vielleicht für immer zwischen ihnen stehen … gar zu verschieden scheinen ihre beiden Le­benswelten zu sein, vielleicht völlig unvereinbar …

Während also vieles von dem, was in der Geschichte abgehan­delt wird, in der Tat recht vertraut wirkt, wenn man mal ein paar mehr erotische Romane mit Anklängen aus dem BDSM-Milieu gelesen hat, so hat der Roman doch einen nicht geringen Lese­sog ausgestrahlt und erreicht, dass ich ihn binnen vier Tagen – in sehr zurückhaltendem Lesetempo, sonst wären auch zwei denkbar gewesen – geradewegs verschlang. Lesbar ist er also unbedingt.

Überrascht, und zwar enorm positiv überrascht, hat mich ein Element des Inhalts, der wirklich nicht zu erwarten war. Ja, es wird im Klappentext geschrieben, die Verfasserin sei „eine 1985 geborene Autorin und Kulturwissenschaftlerin, die im Bereich der interdisziplinären Frauen- und Geschlechterforschung publi­ziert und forscht“, aber das kann nur bedingt auf die erstaunlich breite Detailversessenheit Ann-Sophie Lauensteins vorbereiten. Da werden Autoren und Künstler, Kunstwerke, Kunststile, Archi­tekturdetails und Galerien, historische Kontexte und Stilrichtun­gen souverän in die Geschichte eingeflochten, dass mir ein ums andere Mal durchaus die Sprache wegblieb. Soviel Detailkennt­nis, die der weiblichen Hauptperson perfekte wissenschaftliche Konturen verleiht, habe ich bislang noch in keinem erotischen Roman finden können, nicht mal da, wo es vermeintlich um Ga­leristinnen oder Ähnliches ging.

Respekt, das war wirklich gelungen!

Das ist das große Plus, das sicherlich auch zahlreiche Leserin­nen, die sich auf diese Weise angenehm unterhaltend fortbilden möchten, sehr reizvoll wirken dürfte. Und zugleich kaschiert dies ein Manko, das ich an dieser Stelle auch nicht verschwei­gen will: Die Dramaturgie der Geschichte wirkt nur in der ersten Hälfte des Gesamtkontextes, danach erwartet man zwar noch mancherlei dramatische Verstrickung, aber es kommt keine mehr. So betrachtet sind – abgesehen von Ians Offenbarungen über seine Vergangenheit – die dramatischen Pulver verschos­sen. Ein wenig überkam mich das Gefühl, als versuchte die Au­torin am Ende etwas gezwungen ein Happy End zu etablieren, das indes hinter den Erwartungen zurückblieb.

Manch ein Leser mag die vielen intellektuellen Details „ver­kopft“ nennen oder unangemessen ablenkend (da ich selbst kul­turwissenschaftlichen Background aufweise, sah ich das weni­ger als Manko, sondern als gelungenen Teil der Protagonisten­charakterisierung), manch einer mag die Elemente zu bekannt komponiert finden oder denken, dass der Schluss nicht so weit ging, wie vielleicht erhofft … aber alles in allem bleibt für mich eine durchaus angenehme Leseerinnerung zurück. Und wer neugierig geworden sein sollte, sei ausdrücklich aufgefordert, mehr als einen Blick in das Buch zu werfen.

Ach ja … und was ist mit dem Titel? Nein, es geht nicht wirklich zum Mond … aber um den Titelbezug zu realisieren, sollte man das Werk tatsächlich schmökernd genießen.

© 2022 by Uwe Lammers

In der nächsten Woche entführe ich euch mal wieder zu den Sternen. Ich las vor einer Weile ein weiteres SF-Werk eines lei­der schon verstorbenen Altmeisters der SF. Wem der Name Jack Vance noch etwas sagt, der spitzt womöglich die Ohren. Wel­ches seiner zahlreichen Werke ich in der kommenden Woche be­spreche, nun, da müsst ihr euch noch ein paar Tage gedulden.

Bis bald, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

Blogartikel 550: Close Up: Der OSM im Detail – Teil 51

Posted Februar 18th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

starten wir am besten gleich mal mit einem sehr kurzen Rück­blick und gehen dann direkt in die temporeiche Handlung, an der ich, verteilt über rund anderthalb Schreibjahre, in den frü­hen 1990er-Jahren feilte.

Rückblick: Oki Stanwer und seine dezimierten Gefährten sind aus der Galaxis Kirrongar zurückgekehrt, doch aufgrund von GOLEMS Zeitfalle um 40 Jahre zu spät. Die Dämonenwaffe hat die Galaxis in Schutt und Asche gelegt, und was Oki Stanwer vorfindet, ist ein Minenfeld aus Trümmerwüsten, gespickt mit Fußangeln und unbegreiflichen Fakten.

Er stößt beispielsweise auf die DIGANTEN, die GOLEM als Neme­sis aus ihrer Heimatgalaxis gefolgt sind und ihn augenscheinlich immer noch bekämpfen. Er kann die letzten überlebenden „Schmelzenden“ aus den Ruinen der Zentrumsrepublik retten und dann auf einem fast tödlichen Umweg den Baumeisterstern MONOLITH erreichen, der sich seinem Kommando unterstellt.

Von hier aus ortet er in den Äußeren Welten Aktivitäten von GO­LEMS Armee und begibt sich mit einer ERKUNDER-Einheit vor Ort. Hier macht er die verwirrende Feststellung, dass in den „Randkrieg“ auch eine Fraktion von CROMOS involviert ist, die offensichtlich im Reich der Zyw-Grynoth ihre Basis haben.

Wichtiger ist aber zunächst, was auf der „Wracker-Welt“ ge­schieht, auf der die Vooler eine Bodentruppe abgesetzt haben. Hier gerät der ERKUNDER 1 unter Beschuss …

Episode 56: Oki und sein Feind

(1993, digitalisiert 2023)

Fortsetzung von Oki Stanwers Abenteuern in den Äußeren Wel­ten: Als die ERKUNDER 1 von den Voolern beschossen wird, er­hascht Oki einen paramentalen Kontakt von einem telepathisch begabten Randterraner … und teleportiert zu ihm hin, während sich das Schiff in Sicherheit bringt.

Kersin, so der Name des jungen Randterraners, ist mit seinen zwei Geschwistern einer der wenigen Überlebenden des Massa­kers, das GOLEMS Vooler angerichtet haben. Interessanterweise befinden sich bei ihm zwei seltsam kleine Vooler, mit denen Oki Kontakt aufnehmen kann … und dieser Kontakt macht die Situa­tion auf der so genannten Wracker-Welt zunehmend klarer.

Die Randterraner haben hier schon vor Jahrzehnten gegen einen von GOLEMS Kreuzern gekämpft, der daraufhin abstürzte und dessen Besatzung hier gestrandet war. Diese so genannten „Wracker“ waren aller Wahrscheinlichkeit nach Rebellen der Vooler. Und während sie und die Randterraner des Planeten sich noch bekämpften, tauchten in jüngster Vergangenheit die loya­len GOLEM-Truppen auf, die nun sowohl mit ihren „verräte­rischen Artgenossen“ wie auch den Randterranern aufräumen sollten.

Oki Stanwer kann das Schlimmste verhindern, und es gelingt ihm schließlich, im Lager der Feinde einen Bildfunkkontakt mit seinem Erzfeind GOLEM herzustellen, dem Oki ergrimmt den Krieg erklärt.

Derweil hat die ERKUNDER-Besatzung die Havaristen des Rand­terraner-Handelsschiffes HIMMELSSTÜRMER gerettet, und als ei­ner von ihnen, Tar Vyss, erfährt, dass der Alli Sketahr ein Helfer des Lichts ist, wird er ganz aufgeregt …

Episode 57: Die Hermetiker von ELDORADO

(1994, digitalisiert 2023)

Blende zu Thor Gordenbeyl auf dem „getarnten“ Planeten EL­DORADO:

Thor und seine Gefährten haben die menschliche Siedlung „Uto­pia“ erreicht, wo „Robin Hood“, „Robespierre“, „Lenin“ und an­dere Anarchisten ihnen – durchaus echte – Schauergeschichten aus der jüngsten galaktischen Vergangenheit erzählen, insbe­sondere von monströsen Wesen, die sich selbst GRALSJÄGER nannten und angeblich unbesiegbar sind. Sie sollen ein isolier­tes kleines Reich nahe dem Galaxiszentrum errichtet haben, das so abgesichert ist, dass alle Eindringlinge umstandslos vernich­tet werden.

Als Thor den Gedanken äußert, das gestrandete artanische Schlachtschiff zu besuchen, das ein paar hundert Kilometer von „Utopia“ entfernt auf einem Raumhafen havariert ist, wird ihm energisch davon abgeraten – das seien seltsame Kerle, die so genannten „Hermetiker“, die man besser nicht störe.

Als die Artaner allerdings während dieser Diskussionen eine Nu­klearwaffe auf „Utopia“ abschießen, die die VIPER-Bewaffnung gerade noch zerstören kann, verfestigt sich der Entschluss des Helfers des Lichts. Er lässt die Siedlung befestigen und bewaff­nen und startet dann zu den Artanern.

Wenn es doch nur Artaner wären … als sie landen, werden sie von diesen Wesen umringt, und als sie ihre Tarnschilde deakti­vieren, erkennt Thor entsetzt, dass es sich zwar um Artaner handelt … aber an den lädierten Körpern ist deutlich zu sehen, dass es in Wahrheit Roboter sind: Okis, um genau zu sein! Und zwar fehlgeschaltete Okis, die ihn nicht als Helfer des Lichts er­kennen, sondern als Sendboten TOTAMS einstufen … was zu ei­nem verheerenden Feuergefecht und einer Katastrophe führt …

Episode 58: Enklave der Freien

(1994, digitalisiert 2023)

Fortsetzung von Oki Stanwers Abenteuern:

Nachdem ein ERKUNDER von MONOLITH die meisten Überleben­den der Wracker-Welt abgeholt hat, beschließt Oki Stanwer, der Fährte der CROMOS zu folgen, die ins Reich der Zyw-Grynoth führt. Die beiden Randterraner Gosh und Tar Vyss, die an Bord der ERKUNDER 1 geblieben sind und erklärt haben, dass die menschlichen Rebellen der Galaxis schon lange nach Helfern des Lichts suchen (leider wissen sie nicht mehr von ihnen), be­haupten zwar, dass aus dem Reich der Zyw-Grynoth niemand mehr wieder zurückkehrt, weswegen sie seit Jahrzehnten kate­gorisch gemieden werden. Das kann Okis Sinn aber nicht um­stimmen.

Es wird noch seltsamer, als sie sich den Grenzen des Reiches nähern: Laut den Aussagen des Kommandogehirns der ERKUN­DER 1 finden alle Gefechte außerhalb des Hoheitsraumes der Raupenwesen statt. Dort hinein scheint es in den vergangenen 40 Jahren nie ein Angriffskonvoi GOLEMS geschafft zu haben.

Ist es also tatsächlich wahr? Die CROMOS fungieren als Schutz­macht für die Zyw-Grynoth? Das klingt einfach bizarr und un­glaubhaft. Also muss man diesen Kerlen wohl mal auf den Zahn fühlen. Indem sie sich als direkte Bedienstete der Sieben Licht­mächte ausgeben und auf der Baumeisterwelle direkten Funk­kontakt mit der Zentralwelt Zygrawon aufnehmen, hoffen Oki und seine Begleiter, Klarheit zu gewinnen.

Stattdessen lösen sie eine Katastrophe aus.

Ihnen ist absolut nicht bewusst, dass unterhalb der Oberfläche von Zygrawon eine Armee von CROMOS schlummert, die nun durch die Signale auf der Baumeisterwelle und deren Inhalt – di­rekte Beauftragte der Lichtmächte! – jählings alarmiert werden. Und die Zyw-Grynoth, die weniger von den CROMOS geschützt als vielmehr von ihnen in Geiselhaft gehalten werden, sehen sich außerstande, Klartext zu reden, weil das ihre Vernichtung zur Folge hätte.

Dummerweise sind die CROMOS im Reich der Zyw-Grynoth jene entarteten CROMOS, die einst schon Rhytekon-5 besetzt hatten. Nur sind es diesmal mehrere Millionen von ihnen! Und das Letz­te, was sie sich wünschen, ist, von ihren ursprünglichen Er­schaffern, den Lichtmächten, oder deren Beauftragten aufgestö­bert und zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Damit haben sie automatisch ein neues Feindbild: Oki Stanwer und die ERKUNDER 1. Und das Zygrawon-System wird zur Hölle …

Episode 59: Report des Horrors

(1995, digitalisiert 2023)

Fortsetzung der Handlung auf Zygrawon:

Oki Stanwer hat versucht, mit einer Oppositionsgruppe der Zyw-Grynoth Kontakt aufzunehmen und dabei deren Anführer der CCZ, den Zyw-Grynoth Delwoor, gerettet. Während überall auf dem Planeten Nuklearladungen explodieren, CROMOS mit Egotransmittern auftauchen und paralysierte Raupenwesen ent­führen, erscheinen wie aus dem Nichts immer mehr der rund 8000 Meter langen Borkenschiffe, die unverzüglich damit begin­nen, die ERKUNDER 1 durch die Planetenatmosphäre zu jagen.

Schnell jagen die Ziffern für die CROMO-Kampfschiffe auf meh­rere tausend hoch … und es ist klar, dass hier nur noch rasche Flucht hilft. Aber ohne Oki Stanwer können sie nicht verschwin­den.

Um die Situation noch gefährlicher zu machen, lauert am Rand des Zyw-Reiches ein kleines Raumschiff der Galaxisrebellen. Sie sind ausgestattet mit einer Massenvernichtungswaffe, mit der sie die CROMO-Gefahr auslöschen wollen … selbst um den Preis einer Ausrottung der Zyw-Grynoth! Aber als sie den Funkspruch der „Beauftragten der Lichtmächte“ empfangen, wird ihnen klar, dass sie jetzt auf gar keinen Fall die Waffe abfeuern dürfen! Sie müssen vielmehr Kontakt mit diesen Leuten aufnehmen … was unmöglich ist, solange die von den CROMOS gejagt wer­den!

Delwoor erzählt derweil Oki Stanwer von der schrecklichen Zeit zwischen seinem Aufbruch nach Kirrongar und der Gegenwart. Die Widerstandsbewegung CCZ wurde gegründet, als offenkun­dig zutage trat, dass irgendetwas mit den CROMOS nicht stimm­te, die als „HELFER UND VERTEIDIGER“ apostrophiert wurden. Delwoors Rebellen forschten in den Archiven und der Unterwelt nach und fanden rasch heraus, dass hier nach und nach Millio­nen von Artgenossen verschwunden waren. Es wurden riesige Katakomben mit Leichen gefunden, und der Gedanke tauchte auf, dass die CROMOS womöglich Kannibalen seien … von den Lichtmächten als Blutsauger auf die verräterischen Zyw-Grynoth angesetzt.

Oki kann das nicht glauben – aber ihm wird zunehmend klar, dass diese CROMOS keine positiven Wesen mehr sind, sondern entartete Monster mit einer so hochgezüchteten Waffentechnik, dass sie selbst MONOLITH gefährlich werden können.

Quasi im letzten Moment gelingt Oki Stanwer die Rückkehr in den ERKUNDER 1. Derweil stellen die Galaxisrebellen frustriert fest, dass die CROMO-Kampfschiffe alle verschwinden!

Und die Dämonenwaffe Xavath, die über Ortungen von diesem Chaos erfährt, macht sich ihren eigenen Reim darauf: Ha, die CROMOS fallen über die Zyw-Grynoth her! Der alte Schutzwall funktioniert also nicht mehr! Und so befiehlt er seinerseits nun die Attacke auf das Reich der Raupenwesen …

Episode 60: Flug ins Galaxiszentrum

(1995, digitalisiert 2023)

Fortsetzung von Oki Stanwers Abenteuern:

Die so genannte „Enklave der Freien“ hat sich als ein Alptraum entpuppt, der nun in ein Blutmeer verwandelt wird. Oki und sei­ne Gefährten haben zwar etwas Aufklärung erhalten, was hier damals geschehen ist, aber die Situation ist nicht besser gewor­den, sondern deutlich schlimmer.

Die meisten CROMO-Kampfschiffe sind spurlos verschwunden und stellen eine mörderische Gefahr dar. MONOLITH kann sie womöglich orten … aber dann werden die Retortenwesen der Lichtmächte diese Ortungssignale zurückverfolgen und MONO­LITH attackieren. Etwas, wogegen sie definitiv nicht gewappnet sind. Also muss Oki Stanwer diese Gefahr erst einmal auf sich beruhen lassen.

Jedenfalls würde er das gerne … aber er hat Verfolger!

14 CROMO-Kampfschiffe folgen ihm und der ERKUNDER-Besat­zung. Zum allgemeinen Entsetzen müssen sie schnell erkennen, dass die CROMOS nie ermüden werden, ihre Maschinen den ihren weit überlegen sind und sie gnadenlose Jäger darstellen. Hektische Sprünge quer durch die Galaxis erweisen sich als völ­lig nutzlos, die CROMOS stöbern sie binnen Minutenfrist immer wieder auf.

Abhängen ist unmöglich. Kämpfen ist unmöglich. Totstellen ist unmöglich.

Da kommt Oki Stanwer eine Verzweiflungsidee, die bei Tar Vyss umgehend Panik auslöst: Er will direkt in das geheimnisvolle GRALSREICH transistieren, das ja angeblich jeden Raumfahrer vernichtet, der es ansteuert.

Auch ihn und den ERKUNDER?

Oder ist dies tatsächlich die Chance, die unerbittlichen Verfolger ein für allemal loszuwerden?

Die Galaxisrebellen, die diese Verfolgungsjagd zunehmend ver­zweifelt verfolgen, glauben jedenfalls an eine Selbstmordaktion …

Wie das alles weitergeht, erfahrt ihr dann in fünf Wochen. Schön am Ball bleiben, Freunde!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 443: Das Auge Gottes (Sigma Force 9)

Posted Februar 13th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

Kosmologie ist eine faszinierende Wissenschaft, wenigstens sehe ich das so. Als Historiker von Berufs Wegen und als Phan­tast aufgrund jahrzehntelanger Neigung sind mir wissenschaftli­che Disziplinen und Grenzwissenschaften durchaus vertraut. Und dann und wann vertiefe ich mich sehr gern in Fachartikel oder Bücher, die sich speziell um kosmologische Themen dre­hen.1

Und dann gibt es manchmal den aufregenden Fall, dass ein Bel­letristikautor, der sich recht eigentlich mit Abenteuergeschich­ten befasst, solcher naturwissenschaftlicher Grenzthemen an­nimmt, gründlich recherchiert und daraus ein packendes Aben­teuergarn spinnt, das ganz unstrittig in den Bereich der Science Fiction hineinspielt.

Damit haben wir es heute zu tun.

In James Rollins neuntem Abenteuer der Sigma Force geht es um das scheinbar unvermeidliche Ende der Welt, von dem man schon einen grauenhaften Schnappschuss gesehen hat! In der Hoffnung, das Schlimmste verhindern zu können, beginnt die Jagd nach einem abgestürzten Satelliten.

Das klingt wirr? Na, dann lest mal weiter, Freunde. Ich glaube, ihr werdet eure Meinung bald ändern:

Das Auge Gottes

(OT: The Eye of God)

Von James Rollins

Blanvalet 0365

544 Seiten, TB

November 2016

Übersetzt von Norbert Stöbe

ISBN 978-3-7341-0365-0

Kometen haben schon seit Jahrtausenden eine fundamentale Rolle als Signale der Götter und prophetische Unheilszeichen am Himmel gespielt. Den Legenden zufolge kündigten sie oft­mals Seuchen, Naturkatastrophen, Revolutionen und Ähnliches an – möglicherweise schlicht aufgrund der Tatsache ihrer Unver­ständlichkeit und der unwandelbaren Verwirrung, die sie in den Herzen und Seelen derjenigen Menschen anrichteten, die von einem unvergänglichen und unveränderlichen Himmel ausgin­gen.

In der Moderne haben die Wissenschaften die Rätsel der Kome­ten weitgehend entschleiert und sie als das enttarnt, was sie ei­gentlich sind – Boten aus der Urzeit des Sonnensystems, Gefan­gene des solaren Gravitationsfeldes, die in mehr oder minder periodischen Abständen ins Innere des Sonnensystems gezogen werden und bei ihrer Annäherung ans Muttergestirn einen Schweif aus glühenden Gasen ausformen, der sie letztlich für das menschliche Auge sichtbar macht.

Als sich in der Gegenwart der Komet IKON der Erde nähert, sie aber in relativ sicherem Abstand passieren soll, wird eine inter­nationale Sondenmission ausgesandt, um das Phänomen näher zu beobachten. Das Sondenpaar „IoG-1“ und „IoG-2“ (was für „Interpolation of Geodetic Effect“ steht) ist dorthin unterwegs. Chefwissenschaftlerin ist Dr. Jada Shaw. Doch im Hintergrund steht die DARPA, der wissenschaftliche Arm des US-Verteidi­gungsministeriums, dem es um zentrale Erkenntnisse zum The­ma der Dunklen Energie geht, jener rätselhaften Kraft, die laut modernen physikalischen Theorien rund 70 % der Masse des Universums ausmachen soll, deren Natur aber nach wie vor un­klar ist. Laut Shaw wird der Komet IKON von einer Aura Dunkler Energie begleitet, die die Sonden genauer kartieren sollen.

Bedauerlicherweise schlägt dieser Detektionsversuch fehl. Schlimmer noch: einer der Satelliten wird dabei in die Erdatmo­sphäre zurückgeschleudert und stürzt in der Mongolei ab. Es ge­lingt ihm aber noch, ein paar spektakuläre Daten zu übertragen – und das letzte Bild schockiert die Verantwortlichen: Es ist ein Blick auf die Ostküste der Vereinigten Staaten. Sie brennt und liegt vollständig in Schutt und Asche!

Ein rascher Kontrollanruf dort zeigt, dass dort allerdings noch al­les in Ordnung ist. Handelt es sich also bei dem Bild des Satelli­ten um eine bizarre technische Irritation?

Nein, schließt Jada Shaw sehr schnell, dafür ist das Bild definitiv zu konturenreich. Auch eine digitale Manipulation ist rasch aus­zuschließen. Die Sachlage erweist sich als sehr viel dramati­scher – es handelt sich offenkundig um einen durch Quantenef­fekte ausgelösten Blick in eine nahe Zukunft, in der Teile des Ko­meten aus dem Kurs ausgebrochen und auf die Erde gestürzt sind. Und diese Zukunft liegt nur etwa vier Tage entfernt.

Um nun die Frage zu klären, ob diese fotografierte Zukunft DIE­SE Erde betrifft oder definitiv eine alternative Welt, mithin für unsere Wirklichkeit eine drohende Massenvernichtung katego­risch ausgeschlossen werden kann, erweist es sich als erforder­lich, den Satelliten ausfindig zu machen und sein Zentralstück, ein Gyroskop, das sich mit Dunkler Energie aufgeladen haben müsste, das so genannte „Auge Gottes“, ausfindig zu machen. Painter Crowe, der Direktor der Sigma Force, beauftragt umge­hend seine besten Männer und Dr. Shaw mit der Bergungsmissi­on.

Parallel dazu wird in Rom Monsignore Vigor Verona – bekannt aus den früheren Sigma Force-Romanen – ein Paket zugestellt, das von einem verschollenen Kollegen namens Josip Tarasco stammt. Es enthält eine grausige Fracht: einen Kasten mit ei­nem menschlichen Totenschädel, der eine eingravierte Bot­schaft trägt, außerdem ein in Menschenhaut gebundenes apo­kryphes Testament, das Testament des Apostels Thomas. Offen­bar, so kristallisiert sich auf erschreckende Weise bald heraus, ist dieses schaurige Relikt im 13. Jahrhundert entstanden und eine Kopie eines weitaus älteren analogen Relikts. Wirklich er­schreckend ist aber, dass die Inschriften das Ende der Welt ver­künden – und ein Datum angeben, das hundertprozentig dem entspricht, das Dr. Jada Shaw berechnet hat!

Somit schließen sich Vigor Verona und seine Nichte Rachel der Expedition in die Mongolei an. Sie wollen aber noch einen Ab­stecher zum Aralsee machen, um dort den verschollenen Pater Tarasco zu finden. Auf rätselhafte Weise scheint auch der ur­sprüngliche Träger des Schädels, mutmaßlich Dschingis Khan, von dem durch den Kometen verursachten Weltende vor langer Zeit Kenntnis gehabt zu haben. Dafür spricht auch, dass einer der Mitarbeiter der Sigma Force, Duncan Wren – ein transhuma­nistisch aufgerüsteter Ex-Soldat – an den schaurigen Artefakten dieselbe Signatur Dunkler Energie wahrnehmen kann, wie sie laut Jada Shaw für den Kometen charakteristisch sind. Dafür spricht auch, dass angeblich das Zentralstück des mongolischen Erbes ein eisernes Kreuz sein soll, das aus Meteoriteisen herge­stellt wurde, mutmaßlich aus Kometeneisen, das von einem frü­heren erdnahen Vorbeiflug des Kometen IKON stammen dürfte.

Was niemand von ihnen zu diesem Zeitpunkt ahnt, ist aller­dings, dass es mongolische Extremisten gibt, die alles tun, um das Auffinden des Grabes von Dschingis Khan zu verhindern. Doch exakt dort befindet sich aller Wahrscheinlichkeit nach das eiserne Kreuz, das sie unbedingt finden müssen. Und diese Leu­te gehen wirklich gnadenlos über Leichen und haben selbst die innersten Kreise der Mission infiltriert.

Ebenfalls in die Suche einbezogen werden soll der Sigma-Agent Grayson Pierce, der sich derzeit in Macao befindet. Hier hilft er der Ex-Gilden-Attentäterin Seichan, ihre verschollene Mutter zu suchen. Allerdings wird ihnen die Tatsache, dass Seichan immer noch eine international gesuchte, wenn auch inzwischen geläu­terte Terroristin ist, fast zum Verhängnis, da auf sie ein Kopfgeld ausgesetzt ist. Und dann geraten sie auch noch ins Kreuzfeuer der chinesischen Triaden und haben jede Menge Probleme (um es mal sehr zurückhaltend zu formulieren).

Wie das alles letzten Endes dazu führt, dass Pierce und seine engsten Mitarbeiter einen Undercover-Einsatz in Nordkorea zu absolvieren haben und was das bizarre Rätsel des Vermächtnis­ses des Dschingis Khan letzten Endes mit dem Kometen IKON, dem Tod des Hunnenkönigs Attila (im Prolog) und schlussendlich der Realität selbst zu tun hat und wie viele Opfer es fordert, bis der grässliche Kulminationspunkt der Ereignisse überschritten wird, das kann sich zu diesem Zeitpunkt noch niemand vorstel­len.

Aber das Ende der Welt naht offenbar unvermeidlich, und der Countdown zählt gnadenlos herunter, bis nur noch Stunden blei­ben, dann nur noch Minuten …

Als mit dem achten Band der Sigma Force-Reihe von James Rol­lins der sehr lange hinausgezögerte Showdown mit der Assassi­nen-Organisation der „Gilde“ herauskam2, dachte ich selbst auch: Jetzt kann es eigentlich nur noch schwächer werden. Glücklicherweise täuschte ich mich darin. Im vorliegenden Ro-man versucht der Autor den Spagat, sowohl ein neues Rätsel der Vergangenheit auf innovative Weise zu lösen als auch alte Handlungsfäden (Seichans Suche nach ihrer Mutter) wie moder­ne Astrophysik und Physik zusammenzuführen. Und selbst wenn man bedauern kann, dass dabei leider ein relativ kurzer, sehr actionlastiger und an manchen Stellen doch überhasteter und auf Geschwindigkeit geschriebener Roman herausgekommen ist, kann man ihm eine gewisse Faszination ebenso wenig ab­sprechen wie rasante Lesefähigkeit.

Es empfiehlt sich übrigens sehr (!), nicht der Unsitte zu frönen, die manche Leser begehen: den Schluss zuerst zu lesen. Lest das „Zahl“-Kapitel definitiv NICHT vorher, Freunde, wenn ihr euch einen wichtigen Lesespaß nicht verderben wollt. Denn das Ende ist in gewisser Weise Science Fiction pur, und das hat mit der Quantenphysik zu tun, die in dem Roman auf interessante Weise eine wesentliche Rolle spielt. Es geht sehr viel um Polari­tät, Schwarz und Weiß, Yin und Yang und solche Dinge wie etwa Schrödingers Katze … das Mitbringen einer gewissen Vorkennt­nis der Quantenphysik ist also unbedingt von Nutzen.

Natürlich, ich gebe zu, ich zähle zu den Zweiflern, was die Exis­tenz von Dunkler Materie angeht und denke im Gegensatz zu Rollins eher nicht, dass das schon eine Art von eherner Tatsache ist. Aber das hat mir den Lesespaß nicht verdorben. Der Autor versteht es auch hier wieder, auf interessante Weise spannende Action, beeindruckend plausible Settings und aberwitzige dra­maturgische Situationen in Szene zu setzen, wobei sich High­tech und Archaik durchaus abwechseln.

Wir finden also ebenso motorisierte Verfolgungsjagden, einstür­zende brennende Hochhäuser, aber auch Bogenschützenduelle, wilde Tiere, wildromantische Landschaften und gewisse Indiana Jones-Elemente der klassischen Abenteuerschatzsuche vereint. Assistiert wird dies alles von gelegentlichen Anflügen nerdiger Physikdiskussionen, die aber alltagsverständlich und nicht ver­kopft herüberkommen (primär ist dafür Dr. Jada Shaw als Neu­zugang verantwortlich). Und für die historischen Aspekte der Suche, die sich doch manches Mal als etwas holprig erweist, zeichnet dann mehrheitlich Vigor Verona verantwortlich.

Und der Autor springt über seinen Schatten, der vielen Autoren verständlicherweise schwer fällt – er opfert Hauptpersonen. Welche und unter welchen Umständen … das nachzulesen muss ich dem geneigten Leser überlassen. Und dann gibt es natürlich noch diese „andere Seite“, zu der ich nichts Näheres sagen möchte. Das muss man echt gelesen haben, das war eine wirk­lich faszinierende Volte, die ich so auch noch nicht erlebt habe. Und das will was heißen.

Einwandfrei ein Buch, das man lesen sollte, wenn man die bis­herigen Sigma Force-Romane verfolgt und die Personen lieb ge­wonnen hat, aber auch, wenn man etwas für Schatzsuche wie für faszinierende Quanteneffekte übrig hat. Fans von Clive Cuss­ler beispielsweise kommen hier unbedingt auf ihre Kosten! Der Roman mag nicht ganz an den Vorgänger heranreichen, aber schwach ist er definitiv auch nicht zu nennen.

© 2020 by Uwe Lammers

Wenn man sich den Titel des nächsten Rezensions-Blogartikels so anschaut (der ja etwa in der ESPost annonciert ist), dann könnte man meinen, ich bliebe im Bereich der Astrophysik … aber das ist dann doch falsch. Wir begeben uns vielmehr wieder in die Gefilde der ro­mantisch-erotischen Literatur. Wie das im Detail dann aus­schaut, erfahrt ihr in einer Woche an dieser Stelle.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 Jüngst, also im Jahr 2023, habe ich mit Gewinn nach langer Wartezeit Stephen Hawkings Klassiker „Eine kurze Geschichte der Zeit“ gelesen und rezensiert … beizeiten kommt das Werk hier im Rezensions-Blog zum Vorschein, das ist absolute Gewissheit.

2 Vgl. dazu James Rollins: „Mission Ewigkeit“, 2016.