Blogartikel 622: Close Up: Der OSM im Detail – Teil 65

Posted Juli 6th, 2025 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

wie ich beim vergangenen Mal schon angedeutet habe, als es im Blogartikel 615 auf wirklich sehr vielen Seiten um das schau­rige Ende des RANTALON-KONFLIKTS ging, also um den Schluss­akkord des KONFLIKTS 16, wird in diesem Teil der Artikelreihe ein neues Universum betreten.

Wir befinden uns zeitlich rund fünf Milliarden Jahre nach dem Untergang des RANTALON-Universums, und ich denke, es ist klug, erst mal eine realchronologische Einordnung vorzuneh­men, ehe ich daran gehe, die Ausgangssituation des KONFLIKTS 17 darzustellen. Während ich den Band 125 der DMadN-Serie, um den es das letzte Mal ging, im Jahre 1998 verfasste, reisen wir nun zurück ins Jahr 1983, als ich mit der Serie „Drohung aus dem All“ eine sehr frühe OSM-Serie entwickelte. Ihr solltet euch also nicht wundern, dass hier viele Dinge nicht so sind, wie ihr sie in den vergangenen drei KONFLIKTEN kennen gelernt habt.

Genau genommen ging ich 1983 gar nicht davon aus, dass es sich um eine OSM-Serie handeln würde. Erinnert euch bitte dar­an, dass das OSM-Konzept mit den 33 aufeinander chronolo­gisch aufbauenden Universen als Kampfschauplätzen zwischen den Sieben Lichtmächten und TOTAM recht eigentlich erst im Laufe des Jahres 1985 entstanden ist. Ich verfolgte mit dieser Serie, über die ich heute berichte, also anfänglich das Ziel, ge­wissermaßen eine individuelle Ren Dhark-Space Opera zu insze­nieren … aber sehr rasch tauchen dann OSM-Elemente auf, was mich schon gegen Ende 1983 zu der Überzeugung brachte: Nein, das ist eindeutig eine OSM-Serie, ich weiß nur noch nicht, wo sie platziert wird.

Und ja, schon 1983 war ich dabei, im Rahmen des damals noch existierenden Terranauten-Clubs DTCU („Der Terranauten-Club Universum“, kein Witz), diese Episodenserie sofort auf Fanbasis zu publizieren. Es gibt deshalb zwar einige schöne Titelbildillus­trationen aus jener Zeit, aber das Projekt wurde nicht umge­setzt, was auch dem baldigen Absterben des Clubs geschuldet war.

Die Idee war dennoch nicht vom Tisch. 1988/89, als ich im Rah­men meines Weird Fiction-Clubs LOVECRAFTS ERBEN in Kontakt mit Guido Latz kam, konnte ich ihn tatsächlich dafür gewinnen, die ersten paar Episoden auf Fanzinebasis zu publizieren. Heute bin ich mir nicht recht sicher, ob das mehr für meine damals überzogene Qualitätserwartung ein Zeugnis ist oder für Guidos doch recht naive Erwartung, mit Werken dieser bescheidenen Qualität könne man Kundenbindung betreiben.

In gewisser Weise bin ich also froh, dass dieses Experiment (was bei Guido mit KONFLIKT 18 „Kampf gegen TOTAMS Dämo­nen und Schergen“ und einem ersten Ansatz von KONFLIKT 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ ergänzt wurde, allesamt spätestens 1990 wieder eingestellt) sich nicht lange halten konnte.

Diese Dinge solltet ihr vielleicht vorweg wissen, ehe es wirklich losgeht. Nun noch ein kurzes Ausgangspräludium zur allgemei­nen Situation. Das scheint mir auch angebracht, denn wir befin­den uns erneut in der Galaxis Milchstraße, allerdings diesmal im Jahr 2092, und erneut ist die Erde als aufstrebende stellare Ko­lonialmacht der zentrale Fokus.

Ich weise aber gleich darauf hin, dass wir uns nicht auf der Zeit­schiene des KONFLIKTS 16 oder 15 bewegen. Das sind unterge­gangene Universen. Dass eine annähernd baugleiche Galaxis mit bekannten Schauplätzen hier als Bühne gewählt wurde, hat­te wesentlich mit meiner damals noch eingeschränkten Phanta­sie zu tun. Das World-Building steckte definitiv noch ganz in den Kinderschuhen, das werdet ihr rasch merken. Und macht euch keine Hoffnungen: Es gibt hier keine Artaner und keine großarti­gen Baumeister-Lenkwelten oder dergleichen. Der Schatten der Baumeister ist gleichwohl deutlich zu fühlen.

Am Anfang steht also eine klassische Space Opera mit verschie­denen Handlungsschauplätzen, Rätseln und zunehmendem Ge­fahrenpotenzial. Wohin sich das entwickelt, das zu berichten, nehme ich mir für die nächsten 14 Teile dieser Artikelserie vor.

Schauen wir mal, was hier passiert:

Episode 1: Die Katastrophe

(1983, digitalisiert 2005)

Die Handlung beginnt auf der Erde im März des Jahres 2092. Die Erde ist unter einer planetaren Regierung geeint, die die inzwi­schen 24 Kolonialwelten in relativer Erdnähe verwaltet. Auf eini­gen davon wurden schon Relikte untergegangener Alienzivilisa­tionen gefunden, etwa im Deneb-System. Aber manche Aben­teurer wie die beiden Raumprospektoren Hard Mender und Som Collon nehmen an, dass das erst der Anfang ist und noch ganz andere Schätze zwischen den Sternen zu finden sind.

Durch einen Zufall gelangt Mender in den Besitz einer Sternen­karte, auf der ihm eine stellare Anomalie auffällt – dort gibt es eine eigenartige Lücke zwischen den Sternen, die er erforschen möchte. 3000 Lichtjahre von der Erde entfernt liegt diese Kon­stellation aus fünf geometrisch angeordneten Sonnen, die aller­dings vervollständigt ein Sechseck ergeben müssten. Eine die­ser Sonnen, so nimmt Mender an, ist von hochstehender Alien­technologie optisch verborgen worden.

Tatsächlich finden die beiden bei ihrem Vorstoß in die Region die „unsichtbare Sonne“, die ein ganzes Sonnensystem verbirgt. Hier finden sie eine Wüstenwelt, die sie „Dusty“ taufen, und auf ihr sind Stadtkomplexe zu finden, die alle bisher gefundenen Ali­en-Ruinen in den Schatten stellen.

Doch als die Prospektoren landen, müssen sie schnell erkennen, dass die Vergangenheit offensichtlich sehr viel rabiater war, als sie sich das ausgemalt haben – die ringförmige Stadt ist weitflä­chig verwüstet, und auf dem Ringraumhafen befinden sich zer­störte Raumschiffe … und ein 80 Meter hoher fremder Raumer, der ebenfalls ein Wrack ist, aber offensichtlich ein Schiff der Ag­gressoren darstellt.

Die beiden gehen daran, die Ruinenstadt zu erforschen. Dabei ahnen sie nicht im Mindesten, dass das Durchbrechen der Raumschranke um das System der Sonne „Blue VI“ einen ural­ten Alarmimpuls ausgelöst hat, der Zehntausende von Lichtjah­ren überbrückte und uralte Mächte weckte.

Denn vor mehr als viertausend Jahren wütete in der Milchstraße ein gewaltiger kosmischer Krieg. Und die damals kämpfenden Mächte sind nicht tot und vergessen, sondern nur im Schlum­mer der Zeit versunken.

Hard Menders Vorstoß nach Dusty macht diese Mächte nun auf einen neuen Player im kosmischen Spiel aufmerksam: die Menschheit …

Episode 2: Todesfalle Denebsystem

(1983, digitalisiert 2005)

Schauplatzwechsel: Deneb-System, terranische Kolonie, 1825 Lichtjahre von der Erde entfernt.1 Der terranische Raumfrachter ARES unter dem Kommando von Jonathan Kendall steuert die Kolonie auf Deneb IV an. Beim Löschen der Fracht, die aus dem Orbit mit Fähren hinabgebracht wird, nutzt Kendall die Gelegen­heit, sich über die neuesten Forschungen auf den aktuellen Stand zu bringen – denn hier sind Alienruinen entdeckt worden, die stetig weiter erforscht werden.

Und sie sind wirklich bemerkenswert. In einem niedrigen Kup­pelgebäude inmitten einer Ruinenkulisse, das kürzlich freigelegt wurde, befindet sich ein seit Urzeiten schwebendes Artefakt … angeblich befindet es sich seit 4009 Jahren in Schwebe und de­monstriert damit, dass diese Kultur damals schon Antischwer­kraft beherrschte, was den menschlichen Raumfahrern bislang noch unmöglich ist.

Zugleich gibt es rätselhafte Inschriften, die auf psychomotori­sche Weise vom Betrachter lesbar gemacht werden. Aber was soll man von dieser Inschrift halten? Sie lautet: Wir sind gestor­ben, doch nicht umsonst. Die All-Hüter werden die Rekkas rä­chen.

Ah, ihr merkt schon, bereits in Band 2 taucht ein aus KONFLIKT 16 wohl vertrauter Topos auf – die All-Hüter. Und ja, es sind ge­nau DIE All-Hüter. Und dann doch wieder auf verschrobene Wei­se nicht … aber das ist eine der KONFLIKT-Mächte, mit der man hier nun rechnen muss.

Auch das seltsame, transparente Material, das als hauchdünner, glasartiger Überzug die Ruinen bedeckt, die seither nicht weiter zerfallen und das sich jedweder Untersuchungsmethode katego­risch verweigert, ist noch von Bedeutung. Die Forscher auf De­neb IV nennen es „Restat“. Sie vermuten, dass dieser Stoff von den erwähnten All-Hütern aufgetragen wurde, nachdem Dritte diese planetare Zivilisation vernichtet haben. So haben sie ein auch über Jahrtausende haltbares Mahnmal geschaffen.

Doch das alles verliert an Bedeutung, als ein riesiges Alien-Schalenschiff auf einmal im System materialisiert. Kendall kehrt rasch zur ARES zurück. Das Alienschiff scheint direkten Zielkurs auf Deneb IV zu halten. Und ehe Kendall sein Schiff erreichen kann, gerät die ARES in einen violetten Strahlenfächer des Schalenraumers. Der Funkkontakt bricht jäh ab.

Als Kendall dann an Bord seines Schiffes geht, stellt er rätselhafte Staubmaterialisationen in allen Räumlichkeiten fest. Die Besatzung ist offenbar betäubt gewesen, desorientiert, und kommt nun wieder zu sich. Das fremde Schiff, das keinerlei Funksprüche von sich gibt, geht in einen Orbit um Deneb IV … die rätselhafte Strahlung, die von dem Schiff ausging, ist eben­so unerklärlich wie das, was nun passiert – denn der bizarre Staub gewinnt jählings explosionsartig an Volumen und beginnt alle Räume auszufüllen. Kendall und seine Besatzung geraten in Panik, doch ehe sie irgendeine weitere Handlung wie Evakuie­rung umsetzen können, löst sich das Schiff mit ihnen an Bord auf, und die ARES ist spurlos verschwunden.

Zurück bleibt allein der geheimnisvolle Alien-Raumer.

Die Verwaltung auf Deneb IV beschließt, die Erdregierung zu be­nachrichtigen und das außerirdische Schalenschiff zu erforschen …

Episode 3: Wahnsinnige an Bord

(1983, digitalisiert 2005)

Fortsetzung der ARES-Handlungsschiene: Als Jonathan Kendall wieder zu sich kommt, ist er im ersten Moment von panischem Schrecken erfüllt, weil er sich an den erdrückenden Staub erin­nert. Doch er hat sich nun offensichtlich wieder normalisiert … was keine Erleichterung darstellt. Kendall muss entdecken, dass das Schiff offenbar eine Art von Transition in ein fremdes, nebu­löses Kontinuum durchgeführt hat, das niemals der Hyperraum sein kann. Und wenn man sich die zerstörten Kontrollen in der Kommandozentrale anschaut, scheint es unmöglich, dass dieses Schiff noch flugfähig ist.

Schnell muss er entdecken, dass die Lage noch deutlich schlim­mer ist. Offensichtlich ist durch eine Spätfolge der rätselhaften Bestrahlung die Psyche der Besatzungsmitglieder zerrüttet wor­den. Sie sind in bizarren Traum-Szenarien gefangen, in denen sie mit Aliens konfrontiert werden, und manche halten diese Be­lastung nicht aus, sondern gleiten in den Wahnsinn ab.

Der Fremdrassenpsychologe Camber Ronwell und der Maschi­nist Clemens Doom kommen dabei dem Rätsel dessen, was um sie herum vorgeht, am nächsten. Sie befinden sich in der Ge­walt eines unheimlichen, staubförmigen Wesens, das sich das HENN nennt. Als der Kontakt gelingt, wirft das HENN ihnen vor, sie müssten mit einer Spezies zusammengetroffen sein, die es die Rontat nennt.

Die Terraner haben von den Rontat keinerlei Ahnung. Darauf stuft das HENN sie als Plünderer ein und schickt sich an, die Ra­che der Rontat zu vollstrecken.

Niemand an Bord der ARES ahnt, wer die Rontat sind oder wel­che Rolle sie in dem furchtbaren Krieg vor gut 4000 Jahren ge­spielt haben …

Episode 4: Die Ruinenstadt

(1983, digitalisiert 2005)

Blende zum Planeten Dusty: Hard Mender und Som Collon erfor­schen den turmartigen Raumer, der auf dem Raumhafen der Ruinenstadt der Aliens steht und den sie für ein Schiff derjeni­gen halten, die damals vor ewigen Zeiten diesen Planeten ange­griffen haben. Ohne es zu begreifen, liegen sie vollkommen richtig.

Im Innern des Schiffes machen sie eine grausige Entdeckung: Die Besatzung des Schiffes ist zum größten Teil noch hier, teils mumifiziert, teils skelettiert … aber sie sind vollkommen men­schenähnlich! Und nach einem Messgeräte-Check sind sie über viertausend Jahre tot.

Das können aber definitiv keine Menschen gewesen sein, das klingt einfach absurd.

Dummerweise stimmt auch das – diese Wesen sind Weelon, und ja, sie waren damals die Angreifer dieser Welt. Und die Landung der beiden Prospektoren hat uralte Warnmechanismen des Pla­neten reaktiviert. Diese Mechanismen nehmen nun aufgrund der biologischen Identität zwischen Menschen und Weelon not­wendig an, dass die Weelon zurückgekehrt sind.

Robotmechanismen aktivieren daraufhin eine uralte mörderi­sche Maschinerie, eine leuchtende Säule, einen so genannten WARNER. Som Collon, der dieses Gebilde sieht, sucht es umge­hend auf und findet direkt davor einen mumifizierten Weelon … und dessen Bewusstsein ist auf rätselhafte Weise im WARNER erhalten geblieben und springt nun auf Som Collons Körper über, löscht dessen Identität aus.

Nun ist Collon der wieder geborene Weelon-Kommandant Hir­trak, der einst mit seiner Streitmacht und dem Kommandoschiff HORKR diese Welt angriff. Von der HORKR ist nur noch eine ma­rode Ruine übrig, die nur noch dank eines Überzugs aus Restat überhaupt noch existiert.

Und es gibt noch den von der unterirdischen Toorn-Zentrale ge­lenkten WARNER, der den Vernichtungswillen der Rontat voll­streckt und die Weelon töten soll.

In der Tat findet Hard Mender den Tod … Som Collon alias Hir­trak aber entgeht der Strahlung und flüchtet in die Wüste des Planeten hinaus. Er ist sich sicher, dass es noch zwanzig verbor­gene Weelon-Schiffe seines alten Kommandos gibt, und er schwört dem WARNER Rache für den Tod seiner alten Kamera­den.

Der uralte, vor über viertausend Jahren eingefrorene Konflikt des Sternenkrieges beginnt sich allmählich mit neuem Leben zu füllen.

Und direkt jenseits der Raumkrümmung, die das Dusty-System verbirgt, warten seit Jahrtausenden still und geduldig robotische Wächter in 900 Meter durchmessenden Kugelraumern … All-Hü­ter, denen einstmals die Weelon hinter die Raumzeitkrümmung entkommen sind.

Sie warten ebenfalls auf den Moment, ihre Rache zu vollstrecken …

Episode 5: Das Staub-Monster

(1983, digitalisiert 2005)

Blende zum Raumer ARES: Das Chaos an Bord des Schiffes nimmt zu. Die bizarre Staub-Entität HENN ist dabei, die zuneh­mend wahnsinnig werdenden Terraner gegeneinander zu hetzen oder selbsttätig zu töten. Mehrere von ihnen werden von dem Staubwesen überwältigt und vereinnahmt.

Bei einem von ihnen tritt ein bizarrer Effekt ein. Der Körper des Fremdrassenpsychologen Camber Ronwell stirbt zwar ab, aber seine Seele nimmt direkte Verbindung mit dem HENN auf, das zusammen mit einer weiteren Entität, die sich Ctaran nennt, ko­existiert. In einem längeren Zwiegespräch klären sich einige bis­lang höchst rätselhafte Dinge auf.

Das Schalenraumschiff, das Ronwell beschreibt, wird vom HENN der Spezies der Cyr zugeordnet, aber dieses Volk habe nicht über jene Waffe verfügt, die die ARES getroffen hat (vgl. Bd. 2). Dabei soll es sich in Wahrheit um die Schillerfeldwaffe der Ron­tat gehandelt haben. So erklärt sich scheinbar, was das HENN ihnen vorwarf: Die Verbindung zu den Rontat.

Aber da wäre gar kein weiteres Schiff gewesen, beteuert Ron­well, als geltend gemacht wird, die Rontat hätten die Schiller­feldwaffe auf das Cyr-Schiff abgefeuert, und dies hätte dann als Kollateralschaden die ARES mit eingehüllt.

Nun, wahrscheinlich sei das Rontat-Schiff in ein Zeitfeld ein­gehüllt gewesen, das es für Beobachter unsichtbar machte, gibt das HENN zu. Da nun aber die wesentlichen Fakten geklärt sind und es keinen Grund mehr gibt, die Besatzung zu bestrafen oder zu töten, erklärt sich das HENN bereit, die ARES ins solare System heimzuschicken, wozu es als mächtige interdimensiona­le Wesenheit fähig ist. Da Camber Ronwells Körper inzwischen tot ist, beschließt der Fremdrassenpsychologe, als freies Geist­wesen beim HENN und Ctaran zu bleiben.

In der Zwischenzeit hat auch Kommandant Jonathan Kendall eine mörderische Begegnung mit einer fremden Wesenheit ge­habt, die seinen Körper völlig okkupiert. Und diese Wesenheit denkt nun triumphierend: „Endlich bin ich nun frei! Nun wird sich alles für TOTAM zum Guten wenden!“

Ihr merkt, der Anfang ist recht chaotisch. Aber es sind schon wesentliche Mosaiksteine des kommenden Verhängnisses zu se­hen. Der Völkerkonflikt zwischen den Rontat einerseits, den Weelon andererseits und den All-Hütern auf der dritten Seite wird die Serie wie ein roter Faden durchziehen. Und es gibt schon Aspekte des Oki Stanwer Mythos, wenn sie auch noch reichlich amorph sind.

Sowohl die Ereignisse um die ARES als auch auf Dusty werden alsbald ihre Fortsetzung finden.

In der kommenden Woche werde ich euch einmal mehr ein Langzeitprojekt vorstellen, das vierzehnte insgesamt. Diesmal wandern wir wieder in den Oki Stanwer Mythos und machen ei­nen Besuch im KONFLIKT 19 „Oki Stanwer – Der Missionar“ auf einem Planeten, der euch durchaus schon von Veröffentlichun­gen vertraut ist – der Welt Dawson. Aber der Weg, der sich dorthin öffnet, ist doch einigermaßen gewöhnungsbedürftig …

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Ich nahm damals noch naiv an, das Deneb-System läge nur 400 Lichtjahre von der Erde entfernt. Hätte ich die wahre Distanz bereits gekannt, wäre Deneb sicherlich nicht als Kolonistenziel gewählt worden.

Rezensions-Blog 515: Die nächste Begegnung [3.]

Posted Juli 2nd, 2025 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

Gentry Lee führte ohne Zweifel Regie, als dieser Roman das Licht der Welt erblickte. Arthur C. Clarke, ohne dem verstorbe­nen Großmeister zu nahe treten zu wollen, hatte in seinen doch sehr nüchtern, mehrheitlich technisch ausgerichteten Romanen leidenschaftliche Emotionen üblicherweise sehr stark unter Kon­trolle. Davon kann hier überhaupt nicht die Rede sein. Die Kon­sequenz sind dramatische soziale Interaktionen, die sich zu­nächst zwischen den auf RAMA II Gestrandeten abspielen und später, als RAMA III mit dem „Sozialexperiment“ der Ramaner zum NODUS zurückkehren soll, endgültig eskalieren.

Wer die ersten beiden Romane des vierbändigen Zyklus mit Ge­winn gelesen hat, wird am Ende dieses Buches womöglich auf den Fingernägeln kauen, denn es hat einen ganz üblen Cliff-hanger, das sei hier schon verraten.

In vier Wochen erfahrt ihr dann die Auflösung. Aber erst mal bauen wir das Tableau auf und zeigen, worum es eigentlich geht:

Die nächste Begegnung

(OT: The Garden of Rama)

von Arthur C. Clarke und Gentry Lee

Heyne 8452

576 Seiten, TB

München 1992

Übersetzt von Roland Fleissner

ISBN 3-453-05668-X

Das zylindrische Raumschiff namens RAMA II verlässt im Jahr 2200 irdischer Zeitrechnung wieder das solare System, nach­dem ein Kontakt mit der menschlichen Rasse fehlgeschlagen ist. Damit hat sich die Menschheit gewissermaßen als aggressi­ve Spezies „geoutet“. Doch an Bord von RAMA II sind drei Ver­schollene des Expeditionskorps der NEWTON zurückgeblieben: Nicole des Jardins, Biologin und Ärztin, Richard Wakefield, genialer Mathematiker und Computertechniker sowie fanatischer Shakespeare-Liebhaber, der unfähig scheint, eine vernünftige Beziehung zu Frauen aufzunehmen – sowie der alte Michael O’Toole, dessen erzchristliche Einstellung die Vernichtung von RAMA II mit zu verhindern half.

Während des Fluges ins Ungewisse, der aller Wahrscheinlichkeit Jahrzehnte dauern wird und dessen Ende sie wohl selbst nicht mehr erleben werden, ist Nicole gezwungen, eine Art von „ge­netischem Plan“ für das Überleben der eigenen Kinder zu erstel­len, und dieser Plan sieht vor, dass sie mit beiden Männern Nachwuchs bekommt – was, wie unschwer vorstellbar, zu massi­ven Problemen mit beiden führt. Unmittelbar nach den ersten „Versuchen“, mit Michael Kinder zu zeugen, verschwindet Ni­coles Ehemann Richard (inzwischen Vater der beiden Töchter Si­mone und Katie Wakefield) spurlos und bleibt rund drei Jahre in RAMA II verschollen (in der Zwischenzeit erblicken Benjy O’Toole und Patrick O’Toole das Licht der Welt) und wird dann, im Koma liegend, wieder gefunden. Als er schließlich Jahre später wieder einigermaßen genesen ist (wobei er große Erinnerungslücken besitzt), kommt als letztes Kind von allen, bevor Nicole un­fruchtbar wird, noch Ellie Wakefield auf die Welt. Die Reise dau­ert inzwischen schon über zehn Jahre.

Das Ziel RAMAS scheint der Stern Sirius zu sein, über 8 Lichtjah­re von der Erde entfernt, und diesen erreichen sie nach diversen Beschleunigungsphasen im Dilatationsflug im – nach interner Zeitrechnung – Jahr 2213.

Hier finden sie den NODUS vor, werden endlich von Biotentypen in Englisch angesprochen, und ihnen wird erklärt, dass sie im Plan der so genannten „Ramaner“, wie die Terraner die Erbauer des NODUS, jenes gewaltigen Werftkomplexes, in dem die RA­MA-Raumschiffe (und andere!) gewartet werden, eine große Rol­le spielen. Während ein geschlechtsfähiges Paar von ihnen im NODUS zurückbleibt, wird Nicole als Botschafterin der Ramaner in RAMA III zur Erde zurückgesandt. Alle ihren anderen Angehö­rigen der Familie kommen mit ihnen ins Solsystem zurück, das sie – in Hibernation – im Jahre 2245 erreichen.

In der Hibernation altern Nicoles Kinder und sie weiter, doch während ihr das nicht mehr viel ausmacht, werden die Kinder nahezu erwachsen. Ihr jüngstes Kind, Ellie, das gerade vier Jah­re alt war, ist nun ein Teenager, die anderen haben im Tank die Pubertät übersprungen, aber ihre geistige Entwicklung ist ste­hengeblieben. Das wird besonders bei Katie ein Problem.

Ein von Nicole im Auftrag der Ramaner gemachtes Video infor­mierte ein paar Jahren vorher die Erdregierungen davon, dass RAMA III kommen würde und dort ein „Erdhabitat“ geschaffen wurde, in dem 2000 Menschen die Reise zum NODUS antreten können.

Diese Information wurde vom Council of Governments (COG), der zur Zeit der Ankunft die Macht über die Raumfahrt im Son­nensystem hat, jedoch unterdrückt und zunächst für einen Bluff gehalten, schließlich hatte man nach amtlichen Informationen RAMA II zerstört, wobei Nicole notwendig den Tod gefunden ha­ben musste.

Dennoch richtet der COG eine Expedition zum Marsorbit aus, in dem die Siedler RAMA III treffen sollen. Drei Schiffe, nach den Schiffen des Kolumbus benannt, erreichen im Spätsommer 2245 den Mars und docken an RAMA III an. Im Innern finden sie in der Tat eine Kolonie vor, die von menschenähnlichen Bioten betreut wird, und die Kolonie „New Eden“ entwickelt sich im Laufe der nächsten Zeit nach dem Abflug von RAMA III aus dem Solsystem prächtig.

Nur gibt es fundamentale Probleme, die allmählich ans Tages­licht kommen: Dreihundert Siedler sind Strafgefangene von der Erde, die aus Kostengründen mitgenommen wurden. Unter ih­nen errichtet Toshio Nakamura ein Regiment und etabliert sol­che Vergnügungen wie Glücksspiel, Drogenverkauf, Prostitution und ähnliches. Es geschehen Morde und Vergewaltigungen.

Nicole, anfangs Gouverneurin der Kolonie, zieht sich aus dem Regierungsamt zurück, als ein gemäßigter Siedler aus Japan, Kenji Watanabe, Gouverneur wird. Leider ist er mit Nakamura persönlich bekannt und letztlich verantwortlich, dass dieser mit auf die Mission kam. Und verfeindet sind sie überdies.

Während Nicole verzweifelt anmahnt, dass sie von den Rama­nern überwacht werden und sich mäßigen sollen, fährt Nakamu­ra einen gnadenlosen Konfrontationskurs, der auch dazu führt, das Expeditionen in das bislang noch unbekannte Nachbarhabi­tat durchgeführt werden, in dem sich später Avianer zeigen.

Als die Klimakontrolle zusammenbricht und Kenji ermordet wird, als sich Katie Wakefield auf Nakamuras Seite stellt und Nicole wegen „Hochverrats“ im Gefängnis landet, da scheint sich die menschliche gierige Natur wieder einmal durchzusetzen und das „kontrollierte Experiment“ der Ramaner verheerend zu en­den …

Dies also ist der dritte Teil von Clarkes vierteiliger Geschichte um RAMA und die Ramaner, die angeblich „alles dreimal“ tun. Nun, RAMA III bestätigt all das wieder einmal, und in diesem Ro­man zeigen Gentry Lee und Clarke in eindrucksvoller Weise, wie man offenkundig aus einem Paradies in geradezu infernalischer Weise eine Hölle machen kann, wenn man nur will. Wie Richard Wakefield einmal gesagt hat: Man müsste schon die Geister al­ler Beteiligten löschen und völlig neu anfangen. Das aber ist na­türlich nicht im Sinne der Ramaner, die wissen wollen, wie die Menschen sich unter solchen Bedingungen verhalten.

Deshalb ist der Roman eine fantastische Parabel auf die Art und Weise, wie wir global mit unserer Umwelt umgehen. Nur dass wir eben keine Ramaner haben, die uns im Notfall helfen könn­ten. Aber auch in RAMA III sind die Ramaner sehr weit weg. Und ob sie eingreifen, das erfahren die Leser leider erst im Roman „Rama IV“, dem letzten Roman des Zyklus, der den Titel „Rama Revealed“ trägt, zu deutsch (platt): Nodus.

Mitunter ist es beunruhigend, wenn man sich vorstellt, wie ein solches Wunderwerk, wie es die RAMA-Raumschiffe sind, von Menschen auf so hirnlose Weise beschädigt und manipuliert werden, nur um des persönlichen Vorteils willen. Es ist aller­dings auch nur konsequent dargestellt und damit eine überaus plausible Überlegung. Aber auch losgelöst von solchen Gedan­ken ist der Roman zweifellos ein Genuss für die Freunde guter Phantastik und überaus empfehlenswert.

© 1998 / 2023 by Uwe Lammers

Es empfiehlt sich wirklich sehr, Band 3 und 4 dieses Zyklus in kurzer Folge zu konsumieren, da sie beide direkt aneinander an­schließen. Zwischendurch aber lenke ich in den nächsten Wo­chen auf andere Felde ab.

Nächste Woche begrüßen wir wieder unseren allseits beliebten beratenden Detektiv aus der Baker Street 221B in einem Epigo­nen-Abenteuer der besonders phantastischen Art.

Näheres in sieben Tagen an dieser Stelle.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

irgendwie tut mir weder die viele Ablenkung gut noch die Tatsa­che, dass meine berufliche Zukunft – mal wieder – auf sehr unsi­cheren Füßen steht. Ich merke das zurzeit bei meinen Eintra­gungen im monatlichen Kreativheft. Es nervt mich zunehmend, dass ich da Titel übersehe, Titel als fertiggestellt vermerke, die in Wahrheit erst im darauf folgenden Monat beendet wurden, dass ich bei manchen Werken, deren Fertigstellung oder Weiter­bearbeitung sich über Monate hinzieht (namentlich bei Glossa­ren) von einer Seite zur nächsten Doppeleinträge mache, die dann gestrichen werden müssen … echt, so fahrig war ich schon sehr lange nicht mehr.

Ich hoffe sehr, dass sich das bald bessert. Es gibt Indizien dafür, glücklicherweise. So habe ich im vergangenen Monat Oktober zwei sehr alte Baustellen abgeschlossen – zwei alte Annalen-Ge­schichten, die nur analog existierten und von denen es nun eine solide digitale Fassung gibt. Hier müssen zwar noch entspre­chende Glossare vollendet und im Gesamtglossar eingearbeitet werden, aber ich bin da schon einen erheblichen Schritt weiter­gekommen.

Dasselbe tut sich an der Serienglossar-Front. Mit dem Glossar für den gerade fertig digitalisierten KONFLIKT 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“ bin ich sehr weit vorangekommen. Dabei erwies es sich in diesem Monat als zwingend, das Serien­glossar 16 in zwei Teile zu spalten … weil die Datei aufgrund der schieren Größe einfach abstürzte, wenn ich zu lange daran ge­arbeitet hatte. Das Glossar ist aber auch wirklich, der Komplexi­tät der Serie angemessen, inzwischen über 500 Textseiten lang. Insgesamt werden es wohl 600 Seiten sein.

Auch an den Glossaren für die KONFLIKTE 14 „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ und 15 „Oki Stanwer“, die ich eigentlich schon vor Jahren beenden wollte, komme ich gegenwärtig schön vorwärts. Da sind wohl in den nächsten Monaten ein paar große Projekte auf der Zielgeraden.

In diesem Monat kam ich immerhin – zahlreiche Geburtstage und Events eingerechnet, die meine Zeit dann deutlich parzel­lierten – auf 19 fertige Werke. Folgendermaßen sah der Arbeits- und Fertigstellungsplan für den Monat Oktober 2024 aus:

Blogartikel 616: Work in Progress, Part 142

23Neu 28: Der Jüngste Tag

20Neu 27: Konferenz der Statthalter

(Vivica auf Abwegen – Archipel-Roman)

(OSM-Wiki)

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Der Dämonenjäger“)

(20Neu 28: Welt der Grabmäler)

23Neu 27: Fremde in Amerika

23Neu 25: Der falsche Zwerg

23Neu 26: Weltenroulette

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer – Der Dämonenjäger“)

Anmerkung: Ich glaube, man merkt schon recht deutlich, wel­che der OSM-Welten mich zunehmend in diesem Monat einfing … und ich verrate wenig Geheimes, wenn ich sage, dass ich da ein paar Tage lang tatsächlich mit Weiterlesen ziemlich drin versunken bin. Wie ich kürzlich schon andeutete: Ab Band 14 der Serie gewinnt dieser Kosmos deutlich an Tiefe, aber beim Weiterlesen wurde mir klar, dass mit Band 50 immer noch nicht der Scheitelpunkt der Zumutungen erreicht ist.

Warum ist das so? Weil ich ab 1990 in einer extrem innovativen Laune war. Ich entdeckte literarisch Thriller-Literatur, was dem dramatischen Handlungsverlauf der Serie enormen Drive ver­lieh.

In der Perry Rhodan-Serie, deren Erstauflage ich damals noch las, kam es nach Band 1400 ebenfalls zu massivem Umwälzun­gen, an denen ich jahrelang über lange Leserbriefe teilnahm, die nicht selten von Arndt Ellmer auf der damaligen Leserkon­taktseite abgedruckt wurden.

Und hinzu kamen persönliche berufliche Veränderungen: Ich gab den Vorsitz des Weird Fiction-Clubs LOVECRAFTS ERBEN an Guido Latz ein (der Club ging wenig später stillschweigend ein, warum auch immer), ich absolvierte meinen Zivildienst, trug mich mit dem Gedanken, in den Kölner Raum umzusiedeln (woraus nichts wurde). Nach dem Zivildienst drückte ich jahre­lang wieder die Schulbank, entdeckte die Literaturwerkstatt Gif­horn und zog schließlich nach Braunschweig … das alles blieb nicht ohne massive Auswirkungen namentlich auf den OSM, der genau in dieser Serie eine Metamorphose durchmachte, die ich noch wenige Jahre zuvor für undenkbar gehalten hatte.

Man könnte sagen, durch die Wechselwirkungen dieser Fakto­ren wurde der OSM einer Art von Frischzellenkur unterzogen. Beizeiten werdet ihr in den Close Up-Beiträgen Näheres dazu erfahren. Und ich glaube, darauf könnt ihr sehr gespannt sein.

Der Totenkopf-Prophet – OSM-Story (Abschrift)

Anmerkung: Das war dann die eine Annalen-Geschichte, von der ich oben erzählte. Eine Story, die eine wesentliche Lücke der Vorgeschichte des KONFLIKTS 20 „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam“ schloss, auch wenn sie von der Ausarbeitung und der Tippfehlerdichte sehr zu wünschen übrig lässt. Sie gründlich nachzubearbeiten, wird unumgänglich sein. Aber das ist kein Plan mehr für die erste Jahreshälfte 2025, vielleicht komme ich dazu in der zweiten Hälfte des Jahres, mal schauen.

(Glossar der Serie „Oki Stanwer“)

23Neu 29: SARAI STANWER

Anmerkung: Dieser Band ist sehr handlungsarm … aber die sich aus der Geburt von Oki Stanwers Tochter in dieser Episode er­gebenden Konsequenzen werden ganze Universen erschüttern, allen voran natürlich den KONFLIKT 23. Aber dabei bleibt es nicht. Ich deute mal an: Überall, wo ihr auf TUURINGER, GRALS­JÄGER oder AUTARCHEN-Aktivitäten gestoßen seid, habt ihr in verschiedensten Serien schon indirekt mit Sarais Interaktion Kontakt gehabt. Heutzutage kann man wohl unumwunden sa­gen, dass sie quasi überall im OSM ist … sogar schon Milliarden Jahre vor ihrer Geburt …

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“)

(Glossar der Story „Partisanengruppe Rilon Vleh“)

23Neu 30: Saboteure im Kalten Land

23Neu 31: Geliebte des Pharaos

23Neu 32: 1956

(23Neu 33: GOLEMS Inferno)

Anmerkung: Ehrlich: Hätte der Monat noch mehr Tage gehabt als die kalendarischen 31, dann wären noch mehr 23Neu-Episo­den digitalisiert worden. So konnte ich nur bis Band 32 fertig kommentieren, der Rest der schon begonnenen Episoden kommt ganz sicher im Monat November hinterdrein.

(Glossar der Serie „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam“)

(Lexikon der Serie „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam“)

Glossar der Story Der Totenkopf-Prophet

Der Gen-Missionar – OSM-Story (Abschrift)

Anmerkung: Das war dann die zweite Annalen-Geschichte, die ich nach Jahrzehnten endlich fertig digitalisieren konnte. Das war schon ein Plan für 2022, aber damals wurde ich massiv ab­gelenkt. Nun zog ich das also durch. Das ist inhaltlich – wie beim „Totenkopf-Propheten“ eine ziemlich holprig geschrie­bene Geschichte, bei der ich interessanterweise einen durchaus in sich logischen Haken geschlagen habe, um einen plausiblen Hintergrund für den DIGANTEN Timor-Dol zu entwickeln. Er kommt bekanntlich in KONFLIKT 14 „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ zum Vorschein und stirbt dort auch.

Folgerichtig rekurriert der Anfang dieser Geschichte ebenso wie das Ende – sie umspannt etwa 600.000 Jahre Handlungszeit! – auf den Handlungsverlauf von KONFLIKT 14. Aber auch diese Story muss ich sehr massiv nacharbeiten, womit die aktuell 48 Seiten lange Geschichte vermutlich Romanformat entwickeln wird. Auch das wird frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2025 etwas, vielleicht noch später.

Ein großer Stein fiel mir nach der Fertigstellung des Digitalisats trotzdem von der Seele: Das hier ist die allerletzte nicht digitali­sierte Annalen-Geschichte. Das bedeutet, unter dem Gesichts­punkt der Digitalisierung ist nun jedes Annalen-Werk vorhan­den (Romane ausgenommen, da ist noch Handlungsbedarf). Also kann ich mich jetzt noch unvollendeter Langzeitprojekte der Annalen der Ewigkeit zuwenden, und zwei Werke stehen da ganz vorne: „Quisiins letzter Fall“ und „Rilaans Ge­schichte“. Mal sehen, wer davon die Nase vorn haben wird …

Das Geheimnis von KONFLIKT 6 – OSM-Hintergrundartikel

Anmerkung: Das war dann ein Überraschungsgedanke, der di­rekt aus der Digitalisierung des „Totenkopf-Propheten“ er­wuchs und mir auf dramatische Weise deutlich machte, wie der wohl noch völlig amorphe und nicht beschriebene KONFLIKT 6 des OSM ausgesehen haben könnte – wirklich eine ultraspan­nende Vision. Beizeiten sage ich dazu mehr, heute aber noch nicht.

(Steine des Verderbens – OSM-Story)

Anmerkung: Wenn ihr den Titel noch nicht kennt, wundert das nicht. Vor Oktober 2024 hat er nicht existiert. Also eine neue Annalen-Geschichte? Allerdings, ja. Diesmal brachte mich die Digitalisierungsarbeit am KONFLIKT 23 darauf und die diversen Glossartätigkeiten. Dieses Storyfragment spielt im KONFLIKT 24, also der Serie „Oki Stanwer – Der Neutralkrieger“, im ersten Netzuniversum-KONFLIKT des OSM. Und ja, es geht um Steine, die als Baustoff verwendet werden und ein monströses, tödli­ches Geheimnis beinhalten.

Der Handlungsbogen der Geschichte ist im Wesentlichen schon im ersten Anlauf skizziert worden, aber die Handlung selbst ist noch arg rudimentär. Bislang also nur der erste Ansatz … aber sehr interessant. Nicht zuletzt, weil hier ein Protagonist des OSM auftaucht, der am Ende von KONFLIKT 23 „Oki Stanwer – Der Dämonenjäger“ ziemlich aus dem Blickfeld entschwand … das Wesen TOTAM, also DER Antagonist der Sieben Licht­mächte.

Spannender Stoff, auch dies.

(Die Kolonie Saigon II – Erotic Empire-Roman)

Glossar der Story Der Totenkopf-Prophet II

Anmerkung: Vielleicht irritiert es kurz, warum diese Geschichte ZWEI Glossare bekam. Das ist ganz einfach erklärt: Das erste Glossar bezieht sich seitenmäßig auf die analoge Version, diese hier dann auf das Digitalisat, das Fußnoten enthält und entspre­chend etwas länger ist. Dasselbe Phänomen kehrt nachher beim „Gen-Missionar“ noch einmal wieder.

(OSM-Hauptglossar)

(23Neu 34: Die Auflösungsfront)

(23Neu 35: Die Matrixwellenreiterin)

(23Neu 36: Welten der Wahrscheinlichkeit)

Anmerkung: Gerade diese beiden Bände, die Sarai Stanwers Kindheit beschreiben und das, was ihr geistiger Vater, der PRO­PHET, als „erste Matrixprüfung“ beschreibt, ist wirklich sehr sei­tenstark und überraschend. Mit dem schwarzen Kubus der „Welten der Wahrscheinlichkeit“ kam ein interessanter As­pekt in den modernen OSM hinein. Und für Sarai die Möglich­keit, in verschiedene Versionen vergangener KONFLIKTE zu rei­sen. Dabei konnte ich natürlich viele Welten noch nicht berei­sen, sondern nur die 1990 schon abgeschlossenen KONFLIKTE. Doch das alleine war eine spannende Tour de Force. Wenn Sarai irgendwann später wieder in diesen Kubus vorstoßen wird, könnte ich heutzutage noch ganz andere Welten vor ihr öffnen. Zurzeit ist das ebenfalls noch Zukunftsmusik.

VvD 27: Der Verzauberungs-Faktor

Anmerkung: Oh ja, die Yiviin-Geschichte kommt zu einem in je­derlei Weise spektakulären, explosiven Höhepunkt in dieser langen Episode. Und genau am entscheidenden Punkt erlöschen alle Messgerätanzeigen … was also ist genau geschehen? Ist die Gefahr, die das Yiviin-Wesen darstellte, gebannt? Ist sie noch größer geworden …? Das werde ich dann in den 30er-Bänden der Serie erkunden. Zunächst einmal muss ich noch drei offene 20er-Episoden von VvD vollenden, ehe ich mich um diese Dinge kümmern kann.

Auch wenn DDj (also KONFLIKT 23) zurzeit massive Gedanken­konkurrenz macht, gehe ich davon aus, dass bis zu dem Zeit­punkt, wo ihr diese Zeilen zu Gesicht bekommt, die entspre­chenden Lücken gefüllt sein werden … und der Himmel mag wissen, was noch alles. Ich habe keinen Schimmer! Eine phan­tastische Erkenntnis, die nur noch mehr Neugierde bei mir be­feuert … so soll das sein!

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“)

(23Neu 37: Die Rache der Feuerfürsten)

Blogartikel 589: Das Autoren-Nachlassarchiv-Projekt, Teil 12

(VvD 21: Alarmsignale)

(VvD 23: Feinde des Lichts)

(Glossar der Story Der Gen-Missionar)

(Glossar der Story Der Gen-Missionar II)

Und damit war ich dann am Monatsende des Oktober angelangt … sehr zu meiner eigenen Verblüffung, denn ich habe gegen­wärtig das Gefühl, als würde die Zeit in unfasslichem Tempo da­hinrasen. Es sind schon wieder – vom heutigen Standpunkt des 1. November 2024 – nicht mal mehr zwei Monate hin bis Silves­ter, und dann starten wir schon ins Science Fiction-Jahr 2025. Schwer zu fassen.

Nun, in der kommenden Woche reisen wir noch weiter in die Zu­kunft, nämlich in den Beginn des KONFLIKTS 17 „Drohung aus dem All“, der im Jahre 2092 im menschlichen Imperium in der Milchstraße spielt.

Neues Spiel, neues Glück, könnte man sagen … aber ob das auch für den jetzt vierten OSM-KONFLIKT in Folge gilt, den ich euch im Rahmen der „Close Up“-Artikelreihe vorstellen werde, das müsst ihr selbst entscheiden. Da möchte ich noch nicht vor­greifen.

Bis nächste Woche, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 514: Das geheime Verlangen der Sophie M.

Posted Juni 25th, 2025 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

heute mute ich euch mal harte Kost zu, und ich kann jeden ver­stehen, der nach einer halben Stunde schaudernd den Blogein­trag schließt. Ich denke aber auch, dass ihm oder ihr damit eine interessante, den Horizont erweiternde Erkenntnis verschlossen bliebe.

Wir schauen mit der heute hier publizierten Rezension in das Herz einer bekennenden Masochistin, die schonungslos über ihre sexuellen Vorlieben und grenzwertigen Erfahrungen berich­tet. Und ja, ich erwähne es weiter unten, an manchen Stellen der damaligen Lektüre musste ich mich anno 2017 wirklich ziemlich überwinden, weiterzulesen. Das Buch ist harter Tobak, keine Frage.

Es ist aber auf der anderen Seite eben auch ein unverstellter, klarer Blick in die Tiefen einer menschlichen Seele, für die wir jenseits aller Klischees oder Moralvorstellungen Verständnis ent­wickeln sollten. Die Art und Weise, wie Sophie Morgan mit ihrem sexuellen Begehren umgeht und was sie dafür benötigt, um vollendeten lustvollen Genuss zu erleben, mag von unserer ei­genen Denk- und Lebenswelt sehr weit entfernt sein. Das sollte uns aber nicht dazu verleiten, sie oder Menschen ihrer Neigung vorschnell zu verurteilen.

Toleranz, wie ich sie verstehe, sollte auch einen unvoreinge­nommenen Blick voraussetzen. Wir sind hier nicht bei Friedrich Nietzsche, dies ist kein Abgrund, der seinerseits in uns hinein­schaut und uns womöglich mit dem Virus des Masochismus infi­ziert. Es ist ein Blick, der unseren Horizont weitet, und insofern natürlich auch ein Experiment.

Wer aufgeschlossen, mutig und neugierig ist, lese weiter:

Das geheime Verlangen der Sophie M.

Tagebuch einer unterwürfigen Liebhaberin

(OT: The Diary of a Submissive)

Von Sophie Morgan

Goldmann 15766

320 Seiten, TB (Dezember 2012)

Übersetzt von Gaby Wurster

ISBN 978-3-442-15766-2

Die weibliche Sexualität kennt viele Facetten, sie reichen von unschuldiger, sanfter Zärtlichkeit und Verspieltheit bis hin zu finstersten Sehnsüchten nach peinigender Gewalt und Qual. Der weltweite Hype um die Fifty Shades of Grey“Romane der Autorin E. L. James hat durch die Millionenauflage der insge­samt sechs Bücher stark dazu beigetragen, höchst romantisierte Vorstellungen von sadomasochistischen Phantasien literarisch salonfähig zu machen. Man braucht sich nur beispielhaft das Programm des Verlags „Plaisir d’Amour“ anzusehen, aber auch zahlreiche weitere Verlage sind auf diese Welle mal mehr, mal weniger intensiv aufgestiegen und bedienen das gesteigerte Le­serInnen-Interesse seither mit immer weiteren Epigonenroma­nen.

Doch ist die Beziehung zwischen der unschuldigen, jungen Stu­dentin Anastasia Steele und dem exzentrisch und sadistisch veranlagten und zudem noch gut aussehenden Millionär Christi­an Grey alles andere als realistisch. Und die wirklichen Abgrün­de bleiben darin ausgeblendet, weil sie definitiv erschreckend wären. Auf der anderen Seite gibt es jedoch definitiv Frauen und Männer, die zur Erfüllung ihrer sexuellen Sehnsüchte nach ge­nau diesen „Kicks“ suchen, die auf sie angewiesen sind.

In einer Welt, in der zwar Genderdebatten toben, Queer Theory salonfähig ist, Lesben- und Schwulen-Referate an Universitäten existieren und Demonstrationen gegen homophobes Verhalten stattfinden, ist dieser Teil der menschlichen Sexualität gleich­wohl immer noch eine Dunkelzone. Menschen, die Schmerz und Demütigung ernsthaft benötigen, um sexuelle Erfüllung zu fin­den und die sich darüber definieren, werden nach wie vor ent­weder bemitleidet oder als pervers eingestuft.

Wahre Toleranz sieht meiner Meinung nach anders aus.

Sophie Morgan, eine junge britische Journalistin, beleuchtet in diesem Buch aus der autobiografischen Perspektive genau jene Randsicht. Denn sie ist genau dies, eine „submissive“ Person, die schon recht frühzeitig nach ihrem sexuellen Erwachen ent­deckt, dass es sie zunehmend erregt, wenn sie im Liebesspiel mit Schmerz konfrontiert wird.

Das erste Mal geschieht es, als ein Freund während ihrer Bezie­hung unschuldig dazu animiert wird, „von der Haarbürste Ge­brauch zu machen“ ... entgegen Sophies Vorstellung nutzt er sie dafür, überraschend ihren Hintern zu versohlen. Eine Erfahrung, die ihr Leben definitiv bereichert. Und sie wird, was sie nicht we­nig verwirrt, feucht und ist schrecklich erregt, wann immer sie sich an diesen Moment erinnert.

Es tut ihr gut.

Es klingt vermutlich einigermaßen verrückt, aber sie findet es in der Tat wahnsinnig erotisch, Schmerzen zu suchen und zu erdul­den, es stachelt sie auf und führt Sophie zu atemberaubend in­tensiven Orgasmen … und so sucht sie fortan ganz unweigerlich weitere „Kicks“ dieser Art. Natürlich ist das erklärungsbedürftig. Und psychologisch sucht der Leser unweigerlich Zuflucht bei ir­gendwelchen Kindheitstraumata. Leider wird er dabei in diesem Fall nicht fündig.

Sophie ist durchaus keine Person, die aus einer irgendwie ver­korksten Familie stammt, sondern auf ihre Weise stammt sie aus einem wirklich durchschnittlichen Haushalt, mit biederen El­tern, die sie niemals geschlagen haben. Sie hat keine SM-Ver­wandten in ihrer Ahnenreihe, die sie mit solch einer Form von Sexualität bereits konfrontiert hätten. Sie hat ganz normale Schulen besucht, die üblichen Teenager-Verliebtheiten durchge­macht, und sie ist in keiner Weise auffällig.

Sie hat eben nur entdeckt, dass es sie unglaublich erregt, wäh­rend einer Liebeszusammenkunft den devoten Teil der Bezie­hung darzustellen, sich dem Partner zu unterwerfen und gewis­sermaßen in eine andere Haut zu schlüpfen oder, was vermut­lich besser passt, sich gleichsam zu häuten und ihr wahres, viel­leicht „dunkles“ Ich freizusetzen.

Das Internet macht all diese Dinge deutlich einfacher als in frü­heren Jahrzehnten oder Jahrhunderten, in denen es derlei Nei­gungen natürlich immer schon gab. Es gibt heutzutage breite Foren im Netz, in denen sich Gleichgesinnte austauschen, in de­nen unspezifische Vorstellungen derjenigen konkretisiert wer­den können, die von der Entdeckung ihrer Veranlagung begreif­licherweise verunsichert sind. Sophie stellt etwa schnell fest, dass es Bondage gibt und nimmt diese Form in ihr Liebesreper­toire auf, mit ausgesprochenem Lustgewinn. Sie stellt fest, dass Fesseln und Hilflosigkeit für sie ein weiterer, prickelnder Stimu­lus sind. Dass sie unter Schlägen zwar in Tränen ausbrechen und völlig verzweifelt sein kann … aber dass es auch eine subti­le, variable Grenze gibt, jenseits derer sie eine Sphäre der Emo­tionen erwartet, die fast unbegreiflich intensiv ist und sie voll­ständig enthemmt und so gründlich über die Welt hinaushebt, dass Sophie diese Erfahrung wieder und immer wieder sucht.

Es ist eine Form von Sucht.

Die Submissivität einer Masochistin ist eine Leidenschaft und Sucht in gleichem Maße, aber es kostet Überwindung und Kraft, das auszuloten, wie ihr nachzuspüren. Sophie Morgan macht sich auf die Reise und nimmt uns dorthin mit, in das Grenzland der Pein und Qualen – und doch ist es nicht wie der Ausflug in einen Folterkeller, wiewohl man das manchmal glauben könnte.

Medizinisch könnte man vermutlich sagen, dass die Misshand­lungen die Ausschüttung körpereigener Endorphine befördert, die gleichsam die Unterworfene in einen biochemischen Dro­genzustand versetzen. Zugleich wird durch die Kombination zwi­schen Zärtlichkeit einerseits und Qual andererseits eine neuro­nale Verschaltung der entsprechenden Hirnareale vorbereitet.

Aber das ist nicht alles, jedenfalls nicht in Sophies Fall. Sie ana­lysiert ihre Befindlichkeit durchaus recht prägnant und meint, es sei deutlich mehr als nur eine Art von körpereigener Betäubung, die sie all dies nicht nur erdulden lässt, auf dass sie die „Beloh­nung“ erhält – vielmehr spiele der Faktor der Demütigung eine wesentliche Rolle. Der Zwang, durch seinen dominanten „Herrn“ zu Dingen gezwungen zu werden, die sie eigentlich gar nicht will.

Sophie Morgan betrachtet diese peinigenden Momente, in de­nen sie durchaus wilde, leidenschaftliche Verzweiflung fühlt, die bis zum Hass hinführen kann, als eine bizarre, absichtlich peini­gende Form von Wettbewerb. Denn: natürlich bekommt sie ein Safeword, mit dem sie jederzeit die „Session“ abbrechen kann, wie es in der Szene heißt. Aber sie ist auch ein stolzes Wesen, manchmal bis zur Dummheit stolz, fand ich gelegentlich, und es war durchaus peinigend, manche Seiten des Buches zu lesen … doch ja, sie empfindet es als eine Form von Tapferkeit gegen­über ihrem „Sir“, das Safeword nicht zu benutzen, selbst wenn alles in ihrer Seele danach schreit, genau dies zu tun.

Dies hat zur Konsequenz, dass sie, als Sophie schließlich an James gerät, immer weiter in einen Zirkel der Bestrafung und Bestrafungsverschärfung hineingetrieben wird. Manche Formen der höchst einfallsreichen Peinigung fand ich äußerst extrem, insbesondere dann, wenn sie via Telefon dazu gezwungen wird, sich selbst zu bestrafen, obgleich Sophie gar nichts Falsches ge­tan hat – sie hat gleichwohl ein schlechtes Gewissen und möch­te alles tun, um eventuelle Fehler wieder gutzumachen – auch wenn das beispielsweise bedingt, mit Hilfe von chinesischen Essstäbchen und Gummibändern Folterinstrumente zu erschaf­fen und sie sich selbst peinigend anzulegen … und wer sich das jetzt nicht vorstellen kann, sollte es nachlesen. Es ist allerdings wirklich heftig, das sei nicht verschwiegen …

Das vorliegende Buch ist nicht im strengen Sinne ein „Tage­buch“, wie es der deutsche Verlag apostrophiert hat, und so ro­mantisch das Cover auch sein mag, mit Romantik hat der Inhalt vergleichsweise wenig zu tun. Es handelt sich eher um eine Form von „Beichte“ oder vielleicht auch Autobiografie. Man fühlt sich als Leser ein bisschen ins 18. Jahrhundert nach Frankreich zurückversetzt, wo etwa mit dem Buch „Die weise Thérèse“ des Marquis d’Argens eine Art fingierter Bekenntnisliteratur ent­standen ist. Sophie Morgans Bericht ist recht ähnlich struktu­riert, allerdings sehr viel gegenwartsnäher, rigider und direkter in der schonungslosen Darstellung sexueller Gewalt.

Es muss allerdings auch gesagt werden, dass das Gewand des Buches absolut mitreißend ist – der humorvolle Stil ist ausge­zeichnet übersetzt. Eine Anlaufschwierigkeit kann indes auftre­ten, weil sie gleich im Vorwort schockiert. Wenn man nur das Vorwort liest, wie ich es zu Beginn tat, gerät man vermutlich ganz unweigerlich ins Stocken und hält mit der Lektüre inne (wie es mir widerfuhr). Es empfiehlt sich, dann gleich die Kapitel 1-3 hinterher zu lesen, dann ist man im Lesefluss drin und wird von der eigenen, zuweilen ungläubigen bis erschrockenen Neu­gierde vorangetrieben.

Dass es sich um leichte Kost handelt, würde ich nicht behaup­ten. Ehrliche Kost? Durchaus ja. Interessanterweise wird weni­ger moralisiert, als man vermuten sollte. Das macht die Lektüre dann bemerkenswert, auch wenn mir manche der masochisti­schen Züge der Verfasserin nachgerade unmenschlich hart er­schienen. Ich bin eben ein auf Harmonie bedachter Mensch und würde im Traum nicht auf die Idee kommen, dass es in irgendei­ner Weise erregend wäre, meiner Partnerin Demütigungen, Qua­len oder folterähnliche Handlungen zuzumuten. Tränen rühren mich, ich habe sie mal als das ultimative Lösungsmittel einer Frau beschrieben.

In Maßen mögen solche Praktiken – wie sie eben in den romanti­schen BDSM-Romanen der eingangs erwähnten Reihen und Ver­lage zentral ausgeführt werden – eine anregende Ergänzung des Liebesspiels von Paaren (oder auch Dreiern oder größeren Gruppen) sein. Sie als essenziell für eine Beziehung anzusehen, scheint mir mehrheitlich ein großes Risiko darzustellen. Aber es gibt andererseits auch Menschen, für die diese Art von Sexuali­tät die einzige Möglichkeit darstellt, die romantisch verklärten Höhepunkte der Lust zu erreichen und vollendeten Genuss zu erleben. Man sollte ihnen weniger mit Ablehnung und Abscheu als mit Verständnis begegnen.

Natürlich betont Sophie Morgan ebenso wie die meisten Verfas­serinnen von BDSM-Romanen, dass solche Handlungen nur in Übereinstimmung mit den Wünschen des Partners oder der Part­nerin herbeigeführt werden sollten, und dass sie maßvoll zu bleiben haben. Die Autorin überschreitet hier allerdings den Ru­bikon, um es mal so zu sagen, und sie führt uns an der Hand in einen Bereich der menschlichen Psyche, der tatsächlich dunkel und abgründig zu nennen ist.

Dies tut sie nicht in dem Wunsch, um zu schockieren. Sie möch­te vielmehr damit zum Ausdruck bringen: He, schaut her, ich bin nicht das Produkt einer verkorksten Vergangenheit (wie etwa Christian Grey! Wer James´ Romane gelesen hat, weiß Be­scheid, was ich hier andeuten möchte), das mit Geduld und viel Liebe wieder auf den richtigen Pfad der Tugend zurückgebracht werden muss. Ich bin nicht unglücklich und elend und werde un­terdrückt und misshandelt, weil ich mich dagegen nicht zu weh­ren verstehe. Ich bin auch nicht ein unselbständiges Ding, das einer chauvinistischen, archaischen Macho-Denkweise unter­worfen wird – ich tue es vielmehr aus freien Stücken, behalte meinen eigenen Willen und ziehe Genuss daraus, von meinem Herrn und Meister gezielt und raffiniert über die unsichtbaren Grenzen in meinem Herzen getrieben zu werden.

Sophie Morgan ist, wie sie bis zum Schluss beweist, eine Person, die durchaus ihr eigenes Urteilsvermögen nicht eingebüßt hat und nach wie vor zur Reflexion mehr als imstande ist. Das ver­leiht dem Buch Charakter und hebt es eindeutig von der Ro­mantisierung a la Fifty Shades of Grey“ ab. Wo eine Anasta­sia Steele am Ende von Band 1 bereits nach sechs Hieben das Weite sucht, würde sich Sophie Morgan vorher bereitwillig fes­seln lassen, damit sie den Hieben nicht mehr ausweichen kann. Und sich dann gnadenlos 100 Hiebe versetzen lassen.

Ihre Leidensfähigkeit ist erschreckend, sie übertrifft letztlich so­gar die ihres dominanten Parts. Und noch erschreckender ver­mutlich, welchen ungeschminkten Genuss sie aus all dem zieht. Das sind Emotionen, die E. L. James fremd geblieben sind. Wer also wirklich in den Abgrund schauen möchte, wissen will, was eine wirklich „unterwürfige Liebhaberin“ ausmacht und wie sie sich fühlt, der sollte hier hineinschauen.

Dies ist definitiv ein Buch, das den Horizont für die psychologi­schen Tiefen der menschlichen Seelenabgründe weitet und, so würde ich das wenigstens sehen, die Toleranz auch gegen der Gruppe von Menschen ermöglicht, die sonst in unserer ach so aufgeklärten Gesellschaft nach wie vor tabuisiert und totge­schwiegen werden. Ein bemerkenswertes Werk, dem ich defini­tiv eine Menge interessierter Leser wünsche.

© 2017 by Uwe Lammers

In der kommenden Woche wird es sehr viel entspannter, wenn­gleich auch immer noch dramatisch. Ich stelle euch den dritten Teil von Arthur C. Clarkes und Gentry Lees „Rama“-Zyklus vor.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

wir machen erneut eine Zeitreise zurück in meine frühen kreati­ven Tage. Diesmal stoppt der Zeiger im Frühjahr 1984. Ich zähl­te damals noch süße 17 Lenze und war ziemlicher Frischling im bundesdeutschen Fandom, in dem ich mich erst seit Ende 1982 tummelte. Die Ausarbeitung des Oki Stanwer Mythos (OSM) war noch recht schlicht, meine Hauptlesequellen waren zahllose Heftromanserien, von denen die meisten heutzutage längst nicht mehr existieren.

Ich ging noch zur Realschule und stand etwa ein Jahr vor dem Schulabschluss, ohne rechten Plan, wie es weitergehen sollte. Aber angeregt von meiner Romanlektüre und bis zum Scheitel voll von kreativer Energie fasste ich einen, wie ich heute weiß, recht wagemutigen Plan.

In Worte gefasst lautete er so: Ich kann schreiben. Ich liebe Phantastik. Ich liebe Heftromane – und Heftromane schreiben kann offenbar jeder, also probiere ich das einfach mal!

Ich hatte wenige Monate zuvor eine erste längere Novelle von ungefähr 40 Textseiten Umfang geschrieben und wusste durch meine Kontakte ins Horror-Fandom natürlich längst, wie ein Heftromanskript auszusehen hatte: 120 Norm-Textseiten, zwei­zeilig geschrieben … und mir war zwar klar, dass das eine ziem­liche Arbeit werden würde, solch eine Geschichte auch tatsäch­lich zu Papier zu bringen, aber erfüllt von Ehrgeiz und ausge­stattet mit einer gebrauchten mechanischen Schreibmaschine war ich zuversichtlich, die Aufgabe zu bewältigen.

Also nahm ich Kontakt zum damals noch existierenden Zauber­kreis-Verlag auf und erhielt grünes Licht für die Einreichung ei­nes Horror-Romanskripts. Das war der Startschuss dessen, was ich später mein „Romanarchiv“ nennen sollte, in dem inzwi­schen 86 Werke vorliegen und von denen ich im Rahmen dieser Artikelreihe nach und nach in den nächsten Jahren berichten werde.

Der Ausgangspunkt war also eine schon existente Novelle, die den Titel „Dämon mit tausend Gesichtern“ trug. Das Roman­skript, das ich nun entwarf und am 1. Juli 1984 mit 120 Textsei­ten wie geplant abschloss, erhielt folgerichtig denselben Titel. Die Ursprungsnovelle wurde nie publiziert und wanderte in mei­nen ersten Geschichtenordner, in dem sich die Skripte der Jahre 1983/84 befinden.

Die Geschichte, die ich anlässlich dieses Beitrags noch einmal las und die sich überraschend stürmisch voranpeitschend lesen ließ, was mich selbst verblüffte, beginnt in Schottland. Dort er­wacht in einem Quellgewässer eine namenlose Wesenheit und wird sich ihrer selbst bewusst. Sie ist amorph und gallertartig, fragt sich, wer sie ist und was ihr Existenzgrund sein soll.

Sie erhält Instruktionen von nebelhaften Wesen. Ihr wird signali­siert, dass sie einen Menschen namens Steve Swenna finden und töten soll. Warum und weshalb, ist unklar.

Als ein Mann aus der Quelle Wasser schöpft und trinkt, erwacht die erste Fähigkeit des „Dämons“: Er wird von dem Körper des Trinkenden aufgenommen und okkupiert umgehend seine Per­sönlichkeit und nimmt seinen Körper in Besitz … zu seinem nicht geringen Entzücken stellt er fest, dass der Trägerkörper der erfolglose Schriftsteller James Kerrol aus Oban ist. Und er ist freundschaftlich verbunden mit dem vermögenden Hank Swen­na und seiner Frau Christine, die er früher einmal begehrt hat. Sie sind auf Urlaub in Oban und stammen eigentlich aus Bristol.

Schon glaubt sich der „Dämon“ am Ziel und begibt sich, nun­mehr im Körper des Schriftstellers weilend, nach Oban in den Haushalt der Swennas, die natürlich nichts von seinen Zielen ahnen.

Doch die Aufgabe ist alles andere als simpel. Denn Hank Swen­na kennt keinen Steve Swenna. Während der „Dämon“ den Nei­gungen seines Schriftsteller-Gastkörpers nachkommt und Ge­danken über seine eigene Herkunft leichtsinnig verschriftlicht (diese Notizen machen nachher einen wesentlichen Faktor der Enttarnung aus), wird ihm zunehmend deutlicher, dass seine Okkupation die Trägerkörper immer stärker erschöpft und er deshalb gezwungen sein wird, alsbald seinen Gastkörper zu wechseln.

Der Vorteil dabei ist, dass er die Erfahrungen und das Wissen der Trägerkörper übernimmt und beibehält, womit sein Wissens­vorsprung in der Menschenwelt stetig wächst. Als Problem noch nicht erkannt wird von ihm dagegen, dass die „abgelegten“ Trä­gerkörper Charakteristika aufweisen, die den Kriminalisten, die ihm alsbald auf der Spur sind, verraten, dass es sich bei dem Täter nicht um einen Menschen handeln kann.

In seinem Bestreben, Steve Swenna, den er bald in Bristol ver­mutet, ausfindig zu machen, hinterlässt der „Dämon“ eine Spur von Leichen. Nebenbei erreicht er es, den psychisch ohnehin schon labilen Hank Swenna in einen psychopathischen Wahnsin­nigen zu verwandeln, der alsbald ebenfalls unter dämonischer Kontrolle steht, diesmal allerdings von Gegenkräften.

Während der Kommissar Alan Wylon und der Polizeiarzt Ben Wil­kins, die den Fall zu bearbeiten beginnen (eine gewisse Analo­gie zu Sherlock Holmes und Dr. John Watson ist zweifellos nicht zufällig, ich habe die Geschichten damals schon gelesen), die unheimliche Natur des fremdartigen Wesens anerkennen, ent­spinnt sich eine hektische Jagd nach dem „Dämon“, wobei die Natur, Misstrauen, ungläubige Fachkollegen und Ahnungslosig­keit immer stärker gegen die Verfolger arbeiten.

Das unheimliche Wesen scheint den Verfolgern immer einen Schritt voraus zu sein …

Ich war wirklich sehr verblüfft von dieser Geschichte, muss ich sagen, die ich seit Jahrzehnten nicht mehr gelesen hatte. Und während ich sie las, wuchs durchaus mein Respekt vor meinem jüngeren Ich. Zugegeben, die Geschichte beginnt ziemlich holp­rig und unbeholfen (und Korrekturmarken des Lektors des Verla­ges zeigen auch deutlich, dass sie ihn nicht überzeugt hat, was die nachmalige Ablehnung verständlich macht). Aber die zweite Hälfte des Romans, die in eine atemlose Verfolgungsjagd ausar­tet, hat durchaus Potenzial, das ist nicht zu leugnen. Ab einem bestimmten Punkt habe ich mehr als die Hälfte der Geschichte dann in einem Zug ausgelesen – was mir bei eigenen Texten, die so alt sind, sonst eher schwer fällt.

Es gibt zudem zwei Aspekte, die ich an dieser Stelle noch er­wähnen möchte und die ich wichtig finde. Der eine bezieht sich auf mögliche literarische und filmische Anleihen, die ich in der Geschichte verarbeitete bzw. Themen, die ich später in anderen Kontexten wieder aufgegriffen habe.

Die zweite hat mit der Öffentlichkeitswirkung zu tun. Ich sollte vielleicht damit anfangen, weil das einiges Befremden auslösen könnte. Immerhin handelt es sich bekanntlich um ein unveröf­fentlichtes Romanwerk. Wie kann das also eine Öffentlichkeits­wirkung haben? Nun, das ist eine witzige Geschichte für sich.

Ich erwähnte, dass ich noch zur Schule ging. Damals musste im Frühjahr 1985 im Rahmen unseres Deutschunterrichts jeder Schüler ein Buch vorstellen. Wenn ich mich recht erinnere, war das Werk, das ich vorstellte, ein Politthriller von Paul Erdman, „Die letzten Tage von Amerika“. Das müsste ich noch mal genauer erkunden, weil ich konkrete Lesestofflisten erst seit 1987 geführt habe.

Nun, wie dem auch sei … einer meiner Klassenkameraden kam in diesem Kontext auf die urige Idee, meinen Roman „Dämon mit tausend Gesichtern“ als Referatsthema zu wählen. Et­was, was nicht nur mich, sondern auch unseren Klassenlehrer und die Mitschüler ziemlich verblüffte. Das kann man durchaus als singuläre Buchvorstellung betrachten.

Die Notizen zu diesem Referat sind dem Romanskript vorgehef­tet. Da dort als schon vorhandene Romanskripte von mir auch „Baumsterben auf Lepsonias“ aufgeführt wird (von diesem Roman erzähle ich euch im Blogartikel 659, dessen Veröffentli­chung für den 22. März 2026 geplant ist), kann ich den Zeit­punkt dieses Referats relativ gut eingrenzen. Der genannte Ro­man wurde am 27. Mai 1985 vollendet, das Schuljahr hörte im Sommer 1985 auf, sodass das Referat wohl im Juni 1985 gehal­ten wurde.

Kommen wir zum anderen oben angesprochenen Punkt: Das rätselhafte gallertartige Wesen, das als „Dämon“ charakterisiert wird, nicht als Außerirdischer, hinterlässt bei seinem „Auszug“ aus den Trägerkörpern eine Leiche, der sämtliche Flüssigkeit entzogen worden ist. Die Methode wird nie konkret erläutert, aber diese eine Szene, als der Arzt Wilkins eine Leiche auf­schneidet und statt Blut roter Staub rieselt, ist ganz unverhoh­len eine Filmanleihe an Michael Crichtons Romanstoff „Andro­meda. Tödlicher Staub aus dem Weltall“.

Dann hat mich von Anfang an bei der Lektüre die Natur des rät­selhaften gallertartigen Wesens und die Übernahme der Gast­körper verdutzt. Ich dachte: Verdammt, das klingt so vertraut! Woher kenne ich das nur?

Es dauerte eine Weile, bis es mir einfiel: Ich habe im Juli 1999 den alten SF-Roman „Symbiose“ (OT: Needle) von Hal Clement gelesen. Und schon damals dachte ich frappiert – die Story ken­ne ich von irgendwoher! Aber ich konnte mir damals nicht erklä­ren, woher. Auch hier geht es um einen formlosen Gestaltwand­ler, der auf der Erde einen Trägerkörper übernimmt und seiner­seits einen Gestaltwandler jagt, der sich in menschlicher Tarn­gestalt auf der Erde aufhält.

Die Ähnlichkeiten mit der obigen Geschichte sind indes so schlagend, dass mir während der Lektüre des eigenen Romans deutlich wurde, was ich völlig vergessen hatte: Ich musste ohne Zweifel als Büchereibuch den Roman von Clement 1983 oder 1984 gelesen haben und verarbeitete diese Gedanken erst in meiner Novelle von 1984, wenn auch deutlich dramatisiert, und schließlich im obigen ersten Zauberkreis-Versuchsroman.

Auch ansonsten ließ mich das Thema des Körpertausches nicht wirklich los. Im Dezember 1992 griff ich das Thema erneut auf. In der – ebenfalls nie publizierten – Episode der Phantastikserie „The Shadow“ taucht ein bizarres Wesen auf, das „Der Verkör­perer“ genannt wird (so auch der Titel der bislang nie veröf­fentlichten Episode), das ebenfalls dadurch auffällt, dass es Menschen okkupiert und Leichen der vorherigen Gastkörper zu­rücklässt.

Die Verbindungslinie zum acht Jahre vorher geschriebenen Ro­man ist m. E. unübersehbar.

Vermutlich gibt es sogar noch weitere Hintergrundinspirationen. Da wäre etwa die Filmtrilogie um den Verbrecher Fantomas zu nennen, die ich damals schon kannte, auch ein Mann mit tausend Gesichtern. Sherlock Holmes und seine Maskierungskünste sind ebenso als Hintergrundfolie zu reflektieren (die später in Klivies Kleines im OSM noch deutlich weiterentwickelt wurden, das geht bis heute fort).

Alles in allem ist zwar damals mein Versuch, für den Zauber­kreis-Verlag gescheitert, weil dieses Romanskript abgelehnt wurde. Und ebenso enthält das Skript sehr viele Schreibfehler, holprige Stellen und holzschnittartige Charakterisierungen, die vielfach kaum über Klischees hinausgelangen. Dennoch ist die strukturelle Grundidee nach wie vor reizvoll.

Und wie ging es dann weiter? Nun, ich hatte den Roman beim Verlag eingereicht und machte mich umgehend daran, den nächsten zu schreiben. Denn der Zauberkreis-Verlag hatte ja auch eine SF-Reihe, und für die wollte ich den nächsten Roman verfassen.

Davon erzähle ich dann im nächsten Teil dieser Artikelserie. In der kommenden Woche berichte ich allerdings erst mal über meine kreativen Schreibfortschritte im Monat Oktober 2024.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 513: Das Orakel des Königs

Posted Juni 17th, 2025 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

es freut mich immer wieder, wenn ich im Rahmen meiner Lektü­releidenschaft ans Regal gehen und einen der noch ungelese­nen Cussler-Epigonenromane herausziehen kann, um mir damit eine ganze Reihe angenehmer Stunden zu machen. Dabei habe ich inzwischen keine besonderen Präferenzen mehr. Ob es sich um Cusslers Ursprungs-Abenteurer Dirk Pitt handelt, die NUMA-Forscher Kurt Austin und Joe Zavala, ob es sich um die OREGON-Crew handelt oder den Detektiv Isaac Bell vom Anfang des 20. Jahrhunderts … ich lese sie alle grundsätzlich gern.

Gleichwohl ist es immer besonders spannend, ein Fargo-Aben­teuer zu schmökern. Das hat mit dem Sujet zu tun. Es geht um Archäologie und um Schatzsuche. Notwendigerweise dachte ich das also beim vorliegenden Roman auch, dem inzwischen 11. Fargo-Abenteuer. Und ja … wenn man einen erheblichen Teil des irreführenden Klappentextes ignoriert und etwa 300 Seiten des Inhalts (na, eher 350 Seiten, würde ich schätzen, vielleicht auch noch mehr), dann geht es in der Tat um einen Schatz.

Aber nicht in der Hauptsache. Die meiste Zeit des Romans müs­sen sich die Fargos mit völlig anderen Dingen herumschlagen, die beispielsweise mit kriminellen Jugendbanden in Nigeria zu tun haben, mit zulaufenden Kindern, einer Fargo-Mädchenschu­le im Aufbau (in Nigeria) … und ich glaube, es kann nur wenig überraschen, dass am Ende der Romanlektüre mein Fazit eini­germaßen ernüchternd ausgefallen ist.

Heißt das, vorab erwähnt, dass es sich um einen SCHLECHTEN Roman handelt? Habe ich einen Verriss geschrieben? Nun, das würde ich so nicht formulieren, auf beide Fragen geantwortet. Es ist schon ein wichtiges Thema, was hier angesprochen wird, aber die Art und Weise, wie Robin Burcell mit den Protagonisten und letzten Endes auch den Fargos umspringt und sie agieren lässt, führten dann dazu, dass ich diese Geschichte als diejenige einzustufen habe, die mit weitem Abstand die Fargos am schlechtesten und brutalsten charakterisiert. Vom anfänglichen Charme der Reihe ist in diesem Werk leider kaum mehr eine Spur.

Gleichwohl habe ich die fast 600 Seiten in drei Tagen verschlun­gen, die letzte Hälfte davon am letzten Tag. Also, prinzipiell le­senswert ist er. Nur hängt euch weder an das Orakel oder den Vandalen-Schatz. Lasst am besten den Rest des Buches auf euch wirken.

Und mit diesen vielleicht orakelhaften Worten schicke ich euch einfach mal los in den Roman:

 

Das Orakel des Königs

(OT: The Oracle)

Von Clive Cussler & Robin Burcell

Blanvalet 0829; 2021, 11.00 Euro

576 Seiten, TB

Übersetzt von Michael Kubiak

ISBN 978-3-7341-0829-7

Ich mag die Fargo-Romane wirklich, schon seit Jahren. Nicht um­sonst habe ich die ersten zehn Bände dieser Serie über das Schatzsucher-Ehepaar Sam und Remi Fargo bereits rezensiert. Bei diesem hatte ich allerdings doch einige Probleme, das will ich gar nicht verleugnen. Die Geschichte hat ein paar eklatante Schwächen, kommt über rund 400 Seiten titelmäßig als eine Art Mogelpackung herüber und ist doch zugleich verblüffend in vie­lerlei Hinsicht. Der Eindruck, der sich bei mir während des Le­sens einstellte, war ein eigentümlich gespaltener … was mich indes nicht daran hinderte, die zweite Hälfte des Romans an ei­nem Tag zu verschlingen, weil ich mich nicht aus der Geschichte lösen konnte. Der Eindruck, den er bei mir hinterlässt, ist also durchaus zwiespältig.

Aber vielleicht sollte ich vorne beginnen.

Wie üblich startet der Roman mit einem historischen Prolog (ge­nau genommen sind es zwei, aber das blenden wir hier mal aus). Wir befinden uns im Jahr 533 nach Christus in Nordafrika. Das Königreich der Vandalen steht an der Schwelle zum Unter­gang, eine verheerende Schlacht steht bevor, und der Regent Gelimer hört auf ein Orakelwort, das das Ende vermeiden soll. Demzufolge muss eine versteckte Schriftrolle gefunden werden, um das Schlimmste zu verhindern … doch er versagt bei dieser Aufgabe, und das Reich der Vandalen geht unter.

Gut 1500 Jahre später finanziert das Schatzsucher-Ehepaar Sam und Remi Fargo zwei wichtige Unternehmungen in Afrika – zum einen die Ausgrabung einer Vandalen-Küstenstadt namens Bulla Regia in Tunesien, zum anderen sind ihre Mitarbeiterinnen Wen­dy Corden und Pete Jeffcoat dabei, in Nigeria eine Mädchen­schule aufzubauen. Doch bei beiden Projekten gibt es Probleme. Bei der spendenfinanzierten Ausgrabung gibt es bei der Buch­haltung ernste Schwierigkeiten, weil offensichtlich Gelder verun­treut werden. Und Wendy und Jeff berichten, dass eine Aufbau­lieferung für die Schule nicht angekommen ist, sondern schein­bar von einer regionalen Bande gestohlen wurde.

Die Fargos beschließen daraufhin, mit einem Umweg über Tune­sien, nach Nigeria zu reisen, um die Lieferung der benötigten Materialien selbst in die Hand zu nehmen. Sie sind halt Aben­teurer von Natur aus, und es widerstrebt ihnen, alles an Dritte zu delegieren. Was daraus geworden ist, haben sie ja unmiss­verständlich erlebt.

In Tunesien treffen sie Remis alte Studienkollegin, Dr. Renee La­Belle, die die leitende Archäologin in Bulla Regia ist, und hier machen sie auch die Bekanntschaft mit dem Ausgrabungsleiter Hank und der Studentin Amal. Hier wird an den Prolog ange­schlossen, aber es bleibt keine Zeit, der titelgebenden Orakel-Geschichte ernsthaft nachzugehen – die Fargos wollen ja nach Nigeria weiterreisen, was sie auch tun, nun verstärkt um Hank und Amal, die unter seltsamen Anfällen leidet, die sie gelegent­lich traumtänzerisch wirken lassen. Sie soll den Mädchen der Schule ein berufliches Vorbild demonstrieren und zeigen, wohin Bildung sie zu bringen vermag.

Worauf der Leser dabei nicht vorbereitet wird, ist, dass die kom­menden dreihundert Seiten dann ausschließlich in Nigeria spie­len … wogegen ja auf den ersten Blick nichts einzuwenden ist. Die Fargos sind schließlich Globetrotter, und sie sind schon an sehr vielen exotischen Orten der Welt gewesen. Aber in Nigeria werden sie rasch in zahlreiche abenteuerliche Komplikationen verwickelt, die mit dem Titel der Geschichte rein gar nichts zu tun haben. Anfangs hielt ich das für eine reine Nebenhandlung neben der Schatzsuche, aber spätestens nach hundert Seiten, als die Handlung unverdrossen in diesem Fahrwasser fortschritt und einfach nicht aufhörte, begriff ich, dass ich mich täuschte. Dies ist quasi ein völlig anderer Roman im Roman. Die Fargos bekommen es hier etwa mit rivalisierenden Banden zu tun, mit Kindersoldaten, Dieben, Verdächtigungen, Hinterhalten, Schuss­wechseln und Betrug, und die Probleme reißen auch im Umfeld der Schule selbst nicht ab.

Warum das dann letztlich zu einem Überfall auf die Schule führt, zur Entführung von Remi Fargo und zahlreichen Mädchen, aben­teuerlichen Bergwanderungen mit zahllosen Problemen, und in­wiefern die struppige Straßendiebin Nasha Atiku eine zentrale Rolle bei all diesen Abläufen spielt, das sollte man dann wirklich gelesen haben. Das ist schon durchaus lesenswert. Tatsache ist nämlich, dass aufgrund der engen Cliff-hanger-Taktung der Kapi­tel ein Ausstieg aus dem Lesemodus schwer bis nicht möglich ist, selbst wenn die gleich anzusprechenden Mankos die Lektüre bisweilen anstrengend und nervig machen.

Und ja, natürlich kommt es am Ende doch noch dazu, dass die Fargos die geheimnisvolle Schriftrolle suchen. Aber bis es dazu kommt (und vergesst bitte diesbezüglich den Klappentext, der völlig auf Abwege führt!), vergehen ungelogen weit mehr als 400 Seiten. Und ich muss ehrlich zugeben, dass mich die Schriftrollen-Geschichte insgesamt in keiner Weise überzeugt hat, sie wirkt einfach wie mühsam angeklatscht.

Die Schwierigkeiten mit dem Roman, die ich oben andeutete, liegen auf zwei Feldern. Eine davon ist einfach nur lästig und absolut kritikabel, die zweite ist schon kniffliger, weil es mit ei­nem realen Problem zu tun hat, das unbedingt wichtig anzu­sprechen war – nur wirkt es in einem Fargo-Roman, erst recht in dieser Dimensionierung, seltsam fehl am Platz, dass man sich lange wie in einem falschen Film vorkommt.

Problem 1 sieht man bereits am umfangreichen Personenregis­ter, das stolze vier Seiten umfasst. Das ist nicht singulär, das passiert in vielen Romanen, namentlich in den Fargo-Werken. Aber man schaue sich mal an, wie „vollständig“ die Namen dort aufgeführt werden. Ich zitiere mal ein paar Personen: „Hank, Amal, José, Osmond, Yesmine, Warren“ (Tunesien), „Yaro, Moni­fa, Zara, Jol, Tambara, Maryam“ (Schülerinnen in Nigeria) bzw. „Jimi, Pili, Dayo, Den, Devic, Urhic, Joe“ (Jugendbande). Und das ist dann die vollständige Namensaufstellung. Quasi niemand davon wird hinreichend charakterisiert! Selbst bei wichtigen Personen wie Amal oder Hank fehlen die Familiennamen. Im Laufe des Romans wird auch nicht ernsthaft darauf geachtet, dass sie biografisch sonderlich verankert werden, was naturge­mäß dazu führt, dass man sie leicht verwechselt oder für aus­tauschbar, gesichtslos usw. hält.

Die meisten Vornamens-Protagonisten sind dann in der Tat, so muss man das wirklich sagen, einfach Kanonenfutter. Das ist zwar ein Muster, das auch im Vorgängerroman schon stark zu finden war, hier wird es aber auf die Spitze getrieben. Ich deute nur mal an, dass beispielsweise auftauchende Polizisten und Soldaten allesamt namenlos in Erscheinung treten – auch ein klares No-Go, das man sich in einem Hollywood-Film wohl auch nur bedingt vorstellen könnte.

Das hat mir dann in dieser Massierung wirklich zu schaffen ge­macht – ganz zu schweigen davon, wie viele Leute die Fargos in diesem Roman rigoros totschießen, das ist ein krasser Bruch mit der bisher doch sehr viel raffinierteren Vorgehensweise des Ehe­paars bei früheren Coautoren der Reihe, wo Waffengewalt in der Regel so gut wie nie zur Anwendung kam. Da hat die aktuelle Autorin Robin Burcell wirklich einen drastischen Bruch herbeige­führt, der m. E. der Serie schadet. So exzessiv die grassierende Gewalt in Nigeria hier auch sein mag, in realiter sie so eindi­mensional darzustellen, ohne dass auch nur irgendwo Gedan­ken der Fargos zu sehen sind, dass diese Art der Konfliktbewälti­gung einfach falsch ist, das kam mir auch verkehrt vor. Sie stellt die Fargos hier eindeutig als zu schießwütig dar, das kam gar nicht gut an.

Doch davon mal ganz abgesehen: Es zeugt schlicht von schlam­piger Arbeit, Protagonisten nicht hinreichend namentlich zu be­nennen oder ihnen eine klare Vita zu geben. Was beispielsweise Hank beruflich gemacht hat oder was der frühere Ausgrabungs­leiter Warren für Befähigung für seinen Job mitbrachte, erfährt man nirgendwo (und Hank taucht nun wirklich sehr oft und in­tensiv auf, aber einen Nachnamen oder seine bisherigen berufli­chen Meriten werden dennoch verschwiegen). Das sind alles – und man muss das von nahezu jedem Ein-Namen-Protagonisten der Geschichte sagen (es gibt davon noch mehr) – nur Schlag­wort-Statisten ohne hinreichende Tiefe. Selbst wenn sie dann zentrale Handlungspersonen sind! Ich schweige mal von wichti­gen Negativpersonen wie Tarek, der natürlich auch keinen Nachnamen oder eine Vita bekommt, sondern einfach nur „der Böse“ sein darf.

Sicherlich kann man sagen, bei solch einer Personenvielfalt sei das ein Aspekt, der zu noch mehr Unübersichtlichkeit beigetra­gen hätte … aber bei allem Respekt, das ist in meinen Augen keine hinreichende Begründung. Hier hat es sich die Autorin klar viel zu einfach gemacht und oberflächliche Schemaprotagonis­ten entworfen, denen jede gesellschaftlich-biografische Tiefe fehlt. Das führt mich dann zu dem zweiten Punkt, der mir bei dem Roman zu denken gab. Gerade hier wäre diese biografi­sche Verankerung nämlich wichtig gewesen.

Punkt 2 kümmert sich sehr energisch um die Frage von Mäd­chenrechten in politisch instabilen Ländern in Afrika, hier im Fall Nigeria, und das ist ein eindeutig drängendes Problem, das zu sehr problematischen langfristigen gesellschaftlichen Auswir­kungen führen wird. Es wird hierbei mit Recht – und das war wohl ursprünglich auch der Aufhänger, der die Autorin das The­ma so in den Vordergrund spülen ließ – auf die Terrorbewegung Boko Haram angespielt, die in jüngerer Vergangenheit Schulen dort überfiel und Hunderte von Schülerinnen entführte und so bis heute die Frauenrechte in Nigeria stark bedroht. Der Fargo-Roman mit dem Nigeria-Teil ist bisweilen eine sehr starke An­spielung darauf.

Aber zugleich arbeitet die Autorin hier mit einem empfindlichen Weichzeichner. Denn solche leider sehr realen Dinge wie Verge­waltigungen, Folter und Ermordung der Mädchen fehlen in der Geschichte ebenso wie Zwangsverheiratungen von minderjähri­gen Entführungsopfern (alles ist dort im Zusammenhang mit Boko Haram längst nachgewiesen). Stattdessen wird ständig betont: Nein, die Mädchen sind Geiseln, ihnen darf ja kein Haar gekrümmt werden … in der Quintessenz führt das nicht nur zu nachgerade irreal-grotesken Szenen, sondern es macht die häu­fig vorgeführten Kriminellen vollkommen unglaubwürdig, bis die Geschichte beinahe zur Satire gerinnt (was allerdings im Kon­trast dazu immer hochdramatisch inszeniert wird – hier wirkt die Cliff-hanger-Strategie, die ich oben ansprach, ganz unleugbar).

So wichtig es ohne Zweifel ist, hier auf die politische Instabilität und grassierende Kriminalität in solchen failed states hinzuwei­sen, und so relevant es ebenfalls ist, auf die bedauerliche Zu­nahme von Jugendkriminalität hinzuweisen, so wenig hat das – fand ich – hier in diesem Roman dermaßen viel Raum einzuneh­men. Es wird auch viel zu wenig über Korruption gesprochen oder sozial und religiös reaktionäre Einstellungen, da ist die Ge­schichte unrealistisch „zahm“ und eindimensional gestrickt.

Dass die mangelhafte Personencharakterisierung dann auch im späteren tunesischen Teil munter weitergeht und die Schatzsu­chergeschichte eher so als bescheidenes Tarnmäntelchen für ein im Kern eminent soziokulturelles Problemszenario behandelt wurde, das fand ich doch bedauerlich. Nach dem letzten Roman über die Fargos, die „Gray Ghost“-Geschichte, auf die hier auch gelegentlich angespielt wird, ist das hier ungeachtet seines Um­fangs und seiner flüssigen Übersetzung doch ein Fargo-Roman, der sehr aus dem Rahmen des Üblichen herausfällt.

Statt dass wie bisher der Wettlauf um einen verborgenen Schatz mit zahlreichen vertrackten historischen Rätseln und dem raffi­nierten Austricksen von Konkurrenten im Zentrum steht, wie es bislang der Fall war, verläuft sich dieser Roman in einem sehr ungenügend dargestellten Personentableau, permanenten Ver­folgungsjagden, die mit ihren wechselnden Orten und Vorteils­gewichtungen erstaunlich an Doc Savage-Romane aus den 30er Jahren erinnern, und schließlich in einer für diese Reihe unge­wohnt-unsympathischen, geradezu hypertroph zu nennenden Schusswaffengewalt, die hier vielfach als ultima ratio eingesetzt wird. Besonders von den Fargos!

Dabei war es gerade dieser Aspekt, dass „Rübe ab“ eben keine Lösungsstrategie der Fargos war, der mir diese Reihe von An­fang an so sympathisch machte. Davon ist Robin Burcell krass abgewichen, und das nehme ich der Autorin übel. So wichtig es ohne Frage ist, auf die Kriminalität in solchen Ländern und auf die schlechten Ausbildungschancen gerade für Mädchen ebendort hinzuweisen – mit solchen Mitteln sollte man das dann doch eher nicht tun.

Interessant für Zitatsammler ist indes die überraschende Neue­rung, jedem der 95 (!) Kapitel ein Sprichwort aus Afrika voran­zustellen, das (teilweise) die jeweilige Kapitelhandlung antizi­piert. Klappt nicht immer, aber es ist eine originelle Idee, die eindeutig Beachtung verdient.

Dennoch kann ich diesen Roman für diejenigen, die sich an den bisherigen Stil der Fargo-Abenteuer gewöhnt haben, nur mit starken Einschränkungen empfehlen. Tut mir wirklich sehr leid. Ich hoffe sehr, dass die künftigen Fargo-Abenteuer mit sehr viel weniger Schusstoten auskommen müssen. Die Fargos mögen ei­nen Western-Namen tragen, deshalb müssen die Schatzsucher-Romane aber nicht zu Western verkommen, in denen tödlicher Waffengebrauch die ideale Lösungsstrategie von Problemen darstellt!

© 2024 by Uwe Lammers

In der kommenden Woche wird es vermutlich noch etwas unan­genehmer. Dann wechseln wir in einem autobiografischen Buch mal auf die düstere Seite der individuellen sexuellen Abgründe. Das Buch, das ich 2017 dazu las und rezensierte, habe ich da­mals schon als harten Tobak eingestuft … ich bin gespannt, was ihr davon halten werdet.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

wie jüngst versprochen (Blogartikel 613 vom 4. Mai 2025) be­ginne ich heute mit der vierteiligen Behandlung des Jahres 2023. Das bedeutet, ich schaue mir die Monate Januar – März an und checke sie daraufhin ab, inwiefern ich hier mit Werken vorangekommen bin, die zu den OSM-Geschichten Aus den An­nalen der Ewigkeit gerechnet werden können.

Im Januar ging es beispielsweise mit einer leichten Weiterarbeit an einem E-Book los: Ich kümmerte mich um Nachfeilen des bis­her vorhandenen Textkorpus des Werkes „BdC 2: Gestrandet in Bytharg“. Ärgerlicherweise kam ich nicht allzu weit damit, weil ich gedanklich doch immer noch sehr stark in den Digitali­sat-Serien steckte, namentlich zu dem Zeitpunkt in KONFLIKT 13 „Oki Stanwer Horror“ alias 13Neu und in KONFLIKT 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“ (16Neu).

In diesen Serien und einigen anderen, die noch als Urschrift in Arbeit sind (genannt seien hier die KONFLIKTE 21 „Oki Stanwer – Fürst von Leucienne“ und 9 „Oki Stanwer – Der Kaiser der Okis“) hing ich deutlich mehr, sodass es bei diesem einen Anna­len-Projekt für den Monat Januar blieb. Ansonsten kam ich im­merhin auf 16 Neuwerke im Januar 2023. Das hatte vermutlich sehr viel damit zu tun, dass ich noch Korrespondenz aufarbeite­te und statistische Arbeiten zu erledigen hatte, die mit dem ver­flossenen Jahr 2022 zu tun hatten. Außerdem gab es zahlreiche Einträge zu Glossaren und Serien-Lexika, das ist ein durchge­hender roter Faden für das gesamte Jahr.

Auch im Februar hielten mich die Digitalisate von KONFLIKT 13 und 16 massiv gefangen. Bei beiden Serien hatte ich gerade ex­trem spannende Passagen am Wickel, die mich sehr mitrissen. Dass ich mich dabei nicht auf ältere, begonnene Annalen-Werke oder E-Book-Texte konzentrieren konnte, kann eigentlich nicht überraschen.

Ganz zum Monatsende (diesmal kam ich auf eine Gesamtzahl von Fertigstellungen von 18 Projekten) gelang mir aber doch noch die Abdrift zu den Annalen der Ewigkeit:

Ich schnitzte ein wenig weiter an der in KONFLIKT 2 („Oki Stan­wer und das Terrorimperium“) spielenden Geschichte „Exil auf Hushhin“ weiter. Und als Kontrast dazu ergänzte ich ein paar Seiten des in KONFLIKT 15 („Oki Stanwer“) spielenden Annalen-Werks „Partisanengruppe Rilon Vleh“. Fertig wurde ich allerdings in beiden Fällen nicht.

Im Monat März drehte ich dann allerdings richtig auf. Mit 40 be­endeten Werken fällt dieser Monat sehr aus dem üblichen Ras­ter heraus. Ich war quasi nonstop am Schreiben, das kam zum einen dem Bereich der Romanrezensionen zugute, zum anderen am ich besonders in KONFLIKT 16 dramatisch weit voran (allein die Bände 42-51 wurden in diesem Monat digitalisiert), ähnlich sah es bei KONFLIKT 13 aus.

Außerdem wurde die Story „Partisanengruppe Rilon Vleh“ vollständig digitalisiert, ergänzend entstand eine umfassend kommentierte zweite Fassung dieser Annalen-Geschichte. Als nächstes stürzte ich mich – was nahe lag – in das Romanfrag­ment „Quisiins letzter Fall“. Wieso lag das nahe? Weil es in KONFLIKT 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“ spielt. Und bekanntlich saß ich ja gerade an diesem Seriendigitalisat.

Eigentlich war ja geplant, diesen Roman zu vollenden, ehe ich mit dem Digitalisat fertig werde … aber das ist wie so oft ein Plan, der in der Realität Schiffbruch erleidet. Denn seht ihr: Das Seriendigitalisat ist längst fertig, der Roman aber immer noch nicht (wenigstens gilt das für den Schreibmoment der Gegen­wart, also für den 7. August 2024. Bis ihr diese Zeilen am 15. Juni 2025 lest, hat sich das hoffentlich geändert … ihr werdet es lesen.

Auch ein weiteres Projekt, an dem ich schon lange feile, ein uni­versenüberschreitendes Crossover mit GRALSJÄGER-Hinter­grund, suchte ich auf, um daran weiterzuschreiben. Der drama­tische Titel der Jagdgeschichte lautet „Ziel – Liquidation“. Lei­der war auch das eher eine Strohfeuerleidenschaft. Der Schreibelan daran erlosch bedauernswert rasch.

Und damit hatte das Jahr zwar bis zu diesem Zeitpunkt am Ende des ersten Quartals schon 74 vollendete Werke aufzuweisen, mehrheitlich Blogartikel, Episodendigitalisate und Rezensionen, aber leider recht wenige Annalen-Werke.

Aber das Jahr war ja noch jung. Und ich war mir ziemlich sicher, dass sich das noch ändern würde. Ob sich dieser hehre Gedanke bewahrheitete, könnt ihr in ein paar Wochen im nächsten Teil dieser Artikelreihe kontrollieren.

In der kommenden Woche reisen wir mal gut 40 Realjahre zu­rück ins Jahr 1984, als ich mich daran versuchte, Heftroman­skripte zu schreiben, die ich tatsächlich bei Verlagen einreichte. Im Rahmen der neuen Artikelreihe „Unveröffentlichte Romane“ sage ich Näheres dazu.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 512: Das Geisterschiff

Posted Juni 11th, 2025 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

seit nunmehr über 150 Jahren geistert im fast buchstäblichen Sinne eine Legende durch die Weltgeschichte, die durch Mangel an faktenbasierten Zeitzeugnissen, Verschleierungstaktik und reger Phantasie von erregten Lesern und Autoren immer mehr zu einer ungeheuerlichen Geschichte aufgebläht wurde. Das ist absolut nichts Singuläres, und selbst in der heutigen Zeit der überhitzten sozialen Medien, die selbst hartnäckigste und schnell widerlegte Lügen penetrant beharrlich an der Oberflä­che des Diskurses schwimmen lassen wie eklige Fettaugen auf der Suppe, ist niemand dagegen gefeit, solchen Legenden auf den Leim zu gehen. Der amerikanische Wahlkampf 2024 hat das ja mal wieder deutlich gezeigt.

Das hier ist weniger politisch als nautisch-naturwissenschaftlich relevant. Es geht sowohl um ein Seeunglück als auch um des­sen hypertrophe mediale Ausschlachtung, die man um so gründlicher und erfolgreicher nennen muss, als anfangs – und wir reden da von den ersten paar Jahrzehnten nach dem Vorfall! – kaum korrekte Informationen für die Öffentlichkeit zur Verfü­gung standen.

Wie immer, wenn so etwas geschieht, bildet sich die öffentliche Meinung rasch ihre eigene Sicht der Dinge, mitunter ist es auch eine blanke Einbildung. Und so wurde aus dem Havaristen Mary Celeste „das Geisterschiff“.

Was damals – höchstwahrscheinlich – anno 1872 im Atlantik ge­schah, darüber erfahrt ihr nun mehr:

Das Geisterschiff

von Eigel Wiese

Bastei 64195

192 Seiten, TB

September 2003, 7.90 Euro

ISBN 3-404-64195-7

Man schreibt den 5. Dezember des Jahres 1872, als das Segel­schiff DEI GRATIA vor Madeira ein fremdes Segel sichtet. Die Brigg ist am 7. November von New York aus in See gestochen, und die Matrosen freuen sich auf den Kontakt mit dem anderen Segler, um ein wenig Neuigkeiten auszutauschen. Doch statt­dessen haben sie eine Begegnung mit einem buchstäblichen Geisterschiff. Und ehe sie begreifen, was geschieht, legen sie den Grundstein zu einem Mythos der Seefahrt.

Das Schiff, dem sie begegnen, ist die Mary Celeste, die unter dem Kommando des jungen, aber erfahrenen Benjamin Spoo­ner Briggs am 15. November von New York aus gestartet ist. An Bord waren zusammen mit Briggs und seiner Frau sowie der zweijährigen Tochter noch sieben Matrosen. Kapitän David Reed Morehouse von der DEI GRATIA weiß das deshalb so ge­nau, weil er mit den Leuten und dem Kapitän der Mary Celeste im Hafen noch gesprochen hat. Die Mary Celeste ist mit einer Ladung Alkohol unterwegs nach Genua, doch diesen Hafen soll sie erst als Legende erreichen.

Die Mary Celeste macht einen völlig normalen Eindruck, wenn man davon absieht, dass niemand zu sehen ist und auch keine Menschenseele auf die Signale reagiert, die man gibt. Schließ­lich lässt Morehouse sein Schiff beidrehen und ein Prisenkom­mando an Bord senden. Was die drei entsandten Matrosen fin­den, macht die Sache nur gespenstischer:

Alles an Deck ist relativ aufgeräumt, lediglich die Ladeluken sind geöffnet, sodass sich in der Bilge Wasser gesammelt hat und schwappt. Allerdings ist es nicht sonderlich viel. Die Kom­passsäule ist umgestürzt, das Deckglas zerstört. Das Steuerru­der ist nicht befestigt, das Ruder selbst aber offensichtlich völlig in Ordnung. Einige Unordnung herrscht in der Takelage, das Bei­boot fehlt. Im Schanzkleid gibt es einige seltsame, unerklärliche Einschnitte, auch außen am Schiffsrumpf ist das der Fall.

Unter Deck finden sie ungemachte Betten, aber keinerlei Hin­weise, die auf ein Verbrechen schließen lassen. Einige Navigati­onsinstrumente fehlen, aber keine Vorräte, der Safe ist unange­tastet, die Ladung intakt. Die letzte Eintragung des gewissen­haften, streng christlichen Kapitäns betrifft den 25. November 1872. Das Wetter war an diesem Tag ausgezeichnet, das Meer äußerst ruhig. Es gibt keine Hinweise auf Unregelmäßigkeiten oder Katastrophen. Was immer geschehen ist, muss die Besat­zung förmlich überwältigt und in Panik von Bord vertrieben ha­ben. Aber niemand kann sich vorstellen, was das gewesen sein mag.

Alles in allem ist der Vorfall völlig unerklärlich.

Kapitän Morehouse bemannt das Geisterschiff mit einer Prisen­besatzung und lässt sie nach Gibraltar segeln, wo auch sein Zielhafen liegt. Doch statt den ersehnten Finderlohn zu erhal­ten, werden sie hier prompt arretiert und geraten unter den un­geheuerlichen Verdacht, sie hätten die Besatzung der Mary Ce­leste heimtückisch gemeuchelt, um das Geld zu kassieren.

Zwar lässt sich der gelegentlich hysterische Züge annehmende Verdacht des Generalstaatsanwalts Frederick Solly Flood auch in den nächsten Jahren nicht erhärten, doch da die Mari­neuntersuchungsakten volle 70 Jahre (!) unter Verschluss blei­ben, geraten nur die wirrsten und widersprüchlichsten Erkennt­nisse und Gerüchte an die Presse. Die Journalisten und Schrift­steller sowie Möchtegern-Schriftsteller stürzen sich nur zu be­reitwillig auf diese Story.

Da gibt es die Version, die Mary Celeste sei während ihrer Über­fahrt in die Nähe eines mordlüsternen Riesenkraken geraten, der einen Seemann nach dem nächsten über Bord gerissen habe. So ließen sich auch die Einschnitte am Schanzkleid erklä­ren – verzweifelte Beilhiebe der Matrosen, die das Ungetüm ab­zuwehren versuchten.

Eine andere Version berichtet von einem Piratenüberfall, der von geflüchteten Sklaven durchgeführt worden sei, die darauf­hin das Schiff an die afrikanische Küste gesteuert, die Besat­zung gemeuchelt oder entführt und das Schiff wieder freigege­ben hätten. Dass sich das überhaupt nicht mit dem Logbuch oder dem unberührten Schiffssafe verträgt, wird ignoriert. In ei­ner 1913 aufgegossenen Neuversion der Überfallgeschichte werden aus den Schwarzen Sombrero tragende, bärtige Gesel­len, die man unschwer als eine hysterische Kopie aus dem ame­rikanisch-mexikanischen Krieg erkennen kann, der erst kurze Zeit zurück liegt.

Dann wieder spekuliert man auf ein jähes Unwetter (was aber die auch damals schon zugänglichen Wetterberichte schlagend widerlegen), religiöser Wahnsinn wird zur Ursache erklärt, letzt­lich werden noch unterseeische Vulkanausbrüche, giftige Gase und vieles andere als mögliche Erklärung des Rätsels angeführt. Vielleicht hat ja auch die Frau an Bord Unglück gebracht? Frau­en auf Schiffen bringen, einem uralten Aberglauben zufolge, stets Unglück …

Doch je mehr man spekuliert, desto nebulöser und rätselhafter wird die Geschichte. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Journa­listen und Schriftsteller – darunter ein damals noch relativ unbe­kannter Arthur Conan Doyle – munter Details erfinden, um die Geschichte zu dramatisieren (etwa noch dampfendes Mit­tagessen oder Kaffee). Munter erfinden die sensationslüsternen Interpretatoren fiktive Besatzungsmitglieder, blinde Passagiere und ähnliches. Einer Lösung kommen sie alle nicht näher.

Dabei sagt schon wenige Jahrzehnte nach dem Vorfall ein Inter­pret völlig richtig, wenn man sich dem nähern wolle, was da­mals wohl wirklich passiert sein könnte, dann müsse man ein­fach mehr Details über die beteiligten Personen wissen. Und als schließlich der freie Journalist und Schriftsteller Eigel Wiese aus Hamburg sich des Mary Celeste-Rätsels annimmt, tut er genau das und findet schließlich nach 130 Jahren die Lösung für das Mysterium …

Als ich selbst das erste Mal auf die Mary Celeste stieß, schrieb man etwa das Jahr 1983 oder 1984. Der Name des Schiffes fiel damals im Zusammenhang mit dem Bermuda-Dreieck und rät­selhaften Ereignissen auf See. Obgleich natürlich das Bermuda-Dreieck nicht bis zu den Azoren reicht, war das besatzungslose Geisterschiff Mary Celeste sozusagen der Prototyp für solches Rätsel. Es ist also verständlich, dass ich sofort darauf ansprang, als ich dieses Buch entdeckte. Und dass ich es innerhalb von anderthalb Tagen „verschlang“.

Die beklemmende Lösung hat vieles für sich, wenngleich sie, für sich genommen, nicht richtig phantastisch ist, schon gar nicht so phantastisch, wie es einst Philip José Farmer in seinem Ro­man „Das echte Log des Phileas Fogg“ (Heyne 3980) dargestellt hat. Einerlei. Die langsame Entfaltung der Details, das Aufdrö­seln der einzelnen Hypothesen und ihr genüssliches Widerlegen durch Herausstellen der Widersprüche hat seinen unbestreitba­ren Reiz. Der Autor Wiese kann solide und packend schreiben, er bringt auch dem Laien die nautischen Fachbegriffe nahe, ein Glossar ergänzt das Buch, desselben Skizzen und Zeichnungen sowie zeitgenössische Fotos von den Protagonisten, sodass man sich ein gutes Bild dessen machen kann, was dort geschah.

Wer einmal erfahren möchte, was Menschen aus einer rätselhaf­ten Begebenheit machen und wie diese sich letztlich durch mehr oder minder phantastische Ausschmückungen zur schein­bar unentwirrbaren Legende verknäult, der ist hier genau rich­tig. Und am Ende sieht man das Meer mit anderen Augen, und natürlich auch das Geisterschiff Mary Celeste

© 2005 by Uwe Lammers

Ich habe oben aus gutem Grund die Lösung nicht geliefert. Eine Rezension soll ja nicht originär dazu führen, dass man sie als Er­satzlektüre für das Buch selbst missbraucht. Aber ich kann euch beruhigen – die Lektüre lohnt sich unbedingt, so desillusionie­rend sie vielleicht auch für den munteren Verschwörungstheore­tiker sein mag. Denn die spannendsten Geschichten schreiben eben nicht jene Leute, die in rätselhafte Ereignisse mystizisti­sche Geheimnisse hineinprojizieren. Die spannendsten Ge­schichten schreibt immer noch das Leben selbst, und damit meine ich dann in der Aufarbeitung der Geschehnisse die realen Fakten, die nach und nach ein dramatisches Bild der damaligen Ereignisse sichtbar machen, das der Fiktion kaum nachsteht.

In der nächsten Woche erleben wir mal wieder ein rasantes Abenteuergarn des Fargo-Schatzsucher-Ehepaars aus der Feder eines Clive Cussler-Epigonen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

und wieder sind ein paar Wochen ins Land gestrichen … okay, ein paar Monate, eingestanden. Das gilt zumindest für euch, nicht für mich – denn ebenso wie den vorherigen Teil (Blogarti­kel 607!) dieser Artikelreihe schreibe ich diesen Beitrag am glei­chen 1. März 2025. Das hat damit zu tun, dass die Gedanken zurzeit wunderbar fließen und ich diesen Moment entsprechend zu nutzen gedenke.

Während ich im letzten Beitrag der Reihe doch eher politisch-skeptisch unterwegs war, möchte ich heute einen anderen Ge­danken ventilieren. Und natürlich hat er mit dem Autoren-Nach­lassarchiv-Projekt zu tun, selbstverständlich.

Schon vor vielen Monaten begegnete mir im Gespräch mit ei­nem Autor ein Standpunkt, der mich etwas konsternierte und der mich zum Nachdenken brachte. Und je länger ich darüber sinnierte, desto mehr kam ich zu dem Schluss, dass es sich um ein kurzsichtiges Statement handelt, das verschiedene Ursa­chen haben kann und das gründliches Durchdenken angebracht erscheinen lässt.

Es ist doch so: Wir begegnen ständig antagonistischen Weltsich­ten, wenn wir Gespräche mit anderen Menschen führen. Uns mag ihre politische Einstellung vielleicht nicht gefallen, mögli­cherweise ist unsere Haltung zu allgemeinen Themen nicht kon­gruent, vielleicht ecken sie oder wir damit im Gespräch an. So etwas kommt vor. Widersprüche muss man aushalten können, mit Kritik sollte man als erwachsener Mensch umgehen können, als gestandener Demokrat sowieso.

Von Denkverboten halte ich in dieser Hinsicht wenig. Das führt in der Regel zu engstirnigem, dogmatischem Denken, verstei­nert die Weltsicht und hat üblicherweise eine unangemessene Polarisierung im Gefolge. Nicht selten führt das auch politisch zu falschen Wahlentscheidungen, wie wir beispielsweise in der US-Wahl oder unserer vorgezogenen Bundestagswahl erkennen können. Doch nein, darauf möchte ich aktuell nicht herumrei­ten. Bis dieser Blogartikel im Sommer 2025 erscheint, sieht die Welt vielleicht schon wieder ein wenig heller aus … auch wenn, zugegeben, derzeit wenig dafür spricht.

Ich sollte beim Thema bleiben. Was war das für ein Standpunkt, von dem ich sprach? Nun, ich versuchte im Jahr 2024 verschie­dentlich, Autoren für die Idee eines Autoren-Nachlassarchivs zu begeistern. Eine Antwort hat mich dabei ziemlich vom Kurs ab­gebracht. Der gefragte Autor meinte sinngemäß: „Alles, was ich schreibe, wird auch veröffentlicht. Was ich nicht veröffentliche, kann nach meinem Tod ruhig vernichtet werden. Kümmert mich nicht weiter.“

Ich denke, ihr versteht, dass ich da erst mal schlucken musste.

Das Statement an sich ist eindeutig und nicht irgendwie unklar. Ich hielt es dennoch für falsch. Aber es dauerte lange Monate, bis ich mir darüber klar wurde, wo hier vermutlich das eigentli­che Problem liegt. Es ist vielschichtig, und ich gebe vorab schon zu, dass das, was folgt, lediglich meine eigene Mutmaßung ist und vielleicht nicht wirklich den Kern trifft. Aber das sind so die Gedanken, die mir dazu durch den Kopf gingen:

Der erste Punkt ist der der individuellen Wertschätzung des Schöpfungswerkes des jeweiligen Autors.

Der zweite Punkt ist die Frage der allgemeinen Wertigkeit jen­seits des individuellen Horizonts.

Der dritte Punkt betrifft dann die Frage, ob solch eine Position zu verallgemeinern ist und ob nicht vielmehr der Literaturbe­trieb durchaus antagonistisch dazu unterwegs ist.

Schauen wir uns die Punkte mal der Reihenfolge nach an:

Erstens – generell haben kreative Geister eine abweichende Einstellung zur Qualität ihres Werkes. Ich kenne das von einer befreundeten Künstlerin, deren Werk ich wirklich bemerkens­wert finde … sie selbst stuft es indes als „Gebrauchsgrafik“ ein und wertet es ab. Damit demontiert sie meiner Ansicht nach auch ihr eigenes Selbstwertgefühl. Meiner Ansicht nach völlig zu Unrecht.

Auch bei dem Autor, der dieses Statement von sich gab, könnte man so argumentieren: sein Selbstwertgefühl, was das Ge­schriebene angeht, mag bezüglich fertig gestellter und veröf­fentlichter Werke solide ausgeprägt sein, aber hinsichtlich der nicht vollendeten Texte ist es offenkundig unterentwickelt. Da­mit einher geht offenbar ein Verdikt, alles, was nicht zur Publi­kationsreife entwickelt werden konnte (aus welchem Grund auch immer) in Bausch und Bogen zu verwerfen und für wertlos zu halten.

Ihr kennt mich: Das ist nicht mein Standpunkt.

Zweitens – Auch hier beziehe ich mich, partiell zumindest, auf die grafische Kunst, aber ebenso auf die schriftstellerische Schiene. Ich habe es oft selbst erlebt, dass etwa Brieffreunde, die selbst nicht schreiben konnten, fasziniert waren von dem, was ich schrieb und veröffentlichte. Ebenso erging es mir oft in Lesungen.

Damit wurde deutlich, dass Leser bzw. Gäste von Lesungen ge­genüber den Verfassern/Künstlern gewissermaßen mit verschie­denen Qualitätsmaßstäben operieren. Das kann mich inzwi­schen nicht mehr überraschen. Was für die Künstler selbst viel­leicht nur zu 70 oder 80 Prozent oder weniger „gelungen“ er­scheint, wird vom Publikum, das nicht über die Basisqualifikati­on verfügt, solches zu erschaffen, grundsätzlich sehr viel höher veranschlagt.

Ich denke, hiermit ist offensichtlich, dass der individuelle Künst­ler-Tunnelblick, wie ich ihn mal nennen möchte, wenig geeignet ist, die Wertigkeit der eigenen nicht beendeten Werke zu beur­teilen. Im Zweifelsfall steht dem Künstler sein hoher Perfektions­anspruch im Weg, weswegen womöglich im Fall der Fälle schlussendlich von seiner Seite mehr an Restwerken vernichtet wird, als es tatsächlich sinnvoll ist.

Schauen wir hierzu nur mal zu Künstlern wie van Gogh oder Franz Kafka … wäre tatsächlich alles, was sie nicht zeitlebens veröffentlicht haben, vernichtet worden (wie es bei Kafka expli­zit gefordert wurde!), wäre viel wichtiges Kulturgut verloren ge­gangen.

Solchen kurzschlüssigen Gedanken kann ich mich deshalb nicht anschließen.

Drittens – auch ganz allgemein und bezogen auf den Literatur­betrieb scheint mir ein solches Diktum wenigstens problema­tisch zu sein. Wir brauchen uns hierzu nur anzuschauen, wie viele Werke nach dem Ableben von Autoren noch das Licht der Welt erblicken. Dazu brauche ich gar nicht viele Namen zu nen­nen, ein paar exemplarische mögen völlig hinreichen: Umberto Eco etwa liegt schon lange unter der Erde, Stephen Hawking, J. R. R. Tolkien, Robert Ludlum und Clive Cussler ebenso. Dennoch sind ihre Namen bei Buchveröffentlichungen nach wie vor pro­minent.

Gewiss ist es in vielen dieser Fälle so, dass prominente Namen einfach auf Bücher gedruckt werden, die allenfalls noch ein paar Gedanken oder namhafte Protagonisten des Verstorbenen mit neuen Abenteuern fortführen. Kein Zweifel, so verhält es sich fraglos. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass viele Werke aus nachgelassenen Fragmenten zu Ende entwickelt werden.

Bezogen auf meine eigenen Werke würde ich sagen, dass das meiste von dem, was ich bislang geschrieben habe, noch nicht veröffentlicht worden ist, das bezieht sich besonders auf die großen Weltentwürfe des Oki Stanwer Mythos, des Archipels, der Horrorwelt oder des Erotic Empire.

Werden diese Werke je zu meinen Lebzeiten veröffentlicht wer­den? Das kann ich nicht beurteilen. Aber sollen diese Gedanken nach meinem Ableben eine kurze Restexistenz in einem Papier­container und dann auf einer Mülldeponie fristen? Das ist zu­mindest für mich eine ziemliche Horrorvorstellung, und ich kann mir gut denken, dass das manch anderem Literaten, der diese Zeilen hier liest, sehr ähnlich gehen wird.

Deshalb ist mein Gegenstatement zu dem obigen, das mich so konsternierte, völlig klar: Ich mag ja vielleicht unangemessen stark an meinen Skripten hängen, selbst an denen, die noch nicht zur Publikationsreife geschliffen wurden. Aber meiner Mei­nung nach – wohlverstanden, das ist meine individuelle, nicht zwingend zu verallgemeinernde Ansicht – lohnen es die in die­sen unveröffentlichten Werken steckenden Gedanken durchaus, sie für die spätere Zeit zu bewahren und in einem Autoren-Nachlassarchiv zu überliefern.

Denn denken wir einfach mal ein wenig mehr an die Zukunft. Das mag ein unpopulärer Gedanke sein in der Gegenwart, wo so viele Leute in die vermeintlich „gute alte Zeit“ zurückfallen wol­len und politische Zensur und kultureller Backlash zunehmen … aber lasst euch darauf einfach einmal ein. Nehmen wir Abstand von der Eintagsfliegen-Aufmerksamkeitswelt der sozialen Medi­en und betrachten das, was ich als „long range“ bezeichnen möchte.

Wir entscheiden heute und hier, was wir für die Zukunft überlie­fern wollen. Und wie die Menschen von Morgen über unsere Ge­genwart urteilen, die kurzsichtigen, bisweilen stumpfsinnig-ängstlichen Entscheidungen, die wir fällen. Da kluge Gedanken in einem Nachlassarchiv für die Zukunft aufzubewahren, wenn die brodelnde Politik sich wieder etwas abgekühlt hat, scheint mir ein sehr kluger Gedanke zu sein.

Es wäre vielleicht unklug, jetzt solche Geschichten wie die aus meinem Archipel oder dem Erotic Empire zum aktuellen Zeit­punkt zu veröffentlichen, weil sie nicht so recht dem moralin­sauren Mainstream der Gegenwart entsprechen … aber sie dann komplett zu vernichten, ohne ihnen beizeiten die Gelegen­heit zu geben, ihre Wirkung zu entfalten, halte ich für grundver­kehrt.

Es gibt Zeiten für bestimmte Formen von Literatur, die nicht sel­ten auch mit politisch-sozialen Konjunkturen einhergehen. Und vieles hiervon ist in Zeiten wie den jetzigen eher als antizyklisch zu verstehen … aber das bedeutet nicht, dass diese Ideen ab­sterben sollen, nur weil der Autor nicht mehr am Leben ist.

Vielmehr ist ein wesentlicher Gedanke für ein Autoren-Nach­lassarchiv, genau solche Krisenfälle der Zeitläufte durch Erhalt abzupuffern. Mag es sein, dass ein Autor stirbt, ohne einen wichtigen Roman veröffentlicht zu haben. Oder mag er ein Ma­nuskript fertig gestellt haben, das nicht recht zur gegenwärti­gen Verlagspolitik passt und das deshalb in seinem Nachlass überliefert wird. Selbiges gilt möglicherweise für seine/ihre Ta­gebücher, Korrespondenz, Ideenkladden usw.

Diese Dinge fordern die Schaffung eines Autoren-Nachlassar­chivs, um diesen Kulturgutverlust – mag er von der Seite des Schöpfers der Werke selbst ausgehen, mag er von Verwandten oder ignoranten Vermietern ausgehen, die darin nur nutzloses Papier sehen – zu verhindern.

Nein, ich denke, das Statement des Autors oben, das ich sinnge­mäß eingangs wiedergab, entspricht durchaus nicht den Prinzi­pien, die ich selbst einzuhalten gedenke oder die dem Autoren-Nachlassarchiv-Projekt eigen sein werden. Mag sein, dass mein Denkhorizont utopisch und träumerisch-idealistisch ist. Von mir aus.

Die Träume sind frei, und sie sind der Möglichkeitsraum, in dem sich auch das Autoren-Nachlassarchiv-Projekt zurzeit noch be­findet. Ich werde mein Möglichstes tun, beides miteinander in Deckung zu bringen. Und ich hoffe, ihr steht mir dabei zur Seite, Freunde!

Soviel für heute zu diesem Thema. In der kommenden Woche reisen wir zurück ins Jahr 2023.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 511: Rendezvous mit Übermorgen [2]

Posted Juni 4th, 2025 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

mit diesem Roman kehrte der Altmeister Arthur C. Clarke in den Kosmos der Ramaner zurück. Man darf mit Fug und Recht an­nehmen, dass bis auf die schieren Grundideen die gesamte Aus­führung in den Händen des Coautors Gentry Lee gelegen hat. Das ist ein ähnliches Phänomen, wie es heutzutage – und auch schon vor dessen Ableben – mit den Subserien des Bestsellerau­tors Clive Cussler der Fall ist. Das Rezept war also schon in den 90er Jahren durchaus wirkungsvoll, wenn auch noch nicht so verbreitet.

Sieht man einmal von der Frage der originären Autorenschaft ab und lässt sich einfach auf das Abenteuer der zweiten Kontaktge­schichte mit einem ramanischen Raumschiff ein, dann steht demjenigen, der diese Geschichten noch nicht kennt, eine abso­lut spannende, packende Geschichte bevor, die den doch relativ nüchternen, schlichten (wiewohl faszinierenden) Erstkontakt aus dem ersten Roman deutlich und sehr komplex ausbaut.

Jenseits der psychologisch geschickt gezeichneten komplizier­ten Protagonisten und der leider recht plausibel dargestellten weltpolitischen Großwetterlage erfahren die Leute, die in den 70er Jahren noch händeringend mehr über die geheimnisvolle zylindrische Kunstwelt Rama erfahren wollen, außerordentlich mehr über sie. Und der Cliff-hanger am Schluss zeigt überdeut­lich, dass das noch sehr viel weitreichender ist, als man sich das zu Beginn vorstellt.

Wer glaubt, hier nur einer plumpen Wiederholung des Erstlings „Rendezvous with Rama“ beizuwohnen, sollte sich gut an­schnallen – das hier ist etwas vollkommen anderes, im sehr po­sitiven Sinn.

Auf ins Abenteuer:

Rendezvous mit Übermorgen

(OT: Rama II)

von Arthur C. Clarke und Gentry Lee

Heyne 8187

558 Seiten, TB

München 1991

Übersetzt von Roland Fleissner

ISBN 3-453-04590-4

Rund siebzig Jahre lang hat die Menschheit über dem Rätsel des außerirdischen Raumschiffs Rama gebrütet, das im Jahre 2130 das Sonnensystem durchquerte und in die Tiefen des Kosmos wieder verschwand, offenbar, ohne die Menschen, die es mit dem Raumschiff ENDEAVOUR besuchten, auch nur zu registrie­ren.

Es war klar, dass dieser eigentlich nicht direkt stattgefundene Erstkontakt die Menschheit und die kollektive Psyche erschüt­terte. Eine außerdem eingetretene katastrophale weltwirtschaft­liche Rezession mit Aufständen sowie Putschen, die letztlich Mil­lionen von Toten zur Folge hatten und in einem Erstarken funda­mentalistischer Kräfte sowie messianischer Bewegungen gipfel­ten, haben die Menschheit weiter zum Negativen hin beein­flusst. Am Schluss kam es gar zu einem nuklearen Attentat auf den charismatischen christlichen Prediger Michael von Siena, die dazu führten, dass das terrestrische Kolonialreich völlig in sich zusammenbrach und insbesondere alle Anstrengungen be­züglich der Raumfahrt stagnierten.

Als Astronomen im Jahre 2197 feststellen, dass sich erneut et­was aus den Tiefen der Galaxis dem solaren System nähert, ist man deshalb auf diesen Kontakt nicht vorbereitet. Aber in aller Eile wird eine Expedition von zwei Raumschiffen organisiert, ei­nem wissenschaftlichen und einem militärischen, die kurz nach Neujahr 2200 ein Rendezvous mit dem fremden Raumschiff her­stellen sollen. Es erweist sich als baugleich mit Rama I. Auch dieses Schiff ist ein gewaltiger Zylinder mit 16 Kilometern Weite und 60 Kilometern Länge.

Der Kontakt findet planmäßig statt und wird von einer eigenen Berichterstatterin an Bord (Francesca Sabatini) umfassend do­kumentiert. Das Innere des Rama-Raumschiffes scheint vollkom­men baugleich zu sein mit dem ersten Rama-Schiff. Doch das ist nicht das eigentliche Problem.

Das Hauptproblem liegt vielmehr in der psychologischen Dimen­sion der Besatzung der so genannten Newton-Mission.

Da ist der tief religiöse General Michael O’Toole, der von dem heiligen Michael von Siena fasziniert ist; da ist die Bordärztin und Biologin Nicole des Jardins, eine Halbafrikanerin, die allein erziehende Mutter einer fünfzehnjährigen Tochter und zudem einstige Olympionikin ist. Den Vater kennt niemand, aber Nicole hat gute Gründe dafür, ihn zu verheimlichen. Weiter findet man den genialen Rama-Forscher Takagishi, dessen höchstes Ziel es ist, einmal ein Rama-Raumschiff zu erforschen, trotz eines ge­ringfügigen Herzfehlers, der ihn eigentlich aus der Aspiranten­liste ausgesondert hätte – doch er hat die Liste manipuliert, um zum Ziel zu gelangen.

Außerdem findet sich an Bord der Mission Richard Wakefield, ein absolut genialer Mathematiker und Computerspezialist und Shakespeare-Narr, der furchtbare Komplexe hat, was Frauen an­geht. Und dann wäre da noch David Brown, fachlich höchst kompetent, aber zwischenmenschlich ein arrogantes Ekel, der nur auf seine eigene Karriere aus zu sein scheint. Ähnliches trifft auf Francesca Sabatini zu, die vor nichts zurückschreckt, um ihren eigenen Vorteil zu haben, selbst nicht vor Einsatz des ei­genen Körpers im Bett und Drogen, die sie den Crewmitgliedern verabreicht.

Das alles wird dann zum Problem, als sich das Rama-Raumschiff gar nicht so verhält, wie man es von Rama I gewohnt war. Es vollführt Manöver, die nicht vorhersehbar sind (und tötet damit, wohl unabsichtlich, den Kommandanten der Mission). Die Lich­ter im Innern gehen verfrüht an, Bioten, als Kunstwesen der Ra­maner, erscheinen in Gruppen statt vereinzelt. Als die Newton-Crew versucht, einen der Bioten aufzusammeln und einzufan­gen, wird ein Crewmitglied von einem Bioten in Stücke geschnit­ten und dies live zur Erde übertragen.

Das alles ist schon schlimm genug, doch dann verschwindet auch noch Dr. Takagishi. Nicole, die sich besonders für ihn ver­antwortlich fühlt, begibt sich nach „New York“, der Stadt im noch immer gefrorenen Zylindermeer Ramas, um ihn hier zu su­chen. Dabei erleidet sie jedoch einen Unfall und gilt seither ebenfalls als verschollen.

Unterdessen gerät die öffentliche Meinung außer Kontrolle, weil bekannt wird, dass der neue Kurs von Rama II direkt auf die Erde zielt. Xenophobe Terraner fordern daraufhin vehement, dass Rama II mit den geheim an Bord der NEWTON mitgeführ­ten Nuklearwaffen zerstört werden soll, und zwar ganz egal, ob die Verschollenen noch am Leben sind oder nicht …

Die letzten 200 Seiten des Romans handeln überwiegend vom Schicksal Nicoles in Rama II und von denjenigen, die ihr letztlich doch noch zu Hilfe kommen. Erschreckenderweise müssen sie feststellen, dass Rama II offenbar keinen Schutz gegen Nuklear­waffen besitzt. Und die Erde hat bereits einen ganzen Schwarm von Nuklearwaffen abgefeuert, um auf „Nummer Sicher“ zu ge­hen. Eine Flucht von Rama II ist offensichtlich ausgeschlossen, daher beginnt für die Eingeschlossenen nun ein verzweifelter Wettlauf mit der Zeit …

Als ich „Rama II“ das erste Mal 1991 las, war ich fassungslos. Fassungslos über den Einfallsreichtum des Autorenduos, fas­sungslos über die Borniertheit der Entscheidung, Rama II zu zer­stören, und erst recht fassungslos, was das Ende des Romans anging, denn im Nachwort sagte Clarke, dass nach Rama II noch zwei weitere Romane folgen würden, nämlich „The Garden of Rama“ und „Rama Revealed“.

Unglaublich faszinierend war jedoch die Tatsache, dass die Mit­arbeit von Gentry Lee den Charakteren des Roman außerge­wöhnliche Plastizität verlieh, besonders der sehr starken Persön­lichkeit von Nicole des Jardins. Das allein macht den Roman schon sehr lesenswert. Und natürlich alles das, was über den ersten Band hinausgeht.

Sinngemäß wird von Nicole an einer Stelle gesagt, die alte Ex­pedition von Commander Norton (siehe „Rendezvous mit 31/439“/„Rendezvous with Rama“)1 habe lediglich an der Ober­fläche des ramanischen Geheimnisses gekratzt. Nach Lektüre des viel umfangreicheren Bandes Rama II muss ich hinzufügen: Auch der zweite Rama-Roman hat nur an der Oberfläche ge­kratzt, denn viele Geheimnisse bleiben einfach offen. Wer die Peranodonten sind, beispielsweise. Oder welche Rolle die Oktarachniden spielen, auf die sie treffen. Und natürlich, wer die Ramaner sind und warum sie Raumschiffe aussenden, die im 70-Jahre-Abstand die Erde erreichen.

Der dritte Band, „Die nächste Begegnung“, erschien im Juli 1992, also ein gutes Jahr nach dem Band Rama II. Das war noch zu verkraften. Doch der Abschlussband, „Nodus“, kam dann erst Ende 1995 heraus! Und da war mir der zeitliche Abstand defini­tiv zu groß, als dass ich ihn separat gelesen hätte. Also lese ich heute alle Bände noch einmal, dieses Mal mit ganz anderen Au­gen als vor vielen Jahren, und es ist wirklich ein beeindrucken­des Erlebnis, zu sehen, wie sich die Geschichte allmählich gleich einer Blüte entfaltet und schließlich im noch verborgenen vier­ten Band ihren höchsten Stand erreicht. Da lasse ich mich mal überraschen.

Auf jeden Fall ist der Rama-Zyklus voll und ganz lesenswert. Selbst wenn die Titelbilder manchmal wirklich völlig abwegig sind und keinen Inhaltsbezug besitzen und die Titel selbst reine Verlegenheitslösungen zu sein scheinen (abgesehen vom Titel des Abschlussbandes, für den der Verlag wohl keine Alternative mehr fand). Ich vermutete immer, dass bis zur aktuellen Neu­auflage des ersten Bandes des Zyklus die Margarinen-Industrie ihr Veto eingelegt hat („Rama“). Aber Rama scheint heutzutage auf die Buchbranche keinen Einfluss mehr auszuüben …

© 1998 / 2023 by Uwe Lammers

So, ihr könnt wieder durchatmen, Freunde (und bei Bedarf den Roman gleich antiquarisch bestellen, wenn er noch nicht in eu­rem Bücherregal steht – es lohnt sich auf alle Fälle, diese Lektü­reerfahrung nachzuholen!). In der kommenden Woche wird es wieder ein wenig entspannter.

Wir begeben uns auf die hohe See und versuchen da mal, ein historisches Rätsel der Seefahrt zu lösen, das zu allerlei Schau­ermärchen Anlass geboten hat.

Wovon ich rede? Nun, schaut einfach in sieben Tagen wieder rein, dann erfahrt ihr Näheres.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. dazu den Rezensions-Blog 507 vom 7. Mai 2025.