Wochen-Blog 316: Legendäre Schauplätze 12: Leucienne

Posted März 24th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

heute könnt ihr mir mal an einen wirklich mysteriösen Ort folgen, Freunde… eine der mit Abstand eigentümlichsten Galaxien, die es im Oki Stanwer Mythos überhaupt gibt. Das hat zum einen mit der Tatsache zu tun, dass es sie in die­sem KONFLIKT gewissermaßen doppelt gibt.

Gewissermaßen? Wie meine ich das? Ist sie nun doppelt oder nicht?

Jein, muss ich sagen. Das ist eine unheimliche Sache, und die jagt sowohl den Bediensteten der Sieben Lichtmächte, den Baumeistern, Angst ein als auch den sonstigen Beauftragten der Ordnungsmächte, also dem amtierenden Matrixko­ordinator, dem HÜTER. Er hat in diesem KONFLIKT, KONFLIKT 21 „Oki Stanwer – Fürst von Leucienne“ (FvL), den Dienst angetreten, nachdem sein Vorgänger, der LEUCHTENDE, in der Galaxis Arc während KONFLIKT 20 ermordet worden war.

Und als der HÜTER im aktuellen KONFLIKT-Feld auftaucht, stellt er schnell fest, dass hier eigentlich überhaupt nichts stimmt.

Seinen Instruktionen zufolge sollte Oki Stanwer in der Galaxis La Sheem jol Kar­rah („Die Ebene des Lichts“) ein Vielvölkerimperium aufbauen, die TAA PHES­KOO. Das ist deshalb erforderlich, weil TOTAM in der Galaxis Bytharg ist. Okay, die ist 80 Millionen Lichtjahre weit entfernt, und man sollte eigentlich anneh­men, das ist eine enorme Distanz… tja, aber das ist leider falsch. TOTAM hat sei­ne Fühler ausgestreckt und ist in La Sheem jol Karrah aktiv.

Zu dumm ist nur: in allen Funksprüchen, die der Matrixkoordinator aus dieser Sterneninsel auffängt, wird sie „Leucienne“ genannt. Es handelt sich aber unbe­streitbar um die Galaxis, die die Baumeister für diesen KONFLIKT klar struktu­riert haben. Aber warum heißt sie auf einmal anders?

Das ist nur ein peripheres Problem, das im Kontext mit dem KONFLIKT auf­taucht. Ehe ich dazu Näheres sage, sollte ich euch mal in einem Auszug Leuci­enne selbst vorstellen, damit ihr euch ein Bild machen könnt:

Handlungsschauplatz dieser 21. Serie des OSM ist die Ringgalaxis Leucienne, die rund 1982 Millionen Lichtjahre von der nächsten Bezugsgalaxis namens Hun’arc entfernt ist. Etwa auf halbem Weg zwischen ihnen liegt ein Ort, an dem einst die Galaxis Arc der Baumeister Bestand hatte, aber das ist ohne Belang.

Leucienne hat eine Länge von 230.000 Lichtjahren und eine Breite von 72.500 Lichtjahren. Die mittlere Höhe beträgt 43.080 Lichtjahre, die Dicke der drei Rin­ge von jeweils innen nach außen abgestuft 6.900, 5.210 und 3.005 Lichtjahre. Zwischen jedem Ring befindet sich ein Halo aus Sonnen und Materieresten. Schematisch sieht das in etwa so aus wie in der nebenstehenden Abbildung: [leider kann die handschriftliche Zeichnung hier nicht reproduziert werden. UL]

Die mit I bezeichnete Zone ist das Zentrum, die II stellt den Inneren Zentrums­ring dar, die III den Äußeren Zentrumsring, in dem sich auch das System Veesh-No befindet, in dem die ersten sechs Bände der Serie spielen. IV ist entspre­chend der Randring der Galaxis Leucienne.

Leucienne ist das Zentrum eines Galaxienclusters, zu dem elf größere Galaxien (knapp so groß wie Leucienne selbst) gehören. Außerdem gehören etwa vierzig Sternenhaufen verschiedenster Größen und Formen zu dem Cluster, der an drei Seiten von völligem Nichts umgeben ist, da er an einem großen kosmischen Leerraum liegt, in dem sich außer ein wenig Dunkelmaterie über mehr als acht­zig Millionen Lichtjahre hinweg nichts befindet.

Auf den anderen Seiten, als Verlängerung der Diagonalen eines gedachten Raumkubus, befinden sich weitere Cluster mit mehr oder minder stark besetzten Milchstraßengruppen. Der massivste davon ist der so genannte Enaygin-Cluster, dessen nächste Galaxis von Leucienne rund 11,4 Millionen Lichtjahre entfernt ist. Dieser Cluster hat einen Durchmesser von knapp 150 Millionen Lichtjahren, und seine Form ist stark elliptisch abgeplattet, während der Leucienne-Cluster, dessen Durchmesser rund 45 Millionen Lichtjahre beträgt, eher zerfasert und kaum organisiert wirkt. Das erklärt sich aus dem Alter. Leucienne ist rund 4,9 Milliarden Jahre alt, wohingegen Enaygin und die dazu gehörigen Cluster-Gala­xien ein Alter von nicht ganz 3,1 Milliarden Jahren aufweisen.

In Leucienne hat das dazu geführt, dass sich insbesondere im Randring Zivilisatio­nen entwickeln konnten. Von ihnen ist allerdings als einzige die in den Inneren Zentrumsring emigrierte Zivilisation der Sinarer übrig geblieben (manchmal heißt es auch, sie habe sich dort entwickelt). Alle anderen Kulturen scheinen in einem verheerenden kosmischen Krieg untergegangen zu sein. Die acht anderen Zivilisationen, die auf Raumfahrttechnologie bauten und bereits interstellare Kolonialreiche errichtet haben, kommen aus dem Äußeren Zentrumsring.

Tja, Leucienne ist wirklich exotisch strukturiert, soviel steht also fest. Einmalig im Universum. Es kann also nicht sein, dass der HÜTER sich im Zielanflug geirrt hat. Aber wie er bald erschüttert entdeckt, hat er sich wohl nicht nur in dem Punkt des Namens der Galaxis geirrt, sondern auch in der Zeit.

Denn in Leucienne, in der zahlreiche rivalisierende Sternenzivilisationen ent­standen sind, kursiert eine Legende. Die Legende über den „Fürsten“ und sein Reich, die TAA PHESKOO, die vor vielen Jahrtausenden im Kampf gegen das „Ewige Reich“ untergegangen sei. Es gibt auch zahlreiche Ruinen aus dieser Zeit, die eindeutig belegen, dass das stimmt. Und ja, der alte Name für Leucienne in jenen Tagen war „La Sheem jol Karrah“.

Insoweit stimmt also alles.

Aber das ist alles schon graue Vergangenheit? Der KONFLIKT gegen TOTAM – die Macht, die hinter dem „Ewigen Reich“ steht – ist verloren worden? Aber wenn das so ist… wo ist dann Oki Stanwer, der „Fürst“? Warum hat TOTAM Leucienne nicht besetzt?

Irgendetwas stimmt hier überhaupt nicht.

Und das ist noch sehr zahm ausgedrückt.

In der Handlungsgegenwart arbeitet eine Vielvölker-Organisation, die man am ehesten als eine Form interkosmischer UNESCO charakterisieren könnte, ener­gisch daran, die Relikte der Fürsten-Zeit zu sichern und zu erforschen. Darunter sind erstaunlich viele Stationen und Artefakte der Hochtechnologie, und wer immer sie für sich nutzen kann, erzielt einen politischen und militärischen Vor­teil in Leucienne.

Denn der politische Background der Sterneninsel sieht so aus, dass zwei Macht­blöcke sich hier unversöhnlich gegenüberstehen – zum einen die durchgeistig­ten, humanoiden Sinarer, die aus dem Inneren Zentrumsring Leuciennes stam­men und technisch die Vorherrschaft besitzen. Zum anderen gibt es die bären­gestaltigen Meshorer, ein Volk brachialer, militaristischer Kommissköpfe, könnte man plakativ sagen, die eine staatssozialistische Struktur etabliert haben und die galaktische Hegemonie erringen wollen. In ihrer Doktrin gibt es den Ernst­fall, man nennt das „DIE PROVOKATION“, und wenn dieser Fall eintritt, ist ein galaktischer Krieg im Grunde nicht mehr zu vermeiden. Beide Machtblöcke ste­hen sich misstrauisch und hochgerüstet gegenüber, allein die kleine, eingangs erwähnte „UNESCO“-artige Organisation, die Lyosh-Cevaan, wagt es, zwischen den Fronten zu wandern und im Grenzland dieser Reiche so genannte Fürsten-Stationen zu explorieren.

Damit fängt die Serie eigentlich ursächlich an – auf dem Planeten Höolyt, for­mell im Einflussbereich des meshorischen Imperiums, wird eine Fürsten-Station entdeckt. Als eine Lyosh-Cevaan-Delegation hier landet, gerät sie in einen Hin­terhalt und in Gefangenschaft bei den Planetenbewohnern, den käfergestalti­gen Oheetirs.1

Schnell wird klar, dass das so genannte „Ewige Reich“ auf Höolyt interveniert und darauf abzielt, die Meshorer zu provozieren, so dass sie DIE PROVOKATION für gegeben halten und die Galaxis in einen Krieg stürzen.

Dummerweise ist das alles nur die Oberfläche.

Denn die meisten Beteiligten sehen nur einen kleinen Ausschnitt der wahren Probleme. Der erste, der auf abenteuerliche Weise mit einem weiteren Blick konfrontiert wird, ist der sinarische Verbrecher Shishoy, der in einem von einer kosmischen Trümmerschale fast komplett verschlossenen Sonnensystem etwas findet, das man als „Korrelatorschleuse“ bezeichnet. Das ist eine Art Dimensi­onsportal, das auf die „andere Seite“ führt.

Und diese „andere Seite“ hat es wirklich in sich: dort befindet sich nämlich, Ob­acht!, die Galaxis Leucienne. Aber sie heißt dort „La Sheem jol Karrah“! Und dort befindet sich Oki Stanwer, der mit seinem Sternenreich, der TAA PHESKOO im finalen Abwehrkampf gegen die Schergen des Ewigen Reiches steht!

Nein, das ist keine Zeitreise, die man damit durchmacht, wenn man das Portal durchschreitet. Die Dinge liegen deutlich komplizierter, und es dauert, bis das zutage kommt (wobei wesentliche Handlungsträger wie etwa der HÜTER auch weiterhin im Dunkeln stochern und nichts kapieren):

In den Endtagen der kriegerischen Auseinandersetzung um La Sheem jol Karrah tauchten Wesen eines rätselhaften Volkes auf, das die Baumeister nicht kann­ten! Das ist für sie schon mal sehr alarmierend, weil sie üblicherweise ALLE Völ­ker im Universum kennen.

Nun, die VESKOY kannten sie nicht.

Und schlimmer noch: die Veskoy verfügten über Technologie, die den Baumeis­tern ebenfalls unbekannt und nachgerade unheimlich war. Sie boten der TAA PHESKOO und Oki Stanwer an, die Gefahr durch das „Ewige Reich“ auszuschal­ten… und obwohl die Baumeister mahnten und warnten und dies alles als Falle TOTAMS bezeichneten, nahm Oki Stanwer die Hilfe an.

Und die Veskoy spalteten die Wirklichkeit.

Sie kopierten gewissermaßen einen Raumsektor von Hunderten von Millionen Lichtjahren und alterten alles, was darin ist, um Tausende von Jahren. Die Folge war, dass alle Kämpfer des Bösen, die sich dort aufhielten, quasi sofort zu Staub zerfielen. Nachteil: die Kämpfer des Lichts waren von diesem neuen Schauplatz isoliert, da er buchstäblich „auf der anderen Seite“ des Universums lag. Es gab nur einen Berührungspunkt mit La Sheem jol Karrah – die Korrelatorschleuse im Trümmersystem auf der anderen Seite der Wirklichkeit.

Dort existierten zwar langlebige Fürsten-Stationen und einige im Tiefschlaf be­findliche Diener des Lichts, so genannte „Grauhäutige“, aber ansonsten entwi­ckelten sich dort drüben neue Sternenvölker mehr oder minder ohne Kontakt zur Vergangenheit.

Schlimmer noch: die Baumeister zogen sich aus dem Raumquadranten zurück, weil ihnen die ganze Angelegenheit unheimlich geworden war und sie die Auf­fassung vertraten, dass die Veskoy „natürlich“ von TOTAM gesandt worden sein müssten, um das finale Inferno auszulösen.

Das passte zwar überhaupt nicht zu ihren Handlungen, aber anders konnten sich die Baumeister ihre Existenz und ihre Technologie wirklich nicht erklären.

Dummerweise war die Macht TOTAM auch den Veskoy einen entscheidenden Schritt voraus.

Im kopierten Raumquadranten existierte nun auch die Galaxis Bytharg auf bei­den Seiten der Wirklichkeit. Und dort war, um einen monströsen Rassenkrieg zwischen den Völkern der Sargoy und der Berinnyer einzudämmen2, ein Instru­ment geschaffen worden, das man den „Erinnerungssender“ nannte. Ein fried­liebender Shonta3 hatte diese Installation getätigt, und sie war so robust, dass sie auch die Alterungsprozesse auf der „anderen Seite“ mühelos überstand.

Nun kapert TOTAM diese Installation auf der „anderen Seite“ und verwendet sie dazu, Leucienne mittels Agenten zu unterwandern. Wie das genau geht und was die Ayk damit zu tun haben, das würde jetzt zu weit führen.

Die Situation der Gegenwart ist jedenfalls vertrackt, um es mal sehr vorsichtig auszudrücken: Oki Stanwer steht in La Sheem jol Karrah mit dem Rücken zur Wand und bereitet seine Evakuierung durch die Korrelatorschleuse nach Leuci­enne auf die „andere Seite“ vor. Gleichzeitig arbeiten TOTAMS Agenten ebendort daran, dort einen galaktischen Krieg zu entfesseln – also eigentlich ge­nau das, vor dem Oki Stanwer seine Anbefohlenen in Sicherheit bringen möch­te. Hat TOTAM Erfolg mit dieser Strategie, läuft Oki Stanwer mit den evakuie­renden TAA PHESKOO-Truppen quasi ins offene Messer.

Übel? Oh ja.

Aber es gibt ein paar Lichtblicke, die im ersten Moment obskur klingen mögen. So hat der Sinarer-Verbrecher Shishoy schon eine Menge der hinterlistigen Plä­ne durchschaut. Dummerweise ist er inzwischen in Denkhaft und kann quasi nichts mehr tun.

Und dann gibt es noch einen in die Galaxis Bytharg verschlagenen Alassor Sesh-ghy-Taa, der dorthin von einem fehlgesteuerten Grauhäutigen verschleppt wur­de. Er trifft hier in den Ghettos einer Sumpfwelt namens Zorraskin auf echsen­hafte Gestaltwandler, die sich Darassahuurer nennen – das sind gewissermaßen die Berinnyer-„Kopien“ dieser Seite des Universums. Und sie werden kontrolliert von… Totenköpfen.

Genauer: von Totenköpfen und den Sargoy, die sich hier mit TOTAM verbündet haben. Aber, und das ist jetzt das haarsträubende Problem, den Totenköpfen ist nicht zu trauen – sie sind mehrheitlich autonom und leiden unter dem Heim­weh-Syndrom. Darassahuurer-Totenköpfe etwa haben Mitleid mit ihren unter­jochten Artgenossen und helfen ihnen. Und als Sesh-ghy-Taa dort auftaucht, teilweise symbiontisch mit einem berinnyischen Helfer des Lichts von der ande­ren Seite verbunden (ich nenne nur mal der Vollständigkeit halber seinen Na­men: Vavaquashloon), da ersinnt eine junge Darassahuurerin namens Sinuujal­hed (kurz: Sinuu) einen wahnsinnigen Plan – die Darassahuurer und die Toten­köpfe sollen den Aufstand gegen TOTAM wagen, und zwar mit Oki Stanwers Hil­fe.

Das klingt vollkommen verrückt, nicht wahr? Immerhin sind Totenköpfe und Oki Stanwer Todfeinde. Und dass die Totenköpfe gegen TOTAM rebellieren, ist ein völlig aberwitziger Irrsinn.

Nein, sagt ein abgeklärter Totenkopf da, das ist so nicht richtig. Es gäbe eine Möglichkeit, daraus Realität werden zu lassen – aber dafür müsse er seinen Vor­gesetzten fragen, die oberste Instanz der Totenköpfe… ein Wesen, das man den Totenkopf-Propheten nennt…4

Ihr seht also – es ist nicht zwingend so, dass Leucienne dem sicheren Untergang geweiht ist… aber ich möchte auch nicht bagatellisieren. Es wird in jedem Fall sehr, sehr eng werden. Und dieses ungeheuerliche Bündnis Oki Stanwers mit dem Totenkopf-Propheten ist mit weitem Abstand das Erstaunlichste, was ich je geschrieben habe.

Indes ist das auch kein wirklich leichter Stoff – denn so, wie ich mich erst an die Erkenntnis der „doppelten“ Galaxis Leucienne/La Sheem jol Karrah“ gewöhnen musste, ist es auch mit solchen Dingen wie dem Erinnerngssender, dem Ayk-Netz oder eben den rebellischen Totenköpfen gewesen. Ihr merkt das auch dar­an, dass ich ich an der Serie „Oki Stanwer – Fürst von Leucienne“ bereits mit großen Abständen seit dem 30. Januar 1988 schreibe.

Es wird höchste Zeit, dass ich damit zu Rande komme? Da habt ihr Recht, Freunde. Aber ihr kennt meine irrlichternde, erratische Kreativität. Es ist nicht so einfach, hier stringent am Thema zu bleiben. Ich will dennoch schauen, dass ich in diesem und im nächsten Jahr noch ein gutes Stück vorankomme. Drückt mir dafür mal die Daumen.

Soviel für heute zum „legendären Schauplatz“ namens Leucienne. Ich hoffe, ich war in meiner Argumentation nicht zu verwirrend – es ist ein verwirrendes Uni­versum, dieser KONFLIKT 21. Aber ihr spürt sicherlich selbst, welches Potenzial die Storyline birgt. Und genauso soll das ja auch sein.

Macht es gut und bis nächste Woche!

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Wer hier übrigens grübelnd aufhorcht und sich denkt, das klinge irgendwie sehr vertraut, der erinnert sich womöglich an meine Geschichte „Heimweh“ (2003), die sich im E-Book-Format nachlesen lässt, oder an den Abdruck des Fortsetzungsromans „Die Totenköpfe 1: Die Alte Armee“ (2010) im Fanzine Baden-Württemberg Aktuell (BWA), der auf Höolyt seinen Anfang nimmt und den Oheetir-Mönch Shylviin als Handlungsperson hat.

2 Ich empfehle euch zum vollen Verständnis dieser Situation die Lektüre der neuen OSM-Serie „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ (im E-Book ab 2019), weil ihr dort die Grundlagen dieses Rassenkonflikts mitbekom­men werdet.

3 Tja, die nächste Überraschung, Freunde. Die Shonta kennt ihr ja als technisch versierte schwarze Zwerge aus KONFLIKT 2 „Oki Stanwer und das Terrorimperium“, aber die vorliegende Serie spielt fast 100 Milliarden Jah­re in der Handlungszukunft. Folgerichtig haben sich natürlich auch die Shonta evolutionär weiterentwickelt. Sagte ich schon, dass die Shonta ein sehr wichtiges OSM-Volk sind? Nein? Na schön, dann wisst ihr es jetzt.

4 Tja, und wer bei dieser Erwähnung dann einmal mehr zusammenfährt, der tut gut daran, sich an das E-Book „Mein Freund, der Totenkopf“ und den OSM-Roman „Die Totenköpfe 1: Die Alte Armee“ zu entsinnen, wo er ebenfalls erwähnt wird. Im KONFLIKT 21, also der Serie, in der Leucienne und Bytharg im Brennpunkt des kosmischen Krieges stehen, taucht er dann tatsächlich in realiter auf. Die entsprechenden Episoden sind al­lerdings zurzeit noch nicht geschrieben.

Rezensions-Blog 208: Im Land der Messer

Posted März 20th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

ich denke, es ist kein Geheimnis, dass ich Robert Howard schätze, so distanziert ich heutzutage auch der Fantasy-Literatur in toto gegenüberstehe. Das heute vorzustellende Buch ist in mehrerlei Hinsicht eine positive Abwechslung, selbst für Leser, die gleich mir Fantasy eher fern stehen. Zum einen handelt es sich nicht wirklich um Fantasy, selbst wenn es – aufgrund des Autors – unter diesem Label vermarktet wurde. Wenn wir uns darauf einigen, dass wir es hier mehr mit einer blutrünstigeren Version eines frühen Indiana Jones zu tun haben, kommt man dem Inhalt der Geschichten in diesem Band näher.

Zum zweiten, daraus resultierend, befinden wir uns hier eben gerade nicht in der argumentativen Falle, in der viele heutige Fantasy-Autoren stecken, die munter den Fabelwesenkanon und die Struktur ihres Tolkien munter kopieren und in verschiedensten Abwandlungen mit neuen Reichen, Welten und Völkern auf Aberhunderten oder Abertausenden von Seiten auswalzen. Im Vergleich dazu hat Howard nämlich eine dramatische und außerordentlich kurz angebun­dene Prosa geschrieben. Manche der heutigen Nachahmer schaffen auf fünf­hundert Seiten nicht das an Atmosphäre und Dramatik auszudrücken, was Ho­ward auf 30 Seiten gelingt.

So kurz also das heutige Werk auch sein mag, und so tippfehlergesättigt und zu­dem nur noch antiquarisch zu erhalten – es ist die Suche zweifellos wert. Nach dem Rezensions-Blog 170 („Der Dolch mit den drei Klingen“) vom 27. Juni 2018 liegt nun der zweite Band mit Erzählungen um diesen Helden Howards vor. Stürzt euch also mal mit mir in das Abenteuer um El Borak, der die Wildnis des Afgha­nistan und des Osmanischen Reiches kurz vor und nach Ende des Ersten Welt­kriegs durchstreifte:

Im Land der Messer

(OT: Son of the White Wolf)

von Robert E. Howard

Terra Fantasy 77

Rastatt 1980

162 Seiten

Aus dem Amerikanischen von Dagmar Hartmann

Robert Erwin Howard, der alte Brieffreund Howard Phillips Lovecrafts und Schöpfer beispielsweise von „Conan“, der im Jahre 1936 – eigentlich auf der Höhe seines Erfolges – aus familiären Gründen Selbstmord beging, ist im Fanta­sy-Genre der Gegenwart aus durchaus verständlichen Gründen eine Ikone, und mit seinem Tod nahm die Popularität eher noch zu. Heutzutage nehmen viele Leser allerdings zu Unrecht an, dass Howard seinen Erfolg in erster Linie „Co­nan“ zu verdanken hatte, der freilich seine bekannteste Figur geblieben ist, nicht nur aufgrund der Adaption in Comicversion oder im Film.

Hugh Walker, selbst deutscher Fantasy-Autor und Redakteur der im Pabel-Ver­lag erscheinenden Terra Fantasy-Taschenbuchreihe, ist es zu verdanken, dass ein erheblicher Teil von Howards sonstigen Werken dem Leser in Übersetzun­gen während der späten 70er und frühen 80er Jahre des 20. Jahrhunderts zu­gänglich gemacht wurde. So konnten wir neugierigen Jungleser damals die Be­kanntschaft mit Howardschen Helden wie Bran Mak Morn, der Schwarzen Agnes, Solomon Kane und dergleichen machen. Und wir stellten verblüfft fest, dass Howard sich in historischen Romanen herumtrieb, dass er klassische Aben­teuergeschichten schrieb, die man heutzutage in die Nähe von „Indiana Jones“ rücken würde und Piratengeschichten verfasste. Da es die Terra Fantasy-Reihe nicht mehr gibt, kann man nur mutmaßen, wie groß Howards Oeuvre in Wahr­heit gewesen ist. Meines Wissens gibt es keine deutsche Howard-Gesamtausga­be. Das wäre zweifellos eine spannende Sache.

Einer seiner Helden, von denen ich auch noch nichts wusste, ist Francis Xavier Gordon, auch „El Borak“ genannt – ein junger Amerikaner, der Anfang des 20. Jahrhunderts die Weiten des wilden Afghanistan und des kaum minder exoti­schen Arabien durchstreift. Solche Staaten wie den Irak oder Saudi-Arabien gibt es noch nicht (sie sind Folgeprodukte des Ersten Weltkriegs), zu El Boraks Zeiten dehnt sich hier – historisch korrekt – das osmanische Weltreich aus, das am Ende des Ersten Weltkriegs zerbricht und sich in Territorialstaaten auflöst. Es ist unschwer zu erkennen, dass Howard mit El Borak eine Person geschaffen hat, die wie üblich ein alter Ego seiner selbst war. Er schrieb die Abenteuer nieder, die er – und viele seiner oft jugendlichen Leser – zu gern selbst erlebt hätten.

Dieser Band enthält drei unterschiedlich lange Geschichten über El Borak und transportiert die ihm eigene Moralität. Walker skizziert im Vorwort kurz den „Helden“, auf dass wir ihn uns bildlich vorstellen können: „Hier also ist Francis Xavier Gordon, genannt El Borak, stark, furchtlos, so sonnengebräunt, dass er in seiner afghanischen Kleidung im Lande längst nicht mehr als Fremder gilt. Er hat glattes, schwarzes Haar, wie das eines Indianers, und seine Augen sind so schwarz wie das Haar. Sein Name klingt aus allen Geschichten, die man sich in den Karawansereien und Basaren von Teheran bis Bombay erzählt…“

In „Das Blut der Götter“ verschmelzen zwei Handlungsstränge, die am Ende auf schreckliche Weise kulminieren: Eine Gruppe gewissenloser Banditen unter ihrem Anführer Hawkston ist auf der Suche nach einem Mann namens Al Wazir und seinem Schatz. Angeblich ist er spurlos verschwunden, aber auf irgendeine Weise hat Hawkston erfahren, dass der einstige Russe, den die Araber Al Wazir nennen, sich als Einsiedler in entlegene Berge zurückgezogen hat, wo er medi­tative Erleuchtung sucht. „Das Blut der Götter“, eine Handvoll sagenhafter Rubi­ne, hat er dabei offenbar mit sich genommen.

Zu dumm: ausgerechnet der Abenteurer El Borak hat Al Wazir einst dabei ge­holfen, in die Berge zu gelangen, und als dieser nun erfährt, dass Hawkston zu dem Russen auf dem Weg ist, beschließt er, den Einsiedler zu warnen. Um den Weg abzukürzen, durcheilt er jedoch die Wüste, obgleich er weiß, dass er dabei Stammesgebiet von Shalan ibn Mansour zu durchqueren hat. Und mit Mansour verbindet ihn eine Blutfehde. Wenn Mansour oder jemand seines Clans Gordon entdeckt, ist er des Todes.

Nun, Howard wäre nicht Howard, wenn es nicht genau so dramatisch käme, wie der Leser das befürchtet…

Im Land der Messer“, mit Abstand die längste Erzählung des Buches, beginnt etwas unerwartet im fernen Amerika – Stuart Brent, ein Spieler und Abenteu­rer, erhält von dem in seinen Armen sterbenden alten Freund Stockton den Auf­trag, sich nach Kabul zu begeben, um dort Kontakt mit einem Mann namens Francis Xavier Gordon zu suchen, den man El Borak nennt. Er solle ihm ausrich­ten, dass die Schwarzen Tiger einen neuen Prinzen hätten, den man Abd el Kha­fid nenne. Sein wahrer Name sei jedoch Wladimir Jakowitsch. Er solle sich an ei­nem Ort namens Rub al Harami aufhalten, der Stadt der Diebe…

Brent nimmt diesen Auftrag an – aber schon die nächste Blende zeigt ihn dann in Afghanistan, als abgerissenen, gefesselten Gefangenen wilder Einheimischer, die ihn in die hohen Berge Afghanistans verschleppen, und zwar an einen Ort namens Rub al Harami, wo er als Sklave verkauft werden soll. Schlimmer noch: Brent entdeckt, dass er seit seinem Aufbruch in San Francisco verfolgt worden ist, von jenen Agenten der Schwarzen Tiger, die auch Stockton getötet haben… womöglich also droht ihm ein schlimmeres Schicksal als der Tod, wenn er in die Hände jener Leute fällt, vor denen er El Borak warnen sollte.

Und tatsächlich steht er bald darauf jenem Mann gegenüber, Jakowitsch, der ei­nen wahnwitzigen Plan verfolgt, den offensichtlich nur eine einzige Person ver­hindern kann, eben jener rätselhafte El Borak, der aber nicht gefunden werden kann…

Die Titelgeschichte „Der Sohn des weißen Wolfs“ ist die kürzeste und letzte Sto­ry des Bandes. Sie spielt in den Endtagen des Ersten Weltkriegs in Arabien. In ihr wird der legendäre Lawrence von Arabien erwähnt, der wesentlichen Anteil daran hatte, dass das heutige Saudi-Arabien vom türkischen Kernland abfiel. In Lawrences Diensten ist auch Francis Xavier Gordon unterwegs… doch die Ge­schichte fängt auf der Gegenseite an.

Die deutsche Geheimagentin Olga von Bruckmann ist unterwegs in Arabien und muss Geheimdokumente von Bagdad nach Damaskus bringen. Dabei macht sie mit einem Begleiter Halt in einem Bergdorf namens El Awad… und wird jählings überrascht von einem Angriff türkischer Soldaten, angeführt vom Leutnant Osman. Osman hat seinen Kommandanten erschossen und ist mit seiner Trup­pe auf dem Weg in die Unabhängigkeit, um unter dem Banner des weißen Wolfs ein neues Reich aufzubauen. Er hat dem Islam abgeschworen und über­fällt El Awad, um Frauen für sein neues Reich zu entführen, unter ihnen dann auch die deutsche Agentin.

Sein Problem: einer der männlichen Dörfler entkommt dem Gemetzel schwer verwundet. Und dieser Mann namens Yusef stößt in der Wildnis auf seinen Freund El Borak und erzählt ihm von den Vorkommnissen. El Borak verspricht dem Sterbenden, dass die Mörder sterben würden, er schwöre es.

Doch Francis Xavier Gordon ist allein. Die Soldaten, die unter seinem Komman­do stehen, sind nicht einmal in der Nähe. So entschließt er sich, zunächst als Einzelkämpfer die Spur der Feinde zu verfolgen, wobei er – kurios genug – die deutsche Geheimagentin retten kann, ehe sie geschändet wird. Danach ist er mit ihr zusammen aber wieder auf der Flucht, verfolgt von Osmans Fanatikern… und er gerät bald darauf vom Regen in die Traufe…

Robert Howards große Stärke ist unbestreitbar seine zeitlos kraftvolle Prosa, die durch und durch abenteuerlich, wild und ungestüm daherkommt. Das zeichnet diese Geschichten aus, die sich wie von selbst lesen. Ganz gleich, ob sie dreißig oder sechzig Seiten lang sind, man wird vom enormen Schwung der Erzählung einfach mitgerissen wie vom Wasser eines Wildbaches. Dass er dabei vielfach auf archaische Strukturen zurückgreift, auf geradezu archetypische Argumenta­tionsmuster, dass Ehre viel und Leben wenig gilt, dass Frauen im Grunde ge­nommen – hier wenigstens – kaum ein individuelles Eigenleben führen dürfen an der Seite der kernigen, gnadenlosen Kriegernaturen, die er schildert, das muss man einfach als Leser in Kauf nehmen und es Howards eigenem Ethos und seiner Zeit zurechnen (wenn man sich die in derselben Zeit entstandenen Doc Savage-Romane anschaut, hat man hier recht ähnliche Muster, auch wenn die­se Romane lange nicht so blutrünstig sind wie die Werke Howards).

Natürlich gibt es auch ein paar editorische Schnitzer, die dem überkritischen Le­ser die Lektüre etwas vergällen könnten. Das Titelbild von Boris Vallejo bei­spielsweise, das ist natürlich ohne Bezug zum Inhalt, das kann man sich schon denken. Ärgerlicher ist dann, dass Hugh Walker in der Einleitung behauptet, die Geschichten seien „in chronologischer Folge“ abgedruckt. Das stimmt nicht, wie man schnell entdecken kann. Auf Seite 54, d. h. in der ersten Geschichte, ist schon unübersehbar zu erkennen, dass sie nach 1924 spielen muss, wohinge­gen die Titelstory, die ja am Ende der Anthologie steht, anno 1917 handelt.

Auch misslich ist der Fehlerdschungel, den sich das damalige Pabel-Lektorat bei diesem Band leistete. „Bombey“ statt „Bombay“, „daß“ und „das“, „torbulent“ statt „turbulent“, „führ“ statt „für“, „im“ statt „ihm“ usw… das erschwert das Le­sen dann doch manchmal recht stark. Aber solche Fehlerwildnis ist in damali­gen Taschenbüchern gang und gäbe. Dies allein sollte den heutigen Leser, der das Buch zweifellos nur noch antiquarisch findet, nicht davon abhalten, es zu suchen, wenn er wirklich mal auf kraftvolle, wilde Fantasy-Prosa steht.

Ich würde sagen: durchaus ein Buch, das man nicht vergessen sollte und immer mal wieder eine Entdeckung wert.

© 2013 by Uwe Lammers

Ihr merkt schon, ich war vor sechs Jahren wirklich ziemlich beeindruckt von der Storysammlung. Nach wie vor halte ich sie für äußerst lesenswert und würde sie vielen moderneren Werken strikt vorziehen.

In der kommenden Woche betrachte ich den letzten Teil der fünfteiligen Comicreihe „Baker Street“ von Veys und Barral, der wieder mal das Zwerchfell er­schüttert. Lasst euch da mal überraschen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Wochen-Blog 315: Close Up: Der OSM im Detail, Teil 4

Posted März 16th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

da bin ich also wieder und bereit, euch in die nächste Etappe des KONFLIKTS 14 zu begleiten. Ich war bei Band 15 der Serie „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ angelangt, heute stelle ich euch so knapp als möglich die Handlung der Episoden 16-20 vor.

Ohne lange Vorrede gleich munter voran:

Rückblick: In der Galaxis Hun’arc irgendwo in den Tiefen des 14. Universums des OSM ist das Reich der insektoiden Cranyaa entstanden. Seit 700 Jahren wird es von dem Orakel auf der Wüstenwelt Yurok spirituell geleitet und darauf vorbe­reitet, unter dem Feldherrn Oki Stanwer die Angriffe TOTAMS abzuwehren. Doch TOTAM hat die Galaxis bereits unterwandert und greift nun nach dem Reich der Cranyaa.

Im Zentrum von Hun’arc ist das Vielvölkerreich der Dämonenwaffe Rookax ent­standen, das die Völker der Mogolker, der Soogrer, Calnarer, Synox und Tsoffags umfasst. Im 700. Jahr ihres imperialen Bestehens greifen die Tsoffags massiv das Cranyaa-Reich an und zwingen es zu Boden. Alles scheint bereits verloren zu sein, da auch das Orakel einem Angriff zum Opfer fällt… doch da erscheint mit der Lichtfestung OREOC der zweite Helfer des Lichts, das Kristallwesen Klivies Kleines, das zielstrebig damit beginnt, Rookax´ Reich als Quell des Bösen zu be­kämpfen.

Während an der Position der Cranyaa-Brutwelt Sayliih sich ein Dimensionstun­nel öffnet, das Schicksal der Tsoffags erfüllt und der Planet TOTAM erscheint, greift Kleines Rookax´ Machtbasen im Herzen von Hun’arc an. Auf dem Planeten der ausgelöschten Mogolker-Spezies zerstört er die Rookax-Stelen, und kurz dar­auf fällt auch Rookax´ Ursprungswelt, die „Düsterwelt“, einem Angriffsschlag OREOCS zum Opfer.

Fatal daran ist, dass Kleines dabei auf der detonierenden Dunkelwelt zurück­bleibt und nun als tot gilt. Es ist nur ein geringer Trost, dass den anderen Besat­zungsmitgliedern die Flucht von der sterbenden Welt gelingt und sie den Soog­rer Goonex mit sich nehmen können. Rookax entfesselt nun seinen paramenta­len Furor und hetzt die Soogrer gegen OREOC und seine Besatzung…

Episode 16: Stoßtrupp nach Suriloom

(8. Januar 1984, digitalisiert 2014)

Klivies Kleines gilt als tot. Die mental gestörte Lichtfestung OREOC realisiert das offenkundig nicht, sondern beschließt, die Mission fortzuführen. Die Mission, die darin besteht, nacheinander die restlichen drei Hilfsvölker der Dämonen­waffe Rookax von deren Einfluss zu befreien. Dass die tropfenförmigen Genfor­scher aus dem Volk der Soogrer das scheinbar gar nicht wollen, tangiert OREOC nicht.

Die Lichtfestung versteckt sich im Heimatsystem der Soogrer und schickt die drei Cranyaa Lasa-On, Kama-Ke und Olom-Ra sowie Goonex auf Spähmission zum Dschungelplaneten Suriloom, der im Soogrer-Zentralsystem liegt.

OREOC ist derweil der festen Überzeugung, dass Kleines noch am Leben sein muss… aber seine mentalen Impulse kommen zeitgleich aus drei verschiedenen Sonnensystemen – jenen Systemen, in denen die Rookax-Dienervölker der Soogrer, der Calnarer und der Synox leben. OREOC kann sich das nicht erklären.

Während sie noch darüber nachgrübelt, wie das möglich ist, plant Rookax OREOCS Vernichtung – die Dämonenwaffe rüstet eine Flotte mit 8069 Kampf­schiffen aus, deren primäres Angriffsziel nach OREOCS Vernichtung die Zentral­welt der geschwächten Cranyaa sein soll: Wislyon.

Auf Suriloom stoßen die vier Gefährten auf ein heikles Problem. Hier haben die Soogrer eine neue Armee für Rookax generiert. Nach dem inzwischen ausge­löschten Tsoffags und den eher missratenen Nuusen ist nun das Klonvolk der raubtierhaften Moogs entstanden. Und sie sind mental instabil…

Episode 17: Die genetische Armee

(9. Januar 1984, digitalisiert 2014)

Schauplatz Suriloom: Die vier Freunde von Klivies Kleines, drei Cranyaa und der aus Rookax´ paramentalem Bann befreite Soogrer Goonex sind hier unterwegs, um Schwachstellen der Dämonenwaffe auszukundschaften und vielleicht weite­re Soogrer auf ihre Seite zu ziehen.

Sie geraten mitten in einen ausbrechenden Aufstand – die genetische Armee der raubtierhaften Moogs entläuft der Kontrolle ihrer Erschaffer und beginnt damit, sie umzubringen.

Einer von ihnen jedoch hört auf einmal eine innere Stimme, die ihn zu zielge­richtetem Handeln anleitet. Der Hordenführer namens Gruhl macht auf diese Weise einen rasanten Intelligenzsprung durch. Er wird während des Ausbruchs Zeuge, wie seine Artgenossen ein seltsames Wesen töten. Die innere Stimme kennt solche Wesen eigentümlicherweise – es handele sich um einen Cranyaa, der sicherlich nicht allein sei. Er solle umgehend die anderen suchen.

Die Lichtfestung OREOC, die derweil auf der ersten Welt des Systems, dem Glut­planeten Onotaak, Zuflucht gesucht hat, fängt zwei Funksprüche auf. Einer ist stark verstümmelt, stammt aber offenbar von Klivies Kleines! Er redet von dä­monischer Gefahr und dem dritten Helfer des Lichts, doch es ist kein klarer Sinn darin zu erfassen.

Schlimmer ist der zweite Funkspruch, den Rookax selbst absetzt. Er verkündet OREOCS Geheimversteck und verrät den Stoßtrupp nach Suriloom. Die Jagd geht von neuem los…

Episode 18: Kleines´ schwarzes Gefängnis

(14. Januar 1984, digitalisiert 2014)

In die Enge getrieben beschließt die Lichtfestung OREOC, die letzte Option wahrzunehmen: aus ihren Vorratsräumen holt sie die Lichtroboter, kristallin-energetische Vernichtungseinheiten, die mit verheerender Primärenergie ge­füllt sind und die man in ihrem Vernichtungsdrang nicht aufhalten kann. OREOC schickt die Lichtroboter gegen die Standorte der Rookax-Stelen los.

Annähernd gleichzeitig eskalieren auch sonst die Ereignisse. Die Soogrer entde­cken OREOC auf Onotaak und beginnen mit konzentriertem Beschuss. Und auf dem Dschungelplaneten Suriloom stoßen Lasa-On, Kama-Ke und Goonex auf die blutrünstige genetische Armee. Doch ehe sie von ihnen auf bestialische Weise umgebracht werden können, hält der Hordenführer Gruhl seine Artge­nossen in Schach… und dann spricht er fast völlig normal und gibt sich als Gruhl, dritter Helfer des Lichts, zu erkennen. Gerade noch rechtzeitig hat die Essenz des Helfers, vorher als mentale Stimme in Gruhls Verstand spürbar, die Kontrolle übernommen. Für den Cranyaa Olom-Ra kommt allerdings jede Hilfe zu spät.

Gruhl spürt außerdem über die Helfer-Kopplung, dass OREOC Recht hatte – Kleines lebt tatsächlich noch, offenkundig auf Senaax, der Hauptwelt der Soog­rer. Sie brechen hastig dorthin auf.

Dummerweise ist das nicht die ganze Wahrheit – kurz vor dem Untergang der Düsterwelt ist Klivies Kleines qua seiner Kristallessenz mit einer Rookax-Stele auf der sterbenden Welt eine Symbiose eingegangen und hat sie wie ein Trans­mitterportal benutzt… was nicht völlig funktioniert hat. Seither ist seine Essenz auf Tausende von Standorten in Rookax´ Reich verstreut. Mühsam zieht er seine Bestandteile auf Senaax zusammen und bricht aus dem schwarzen Gefängnis der dortigen Kristallstele aus. Es eilt – denn die Lichtroboter sind bereits unter­wegs, um die Stele zu vernichten… und im Zweifelsfall auch ihn selbst, wenn er im Weg sein sollte…

Episode 19: Todesmission TOTAM

(28. Januar 1984, digitalisiert 2014)

Handlungsblende: Während Kleines und seine Freunde Abenteuer im Reich der Dämonenwaffe Rookax erleben, ist anstelle der Brutwelt Sayliih ein fremder, schwarzer Planet erschienen – TOTAM. Das Reich der Cranyaa ist weitgehend in Chaos und Passivität versunken, aber es gibt noch einzelne Kommandanten, die aktionsfähig sind.

Zu diesen Personen gehört die Cranyaa-Kommandantin Mani-Ul mit ihrem Kreuzer HUHLEG, der nun leichtsinnigerweise direkt diese fremde schwarze Welt ansteuert und auf ihr landet. Offensichtlich gibt es hier keine Städte oder sonstigen Strukturen, die auf Leben schließen lassen, auch keinerlei Meere oder Vegetation. Ansonsten sind die Daten auf verstörende Weise völlig wider­sprüchlich.

Und dann, kaum sind sie gelandet, bricht der Terror aus – die Dämonen Ormun und Drenosa, die nach TOTAM zurückgekehrt sind, überfallen den Kreuzer und säen Tod und Chaos in die Reihen der Besatzung…

Schließlich erteilt das Wesen TOTAM dem Dämon Ormun noch einen Spezial­auftrag: er soll sich ins Zentrum von Hun’arc begeben und dort eine Wesenheit auslöschen. Er versteht diesen Auftrag nicht, macht sich aber auf den Weg… denn eigentlich ist doch die Dämonenwaffe ROOKAX ein Diener TOTAMS. Oder etwa nicht?

Episode 20: Der dritte Dämon

(12. Februar 1984, digitalisiert 2014)

Schauplatz TOTAM: Der Cranyaa-Kreuzer HUHLEG ist dem Untergang geweiht. Die gesamte Besatzung ist unter dem Terror der Dämonen umgekommen und zu Untoten gemacht worden… nein, nicht die gesamte. Ein Cranyaa, der Or­tungsoffizier Ureg-Ni, wurde vom Dämon Drenosa versucht, ist dann aber auf rätselhafte Weise spurlos verschwunden, als wäre er teleportiert. Aber Parafä­higkeiten sind bei Cranyaa generell unbekannt.

Ureg-Ni findet sich verwirrt mitten im Innern der Hohlwelt TOTAM wieder, wo massenhaft Raumschiffe gefertigt werden. Eine geheimnisvolle mentale Stimme verwirrt ihn und stürzt ihn in Angst und Schrecken. Er versteht die Welt nicht mehr, nur soviel ist ihm klar: er ist auf einer Welt voller Feinde gefangen und unweigerlich dem Tode geweiht, wenn nicht so etwas wie ein Wunder gesche­hen sollte.

Das Wesen TOTAM weckt derweil den dritten Dämon Awurkk und instruiert ihn und Drenosa, dass sie weitere Pläne in die Tat umsetzen sollen: zunächst sollen die Knochenstraßen errichtet werden, um magisch-psionische Verbindungspfa­de in weitere Galaxien zu bahnen und den KONFLIKT auszudehnen. Und dann vergibt die Macht des Bösen Spezialaufträge: Drenosa soll die gut 600.000 Lichtjahre entfernte Galaxis Wukarin aufsuchen. Awurkk soll sich um einen wei­teren Helfer des Lichts kümmern, den TOTAM Hunderttausende von Lichtjahren entfernt ausgemacht hat, ein Wesen namens UCHULON, das umgehend zu ster­ben hat.

TOTAMS Pläne schreiten unerbittlich voran, und das Licht scheint beständig an Boden zu verlieren…

Wo ist nur Oki Stanwer? Wird er erst auf der kosmischen Bühne erscheinen, wenn alles zu spät ist…?

Soweit die Handlung der Episoden 16-20 der Serie „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“, mit denen ich nun schon in der Schreibzeit des Februars 1984 gelan­det bin. Wie ihr gesehen habt, diversifizieren sich die Handlungsorte zuneh­mend, und die Dramatik steigert sich allmählich. Mit der Galaxis Wukarin, neu­en Helfern des Lichts und gefährlichen Langzeitplänen der dämonischen Prot­agonisten verschärft sich die Lage zunehmend.

Ihr werdet sehen, das wird in Bälde noch deutlich unangenehmer. Aber es ist Licht in Sicht. Mehr dazu in der nächsten Folge der „Close Ups“.

Bis bald, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 207: Das Aktmodell

Posted März 13th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

sind Zeitreisen sexy? Wir Phantasten können diese Frage eigentlich nur beja­hen. Aber was geschieht, wenn sich Mainstream-Autoren an Zeitreisen wagen und sie dann munter auch noch mit Magie würzen? Dann kommt so etwas da­bei heraus wie „Feuer und Stein“ von Diana Gabaldon oder „Die Prophetin von Luxor“ von Suzanne Frank. Im günstigen Fall.

Oder es wird etwas durchwachsen und leider nur bedingt an den historischen Background angepasst, dann finden wir uns wieder bei Jina Bacarr und ihrem Roman „Das Aktmodell“, der mir in die Finger fiel, als ich damit begann, die Ro­mane der MIRA-Buchreihe im Bereich der erotischen Literatur zu vervollständi­gen. Da gibt es durchaus recht anständige Bücher, von denen ich beizeiten noch einige vorstellen werde. Dieser hier war – für einen Historiker wie mich, wohl­verstanden – ein wenig… halbgar. Ihr werdet das in der Rezension entdecken.

Aber, hey, es ist Unterhaltung, nicht wahr? Große literarische Ansprüche sollte man daran nicht knüpfen, und ja, unterhaltsam ist die Geschichte schon, wie die in eine vorzeitigen Midlife-Crisis stürzende Amerikanerin Autumn Maguire in Paris sowohl dem Schicksal wie auch der Liebe ihres Lebens über den Weg läuft, und das nur, weil sie sich ins falsche Haus verirrt, eine seltsame Geschich­te hört und dann mit einem ägyptischen Gott zusammenrasselt.

Das klingt nach wirrem Stoff? Es ist nicht ganz so wirr, wenn man meiner Rezen­sion von 2017 folgt. Neugierig geworden? Dann schmökert jetzt einfach weiter:

Das Aktmodell

(OT: Naughty Paris)

Von Jina Bacarr

Mira 35012

432 Seiten, TB (2008)

ISBN 978-3-89941-398-4

Aus dem Amerikanischen von Christine Janson

Eigentlich geht alles schief… und fast könnte man sagen, daran sei Donald Trump schuld, der tatsächlich in diesem Roman recht weit zu Beginn namentlich genannt wird. Aber so schlimm ist es dann doch nicht… wenngleich Autumn Maguire schon der festen Überzeugung ist, dass geradewegs alles Unglück der Welt seine Kübel über ihren Kopf ausgeleert hat. Sie hat bald Grund zu der An­nahme, dass alles noch sehr viel schlimmer kommt, und das hat nicht nur mit dieser mörderisch eifersüchtigen Hure zu tun.

Aber vielleicht sollte ich vorne beginnen.

Autumn Maguire, ihres Zeichens eine Amerikanerin mit teilweise irischen Wur­zeln, die ihr feuerrotes Haar, helle Haut und Sommersprossen vererbt haben, ist eigentlich frohgemut auf dem Weg nach Paris, um hier ihre Verlobung und bal­dige Heirat mit ihrem Lebensgefährten David zu feiern… zu dumm, dass der sie, während die Tickets für Paris schon gekauft sind, kurzerhand sitzen lässt, um mit einer Blondine durchzubrennen.

Dumm gelaufen, nicht?

Nun, Autumn, 35 Jahre alt, unter einer Cellulitis leidend und sich notorisch zu rundlich fühlend, nimmt kurzerhand ihre Mutter mit nach Paris… und rutscht ins nächste Chaos, nämlich während sie allein durch die Stadt streunt. Von ei­nem jähen Regenguss bis auf die Knochen durchnässt, flüchtet sie sich in ein Gebäude und findet sich in einem Zeichneratelier wieder. Der betagte Künstler scheint von ihr überaus angetan zu sein und wünscht, dass sie ihm Modell steht, nach Möglichkeit völlig nackt.

Das schmeichelt Autumn natürlich, und nach kurzem Zögern willigt sie ein. Was hat sie schon zu verlieren, nicht wahr? Sie sehnt sich wirklich sehr danach, als erotische Frau wahrgenommen zu werden – wenn’s das Selbstwertgefühl schon nicht zulässt, dann ist der getrübte Blick des alternden Malers immerhin ein netter Ersatz. So denkt sie sich das. Doch bevor das Aktstehen beginnt, wird sie auf ein phantastisches lebensechtes Porträt eines Mannes aufmerksam und be­fragt den Künstler danach. Dies sei, sagt er, ein Selbstporträt des Malers Paul Borquet. Er sei ein begnadeter Maler zu Zeiten der Impressionisten gewesen, der 1889 unter rätselhaften Umständen ums Leben gekommen ist, angeblich im Feuer umgekommen, während er versuchte, die Liebe seines Lebens zu retten.

Ach ja, das ist doch mal wieder typisch: da sieht man schon ein gestandenes Mannsbild, in das man sich als Frau so richtig vergucken kann, und dann ist er schon seit über hundert Jahren tot, und auch noch unter tragischen Umständen umgekommen. Autumn hat es sich fast gedacht. Warum sollte ihr auch irgend­wie nur mal das Glück winken, nicht wahr? Und dabei hätte sie diesen stattli­chen Kerl wirklich gern kennen gelernt…

Und dann wird es richtig unheimlich – als Autumn nämlich, ein wenig frivol er­regt, die hier im Atelier stehende Statue des alten ägyptischen Fruchtbarkeits­gottes Min berührt, hat sie das Gefühl, von einem Blitzschlag getroffen zu wer­den und verliert das Bewusstsein. Sie erlangt es recht schnell wieder… immer noch im Atelier, aber dummerweise haben sich ein paar Dinge grundlegend ver­ändert.

Zum einen sieht sie sich überraschend dem quicklebendigen Künstler Paul Bor­quet gegenüber, und zwar ist sie dabei völlig splitternackt. Zweitens ist er von ihrer Schönheit so hingerissen, dass er sich Hals über Kopf in sie verliebt. Und zum dritten muss Autumn entdecken, dass sich ihr Körper irgendwie auf magi­sche Weise verjüngt hat. Jetzt sieht sie aus, als sei sie gerade einmal neunzehn Lenze alt, mit prächtig schwellenden erotischen Körperformen… und sie re­agiert ihrerseits extrem heftig positiv auf den Pariser Künstler.

Allerdings hat sie noch nicht realisiert, dass sie in Wahrheit eine Zeitreise ins Jahr 1889 durchgemacht hat. Und ihr ist ebenfalls nicht bewusst, dass sie sich zu einem Zeitpunkt in Pauls Leben eingemischt hat, wo er etwas mit einem an­deren Mädchen laufen hat, nämlich der durchtriebenen Hure Lillie – die von nun an in Autumn eine heiße Konkurrentin um Pauls Herz sieht (mit Recht)… und sie ist sehr geübt im Umgang mit dem Messer und hat überhaupt keine Skrupel, die arglose und bald ziemlich panische Autumn mit mörderischem Hass zu verfolgen.

Das führt zu einer Vielzahl sehr waghalsiger Situationen, in denen Straßenpoli­zisten, Sittendezernate, ein Frauengefängnis, eine sinistre Bordellherrin und nicht zuletzt ein moralisch verdorbener englischer Lord mit Neigung zu Schwar­zen Messen bedeutsame Rollen zu spielen beginnen.

Schnell muss Autumn Maguire entdecken, dass sie zwar auf magische Weise verjüngt wurde und den phantastischsten Liebhaber aller Zeiten gefunden hat, der gleichfalls völlig in sie verschossen ist… dass es aber das Schicksal selbst darauf angelegt zu haben scheint, ihr gemeinsames Glück dauerhaft und rach­süchtig zu hintertreiben.

Und, schlimmer noch, ihr wird rasch klar, dass der Fruchtbarkeitsgott Min ihr zwar sexuelles Vergnügen gönnt, dass Liebe aber nicht auf dem Plan stehen darf. Anderenfalls drohen die Rückverwandlung in ihren alten Körper und der Rücksturz in ihre eigene Zeit, ohne Hoffnung, Paul jemals wieder finden zu kön­nen.

Was sie indes nicht ahnt, ist, dass auch Paul einen Pakt mit dem Fruchtbarkeits­gott eingegangen ist und ein ganz eigenes Geheimnis hat, das ihr gemeinsames Glück weiter gefährdet…

Nach dem – mir noch nicht vorliegenden1 – Buch „Die blonde Geisha“ ist dies der zweite erotische Roman, den Jina Bacarr verfasst hat. Er nimmt fast unwei­gerlich eine Menge Elemente ihres eigenen Lebens auf, so spürt man deutliche Einflüsse ihres Studiums der Kunstgeschichte wie des Französischen hierin. Es ist auch anzunehmen, dass sie mit Autumn Maguire ein wenig ein Wunsch-Alter Ego beschrieben hat. Ebenso unübersehbar sind die deutlichen gedanklichen Anleihen an Diana Gabaldon.

Eine Zeitreise zu schildern, ist offenbar ein beliebter Topos, allerdings gelingt das Bacarr nicht halb so plausibel wie Gabaldon. Auch wirkt die ständige Ac­tion-Unterbrechung, die doch sehr an die Doc Savage-Romane erinnert, auf mehrere hundert Seiten ausgedehnt, letztlich etwas störend. Man hätte als Le­ser den beiden Liebenden schon ein paar mehr gemeinsame Momente gegönnt (man vergleiche beispielsweise die Vielfalt an erotischen Szenen bei Sandra Henkes Roman „Flammenzungen“, der sehr viel kürzer ist, mit denen im vorlie­genden Buch… da sieht man deutlich, dass die deutschen Autorinnen entschie­den weniger verklemmt sind als die amerikanischen, also wirklich. Fiel mir so deutlich bislang noch nicht auf.

So unterhaltsam und bisweilen auch wirklich witzig dieser Roman also auch ist, so wurde ich doch bei fortschreitender Lektüre das dumme Gefühl nicht los, dass hier ständig gewissermaßen mit angezogener Handbremse gefahren wur­de. Dass Autumn wiederholt denselben Fehler begeht und wirklich so gar nicht gescheit nachdenkt, und dass sie lange Zeit hinweg überhaupt nicht weiß, was sie eigentlich will, das macht die Angelegenheit recht anstrengend und verkompliziert den Handlungsverlauf. Wäre den Personen etwas mehr Autonomie gestattet worden, statt sie mehrheitlich recht schematisch zu gestalten, hätte der Roman äußerst interessant sein können.

So bleiben Lord Bingham und Madame Chapet seltsam konturenlos jenseits ih­rer bloßen Rollen, auch Lillie ist eigentlich NUR eifersüchtig und mörderisch. Und das, was sich bei einer Sandra Henke auf hundertfünfzig Seiten lebendig und durchaus glaubwürdig entfaltet, nämlich eine nachvollziehbare Beziehung zwischen den Personen, das gelingt in diesem Buch nicht mal auf dreihundert. Das Buch ist also zwar durchaus unterhaltsam und in vier Tagen mühelos zu le­sen (vielleicht auch geschwinder), aber irgendwie erinnert es mich vom Gefühl her an Fastfood. Man hat viel Zeit darin investiert, die ganze Geschichte inha­liert, und am Ende ist man immer noch hungrig.

Auch ist ihre Schilderung des Paris des Jahres 1889 außerordentlich flüchtig – man bedenke bitte, dass dies das Jahr der Pariser Weltausstellung mit 28 Millio­nen Besuchern war. Davon merkt man im ganzen Roman nicht mit einer Silbe etwas. Auch wäre auf den brandneu und eigens für die Weltausstellung ge­schaffenen Eiffelturm hinzuweisen gewesen (der die Weltausstellung ja nur überlebte, weil er anschließend als Funkmast gebraucht wurde, anderenfalls wäre er 1890 wieder abgerissen worden… wie weiland der Kristallpalast in Lon­don oder die Pavillons der Weltausstellung von Chicago 1934, um nur mal zwei Beispiele zu nennen). Autumn kommt zwar recht weit in der Stadt herum, aber dass man als Leser wirklich einen gescheiten Eindruck davon bekommt, kann ich nicht bestätigen. Hier wird also nicht nur mit angezogener Handbremse ge­fahren, sondern auch noch mit Tunnelblick und Scheuklappen… wäre dieser Blick dann wenigstens primär auf das sinnliche Glück der beiden Hauptperso­nen fixiert gewesen, hätte man das noch genießen können, aber das passiert ja auch nicht.

Vielleicht bin ich einfach ein zu anspruchsvoller Leser, aber meiner Überzeu­gung nach hätte die Autorin sicherlich etwas mehr Energie in die Personencha­rakterisierung und die sinnliche Ausstrahlung der Protagonisten investieren können. Es bleibt also nur zu sagen, dass das vorliegende Buch für gründliche Leser vielleicht eine Enttäuschung sein könnte. Da sollte man sich dann viel­leicht doch besser an Diana Gabaldon oder andere Autorinnen halten, die eroti­sche Romane in historischem Setting verfassen. Das hier wäre nicht meine erste Wahl, wiewohl das Werk ganz passabel ist.

© 2017 by Uwe Lammers

Autsch, könnt ihr natürlich nun sagen, hat der Uwe nicht mal erzählt, er rezen­siert aus Prinzip nur Romane, die er selbst gern gelesen hat? Jein, das wäre so nicht ganz präzise. Ich rezensiere durchaus auch manchmal Romane, die deutli­che Schwächen aufweisen und publiziere diese Besprechungen. Nur die von Werken, die ich für ganz und gar unangenehm halte, werden ihren Weg nicht hierher in den Blog finden. Ihr braucht also nicht zu erwarten, dass ich euch mit den Rezensionen zu Vina Jackson nerve… die veröffentliche ich anderswo.

In der kommenden Woche geht es dann in eine völlig andere Richtung, ein paar Jahrzehnte Richtung Zukunft, ein paar hundert Kilometer weiter ostwärts. Auf nach Afghanistan und zu jemandem, der wirklich packend zu schreiben ver­mochte (und sich leider dummerweise frühzeitig selbst aus dieser Welt schoss, sniff). Wer das war und was für ein Werk ich besprechen möchte? Dazu erfahrt ihr Näheres nächste Woche an diesem Ort.

Ich freue mich auf euren Besuch!

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Ergänzung vom Oktober 2018: Diese Info ist inzwischen veraltet, der Roman aber noch nicht gelesen.

Liebe Freunde des OSM,

als ich vor acht Wochen das letzte Mal von meiner kreativen Biografie berichte­te, verließ ich euch mit Ablauf des Monats August 2015. Meine Mutter war we­nige Monate zuvor verstorben, das Jobcenter saß mir im Nacken, eine reguläre berufliche Tätigkeit nach wie vor nicht in Sicht. Die Komplikationen im Nach­gang mit dem familiären Todesfall dauerten an und führten während der Räu­mung unseres elterlichen Haushaltes unter anderem dazu, dass ich einen er­heblichen Teil meiner Romansammlung an ein norddeutsches Antiquariat ver­schenken musste.

Warum? Weil ich daheim in Braunschweig für die Romanberge, die sich auf dem elterlichen Dachboden in Gifhorn befanden, nun wirklich keinen Raum mehr besaß. Und die Alternative, die mir meine Geschwister suggerierten, war noch weniger angenehmer. Sie lautete: Altpapiercontainer! Ernsthaft.

Ich dachte allerdings völlig betäubt: Ehe ich mehr als 3000 Heftromane und mehrere hundert Bücher, die ich über Jahrzehnte mühsam gesammelt habe, wie alte Zeitungen entsorge, dann gebe ich sie lieber dorthin, wo man ihren Wert erkennt.

Ihr könnt euch vorstellen, dass ich in dieser Stimmung mehr denn je zuvor Ab­lenkung brauchte. Und wie üblich fand ich sie im Schreiben, das mich gründlich auf andere Gedanken brachte.

Im September 2015 entstanden 29 abgeschlossene Werke, mehrheitlich Blogar­tikel, außerdem ein Lesungsskript, da ich am 2. Oktober eine Lesung im Braun­schweiger Lokal „Lord Helmchen“ vorbereitete. Das E-Book „Welt der Wunder“ entstand, weiter zahlreiche kommentierte OSM-Episodenabschriften der KON­FLIKTE 14 („Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“) und 12 („Oki Stanwer – Be­zwinger des Chaos“). Ich arbeitete an der Abschrift längerer nicht-digitaler Wer­ke wie etwa dem Roman „Justine und Maximilian“, und einige Archipel-Werke konnten in diesem Monat ebenfalls wachsen. Darunter befanden sich Geschich­ten wie „Die Suyenka“ und „ Brigitta“.

Auch begann ich mit den Vorbereitungen für eine ganze Kaskade weiterer E-Books… damit sollte ich vermutlich heutzutage mal wieder anfangen, um für 2019 meine E-Book-Produktion in Schwung zu bringen.

Gegen Ende des Monats kam dann ein exotisches Schriftstück hinzu – ich schrieb einen kleinen Reisebericht über die Reise zum Bundesarchiv Berlin in Berlin-Lichterfelde. Das war quasi schon Teil meiner Beschäftigung, die im Okto­ber dann formell mit unterzeichnetem Vertrag beginnen und mein Leben für die nächsten gut zwei Jahre bestimmen sollte.

Was das war? Das Biofakte-Projekt.

Ich deute es nur mal kurz an dieser Stelle an, weil es wesentlichen Einfluss auf meinen Schreib-Output in den nächsten zwei Jahren haben sollte: Biofakt ist eine Wortschöpfung von Frau Professor Dr. Nicole Karafyllis, sowohl einer ge­lernten Biologin wie Philosophin, die mit Schwerpunkt auf Technikphilosophie lehrt und forscht.

Ein Biofakt kennt jeder von uns, auch wenn der Begriff nicht unbedingt geläufig ist. Biofakte sind üblicherweise Pflanzen, die durch menschliches Zutun wesent­lich technisiert und geformt worden sind. Und da müsst ihr euch jetzt keine Cy­borgs vorstellen, sondern braucht schlicht nur ans Frühstücksbrot zu denken.

Wie das?

Na ja, kurz gesagt sind Biofakte all jene pflanzlichen Organismen, die Menschen im Laufe einer vieltausendjährigen Domestizierungsgeschichte zu Hochleis­tungssorten veredelt haben. Getreide steht da ebenso wie Kartoffeln ganz vor­ne in der Kette. Das sind alles nicht mehr die Pflanzen, die man in der freien Wildbahn vorfände. Moderne Hochleistungssorten, etwa Weizen, sind zwin­gend auf menschliche Nachbearbeitung angewiesen, um ihre Körner von den Halmen zu lösen und sich wieder aussäen zu können. Auf sich gestellt würden sie unweigerlich degenerieren und sich zurückentwickeln oder ganz eingehen.

Das Biofakte-Projekt beschäftigte sich nun mit dieser Art von Pflanzen, und wir in Braunschweig kümmerten uns dabei besonders um Samenbanken für Pflan­zensamen… ein ungewöhnlicher Fokus, der gründliche Einarbeitung verlangte und mich doch ziemlich forderte. Aber es wurde äußerst spannend. Anfangs wurde ich hier nur als wissenschaftliche Hilfskraft mit wenigen Stunden einge­plant. Dass daraus Anfang 2016 eine Vollzeitstelle werden würde, konnte nie­mand von uns ahnen.

Infolgedessen kann es nicht verblüffen, dass ich im Oktober 2015 wiederum auf 30 fertige Werke kam. Neben zahlreichen Blogartikeln konnte ich hier auch zwei E-Book-Skripte fertigstellen – einmal „Das Sternenreich des Windes“, zum an­deren den fünften Band der Annalen, „Jaleenas zweites Leben“.

Ansonsten schrieb ich mehr oder minder intensiv weiter an KONFLIKT 2 („Oki Stanwer und das Terrorimperium“) und an „Der Zathuray-Konflikt“, an dem Hin­tergrundtext „Das Rätsel von Garos“.1

Ebenfalls in diesen Monat fiel, wegen meiner starken Publikations-Offensive bei meinem dritten E-Book-Distributor XinXii.com, ein Interview, das die Verant­wortlichen dort mit mir führten.

Auch schrieb ich in Maßen weiter am Erotic Empire-Roman „Die Kolonie Saigon II“ und kümmerte mich um eine Reihe von Gedichtabschriften, die lange fällig waren.

Der November 2015 endete mit 23 fertigen kreativen Werke. Unter denen, die ich nicht fertigstellen konnte, befand sich inzwischen auch wieder „DER CLOG­GATH-KONFLIKT“… ihr wisst schon, das „Flaggschiff“. Die Fertigstellung der Digi­talisierung sollte ja bis Anfang 2019 noch dauern. Wenn ich gelegentlich die Floskel einstreue, dass manche Projekte bei mir länger dauern, ist das, wie ihr allein hieran erkennen könnt, nicht nur Kokettieren, sondern absolute Realität.

Ebenfalls weiterarbeiten konnte ich an KONFLIKT 18 („Kampf gegen TOTAMS Dämonen und Schergen“), deren Digitalisat inzwischen Band 71 erreicht hatte. Ich kümmerte mich um „Besuch in der Heimat“, „Ein Alptraum namens Kolo­ron“ und „BdC 1: Im Feuerglanz der Grünen Galaxis“. Letzteres war zwar schon als E-Book-Projekt annonciert, aber noch völlig utopisch in seinen Dimensionen veranschlagt (15 Episoden in diesem ersten Band… absurd. Heute sind wir, wie inzwischen hoffentlich bekannt sein wird, bei 3 Episoden pro Band angekom­men. Das ist schon mehr als genug Lesestoff auf einmal).

Mit „Gelüftete Schleier“ wurde ein weiteres E-Book-Skript fertig. Ebenfalls in diesen Monat fiel die Teilung von „Annalen 5“ und die Lösung des Titelbild-Pro­blems. Es passte mir nicht, dass es zwei Bände werden sollten, aber mir wurde das mit dem Argument der Herstellungskosten plausibel gemacht. Also kein Fall von „Geldschneiderei“ meinerseits, großes Ehrenwort!

Ebenfalls im November kam der Archipel annähernd gleichberechtigt zu Wort. Jedenfalls könnte man das glauben, wenn man sich meine handschriftlichen Einträge dieses Monats anschaut. Ich schrieb an einer ganzen Reihe Geschich­ten weiter: „Die Rollenspielerin“, „Sarittas Hilflosigkeit“, „Die Proviantinsel“, „Chantals Abstieg“ und „Falsche Voraussetzungen“.

Doch der erste Blick trügt. Korrekt müsste ich sagen: diese Werke formatierte ich neu und druckte die z. T. jahrealten Fragmente neu aus, wobei ich sie stilis­tisch nachfeilte und die eine oder andere Szene ausbaute. Wirklich sehr viel Neues gab es hieran nicht ernsthaft zu entdecken.

Bis Ende November 2015 war ich insgesamt auf 290 fertige Werke für dieses Jahr gekommen, und ich fand das durchaus sehr zufriedenstellend. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht wirklich, wie sich die nahe Zukunft entwickeln würde – das sollte nicht nur mich überrumpeln, sondern auch ein paar andere Menschen in meinem direkten Umfeld.

Dazu sage ich mehr beim nächsten Teil dieser Rubrik.

Bis nächste Woche, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Wer inzwischen das E-Book „DER CLOGGATH-KONFLIKT 1: Vorbeben“ (veröffentlicht im Dezember 2018) ge­lesen haben sollte, wird bei dieser Erwähnung vermutlich einigermaßen elektrisiert sein. Und ja, es handelt sich exakt um dieses schottische Dorf Garos, das Dorf der Toten, das ich hier analytisch etwas genauer zu verstehen suchte… aber der Text wurde damals nicht fertig, sondern nur weiter geschrieben.

Rezensions-Blog 206: Sabotage

Posted März 6th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

als Clive Cussler für eine Weile genug hatte von den Helden der NUMA, da kochte er sich aus seinem historischen Interesse für Oldtimer und seinem Faible für Agentenabenteuer einen neuen Cocktail zusammen und sprang munter für einen Oneshot in den Anfang des 20. Jahrhunderts. In eine Zeit, in der die Tech­nik noch relativ archaisch war, aber mittels erstaunlicher technischer Neuerun­gen doch schon an der Schwelle zur Moderne stand. Politisch war es eine Zeit der Radikalisierung, der immer noch krassen Schichtengegensätze. Eine Zeit der Attentäter, der Privatdetektive und der korrupten Polizei.

Als neuen Typus des Helden erschuf er Isaac Bell, einen vermögenden Bankiers­spross, der sich entgegen den gesellschaftlichen Erwartungen hemdsärmelig und kampfstark sowie extrem technophil der Van Dorn-Detektei anschloss und hier Ermittler wurde. So entstand der Roman „Höllenjagd“.1

Ganz offensichtlich wurde dieser Roman solch ein Überraschungserfolg – man kennt das aus dem modernen Kino etwa von den Marvel-Filmen „Ant-Man“ oder „Guardians of the Galaxy“, sodass Cussler sich dafür entschied, diese Per­son nicht einfach wieder in der Versenkung verschwinden zu lassen. Stattdessen gewann er mit Justin Scott einen versierten Coautor, der Bell in einem weiteren Abenteuer auf die moderne Kriminalität des frühen 20. Jahrhunderts in Nordamerika losließ.

Diesmal geht es um die nordamerikanischen Eisenbahnen und ein Phantom, das Chaos und Verderben sät und sich chamäleongleich jeder Verfolgung ent­zieht. Vorhang auf für den heutigen Roman:

Sabotage

(OT: The Wrecker)

Von Clive Cussler & Justin Scott

Blanvalet 37684

608 Seiten, TB, 2012

Übersetzt von Michael Kubiak

ISBN 978-3-442-37684-1

Man schreibt den Herbst des Jahres 1907 in den Cascade Ranges, Oregon, als das Herzstück des großen Eisenbahnimperiums der Southern Pacific Railroad Company des herrischen Osgood Hennessy fertig gestellt werden soll: der Cas­cade Cutoff, ein Tunnel mit anschließender Brückenkonstruktion. Beides zusam­men soll den Bahnverkehr von einer Seite des nordamerikanischen Kontinents zur anderen auf spektakuläre Weise verkürzen und Hennessy zum unangefoch­tenen Herrscher über die Bahnlinien Nordamerikas machen.

Es gibt dabei nur ein Problem: er hat einen Gegner, den er nicht einkalkuliert hat. Das ist nicht das wilde, stürmische und oftmals schwer berechenbare Wet­ter, es sind auch nicht Rivalen anderer Eisenbahnlinien oder knauserige Banki­ers der Wall Street.

Nein, dieser Feind kommt gewissermaßen aus dem Nichts, und er scheint mit allen Wassern gewaschen zu sein – er wird „der Zerstörer“ genannt und ist schlichtweg ein Phantom.

Sein erster Anschlag wirft die Tunnelarbeiten um Wochen zurück. Daraufhin te­legrafiert Hennessy Joe Van Dorn, dem Leiter des Van Dorn-Detektivbüros. Van Dorn soll weitere Sabotageakte unterbinden helfen, und er bringt sogleich sei­nen besten Mann mit – Isaac Bell.

Bell hat neben seiner Loyalität für die Van Dorn Agentur noch einen anderen Grund, warum er diesen Auftrag gern annehmen will. Bei der Explosion, die den Tunnel zum Einsturz brachte, ist ein einstiger Van Dorn-Agent namens Aloysius „Wish“ Clarke umgekommen, den er sehr schätzte. Bald stellt sich heraus, dass er, obgleich er mit einer gezogenen Schusswaffe armiert war, von vorn ersto­chen worden ist. Mithin ist das kaltblütiger Mord gewesen. Und Bell gibt diese Todesart Rätsel auf. Er weiß, dass Wish extrem schnell mit der Waffe war. Aber nicht schnell genug für ein Messer? Äußerst eigentümlich – und gefährlich.

Zudem bekommt Bell Schwierigkeiten mit der schönen, jungen Tochter Lillian des Eisenbahnmagnaten, die es sich in den Kopf setzt, ihn unbedingt verführen zu wollen. Die Vorstellung, dass er schon verlobt ist, scheint die attraktive Lillian eher noch zu befeuern. Dabei kann Isaac Bell das nun gar nicht gebrauchen. Er bemüht sich darum, Lillians Hoffnungen nicht zu bestärken und sich lieber um die eigentliche Hauptaufgabe zu konzentrieren.

Wer mag der „Zerstörer“ sein? Tatsächlich ein politischer Radikaler, wie es bei­spielsweise Osgood Hennessy gern zu glauben bereit ist? Es gibt keinen Mangel an radikalen Sozialisten zu dieser Zeit in Nordamerika, und gerade die reichen Eisenbahntycoone und ihre ausbeuterischen Methoden sind geeigneter Nähr­boden für unzufriedene Elemente. Dass auch immer wieder tote Anarchisten mit Bekennerschreiben bei Unglücksstellen gefunden werden, scheint die Theo­rie zu erhärten.

Isaac Bell ist das alles zu glatt. Aber er kann den Finger noch nicht auf die Punk­te legen, die ihm zu elegant und unwahrscheinlich zugleich erscheinen. Er lässt die Sicherheitsvorkehrungen am Cutoff verstärken und kehrt dann zu seiner Verlobten Marion Morgan nach San Francisco zurück.

Hier wird er von einer Schlagzeile wie ein Hieb getroffen: der Zerstörer hat rund 500 Meilen vom Cutoff entfernt ganz offensichtlich einen Personenzug entglei­sen lassen, wenigstens zwanzig Menschen sind dabei umgekommen. So macht sich Bell kurzerhand wieder auf den Weg und verfolgt die neue Fährte. Auch hier wird ein toter Radikaler mit einem Bekennerschreiben gefunden, aber dies­mal sieht es noch unrealistischer aus als beim Cutoff. Denn das Instrument, das den Zug entgleisen ließ, ist ein raffiniert in den Schienenstrang integrierter hal­ber Schiffsanker gewesen, der noch erhalten ist.

Isaac Bell beginnt zu verstehen, dass sein Feind höchst raffiniert ist, verschla­gen, grausam und äußerst schwer berechenbar. Außerdem ist er unglaublich flexibel, ein Mann ohne Gesicht, aber offenkundig ausgestattet mit einer gro­ßen Zahl willfähriger Helfer. Und er besitzt auch keinerlei Skrupel, die Helfers­helfer eigenhändig anschließend umzubringen, wenn sie ihre Aufgabe erfüllt haben.

Das pathologische Hauptanliegen des Zerstörers scheint es zu sein, die Southern Pacific Railroad Company zu ruinieren. Wenn er den Cutoff final sabo­tieren oder Hennessy sonst wie einen verheerenden Schlag zufügen kann, der das Vertrauen der Banken in seine Unternehmungen nachhaltig erschüttert, ist Hennessy offensichtlich am Ende.

Nur… ist dies alles tatsächlich das Ziel des Zerstörers? Oder verfolgt er jenseits seiner zahlreichen brutalen Attentate noch ein übergeordnetes Ziel, das noch nicht einmal in Sichtweite ist?

Sehr schnell wird in dem monatelangen Rennen gegen die fortwährenden Sabo­tageakte ein immer deutlicheres Muster erkennbar, und schließlich gelingt es Bell, einen verheerenden Anschlag des Zerstörers zu vereiteln und ihn nach und nach in die Direktkonfrontation zu treiben.

Dennoch dauert es nervenaufreibend lange, bis endlich der Feind ein Gesicht bekommt, das man auch zweifelsfrei zuordnen kann. Und der Schrecken be­kommt eine Kontur, die selbst Isaac Bell für unmöglich gehalten hat und die ihm letztlich alles abverlangen wird, um der eigenen Vernichtung zu entgehen und vor allen Dingen das Schicksal Amerikas zu retten…

Eigentlich war wohl der erste Isaac Bell-Roman „Höllenjagd“ als Einzelband an­gelegt. Dafür sprach sowohl, dass Clive Cussler ihn vermutlich alleine geschrie­ben hat (es wird jedenfalls kein Coautor genannt), zweitens aber die Erzähl­struktur. Denn entgegen den sonstigen Cussler-Romanen, die stets einen „histo­rischen“ Vorlauf besitzen oder sogar deren mehrere, verhielt es sich bei „Höl­lenjagd“ so, dass quasi der „Nachspann“ den Beginn der Geschichte bildete, und zwar Jahrzehnte nach dem eigentlichen Handlungsstrang. Damit stand na­türlich von Anfang an fest, dass Bell den Roman würde überleben müssen. Und da „Sabotage“ dem Prolog von „Höllenjagd“ klar vorgelagert ist, ist ebenfalls deutlich, dass der Hauptheld alle Konfrontationen der Geschichte überleben muss. Wir befinden uns hier ja nicht in meinem Oki Stanwer Mythos.

Dramaturgisch ist diese Erzählform, die uns in diesem Roman wieder begegnet, also ein Handicap (der Prolog von „Sabotage“ spielt im Winter 1934 in Gar­misch-Partenkirchen, aber es wird an dieser Stelle nicht verraten, warum oder weshalb, das sollte man selbst nachlesen). Dieses Handicap wird aber durch das Einführen weiterer Personen abgemildert.

So bekommt der Leser beispielsweise eine ganze Reihe äußerst sympathischer Van Dorn-Agenten zu Gesicht, von denen einige auf üble Weise ums Leben kommen (auch hier sei nicht verraten, wer, wann oder unter welchen Umstän­den). Außerdem haben wir Osgood Hennessys bildhübsche Tochter Lillian, die von dem Senator Charles Kincaid erfolglos umschwärmt wird, den dubiosen Klatschreporter Preston Whiteway und zahlreiche weitere Personen, die einen zunehmenden personellen Nebel um die ohnehin vernebelte Gestalt des Zer­störers ziehen.

Je weiter der Roman sich entwickelt, desto mehr hat der Leser das Gefühl, ei­nem komplexen Schachspiel zu folgen, dessen Züge tödlich sind und das zuneh­mend auf Eisenbahnschienen ausgetragen wird, wobei der Gegner nicht be­kannt ist. Selbst als später ein Fahndungsbild möglich wird, wird das kriminelle Genie nicht gefasst. Immer wieder machen Bell und seine Mitarbeiter vielmehr die beunruhigende Entdeckung, dass ihnen der Zerstörer weit voraus ist. Und dass er offensichtlich das Medium, das er zu zerstören trachtet, die Eisenbahn, als Vehikel der eigenen fluiden Bewegung verwendet.

Der Leser bekommt zwar erheblich früher als der Detektiv mit, wer der Sabo­teur ist und vor allen Dingen, wer seine Helfershelfer sind… aber Isaac Bell tappt noch eine ganze Weile im Dunkeln, was ihn fast das Leben kostet. Und das ist dann wirklich ziemlich nervenzermürbend für den Leser, zumal dann, wenn Bell direkt im Gespräch mit dem Feind steht, ohne ihn zu erkennen…

Alles in allem ein äußerst packender Roman, der die Welt der Eisenbahnen von 1907 auf beeindruckende Weise belebt. Justin Scott hat hier ein wirklich gelun­genes Debüt hingelegt, das mit breitem historischem Fachwissen des Jahre 1907 punkten kann und den großen Reiz des Romans ausmacht. Er ist dennoch definitiv nicht nur etwas für Eisenbahnfans oder Nostalgiker, sondern für Leute, die spannende Unterhaltung mögen (auch wenn natürlich Eisenbahnnostalgie diese Lektüre noch deutlich verstärken wird, davon bin ich überzeugt). Ich bin schon sehr gespannt auf die wenigstens drei weiteren Romane dieser Reihe, die z. T. noch nicht mal übersetzt sind.2

© 2013 by Uwe Lammers

Ich muss gestehen, das ist eine wirklich äußerst rasante Geschichte, aus der man eigentlich nicht mehr auftauchen kann, wenn man erst mal drinsteckt. So­wohl die Frühzeit des 20. Jahrhunderts, die mir als Historiker durchaus vertraut ist, als auch die packende Verfolgungsjagd, die sich Bell mit seinen Gefährten und der kriminellen Gegenseite liefert, wusste sehr zu gefallen. Da ich inzwi­schen schon mehr dieser Romansubreihe gelesen habe, ist sie wirklich zu emp­fehlen. Eine schöne Abwechslung von den maritimen Abenteuern Dirk Pitts und Kurt Austins, die doch bisweilen ein wenig bemüht wirken. Hier ist davon bis­lang noch nichts zu spüren, und ich hoffe, das bleibt noch eine ganze Weile lang so.

Im nächsten Artikel des Rezensions-Blogs bleiben wir, könnte man fast sagen, beinahe in derselben Zeit. Genauer gesagt geht es noch etwas zurück auf der Zeitskala ins Jahr 1889, aber diesmal mittels einer magischen Zeitreise. Viel­leicht solltet ihr das nicht versäumen, Freunde.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. dazu den Rezensions-Blog 186 vom 17. Oktober 2018.

2 Nachtrag vom Oktober 2018: Diese Info ist natürlich heutzutage längst überholt. Es gibt wenigstens ein Dut­zend Bell-Romane, da sie sich offenkundig als höchst verkaufskräftig erwiesen haben.

Liebe Freunde des OSM,

ja, was sind wohl „Assimilari“? Wo mögen die vorkommen, wie sehen sie aus, was genau sollen das für Wesen sein? Wenn ich euch heute, wo ich diese Zeilen schreibe (28. November 2018) erzähle, dass ich sie erst seit gestern kenne, dann solltet ihr das wortwörtlich nehmen. Vor gestern früh existierte das Wort „Assimilari“ in meinem Wortschatz noch nicht. Und das ist umso verblüffender, als ich das Wesen, um das es konkret geht, schon seit dem Herbst des Jahres 1984 kenne. Es hatte nur nie einen Namen und auch keine wirklich logische Verankerung in der Handlung des KONFLIKTS 13 „Oki Stanwer Horror“ gehabt.

Das sollte sich jetzt alles ändern, und zwar schlagartig und drastisch.

Wie genau kam das?

Machen wir eine kurze Zeitreise, nur über den Abgrund von 35 Realjahren, also etwas mehr als mein halbes Leben: Wir befinden uns im KONFLIKT 13, auf der Erde im Frühjahr 2124. Der CLOGGATH-KONFLIKT (CK) hat begonnen, weite Tei­le der Welt liegen schon in Schutt und Asche, und noch schlimmeres Chaos droht.

Zu diesem Zeitpunkt hat ein distinguierter Mann im altmodischen schwarzen Anzug seinen Auftritt und besucht ein Fotostudio im Londoner Stadtteil Mayfair. In der OSM-Episode „Der Glusem-Clan“, OSM-Band 275 (!), wird er noch als je­mand mit einem Spitzbart beschrieben. Das wurde später dann auf einen Schnurrbart reduziert, als ich in den 90er Jahren im Rahmen der Romanumar­beitung der Serie („DER CLOGGATH-KONFLIKT“) dazu überging, diese Szene neu zu strukturieren.

Aber wiewohl dieser „Bote“, wie er genannt wird, nur für einen relativ kurzen Gastauftritt die Bühne der Handlung betritt – in der Serie für zwei Episoden, im BUCH dann für ein Kapitel – , war ich auch bei Beendigung des CK-Kapitels 26 „Doucester“ nicht wirklich klüger.

Ich dachte mir: Verdammt, und der Bote hat immer noch keinen Namen. Wo kommt der eigentlich her?

Es mussten fünfzehn Jahre vergehen, ehe mir schlagartig etwas aufging und die Angelegenheit plausibler wurde. Wie ihr wisst, habe ich im Spätsommer und Herbst 2018 das erste CK-E-Book „DER CLOGGATH-KONFLIKT 1: Vorbeben“ ge­schrieben, was bis heute hoffentlich publiziert sein wird (es gibt da seltsame formattechnische Probleme, die uns behindern, und ich kann aktuell nicht be­haupten, sie zu verstehen).

Als ich mit diesem ersten CK-Buch fertig war, das im Jahre 2113 mit Oki Stan­wers Erscheinen auf der Erde formell beginnt und bis zum Frühjahr 2114 geht, war mir klar, dass anschließend ein zeitlicher kleiner Hiatus bis zum zweiten Ro­man zu überbrücken sein würde.

Im zweiten CK-Buch „Monstererwachen“ geht die Handlung los mit Oki Stan­wers Urlaub in Frankreich. Und ich konstatierte, dass er zuvor wohl einen an­strengenden Einsatz gehabt haben musste (über den ich aber weder in der Serie noch im CK bislang geredet hatte).

Das war der Moment, wo mir die Idee kam, eben jenen Einsatz zu schildern. Er findet im März des Jahres 2117 statt, und recht flink wusste ich auch, wo: an der Ostküste Englands. Genauer – auf einer fiktiven Insel in einer großen Bucht dort, die man „The Wash“ nennt.

Witzig genug: im KONFLIKT 18 „Kampf gegen TOTAMS Dämonen und Schergen“, der 25 Milliarden Handlungsjahre später spielt, hatte ich ebendort eine Insel namens Church Island erfunden und recht umfassend beschrieben. Und sehr schnell wurde mir klar, dass Church Island und die ebenfalls fiktive kleine Küs­tenstadt am Ufer von The Wash, Westcott, der Dreh- und Angelpunkt der Story werden würde.

Ein Titel tauchte schlagartig aus dem Nichts auf: „Das Geheimnis von Church Is­land“.

Dann spannte ich einen Handlungsfaden von einem der frühen Prologe des CK 1-E-Books bis hierher und stellte eine Gattung von Dämonenwesen ins Zen­trum, die üblicherweise übel beleumundet sind. Das hat nicht nur mit ihrem sprichwörtlichen Gestank zu tun, sondern auch mit ihrer allgemeinen Lebens­weise. Es handelt sich um Ghouls, kaltblütige, schleimige und unmenschliche Kreaturen, die üblicherweise in Tunnelsystemen unterhalb von menschlichen Friedhöfen leben und Leichen fressen. Der ihnen zugeordnete Dämon heißt Yokohr. Er soll diese vermeintlich orientierungslosen, egozentrischen und duck­mäuserischen Kreaturen kontrollieren.

Der Leser mag anfangs glauben, das geschehe allein aus strategischen Gründen, weil halt jedem Dämon bestimmte Dienerwesen zugeordnet sind. Aber so ein­fach ist das mit den Ghouls nicht. Während ich über der Struktur der oben ge­nannten Church Island-Geschichte grübelte, stellte ich zu meiner nicht geringen Verblüffung fest, dass ich sowohl im CK als auch schon in der OSH-Serie bereits einiges über die Ghouls ausgesagt hatte, das den Anschein erweckte, sie seien deutlich mehr als tumbe Aasfresser. Und das stimmte auch.

Als sie im Herbst 2123 in London in ihrem unterirdischen Labyrinth unter dem dortigen Henkershügel nahe der Themse Thor Gordenbeyl gefangen halten, ei­nen der Helfer des Lichts, erzählen sie ihm eine Legende über ein gottähnliches Wesen, das sie vor Urzeiten ausgeschwitzt haben soll.

Glusem.

Und während bald darauf die Auseinandersetzung mit den Glusem-Dienern und den Ghouls im schottischen Doucester stattfindet, wird man als Leser gewahr, wie erstaunlich komplex doch die Ghoul-Gesellschaft zu sein scheint. Ausge­wählte Individuen beherrschen in Maßen die Telepathie. Die Ghoul-Kolonien stehen miteinander in Verbindung. Sie haben so etwas wie Ältestenräte, so et­was wie Brutgruben.

Das Verhalten der Ghouls ist also durchaus sehr verschieden und kann nicht summarisch über einen Kamm geschoren werden. Sehr schön, dachte ich mir, der ich inzwischen solche stereotypen Darstellungen ganzer Völker – im OSM früher gang und gäbe, ehrlich – als zu plump und primitiv ablehne.

Aber irgendwie spürte ich, dass die Story um Church Island noch nicht richtig funktionierte. Es fehlten noch wesentliche Bestandteile. Okay, dachte ich, als ich den Anfang schrieb, Thor kommt nach Westcott, er hat auch einen Grund dafür. Aber wie geht es weiter?

Da kam mir der rätselhafte namenlose Bote der Spätzeit ins Gedächtnis, und es ereignete sich eine Art von kleiner kreativer Explosion.

Später, sinnierte ich, war dieser Bote ein Glusem-Diener. Aber was war er vor­her? Einfach nur ein Mensch? Das hörte sich irgendwie… simpel an. Falsch, um exakt zu sein.

Ich sinnierte darüber, und dann begann ich gestern früh munter loszuschreiben. Zeitpunkt der Handlung: Frühjahr 2117. Ort: Chichester. Genauer: ein altes, ge­heimes Gewölbe unterhalb von Chichester. Rings um einen Tisch in diesem Raum versammeln sich sechs Männer in schwarzen Anzügen und fahler Haut. Einer davon heißt Shuroshh – und da hatte ich den Namen, den ich seit 35 Jah­ren nicht kannte.

Shuroshh ist der Bote.

Ihr merkt schon am Namen – ein Mensch kann das nicht sein. Nein, ist er auch nicht. Dieses Wesen ist ein so genannter Assimilari.

Assimilari, begriff ich, während ich aus dem Stand die nächsten sieben Seiten ausarbeitete und ein immer genaueres Bild dessen bekam, was da WIRKLICH im CK-Kapitel 26 später passieren würde und was sich jetzt als Handlungshinter­grund für die Church Island-Geschichte herauskristallisierte, sind im streng bio­logischen Sinne Ghouls.

Na ja, dachte ich, aber sie sehen nicht aus wie sie. Keine schleimige Haut, keine Maulwurfskrallen, keine Reißerzähne, mit denen sie Knochen zerbeißen kön­nen… also so überhaupt nicht wie Ghouls. Wie sind sie so geworden, wie sie sind? Normal sehen sie ja nicht gerade aus, mit dem weißen Haar und dem albi­nohaften Teint und den wässrigblauen Augen. Eher wie ein klassisches Zwi­schendrin zwischen Mensch und Ghoul, und das kommt der Wahrheit schon sehr nahe. Es sind tatsächlich Hybride.

Jetzt wurde es monströs, und ich glaube, manche von meinen Lesern werden das Folgende als ziemliche Zumutung verstehen. Es erwies sich aber also abso­lut zwingend und phantastisch plausibel:

Die Evolution der Ghouls im Oki Stanwer Mythos, speziell im KONFLIKT 13, be­ginnt mit der Dämonenwaffe Glusem in grauer Vorzeit auf der Erde. Glusem er­schafft hier frühe Dienerkreaturen, die sich anschließend über zahllose Jahrtau­sende völlig von ihm abnabeln (müssen). Von diesem Moment an schlagen sie evo­lutionär mehrere Pfade ein.

Es gibt einmal die Linie, die man die „klassischen Ghouls“ nennen kann. Wesen mit schleimiger, halbtransparenter Haut, Mörderzahnreihen und einem grausi­gen Heißhunger auf kaltes Menschenfleisch, das sie auf den Friedhöfen vorfin­den. Diese Ghouls neigen dazu, duckmäuserisch zu sein und sich aus allen Kämpfen zwischen Dämonen und Dämonenjägern tunlichst herauszuhalten. Funktioniert nur bedingt gut.

Es gibt weiterhin eine Fraktion, die der ersten sehr ähnlich ist, die sich aber dem Dämon Yokohr von TOTAM anvertraut und unter seinem Schutz steht.

Eine dritte Gruppe sind die Assimilari. Man kann sie sich ein wenig vorstellen wie säkulare Juden im 19. und 20. Jahrhundert – eine zwar durchaus qua Ge­burt elitäre Gruppe von Wesen, die aber ihre ethnischen Eigenheiten weitge­hend ablegt, um sich in die normale Umgebungsgesellschaft einzugliedern, eben zu „assimilieren“, daher ihr Name.

Wie man es als Ghoul schaffen will, sich in die Gesellschaft zu assimilieren? Das klingt doch auf den ersten Blick wenig Erfolg versprechend? Das stimmt. Aber die Assimilari schaffen es dennoch. Irgendwann in der Frühzeit ihrer Entwick­lung entschließen sie sich nämlich dazu, menschliche Frauen nicht kurzerhand zu ermorden und zu fressen, sondern sie vielmehr als Gefangene zu halten und zu schwängern. Anfangs zweifellos eine scheußliche Zwangsmaßnahme, viel­leicht gar eine evolutionäre Entartung, aber im Laufe von Jahrtausenden entwi­ckeln die frühen Assimilari immer mehr Eigenschaften, die sie menschenähnlich machen.

Ihnen wachsen Haare. Ihre Haut verliert ihren schleimigen Charakter (wenn auch nicht die fahle Farbe und die Kälte). Und sie sind unter großen Mühen zu so etwas wie menschlicher, sexueller Fortpflanzung imstande. Das ermöglicht es ihnen, Teil der menschlichen Gesellschaft zu werden und sich hier im Rahmen von Krankenhausdiensten, dem Betrieb von Beerdigungsinstituten, Schlacht­häusern usw. auf relativ unkomplizierte Weise Nahrung zu beschaffen.

Dennoch werden die Assimilari natürlich von den „klassischen“ Ghouls als Per­versionen betrachtet, abstoßende Hybride, die sich mit dem „Nutzvieh“, also der Menschheit, gemein machen. Und deshalb bleiben die Assimilari im Unter­grund und verbergen sich vor den Blicken der Dämonen wie ihrer nicht mutier­ten Artgenossen. Allerdings sind sie so vermenschlicht, dass sie kühle Schlösser und Kellerwohnungen sowie menschliche Betten bevorzugen, in denen sie ja auch ihre durchweg menschlichen Frauen unterbringen und die gemeinsame Nachkommenschaft.

Im März 2117 nun, als die Story „Das Geheimnis von Church Island“ beginnt, tritt eine vierte Gruppe von Ghouls ans Tageslicht. Und sie ist fähig, den ohne­hin sehr fragilen Schwebezustand zwischen Menschen und Ghouls zu zerstören. Denn diese Ghouls der vierten Gruppe sind sehr viel aggressiver als alle ande­ren. Während die traditionellen Ghouls beider Fraktionen sich tunlichst mit Ak­tionen zurückhalten und die Assimilari aus reinem Selbstschutz im Schatten bleiben, sind diese Angehörigen der letzten Fraktion Revoluzzer. Krieger-Ghouls, die von allen anderen für vollkommen entartet gehalten werden… nicht nur wegen ihrer religiösen Fixierung, über die ich hier nichts sagen möchte, um der Geschichtenhandlung nicht vorzugreifen, sondern erst recht wegen ihrer Ag­gressivität und Ernährungsweise.

Ja, die Ernährungsweise, das ist wohl das Perverseste.

Normale“ Ghouls laben sich am Fleisch der Toten in ihren Särgen.

Die Assimilari tun das auch, aber sie sind auch durchaus willens, andere Kada­ver etwa aus Tierverwertungsanstalten oder Schlachthäusern zu verzehren. Sie haben also nicht nur ihr Aussehen und ihre Wohneigenheiten, sondern auch ihre Ernährungsweise diversifiziert und denen der Gesellschaft, in der sie exis­tieren, recht stark angenähert.

Die vierte Gruppe, die radikalen, gewalttätigen und unglaublich aggressiven Ghouls, verzehrt sowohl Leichen… als auch lebendige Opfer. Sie sind mit Wonne Kannibalen. Und sie wollen der Menschheit den Krieg erklären. Das wächst sich zu einer existenziellen Gefahr speziell für die Assimilari aus – und führt zu einer rigiden Gegenaktion.

Die geheimnisvollen Assimilari setzen auf die Kannibalen einen Gegner an, den sie fast selbstmörderisch auf den Plan rufen – Oki Stanwer und das Stanwer-Team, das formell ihr eigener Todfeind ist! Das klingt nach schierem Selbstmord, aber dank der Fähigkeiten der Assimilari wissen diese hochintelligenten Ghouls sehr genau, was sie da tun. In gewisser Weise bekämpfen sie Feuer mit Feuer.

Wie das alles ausgeht? Das erfahrt ihr beizeiten, sobald die Geschichte fertig ist. Tatsache ist jedenfalls, dass ich auf diese Weise sehr konsequent das bisherige Rollenklischee der stumpfsinnigen Leichenfresser durchbrechen konnte und auf einmal die Mosaiksteine, die über Jahrzehnte hinweg überhaupt keinen rechten Sinn zu ergeben schienen, zu einer neuen, modernen Theorie der Ghouls zusammenge­fügt habe.

Ich sage euch, das war echt ein toller Moment, als mir das so zu Bewusstsein kam. Manche Dinge dauern bei mir wirklich viele Jahre. Aber wenn mein Geist dann erst mal auf Hochtouren surrt, kommen so faszinierende, wenn auch viel­leicht moralisch empörende Tatsachen zum Vorschein.

Von den Assimilari werdet ihr vermutlich noch mehr hören. Lasst euch da mal überraschen.

In der kommenden Woche berichte ich dann wieder aus der Rubrik „Was ist ei­gentlich der OSM“, wo ich auch schon auf Folge 60 angelangt bin! Ich glaub’s kaum…!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

willkommen diesmal erneut in der bizarren Comic-Parodiewelt des Sherlock Holmes von Veys und Barral, die in einem vierten Schlagabtausch kein Auge tro­cken lassen… Gott, was ich diesmal gekichert habe, das lässt sich kaum mehr gescheit darstellen. Ihr werdet das nachher in der Rezension deutlich spüren können. So bedauerlich es auch ist (ja, ja, Holmes-Puristen werden sich ob die­ser Tatsache dankbar den Angstschweiß von der Stirne wischen, schon klar), dass dieses Album wieder nur 52 Text-Bildseiten hat, so sehr haben es die doch dieses Mal in sich.

Wie ich ebenfalls warnend andeute, empfiehlt es sich, die Alben 3 und 4 in ge­nau dieser Erscheinungsreihenfolge zu goutieren und dabei fürs erste den witzi­gen Verlags-Fauxpas zu ignorieren, der am Ende des zweiten Bandes für jeder­mann offensichtlich werden wird.

Der Kampf der rivalisierenden Teegesellschaften geht in Runde 2, und wir tref­fen unseren wackeren Detektiv und seinen zankenden Adlatus Dr. Watson auf Ceylon (aka Sri Lanka, für die Leute, die das Ländle heute auf der Landkarte fin­den wollen) an. Und es geht gleich gnadenlos ans Eingemachte.

Wie? Nun, so:

Baker Street 4:

Sherlock Holmes und der Schatten des M1

(OT: Sherlock Holmes et l’ombre du M)

Piredda-Verlag

Von Pierre Veys & Nicolas Barral

Berlin 2010

52 Seiten, geb.

ISBN 978-3-941279-38-4

Ehe der unvoreingenommene Leser sich in das Abenteuer dieses Comicalbums stürzt und dies womöglich ohne Vorahnung tut, sei er gewarnt: das Album ist gut, aber es ist nicht ohne Vorbedingungen zu lesen. Es handelt sich nämlich, genau genommen, um den zweiten Teil eines ausführlichen Erzählstranges, der im letzten Album „Baker Street 3: Sherlock Holmes und die Kamelienmänner“ begonnen wurde2, darum ist es zweckmäßig, hier eine kurze Zusammenfassung der bisherigen Geschehnisse zu bringen, ehe der Rezensent sich in dieses Al­bum stürzt.

Wochen zuvor wurden Sherlock Holmes und sein Kompagnon und Chronist Dr. John Watson in London auf offener Straße von einer Gruppe Chinesen entführt und unter salbungsvollen Lobgesängen auf die erlesenen Qualitäten von Tee mit selbigem zwangsweise abgefüllt. Kaum zurück in der Baker Street, überfiel die beiden eine zweite Bande, diesmal Tamilen von Ceylon (heute Sri Lanka), und erneut wurden sie mit Tee zwangsweise abgefüllt, diesmal mit Ceylon-Tee. Dasselbe widerfuhr Mrs. Hudson, die sonst nur Hochprozentigem zuspricht.

Rasch kristallisierte sich heraus, dass diese Überfälle Teil einer Charme-Offensi­ve waren. Zwei rivalisierende Teeunternehmen waren dabei, in London um die Monopolstellung der Versorgung des britischen Königreichs mit Tee zu buhlen: einmal das Unternehmen Teawings, das chinesischen Tee favorisierte, zum an­deren der junge Unternehmer Thomas Clipton, dessen Onkel auf Ceylon eine Kaffeeplantage besaß, die Clipton jr. zur Teezucht umwidmen wollte. Clipton hatte noch ein anderes Problem, mit dem er zu Holmes kam: sein Onkel auf Ceylon war jüngst verstorben und hatte ihm zur Auflage gemacht, nur dann die Plantage an ihn zu vererben, wenn er es innerhalb einer bestimmten Frist bis nach Ceylon schaffte. Clipton ging mit Recht davon aus, dass Teawings das zu verhindern suchen würde, um seine Pläne zu ruinieren.

Der Zufall wollte es nun, dass Sherlock Holmes, rachsüchtig wegen der Tee-Atta­cke und sehr bereit, ihm zu helfen, Cliptons Plan unterstützte. Der Zufall wollte es ferner, dass Clipton dem Inspector Lestrade von Scotland Yard zum Täuschen ähnlich sah, und so heckte Holmes den raffinierten Plan aus, Clipton auf dem Seeweg einzuschleusen, während er selbst mit Watson, dem Clipton-Doppelgänger Lestrade, Mrs. Hudson, Lestrades Cousin Marcus Brodie3 und einem hinzustoßenden Werbefotografen den Landweg nahmen und Teawings Verfolgung auf sich zogen.

Der Plan ging auf, und wie abenteuerlich, zwerchfellerschütternd und köstlich er zu verfolgen ist, kann man im Album 3 der Reihe nachlesen. Nun, am Ende des Abenteuers jedoch waren Holmes, Watson, Clipton, Brodie, Mrs. Hudson und Lestrade (letzterer übel mitgenommen, die Gründe werden hier nicht offen ge­legt) auf Ceylon, und der Notar eröffnete ihnen nun, und damit landen wir im aktuellen Album: Damit die Erbschaft auch wirklich solide über die Bühne ge­hen kann und Thomas Clipton das Erbe seines verstorbenen Onkels antreten kann, gibt es noch eine weitere Hürde – er soll binnen 6 Wochen zurück nach London reisen, vor der Königin Victoria im Zirkus eine Clownsvorstellung absol­vieren und sie dazu bringen, ihm höchstpersönlich das Teeprivileg zu verleihen!

Das ist schon schwierig genug, fürwahr, und Holmes kollabiert darum mit gu­tem Grund auf der ersten Seite des Albums… doch leider ist das noch nicht al­les. Denn die rechte Hand von Teawings4 hat den Finsterling schlechthin einge­schaltet, damit auch ja nichts mehr schief gehen kann: Professor Moriarty, Hol­mes´ eingeschworenen Erzfeind.5

Das ist nun natürlich ein Desaster, und es ist allein einem absurden Zufall zu verdanken, dass Holmes Moriartys Gegenwart überhaupt registriert. Sodann entwickelt sich aber ein Wettlauf zwischen den beiden Rivalen, ein abenteuerli­ches Kopf-an-Kopf-Rennen, in dem ein obskures Kartenspiel, verwirrende Zu­fallsaufgaben, Provokationen gegenüber Dr. Watson, Krawatten, Parfüm, unter­irdische Geheimgänge, Elefanten, Doppelgänger und nicht zuletzt manipulierter Tee und ein Maschinengewehr tragende Rollen spielen.

Das Köstlichste an dem Comic sind wieder einmal die vielen, feinen und boshaf­ten Details. Die intime Rivalität zwischen dem „berühmten Dr. Watson“ und sei­nem „Assistenten Shlomo Hulmes“ (!), die bis zum Exzess getriebene Trottelig­keit Inspector Lestrades, der nun wirklich in so ziemlich jedes Fettnäpfchen tritt, das man sich nur denken kann… und dann noch kombiniert mit der nicht min­der grotesken Absurdität der Dialoge auf der Gegenseite zwischen Moriarty und seinem unermesslich verfressenen Diener Caine, dem schottischen Chef von Teawings und seinen vertrottelten Chinesen andererseits… also wirklich, all das ist so unbeschreiblich komisch, dass man es nicht gescheit rezensieren kann. Das muss man wirklich gelesen haben.

Interessanterweise fand der Rezensent auch einen fundamentalen Verlagsfehler heraus, den vermutlich sonst noch niemand entdeckt hat oder wenigstens nicht namhaft machte: die Titelbilder von Album 3 und 4 sind vertauscht! Zwar ist es normalerweise so, dass die Panels auf dem Albumrücken NICHT Teil des Inhalts sind, sondern gewissermaßen „Boni“ darstellen, aber das trifft auf das Titelbild von Album 3 und 4 nicht zu. Auf „Sherlock Holmes und die Kamelienmänner“ sehen wir Holmes und Watson, in einer Teekanne in eindeutig indischem Ambi­ente bei einer Paddeltour. Diese Tour findet tatsächlich statt, allerdings im vor­liegenden Album 4. Die nicht minder groteske Form des Schlagabtauschs – Hol­mes im Faustkampf gegen einen Chinesen, der ihm eine Teekanne entgegen­streckt – verweist hingegen klar auf die Handlung am Anfang des 3. Albums. Da muss man dann als kritischer Leser sagen: das ging verlagstechnisch ein wenig daneben. Aber das ist kein sonderlich bitterer Wermutstropfen. Wenn man ge­nug gekichert hat im vierten Baker Street-Album, dann vergisst man solche Klei­nigkeiten sehr gern.

Wieder einmal: klare Leseempfehlung!

© 2011 by Uwe Lammers

Okay, Freunde, ihr könnt ein wenig durchatmen, das vibrierende Zwerchfell am besten mit einer aromatischen Tasse Tee glätten und die Schnappatmung nor­malisieren. Der Kicher-Alptraum ist vorerst ausgestanden. Es sei indes eine lä­chelnde „Warnung“ ausgesprochen: es gibt noch einen fünften Band dieser Co­micreihe – ich werde dazu in vier Wochen Näheres ausführen.

In der kommenden Woche bleiben wir (fast) in derselben historischen Zeit, wechseln aber auf den amerikanischen Kontinent über und befassen uns mit Ei­senbahnbau. Außerdem lernen wir einen weiteren sehr talentierten Coautor von Clive Cussler kennen und feiern ein Wiedersehen mit dem vermögenden Detektiv Isaac Bell. Darauf könnt ihr euch echt freuen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 Das „M“ steht natürlich für Moriarty, bei dessen optischer Darstellung sich die Zeichner diesmal noch mehr an das Dracula-Vorbild gehalten haben. Was das für göttliche Konsequenzen hat, muss man selbst nachle­sen…

2 Vgl. dazu den Rezensions-Blog 201 vom 30. Januar 2019.

3 Vgl. dazu das Album „Baker Street 1: „Sherlock Holmes fürchtet sich vor gar nichts“ bzw. Rezensions-Blog 192 vom 28. November 2018. Wer übrigens bei dem Namen an Indiana Jones denken muss, tut dies mögli­cherweise zu Recht. Veys & Barral schrecken vor Genre-Anspielungen nicht zurück. Ich zitiere nur mal einen kurzen Dialog: Holmes: „Ich spüre… die Anwesenheit von etwas Bösem… ich spüre…“ Watson: „Die Macht?“ Holmes: „Was für eine Macht?“ Watson, verlegen: „Keine Ahnung, das fiel mir gerade so ein…“ Ein Schelm, wer dabei an STAR WARS denkt…

4 Amüsanterweise ist der Mann nach dem Schurken aus dem James Bond-Film „Moonraker“ gezeichnet! Der Himmel mag wissen, wie viele kesse Seitenhiebe und Anspielungen die Alben noch enthalten, die ich nicht entdeckt habe.

5 Ebd.

Liebe Freunde des OSM,

wer immer die Legende in Umlauf gebracht haben sollte, E-Book-Erstellen sei einfach oder aber gar kostenlos, der hat wirklich so überhaupt keine Ahnung von der Realität… von der Wahrheit dieser Erkenntnis war ich schon lange über­zeugt, weil sie einfach meiner eigenen Erfahrung der vergangenen gut fünfein­halb Jahre Lebenszeit entsprach. Also seit ich selbst im E-Book-Business als Self­publisher tätig bin. Ich versichere euch, Freunde, in diesem Monat November hatte ich jeden Grund, mich an diese Erkenntnis zu entsinnen.

Warum dies? Nun, weil mein mit weitem Abstand ambitioniertestes E-Book-Projekt „DER CLOGGATH-KONFLIKT 1: Vorbeben“ arge Geburtsschwierigkeiten hatte. Ich sah zwar vor, das fertige Werk Anfang Dezember 2018 ans Licht der Öffentlichkeit zu führen, aber aktuell (wir schreiben den 1. Dezember) ist noch nicht absehbar, dass daraus in diesem Jahr 2018 noch was werden wird.

Wie immer liegt die Tücke im Detail, hier in technischen Feinheiten, die ich selbst nicht beherrsche und die mir immer noch Rätsel aufgeben. Das ist wirk­lich außerordentlich frustrierend, nicht nur für mich, sondern auch für die Men­schen, die mich in meinem E-Book-Programm so tatkräftig unterstützen und es überhaupt erst möglich machen. Inzwischen haben wir aber, so hoffe ich, das Problem ausfindig gemacht, und ich bin guten Mutes, dass Anfang 2019 das Werk nun endlich erscheinen kann.

Gott, das fühlt sich an, als wenn ein Formel-I-Pilot unmittelbar in Sichtweite der Ziellinie eine Vollbremsung hinlegen muss, ohne überhaupt zu verstehen, warum sein Fahrzeug so einen Blödsinn tut… echt, so komme ich mir vor. Und es ist wirklich außerordentlich frustrierend, zu wissen, dass ich dieses schöne Werk noch nicht für euch bereitstellen kann, wiewohl ich es so gern wünsche.

So endet also der ansonsten höchst interessante Monat November und der De­zember beginnt. Aber wie ihr wisst, ist diese Rubrik der kurzfristigen Rückschau gewidmet, und so schauen wir jetzt einfach mal nach, was im Monat November so alles realisiert, begonnen bzw. weiter bearbeitet wurde. Das war einiges.

Für die Statistiker unter euch: Ich konnte 26 Werke fertigstellen, und insgesamt habe ich in meinem Kreativkalender die erstaunliche Zahl von 1.287 Kreativsei­ten für November festgehalten. Das ist glatt ein Drittel mehr als im Vormonat (853 Seiten). Aber frohlocket nicht zu früh, ihr werdet sehen, das sieht nach sehr viel mehr aus, als tatsächlich erreicht wurde.

Wie verteilen sich diese Seiten auf meine bearbeiteten Texte? Nun, schaut es euch mal näher an:

Blogartikel 308: Work in Progress, Part 71

(DER CLOGGATH-KONFLIKT – OSM-BUCH (Abschrift))

(Das Geheimnis von Church Island – OSM-Story)

Anmerkung: Diese erst im vergangenen Monat begonnene Arbeit entwickelte sich in diesem Monat wunderbar weiter. Anfangs, zugegeben, etwas stockend, weil ich nicht recht wusste, wie die einzelnen Zutaten zu kombinieren waren. Es ist zwar schön und nett, einen hocherotischen Auftakt zu haben und zwei Prot­agonisten näher kennen zu lernen… aber wie man sie dann dazu bringt, das zu tun, was sie tun müssen, das ist schon deutlich schwieriger.

Nun, es war gut, dass ich während meiner fortdauernden Abschriftarbeiten am fragmentarischen OSM-BUCH „DER CLOGGATH-KONFLIKT“ auf die Assimilari traf. Ja, ja, ihr werdet wahrscheinlich beizeiten entdecken, wenn ihr das Skript mal einsehen könnt, dass die darin gar nicht vorkommen, und das ist richtig. Dennoch habe ich sie gewissermaßen zwischen den Zeilen entdeckt… vertraut mir, Freunde. Schon in der nächsten Woche seid ihr schlauer. Auch wenn ihr euch dann vielleicht wünschen mögt, ich hätte das Thema nie angeschnitten.

Vertraut mir einfach noch ein weiteres Mal – die Assimilari sind für die genann­te Story einfach unverzichtbar. Und irgendwann anno 2019 werdet ihr das auch nachlesen und verstehen können. Da bin ich ganz zuversichtlich.

Blogartikel 310: Close Up – Der OSM im Detail (3)

OSM-Newsletter #10

Anmerkung: Das ist gewissermaßen, ironisch formuliert, ein „Kollateralschaden“ des oben erwähnten „problematischen“ E-Books „DER CLOGGATH-KONFLIKT 1: Vorbeben“. In der Diskussionsgruppe FAN, in der das gleichnamige Sammel-Egozine, wie ich das mal nennen möchte, herausgegeben wird, habe ich schon vor über 10 Jahren das Individual-Format „OSM-Newslet­ter“ ins Leben gerufen. Anfangs, vor Beginn meines E-Book-Programms, diente es mir primär dazu, den Quartals-Entwicklungsfortschritt des OSM zu dokumen­tieren. Heutzutage kann man sagen, dass meine hier monatlich gelieferten Work in Progress-Blogartikel diesen Zweck übernommen haben.

Warum also sah ich mich genötigt, diesen Beitrag zu verfassen? Nun, weil ich das als eine Art von Selbstreflektion und Minimal-Marketing verstand. Es mach­te einfach Spaß, ein wenig über die langwierige Entwicklung des „CLOGGATH-KONFLIKTS“ zu referieren und dazu Titelbild und eine kleine Leseprobe zu lie­fern, um neugierig zu machen. Ging mir auch sehr flott von der Hand. Versteht dieses Werk also ein bisschen so wie mein „Making of“ zu der Non-OSM-Story „Die Kugel-Invasion“, die ich für das Fanzine PARADISE vor ein paar Monaten abgeliefert habe. Hier halt bezogen auf ein explizites OSM-Werk. Dafür das alte OSM-Newsletter-Format wiederzubeleben, schien mir höchst passend.

12Neu 48: Jagd auf den Täuscher

14Neu 53: Das Zeituniversum

Anmerkung: Die Reihenfolge der 14Neu-Episoden geht ein wenig durcheinan­der, lasst euch davon nicht irritieren. Sie sind schon der Reihe nach entstanden. Aber ich habe sie in der Reihenfolge belassen, in der ich an ihnen sukzessive Tag für Tag weitergearbeitet habe. Der Band 57 ist textlich inzwischen auch schon fertig, aber die Kommentierung steht noch aus… Gott, und was musste ich da alles kommentieren. Ich könnte euch da Geschichten erzählen über das, was da alles schief gelaufen ist, was da vollkommen fehlt, wo die Handlungslogik total schief ist… manchmal war ich fast am Weinen, ehrlich.

Auf der anderen Seite muss man berücksichtigen, dass diese Geschichten inzwi­schen 33 Jahre alt sind (wenn dieser Beitrag erscheint, werden es 34 Jahre sein). Da kann man natürlich nicht wirklich allzu große Höhenflüge erwarten. Und dazu kommt dann, dass es mich ständig in den Fingern juckt, neue Storykeime ins Leben zu rufen.

Wahnsinn, meint ihr? „Hast du denn nicht schon genug Baustellen, verdammt noch mal?“, höre ich euch empört aufschreien.

Well, ja, natürlich schon… aber ihr müsstet mal diese Welten sehen, diese un­glaublichen Handlungslücken… allein das desolate, verwüstete Reich der Cranyaa bietet so unfassliches Geschichtenpotenzial, das ich nie ausnutzte. Und so bisweilen wirklich kokette Ideen, die völlig kontraintuitiv sind.

Ich nenn einfach mal nur eine einzige, um euch das zu demonstrieren: In der Ga­laxis Hun’arc existiert das große Sternenreich der insektoiden Cranyaa, das wisst ihr. Und ich sagte auch schon mal (siehe die Close Up-Artikel), dass dieses Reich matrilinear aufgebaut ist. Die Frauen haben also das Sagen, die Herr­schaft wird von der Königin Sini-Ag ausgeübt.

Okay.

Und dann gibt es diese kleine Nation von schildkrötengestaltigen Tekras, die ein winziges Kolonialreich ihr eigen nennen und eine strebsame kleine Demokratie sind. Soweit sieht das alles völlig normal aus. Natürlich gibt es in dieser Nation politische Parteien. Und es gibt Fortschrittliche und Konservative. Aber aufge­passt, das Kokette kommt jetzt:

Die fortschrittlichen Tekras sind diejenigen, die dringend fordern, dass eine Erb­monarchie eingeführt werden solle. Die Konservativen hingegen beharren dar­auf, dass das ein verrückter Gedanke wäre und die Demokratie dringend beibe­halten werden müsse!

Verkehrte Welt? Im ersten Moment denkt man tatsächlich so, weil bei uns irdi­schen Politikern die Dinge ja genau umgekehrt sind. Für uns aufgeklärte deut­sche Demokraten ist die Aristokratie eine Regierungsform von gestern, die mehrheitlich mit Rückständigkeit in Verbindung gebracht wird. Warum ist das bei den Tekras anders?

Weil sie am (monarchischen!) Cranyaa-Imperium sehen, dass die Monarchie of­fensichtlich ein Garant dafür ist, ein großes Sternenreich zu errichten. Wohinge­gen die Demokraten – wie sie gegenwärtig – kleine Krauter bleiben. Da sehen sie es als fortschrittlichen Gedanken an, ein Königtum ins Leben zu rufen.

Und ich sage euch, es wimmelt von so faszinierenden, entzückenden Ideen, die ich lange vergessen hatte. Von Themen, die ich in dem Kontext gern intensiver darstellen möchte, sowieso.

Spare ich mir alles auf, ist aktuell besser. Es gibt wichtigere Dinge.

14Neu 55: Brennpunkt Wislyon

14Neu 56: Duell der Cranyaa

(12Neu 51: Sturm über Calnier)

(12Neu 50: Aufbruch ins Nirgendwo)

(12Neu 49: Operation Antipol)

(OSM-Wiki)

14Neu 54: Der Kaiser von Kareton

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“)

(14Neu 57: „Sucht Leben!“)

(Glossar des Romans „DER CLOGGATH-KONFLIKT 1: Vorbeben“)

Anmerkung: Man sollte gar nicht glauben, wie lange es dauert, ein Glossar für ein Romanskript zu entwickeln, das mehr als 400 Seiten Umfang hat. Zumal dann nicht, wenn ständig Termine, Geburtstage, diverse Events und Ideenblitze dazwischenfunken. Das Glossar konnte also noch nicht vollendet werden. Ich hoffe, das gelingt mir noch bis Ende Dezember 2018. Ihr werdet im kommenden Bericht dieser Rubrik sehen, ob ich das hinbekommen habe.

(14Neu 58: Eine Welt negiert!)

Ullikummi – OSM-Story (Abschrift)

Anmerkung: Das ist eine weitere Baustelle, die ich seit vielen Monaten hier auf dem Stapel als begonnenes Abschreibprojekt liegen hatte. Auch bei dieser Ab­schrift war ich manches Mal fast am Weinen, weil es so dermaßen rudimentär ausgefallen war (konnte nicht überraschen, ich habe es 1988 fertig gestellt, also vor 30 Jahren). Und es hat mich auch hier manches Mal in den Fingern gejuckt, die Geschichte kurzerhand zu überarbeiten.

Aber dafür sind Abschriften nicht da, da halte ich mich (von wenigen, entspre­chend kommentierten Stellen, einmal abgesehen) strikt daran, die Geschichte eben nicht zu modernisieren. Das passiert dann, wenn ich diese Geschichte überarbeite… aber ihr könnt euch auch diesmal sicher sein, dass ich da kaum eine Formulierung wie bisher bestehen lasse.

Und was genau ist dieser „Ullikummi“, der so possierlich nach Kaugummi klingt? Ein absolutes Monster, vollkommen tödlich, unaufhaltsam wie eine Lawine und keinem Argument zugänglich. Damals wusste ich nicht, in welchem Universum diese Geschichte spielt, aber heute nehme ich an, dass es sich dabei um den noch ungeschriebenen KONFLIKT 8 handelt. Glücklicherweise materialisiert Ulli­kummi weitab des KONFLIKT-Kampffeldes, wie es scheint… wenn diese Dämo­nenwaffe dort die Erde erreicht hätte, wäre der Kampf vorbei gewesen.

Wenn ihr dereinst diese Geschichte lest, werdet ihr verstehen, warum ich das so sage. Weil es die reine Wahrheit ist.

Blogartikel 306: „Was ist eigentlich der OSM?“, Teil 59

Glossar der Story „Ullikummi“

(Glossar der Serie „Oki Stanwer und das Terrorimperium“)

(Der stählerne Tod – Abschrift)

Anmerkung: Ja, auch hieran habe ich minimal weitergearbeitet, bin aber, weil mich dann die „Church Island“-Geschichte gründlich ablenkte, nicht sehr weit gekommen. Diese Abschrift ist wegen der komplizierten Binnengliederung echt nicht einfach und ziemlich langwierig. Ich habe da so oft die Schreibstifte ge­wechselt, kleine Bilder eingefügt, Karten gezeichnet und Schreibfehler über Schreibfehler gemacht – die natürlich alle kommentiert werden müssen – , dass nach wie vor die Hälfte der Textseiten voller Anmerkungstext sind. Aber es ist halt das älteste lange erhaltene Textwerk meines Oeuvres, da ist eine baldige Abschrift zwingend erforderlich. Und solchen Herausforderungen stelle ich mich dann auch durchaus gern… jedenfalls, wenn die Zeit dafür da ist.

Seufz, ja, die Zeit…

Blogartikel 313: OSM-Kosmologie, Lektion 14: Die Assimilari und andere un­terirdische Kreaturen

Anmerkung: Ja, was um alles in der Welt mögen wohl „Assimilari“ sein? Ich gebe euch einen kleinen Hinweis darauf, wie ich auf die Idee gekommen bin, und das ist nun wahrhaftig alles andere als rassistisch – denkt einfach wie ein Historiker.

Als die Diaspora-Juden in der frühen Neuzeit realisierten, dass kaum eine Mög­lichkeit bestehen würde, einen eigenen Staat Israel zu gründen, schon gar nicht in ihrer ursprünglichen Heimat Palästina, da entschieden sich viele Familien da­für, aus der vormaligen Ghetto-Existenz etwa in Osteuropa auf die Weise zu ent­kommen, indem sie sich in die Gesellschaft jener Staaten integrierten, in denen sie bereits seit Jahrhunderten lebten. Viele Juden ließen sich taufen, vernachläs­sigten die rituellen Gebote ihrer Religion und passten sich an. Bis Ende des 19. Jahrhunderts, bis Theodor Herzl den Zionismus ins Leben rief und die Kibbuz-Be­wegung mit der (unauthorisierten) Besiedelung des Heiligen Landes begann, war dies tatsächlich die mit weitem Abstand Erfolg versprechendste Strategie des Diaspora-Judentums.

So, und nun stellt euch das mal für dämonische Wesen im Rahmen des „CLOG­GATH-KONFLIKTES“ des Jahres 2117 vor. Und dann seid ihr bei den Assimilari. Nächste Woche gibt es Details dazu.

(OSM-Hauptglossar)

Damit bin ich dann auch schon wieder am Ende… der Kommentare wegen wur­de dieser Beitrag ein wenig „länglich“, aber ich hoffe, euch dennoch nicht ge­langweilt zu haben. In der kommenden Woche geht es dann, wie versprochen, um die rätselhaften Assimilari. Freut euch drauf oder gruselt euch… eure Ent­scheidung.

Bis nächste Woche, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 204: Unter dem Pflaumensee

Posted Februar 20th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

schon der Titel des heute im Fokus stehenden Werkes klingt einigermaßen ob­skur. Begreiflicherweise, stellen wir uns doch unter Pflaumen eher essbare Früchte vor. Ein See davon voll? Was soll das werden? Eine Obst-Gourmet-Ge­schichte? Wahrlich weit gefehlt, meine Freunde! Es geht um ein wahrscheinlich weitgehend vergessenes Jugendbuch, um Traumabenteuer, eine phantastische Reise unter das Meer in ein Reich jenseits der Vorstellungskraft. Und ja… viel­leicht ist das ein Traum. Womöglich ist es mehr.

Illustriert mit sehr zum Text passenden, grazilen Schwarzweiß-Bildtafeln hat man, wenn man die gebundene Ausgabe ersteht, die mir zufällig in die Hände fiel, hier ein phantastisches Werk vor sich, das wirkungsvoll und auf geradezu magische Weise aus der Wirklichkeit ausklinkt.

Nein, mehr zu verraten, wäre an dieser Stelle fatal. Lest einfach weiter und lasst euch von meiner damals schon etwas verzaubert klingenden Rezension aus dem Juli 2017 einfangen:

Unter dem Pflaumensee. Eine Fantasie

(OT: Under Plum Lake)

von Lionel Davidson

Rowohlt, Oktober 1981

180 Seiten, geb.

ISBN 3-498-01229-8

Aus dem Englischen von Karin Polz

Mit Illustrationen von Mike Wilks

Sein Name ist Barry Gordon, ein Junge von dreizehn Jahren, der eine ältere und eine deutlich jüngere Schwester besitzt. Zusammen mit seinen Eltern bewohnt er seit einiger Zeit ein verwittertes Gebäude hoch oben auf den Klippen. Das nächste Dorf ist eine Ortschaft namens „Seele“, und es gehen seltsame Legen­den um über den Ort, an dem sich die Gordon-Familie angesiedelt hat. Angeb­lich, so heißt es, sei hier ein ganzes Dorf im Meer versunken, Opfer eines Flu­ches, und die Bewohner seien dazu verurteilt worden, auf dem Meeresgrund ein unheimliches Geisterleben zu führen. Das habe damit zu tun, dass – eben­falls dem Hörensagen nach – die Bewohner jenes vermeintlich versunkenen Dorfes früher Schiffe zum Havarieren gebracht hätten, um sie danach auszurau­ben.

Der junge Barry glaubt nichts von diesen Dingen, doch er träumt davon, dass vielleicht einst Piraten einen Schatz hier versteckt haben könnten – etwa in den unzugänglichen Höhlen entlang der Klippen. Und als er eines Tages diesem Jun­gentraum nachgeht, geschieht das Ungeheuerliche, das ihn an den Rand des To­des bringt… oder, wenn das, was er anschließend niederschreibt, annäherungs­weise der Wahrheit entspricht, sogar darüber hinaus.

Denn in der Tat gelingt es Barry, einen Weg über einen versteckten Pfad zu den Höhlen zu finden. Doch ein Unwetter schneidet ihm den Rückweg ab. In dem Bestreben, die Höhle genauer zu erforschen, begegnet er überraschend einem anderen Jungen, der auf den Namen Dido hört. Damit beginnt alles.

Nicht nur, dass Dido ein Boot besitzt, es ist sogar ein Boot, das sich verwandeln kann und auf den Grund des Meeres hinabgleitet, hinab in eine märchenhafte Welt unter der Welt.

Dies ist das Reich von Dido und seinem Volk, das rätselhafte, phantastische und uralte Reich von Egonia, in dem die Wunder niemals aufhören und die unglaub­lichsten Dinge Realität sind. Doch indem Dido seinen neuen Freund Barry hier­her mitnimmt, bricht er ein Tabu – es ist verboten, Menschen von der Oberwelt mitzubringen. Und damit beginnt das Unheil…

Es ist ein wirklich wundersames Buch, das ich im Mai 2015 überraschend anti­quarisch fand. Ich blätterte es durch und wurde von den beeindruckenden schwarzweißen, fast surrealen Illustrationen sofort in den Bann gezogen. Auch der Titel „Unter dem Pflaumensee“ machte neugierig. Da das Buch keinen Um­schlag mehr besaß und mir der Autor Lionel Davidson vollkommen unbekannt war, fragte ich mich unweigerlich: was mag das für ein Buch sein? Was muss ich mir darunter vorstellen? Worum geht es da eigentlich? Was mag ein „Pflaumen­see“ wohl sein? Aufklärung darüber erhält man im Buch, und noch einiges mehr.

Nun, es lohnte sich, diese Lesereise in die Phantasie eines mir fremden Schrift­stellers anzutreten. Selbst wenn das Buch auf Lionel Davidsons WIKIPEDIA-Seite als „Kinderbuch“ charakterisiert wird, würde ich behaupten, dass das dem Werk nicht wirklich gerecht wird. Es ist zum Teil schon recht anspruchsvoll von seinen moralischen Implikationen und von daher wohl schon etwas inhaltlich höher­wertiger. Bestechend fand ich bei der Lektüre diesen geschmeidigen, sanftmü­tigen, ein wenig surrealen Stil – man ist sich über weite Strecken hinweg auf­grund der eigenartigen Fremdartigkeit des Settings nicht wirklich sicher, ob es sich hierbei um eine Art von Traumgespinst handelt oder doch um real Erlebtes. Der Handlungsrahmen umfasst lediglich drei Tage, doch sind sie so mit unglaub­lichen Erfahrungen angefüllt, dass einem Leser schier der Kopf platzt, wenn man versucht, sie alle Revue passieren zu lassen.

Das Traumhafte dieser „Fantasie“, die deutlich mehr Substanz hat, als man ein­gangs vermutet – das kommt dann gegen Ende recht unverblümt zum Vor­schein – , es übt einen beständigen, innigen Sog aus… ja, ein wenig wie ein schöner Traum, aus dem man nicht so schnell erwachen möchte und gleichwohl doch erwachen muss. Darin ist dieses Buch in all seiner Kürze leider sehr ähn­lich. Gute Bücher, und dieses hier ist ein gutes, meinem Empfinden nach, sind traditionell immer zu kurz. Es zahlt sich aus, die Lektüre über eine Woche aus­zudehnen. Vermutlich entfaltet es erst dann seinen wahren Reiz.

Sagen wir noch kurz ein paar Worte zu dem Verfasser: der in Hull, Yorkshire, ge­borene Lionel Davidson (1922-2009) arbeitete schon vor dem Zweiten Welt­krieg beim Wochenmagazin The Spectator, während des Krieges war er bei der U-Boot-Marine, danach selbständiger reisender Berichterstatter. Inspiriert vom Kalten Krieg kam er zum Schreiben von Spionageromanen, von denen zwischen 1960 und 1994 zahlreiche Bände erschienen. Dazwischen lag ein Abenteuerro­man („Die Rose von Tibet“, 1962) und eben auch zwei Kinderbücher, eins davon ist das vorliegende. Der Spionage-Erstling „Die Nacht des Wenzel“ (1960) wur­de 1964 verfilmt. 2001 wurde er für sein (Krimi-)Lebenswerk von der britischen Krimiautorenvereinigung CWA mit dem „Diamond Dagger“ geehrt.

In Anbetracht, dass sein vergleichsweise anspruchsloses „Kinderbuch“, das oben besprochen wurde, schon so interessant ausfiel, wäre vielleicht auch sein Krimi-Oeuvre eine Wiederentdeckung wert. Das obige Buch lohnt die Lektüre durch neugierige Phantasten auf jeden Fall.

Klare Leseempfehlung!

© 2017 by Uwe Lammers

In der nächsten Woche bleiben wir den britischen Inseln verhaftet und beschäf­tigen uns einmal mehr mit dem Detektiv von der Baker Street… in der karikie­renden Comicversion, in der es diesmal um ein unheilvolles Wesen geht, das nur mit „M.“ abgekürzt wird (kicher). Ihr werdet sehen, was das bedeutet.

Bis dann, meine Freunde, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.