Liebe Freunde des OSM,

wie jüngst schon versprochen soll heute die Reise durch meine Kreativbiografie mit dem dritten Quartal des Jahres 2017 fortge­setzt werden. Ich erzählte neulich (Blogartikel 446), dass sich meine damalige universitäre Beschäftigung dem Ende zuneigte und ich noch zwei Monate mit Hochdruck zu arbeiten hatte. Der Akku meiner Leistungsfähigkeit war allerdings weitgehend er­schöpft, und das wirkte sich naturgemäß auch auf meine priva­te kreative Leistung aus.

Im Juli 2017, womit ich heute beginnen will, kam ich schlussend­lich auf 17 vollendete Werke. Aber auch hier zeigte sich über­deutlich, dass der Fokus auf kurzen Projekten lag. Will heißen: auf Blogartikeln und Rezensionen. Eine wesentliche Folge mei­ner Erschöpfung zeigt sich immer darin, dass ich relativ viel lese und dementsprechend mehr rezensiere (vorausgesetzt, die Bü­cher lohnen eine solche Arbeitsverwertung … was hier aber mehrheitlich der Fall war).

8 Blogartikel wurden also in diesem Monat erschaffen. 3 Rezen­sionen und ein Gedicht kamen hinzu. Allerdings konnte ich das OSM-Fragment „Insel der Wollust“ abschreiben – was in Klammern verblieb, da die Geschichte selbst nicht fertig wurde, ich kümmerte mich unmittelbar nach dem 8. Juli, wo ich die Ab­schrift der Novelle „Der Herr der Schwarzen Berge“ ab­schloss, um das Romanfragment „Die Totenköpfe 2: Durch die Ruinenwelten“ (bis heute leider ein Fragment, wie so vie­les), begann einen neuen Hintergrundtext „Das Rätsel von Garos“ zu KONFLIKT 13, außerdem schrieb ich an der Abschrift des „CLOGGATH-KONFLIKTES“ (CK) weiter.

Völlig die Hände in den Schoß legte ich infolgedessen nicht … aber sehr produktiv würde ich diesen Monat dennoch nicht nen­nen.

Im letzten Beschäftigungsmonat, dem August 2017, hielt ich die Latte von 17 beendeten Projekten. Wieder 8 Blogartikel darun­ter. Viel Zeit investierte ich – wie schon in den Vormonaten – in das Weiterfeilen an diversen Archipel-Fragmenten, die ich hier nicht weiter darstelle.

Besonders interessant war in diesem Monat, dass mich bezüg­lich KONFLIKT 4 Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ (IR) ein gewis­ser „Rappel“ packte, den ich äußerst hilfreich fand – ich konzi­pierte nämlich den Finalzyklus der Serie komplett durch und entwarf die Rohformen für die dafür erforderlichen Episoden bis Band 43 „Die Klippe des Schicksals“.

Ja, ich weiß, all diese Episoden sind – bis auf IR-Nr. 39 „Grünes Todeslicht“ bis heute noch nicht vollendet, aber ich hoffe, im Herbst und Winter 2021 hier einiges ändern zu können, wenn mir dafür die Zeit bleibt.

Die Folgen 14 und 15 der „Alten Armee“ für BWA entstanden ebenfalls in diesem Monat, und sonst kam ich speziell mit den ersten Entwürfen der Episoden für KONFLIKT 18 „Kampf gegen TOTAMS Dämonen und Schergen“ bis Band 95 (nein, fertig wur­den sie damit noch nicht, ich hatte gewissermaßen Leerformula­re entwickelt, die ein paar Seiten Umfang besaßen und die ich dann im Laufe der nächsten Wochen und Monate mit dem Rest des Digitalisattextes auffüllen konnte.

Aber ganz ehrlich – Ende August war ich völlig platt. Und ich brütete definitiv etwas aus, musste einen eigentlich fest einge­planten Workshop in München aus gesundheitlichen Gründen absagen. Und im September warf es mich dann, während ich den Archivtag in Wolfsburg besuchte, vollständig um. Genau ge­nommen brauchte ich anschließend Monate – kein Witz! – , ehe ich wieder halbwegs auf dem Damm war.

In einem Punkt war dieser physische Zusammenbruch, der mich zuhause festhielt, dann aber doch von Vorteil, so absurd das klingen mag: Während ich mich im September regenerierte, konnte ich kreativ endlich wieder aufleben, und das trug sehr zu meiner Genesung bei.

Man merkt das sehr deutlich an der quantitativen Zunahme der Werke, die ich in diesem letzten Monat des dritten Quartals 2017 vollenden konnte: 32 Werke, also quasi jeden Tag eines! Das war im gesamten Jahr noch nicht da gewesen!

Gut, einschränkend ist natürlich wieder zu sagen: 11 Blogarti­kel. 10 Rezensionen. Aber dann gab es selbstverständlich auch die Teile 16 und 17 der „Alten Armee“ für BWA, die ich fertig­stellen konnte, und vieles andere mehr – wenngleich das nicht für die „Annalen“ relevant war.

Keine E-Books?

Nein, sorry, Freunde, leider nicht ein einziges in Sicht. Noch nicht. Es sollte noch bis November dauern, ehe es dazu kam – wie ich oben andeutete, war ich arg groggy und angeschlagen, und E-Books sind nun mal für mich recht anspruchsvolle und ar­beitsintensive Werke … dafür hatte ich noch keine Energie. Re­zensionen und Blogartikel schreiben sich ja fast von selbst, aber so etwas, nein, das erforderte mehr Kraft, als zu diesem Zeit­punkt eingesetzt werden konnte.

Während ich mich also im September mit der Arbeitslosigkeit abfinden musste, wieder einmal, langsam regenerierte und neue kreative Ufer anzusteuern suchte, auf Jobsuche war (ein Zustand, den ich aktuell im September 2021 schon wieder auf frustrierende Weise durchlebe, weil immer noch nicht mal ent­fernt so etwas wie Normalität in meinem Arbeitsleben einge­kehrt ist), verlangsamte sich mein Arbeitstakt allmählich wieder und versetzte mich zugleich in die Lage, wieder längere Texte anzugehen.

Davon soll nächstes Mal die Rede sein.

Bis bald dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 347: Im Schatten des Himalaya

Posted April 13th, 2022 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

als ich vor bald 14 Jahren diesen wunderbaren historischen Band über das doch eher exotische Thema eines britischen Ko­lonialbeamten namens John Claude White im hinterindischen Gebirgsland las, war ich über alle Maßen fasziniert. Warum war ich das?

Weil das hinreißend bebilderte, sehr gründlich historisch recher­chierte und auf breiter Primärquellenbasis fußende Werk mir ei­nen Teil der Welt und Zeit erschloss, von dem ich bislang nur sehr wenig wusste. Ich bin zwar studierter Historiker, aber die britische Kolonialgeschichte ist mir doch in den Details eher fremd, und viele Überblicksdarstellungen kranken an dem, wo­mit dieses Buch gründlich aufräumt: sie kümmern sich um die „klassischen“ Brennpunkte der britischen Kolonialpolitik, neigen nicht selten zum Verschweigen gewisser desaströser Aktionen (wie etwa die Younghusband-Expedition nach Tibet, die in die­sem Buch schonungslos dargestellt wird), und die Ränder des Empire bzw. seine Einflusszonen bleiben oftmals außen vor.

Und bitte, wer kennt schon Sikkim?

Ganz genau, wer hier die Stirne runzelt, ist genau der richtige Leser für dieses Buch. Denn hier wird mit wunderbaren histori­schen Fotografien, entlang einer beeindruckenden biografischen Laufbahn eine Weltregion aufgehellt und gründlich durchleuch­tete, die selbst heute noch zu den entlegenen Gebieten der Erde gehört und die doch andererseits eine so reiche, zahllose Jahrhunderte zurückreichende Geschichte besitzt.

Ich habe mich damals mit großer Begeisterung in das Sikkim-Abenteuer gestürzt, und deshalb kann ich mit vollem Nachdruck das Buch des heutigen Tages empfehlen.

Vorhang auf für:

Im Schatten des Himalaya

Tibet – Bhutan – Nepal – Sikkim

Eine fotografische Erinnerung von John Claude White 1883-1908

(OT: In the Shadows of the Himalayas: Tibet – Bhutan – Nepal- Sikkim

A photographic record by John Claude White 1883-1908)

von Kurt Meyer und Pamela Deuel Meyer

München 2006

196 Seiten, geb., Querformat

Aus dem Englischen von Christine Bendner

ISBN 978-3-485-01095-5

Tibet, das ist am Ende des 19. Jahrhunderts ein verschlossenes, fernes Land am Rande der Zivilisation, irgendwo im finsteren Asien, und der Sitz eines rückständigen Gottkönigtums, dessen Regent, der Dalai Lama, im unerreichbaren Lhasa residiert. Es ist ein Land, über das man normalerweise nie etwas erfährt – so müssen es auch die britischen Behörden erleben, die nach der Erlangung der Oberherrschaft über den indischen Subkontinent in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts daran gehen, ihre geo­politische Strategie auszuarbeiten.1

Bedauerlicherweise mag Tibet archaisch, rückständig und weit entfernt liegen (vor allen Dingen aber durchgängig über 4000 Meter hoch) … leider grenzt es aber sowohl an den auf tönernen Beinen stehenden Koloss China, der nach Einschätzung aller eu­ropäischen Nationen, die im „great game“ des Kolonialismus mitmischen, über kurz oder lang „verteilt“ werden wird, als Ti­bet auch an das Russische Reich grenzt. Und an Indien.

Damit sind die Interessen des Vereinigten Königreichs direkt tangiert, und es werden seitens des Vizekönigs Lord Curzon von Indien Pläne gewälzt, eine Invasion Tibets umzusetzen, auch wenn Weltreisende wie Sven Hedin – einer der wenigen, die es jemals geschafft haben, Tibet überhaupt zu bereisen – davon abraten. Es ging, formell, darum, die „drohende Gefahr“ zu ver­ringern, die für Britisch-Indien von Russland ausging. Ob diese Gefahr jemals existierte, ist heute in der Historikerzunft umstrit­ten. Britische Offizielle glaubten damals jedoch fest daran, ins­besondere eine Fraktion britischer Politiker, die man als „Vor­wärtsgruppe“ bezeichnen kann. Sie grenzte sich von einer eher besonneneren Gruppe von Politikern und Militärs ab, die ange­sichts der zurückliegenden Erfahrungen auf außenpolitischem Gebiet für mehr Zurückhaltung eintraten.

In der Tat schien das angeraten zu sein – der Krimkrieg (1854-1856) war besonders eins gewesen, nämlich teuer und blutig, die beiden furchtbaren Waffengänge in Afghanistan (1842 und 1880) hatten auch keine eindeutige Entscheidung zugunsten Großbritanniens gebracht, in Afrika kam es 1879 und 1885 zu furchtbaren Rückschlägen in der Kolonialpolitik, und als die Jahr­hundertwende nahte, desavouierte der Burenkrieg das Image der Briten als Maß haltende Missionare und Politiker im Ausland endgültig. Es bedurfte ganz offensichtlich eines wesentlichen Kurswechsels der britischen Außenpolitik.

Die „Vorwärtsgruppe“ war dessen ungeachtet weiter davon überzeugt, dass der einzige Weg, eine potenzielle Gefahr für In­dien auszuschalten, in der Eroberung Tibets bestand. Militäri­sche Vorwärtsstrategie schien für sie die sinnvollste Option zu sein, eine typische Abschreckungspolitik und eine Geste der Stärke.

Das Hauptproblem für die Briten scheint aber gegen Ende des 19. Jahrhunderts speziell in diesem Fall jenes zu sein: wie er­obert man ein Land, wie schlägt man einen Gegner, von dem man auch rein gar nichts weiß? Zum Glück für den Vizekönig und damit auch zum Glück für uns Nachgeborene, die vieles von dem, was damals geschah, verurteilen müssen, gab es bri­tische Kolonialbeamte wie John Claude White, die ihr Erbe hin­terließen. John Claude White war nicht nur ein ordnungslieben­der, disziplinierter Kolonialbeamter, sondern, was im Nachhinein viel wichtiger ist, ein passionierter Fotograf. Und er liebte die Länder des Himalaya, wo er mehr als zwanzig Berufsjahre ver­brachte.

John Claude White kann zudem beinahe als Kind der Region gel­ten. Er kam im Jahre 1853 in Kalkutta zur Welt, seine Mutter war eine Deutsche, der Vater Chirurg im indischen medizinischen Dienst, der in Lucknow Dienst tat, als der Sepoy-Aufstand aus­brach.2 White selbst ging in Bonn zur Schule, ließ sich zum Inge­nieur am Royal Indian Civil Engineering College in England aus­bilden und heiratete schließlich 1876 Nina Ranken, die Tochter eines indischen Offiziers. Anschließend ging das Paar nach Kal­kutta, wo White seine Arbeit im Bengal Public Works Depart­ment (Amt für öffentliche Baumaßnahmen) aufnahm und 1877 ihre gemeinsame Tochter Beryl geboren wurde.

In Verlauf seiner Karriere erwies sich White als der typische Ver­waltungsbeamte – als ausgebildeter Ingenieur baute er Straßen, Brücken, Eisenbahntrassen, Kommunikationssysteme und eine allgemeine Infrastruktur und unterschied sich damit kaum von anderen Kollegen. Aber schon bald begann ihn die Fotografie zu interessieren (das erste Foto, das nachweisbar ist, stammt aus Kathmandu aus dem Jahre 1883). Wirklich bedeutsam wurde diese Verbindung von bürokratischer und organisatorischer Ak­kuratesse und fotografischer Leidenschaft, als er 1888 als Assis­tent des Verwaltungsbeamten von Sikkim, A. W. Paul, in Gang­tok diente. Ein Jahr später wurde er an dessen Stelle als neuer Verwaltungsbeamter „inthronisiert“ und blieb es über zwanzig Jahre lang.

Nun mag man sagen: Tibet ist uns ein Begriff. Aber Sikkim? Was um alles in der Welt ist Sikkim? Wo liegt das nur? White hätte wohl gesagt: es ist ein malerisches, wunderbares, fast verwun­schenes Land in der Hinterhand Indiens, und zusammen mit Bhutan und Nepal „im Schatten des Himalaya“ gelegen. Dies entsprach zweifellos seiner tiefen Überzeugung.

Während seiner Dienstreisen durch das kleine Königreich Sikkim (über das man in diesem Buch sehr viel mehr erfährt, was bes­ser nicht vorweg genommen werden soll – manche Zusammen­hänge sind ziemlich kompliziert, und beinahe nichts davon ist allgemein bekannt) kam John Claude White nahezu in jedes be­deutsame Tal dieses nur aus Bergen und Tälern bestehenden Reiches, lernte annähernd jede wichtige Person kennen und schätzen. Er freundete sich mit Mönchen, Adeligen, Grundbesit­zern und deren Familien an.

Außerdem erkannte er die schreckliche Rückständigkeit der Straßen, die man eigentlich gar nicht so nennen konnte, die im­merzu von Hunger und Armut geprägten, eher ärmlichen Le­bensverhältnisse … und mit der unbändigen Energie und sei­nem Drang, den Menschen helfen zu wollen, revolutionierte er während seiner Dienstjahre gründlich den Straßenbau, die staatlichen Finanzen, das Bildungssystem und schuf darüber hinaus auch ein System von staatlichen Forsten, das den Wald­bestand von Sikkim bis in die Gegenwart sichern half. Man könnte fast sagen, dass es White gelang, Nationalparks in Sik­kim zu installieren, bevor sie weltweit allgemein bekannt wur­den.

In seiner Eigenschaft als britischer Repräsentant in Sikkim oblag es ihm natürlich auch, die angrenzenden Staaten Bhutan und Nepal zu bereisen und umfassende Verbindungen zu knüpfen. Er lernte die Sprachen, drang tief in die Mentalität und die selt­same Melange aus Hinduismus und Buddhismus ein, die teilwei­se stark vom tibetischen Buddhismus geprägt war. Selbstver­ständlich wurde White auf diese Weise schließlich zum An­sprechpartner für Lord Curzons Beauftragten Francis Younghus­band, als dieser 1903 die Invasion Tibets mit Hilfe des bhutani­schen Penlop3, Ugyen Wangchuk (später wurde er Regent Bhut­ans) realisierte.

Das Tibet-Abenteuer, das zwar für die Briten im Wesentlichen erfolgreich verlief (und dennoch auf seltsame Weise erfolglos blieb, wie man nachlesen kann), dokumentierte aber zugleich einen Tiefpunkt militärischer Tradition für die britische Armee. Niemand war allzu stolz darauf, Soldaten, die mit Speeren, Pfeil und Bogen und altmodischen Hinterladern ihre Heimat vertei­digten, mit Maschinengewehren niederzumähen, wie es ge­schah.

John Claude White, der die Kultur der Himalaya-Bewohner viel zu sehr schätzte und sehr tief darin verwurzelt war, dokumen­tierte zwar auch die Etappen der tibetischen Invasion fotogra­fisch, wie er seine einzelnen Reisen in die Himalaya-Staaten do­kumentiert hatte, doch fällt deutlich auf, dass er nirgends die „klassischen“ Motive gewählt hat: siegreiche Soldaten, Ar­meeoffiziere oder ähnliches fehlen gänzlich. Stattdessen kon­zentrierte er sich sehr auf die überwältigende Gebirgslandschaft und die baulichen Besonderheiten, insbesondere die Klöster und die beeindruckenden Festungen, die er auf seinen Glasplatten für die Nachwelt festhielt. Er missbilligte diesen Eroberungsfeld­zug ganz zweifellos, dessen Sinn er nicht sehen konnte.

Als John Claude White im Jahre 1909 nach England zog, um hier den Ruhestand zu genießen, war seine Gesundheit durch die ex­tremen Klimate, in denen er sich jahrzehntelang aufgehalten hatte, gründlich ruiniert. Dennoch bereute er wahrscheinlich nichts und wusste zur Genüge, dass sein Name in den Himala­ya-Staaten auch nach seinem Tode wohlbekannt und gern ge­nannt sein würde. Damit behielt er Recht. Man kennt White dort bis heute und schätzt ihn als den wohl positivsten Vertreter bri­tischer Kolonialkultur, den man dort jemals kennen lernte.

Bis zu seinem Tode am 19. Februar 1918 in London hielt White zahllose Vorträge und schrieb viele Artikel über seine reichen Erfahrungen im Himalaya. Viele seiner Fotos fanden den Weg in die frühen Hefte der Zeitschrift „National Geographic“. Die Ori­ginale, die sich wie wohl die meisten Glasplatten auch im Besitz der Fotografenfirma Johnston und Hoffmann in Kalkutta befan­den, sind leider heutzutage zerstört (ein Feuer verwüstete ihr Studio im Jahre 1990). Insofern kann man für diesen Bildband dankbar sein, der die fotografischen Schätze von Whites uner­müdlicher Tätigkeit für die Nachwelt wieder zugänglich macht.

Der vorliegende, opulente Bildband gewinnt nicht nur Bedeu­tung durch die singulären Fotografien John Claude Whites, ob­wohl sie im Zentrum der Betrachtung stehen. Die Herausgeber – Kurt Meyer ist Schweizer und hat 40 Jahre als Architekt in den USA gearbeitet, bevor er für zehn Jahre mit seiner Frau nach Ne­pal ging und hier am Zentrum für nepalesische und asiatische Studien an der Tribhuvan-Universität in Kathmandu tätig waren – kennen sich selbst sehr gut in der Region aus und haben für die Recherchen zu dem Buch jahrelang die Himalaya-Staaten bereist, wobei sie zahllose Kontakte zu Regierungsstellen und Nachkommen derjenigen Familien aufnahmen, die in den Be­richten von John Claude White erwähnt werden. So fanden sie John Claude Whites immer noch stehenden Amtssitz in Gangtok, Sikkim, sie konnten seltene Dokumente einsehen und aus Brief­wechseln Stationen von Whites Lebensweg rekonstruieren.

Vielleicht am beeindruckendsten sind die Querverbindungen zwischen der tiefen Vergangenheit (die Geschichte Sikkims, Bhutans und Nepals wird intensiv beleuchtet, besonders im Wechselspiel mit China und Tibet) mit der jüngsten Vergangen­heit und Gegenwart. So wird vieles dokumentiert, was beispiels­weise während der von Mao Tse-tung angeordneten „Kulturrevo­lution“ zerstört wurde, und die langfristigen, meist positiven Konsequenzen von Whites organisatorischer Tätigkeit zeigen, wie weit reichend er gedacht und geplant hat.

Jan Morris schreibt in „Pax Britannica“ 1968: „Von den unter­schiedlichen Menschen, die zum Entstehen des ‚British Empire’ beigetragen haben, lebten vielleicht 20 Millionen über die gan­ze Welt verstreut – als Siedler, Verwalter, Kaufleute und Solda­ten. Doch es war ein anonymes Weltreich: Der britischen Öf­fentlichkeit war kaum einer ihrer Gouverneure namentlich be­kannt … Diese Aktivisten waren bemerkenswerte Männer, aber nur wenige, nicht mehr als eine Handvoll, waren damals be­rühmt oder blieben nach ihrem Tode noch vielen Menschen im Gedächtnis.“

Nun, John Claude White gehört zu ihnen, und er tut es im bes­ten Sinne des Wortes. Wer sich intime Einblicke in die Verwal­tung des britischen Empire in Innerasien verschaffen möchte und – beispielsweise – mit der naiven Vorstellung aufräumen will, dass der Potala-Palast in Lhasa einzigartig ist (er ist es nicht! Die Bilder in diesem Band beweisen schlagend das Ge­genteil), der sollte keinen Bogen um dieses wunderbare Buch machen, das ein Kapitel der Weltgeschichte genauer beleuch­tet, von dem kaum jemand Kenntnis besitzt.

Es sei denn, man wohnt in Sikkim. Aber wer tut das schon?

© 2009 by Uwe Lammers

Natürlich könnt ihr sagen: dies sei ein wenig zu euphorisch … euer gutes Recht. Aber ich finde, manche Werke verdienen das einfach. In der nächsten Woche finden wir uns wieder auf dem europäischen Kontinent und im 20. Jahrhundert, und es werden sehr viel weniger Worte gemacht, versprochen!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. dazu auch den Roman von Jamyang Norbu „Das Mandala des Dalai Lama“, Ber­gisch-Gladbach 2004. Wer es gern kürzer mag, schaue sich den Rezensions-Blog 132 von mir an, der am 4. Oktober 2017 hier erschien.

2 Allerdings muss man in diesem Zusammenhang eine gewisse Skepsis an der Art und Weise äußern, wie der Autor Michael Crichton in seinem Roman „Der große Eisenbahn­raub“ (München 1976) die Details des Sepoy-Aufstandes beschreibt. Er erzählt dort unter anderem, dass kein britischer Soldat und Zivilist die Massaker überlebt hat, schildert sie dafür aber sehr detailliert, was ohne Augenzeugen schlicht nicht möglich ist … das spricht also dafür, dass er der reißerischen Berichterstattung in den damali­gen Zeitungen aufgesessen ist und sie unkritisch übernommen hat. Vgl. dazu die Re­zension zu Crichtons Roman im Rezensions-Blog 42 vom 13. Januar 2016.

3 In etwa könnte man das mit Distrikt-Gouverneur übersetzen. Ugyen Wangchuk war damit einer der fünf wichtigsten Fürsten von Bhutan. Ihre Zusammenarbeit bei der In­vasion Tibets war die Grundlage einer intensiven Freundschaft zwischen Ugyen Wang­chuk und John Claude White, die in diesem Band gut dokumentiert ist. Mich hat Wang­chuk irgendwie ein bisschen an Sir Peter Ustinov erinnert.

Liebe Freunde des OSM,

heute kommen wir im Rahmen meiner sukzessive verfolgten Kreativbiografie in das letzte Quartal des Jahres 2020, das sich insbesondere dadurch auszeichnete, dass ich zunehmend men­tal ermattete. Mir fehlte freie Zeitplanung, jetzt umso mehr, als mein Arbeitsvertrag an der Universität mit Wirkung zum 1. Ok­tober auf 100 % aufgestockt worden war. Das bedeutete natür­lich einerseits mehr Verdienst, klar, aber es geht mir grundsätz­lich nicht ums Geld – das braucht man zum Leben, einwandfrei. Aber man kann sich davon keine erholsame Lebenszeit kaufen, man kann sich keine Freiräume zum kreativen Arbeiten ver­schaffen, und insofern war der Fokus auf Geld und mehr Geld noch nie zentral bei mir.

Es mag naiv klingen, aber Geld ist ein Gut, das man akkumulie­ren kann, Lebenszeit und kreative Freizeit nicht. Wenn man in den Zeitfenstern, in denen man kreativ sein MÜSSTE es aus den nämlichen Zeitgründen nicht sein kann, dann ist das Zeitfenster für immer geschlossen und kehrt nicht zurück. Und wenn man dann neben der Arbeitszeit keine Kraft mehr hat, seinen ander­weitigen Interessen nachzugehen, dann ist das buchstäblich verbrannte Lebenszeit, soviel Geld man dabei auch verdienen mag – das kann man nicht gegeneinander aufrechnen.

Dieses Mal kam noch erschwerend die allgemeine Corona-Lage hinzu, die mich mental durch soziale Isolation zunehmend mehr belastete. Das führte zu vielfachen kognitiven Fehlfunktionen bei mir und zu erheblichem Stress im Arbeitsleben. Nein, ich gehe hier nicht in die Details, sie sind unerfreulich. Faktum ist jedenfalls, dass sich das massiv auf meine kreative Leistung auswirkte.

Und doch … es gab auch Lichtblicke in diesen kreativ sonst so finsteren Tagen. Während mein soziales Leben nahezu völlig ab­starb und ich mir manchmal vorkam wie in fortdauernder Einzel­haft, flackerte in sporadischen Freizeitfenstern die lodernde kreative Energie auf.

So ein Fenster öffnete sich Ende September/Anfang Oktober 2020, wie ich kürzlich schon andeutete – und mein Plan ging ja dahin, den OSM-Band 2000 fertigzustellen. Kurz gesagt: Der Plan ging auf, und zwar schon am 2. Oktober. Der Band 54 des KONFLIKTS 24 „Oki Stanwer – Der Neutralkrieger“ mit dem Ei­gentitel „Tödliche Entscheidung“ schloss nach langen Jahren des Arbeitens fulminant den HANKSTEYN-Zyklus ab und öffnete durch die Zerstörung des HANKSTEYN-EXILS der Baumeister im Halo der Galaxis Bool zugleich den Horizont für neue Schrecken im OSM, die ich dem Namen nach schon seit etwa 1993 kannte – die AUTARCHEN.

Denn HANKSTEYN verging zwar, aber eben nicht vollständig, und aus seiner temporalen Asche stiegen die Zeitkapseln em­por, die über die vergangenen und zukünftigen Universen ver­streut wurden und altes Wissen und neue Erkenntnisse transfe­rierten.

HANKSTEYN-„Hinterlassenschaften“, wenn man das so nennen kann, begegnet man seither quasi überall im OSM, bis zurück zu KONFLIKT 4 „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ und hoch zu KON­FLIKT 28 „Oki Stanwer – Der Siegeljäger“ habe ich diese Auswir­kungen schon entdecken können. Spannende Sache, echt. Auch wenn man durchaus etwas temporal „verdreht“ denken muss, um diesen Gedankengängen zu folgen.

Ihr seht mich schmunzeln. Ich freue mich, wenn ihr diese Dinge beizeiten entdeckt, und mag es vielleicht auch noch Jahre in der Zukunft liegen.

Lasst mich zurückkehren zum Ausgangspunkt: Oktober 2020.

In diesem Monat kam ich gerade einmal auf 17 vollendete Wer­ke, davon einer OSM-Band 2000, wie angedeutet, 6 weitere wa­ren Blogartikel, vier weitere entfielen auf Horrorwelt-Abschriften und eine auf eine Rezension.

Da bleibt nicht viel übrig? Recht gesehen. Genau genommen eine Fanzine-Redaktion und ein paar kommentierte OSM-Episo­den-Abschriften. Ich versuchte zwar, in KONFLIKT 24 weiter vor­anzukommen, kam aber nicht allzu weit. Ein Fragment des Ero­tic Empire („Verspielt“) wurde ein wenig vorangebracht, eben­so das E-Book „DER CLOGGATH-KONFLIKT 2: Monstererwa­chen“ … aber das musste ergebnislos bleiben, weil ich ja als Zwischenglied noch die Novelle „Das Geheimnis von Church Island“ zu schreiben habe. Die ist leider immer noch nicht fer­tig, und so kam ich hier auch nicht vom Fleck.

Fazit: unerfreulicher Monat.

Der November wurde nicht besser. Hier nur noch 15 fertige Wer­ke, davon sechs Blogartikel, zwei Rezensionen, 3 Horrorwelt-Epi­sodenabschriften.

Ich feilte ein wenig an „Die Kolonie Saigon II“, an OSM-Glos­saren, bewegte mich versuchsweise in KONFLIKT 4, was ich aber rasch bleiben ließ, weil der Funke nicht übersprang. Dann arbei­tete ich an der Abschrift der alten OSM-Story „Partisanen­gruppe Rilon Vleh“ weiter, versuchte mich an dem E-Book „BdC 2: Gestrandet in Bytharg“ und eben dem „Geheimnis von Church Island“, auch kam das Fragment „Unter fal­scher Flagge“ (Erotic Empire) hinzu und ich schrieb ein wenig an der Archipel-Story „Sarittas Hilflosigkeit“ weiter.

Aber ihr merkt schon … ich war mental ziemlich down, vom OSM-Band 2000 ebenso wie von der zermürbenden Arbeit und den Corona-Isolationsbedingungen ermüdet. Ich kam nicht wirk­lich vom Fleck.

Im Dezember sah das auf den ersten Blick besser aus. Mit 22 Werken kam ich besser voran … aber das ist gleich zu relativie­ren. Zum einen gab es in diesem Monat natürlich wegen der Weihnachtsferien mehr freie Tage, an denen ich mich regenerie­ren und in bescheidenem Maße auch schreiben konnte. Aber wieder entfielen 7 Werke auf Blogartikel, drei auf Horrorwelt-Epi­soden… und am 6. Dezember begann ich eine neue/alte Bau­stelle, die ich hier nur mal grob umreißen will, da sie bislang nicht-phantastischen Inhalts ist.

In den Jahren 1996-1999 entwickelte ich eine sehr knappe Epi­sodenserie, die den Titel „Erotische Abenteuer“ trägt. Sie ist – ohne dass ich das damals intendierte oder ahnte – gewisserma­ßen die Vorstufe zur Entdeckung meiner Archipel-Welt. Und in dem Maße, wie der Archipel aufblühte und meine Arbeitsenergie absorbierte, erlahmte hier die Schreibtätigkeit.

Die Handlung der Serie beginnt mit der Abenteuerreise einer jungen Spanierin namens Carmen, die sich leichtsinnigerweise allein mit einem Wagen in die nordafrikanische Wüste aufmacht und hier steckenbleibt. Zu ihrem vermeintlichen Glück wird sie von einer Karawane gerettet – und gefangengenommen. Statt wieder in die Zivilisation zurückgebracht zu werden, landet sie im geheimen „Tal der Zwei Städte“ und wird hier in eine Sklavin­nenrolle gedrängt.

Hier gibt es jede Menge Leidensgenossinnen, deren Lebensge­schichten Carmen im Laufe der nächsten Episoden kennen lernt, während sie selbst die Arbeitsabläufe im Tal und ihren Platz darin erkennen muss.

Die Serie ging bis Band 75 und brach dann mitten in der Hand­lung ab … wie gesagt, ich wurde vom Archipel absorbiert, der die erotischen Settings sehr viel phantasievoller und freier auf­nehmen und adaptieren konnte. Zudem war das Schreibformat – jede Episode hatte, wie die frühen Horrorwelt-Bände, nur 5 Textseiten – allmählich immer fremder geworden.

Zwar hatte ich im Laufe der kommenden gut 20 Jahre immer mal wieder die Vorstellung, diese Serie zu digitalisieren, aber ich kam immer davon ab.

Nun, in diesem Monat Dezember 2020 begann ich also mit der Digitalisierungsaufgabe (inzwischen habe ich Band 55 erreicht, Stand: 20. September 2021), und es ist recht gut anzunehmen, dass ich bis Jahresende 2021 weitgehend damit durch kommen könnte. Im Dezember entfielen jedenfalls 7 weitere Werke auf diese ersten Abschriften.

Der Rest der Arbeitszeit ging z.B. für die kommentierte Abschrift des wirklich langen Bandes 100 des KONFLIKTS 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ drauf, für diverse Glossararbeiten, die Church Island-Geschichte, den „CLOGGATH-KONFLIKT“, für „Das Rätsel von Garos“ und das Weiterarbeiten an der Archipel-Geschichte „Falsche Voraussetzungen“ sowie den Roman „Die Kolonie Saigon II“.

Dennoch muss ich offen gestehen, war ich sehr erleichtert, das Jahr 2020 endlich hinter mir gelassen zu haben – es war wirklich zu anstrengend gewesen. Tausende von Mails, diese geisterhaf­ten Arbeitsbedingungen auf dem abgeriegelten Campus, ge­schlossene Restaurants und Kinos, quasi abgestorbene soziale Kontakte, keine Geburtstagsfeiern mehr … das war schon arg belastend. Im Dezember kam dann auch noch die ganze Weih­nachtspost hinzu und der dringende Wunsch, möglichst viel von der aufgelaufenen Korrespondenz zu erledigen.

Mann, das schlauchte vielleicht.

Ich konnte zwar für 2020 auf 293 abgeschlossene Werke zurück­blicken, hatte aber dennoch das Gefühl, auf der Stelle zu treten. Und die Vorstellung, dass es im Januar gleichermaßen stressig weitergehen würde, fand ich nicht wirklich motivierend.

Wie ich mich im ersten Quartal 2021 schlug, werdet ihr sehen – in ein paar Wochen an dieser Stelle!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 346: Doctor Who – Die Hand des Omega

Posted April 6th, 2022 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

für die meisten von euch brauche ich den Doktor und die Serie und um ihn nicht mehr vorzustellen, will mir scheinen. Er gehört dank der medialen Präsenz seines Neustarts ab 2005 nicht al­lein zur britischen Popkultur, sondern auch zu der deutschen.

Inzwischen gibt es verstärkt Romane zur Serie, und dieser hier ist insofern ein besonders interessanter, als er a) von einem der Drehbuchautoren geschrieben wurde und b) eine englische Filmstaffel in papierner Form wiedergibt. Es ist also nicht so wie etwa mit den zahllosen Doctor Who-Comicalben, die mit einem feststehenden Personal neue Abenteuer erzählen, die es in der Fernsehserie nie gab.

Well, es mag Puristen geben, die der Ansicht sind, nur die schriftliche Ausweitung des Kanons über die filmischen Episo­den hinaus würde tatsächlich eine Bereicherung darstellen. Dazu zähle ich nicht. Ich habe diesen Roman mit großem Inter­esse und einigem Gewinn gelesen, wenngleich es auch manifes­te Kritikpunkte gibt, die ich nicht aussparen wollte. Aber um es kurz und bündig zu machen: in diesem Krieg des Doktors mit seinen Erzfeinden, den Daleks, gibt es reichlich interessante As­pekte, und nicht die geringsten bestehen in unverhohlenen Re­verenzen an die früheren Filmepisoden. Da ich sie kannte, machte das einen erheblichen Reiz der Geschichte aus.

Doch schaut euch das vielleicht lieber selbst im Detail an:

Doctor Who – Die Hand des Omega

(OT: Doctor Who – Remembrance of the Daleks)

von Ben Aaronovitch

Bastei 20881

240 Seiten, TB (2017)

Aus dem Englischen von Axel Merz

ISBN 978-3-404-20881-4

Eine Warnung vorweg, meine Freunde – wer mit Doctor Who und seinen Erzfeinden, den Daleks, noch keine Berührung ge­habt hat, wird nahezu überall in diesem Buch nur Bahnhof ver­stehen. Es eignet sich darum eher nicht als Einstiegslektüre in die britische BBC-Kultserie, sondern richtet sich ausdrücklich an Kenner der Materie, die auch mit leisesten Anspielungen schon vergnügliche Erinnerungen an die Fernsehepisoden verknüpfen können. Und wer den Doktor schätzt, aber die Daleks hasst (sol­che Leute soll es geben, ich kenne davon selbst welche, zähle mich persönlich aber nicht dazu), der ist hier ebenfalls kaum in der Lage, dieses Buch zu genießen.

Denn Daleks kommen hier reichlich vor. Sehr viele Daleks. Sehr gewalttätige Daleks. Es gibt, was für die Fernsehserie eher un­üblich ist, reichlich Mord und Totschlag, und mittendrin sind der Doktor und seine Begleiterin Ace.

Bei dem vorliegenden Buch handelt es sich um die Romanfas­sung des einleitenden Episodenzyklus „Remembrance of the Daleks“ aus der Jubiläumsstaffel 25 der alten, 1963 begründe­ten BBC-Kultserie „Doctor Who“ (die mit Staffel 26 dann einge­stellt wurde, um erst 2005 eine Wiedergeburt feiern zu können, mit der ich dann ab 2015 die Serie entdeckte). „Remembrance of the Daleks“, auf Deutsch „Die Hand des Omega“, umfasst die Folgen 668-671 der Ursprungsserie und wurde vom 5.-22. Okto­ber 1988 in England ausgestrahlt, in Deutschland dann bei RTL plus vom 11. Februar – 4. März 1990. In den Folgen spielt Syl­vester McCoy den 7. Doktor, seine Begleiterin in den Jahren 1987-1989 ist die junge und ungestüme Ace (Sophie Aldred), damals Anfang 20 und ein wenig punkig gestaltet.1

Soweit ich das erkennen kann, liegt von „Remembrance of the Daleks“ nur der erste Teil deutsch synchronisiert in einem Strea­ming-Portal vor, das ist wenigstens der einzige, den ich mir während der Lektüre des Buches anschauen konnte. Aber der Abgleich zwischen Buch und Filmhandlung zeigt schon recht deutlich, dass sich Aaronovitch, der damals auch das Skript zu den Episoden schrieb, sich in der Romanfassung sehr getreu an seine eigenen Drehbuchvorgaben hielt.

Worum genau geht es in dem vorliegenden Roman? Dazu muss ich etwas ausholen.

Als die Fernsehserie „Doctor Who“ 1963 startete, begann das auf eine eher obskure Weise in direkter Nähe zur Coal Hill School im Londoner Stadtteil Shoreditch auf einem Schrottplatz, der einem Schrotthändler namens I. M. Foreman gehörte. Wer den ersten DW-Zyklus „An unearthly child“ (1963!) gesehen hat, kennt diesen Schauplatz in Schwarzweiß noch sehr gut. Und es ist wichtig, sich daran zu erinnern, ehe man dieses Buch liest. Damals verfolgten zwei Lehrer der Coal Hill School eines ihrer Schulmädchen namens Susan Foreman auf den nämlichen Schrottplatz, wo sie entdeckten, dass es in eine seltsam deplat­zierte blaue Polizei-Notrufzelle schlüpfte und mit irgendwem darin zu reden begann. Sie folgten ihr und … befanden sich un­vermittelt in einem zeitreisenden Raumschiff, der TARDIS, und Susans Onkel (William Hartnell) erwies sich als der Doktor, ein zeitreisender Timelord vom Planeten Gallifrey, der seit Jahrhun­derten durch Raum und Zeit reiste und sie nun kurzerhand mit­nahm. So begann die Serie.

Wenige Minuten später (!) erscheint anno 1963, und damit sind wir im aktuellen Roman, in der Fernsehserie schrieb man das Jahr 1988, ebenfalls in Shoreditch mit derselben TARDIS eine deutlich spätere Inkarnation des Doktors, womit er knapp eine Zeitkollision verhindert.

Dummerweise kommt er bereits zu spät. Denn seine zeitreisen­den Feinde, die Cyborgs aus dem Volk der Daleks, sind bereits vor ihm erschienen. Als der Doktor einst Shoreditch verließ, blieb eine machtvolle Waffe der Timelords hier zurück, die so genannte „Hand des Omega“. Eine ihrer Wirkungen besteht dar­in, stark fokussierte Zeitreisen möglich zu machen, wie sie etwa eine TARDIS vollführt. Die Daleks können zu diesem Zeitpunkt der Handlung nur eine relativ unscharfe Fokussierung realisie­ren2, und diese Waffe würde es ihnen ermöglichen, mit den Timelords gleichzuziehen und womöglich den immer noch to­benden Zeitkrieg zu gewinnen.

Der Doktor ist auf der Erde angekommen, um zu verhindern, dass die „Hand des Omega“ in die falschen Hände (oder Greifar­me, um präziser zu werden, da Daleks ja keine Hände im ei­gentlichen Sinne besitzen) fällt. In die Griffe der falschen Da­leks, um genau zu sein.

Da setzt die Irritation schon ein.

Daleks sind Daleks, nicht wahr?

Nun, von dem Gedanken sollte man sich in diesem Roman gründlich befreien. Hier haben wir es mit zwei Fraktionen von Daleks zu tun. Zum einen mit den so genannten Imperialen, die mit einem bedrohlichen Schlachtkreuzer unter Leitung des Im­perators selbst über der Erde kreisen und imstande sind, mit ihren Waffensystemen ganz London auszuradieren. Und dazu sind sie auch sehr willens, weswegen vorsichtiges Taktieren zwingend notwendig ist. Wenn die „Hand des Omega“ unter die falsche Kontrolle gerät, droht ein Blutbad unbeschreiblichen Ausmaßes durch die Imperialen.

Auf der anderen Seite gibt es dann nämlich noch die so genann­ten Renegaten, die bereits vor Ort erschienen sind und den Schrottplatz besetzt haben. Sie sind, wie im Laufe des Romans herauskommt, so gründlich mutiert, dass sie zwar äußerlich noch wie normale Daleks anmuten, innerlich aber vollkommen anders aussehen. An ihrer grundlegenden Direktive und ihrem Hass auf andere Lebensformen hat das leider nichts geändert. Diese Daleks sind ebenso wie die Imperialen strikte Todfeinde. Verhandeln unmöglich. Auch ihr Lieblingswort lautet: „Eliminie­ren!“

Als der Doktor auf der Bühne erscheint, ist der Kampf leider schon im Gange, und in die Auseinandersetzungen mischt sich uneinsichtiges britisches Militär und eine Forschergruppe ein, die von dem Timelord relativ schnell auf Kurs gebracht wird. Aber bedauerlicherweise sind nicht nur die Daleks die Gegner, sondern es gibt darüber hinaus auch noch Marionetten und kri­minelle Sympathisanten auf der menschlichen Seite, es gibt Verräter und Intriganten. Und der Doktor, undurchsichtig und schweigsam wie immer, gerät schnell in Teufels Küche, mitten zwischen die Fronten des tobenden Bürgerkriegs der Daleks, der nichts und niemanden schont und schnell die Form eines Parti­sanenkampfes mitten in London annimmt …

Dieser erste Doctor Who-Roman, den ich las, hinterließ in mir ei­nen zwiespältigen Leseeindruck. Zum einen war ich natürlich durch Aaronovitchs Vorwort gewarnt, dies sei gewissermaßen eine „Jugendsünde“, ein Romanerstling, der mit deutlich mehr Engagement als stilistischem Geschick geschrieben sei. Das sagte der Autor 22 Jahre nach Abfassung der unverändert abge­druckten Geschichte, und das erwies sich auch als sehr ge­scheit, denn vieles in dem hochdramatischen Roman mit seinen hastigen, schnellen Blenden und stakkatohaften Sätzen erinner­te mich sehr an meine frühe Heftromanlesezeit und den Duktus eines Kurt Brand in der Ren Dhark-Serie (den Duktus habe ich damals bereitwillig in meine frühen eigenen Geschichten über­nommen, deshalb war er mir immer noch so vertraut).

Zum anderen fand ich es aber interessant, ein ausführlich aus­formuliertes Abenteuer des Doktors zu lesen und seine Todfein­de, die Daleks, in Aktion zu erleben. Nachteilig dabei blieb, ich deutete es eingangs an, dass der Roman klar für Insider ge­schrieben wurde. Die Beschreibung des Doktors und des ganzen Umfeldes blieb eher ein wenig unscharf und vage, gemäß dem Motto: das kennen die Leser doch alles schon aus der Fernseh­serie, darauf brauche ich keinen Wert zu legen. Die Balance zwi­schen Beschreiben und Agieren in der Handlung lag sehr deut­lich auf dem Agieren, was die Geschichte vielfach sehr atemlos gestaltete und, wegen der erwähnten hastigen Blenden, auch etwas unübersichtlich gestaltete. Ehe man recht verstanden hatte, wer auf welcher Seite stand und warum und wieso gewis­se Personen so handelten, wie sie handelten, waren oft schon mehrere Seiten und zig Blenden Vergangenheit.

Bedauerlich ist, dass der Grund, warum die „Hand des Omega“ vom Doktor auf der Erde deponiert wird, so völlig diffus bleibt, einfach ein Mittel zum Zweck, das im Verlauf der Handlung für mancherlei Überraschungen gut ist (ich deute nur mal an: schwebender Sarg, energetisch aufgeladener Baseballschläger). Die Handlungsweise des Doktors ist auch lange Zeit völlig indif­ferent geschildert, und die Vielfalt an Protagonisten sorgt für Unübersichtlichkeit. Insbesondere die menschlichen Dalek-Sym­pathisanten erscheinen quasi unmotiviert aus dem Nichts, wie sie zu ihren Rollen kommen, bleibt in der Regel unklar. So hat man mitunter das Gefühl, eine Art von sehr schnell geführter Schachpartie zu verfolgen, wobei Menschen wie Daleks die Figu­ren darstellen.

Die strategischen Winkelzüge der Daleks werden zwar recht so­lide durchleuchtet, aber da ausführliche Blenden Seltenheits­wert haben, gewinnt der Leser den Eindruck eines Films mit zu wenig Bildern pro Sekunde, so dass eine Art literarischer Strobo­skopeffekt entsteht, der eine besonders genaue Leseweise er­zwingt. Das kann schon ein wenig anstrengend auf die Dauer sein. Da ist die Geschichte durchaus nicht so leserfreundlich, wie sie vielleicht hätte sein können.

Meine Empfehlung für geeignete Leser ist also diese: Wer eine erhebliche Zahl der alten Episoden der 1963er-Serie (nament­lich mindestens die ersten zwei, drei Zyklen) angeschaut hat und sowieso eine Menge für die Daleks übrig hat, ist ganz gut gewappnet, um dem Handlungsstrom der Serie zu folgen. Wer über diese Erfahrungen nicht verfügt, sollte vielleicht besser die Finger von der Geschichte lassen. Sie ist sehr auf Tempo, Dra­matik und Action geschrieben und darum für Einsteiger eher nicht geeignet.

Bei meinem eigenen Informationshorizont, die Serie betreffend, war es eine interessante Leseerfahrung, stilistisch etwas grenz­wertig. Der Übersetzer Axel Merz, der früher etwa Peter F. Ha­milton übersetzt hat, versuchte zweifellos, das Beste aus der vorliegenden Vorlage zu machen. Gleichwohl ist lediglich ein Buch für eingefleischte Fans herausgekommen. Ich hätte mir doch deutlich mehr Tiefgang gewünscht, wiewohl es interessan­te Ansätze (z. B. zu britischem Rechtsextremismus und Rassis­mus gibt).

© 2019 by Uwe Lammers

Ja, das ist eine ziemlich frische Lektüre, eingestanden. Und mit der Rezension der kommenden Woche setze ich das muntere Kontrastprogramm wieder fort. Wir begeben uns auf histori­schen Pfaden in den Himalaya und ins 19. Jahrhundert. Was wir da suchen? Ah, lasst euch überraschen!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 Wer Näheres zu ihrer Person erfahren möchte, sollte sich den ausführlichen WIKIPE­DIA-Eintrag zu „Doctor Who“ unter dem Abschnitt „Begleiter“ ansehen. Für die Rezen­sion würde das jetzt zu weit führen.

2 Was es ihnen, das sei hier kurz angemerkt, aber im alten DW-Zyklus „The Chase“ im­merhin ermöglicht, die TARDIS des Doktors durch Raum und Zeit zu verfolgen. Für Spezialisten und Neugierige: Es handelt sich dabei um den 16. Zyklus der Serie (Staf­fel 2), der die Episoden 72-77 umfasst und vom 22. Mai bis 26. Juni 1965 ausgestrahlt wurde. Ungeachtet seines Alters halte ich ihn für einen recht innovativen Zyklus, der besonders den Innovationsreichtum und die heimtückische Raffinesse der Daleks sehr in den Vordergrund rückt.

Liebe Freunde des OSM,

die Energie lässt rasch nach, und es ist wirklich höchste Zeit für mich, endlich wieder ein wenig zur Ruhe zu kommen – allein schon, um all das aufzuarbeiten, was zwischenzeitlich liegenge­blieben ist. Ich meine, das alles ist nachvollziehbar: mental bin ich durch die Corona-Schutzimpfung wie sicherlich auch viele von euch sehr angeschlagen (wenn auch, glücklicherweise, nicht erkrankt). Tägliche Arbeitszeiten bis 18 Uhr oder länger haben unter der Woche kaum Gelegenheit gelassen, daheim mehr als das Notwendigste aufzuarbeiten, und dieser ganze Ar­beitsstau drückt auf meine Seele und hält mich meist wirkungs­voll vom kreativen Schreiben ab.

Wie soll man dazu auch kommen, wenn die Projektgedanken ständig im Kopf herumschwirren, wenn Listen nicht aktualisiert werden können, Bücher der Verzeichnung harren, dringende Mails das entspannte Schreiben von Briefen verhindern und so weiter und so fort … insofern wundert euch nicht, wenn es hier derzeit nicht so vorwärtsgeht, wie ihr euch das sicherlich wün­schen würdest. Ich finde die Situation auch alles andere als ent­spannend.

Und dann zu wissen, dass mit neuen Arztterminen und dem wie­derholten Aktivwerden auf dem Arbeitsmarkt, um eine neue Be­schäftigung zu finden, weitere Beanspruchungen bevorstehen, erfüllt meine Seele auch nicht eben mit Frohlocken. Mag gut sein, dass mir das alles heutzutage mehr denn je zusetzt … ich werde halt auch nicht jünger. Wenn man zudem miterlebt, wie sich Todesfälle häufen und reihenweise vertraute Personen in den Ruhestand entschwinden, so ist das auch nicht sonderlich beru­higend.

Soviel als vorgeschobenes Lamento, das ihr in ein paar Monaten lesen werdet – ich schreibe diese Zeilen wie gewohnt in dieser Rubrik am Anfang des frisch angebrochenen Monats, in diesem Fall am 1. August 2021, und wenn ihr diese Zeilen lest, sieht die Welt für mich vielleicht schon wieder geordneter und besser aus. Hoffen wir es.

Wie also ist der Monat Juli unter dem Blickwinkel der ausgeleb­ten Kreativität verlaufen? Insgesamt konnten 22 Werke fertig gestellt werden, und es war wirklich recht viel OSM dabei. Aller­dings nichts wirklich originär Neues, das ist dann der Wermuts­tropfen. Im Detail sieht das dann wie folgt aus:

Blogartikel 447: Work in Progress, Part 103

13Neu 10A: Gehirn-Parasiten

Anmerkung: Die Arbeiten an der Digitalisierung von KONFLIKT 13 „Oki Stanwer Horror“ gehen langsamer voran als erwartet. Der Grund liegt in dem Entschluss, zusätzlich zu diesen Episo­den auch die handschriftlichen Entwurfsfassungen mit einzube­ziehen. Da ich sie durchgängig mit Seitenzahlen und Fußnoten versehe, kann ich nur strikt nach der Reihenfolge vorgehen, und manchmal habe ich einfach keinen Bock, so uralte und zum Teil geradezu grotesk unlogische Folgen abzuschreiben. Das zögert dann also alles hinaus.

Auch ist vielfach – weil ich es damals, anno 1983-1985, nicht besser wusste – schlicht die OSM-Physik außer Acht gelassen worden, was umfangreiche Kommentierungen und Richtigstel­lungen in den Fußnoten veranlasst. Das geht auch nicht mal eben nebenbei.

(DSj 57: Göttliche Erkenntnisse)

Anmerkung: Diese Geschichte, inzwischen über 60 Seiten lang, ist im Gegensatz zu den Abschriften wirklich OSM-Sprengstoff. Da steckt, obwohl ich fast fertig bin und nur noch den Schluss zu verfassen habe, so unendlich viel an wichtigen Informationen drin, dass es ein unglaubliches Vergnügen ist, daran zu arbei­ten.

Ich kam direkt im Anschluss an meine erste Corona-Schutzimp­fung am 5. Juli, während ich noch desolat mit den Impfneben­wirkungen laborierte, in eine Art von traumartigem Zustand und schrieb wie besessen an dieser Episode … ein toller Zustand. Ich musste nachher nur noch semantisch nachfeilen und die Tippfehler bereinigen, die entstanden waren. Aber allein an die­sem Tag kam ich 22 neue Textseiten weiter an dieser Geschich­te … sie wird nach meiner Einschätzung das OSM-Werk mit der Ziffer 2050 werden. Aktuell habe ich mit den kommentierten Abschriften gerade mal Band 2040 erreicht … ich habe also noch etwas Zeit, diese Geschichte zu vollenden. Dafür peile ich September 2021 an.

12Neu 120: Zwischen Feinden

12Neu 117: Die Rache der Baumeister

Anmerkung: Es mag euch wieder verwirren, dass die Episoden­ziffern hier so durcheinander gehen, wiewohl sie alle fertig ge­worden sind, und zwar auch in der richtigen Reihenfolge. Aber ich habe, weil so wenig freie Zeit an den Abenden zur Verfü­gung stand, mal an dieser, mal an jener Folge weiterarbeitet, um sie textlich abzuschreiben. Die hiesige Reihenfolge zeigt da­mit lediglich an, in welcher Reihenfolge sie in meine Storyhefte eingetragen worden sind. Ich habe nicht wirklich Band 120 vor Band 117 fertig gestellt, das wäre aus den obigen Gründen auch gar nicht möglich gewesen.

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“)

(Der Kristall-Gral – OSM-Story)

Anmerkung: Was den Anschein einer neuen Story macht, ist lei­der keine. Ich habe diese Geschichte, die auf der Kristallwelt nahe TOTAM spielt, im März 1990 begonnen, aber sie existiert bislang nur in einer analogen Fassung. Ich kann noch nicht sa­gen, wann ich sie fertig digitalisiert haben werde – wiewohl es nur wenige Seiten sind – und noch weniger, wann ich sie weiter­schreiben kann. Da müssen wir uns alle mal überraschen las­sen.

12Neu 116: Sturm an der Peripherie

(12Neu 124: Die Planetenfestungen von Zyoth-Soon)

12Neu 121: Das Domizil der Macht

(12Neu 123: Soffrols Armee)

(Unter falscher Flagge – Erotic Empire-Story)

13Neu 10: Gehirn-Parasiten

(Glossar der Serie „Oki Stanwer Horror“)

13Neu 11: Zuduma

(12Neu 125: Raumschlacht in Maran-Ghaal)

(Blogartikel 500: Oki Stanwers Kinder)

Anmerkung: Das war dann ein spontaner Einfall, der der Zeit noch weit vorauseilt, selbst vor Corona-Zeiten wäre das so ge­wesen. Dieser „Jubiläumseintrag“ wird noch geraume Zeit brau­chen, ehe er veröffentlicht wird. Ich hoffe aber zuversichtlich, den Beitrag selbst im August 2021 schon fertig schreiben zu können. Vorarbeiten tue ich auf dem Sektor der Blogartikel, wenn es meine strapazierte Zeit zulässt, sowieso, namentlich bei den Rezensions-Blogs, die ihr hier nicht zu sehen bekommt.

Doch, ich denke, auf diesen Eintrag, von dem ich noch nicht sa­gen kann, wie umfangreich er werden wird, könnt ihr gespannt sein.

(E-Book BdC 2: Gestrandet in Bytharg)

12Neu 122: Blick in die silberne Hölle

12Neu 119: Der Rettungsanker

(Gold – Erotic Empire-Novelle)

(13Neu 12A: Saurier-Angriff)

Anmerkung: Das hier ist – wie auch die hierauf fußende Vollver­sion – eine schwierige Sache im Rahmen des OSM. Dazu muss ich kurz etwas ausholen, um das begreiflicher zu machen.

Als ich in den Jahren 1983-1985 an der OSH-Serie (heute im Di­gitalisat 13Neu) schrieb, war ich noch stark von Horror-Heftro­manserien beeinflusst. Die Folge war, dass auch die Serie „Oki Stanwer Horror“ in Unkenntnis der TOTAM-Physik sich topoi-bedingt stark an diese Romanserien anlehnte. Und da ich da­mals Leiter eines Weird Fiction-Clubs war, LOVECRAFTS ERBEN, und zudem darum bemüht, Brieffreunde in meine seriellen Schreibprozesse einzubinden, bezog ich zwei von ihnen in diese Serie als Coautoren ein.

So entstanden die Episoden 12A und 12 sowie die Nummer 19 der Serie. Sie blieben zwar Teile der Serie, erhielten aber nach­her, als ich die OSM-Werke durchnummerierte, ebenso wenig OSM-Kennziffern wie meine eigenen Geschichten der Serie „Die Abenteuer der Galax II“, die zwar auch mit OSM-Topoi spielt, und zwar deutlich stärker als die drei genannten Episoden aus der OSH-Serie, sie sind aber so „strange“ vom Inhalt her, dass sich eine Einbeziehung von vornherein verboten hat.

Was nun die drei OSH-Episoden angeht, so betone ich ausdrück­lich, dass diese Werke lediglich von mir im Rahmen der Digitali­sierung abgeschrieben und kommentiert werden. Sie erhalten weder eine OSM-Kennziffer noch habe ich sie in irgendeiner Weise in der Ausarbeitung des BUCHES „DER CLOGGATH-KON­FLIKT“ oder der darauf fußenden E-Book-Serie inhaltlich weiter verwendet. Sie sind einfach ersatzlos unter den Tisch gefallen, wie dies beispielhaft bei manchen „schlichten“ und für die Handlungsführung eines Zyklus in der Perry Rhodan-Serie im Rahmen der Umarbeitung in die Silberbände auch vorgekom­men ist.

Dies fiel mir umso leichter, als sie strukturell – ich deutete es oben an – zu sehr an die Horror-Heftromane angeschlossen wa­ren und ihr Inhalt nichts Wesentliches zur Serienhandlung bei­trug. Es versteht sich darum wohl auch von selbst, dass ich nach diesen enttäuschenden Resultaten seit 1985 keine Anstal­ten mehr machte, für den OSM Coautoren zu suchen … viel­leicht wird sich das beizeiten mal ändern, aber vorläufig sehe ich dazu keine Veranlassung.

13Neu 11A: Zuduma

(13Neu 12: Saurier-Angriff)

(Die Kolonie Saigon II – Erotic Empire-Roman)

(12Neu 126: Finale für CROSSATH)

(12Neu 127: Flucht nach Pholyar)

(13Neu 13A: Eisleichen)

Anmerkung: Auch das ist ein Problemkandidat. Ich habe diese Episode inzwischen komplett abgeschrieben, aber – weil der Ge­samtschreibhorizont der Serie bis hierher noch nicht gediehen ist – noch nicht kommentiert und an den Digitalisatkorpus ange­schlossen.

Wer später mal die Serie „Oki Stanwer Horror“ genauer an­schaut, wird den obigen Titel übrigens vergebens suchen. Warum dies? Weil a) die Handlung ausnehmend schwachsinnig war und b) wesentliche Inhaltsteile (goldene Runengabeln, Maaraans Eisleichen, Grauhäutige) schon ein reales Jahr spä­ter zentrale Bestandteile der Nachfolgeserie von OSH wurden, also von KONFLIKT 18, „Kampf gegen TOTAMS Dämonen und Schergen“.

So wurde diese Episode in einen Materialordner verbannt, statt­dessen schrieb ich OSH 13 unter dem Titel „Der Luft-Teufel“ völlig neu. Nur für die vollständige Digitalisaterfassung wird die­se handschriftliche Episode aufgenommen.

(Rhondas Aufstieg – Archipel-Roman)

(Roxanne – Archipel-Story)

(12Neu 128: Das letzte Ultimatum)

Anmerkung: Mit diesem Band erreichen wir dann den Endpunkt des KONFLIKTS 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“. Ich bin zuversichtlich, da schon Band 122 aktuell vollständig textlich erfasst ist, im Monat August diese Serie abschließend digitali­sieren zu können. Danach kann ich mich dann endlich den vie­len anderen Baustellen widmen, die es noch gibt.

(DM 56: Brückenschlag der Nosh)

Und das war dann das sehr durchwachsene Endergebnis dieses Monats. Ich war unterwegs auf vielen Baustellen, aber auf eini­gen ging es tatsächlich vorwärts. Das ist doch ein gutes Zeichen für den Monat August, der noch vor mir liegt. In vier Wochen werdet ihr in dieser Rubrik sehen, ob dieser Optimismus ge­rechtfertigt war oder mir wieder mal, wie so häufig, etwas da­zwischenfunkte.

Bis zur nächsten Woche bleibt auf alle Fälle gesund und neugie­rig!

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 345: Crossfire 5/E: Vollendung

Posted März 30th, 2022 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

hier kommen wir dann an das sinnbildliche Ende der Fahnen­stange. Nachdem die bisherige „Trilogie“ dieses Zyklus sich schon in einen voluminösen Vierteiler verwandelte, schließt Sylvia Day mit dem fünften Band endlich ihren Romanzyklus um Eva Tramell und Gideon Cross ab … ich fand den Schluss an manchen Stellen zwar nicht rundum befriedigend (Details wei­ter unten), aber immer noch sehr angenehm lesbar und höchst unterhaltsam.

Sowohl die Erotik wie die Dramatik werden hinreichend bedacht, mit der Konsequenz, dass ein sehr kurzweiliges Lese­vergnügen entstanden ist. Sehr viel mehr Einleitungsworte ma­che möchte ich gar nicht, da die Rezension selbst doch sehr in die Details gegangen ist, die ich vor gut drei Jahren schrieb. Aber seht euch das am besten mal selbst an:

Crossfire 5 – Vollendung

(OT: One with you)

Von Sylvia Day

Heyne 54580

November 2016

544 Seiten, TB, 9.99 Euro

Aus dem Amerikanischen von Nicole Hölsken

ISBN 978-3-453-54580-9

Es ist also amtlich: Eva Tramell und Gideon Cross haben gehei­ratet – heimlich zwar und von den Medien unbemerkt, aber ja, sie sind nun Mann und Frau, und in einer normalen Geschichte könnte man jetzt zur Tagesordnung übergehen. Aber wir sind nicht in einer normalen Geschichte, sonst hätte sich die Autorin diese gut 500 Seiten ja auch sparen können.

Wir befinden uns in einer problematischen Situation mit sehr besonderen Menschen, und naturgemäß sorgt die Enthüllung der heimlichen Hochzeit erst einmal für jede Menge Komplikationen. Eva ist schließlich eine Angestellte der Werbeagentur Waters Field & Leaman, während ihr Mann der Kopf des Konsor­tiums Cross Industries ist, ein viele Millionen Dollar schwerer Magnat mit einer durchaus unschönen Vergangenheit. Sie ha­ben beide eine komplizierte Vergangenheit, um es konkreter zu sagen.

Während Eva jahrelang selbst gegenüber ihrem leiblichen Vater Victor Reyes ein Geheimnis daraus gemacht hat, dass ihr Stief­bruder Nathan Barker sie als Kind vergewaltigte, ist Gideon von seinem Therapeuten Hugh missbraucht worden, ihm wurde aber nie geglaubt – mit der Konsequenz, dass Gideon ein zutiefst ge­störtes Verhältnis zu seiner eigenen Familie hat.

Zwar konnte Gideon den Alptraum seiner Frau beenden, indem er Nathan heimlich tötete und der Mord einem russischen Killer in die Schuhe geschoben wurde, der bald darauf selbst starb. Doch die Schatten der Vergangenheit verfolgen die beiden wei­ter. Insbesondere bei Gideon tauchen rachsüchtige Frauen aus seiner Vergangenheit auf, die auf infame, bisweilen auch ver­zweifelte Weise versuchen, die Liebenden wieder zu trennen.

In dem innigen Wunsch, Eva vor solchen Gefahren zu schützen, überreagiert Gideon. Er ist mit solchen Situationen nicht ver­traut, so abgeschottet, wie er bislang im sozialen Bereich gelebt hat. Menschliche Nähe bereitet ihm qualvolle Probleme, und so fallen denn auch die Besuche bei Evas Familie anfangs aus. Und er neigt dazu, seine Frau so in einen Überwachungskordon ein­zuspinnen, bis sie sich schließlich völlig dagegen sträubt.

Evas Rezept gegen diese Überfürsorglichkeit besteht aus meh­reren Komponenten, die Gideon fast zur Verzweiflung treiben: einmal insistiert sie, dass für die enttäuschten Verwandten nun doch eine richtige Hochzeit stattfinden soll. Hier können sich die beiden immerhin auf einen Termin einigen – den 22. September, Gideons Geburtstag, auch wenn das Evas Mutter Monica Tramell Stanton zum Wahnsinn treibt, da das keine anderthalb Monate mehr entfernt ist und sie meint, in dieser Zeit nie und nimmer eine „standesgerechte“ Heirat organisieren zu können.

Auf der zweiten Schiene entscheidet Eva allerdings, Gideon ei­nen Teil der Lasten abzunehmen und für sich selbst zu kämpfen, um zu beweisen, dass sie nicht hilfloser Spielball des Schicksals ist. So nimmt sie die Auseinandersetzung mit der Psychologin Anne Lucas auf, was sich leider als sehr viel gefährlicher er­weist, als sie in ihren kühnsten Alpträumen denken könnte.

Und zum dritten entschließt sie sich dazu, den Rat ihres ge­meinsamen Therapeuten anzunehmen und die tägliche, heiße sexuelle Dosis auf nahezu null zu reduzieren. Will heißen: „Kein Sex mehr bis zum Hochzeitstermin!“ Ein Alptraum für Gideon Cross, der sonst geradezu zwanghaft mehrmals täglich Sex mit seiner geliebten Eva hat (und den genießt sie nicht minder und kann selbst nicht genug bekommen). Auch wenn es sich dann nur noch um drei Wochen handelt, ist das für beide schier uner­träglich.

Wie kommt sie dennoch auf diesen Gedanken und will ihn durchsetzen?

Nun, sie erkennt, dass ihr Therapeut Recht hat: sie beide benut­zen Sex als Mittel zur Betäubung der Gedanken, zur Lösung von Problemen, die natürlich dennoch weiter bestehen. Auf diese Weise, da ist sie mit dem Arzt einer Meinung, müssen sie sich beide den aus dem kindlichen Missbrauch resultierenden sozio­pathischen Verhaltensweisen stellen. Gideon leidet bekanntlich unter so grässlichen Alpträumen, die bisweilen in gewalttätige somnambule Aktionen umschlagen, dass er seine eigene Frau dabei bedroht. Und sie selbst neigt zu Unselbständigkeit, zu ei­ner ihr selbst unangenehmen Form der automatischen Unter­ordnung, mit der sie nicht klarkommt. Immerhin ist sie nach New York gekommen, um die Kontrolle über ihr Leben zu gewin­nen, sich aus der kontrollierenden Umklammerung ihrer Mutter zu lösen und ein selbstbestimmtes, karrierebewusstes Leben zu führen.

Also ist es an der Zeit, die Kontrolle über die eigenen Handlun­gen zu erlangen. Die Vergangenheit ruhen zu lassen, vorwärts zu blicken. Das schließt auch so etwas wie einen „Junggeselle­nabschied“ ein, und den planen die Freunde von Eva und Gide­on getrennt für beide und, noch schlimmer, für beide an Orten, die Tausende von Kilometern voneinander entfernt liegen. Das ist natürlich eine besonders harte Anfechtung, und es geht auch prompt schief.

Aber das ist nicht das Schlimmste. Es gibt ein Geheimnis, auf das Gideons Rechercheure auf einmal stoßen, das geeignet ist, die Beziehung der beiden Liebenden grundlegend zu zerrütten. Und dann sind da noch ihre Feinde, die schließlich selbst vor Mord nicht zurückschrecken …

Der Schlussband des „Crossfire“-Zyklus (denn um eine Trilogie handelt es sich ja nun längst nicht mehr) ist wieder für die Fans von Eva und Gideon ein süffiges, schönes Abenteuer, das dies­mal mit noch etwas weniger heißblütigem Sex daherkommt als der vierte Band – das ist allerdings eine konstitutive Notwendig­keit.

Warum das? Nun, weil es hier wesentlich um Normalisierung der Familienbande geht, und das bedeutet, es wird relativ viel psy­chologisiert, gestritten, aber eben auch harmonisiert. Gideons Träume tauchen nun viel stärker in der Handlung auf, auch Evas Träume nehmen eine durchweg seltsame Form an. Rätselhafte Bezüge zu manchen Handlungspersonen der vorherigen Bände gewinnen an Plausibilität und Kontur, aber in mancherlei Bezie­hung werden dann Erwartungen des Lesers nicht bestätigt. So hatte ich etwa gehofft, dass aus der Person der Ireland Vidal noch etwas mehr werden würde. Der Nebenhandlungsstrang um Evas Freund Cary Taylor dümpelt eher vor sich hin und ver­landet schließlich etwas unbefriedigend.

Auch einige andere Chancen werden bedauerlicherweise völlig verschenkt, die der Handlung eine andere Wendung gegeben hätten – beispielsweise diese Rede Gideons bei der Crossroads-Stiftung. Das hätte ein wirklich starkes Statement werden kön­nen, aber die Autorin hatte offenkundig andere Pläne. Und so niedlich beispielsweise der Handlungsstrang um den süßen Hund Lucky sein mag … ich glaube, die Autorin hat ihn nicht gründlich durchdacht. Wann sollte Gideon jemals Gelegenheit haben, ihm den täglichen Auslauf zu lassen, den ein Hund nun einmal braucht? Davon ist nie die Rede, so dass ich doch daran zweifeln muss, ob sie selbst Hundehalterin ist – das wäre ihr so­fort aufgefallen.

Natürlich ist es gut, dass sich manche Probleme schließlich auf­klären lassen. Ebenso gefiel es mir, endlich intensiver in Gide­ons bislang doch stiefmütterlich behandelten Freundeskreis ein­dringen zu können. Ob die Turbulenz um Monica Tramell letzten Endes notwendig gewesen wäre, lasse ich mal dahingestellt sein. Ich hätte mir für sie etwas anderes gewünscht, nicht zu­letzt deshalb, weil Richard Stanton, ihr dritter Ehemann und Stiefvater von Eva, bis zum Schluss bedauernswert blass bleibt. Was mir als Romantiker allerdings besonders traurig in Erinne­rung bleibt – auch hierfür gibt es gewisse Hoffnungsmomente in der Geschichte, die die Autorin aber kategorisch nicht erfüllt – , das ist die Erkenntnis, dass sie Eva und Gideon das Kinderglück letztlich verweigert.

Zugegeben, es wäre superkitschig gewesen, die Geschichte mit Evas Schwangerschaft und dem Anblick kleiner Kinder zu voll­enden. Aber ganz im Ernst: darauf haben die Leserinnen und Le­ser sich doch wirklich am intensivsten gefreut, nicht wahr? Einer jungen, schönen und so sexuell gesunden und aktiven Person wie Eva hätte man das am allermeisten gewünscht. So betrach­tet ist also die „Vollendung“ im Titel leider ausgeblieben.

Und ich fand auch, dass der Roman ungeachtet seiner schönen Lesbarkeit und der meist schön gezeichneten Charaktere und der liebevollen Ausgestaltung des Settings einige unübersehba­re Längen aufwies und am Schluss mit einer Spur des Bedau­erns geschlossen wurde. Ausdrücklich aber nicht deshalb – wie es bei sehr guten Romanen der Fall sein sollte – , weil das Lese­abenteuer vorbei ist, sondern weil am Schluss etwas Entschei­dendes gefehlt hat, das die Geschichte abrundete.

Nein, ich denke nicht, dass es einen sechsten Band geben wird. Aber Kinder wären am Schluss schon optimal gewesen … wer weiß, vielleicht gönnt die Autorin ja in anderen ihrer Romane den Protagonisten diese Erfüllung, ich hoffe es sehr.

Abgesehen von diesen Wermutstropfen finde ich jedoch den Ro­man höchst lesbar – und Fans der Autorin oder der beiden Hauptpersonen muss man wohl nicht dazu überreden, ihn zu le­sen. Es ist in jedem Fall gut investierte Lesezeit.

© 2018 by Uwe Lammers

In der kommenden Woche schwenken wir wieder total um, dies­mal ins Genre der Science Fiction … und es geht um eine briti­sche SF-Kultserie, nämlich „Doctor Who“.

Neugierig geworden? Gut so, in der nächsten Woche erhaltet ihr die Details zu der Andeutung.

Bis dann, Freunde, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Blogartikel 451: Legendäre Schauplätze 25: Yiopür

Posted März 27th, 2022 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

er hängt unscheinbar und staubgrau am Himmel wie unser hei­mischer Erdtrabant Luna – der Mond Yiopür. Er umkreist in der inneren Peripherie der Ringgalaxis Leucienne den unterentwi­ckelten Planeten Höolyt, auf dem sich eine Spezies von großen Käferwesen, die Oheetirs, den Weg zu einer technischen Kultur erkämpft hat.

Und am Himmel hängt unerreichbar fern der atmosphärenlose und gänzlich reizlose Mond Yiopür. Soweit es die Raumfahrtnationen Leuciennes erkundet haben, sind die Oheetirs von so etwas wie der Raumfahrt noch weit entfernt … und doch ist das offenkundig nicht ganz die Wahrheit, und Yiopür spielt dabei eine dramatische wie entscheidende Rolle.

Wir befinden uns im KONFLIKT 21 des Oki Stanwer Mythos (OSM), an der ich seit dem 30. Januar 1988 schreibe, und so lange ist auch Yiopür bereits ein Thema, denn in der Serie „Oki Stanwer – Fürst von Leucienne“ (FvL) fangen die Probleme ex­akt hiermit an.

Leucienne ist in zwei große Machtblöcke aufgeteilt – den galaktischen Rand dominiert das quasi-stalinistische Regime der bärengestaltigen Meshorer, die als ideologische Betonköpfe gel­ten. Sie suchen immer wieder einen Vorwand, um gegen die Vielvölkerallianz, die unter der Leitung des humanoiden Volkes der Sinarer steht, vorzugehen. Sie lauern auf einen Präzedenz­fall, den sie DIE PROVOKATION nennen. Die Sinarer versuchen natürlich ihrerseits, genau das zu vermeiden.

In der Mitte zwischen diesen Blöcken agiert der multiethnische Forschungsverbund der Lyosh-Cevaan. Die LC-Angehörigen un­tersucht primär historische Hinterlassenschaften, darunter be­sonders so genannte „Fürsten-Stationen“. Denn vor vielen tau­send Jahren war Leucienne, damals noch unter dem Namen „La Sheem jol Karrah“ (Die Ebene des Lichts) bekannt, Kriegsschau­platz zwischen einer Vielvölkerallianz, der TAA PHESKOO, und dem „Ewigen Reich“. Um die diffusen Vorgänge der Vergangen­heit rings um den „Fürsten“ der TAA PHESKOO aufzuhellen, wer­den so genannte „Fürsten-Stationen“ gesucht und exploriert.

Was hat das alles mit Yiopür, diesem unscheinbaren Mond, zu tun? Geduld, Freunde, Geduld. Ich bereite gerade erst das Ter­rain vor.

Eine dieser Fürsten-Stationen ermittelt eine LC-Mission auf dem Planeten Höolyt. Doch dessen System liegt direkt im Schnittbe­reich des meshorischen Reiches mit der Einflusssphäre der Sina­rer – eine LC-Mission dort könnte von den Meshorern schnell als Spionage ausgelegt werden und zur PROVOKATION führen, mit­hin zu einem galaktischen Krieg.

Jetzt ist also Fingerspitzengefühl gefragt, und die LC-Mission landet im Geheimen auf Höolyt … und wird von den Oheetirs entdeckt!

Von Oheetirs, die über Hochenergiewaffen verfügen und ein massives Raumfahrtprogramm betreiben! Ziel der Käferwesen: Eine Operation, die „Unternehmen Gipfelsturm“ heißt und was zum Ziel hat? Genau, den Mond Yiopür!

Nur ein Angehöriger der Mission, der Thevoner Braschon, kann der Gefangenschaft entgehen und – abenteuerlicherweise durch die Begegnung mit einem meshorischen (!) Agenten namens Gehoor, der ebenfalls hier inkognito unterwegs war – den Plane­ten wieder verlassen. Die anfängliche Vermutung Braschons, die Meshorer hätten die Oheetirs aufgerüstet, ist ebenso ver­kehrt wie die Gehoors, die Sinarer hätten dies getan.

Stattdessen ist ein vermeintlich legendärer Feind dafür verant­wortlich: Das Ewige Reich! Und hinter dem Ewigen Reich steht niemand anderes als TOTAM.

Tja, Freunde, und damit sind wir mitten im Zentrum des Oki Stanwer Mythos angelangt.

Die von einem Dämon von TOTAM beeinflussten Oheetirs schicken Aberhunderte von Raumfahrern – und die gefangenen Lyosh-Cevaan-Angehörigen – zum Mond Yiopür, der damit in den Brennpunkt des Geschehens rückt.

Der Mond ist nicht ganz so unspektakulär, wie man annimmt, sondern er weist in einem Krater ein rätselhaftes intergalakti­sches Transmitterportal auf, das offensichtlich von der High­techspezies der Baumeister erschaffen, aber auch blockiert wurde. Der Dämon räumt das Hindernis aus dem Weg, und nun können die Oheetir-Truppen direkt das dahinter liegende Ziel an­steuern: eine ferne Welt, die in einer Galaxis namens Bytharg liegt und auf den geheimnisvollen Namen EWIGKEIT EINS hört.

Und hier wird es dann ganz wahnsinnig für die armen Gefange­nen der Lyosh-Cevaan … denn sie begegnen leibhaftigen leben­den Skeletten, den Totenköpfen, und ihnen wird klargemacht, dass Yiopür und Höolyt ab sofort Aufmarschgebiete des Ewigen Reiches sind. TOTAM schickt sich an, wieder nach Leucienne zu greifen.

Das allein wäre schon schlimm genug … aber bedauerlicherwei­se ist das noch nicht alles. Denn wir erinnern uns: zwei Gestran­deten war die Flucht von Höolyt geglückt.

Während Braschon bei seinen Vorgesetzten eigenartigerweise auf taube Ohren stößt und man von einer Rettungsmission der Gestrandeten nichts wissen möchte (vom „Unternehmen Gipfel­sturm“ weiß ja niemand), verläuft die Rückkehr des Koordina­tenwächters Gehoor auf seine Heimatwelt Mesaron deutlich an­ders.

Er wird als Hochverräter behandelt … aber man gibt ihm nach einer brüsken Rangrückstufung eine zweite Chance – die me- shorische Führung betrachtet seine Erläuterungen vom „Ewigen Reich“ als eine Form von Psychogeschwätz der Sinarer und schickt nun eine Armee nach Höolyt, um dort für Ordnung zu sorgen.

Gehoors zweite Chance besteht darin, als einfacher Rekrut in Colonel Gonloors Armee an dem Feldzug teilzunehmen und sich zu beweisen. Auf einem Feldzug, der sichtlich von völlig falschen Voraussetzungen ausgeht. Gehoor schwant Schlimmes … aber wie schlimm es wird, entzieht sich vollkommen seiner Vorstellung.

Die Armee landet planmäßig auf dem Mond Yiopür, um dort die vermeintlich leicht zu überrumpelnden Oheetir-Astronauten zu überwältigen. Doch leider stoßen sie nicht auf Oheetir-Astronau­ten, sondern auf eine grässliche Überraschung, die sich niemals jemand von den atheistischen Meshorern ausgemalt hätte.

Ich glaube, ich sollte das mal einfach durch einen Auszug illus­trieren, damit klar wird, in was für einem grässlichen Alptraum die meshorischen Elitesoldaten auf dem scheinbar so unspekta­kulären Mond Yiopür landen:

Lundaar steckte in einem Alptraum fest und konnte nicht erwachen.

Der junge, schmalbrüstige Rekrut, der in Gehoors Gruppe gedient hatte und wie er zur 8. Rauminfanteriebrigade gehörte, war mit drei Kameraden, Nohaar, Trendool und Junaay unterwegs gewesen, um eines dieser lang gestreckten Mannschaftsquartiere zu untersuchen, aber schon kurz nach dem Durchqueren der ständig aktiven Ionenbarriere, die die Atmosphäre im Innern hielt, war ihnen klar geworden, dass sich hier niemand befand: Die Temperaturen lagen auf minus 98 Grad, alles war mit Frost und Rauhreif bedeckt, die sonst elastischen Membra­nen der eng übereinander liegenden Schlafkasematten erwiesen sich als steif wie Bretter. Sie brachen, wenn man sie aufbog.

Nirgendwo Oheetirs.

„Das ist eine unheimliche Sache“, meinte Trendool unbehaglich. Das musste gerade er sagen, der die Sternendämonen nun wahrlich nicht fürchtete. Er war ein Hüne von Meshorer und konnte jeden Gegner mit einem einzigen Faustschlag problemlos zu Boden schicken. Höchstens Gehoor wäre wohl stärker gewesen, aber der hatte nie auf Herausforderungen während der Ausbildungszeit reagiert.

Und ausgerechnet Trendool bekam kalte Füße.

„Na komm … erzähl nicht so einen Unfug! Wir haben doch halb und halb mit so etwas gerechnet“, versuchte Junaay ihn aufzumuntern.

„Ja … schon … aber denk doch mal nach – das ist eine total lebensfeindliche Umgebung. Wo würdest du denn hingehen, wenn du hier oben wärst? Dich frei­willig in der VAKUUMKAMMER aufhalten? Die müssten doch irre geworden sein!“

„Angesichts einer solchen Umgebung wohl nicht unrealistisch, hm?“

„Außerdem: wer versteht schon KÄFER, hm? Daheim machen die auch die dümmsten Sachen, wenn man sie fängt. Warum soll das bei denen hier viel an­ders sein …?“

Sie verließen nachdenklich die Unterkunft wieder und meldeten ihren Sektor feindfrei.

Sie waren noch nicht weit gekommen, als die rote Feuerkugel weit über ihnen zerplatzte und einen gleißenden Funkenregen über die Landschaft sandte.

Das war der Moment, in dem es Lundaar ebenfalls mit der Angst zu tun bekam. Er drehte sich zu seinen Freunden um und sagte: „Meint ihr, das ist ein Angriffs­zeichen …?“

Keine Resonanz.

Erschrocken drehte sich der junge Meshorer um und sah, dass seine Kamera­den nach wie vor bei ihm waren. Die Münder der anderen bewegten sich, aber kein Ton kam an. Es war ein Anblick wie bei Fischen, die auf dem Trockenen nach Luft schnappten. Verstörend.

„Rekrut Lundaar … ich setze Sie davon in Kenntnis, dass die Funkkanäle so­eben zusammengebrochen sind. Wir sind nun autonome Einheiten.“ Die ebenso überraschende Meldung des Anzugcomputers ließ Lundaar zusammenfahren.

„Was?“

„Es existiert offensichtlich ein Störsender, der die Kontakte empfindlich beein­flusst. Ich rate dazu, eine Rückzugsbewegung zu den Schiffen durchzuführen.“

„Ja … aber … aber warum …? Ich meine … ich verstehe nicht …?“ Lundaar merkte, wie er Atemprobleme bekam. Sein Herz hämmerte wie verrückt und der Schweiß brach ihm aus. Oh, beim Staatsrat von Mesaron … so hatte er sich noch nie gefühlt!

„Ich erhöhe die Sauerstoffzufuhr. Wenn Sie ein Sedativum brauchen, um Ihre Nerven zu beruhigen …“

„Ich brauche nichts! Ich meine … ich würde gerne Funkkontakt mit meinen Freunden aufnehmen … mit meinem Truppführer … ich meine, mit irgendwem …“, stotterte er hilflos. Seine Blicke irrten wild umher, als könne er die Funkwellen, die ihn isolierten, irgendwie packen und umbiegen, damit sie ihre störende Wirkung einstellten.

Zwecklos.

Die drei Kameraden hatten inzwischen alle begriffen, was die Stunde geschla­gen hatte, und mühsam versuchten sie sich über Gesten zu verständigen. Den Grundkurs in Gestensprache hatten sie natürlich alle drei nicht besonders gut verinnerlicht, und in diesem Moment der Konfusion waren die Lektionen sowieso vergessen. Also improvisierten sie. Sie deuteten in Richtung auf die Raumschiffe.

„Ja, ja, ist ja schon gut“, murmelte Lundaar nervös und winkte ihnen bestäti­gend zu. Auch als die anderen ihre Waffen sicherheitshalber zogen, machte er es ihnen nach. Sie waren wohl überzeugt, dass ein Angriff bevorstand.

Und sie hatten Recht. Der Angriff erfolgte direkt hinter der Kante der nächsten Baracke. Aber leider waren es keine Oheetirs.

Die vier Meshorer stampften in ihren klobigen Kampfanzügen vor dem Lamel­leneingang des Gebäudes entlang, als um die Rundung des lang gestreckten Bau­es der Gegner erschien. Eine hoch gewachsene, hagere und ganz bleiche Gestalt, die sich mit der Grazie eines alassorischen Tänzers bewegte.

Alle vier Meshorer blieben stehen wie angenagelt.

‚Bei allen Sternendämonen! Bei allen Sternendämonen! Bei allen …’, wieder­holte Lundaars Verstand stereotyp das einzige, was ihm in den Sinn kam.

Der Anzugcomputer sekundierte beruhigend: „Es muss sich um eine optische Täuschung handeln, vielleicht einen getarnten Roboter. Der psychologische Wir­kungsgrad ist sehr hoch. Aber es kann sich nicht um das handeln, was du glaubst, Rekrut Lundaar. Du kannst dieses Gebilde durch konzentriertes Feuer zerstören.“

Der meshorische Soldat war unfähig, seine Waffe zu heben und abzudrücken. Er war zu allem unfähig, konnte nur mit weit aufgerissenen Augen stieren und existentielle, lähmende Panik empfinden.

Lundaar starrte das Wesen an, das geschmeidig und rasch näher kam: eine hu­manoide Gestalt, die allerdings völlig skelettiert war und aus schwarzen, leeren Augenhöhlen die Meshorer anstarrte. Die einzige „Kleidung“, wenn man sie so nennen wollte, war ein Brustpanzer, der die Schultern und den Rippenbereich ab­deckte und schmerzhaft glitzerte. Er schien aus schwarzem Kristall zu bestehen …

Das war um ein Haar Lundaars letzte Empfindung.

Er sah ein Knochenbein auf sich zufliegen und warf sich im Reflex zur Seite. Statt seiner Person wurde Nohaar getroffen und zurückgeschleudert. Ein Hand­kantenhieb des „Untoten“ erwischte den hünenhaften Trendool, traf ihn an der Halsbeuge und fällte ihn mit einem einzigen Schlag. Trendool stürzte schwer zu Boden und blieb regungslos liegen.

Lundaar rannte einfach los.

Einfach nur blind drauflos, irgendwohin. Er konnte nicht mehr denken!

Das einzige Geräusch in seiner Umgebung und seinen Ohren war dieser seltsa­me hechelnde Atem, den er erst verspätet als seinen eigenen erkannte, und ko­mische, schluchzende Geräusche, die er auch selbst hervorstieß.

Der Computer sagte irgendetwas, redete beschwörend auf ihn ein, aber Lun­daar war unfähig, zu verstehen, was. Er rannte und rannte einfach blindlings wei­ter. Stieß unvermittelt gegen ein Hindernis, kratzte wie verrückt daran herum, bis er, halbblind vor Angst, endlich begriff, dass es sich um einen Splitterwall handel­te, an dem er einfach entlanglaufen konnte. Er drehte sich, um genau das zu tun.

‚Ein Alptraum … das ist ein Alptraum … das ist nicht Wirklichkeit … es ist nicht Wirklichkeit … es ist nicht … kann nicht …’

Ein unmeshorisch harter Stoß traf ihn in den Rücken und warf ihn schmerzhaft bäuchlings in den Mondstaub. Eine harte, unnachgiebige Masse presste ihn mit einer Kraft gegen den Boden, dass er glaubte, auf der Stelle zerdrückt werden zu müssen. Er bekam keine Luft mehr, brachte keinen Ton mehr heraus …

Stahlharte Griffe rissen ihn herum und wischten dann fast zärtlich den klebri­gen Staub vom Visier fort.

Knochenfinger.

Ein Totenschädel grinste ihn an.

Lundaar kreischte, kreischte und kreischte.

Und dann prasselten die Knochenfäuste auf ihn nieder und brachten ihn zum Verstummen.

1

Die gesamte meshorische Streitmacht von 20.000 Soldaten wird binnen kürzester Zeit von den Totenkopf-Truppen TOTAMS über­wältigt. Gehoor hat unverschämtes Glück, denn er kann mit Mühe und Not entwischen … nach Höolyt, ohne Rückfahrschein. Und dort unten wird er anschließend sowohl von Totenköpfen als auch von Oheetir-Truppen gejagt.

Spätestens jetzt geht ihm auf, dass es weit schlimmere Dinge gibt als die drohende PROVOKATION, und dass mit dem Ewigen Reich ein Feind auf der Bühne erschienen ist, der keine Gnade kennt und für den nicht einmal der Tod ein Hindernis zu sein scheint.

Nur ist er dummerweise jetzt auf Höolyt gestrandet.

Und der Countdown TOTAMS zur Invasion in Leucienne hat be­reits begonnen …

Sagte ich schon, dass dieser unscheinbare kleine Mond ein le­gendärer Schauplatz ist, für mich jedenfalls seit mehr als 30 Jahren? Nun seid ihr ein wenig genauer im Bild.

Wie, ihr wollt wissen, wie es in dieser hochdramatischen Lage weitergeht? Das kann ich gut verstehen, und ich habe auch schon relativ genaue Vorstellungen davon, wie diese Geschichte weitergeht. Aber um das genauer zu erläutern, müsste ich jetzt noch etwas von der anderen Seite erzählen, von der zweiten Galaxis Bytharg ebendort, von den Korrelatorschleusen, dem Ayk-Netz, dem Totenkopf-Propheten und dem Aufstand der Un­toten … es ist eine sehr komplexe Geschichte, und ich habe oben nur den zarten Anfang davon skizziert.

Deshalb: Sobald diese Serie mal abgeschlossen ist, mache ich sie euch unbedingt zugänglich, aber das kann noch dauern. Ich hoffe, ebendort in diesem Jahr 2022 deutlich vorwärts zu kom­men, aber aktuell muss ich es leider bei diesem unbefriedigen­den Informationsstand belassen.

Soviel also für heute. In ein paar Wochen werde ich diese Arti­kelreihe dann mit dem Eintrag 26 beenden. Mal schauen, wie es dann weitergeht.

Bis nächste Woche, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 Vgl. dazu beizeiten den FvL-Band 19: „Brückenkopf Yiopür“, 2003, aus dem das Zitat stammt.

Rezensions-Blog 344: Der Tod ist mein Beruf

Posted März 23rd, 2022 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

es ist jetzt fast 20 Jahre her, dass ich dieses Buch gelesen habe, das im Gewand einer Autobiografie daherkommt, in Wahrheit aber mehrheitlich fiktional ist. Natürlich, die darin erscheinen­den und agierenden Protagonisten waren real, und die Verbre­chen ebenso. Auch kann man mit Fug und Recht annehmen, dass Robert Merle vor Abfassung des Romans gründliche histori­sche Recherchen betrieben hat, um jedes Detail akkurat und präzise darzustellen.

Der Rest indes ist – gelungene – Fiktion. Die Intention des Au­tors besteht darin, janusgesichtig einerseits die vergangenen Verbrechen des Protagonisten darzustellen … aber zugleich durch die Wahl der Erzählperspektive Emotionen beim Lesern auszulösen, die die Entscheidung nachhaltig beeinflussen, ob man es hier mit einem Monster zu tun hat oder nicht.

Aber ich würde sagen: entscheidet einfach selbst und lest wei­ter. Es lohnt sich.

Der Tod ist mein Beruf

(OT: La Mort est mon métier, 1952)

von Robert Merle

Aufbau-Taschenbuch-Verlag

304 Seiten, 11. Auflage, 2008

Übersetzt von Curt Noch

Bücher über den Zweiten Weltkrieg gibt es zahllose. Auch Wer­ke über Protagonisten dieses größten europäischen Krieges der Neuzeit sind wie Sand am Meer in den Buchhandlungen und Bi­bliotheken vertreten, und doch … und doch kann ich ohne den geringsten Zweifel sagen, dass mich kein Werk seit langem so dermaßen erschüttert und fassungslos gemacht hat wie dieses. Das hat zwei Gründe, die eng miteinander verzahnt sind.

Zum einen ist es hier nicht ein OPFER des nationalsozialisti­schen Terrors, das berichtet, wie sein Leben unter der Vorherr­schaft des Dritten Reiches verlief. Zeugenliteratur, darunter sehr bewegende und aufwühlende Werke wie „Renas Verspre­chen“ von Rena Kornreich Gelissen1, ist ein ebenso uferloses Gebiet wie die Sachbücher über das NS-Reich. Nein, hier wird die Geschichte eines Mannes erzählt, der auf der anderen Seite stand. Die Geschichte eines Täters, der bis in die höchsten Rän­ge der Gesellschaft aufstieg und einer der Hauptverantwortli­chen an den ungeheuerlichen Verbrechen der Nazis wurde.

Zum zweiten ist es die Form, in der dieser Bericht überliefert wird. Es ist eine Biografie. Ja. Es ist eine aus der Distanz ent­standene Romanbiografie. Ja. Doch darüber hinaus, und das macht die Geschichte so unerträglich und entsetzlich, so be­klemmend und wahnsinnig … darüber hinaus ist sie in der ers­ten Person Singular geschrieben.

Der erste Satz des Buches lautet: „Ich bog um die Ecke der Kai­serallee, böiger Wind und eiskalter Regen schlugen an meine nackten Beine, und ich dachte voll Angst daran, dass Sonn­abend war.“ Wir befinden uns im Jahre 1913, der Protagonist, der erzählt, ist 13 Jahre alt, ein kleiner Junge also, und der Leser hat Schwierigkeiten, sich klarzumachen, dass dieser Protago­nist, mit dem man sich von Anfang an unwillkürlich identifiziert, später einer der größten Massenmörder der deutschen Ge­schichte sein wird!

Der Junge hört in dem Roman auf den Namen Rudolf Lang, doch dies ist ein durchsichtig gewähltes Pseudonym, wie auch der Autor Robert Merle am Ende bereitwillig zugibt. „Rudolf Lang“, so schreibt er, „hat existiert. Er hieß in Wirklichkeit Rudolf Höß und war Lagerkommandant von Auschwitz.“

Es fällt schwer, das zu glauben.

Es fällt dem Leser über die Hälfte des Buches wirklich schwer, diesen Mann für ein monströses Ungeheuer zu halten, und wenn man als gewissenhafter Leser ehrlich ist … dann fällt es ihm auch gegen Ende des Buches noch schwer. Denn während des Lesens wächst widerwillig im Rezipienten ein Gefühl, das eigent­lich gar nicht aufkommen sollte, das aber aufkommen MUSS, damit man dieses Buch überhaupt lesen kann – es ist Verständ­nis. Verständnis für jenes Monstrum, dessen Genese man von den frühesten Kindertagen an verfolgen kann.

Robert Merle skizziert akribisch die Erziehung, das Elternhaus und das schulische Umfeld des jungen Rudolf, den strenggläubi­gen katholischen Vater, der möchte, dass sein Sohn Priester wird; der zugleich auf Frauen mit distanziertem Abscheu her­abblickt und dem einzigen Sohn unerbittliche Strenge und deut­schen Ordnungssinn einbläut.

Der junge Rudolf wird hin- und hergerissen zwischen Pflichter­füllung und Angst dem Vater gegenüber, er empfindet Bewun­derung für Soldaten, versucht im Ersten Weltkrieg selbst mehr­fach, minderjährig an die Front zu gelangen; als es ihm jedoch endlich gelingt, erweist sich sein unbedingter Gehorsam gegen­über Ranghöheren, seine Ehrlichkeit und seine Disziplin bald als Problem. Rudolf ist nicht kameradentauglich. Er ist nicht gesel­lig. Er ist gerne alleine, kann nichts mit Frauen anfangen, er ist, wie er selbst verlegen zugibt, „nicht sinnlich veranlagt“. Nichts gibt das prägnanter wieder als die Bemerkung einem Kamera­den gegenüber, als er von seinem ersten Mal bei einer Frau be­richtet und dann, kurz angebunden fortfährt: „Es hat mich nicht zur Wiederholung veranlaßt.“

In der Tat: Rudolf Lang/Höß ist „wie ein toter Hering“. Gefühls­arm. Bedauernswert. Kann man ein Ungeheuer bedauern?

Nach dem Krieg findet er sich entwurzelt wieder. Er hat den Glauben an die Kirche verloren, der Vater ist ebenso wie die Mutter tot, Rudolf selbst hat nur das Handwerk des Kriegers ge­lernt und gerät in das verstörende Räderwerk der unruhigen Weimarer Republik, kann mit Spartakisten und Kommunisten nichts anfangen, er eignet sich nicht als Handwerker in einer Fa­brik, wo ihm seine Ehrlichkeit und sein Arbeitseifer von Seiten der Kollegen fast Feindschaft eintragen. Erst in den Freikorps und schließlich in der jungen NSDAP findet er wieder einen Sinn, ein Ziel, eine straffe Organisation, jemandem, dem er gehor­chen kann.

Schließlich bringt er es durch seinen unbedingten Gehorsam bis zum Lagerleiter des KZ Dachau nach dem Antritt der nationalso­zialistischen Machthaber. Und bald darauf wird ihm eine Aufga­be angetragen, die so groß ist, die angeblich nur er bewältigen kann, dass Rudolf ganz automatisch alles tut, um sich würdig zu erweisen (zumal ihm rasch bewusst wird, dass bei Nichtbewälti­gung ein Genickschuss die Strafe sein wird).

An dieser Stelle jedoch beginnt der Roman in die ungeheuerli­che Realität hinüberzugleiten, in eine Realität, die ob ihrer Dar­stellungsform noch immer fast die Grenzen des Darstellbaren sprengt. Wenn Heinrich Himmler davon spricht, dass „in Treblin­ka … in sechs Monaten nicht mehr als achtzigtausend Einheiten liquidiert …“ werden konnten, dann weiß der Leser, dass man statt Einheiten Juden lesen muss. Menschen. Biografien.

Auftritt des Obersturmbannführers Wulfslang, ein „dicker, rot­haariger Mann, geradezu und jovial, der dem Mittagessen, das Elsi ihm vorsetzte, alle Ehre antat“. Ein Statistiker des Todes. Ein Mann, der Rudolf in kalter Sprache erläutert, dass Treblinka na­türlich kein Maßstab sei und dass der Reichsführer SS von ihm erwarte, in den ersten sechs Monaten fünfhunderttausend Ein­heiten abzufertigen.

Das schockiert selbst den Ich-Erzähler Rudolf Höß. Allerdings nicht aus moralischen Gründen. Aus Gründen der technischen Machbarkeit. Er hat Angst zu versagen. Das ist sein Problem.

Seien wir gnädig und übergehen den Rest der Geschichte bis auf ein kleines Stück. Wir Nachlebenden wissen, dass Rudolf Höß seine Aufgabe (leider) meisterte. Er ging in die Geschichte ein als der Kommandant des berüchtigtsten Konzentrationsla­gers der Nationalsozialisten, eines Lagers, in dem weit mehr als zwei Millionen Menschen den Tod in den Gaskammern und Kre­matorien fanden, wo sie durch Arbeit und gezielt durch Gift li­quidiert wurden.

Als er im Jahre 1946 verhaftet und im Jahre 1947 vor Gericht ge­stellt wird, befragt man ihn danach, warum er an diese Position habe gelangen können, und Rudolf erwidert nüchtern: „Man hat mich wegen meines Organisationstalents ausgewählt.“ Und be­zogen auf die Frage, ob er den Judenmord noch einmal begehen würde, wenn man ihn befehle, bejaht er das. Daraufhin wird ihm vorgehalten, er handelte in einem solchen Fall also gegen sein Gewissen.

Ich stand stramm, sah geradeaus und sagte: ‚Entschuldigen Sie, ich glaube, Sie verstehen meinen Standpunkt nicht. Ich habe mich mit dem, was ich glaube, nicht zu befassen. Meine Pflicht ist, zu gehorchen.’“

Verständlich, dass er als „vollkommen entmenscht“ eingestuft wird.

Robert Merle fügt noch aus der Ich-Perspektive des Massenmör­ders hinzu: „Daraufhin drehte er mir den Rücken zu und ging weg. Ich fühlte mich erleichtert, als ich ihn gehen sah. Diese Besuche und Diskussionen ermüdeten mich sehr, und ich fand sie zwecklos.“

Zwecklos deswegen, weil er die moralische Dimension seiner Taten akribisch ausgeblendet hat. Er hat „Einheiten“ behandelt, er hat ihnen eine „Sonderbehandlung“ angedeihen lassen, dar­um gerungen, sein „Plansoll“ zu erfüllen, seine „Pflicht“ zu tun. Rudolf Lang/Höß ist ein gewissenhafter Mann, ein wahrer Deut­scher, was seine Ordnungsliebe angeht. Und seine Schuhe, dies sollte man betonen, so trivial es klingen mag, waren immer gut geputzt, das hat er niemals von einem KZ-Häftling machen las­sen, sondern stets selbst in die Hand genommen.

Alles, was Rudolf Lang tat, tat er nicht aus Grausamkeit“, schließt Robert Merle das Buch, „sondern im Namen des kate­gorischen Imperativs, aus Treue zum Führer, aus Respekt vor dem Staat. Mit einem Wort, als ein Mann der Pflicht: Und ge­rade darin ist er ein Ungeheuer.“

Unbestreitbar, darin ist ihm Recht zu geben. Aber die Implikati­on, die sich daraus erschließt, ist furchterregend global, denn sie beschränkt sich nicht allein auf den Zweiten Weltkrieg und auf nationalsozialistische Bestien, die in einer Demokratie ver­mutlich gewissenhafte Bürokraten und Architekten geworden wären. Da Robert Merle eine psychologisch sehr beeindrucken­de und beklemmende Studie eines ganzen Lebens liefert, legt er hier die Strukturen der frühkindlichen und jugendlichen Prä­gung frei, die das gesamte restliche Leben dominieren können, wenn man es zulässt. Wenn jemand also – wie Rudolf Höß – in einer solchen Welt aufwächst, in der rigide Ordnungsnormen und ein starrer Moralkodex, eine weitgehend inhaltslose und nur in Ritualen erstarrte religiöse Sicht das gesamte Leben gestal­ten, dann kann ein entsprechendes menschliches Ungeheuer überall heranwachsen.2

Überall.

Der Faschismus, so lehrt dieses Buch zwischen den Zeilen, fin­det sich in jedem repressiven, militaristisch orientierten System, und in Zeiten des Chaos und der zerbrechenden Ordnung drän­gen ziellose Charaktere ans Tageslicht und suchen nach einer neuen Leitfigur. Solche Menschen werden rasch Opfer von Dem­agogen, und nicht selten sprengt der Terror, sprengt das Entset­zen, das daraus entsteht, jede Grenze.

Dieses Buch ist ein überaus eindringliches Plädoyer, von einer hastigen, sehr bequemen und generellen Verurteilung der Täter Abstand zu nehmen und die – durchaus unheimliche und belas­tende – Arbeit auf sich zu nehmen, Verständnis für diese Leute zu entwickeln, die man sonst rasch als „die Nazis“ abtut. Wie man es im Übrigen auch mit Vergewaltigern tut, die manchmal binnen einer halben Stunde vom anständigen Nachbarn zum absoluten, geächteten Untier mutieren können. In der Volksmei­nung.

Die Wahrheit ist unsympathisch: sie besagt nichts weniger, als dass jeder von uns in einer solchen Lage sein könnte – voraus­gesetzt, die Umstände sind richtig, vorausgesetzt, die Erziehung ist auf eine solche Weise schiefgegangen wie bei Rudolf Höß. Und da so ziemlich jeder sich irgendwann einmal in die Lage versetzt sieht, eigenen Nachwuchs zu erziehen, sollte dieses Buch Pflichtlektüre werden, damit man weiß, was man besser NICHT machen soll.

Die Lektüre dieses Buches könnte Leben retten. In der Zukunft.

© 2003/2009 by Uwe Lammers

Ich weiß, das war harter Stoff und vermutlich einigermaßen überraschend. Aber ihr wisst, ich rezensiere nicht nur seichte Li­teratur oder Phantastik, sondern eben auch gelegentlich schwierige Bücher. Auf der anderen Seite wird stets dann für Abwechslung gesorgt, so im Fall der kommenden Woche, wo ich den Schlussband des „Crossfire“-Zyklus bespreche.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 Vgl. dazu den Rezensions-Blog 89 vom 7. Dezember 2016.

2 Nachbemerkung 2009: In Anbetracht der aktuellen Ereignisse in Nahost sollte es nie­manden verblüffen, wenn ich hierbei fast automatisch an den Staat Israel denken muss, der sich primär über religiöse Grundrechte am Levanteboden definiert und des­halb quasi notwendig immerzu gegen das geltende Völkerrecht wendet. Auch hier ist Faschismus natürlich möglich, und Menschen vom Schlage eines Rudolf Lang dürften in der israelischen Führung und Armee keine seltene Erscheinung in diesen Tagen sein. Ich halte das für bedenklich.

Nachbemerkung 2021: Daran hat sich in den vergangenen 12 Jahren leider nicht viel zum Positiven verändert. Generell sind Autokraten weltweit traurigerweise immer noch sehr einflussreich, und überall dort sind quasi-faschistische Auswüchse, die sol­che „Monster“ wie oben dargestellt, hervorbringen, prinzipiell möglich.

Blogartikel 450: Close Up: Der OSM im Detail – Teil 31

Posted März 20th, 2022 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

wir stürzen uns am besten gleich wieder in die Action, ohne ausgiebige Vorrede. Nur kurz ein kleines Erinnerungs-Update, was zuletzt geschehen ist:

Oki Stanwer, der seine Aufgabe – den Kampf gegen die Macht TOTAM und deren Schergen – aufgenommen hat, konnte bei dem Flug in den Spiralarm III zwar das Pflanzenvolk der Zartans und ihre regierenden PSI-Intelligenzen hinter sich bringen und den „Neuen Bund“ schließen. Doch der von dort ausgesandte Irrläufer, der die Erde vernichten sollte, konnte nicht aufgehal­ten werden.

Beim Rückflug erreicht ein Notruf des Oki-Roboters RÄCHER vom Planeten Garos die FRATERNITÉ. Der überrumpelte Oki Stanwer, der damals den Roboter für vernichtet hielt, wird dar­über informiert, dass auf Garos eine neue Gefahr heranwächst und fliegt dorthin … und wird hier mit dem Verräter-Dämon Zo­mar konfrontiert, der ihm zum allgemeinen Unglauben einen Pakt vorschlägt. Der Kämpfer des Lichts geht darauf ein, und Zomar sorgt auf Garos für Verwirrung, derweil Oki dort landen kann.

Als die so genannte „Fünffach-Kraft“ erwacht, flüchtet Zomar al­lerdings erneut und lässt seinen neuen Verbündeten zurück …

Episode 46: Kampf gegen den Schattenherrscher

(1983, digitalisiert 2002)

Schluss der Garos-Trilogie: Während Zomar die Flucht ergriffen hat, wird Oki Stanwer, der auf Garos gelandet ist, durch einen Unfall in die Bewusstlosigkeit geschleudert und landet mental in einer so genannten „Kampfwelt“, wo er auf ein Wesen trifft, das sich als Ss‘hanor bezeichnet und als Dämonenwaffe.1 Oki kann sie überwältigen und stößt bald darauf auf den Dämon Gormus selbst.

Gormus‘ Geheimwaffe, die so genannte „Fünffach-Kraft“ kämpft derweil gegen den angeschlagenen Oki-Roboter, den RÄCHER. Wie allerdings dieser Kampf ausgeht, habe ich vergessen zu schildern. Da der Tod des Dämons Gormus im Kampf mit Oki Stanwer aber letzten Endes dazu führt, dass die ganze Heimat­welt von Thor Gordenbeyl in einen Magmasumpf verwandelt wird, muss man annehmen, dass der Roboter auf diese Weise „entsorgt“ wurde, dito die „Fünffach-Kraft“.

Man merkt, 1983 war ich noch nicht wirklich sonderlich flexibel in der Art und Weise der Kampfdarstellungen, und vollständige Lösungsansätze konnten auch keinen Raum beanspruchen.

Episode 47: Thor und der Milliardär

(1983, digitalisiert 2004)

Fortsetzung der Oki Stanwer-Schiene: Der Paladin des Lichts kommt wieder an Bord seines Schiffes zu sich und hat Erinne­rungslücken, was die jüngste Vergangenheit angeht. Die Okis bringen ihn auf den aktuellen Stand … und dann geht es mit höchster Geschwindigkeit nach Beteigeuze, um Thor Gorden­beyl zu retten.

Hier angekommen, müssen sie entsetzt entdecken, dass das ganze System in eine instabile Raumzone abgesackt ist und von entropischen Phänomenen wie den Energiewolken umkreist wird, die Oki schon aus dem Paralleluniversum kennt. Nur durch ein wagemutiges Ablenkungsmanöver kann die Raumyacht lan­den.

Die einzigen lebenden Wesen hier sind Klivies Kleines und Thor Gordenbeyl, ansonsten gibt es die wabernden Flammen der Seelen-Armee. Auf eine höchst linkische Weise treffen Oki und Kleines zusammen – es ist unübersehbar, dass ich damals nicht imstande war, die Begegnung gescheit darzustellen, in der Aus­arbeitung muss das definitiv anders werden.

Während Thor sich dafür entschließt, mit Oki Stanwer zu reisen, lehnt Kleines dieses Angebot ab – er möchte über eine Dimensi­onsbrücke mit der Seelen-Armee zur Zentralwelt gelangen, die inzwischen ebenfalls Teil einer instabilen Raumzone geworden ist und deshalb von hier aus erreicht werden kann.

Sein Ansinnen ist es, da er formal der Klivies der Helfer ist, also des Volkes der Kleinis, der Regent der Zentralwelt, irgendwo die letzten noch existenten Kleinis ausfindig zu machen und seine Herrschaft anzutreten. Gleichwohl versteht er sich als Freund und Verbündeter Oki Stanwers.

Die Chance, durch Kleines‘ Trainingsfähigkeiten Okis ungeordne­te Parakräfte zu kanalisieren, wurde von mir damals aber an dieser Stelle verschenkt, weil ich daran einfach nicht mehr ge­dacht habe.

Dumm gelaufen …

Episode 48: Auf nach Mira Ceti

(1983, digitalisiert 2004)

Das „Unternehmen Rückkehr“ wird jetzt ernst. Nachdem die Erde offensichtlich zerstört wurde und weite Teile der irdischen, zerfaserten Kolonialsysteme und -bündnisse von den Dämonen von TOTAM oder den kosmischen Sporen der PSI-Intelligenzen überrannt wurden, wählt er den Planeten Korsop im System Mira Ceti aus. Hier gibt er sich als der lange verschollene Milliar­där Eon Seggar aus, dessen (durch die Okis der Tankstation op­timiertes) Schiff er ja auch fliegt.

Eon Seggar hat in dem kleinen Sternenreich von Mira Ceti ein ungeheuerliches Vermögen aufgehäuft, das sich seit seinem Verschwinden vor 101 Jahren munter vermehrt hat. Auf dieses Guthaben will Oki Stanwer nun zur Finanzierung seiner Unter­nehmungen zugreifen. Insbesondere geht es dabei um die Su­che nach dem Medoplaneten OKISTAN, wo sich ein Supersender befindet, den er aktivieren will, um im Halo der Galaxis ruhende Oki-Geschwader zu wecken.

Dummerweise wird er mit dem überkorrekten, 63 Jahre alten Po­lizeipräsidenten von Korsop, einem sturen Mann namens Hiron Seglus, konfrontiert. Nur mit einiger Mühe und Einsatz eines Hypnosegeräts gelingt es Oki Stanwer, diesen Verdacht zum Verschwinden zu bringen und Seglus auf seine Seite zu ziehen.

Indem er vortäuscht, durch einen unerklärlichen Zeitsprung die letzten hundert Jahre buchstäblich nicht mitbekommen zu ha­ben, und assistiert von der hochentwickelten Technologie der Okis kann Oki sich als Eon Seggar etablieren und am Schluss der Episode formell sein „Team“ gründen: er selbst ist der Leiter dieses so genannten „Oki-Teams“, Thor der Stellvertreter, die Okis Egar und Sirun sowie in absentia Kleines und Pater Joseph Ghastor Mitglieder. Der WÄCHTER und Yorrok werden als „Ehren­mitglieder“ geführt.2

Nun, so hoffen sie alle, können sie mit hinreichender biografi­scher Tarnung und finanziellen Mitteln ausgestattet, daran ge­hen, einen Machtpol gegen TOTAM und die Dämonen aufzubau­en.

Episode 49: Suche nach OKISTAN

(1983, digitalisiert 2004)

Handlungsschauplatz Korsop: Oki Stanwers Hoffnung, durch die Beeinflussung des Polizeipräsidenten Hiron Seglus den Weg zum Erbe des verstorbenen Milliardärs Eon Seggar freizumachen, in dessen Tarnung er geschlüpft ist, zerschlägt sich. Ein starrsinni­ger Notar namens Moton Rade verwaltet das Vermögen und be­ruft sich auf eine Klausel, derzufolge 100 Jahre nach Tod die Gel­der automatisch an denjenigen fallen, der die Aktiengesell­schaft, in der die Gelder angelegt wurden, verwaltet – und das ist er selbst.

Frustriert beschließt Oki Stanwer, heimlich die Polizeiakte über Eon Seggar aus dem Polizeipräsidium stehlen und vervielfälti­gen zu lassen, um darin Anhaltspunkte zu finden, ob Rades Informationen zutreffen. Thor und Egar sind sogar schon zu dem Einbruchsversuch unterwegs … da meldet sich Hiron Seglus, der die Akten durchgesehen und das Problem mit Moton Rade ebenfalls erkannt hat.

Auf einigermaßen juristisch bizarre Weise – die belegt, dass ich damals von der Juristerei wirklich keinen blassen Schimmer hat­te, was aber im Schreibalter von 16 Jahren wirklich nicht ver­blüfft – zaubert Seglus ein „älteres Gesetz“ aus dem Ärmel, das Rades juristische Begründung unwirksam macht. Er wird wegen versuchter Unterschlagung verhaftet, das Geld wird für Eon Seggar/Oki Stanwer freigegeben.

Oki Stanwer kauft nun drei Raumschiffe, die LORD DER STERNE, KAISER und ZENTAURUS und schickt sie mitsamt ihrer Besat­zung aus Oki-Robotern auf einem Umweg über den Sternhaufen M3 und die dortige Tankstation auf die Suche nach OKISTAN. Aber er mahnt Vorsicht an: immerhin hat der Dämon Morosk mit seinen Truppen damals den okischen Medoplaneten überfallen und erobert. Auch wenn Morosk nach Thors Worten vermutlich keine Gefahr mehr darstellt, sind seine Totenkopf-Truppen si­cherlich noch vor Ort.

Und im Epilog deutet sich eine weitere Gefahr an: Eon Seggars Wiederauftauchen auf Korsop hat eine Gruppe von EKK-Attentä­tern auf den Plan gerufen. Ihr Ziel: Eon Seggars Entführung oder Ermordung …

Episode 50: OKIS ENTFÜHRUNG

(1983, digitalisiert 2004)

Weiterhin Handlungsort Korsop: Oki Stanwers drei Suchschiffe sind seit Wochen unterwegs und fahnden nach dem Medoplane­ten OKISTAN. Er und sein Freund Thor genießen derweil das Par­tyleben auf dem von Menschen besiedelten Planeten Korsop. Doch als er die Party verlässt, wird Oki Stanwer paralysiert und entführt – von eben jenen Extraterrestrier Killer Kommandos (EKK), die für das Attentat gekauft worden sind.

Der Auftraggeber, ein Wesen, das sich nur „Zero“ nennt, ist höchst zufrieden, als sowohl die verfolgenden Okis als auch Thor Gordenbeyl aus dem Feld geschlagen werden können. Oki wird ins einem besinnungslosen Zustand an Bord eines Raum­schiffs, der EFEU, gebracht.

Die EKK erhalten anschließend ihre Belohnung – sie sterben im lautlosen Blitz einer Neutro-Bombe. Und die Diener „Zeros“, die die Toten beseitigen, sind niemand anderes als Totenköpfe!

Oki Stanwer ist ganz offensichtlich in die Gewalt eines weiteren Dämons von TOTAM geraten und wird direkt zu den Sternen entführt …

Wie ihr seht, wird es in dieser actionreichen Serie beim besten Willen nicht langweilig. Natürlich ist die Dramatik bisweilen ziemlich überdreht, es gibt unübersehbare und in den Fußnoten kenntlich gemachte Anleihen beim damaligen Filmkonsum … aber grundsätzlich haben wir es mit einer sehr lebendigen Handlung zu tun. Das wird noch interessanter in den nächsten Bänden, zu denen ich in der kommenden Folge dieser Artikelrei­he kommen werde.

Bis dann, Freunde, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Dies ist formell tatsächlich die spätere Dämonenwaffe Ss‘hanor … allerdings hier auf eine noch sehr unübliche, quasi rudimentäre Weise eingeführt und mehr oder minder im Handumdrehen besiegt. Ich ging damals spürbar noch von der Vorstellung aus, dass eine Dämonenwaffe eben dies ist: eine WAFFE, keine machtvolle selbstbewusste Entität, schon gar keine, die Dämonen grundsätzlich kräftemäßig überlegen ist.

2 Die Parallele zu den mir damals bekannt werdenden Horror-Fanclubs im bundesdeut­schen Fandom ist unübersehbar!

Rezensions-Blog 343: Melissa. Geheime Gelüste

Posted März 15th, 2022 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

ja, ihr wisst, wenn ihr meinem Blog schon eine Weile oder sogar einige Jahre folgt, dass ich immer wieder mal erotische Romane der Gegenwart bespreche. Nicht immer fallen solche Rezensio­nen positiv aus, weil viele Autoren und Autorinnen doch gar zu schematisch vorgehen und es sich viel zu einfach machen.

Mit dem vorliegenden Roman wurde ich diesbezüglich positiv überrascht. Auch wenn sich nicht klären ließ, ob Stella Masini ein Pseudonym für einen Autor oder eine Autorin ist, der/die sich in der Szene schon länger tummelt und mir vielleicht durch andere Werke schon vertraut sein könnte, vermochte dieser Ro­man definitiv zu überzeugen. Vor uns liegt eine durchaus span­nende Mischung aus Krimi und erotischem BDSM-Setting, das einen echten page-turner darstellt.

Neugierig geworden? Dann schaut mal weiter:

Melissa. Geheime Gelüste

Von Stella Masini

Elysion-Books

Leipzig 2016

268 Seiten, TB

9,90 Euro

ISBN 978-3-945163-96-2

Die junge Kunsthändlerin Melissa Koska steht direkt vor der nächsten Sprosse der Erfolgsleiter – aktuell ist sie in der Galerie Hendrik van Burtens in München angestellt, aber er vertraut ihr und ihrem Kunstsachverstand so sehr, dass er sie damit be­traut, in Frankfurt eine Dependance in Eigenregie aufzubauen. Alles sieht phantastisch aus, und sie freut sich ebenso wie ihre in der Galerie arbeitende Freundin Pia.

Doch dann trifft dieses Foto ein, das Melissa geradezu verstei­nern lässt.

Es ist ein Foto aus einem SM-Club in München, das eine nackte Frau zeigt, die an ein Andreaskreuz gefesselt ist.

Die Frau ist sie selbst.

Melissa erinnert sich voller Entsetzen an jenen nicht lange zu­rückliegenden Abend und an den SM-Club, den sie damals mit ihrem Noch-Lebensgefährten Noah besucht hat. Sie hatte ihm kurz zuvor gestanden, verborgene devote SM-Neigungen zu be­sitzen, von denen niemand Kenntnis hatte oder bekommen soll­te … aber eigentlich hätte es ausgeschlossen sein müssen, dass sie irgendwer bei diesem einmaligen Besuch in einer solchen Lage fotografiert!

Schlimmer noch: das Foto ist nur Mittel zum Zweck, denn ein unbekannter Erpresser meldet sich und fordert von ihr, binnen zehn Tagen ein Gemälde zu beschaffen.

Das Bild eines unbekannten Künstlers hängt in der Galerie des Kunsthändlers Maxim Lukes in München, mit dem Melissa flüch­tig bekannt ist. Und sie weiß, dass Maxim als persona non grata bei ihrem Chef Hendrik gilt. Maxim, so heißt es in Kunsthändler­kreisen, sei ein verruchter Macho, der ständig wechselnde Lieb­schaften habe, Frauen schamlos benutze und sie dann wie ge­brauchte Stofftaschentücher fortwerfe. Er hat auch schon mal sein Glück bei Melissa versucht, aber sie ließ ihn damals kaltblü­tig abblitzen.

Nun muss sie erneut zu ihm gehen und versuchen, ihm das Ge­mälde abzukaufen, und sie darf nicht mal den Grund dafür nen­nen.

Schwierig? Das ist noch harmlos gesprochen.

Es kommt noch schlimmer: Lukes redet zwar mit ihr, sagt aber zugleich, dass das Bild unverkäuflich sei.

Melissa sieht schon ihre Welt einstürzen … als er jählings konze­diert, es gäbe da allerdings schon einen Weg, der allein ihr offen stünde: Er sei bereit, ihr das Bild zu übergeben, wenn sie um­gekehrt einwilligt, eine Woche lang ihm allein zu gehö­ren und alles zu tun, was er von ihr verlange.

Eine absolut unmoralische Offerte, die sie vollkommen unver­schämt findet – aber warum, um alles in der Welt, erregt sie dann diese Aussicht? Warum schmecken Maxim Lukes´ Küsse so phantastisch, weshalb giert sie nach mehr?

Zögernd lässt sie sich auf dieses Arrangement ein und entdeckt unglaubliche, erstaunliche Dinge, die ihre kühnsten geheimen Sehnsüchte in den Schatten stellen.

Aber da ist immer noch der unbekannte Erpresser, dem das nicht in den Kram passt und der die Stress-Daumenschraube bei Melissa immer enger anzieht, bis ihre ganze Karriere auf dem Spiel steht …

Stella Masini ist eine weitere mir bislang unbekannte Erotik-Au­torin (möglicherweise auch nur ein Pseudonym, das ist in die­sem Literatursegment schwer zu entscheiden), die es mit dem vorliegenden Roman versteht, eine aufreizende Geschichte um das Ausleben geheimer devoter Begierden einerseits und raffi­nierter Dominanz andererseits auszubreiten. Dabei führt selbst die Phantasie des in der SM-Literatur durchaus recht bewander­ten Lesers immer wieder auf Abwege und wird auf interessante Weise überrascht. Im Gegensatz zu vielen anderen Werken die­ses Genres wird hier nicht eine Form des SM-Kamasutras herun­tergebetet, sondern durchaus das geboten, was der Klappentext verspricht: „außergewöhnliche Facetten des BDSM und … eine intensive Reise zu neuen Horizonten“.

Sehr reizvoll ist auch, bei aller Einsicht des hier fast notwendi­gen Tunnelblicks, der solche Romane üblicherweise auszeichnet, dass die Erpressergeschichte ein durchgängiges Spannungsmo­ment darstellt. Es gibt mehrere Verdächtige, die alle prinzipiell Motive haben könnten für diesen Erpressungsversuch, die durchgängig verdächtig bleiben: Maxim könnte diese Erpres­sung selbst in Szene gesetzt haben, um Melissa gefügig zu ma­chen. Er kennt sie, sie hat ihn abblitzen lassen (was in der Regel männlichen Besitzstolz anstachelt), außerdem kennt er den SM-Club gut und hätte sicherlich die Möglichkeit, ein entsprechen­des Foto zu machen. Melissas Chef könnte die Erpressung insze­niert haben, um Maxim Lukes´ Ruf zu ruinieren. Und ist Pia wirk­lich Melissas Freundin, oder hat sie aus Neid etwas inszeniert, um sich dafür zu rächen, dass sie von der erfolgreicheren Freun­din überflügelt worden ist? Oder hat ihr Ex-Freund Noah eventu­ell die Finger im Spiel, der sie vor Maxim Lukes nachdrücklich warnt?

Es soll nicht verraten werden, was davon zutrifft oder ob es nicht vielleicht noch anders kommt … aber die Geschichte bleibt fast buchstäblich bis zur letzten Seite spannend, was dazu geführt hat, dass ich das Buch binnen von nur zwei Tagen geradewegs verschlungen habe.

Fazit: Mission der Autorin gelungen – ein packender BDSM-Ro­man mit lebendigen Figuren und einer geschickt und gut gehal­tenen Spannungsinszenierung liegt hiermit vor, der Hunger auf weitere Werke der Verfasserin macht.

Klare Leseempfehlung!

© 2018 by Uwe Lammers

In der kommenden Woche vollziehen wir dann wieder das Kon­trastprogramm und reisen zurück in die Zeit des Holocaust mit einem wirklich erschütternden Roman, der eigentlich eine fikti­ve Autobiografie darstellt.

Mehr beim nächsten Mal.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.