Rezensions-Blog 35: Studie in Scharlachrot

Posted November 24th, 2015 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

wer sich jetzt denkt: Moment, den Titel habe ich doch irgendwoher schon mal gehört…, nun, der liegt damit goldrichtig, würde ich sagen. Heute geht es um ein sehr prominentes und erstaunlich dünnleibiges Büchlein aus dem späten 19. Jahrhundert, das wohl eines der bemerkenswertesten Literaturphänomene des 20. und 21. Jahrhunderts fundierte, ohne dass dem Verfasser, dem nachmaligen Sir Arthur Conan Doyle, dies so klar sein konnte.

Ja, wir sprechen von dem Roman, in dem der berühmteste beratende Detektiv der Geschichte, nämlich Sherlock Holmes himself, erstmalig ins Rampenlicht der Geschichte tritt. Zusammen mit einem Afghanistan-Veteranen, rasch sei­nem Adlatus und Freund, Dr. John Watson.

Ungeachtet des Alters ist der Roman bis heute in der Übersetzung frisch und geschmeidig zu lesen, und nach wie vor ein Lesevergnügen, das leider bei ra­scher Lektüre nur einen Nachmittag füllt.

Egal – Vorhang auf für Arthur Conan Doyle und Sherlock Holmes:

Studie in Scharlachrot

(OT: A Study in Scarlet)

von Sir Arthur Conan Doyle

Ullstein 2655, Januar 1988

168 Seiten, TB

Übersetzt von Beatrice Schott

Der junge englische Arzt Dr. John Watson ahnt nichts Böses, als er sich nach dem Abschluss seiner Arztausbildung zum fünften Füsilierregiment Northum­berland als chirurgischer Assistent einberufen wird, um an einem Feldzug nach Afghanistan teilzunehmen. Doch sehr bald wird Watsons abenteuerlich begin­nende Karriere durch eine Schulterverletzung und üble Krankheiten brüsk un­terbrochen, so dass er als nahezu mittelloser Veteran nach England zurückkeh­ren muss, um von einer bescheidenen Invalidenrente zu leben.

Hier sucht er in London sein Auskommen und braucht dazu ein Quartier, ein günstiges… da trifft es sich gut, dass ein gewisser Herr Sherlock Holmes eben­falls eins sucht. Watson argwöhnt noch immer nichts Böses, als er sich mit dem eigentümlichen Mann anfreundet, der zu Schwermut neigt, grüblerisch ist – oder eben den ganzen Tag außer Haus, der eine Reihe sonderbarer Gäste „aller verschiedenen Schichten“ empfängt und offenbar keinem vernünftigen Beruf nachgeht. Watsons Versuche, Holmes´ Profession zu erraten, bleiben frustrie­rend ergebnislos.

Erst nach einer Weile kristallisiert sich heraus, weshalb das so ist, und Watsons hartgesottene Skeptikernatur wird auf eine arge Probe gestellt: Holmes be­hauptet nichts weniger, als ein „Detektivberater“ zu sein, und zu seiner Kund­schaft zählen unter anderem zwei Detektive von Scotland Yard, Gregson und Le­strade.

Als sich dann die Chance bietet, Holmes´ Fähigkeiten sozusagen „in Aktion“ ken­nenzulernen, lässt sich der noch nicht wieder ganz genesene Watson die Sache nicht entgehen. So gerät er mitten hinein in den Fall, den Holmes ironisch eine „Studie in Scharlachrot“ nennt und der bald seine Absonderlichkeiten offenba­ren soll:

Da findet sich ein toter Mann in erlesener Kleidung, die Taschen voller Geld und Schmuckstücke, in einem heruntergekommenen, leeren Haus. Die Todesursa­che ist rätselhaft. An der Wand ist mit Blut das Wort „Rache“ geschrieben, von dem Sekretär des Toten, einem Mann namens Joseph Stangerson, fehlt jede Spur. Ist er der Mörder? Ist der andere, Enoch J. Drebber, einem politischen Ver­brechen zum Opfer gefallen? Aber was macht dann dieser Frauenring dort? Und wie kann Sherlock Holmes schon nach wenigen Minuten Besichtigung des Tatortes felsenfest behaupten, sie suchten einen etwa 1.80 Meter großen Mann mit gesunder Gesichtsfarbe?

Ohne dass John Watson es ahnt, führt dieser erste Fall, den er mit Sherlock Hol­mes zusammen erlebt, Jahrzehnte in die Vergangenheit und mitten in das aus­erwählte Volk der Mormonen im US-Bundesstaat Utah…

Mit dem Roman „Studie in Scharlachrot“ trat zum ersten Mal im Jahre 1887 der bald legendär werdende Detektiv Sherlock Holmes mit seinem messerscharfen Verstand und geradezu magisch wirkenden Auffassungsgabe vor das Publikum in England und machte seinen Schöpfer, Arthur Conan Doyle, binnen kürzester Zeit weltberühmt. Mehrere Romane und rund 60 Kurzgeschichten sollte Doyle bis zum Ende seines Lebens noch über den rätselumwitterten Detektiv schrei­ben.

Natürlich folgten zahllose Epigonen seinen Fußstapfen und begannen, mehr oder weniger geschickt, seine Lücken auszufüllen, die Widersprüche aufzuarbei­ten, die zwischen den einzelnen Geschichten klafften oder Abenteuer rings um Protagonisten jenseits von Holmes zu schreiben.

So gibt es zahlreiche Werke, die sich um den sinistren Dr. Moriarty ranken, die faszinierende Irene Adler oder auch beispielsweise die fabelhaften Baker Street-Boys, die Holmes nicht zuletzt in diesem ersten Roman als Informanten zur Sei­te stehen.

Die vielleicht gewagteste Hommage an Holmes findet sich in der kürzlich auf den Markt gekommenen Storysammlung „Schatten über Baker Street“1 gleich zu Beginn: „Studie in Smaragdgrün“ konfrontiert den Leser mit der schockieren­den Parallelwelt des Jahres 1881, in dem Königin Victoria ein massiges, tenta­kelschwingendes Etwas ist und Holmes im Dienste der Großen Alten steht. Teil­weise ist Neil Gaimans Story wortwörtlich an „Studie in Scharlachrot“ ange­lehnt, und bis der Leser begreift, dass der Erzähler eben NICHT Dr. Watson ist (und versteht, WAS Dr. Watson in diesem monströsen Kosmos ist), vergeht eini­ges an Zeit.

Will man die Geschichten in diesem Buch, in dem Sherlock Holmes´ Welt auf die Welten von H. P. Lovecraft stößt, richtig verstehen und zur Gänze genießen, empfiehlt es sich, zuvor den Originalkanon wieder zu lesen, wie ich es gegen­wärtig tue. Und hat man dann immer noch nicht genug, kann man sich mit dem nächsten dickleibigen Band weitere Epigonen-Stories einverleiben: mit dem Ge­schichtenband „Sherlock Holmes und der Fluch von Addleton“.2

Schaden kann’s nimmer. Mögen die Originalgeschichten auch schon fast 125 Jahre auf dem Buckel haben, so sind sie doch allemal lesbar. Und gelegentlich kann Doyle wirklich noch überraschen…

© by Uwe Lammers, 2005

Doch, auch zehn Jahre nach Abfassen der obigen Zeilen bin ich nach wie vor fas­ziniert von diesem Entree des später berühmtesten Detektivs der Welt… dass Doyle davon eher genervt war und sich später sogar genötigt sah, Holmes kur­zerhand in den Reichenbachfällen umzubringen, steht auf einem anderen Blatt. Dass ihn der „Fluch Sherlock Holmes“ später wieder einholte und er  den Mordakt umdefinieren und Holmes auferstehen lassen musste, gehört auch nicht im De­tail hierher.

Faktum ist, dass Doyle mit diesem Roman eine Legende ins Leben rief. Und wer immer sich bislang nur über Filmadaptionen oder Epigonen-Stories dem Phäno­men Sherlock Holmes genähert hat, tut gut daran, dieses Buch zu suchen. Hier­mit begann alles.

Ich meine nach wie vor: die Lektüre lohnt sich.

In der nächsten Woche machen wir die versprochene letzte Visite in Peter F. Ha­miltons „Armageddon-Kosmos“, der ja eigentlich mit der Rezension des Buches „Der nackte Gott“ abgeschlossen sein sollte. Warum das nicht ganz stimmt, er­fahrt ihr in sieben Tagen genau hier.

Bis dann, meine Freunde!

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. Michael Reaves & John Pelan (Hg.): Schatten über Baker Street. Mörderjagd in Love­crafts Welten, Bastei 15387 (enthält 18 Geschichten), Oktober 2005.

2 Vgl. Mike Ashley (Hg.): Sherlock Holmes und der Fluch von Addleton, Bastei 14916 (enthält 26 Geschichten und zwei sehr nützliche Gesamt-Chronologien des Originalkanon sowie der meisten wichtigen Epigonen-Stories), Juni 2003. Im hiesigen Rezensions-Blog bespro­chen in der Ausgabe 5 vom 29. April 2015.

Liebe Freunde des OSM,

oh ja, wenn ihr jetzt sagen würdet, es sei doch schon ziemlich lange her, dass ich über dieses Thema gesprochen habe, so bin ich der erste, der das bereitwillig zu­gibt, demütig sein Haupt senkt und die legendären Worte „Asche auf mein Haupt“ murmelt. Ihr habt Recht.

Zugleich erinnere ich bei dieser Gelegenheit aber auch gern daran, dass ich an­fangs schrieb, diese Kosmologie-Lektionen im digitalen Klassenzimmer des Oki Stanwer Mythos kämen in höchst großen Abständen, und ich könne nicht genau angeben, wann ich wieder von diesem Thema spreche. Dennoch entschuldigt dies nur einen Teil. Immerhin habe ich über das Thema „Menschen und Men­schenähnliche“ das erste Mal (und definitiv zu früh!) im Blogartikel 35 gespro­chen, der am 3. November 2013 veröffentlicht wurde.

Autsch, gell? Ja, zwei Jahre sind eine lange Wartezeit.

Damals war gerade mal der 7. Band der Serie „Oki Stanwer und das Terrorim­perium“ (TI) erschienen, und viele weitere Romane lagen noch in weiter, nebel­hafter Zukunft. In den zurückliegenden Jahren ist nun viel passiert, und viele Geschichten sind ans Tageslicht gekommen. Schauen wir uns mal an, was sie uns an Mosaiksteinen für das vorliegende Thema boten:

Im E-Book 14, „Das Maschinenvolk“ (TI 10) konntet ihr im März 2014 eine weitere humanoide Spezies kennen lernen, über die ihr inzwischen schon deut­lich besser Bescheid wisst: das zwergenhafte Volk der schwarzhäutigen Shonta, die in den MINEUREN der Troohns ihr rätselhaftes Dasein führen.

Im Mai des gleichen Jahres entführte ich euch mit „Annalen 2: Ian und der Stein der Götter“ durch das geheimnisvolle Baumeistertor auf der Venus auf eine kühle, erdähnliche Welt, die man später Dawson nennen wird und die von den hier lebenden Humanoiden (!) die Bezeichnung Shoneei, d. h. „Sumpfblüte“ bekommen hat. Von diesen Humanoiden redete ich kursorisch in dem Blogarti­kel 35: die Kleinis sind euch nun leibhaftig begegnet. Sie leben gewissermaßen Seite an Seite und in der gleichen Galaxis im KONFLIKT 19, an dem ich zurzeit noch im Rahmen der Serie „Oki Stanwer – Der Missionar“ schreibe.

Im August 2014 startete dann mit „Annalen 3: Die schamlose Frau“ ein roman­tisches Abenteuer in der fernen Galaxis Beltracor, angesiedelt im noch namenlo­sen KONFLIKT 25, also in der äußerst entfernten kosmischen Zukunft. Wen tra­fen wir dort auf der Welt Zhailon an? Humanoide… und ich würde sagen, es han­delt sich bei ihnen um sehr ferne Nachkommen terranischer Siedler oder Matrix­fehler (nein, nein, über Matrixfehler sprechen wir heute mal nicht, da müsst ihr euch noch ein Weilchen gedulden). Und ebenfalls humanoid ist natürlich die wunderbare, göttliche Geliebte von Anton Devorsin, die Sternenfee, der er den Namen Gloria gibt.

Nun, und in der jüngsten Vergangenheit, im August 2015, da kehrte ich in der Novelle „Die Intervention“ (enthalten in der Storysammlung 3 „Reinkarnati­on und andere phantastische Geschichten“) in den KONFLIKT 19 zurück und beschäftigte mich dort direkt mit den Ereignissen im solaren System im frü­hen 21. Jahrhundert auf dem Erdmond.

Dr. Lu Chen-Chuyang traf dort auf ein ebenfalls humanoid auftretendes Wesen, einen der legendären „Baumeister“, auf dessen Spuren sich die verirrten Yantih­ni um den Technikforscher Noshtoy im KONFLIKT 2 gerade befinden, wie die Leser der Serie genau wissen.

Nun kann man aus einer Projektionsgestalt wie der, die der Baumeister in der er­wähnten Geschichte wählt, um die Akzeptanzschwelle zu senken, keine sonder­lich tiefschürfenden Ableitungen machen, das würde schnell zur Überinterpreta­tion führen… aber ihr seht schon an diesen wenigen Beispielen, die in nur zwei Jahren der moderaten Publikation des OSM zutage traten, wie weit verbreitet humanoide Lebensformen doch in meinen Welten sind. Selbst Oki Stanwer, und damit verrate ich kein Geheimnis, denke ich, bevorzugt es, in humanoider Form zu inkarnieren. Beizeiten werdet ihr das genauer mitbekommen.

Ich sagte im Jahre 2013, dass die Terraner nicht das Maß aller Dinge seien, wenn man sich in den Welten des OSM bewegt. Ich glaube, die im Jahre 2015 publizierten Shonta-Geschichten haben das ziemlich deutlich bewiesen. Die Hu­manoiden in dieser Serie sind zwar derzeit (noch) klar in der Überzahl, aber mit den Terranern, die ja erst kosmologisch sehr viel später auf der Bühne des Schicksals erscheinen, haben sie wenig zu tun.

Wie schaut es hingegen mit den Kleinis aus, die während der Handlungszeit des KONFLIKTS 19 gewissermaßen Seite an Seite mit den Terranern koexistieren? Ihr wisst ja, wenn ihr „Ian und der Stein der Götter“ gelesen habt, dass sie so­gar physiologisch imstande sind, mit Terranern gemeinsame Nachkommen zu erzeugen. Das kleine Mädchen Senyaali ist das schönste Beispiel – und ich greife nur ein paar Monate vor (nämlich bis zum Juni 2016), wenn ich andeute, dass ihr dann in der vierten Storysammlung ein aufregendes Wiedersehen mit der dann schon ein paar Jahre älteren Senyaali feiern könnt. Mehr deute ich hier und heute mal nicht an.

Zurück zum Thema: Können wir in KONFLIKT 19 eine gemeinsame biologi­sche Grundlinie zwischen Kleinis und Terranern herstellen und so zumindest einen ersten Verbindungspfad realisieren, gewissermaßen die erste Masche in dem weitflächig zu spannenden Netz der Abstammungslinie der humanoiden Völker?

Ach, leider nein.

Und warum nicht?, mögt ihr unzufrieden fragen. Es ist doch definitiv dieselbe Zeit!

Well, ja, das ist schon recht… und obwohl ich oben sagte, ich wolle eigentlich heute nicht über Matrixfehler reden, muss ich das in diesem Kontext durchaus tun: die Kleinis auf Shoneei (na ja, sagen wir, die meisten, wiewohl das leider wieder kryptisch für euch ist, weil ihr die Serie „Oki Stanwer – Der Missionar“ noch nicht zu sehen bekommen könnt) sind nun einmal Matrixfehler. Ihr Ur­sprung liegt nicht in KONFLIKT 19, sondern in KONFLIKT 9 „Oki Stanwer – Der Kaiser der Okis“.

Na ja, vermutlich jedenfalls. Die Stadt, aus der sie geflohen sind, die rätselhafte und tödliche Metropole Koloron auf Dawson/Shoneei, ist jedenfalls ein Matrix­fehler aus KONFLIKT 9. So war es wenigstens ursprünglich. Heutzutage ist Ko­loron etwas noch sehr viel Verheerenderes, über das ihr beizeiten mehr hören werdet. Aber ihr kennt das, was ich damit andeuten möchte: das kann wieder dauern. Und ja, da reden wir sicherlich von ein oder zwei Jahren, vielleicht von größeren Zeiträumen (was die E-Books angeht, in den Blogartikeln bekommt ihr gewiss schon früher Andeutungen zu sehen).

Vielleicht stammen die Kleinis aber auch aus KONFLIKT 4, der Serie „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ (IR), an der ich gegenwärtig so viel arbeite. Das scheint mir ebenfalls möglich. Genau herausgefunden habe ich das nicht, das ist eine ziemlich verworrene Materie.

Die Angelegenheit wird noch weiter verkompliziert durch die Tatsache, dass es in KONFLIKT 19 durchaus ein interstellares Kleini-Imperium gibt. Und ja, es gibt dort auch Verbindungslinien nach Shoneei/Dawson. Gleichzeitig komme ich aber nicht umhin, dieses Sternenreich der Kleinis als eine Art von „Sternenreich in der Flasche“ zu bezeichnen, gewissermaßen eingedost und kontrolliert… schwer vorstellbar? Glaubt mir, Freunde, dies ist mit Abstand die passendste Be­zeichnung für das Phänomen. Und ihr könnt mir weiterhin glauben, dass diese Kleinis ganz bestimmt noch keinen biologischen Konnex mit den Terranern des KONFLIKTS 19 gehabt haben.

So ein Pech aber auch.

Und wie verhält es sich mit den Sternenfeen, also mit Gloria und ihren Schwes­tern, die in KONFLIKT 25 erwähnt werden und wenigstens seit KONFLIKT 12 (Serie „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ (BdC)) nachgewiesen sind?

Nun, sie haben eine direkte Verbindungslinie mit KONFLIKT 2, soviel sei schon verraten. Wenn ich hier ins Detail ginge, würde ich zu sehr spoilen, das mögt weder ihr, noch wäre das für den allgemeinen Lesehunger zuträglich.

Da jedoch die Sternenfeen offensichtlich wahlweise in der Galaxis Bytharg (KONFLIKT 12) oder Beltracor (KONFLIKT 25) angesiedelt sind – und sie kommen ebenfalls in KONFLIKT 19 vor, das darf ich schon verraten, womit wir dann in der Galaxis Milchstraße wären – , fehlen erkennbar mal wieder Zwi­schenschritte.

So kommen wir nicht zusammen, meint ihr? Ich fürchte, vom Standpunkt des Lesers muss das aktuell so aussehen. Aber ich habe euch ja diesbezüglich vorge­warnt – der OSM ist ein ziemlich komplexes, verworrenes Garnknäuel, und da einzelne farbige Fäden dingfest machen und konkret durch das Gewusel anderer Farbfäden verfolgen zu wollen, das ist eine ziemliche Geduldsaufgabe. Darum bitte ich euch an dieser Stelle mal wieder um ein wenig Geduld – wir werden uns des Themas der Menschen und Menschenähnlichen im Rahmen der Kosmo­logie-Lektionen wieder widmen, das ist versprochen, und diesmal wird es KEI­NE zwei Jahre dauern, bis ihr das Thema wieder auf der Agenda seht. Ich bemü­he mich, das zeitiger zu bringen.

Erforderlich dafür ist natürlich der – auch finanzielle – lange Atem und der pu­blizistische Erfolg der E-Book-Reihe, anderenfalls werden manche interessanten Argumentationslinien hier Stückwerk bleiben müssen. Ich bemühe mich, am Ball zu bleiben und würde mich auf der anderen Seite sehr freuen, wenn ihr die Kenntnis des Oki Stanwer Mythos ein bisschen unter euren Freunden weiter ver­breitet, Neugierige auf meine Website aufmerksam macht und dabei mithelft, dieses große Werk ans Tageslicht der Öffentlichkeit zu ziehen.

Soviel an kosmologischen Gedanken für den Moment. In der kommenden Wo­che erzähle ich euch, was ich im August 2015 alles am OSM gearbeitet habe. Das wird eine interessante Lektüre, versprochen! Nicht versäumen!

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 34: Cyclop

Posted November 18th, 2015 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

heute folgt mir einfach mal in eine Rezension zum Werk jenes Mannes, der bis­lang schon viermal direkt bzw. indirekt in dieser Rezensionsreihe zum Vorschein kam (Blogeinträge 8, 11 und 14 indirekt – bei den Fargo-Abenteuern, einmal im Blogeintrag 23 direkt): Clive Cussler. Den Mann vorzustellen, scheint mir kaum mehr erforderlich. Er ist nach wie vor reichlich in den deutschen Buchhandlun­gen vertreten und in den internationalen Bestsellercharts sowieso.

Dieser Roman, „Cyclop“, wurde von mir nach 22 Jahren ein zweites Mal gele­sen, was beweist, dass das Aufheben mancher Bücher tatsächlich zu einer Zweit- oder Drittlektüre im Laufe der Zeit führen kann. Wiewohl ich mal jeman­den kannte, der jedes gelesene Buch nach der Lektüre weggeworfen hat (!), so ist eine derartige Form der absurden Verschwendung mit mir nicht zu realisie­ren.

Vermutlich hätte ich die Rezensionen in der Reihenfolge publizieren sollen, in der ich sie geschrieben habe, und üblicherweise – etwa bei Peter F. Hamilton – mache ich das zyklusintern natürlich auch. Aber da ich früher keine Cussler-Re­zensionen verfasst habe, das ist etwa ein Phänomen der vergangenen zehn Jah­re, kann es euch öfters passieren, dass ich „alte“ Romane wie diesen hier gewis­sermaßen zwischen den „neueren“ Kooperationsromanen (Fargo usw.) veröf­fentliche. Stoßt euch nicht dran, Freunde.

In diesem Fall war die Neulektüre besonders interessant, weil ich gerade paral­lel Sachbücher las (ebenfalls auch nach Jahrzehnten zum zweiten Mal), weil ich mich mit dem Bermuda-Dreieck beschäftigte. Und da stolperte ich über den Na­men „Cyclops“ – in der deutschen Version etwas unglücklich in „Cyclop“ einge­deutscht, was keinen rechten Sinn ergibt, denn korrekt hätte es dann „Zyklop“ heißen müssen. Leider geht es weder um Zyklopen noch um „Cyclop“, sondern um ein Schiff namens U. S. S. CYCLOPS. Da geriet der Verlag augenscheinlich in Formulierungsprobleme. Konkret, Freunde, geht es also um folgendes:

Cyclop

(OT: Cyclops)

von Clive Cussler

Blanvalet Hardcover 1988

Aus dem Amerikanischen von Michael Görden und W. M. Riegel

520 Seiten, geb.

ISBN 3-442-06235-4

Die See ist voll von unheimlichen Geschichten, und jeder belesene Mensch, der ein wenig Kenntnis von den zahllosen Erzählungen hat, die sich um das Meer ranken, weiß zur Genüge, dass die dunkle, kalte Fläche des Ozeans Myriaden von Geheimnissen gut und manchmal ewig hütet. Dem Zauber und den Myste­rien des Meeres kann man sogar – wie in meinem Falle – dann verfallen, wenn man Nichtschwimmer ist. Bücher ersetzen zu einem Gutteil die eigenen physi­schen Erfahrungen, und dies ist besonders dann der Fall, wenn man jung ist, über eine äußerst rege Phantasie verfügt und sich in der Geschichte, die man liest, Wahres mit Fiktivem paart.

So erging es mir etwa 1983, als ich das Buch „Geisterschiffe“ von Vincent Gad­dis las und, etwa zur gleichen Zeit, das Buch „Das Rätsel des Bermuda-Drei­ecks“ von Martin Ebon.1 Hier begegnete mir eines dieser verwunschenen Schif­fe, und es trug den Namen U. S. S. Cyclops.

Die U. S. S. Cyclops war ein betagter, robuster Kohlenfrachter unter dem Kom­mando des etwas exzentrischen und vielleicht leichtsinnigen Kapitäns George Worley. Im Februar 1918 lief das Schiff mit mehr als 300 Mann Besatzung und einer großen Ladung Manganerz von Rio de Janeiro in Richtung Baltimore aus. Mit an Bord war der amerikanische Generalkonsul Alfred Gottschalk.

Die Cyclops wurde nie wieder gesehen. Nach den gängigen Vermutungen wurde sie wenige Wochen später eines der zahlreichen Opfer des berüchtigten Bermu­da-Dreiecks. Allgemein wird angenommen, dass sie überladen war, in schwerer See durch ungünstige Verlagerung der Ladung umschlug und mit Mann und Maus unterging. Andere Lesarten gehen davon aus, dass eine der monströsen „Freak Waves“, also der Monsterwellen, sie schlicht in die Tiefen des Ozeans gestampft hat. Heute sind solche Wellen gut dokumentiert, und zweifellos gehen viele der früher als mysteriös angesehenen Havarien von Schiffen auf das Konto solcher Erscheinungen.

Nun stieß ich wenige Jahre nach der Lektüre der oben genannten Bücher auf den Schriftsteller Clive Cussler, dessen abenteuerliche Schreibe mir gut gefiel, und noch mehr fand ich es packend, dass Cussler stets reale Schiffsunglücke und ähnliche Mysterien der See zum Aufhänger nahm, um daran eine Abenteu­ergeschichte aufzuhängen.

Im Herbst 1990 entdeckte ich dann dieses Buch, und sofort war die Erinnerung an das verschollene Schiff, an das Bermuda-Dreieck und so weiter wieder da. Was, so überlegte ich mir, hat Cussler wohl daraus gemacht? Jetzt, da ich knapp 22 Jahre später das Buch noch ein weiteres Mal gelesen habe (das erste Mal im November 1990), kann ich die Frage im Rahmen der vielen Cussler-Rezensio­nen, die ich in den letzten Monaten schrieb, beantworten. Das also macht Cuss­ler aus dem Mythos der verschollenen „Cyclops“:

In der Tat bricht der Frachter im Februar 1918 aus Brasilien auf, aber an Bord ist eben nicht nur das Manganerz und der Generalkonsul, sondern auch eine große Truhe und ein ausgezehrter, kranker, von Fieber geschüttelter Mann, den Gott­schalk mit an Bord gebracht hat. In der Truhe befindet sich ein legendärer Schatz, und leider ist das Verhängnis ebenfalls mitgereist. Am Ende des Prologs schließen sich die Wogen über dem unglücklichen Schiff und seinen Passagie­ren.

Dann wird in die Gegenwart umgeblendet, in der die ganze restliche Handlung spielt… oder das, was in Cusslers Romanen Gegenwart ist. In diesem Buch be­ginnt die am 20. Oktober 1989 in Florida. Da der Roman selbst aber 1986 ge­schrieben und 1988 in Amerika publiziert wurde, erlebt der Leser das inter­essante Phänomen, quasi sehr nahe Science Fiction zu lesen (was freilich durch die Zeitspanne zwischen Ersterscheinung und Übersetzung, in der die temporä­re Kluft mehr als überwunden wird, zunichte gemacht wird – doch das nur ne­benbei).

Die Welt befindet sich noch immer im Kalten Krieg. Die USA bauen im Orbit die Raumstation „Columbus“, die Russen sind dabei, eine Reihe von Mondsonden zum Erdtrabanten zu lenken, die „Selenos“-Sonden. Seltsamerweise sind drei davon schon abgestürzt. Dessen unverdrossen bereiten die Russen den Start der nächsten Selenos-Sonde, Selenos-8, vor. Derweil ist Kuba in der Karibik im­mer noch von Fidel Castro beherrscht, stöhnt unter dem amerikanischen Wirt­schaftsembargo seit über 30 Jahren, und dann stürzt auch noch eine der ge­scheiterten Selenos-Sonden in die Karibik.

Offiziell haben die Russen und Kubaner die Sonde gefunden und geborgen, aber die CIA berichtet Gegenteiliges, also offensichtlich eine gute Gelegenheit, sich die sowjetische Raumfahrttechnik einmal genauer anzusehen. Außerdem gärt es zudem auf Kuba – es hat den sehr vagen Anschein, als suche Fidel Castro An­schluss an die USA und versuche, die Russen gewissermaßen von der Insel zu werfen. Die Lage ist einigermaßen kribbelig, niemand weiß Genaues. Unter die­sen Ausgangsvoraussetzungen startet der reiche amerikanische Verleger Ray­mond LeBaron eine Reise mit seinem fast schon antiken Luftschiff „Prosperteer“ (benannt nach seiner Zeitschrift). Nach außen lässt er verlauten, er suche nach dem Wrack der verschollenen „Cyclop“, auf der er einen Schatz vermutet. Er startet, verschwindet von den Radarschirmen und wird nicht mehr gesehen.

Kurze Zeit später taucht beim Präsidenten der Vereinigten Staaten ein Mann auf, der ihm einen ungeheuerlichen Plan enthüllt, den der Präsident nicht glau­ben kann: innerhalb der Regierungsstellen gibt es eine geheime Parallelstruktur, und diese Parallelstruktur hat es viele Jahre zuvor geschafft, quasi innerhalb der Weltraumbehörden eine weitere Mondlandung zu initiieren – mit dem Ziel, auf dem Mond eine amerikanische Kolonie zu gründen, „Jersey Colony“. Und nach diesen Informationen besteht die Kolonie tatsächlich schon seit sechs Jahren höchst erfolgreich, bemannt mit einer kleinen Gruppe von Wissenschaftlern. Nur leider ist dieses Projekt nun in Gefahr durch die russischen Selenos-Sonden.

Naturgemäß glaubt der Präsident kein Wort davon – bis kurz darauf das ver­schollene Luftschiff „Prosperteer“ wieder in der Karibik auftaucht und bei einer Notlandung beinahe einen Hotelkomplex rammt und um ein Haar explodiert. Nur ein tollkühner Surfer verhindert mit seiner Geistesgegenwart das Schlimms­te – ein Mann namens Dirk Pitt.

Leider gibt es bei all diesen Dingen ein Problem: die stark verwesten Leichen im Cockpit des Luftschiffs sind nicht Raymond LeBaron und seine Crew, sondern drei sowjetische Kosmonauten, und der Pathologe, der sie untersucht, schwört Stein und Bein darauf, dass die drei erfroren sind, und zwar schon vor über ei­nem Jahr!

Ehe sich der Leser versieht, befindet er sich in einem Strudel anfangs sehr bizar­rer, rasch aber immer klarer sich herauskristallisierender Ereignisse, bei denen – was für Cussler-Romane der jüngeren Vergangenheit eher unüblich ist – viele verschiedene Schauplätze und Protagonisten dem wagemutigen Dirk Pitt den Rang streitig machen. Wir haben einen dicklichen Privatdetektiv, der sich auf die Suche nach dem „Harten Kern“, der Patriotengruppe hinter „Jersey Colony“ macht; wir haben den Präsidenten selbst, der sonst als Akteur eher nicht in Er­scheinung tritt, wir haben die Crew von „Jersey Colony“ auf dem Mond (und da­mit eine klare SF-Struktur innerhalb dieses Romans), russische Militärs, einen sadistischen Folterer, eine höchst energische wie undurchsichtige Frau… ach ja, und dann wäre da auch noch Fidel Castro himself…, alles garniert als Sahne­häubchen mit dem Plan, Havanna buchstäblich dem Erdboden gleich zu ma­chen, um den Dritten Weltkrieg auszulösen…

Herauskommt bei dieser Mischung ein sehr unterhaltsamer Roman, wenn man jedenfalls seine Ansprüche etwas herabschraubt. Ich sage mal: so zwischen den besseren Doc Savage-Romanen und einem soliden Terra-Taschenbuch gelegen. Für Cussler-Werke nicht übermäßig brillant, aber auch nicht grottenschlecht wie beispielsweise sein „Akte Atlantis“, wo er ja die Handlungslogik mit jeder Seite beerdigt hat. Hier geschieht alles im Schnelldurchlauf, was ein bisschen schade ist, insbesondere die Suche und das Auffinden der „Cyclop“ geschieht fast ein wenig beiläufig, so dass beim Rezensenten der Verdacht keimte, dass der Kern des Romans die Agentengeschichte um „Jersey Colony“ war und Cuss­ler anschließend ein wenig gezwungen noch nach einem passenden Schatzschiff suchen musste, um dem Roman einen „Cussler-typischen“ Anstrich zu geben. Man ist geneigt, an eine stillschweigende Coproduktion mit einem nicht ge­nannten weiteren Verfasser zu denken.

Nun, vielleicht erfahren wir irgendwann, ob das stimmt. Bis dahin kann man das Buch durchaus schmökern. Wer es also auf dem Flohmarkt oder im Antiquariat entdecken sollte, könnte durchaus schlimmere Griffe machen. Es gibt eigentlich nur einen einzigen wirklichen Wermutstropfen nach der Lektüre: zu schade, dass Dirk Pitt sich später nie auf die Suche nach Eldorado gemacht hat… und wer die Anspielung nicht begreift, muss einfach mal den Roman lesen. So viel schönes Gold…

© by Uwe Lammers, 2012

Es ist natürlich nicht auszuschließen, möchte ich ergänzen, dass es irgendwann in einem Epigonenroman durchaus noch um das Geheimnis von Eldorado ge­hen wird, zumal die Coautoren ja schon ganz andere interessante Rätsel der Vergangenheit auf Cussler-Art aus dem Dunst des Vergessens auftauchen lie­ßen. Aber bislang ist das in den Romanen, die ich kenne, noch nicht geschehen. Geben wir also die Hoffnung nicht auf…

In der kommenden Woche kehren wir, vielleicht zur allgemeinen Freude, in die Baker Street 221B zurück. Ich brauche nicht sehr viel mehr Worte zu machen – wer mit der Andeutung was anzufangen weiß, wird schon von sich aus in sieben Tagen zur Stelle sein.

Ich freue mich auf eure neugierigen Blicke.

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. dazu bei Interesse die genannten Bücher: Vicent Gaddis, „Geisterschiffe“ (OT: Invisible Horizons), dt. München 1976, und Martin Ebon, „Das Rätsel des Bermuda-Dreiecks“ (OT: The Riddle of the Bermuda Triangle), dt. München 1977.

Liebe Freunde meiner E-Books,

wer schon Leser meines E-Books „Ian und der Stein der Götter“ (Annalen 2) gewesen ist, der wird bereits auf diese rätselhaften schwarzen Kristallportale ge­stoßen sein, die nach Auskunft des Berinnyers Shaslacanyoorid das ganze Uni­versum durchziehen – das gewaltige Transmitternetz der legendären Rasse der Baumeister.

Wo und wann genau fing das alles wohl an?, mochte sich da mancher von euch fragen, und wo sieht man diese Transmitter das erste Mal in Aktion? Nun, diese Frage könnt ihr euch mit meinem aktuellen E-Book beantworten, mit „Sternen­legenden“, dem Band 12 der Serie „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ (TI).

Der Anfang liegt ursprünglich auf dem Planeten Yolnash, der mythischen Hei­mat des Spinnenvolks der Zhonc. Und die Yantihni auf der Wüstenwelt Hushhin sind die ersten Intelligenzwesen, die diese Kristallportale in Aktion erleben… auf eine unschöne Art und Weise. Und schuld daran ist der aktionistische, übereifri­ge Wissenschaftler Noshtoy.

Er tritt eine Kaskade von Ereignissen los, die rasch der Kontrolle entgleiten. Doch davor erfährt er unendlich vieles aus der tiefen Vergangenheit…

Das E-Book „Sternenlegenden“ steht ab sofort auf www.beam-ebooks.de im MOBI- und EPUB-Format zum Download für den Preis von 1,49 Euro bereit.

Ich wünsche euch angenehmes Lesevergnügen und freue mich, von euch zu hö­ren!

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

es gibt so Momente, da bleibt mir einfach die Spucke weg, und in den letzten Tagen, über die ich hier reden möchte, war es mal wieder soweit. Im Monat Juli hatte ich für einen guten Autorenfreund eine wichtige Zuarbeit erledigt, über die ich hier im Detail weder reden möchte noch darf… aber diese Arbeit hatte dann eine echte Überraschung im Gefolge, weil ich nämlich gewissermaßen „schreibrollig“ wurde.

Echt, dieser Zustand ist etwas Kurioses. Man könnte ihn auch als eine Form von Schreibzwang beschreiben, doch dieses Wort ist mir zu negativ besetzt. „Schrei­brolligkeit“ trifft es da deutlich besser, weil darin das Vergnügen enthalten ist, das sich mit diesem Prozess verbindet. Vielleicht war es ganz unvermeidlich, dass dann das passierte, was eben geschah.

Als ein gewisser Leerlauf im oben nebulös angedeuteten Projekt eintrat, wan­derte mein Geist durch all die begonnenen und noch nicht vollendeten Projekte und blieb bei einem hängen, dem größten Brocken von allen, gewissermaßen. Und eine sehnsüchtige Erinnerung regte sich… eine von der Art, von der ich nicht genau weiß, ob ihr sie nachempfinden könnt.

Stellt euch vor, ihr sitzt daheim, und auf einmal steigt in euch die Erinnerung an eine ganz besondere Stelle eures Lieblingsbuches wieder auf, aber seltsam ver­waschen. Kennt ihr das auch, dass ihr dann das Buch aus dem Regal zieht und diese Stelle noch mal sucht, um sie nachzulesen, das ganze Vergnügen der da­maligen Lektüre wieder zu aktualisieren (so, wie eine Sternenfee ihren Körper aktualisiert – wer diese Andeutung gerade nicht nachvollziehen kann, lese nach in Annalen 3: „Die schamlose Frau“).

Und wenn man dann ein Weilchen nach der richtigen Stelle suchen muss, pas­siert euch vielleicht exakt das, was mir widerfuhr: ihr versinkt in dieser Ge­schichte selbst und vergesst für eine Weile den ursprünglichen Anlass, seid ein­fach tief drinnen und klinkt euch aus der Gegenwart vollständig aus.

Toll, nicht wahr?

Nun, so erging es mir vor wenigen Tagen. Ich suchte diese Stelle, eine grässliche Passage, in der ein kleines Mädchen namens Serena in einem Traum, der deut­lich mehr als ein Traum ist, einen unheimlichen Ort aufsucht – den TURM auf TOTAM, wo Serena dann mit dem Wesen TOTAM höchstselbst konfrontiert wird und reichlich grässliche Erfahrungen macht.

Und während ich diese Stelle suchte, las ich noch ganz andere Dinge in diesem Werk: Da war der gnadenlose, infernale Kampf in der Ortschaft Whitmore, wo Oki Stanwer, Dämonen, Dämonenwaffen und Schergen TOTAMS um das legen­däre Ghoul-Grab kämpfen. Da waren all diese famosen Monster versammelt: Die Diener der Dämonenwaffe Glusem, nahezu unzerstörbar. Die Dämonenwaf­fe Sortan in ihren verschiedenen Inkarnationsstadien. Die Knochenparasiten CLOGGATHS. Da war, außerhalb von Whitmore, der Beratungsstab des New Scotland Yard mit Dr. Elizabeth Quine, der Frau, die Oki Stanwer liebt, Yard-Commander Brian Eldis… die Drohung durch die FRAS-ZONE CLOGGATHS…

Und ich dachte wieder und wieder, mehr als drei Stunden lang, während ich dreihundert Seiten an diesem Werk las, bis tief in die Nacht hinein: Verdammt, das müsste man mal veröffentlichen. Das müsste ich meinen Lesern mal zeigen, damit sie sehen, was der Oki Stanwer Mythos wirklich noch an Überraschungen und Schrecken parat hält!

Und zugleich wusste ich: das ist unmöglich.

Das war mein erster Gedanke, zugegeben. Dann kam aber ein zweiter hinzu, deutlich renitenter als der erste, und der hat jetzt mit der oben erwähnten „Schreibrolligkeit“ zu tun: Why not? Ich bin gerade gut im Training. Geh die Auf­gabe einfach an!

Also zog ich einen staubigen Ordner aus meinem Regal und sah mir an, wann ich daran das letzte Mal gearbeitet hatte. Der Schreck saß: „Du gütiger Himmel! Von 2006 stammt der letzte Versuch, daran zu arbeiten? Ich habe 2010 am Skript weiter gearbeitet? Das kann doch gar nicht wahr sein!“

War es aber.

Selbst die leeren Dateiformate, die ich im Rechner bereits vorbereitet hatte, waren noch nicht richtig beschriftet und formatiert. Das holte ich dann also als erstes nach und begann dann damit, mich in das Abschreibabenteuer zu stür­zen. Und um folgendes ging es:

Ich rede die ganze Zeit von meinem einstmals ambitioniertesten Romanprojekt – im Rahmen des Oki Stanwer Mythos (OSM) ist es das noch immer, aber ihr wisst durch meine Blogartikel, dass ich im Bereich des Archipels hier durch Ro­mane wie „Rhondas Reifejahre“ deutlich vorwärts gekommen bin. Und diese Archipelwerke sind dann ja auch ein zentraler Grund, warum ich mit dem obi­gen Werk nicht vorwärts gekommen bin.

Dieses Werk ist „DER CLOGGATH-KONFLIKT“, auch kurz „CK“ genannt, wie ich es in der Folge halten möchte.

Der CK ist, je nach Betrachtungsweise, ein phantastisches Leseabenteuer oder ein monströser Klotz Papier, der inzwischen 3741 Manuskriptseiten umfasst. Er ist auf 50 Kapitel Länge definiert, von denen inzwischen 36 schon fertig sind. Man sollte meinen, das seien gute Voraussetzungen, das Werk in Bälde zu vollenden. Aber das ist nur der erste Blick. Schauen wir uns das mal genauer an. Es gibt da einige Komplikationen.

Die augenfälligste Komplikation besteht darin, dass ich während der Schreibzeit dazu gelernt habe. Grundsätzlich sehr positiv, keine Frage, aber für dieses Rie­senwerk problematisch. Man sieht das am deutlichsten am Kapitel 36 „Whitmo­re“, über das ich oben sprach, in dem ich so tief versunken war. Das Kapitel hat, ungelogen, fast 500 Seiten Textumfang. Das ist quasi schon Romanformat und übertrifft jedes meiner E-Books, das schon erschienen ist, bei weitem.

Punkt 2 und weitaus problematischer: Nur die rund 700 letzten Seiten liegen auch tatsächlich in Form einer digitalen Fassung vor (in veralteter Rechtschrei­bung, weil die eben schon so alt sind). Und die ersten dreitausend Seiten?, mögt ihr euch da jetzt unweigerlich fragen? Nun, die liegen analog vor – als Schreibmaschinenseiten. Die müssen eben noch mal abgeschrieben, fehlerbe­reinigt und… ja… ausgearbeitet werden.

Denn die frühen Seiten meines Projekts CK stammen aus dem April 1988 – und ich muss euch nicht erzählen, wie ich vor 27 Jahren stilistisch drauf war. Ihr habt in meinen Blogartikeln, in denen ich über Fehler im OSM berichte, gelegentlich schon ein paar unsympathische Kostproben davon mitbekommen.

Mir war also schon seit Jahren klar – und das ist der nächste Grund für die Sta­gnation des Schreibprozesses – , dass es wenig nützlich sein würde, an dem CK weiterzuschreiben, während der Anfang stilistisch mehr und mehr veraltet und vielleicht auch inhaltlich ungenügend sein würde. Ich würde mir dann sehr so vorkommen wie einer der Gesteinstürme in der Sahara, wo die Staubstürme die Basis erodieren, während der obere Teil massiv und schwer darauf lastet – ir­gendwann bricht so etwas einfach zusammen und bildet dann einen formlosen Schutthaufen.

Das sollte mit dem KONFLIKT 13, der Ausarbeitung der Serie „Oki Stanwer Hor­ror“ (OSH) nicht geschehen, also mit dem CK.

Nun, mich überkam also die „Schreibrolligkeit“, und das kann man wirklich wörtlich verstehen. Im Nu schrieb ich an einem Tag nicht weniger als 28 Seiten ab und kam damit beeindruckend weit (inzwischen bin ich auf Seite 64 ange­langt, bis dieser Blogartikel erscheint, sind es vermutlich schon mehrere hun­dert Seiten).

Und das war in einer gewissen Weise wie eine Frischzellenkur… wie einer Frischzellenkur mit Bremse, sollte ich sagen. Das muss ich natürlich auch gleich wieder erklären. Zunächst zum ersten Effekt:

Es war ein purer Genuss, wieder ins Jahr 2113 einzutauchen. Denn da beginnt diese Geschichte letzten Endes. Der CK erhielt von mir Ende der 80er Jahre eine bis heute sehr tragfähige Struktur, die ich auch bei der E-Book-Publikation – notwendig in mehreren Teilen, einfach des schieren Umfangs wegen, sonst wird mein Lektorat verrückt, da brauche ich nicht mal zurückzufragen! – beibehalten werde.

Für euch wird diese Struktur gewöhnungsbedürftig sein: Es gibt fünf wichtige, sehr kurze Prologe, gefolgt von 8 so genannten „Vorspielen“, in denen die Grundlagen für die kommende Handlung gelegt werden. Das zusammen um­fasst schon jetzt 265 Manuskriptseiten. Ich schrieb, und damit kommen wir dann zu den wirklich problematischen Tatsachen, diese 265 Manuskriptseiten vom 17. April 1988 bis zum 3. Juli 1988. Kein Witz, Freunde, in nicht mal drei Monaten. Und so lesenswert sie auch sein mögen – sie sind alles andere als op­timal gelungen. Aus einer Distanz von 27 Schreibjahren sehe ich das nur zu deutlich.

Es fehlt an liebevoller Ausarbeitung der Charaktere. Es fehlt an Beschreibung der faszinierenden Welt anno 2113 nahezu überall. Ich ließ mich von der stür­mischen Actionhandlung durch die Kapitel driften und vernachlässigte quasi alle Nebenpersonen, Dialoge sind fast ausschließlich funktional…

Was das bedeutet, muss ich nicht ausführlich beschreiben: Dieses Manuskript wird abgeschrieben werden und dann, wie meine TI-Episoden, einer gründli­chen Ausarbeitung zugeführt werden müssen. Ihr könnt also davon ausgehen, dass das alles noch etwas dauert, bis ihr es zu sehen bekommt. Aber ich bin recht zuversichtlich, den ersten Abschnitt, von dem ich oben sprach, vielleicht anno 2017 zu euch Lesern in Form eines schönen, dicken E-Books liefern zu können.

Die Welt von 2113 ist es wert: Eine Erde, in der die Menschen sich von der Raumfahrt nahezu völlig abgewandt haben, um die Schäden zu regenerieren, die sie an ihrer Ökosphäre im 20. und 21. Jahrhundert angerichtet haben. Eine Welt, in der es natürlich nach wie vor Machtrivalitäten und Machtkämpfe gibt, die Mentalität aber, was die Ökologie angeht, deutlich geläutert ist.

Eine problemlose Welt? Nein.

Da gibt es etwa einen Meisterverbrecher, den MAESTRO, einen Mann mit tau­send Masken, der als das geniale Meisterhirn der Kriminalität in London gilt.

Da existieren überall auf der Welt magische Relikte, die gut verborgen unter der Oberfläche schlummern und darauf warten, dass sie zu grässlichem Leben er­wachen.

Da gibt es ein geheimnisvolles Schädelorakel, das die Zukunft vorauszusagen imstande ist.

Da gibt es, versteckt hinter der feinen Membran der Raumzeit, ein Kontinuum voller Grauen, den Vorhof der Knochendimension, wo unter dem glühenden Licht einer grünen, feindseligen Sonne eine schwarze Kristallwelt ihre unerbittli­che Bahn zieht – TOTAM, bereit, den Krieg gegen Oki Stanwer und das Licht zu eröffnen.

Die Baumeister als Beschützer? Sie sind hier nicht vor Ort. Die Menschen sind auf sich selbst angewiesen… und auf einige wenige Streiter für das Gute, die sich um Oki Stanwer in Form des Stanwer-Teams scharen sollen.

Und dann ist da noch jene zweite Bedrohung namens CLOGGATH, die auf die Erde zukommt, näher und immer näher. Und soweit man das ermitteln kann, bedeutet ihre Ankunft die Auslöschung der menschlichen Spezies…

Dies, meine Freunde, ist der Alptraum des KONFLIKTS 13 des Oki Stanwer My­thos. Und ich tauche darin nun wieder ein und führe ihn sukzessive der Veröf­fentlichungsreife entgegen.

Ich halte euch auf dem Laufenden, versprochen!

Soviel also für heute von der aktuellen Arbeitsfront. Wohin wir nächste Woche reisen werden, an dieser Stelle? Schaut einfach rein, dann seid ihr schlauer!

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 33: Der nackte Gott (6)

Posted November 11th, 2015 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

man könnte als argloser, prüder Leser nun meinen, auf einmal ginge es um einen mythologischen Porno, aber da läge er vollkommen falsch. Nein, Peter F. Hamilton hatte hier keine Midlife-Crisis sexueller Natur, als er diesen Roman schrieb, sondern etwas völlig anderes im Sinn, und das kam dann schließlich auch dabei heraus. Das titelgebende Etwas ist weder ein Mensch noch recht ei­gentlich spirituell… aber es ist essentiell für den Schluss von Hamiltons „Arma­geddon-Zyklus“, der mit diesem Band (fast) abgerundet wird.

Wieso fast? Nun, weil es bald darauf noch einen siebten Band gab, auf den ich noch zu sprechen kommen werde, in drei Wochen, um exakt zu sein. Kenner der Geschichte wissen natürlich, wovon ich rede. Aber alle Neuankömmlinge auf dieser Seite oder in Hamiltons Geschichtenkosmos erwartet eine inter­essante Überraschung.

Doch schauen wir uns zunächst an, wie sich Joshua Calvert im verzweifelten Ringen mit den übermächtigen „Besessenen“ schlägt. Das wollt ihr doch sowie­so alle längst wissen, wenn ihr die vorherigen Bände verschlungen habt. Nun, hier folgt also die Auflösung:

Der nackte Gott

(OT: The Naked God, Part II)

Armageddon-Zyklus, 6. und letzter Roman

von Peter F. Hamilton

Bastei 23234

1024 Seiten, TB

März 2001, 9.90 Euro

Übersetzt von Axel Merz

Es wird eng.

Ja, es wird eng für die Menschheit und für alle Wesen, die sich einstmals als zur Menschheit gehörig betrachteten und nun unwiderruflich in den Strudel hinein­gezogen werden, den sie selbst mit schaffen halfen – die Besessenen unter­schiedlichster Couleur, überall im irdischen Sternenreich. Letzteres ist ja nur eine Konföderation, also ein Zusammenschluss auf wirtschaftlicher und politi­scher Ebene, wobei die individuellen planetaren Ökonomien höchst unter­schiedlich gewichtet sind.

Während nun der Abenteurer Joshua Calvert und die Voidhawk-Kommandantin Syrinx als Duo mit zwei Raumschiffen in die Tiefen der Milchstraße vorstoßen, um das Geheimnis des „Schlafenden Gottes“ der Tyrathca zu lösen, beginnt die Konföderation zu wanken.

Wohl gelingt es den Regierenden, auf Ombey allmählich die Krise der Halbinsel Mortonridge unter Kontrolle zu bekommen, wohl entschließt sich die Konföde­rierte Navy, endlich massiv gegen Al Capones Organisation auf New California zuzuschlagen, doch allen wird schnell klar, dass dies die Kräfte der Konföderati­on bei weitem überschreitet. Mortonridge lässt sich nicht wiederholen, weder finanziell noch humanitär. Der Schaden für die Demokratie ist gewaltig.

Und das ist nicht einmal das Schlimmste: was Louise Kavanagh schon lange ge­fürchtet hat, ist Realität geworden – der sinistre Quinn Dexter ist auf der Erde eingetroffen, und jeder Versuch, seiner habhaft zu werden, endet in einem un­beschreiblichen Blutbad. Doch er ist wie ein Geist, unfassbar, diabolisch und ge­wissenlos. Die Erde selbst wird zum Schlachtfeld der Besessenen, und eine Ar­kologie nach der nächsten gerät an den Rand des Abgrunds. Zum Schluss ver­fügt Quinn sogar noch über die ultimate Waffe, um seine Herrschaft zu vervoll­kommnen, und in Louises Gegenwart ruft er seinen finsteren Herrn, den Licht­bringer Luzifer selbst…

In den Tiefen der Galaxis stoßen unterdessen Joshua Calvert, Alkad Mzu, Syrinx und ihre Gefährten auf das Ursprungssystem der Tyrathca, das längst zerstört ist… aber entgegen ihren Vorstellungen ist hier keineswegs alles Leben erlo­schen, sondern vielmehr kommen sie alle in Kontakt mit einer weiteren Spezies, den Mosdva. Doch die Verhandlungen entpuppen sich als außerordentlich schwierig – und sie werden noch mehr erschwert, als ein Hellhawk auftaucht und die Verhandlungen unbedingt torpedieren will…

Einen Roman von fast 2000 Seiten mit einem Titel zu belegen, der lediglich auf die letzten hundert Seiten zutrifft, könnte man als einen Versuch gezielter Irre­führung bezeichnen. Gut für Hamilton ist, dass er auch jenseits des Titelbezugs eine Menge interessanter, wichtiger, spannender und lebendiger Dinge zu er­zählen weiß und in diesem Roman nun endlich die Handlungsfäden wieder zu­sammenführt, nachdem sie sich über Hunderte und Tausende von Seiten so weit voneinander entfernt hatten, dass man sie als reine Nebenhandlungen ab­zuqualifizieren bereit war.

Wer so gedacht hat – dass es sich um Nebenhandlungen handelte – , der wird überrascht werden. Wer Hamiltons Denken schon ein wenig kennenlernte, dem bereitet das keine Verblüffung.

Wie war das also mit der frustriert von Zuhause flüchtenden Marie Skibbow auf Lalonde? Wie war das mit dem schrecklich zu Tode gemarterten Gefangenen­aufseher Powell Manani ebendort? Warum wohl mag es von Bedeutung gewe­sen sein, dass Marie Skibbows Vater Gerald, inzwischen psychisch völlig am Ende, von seiner Besessenheit befreit und dafür psychisch völlig zerrüttet wur­de? Was ist die letztendliche Quintessenz, warum der Valisk-Handlungsstrang und Dariats Persönlichkeit (von Tolton ganz zu schweigen) wirklich bedeutsam war? Und denkt auch an Jezzibella und Al Capone und ihre ganz besondere Be­ziehung zueinander, denkt an die kinderrettenden Besessenen um Stephanie Ash…

Alles wichtige Bausteine für den Schluss des Zyklus. Geschickt komponiert und beinahe gut gemacht. Beinahe. Tja, denn es gibt Wermutstropfen zum Schluss der ganzen Geschichte. Sie hängen mit einer Tatsache zusammen, die Hamilton nicht leugnen kann und ihn im Grunde genommen sympathisch macht: Peter F. Hamilton ist ein unverbesserlicher Romantiker mit einer unausweichlichen Be­strebung, ein Happy End zu finden. Dafür tut er alles, und das muss man hier wirklich wörtlich verstehen. Das ist der Grund, warum mir der Schluss des Zy­klus beinahe den Magen verdarb. Hat jemand ein Tonic Water da, um diese Süßlichkeit zu verscheuchen? Ah, danke!

Also, eine kleine Andeutung vor dem Lesen sei mir gestattet, um euch nicht die Freude völlig zu verderben: so sehr ich es gemocht habe, dass Josh und seine junge Geliebte zusammenfinden – was eigentlich von Anfang an abzusehen war – , so sehr sträube ich mich gegen die letztendliche Lösung des gesamten Pro­blems. Ich könnte es mir leicht machen und behaupten, das sei „Science Ficti­on“, aber das ist es ja sowieso, und diesmal heißt die Antwort deshalb, es ist nicht SF, es ist „Fantasy, gepaart mit Wunschdenken“. Die Mischung ist unge­nießbar.

Mir ist klar, weshalb er das gemacht hat – weil er verbrannte Erde zurücklassen möchte, einen Zyklus, dessen Potential so ausgereizt ist, dass es keinen Anreiz mehr gibt, dorthin zurückzukehren. Auf der einen Seite intelligent. Auf der an­deren Seite… öde. Eine Welt so in Ordnung zu bringen, dass es darin keine Ecken und Kanten mehr gibt, das ist langweilig. Und so schön das Träumen und das Abenteuern mit Peter F. Hamiltons dicken Armageddon-Schmökern auch gewesen ist – mir hätte es mehr gefallen, hätte er am Ende ein paar Ecken und Kanten übriggelassen. So bleibt nur zu sagen, dass er den Schluss vermutlich auch aus dem Bestreben heraus, endlich „fertig“ zu sein, letztlich in den Sand gesetzt hat.

Schade.

© by Uwe Lammers, 2005

Tja, und wieso bitte behaupte ich dann – siehe oben in der Einleitung, es gäbe doch noch einen SIEBTEN Teil? Weil das eine Tatsache ist. Und nein, es ist durchaus KEIN Widerspruch. Am 2. Dezember werdet ihr das verstehen.

In der kommenden Woche entführe ich euch an dieser Stelle in die Karibik und in ein weiteres Abenteuer, das Clive Cussler verfasst hat. Da wird’s dann wieder richtig abenteuerlich, verlasst euch drauf!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Wochen-Blog 140: Der OSM im Bild, Teil 10

Posted November 8th, 2015 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

und wieder sind sieben Wochen verstrichen, seit wir in dieser Unterartikelreihe voneinander gehört haben. Wir befinden uns weiterhin in der Illustrationsriege des KONFLIKTS 14, also der Serie „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ (FdC), und auch in diesem Beitrag geht es um die Illustrationen, die vor knapp 30 Jah­ren – man mag es wirklich kaum glauben – mein heutiger Coverlayouter Lars Vollbrecht geschaffen hat.

Ich war damals bis Band 21 der Serie gekommen, also bis „Dämonische Pläne“. Mit dem Folgecover für Band 22 „Chaos auf Senaax“, auch dies eng an meine eigene illustrative Vorlage angelehnt, die Lars damals als Kopie vorgelegen ha­ben muss, wechselte er dramatisch den Stil.

Herrschten bisher zumeist breite Striche, starke und differenzierte Schraffuren vor, so ist das Cover von Band 22 nahezu völlig weiß, und allein die Umrisse der Objekte sind skizzenhaft angedeutet. Kurz zur Erläuterung ein wenig über den Inhalt der Episode, damit die Beschreibung verständlich wird:

Die Serienepisode blendet von TOTAM um ins Reich der halbaquatischen Soog­rer im Zentrum der Galaxis Hun’arc. Wie erinnerlich hatte sich der Helfer des Lichts Klivies Kleines mit der Lichtfestung OREOC aufgemacht, dort die Macht von TOTAMS Dämonenwaffe Rookax zu schwächen, indem er die Dienervölker des Rookax von der Macht der kristallenen Dämonenwaffe befreite. Auf diese Weise war schon jede Menge Chaos angerichtet worden.

Kleines geriet im Strudel dieser Ereignisse über einen physischen Verschmel­zungstransfer mit der Dämonenwaffe vom untergehenden Planeten Düsterwelt zur Aquawelt Senaax, dem Zentrum der soogrerischen Zivilisation (vgl. dazu Bd. 18 der Serie). Hier gelang es ihm, seinen physischen Leib aus einer Kristallstele zu befreien, doch die Kuppelstation, in der sich Kleines nun befand, lag unter Wasser. Und, um die Lage noch schlimmer zu machen, hatte die Lichtfestung OREOC beschlossen, die Rookax-Stelen zu zerstören, um Rookax´ Macht ein für allemal zu brechen.

Parallel dazu hatte TOTAM einen Dämon ausgesandt, um Rookax ebenfalls zu eliminieren, dessen Brauchbarkeit nun nach Materialisierung der Welt des Bö­sen erschöpft war.

In Band 22 erreicht der Dämon Ormun Senaax, annähernd zeitgleich mit OREOCS primärenergetisch aufgeladenen Lichtrobotern. Es kommt nun zu ei­nem verheerenden Zusammentreffen, bei dem Ormun nahezu zerstört wird, die Rookax-Stele, aus der sich Kleines befreien konnte, ebenfalls. Und ebenfalls zur gleichen Zeit landet ein soogrerisches Kleinschiff, das Kleines´ Freunde an Bord hat, auf Senaax. So gelingt Kleines schließlich die Flucht von der Aquawelt.

Das Bild zeigt nun in der unteren Hälfte die Unterwasserlandschaft mit ange­deuteten Kuppelbauten, Türmen und Vegetation. Sich nach oben schlängelnde Luftblasenschwärme deuten klar den Unterwassercharakter an. Im Bildvorder­grund zerbirst gerade eine der Kuppeln – unzweideutig jene, in der sich Kleines aufgehalten hat – , und eine Art aufwärts strebender Komet steigt daraus em­por. Damit wollte Lars wohl die nach TOTAM heimkehrende Seele des Dämons Ormun charakterisieren, anders lässt sich die angedeutete Richtung des Objekts nicht erklären. Weiter im Hintergrund und entsprechend kleiner dargestellt, sieht man ein landendes Tropfenschiff der Soogrer, in dem Kleines´ Gefährten erscheinen.

So gewöhnungsbedürftig auch zunächst dieser Zeichenstil ist, den Lars unten rechts mit „LaVo’88“ signierte, so originell und interessant wirkt er doch aus der zeitlichen Distanz auf den Betrachter. Zu schade, dass das Bild nie in den Einsatz kam.

Band 23 „DIE STELE DER EWIGKEIT“ führt uns als Leser wieder zu anderen Ufern, nämlich zum Rand der Galaxis Hun’arc, wo eine Cranyaa-Patrouille, die in der Nähe einer Raumstation des Volkes der Tekras aktiv ist, auf ein rätselhaftes Raumobjekt aufmerksam wird, auf einen mehr als 100 Kilometer langen, offen­sichtlich aus weißem Kristall bestehenden Monolithen, der sich wie ein Raum­schiff verhält.

Als die Tekras die Cranyaa auf dieses Objekt aufmerksam machen, ist es bereits dabei, seltsame Strahlen auszusenden, die dazu führen, dass die getroffenen Objekte in der näheren Umgebung kristallisieren. Heutzutage ist mir dieser Ef­fekt klar, der damals mehrheitlich dramaturgisch beschrieben wurde. Es handelt sich um eine Transmutation derselben Art, wie sie auch in der umgekehrten Form bei TOTAM-Einfluss auf organische Materie wirksam wird. Während aber dort die Substanz durch TASSYJAAR-Ballungen ausgetauscht und somit in TOTAM-Materie transmutiert wird, ist es hier so, dass die STELE DER EWIGKEIT – der genannte kristallene Monolith – durch starke Primärenergieaufladung eine Mutation in Goldkristall herbeiführt. Das tötet zugleich alle Lebensformen wirkungsvoll ab.

In diesem Fall ist die Entladungsform eine Art von Unfall, und Lars verstand es gut, diesen Kristallisationseffekt darzustellen. Sowohl die von links unten wie ein gereckter Finger ins Bild ragende STELE als auch die kristallisierten Asteroi­den im Umfeld sind wie große Juwelen geformt und von funkelnden Auren um­geben. Weitere Asteroiden ringsum sind mit der gewohnten Schraffurtechnik stärker und dunkler konturiert. Der Raum zwischen diesen Objekten wurde von Lars weiß belassen, während am Rand starke, zunehmende Schwärze residiert, was den Gesamteindruck deutlich verstärkt. Von oben links fliegt ein seltsames Gefährt an, das wohl Teil eines Cranyaa-Raumschiffs sein soll und eine gewisse Ähnlichkeit mit dem wracken Cranyaa-Schiff auf dem Titelbild von FdC 11 „Tod auf Vo’hoccl“ hat.

Meine einzige Kritik an dem Titelbild hat mit der Gestalt der STELE zu tun. Zum einen ist ihre Gesamtgröße natürlich nicht vermittelbar und wirkt hier insge­samt viel zu klein. Ein Gebilde, das mehr als 100 Kilometer lang ist, müsste deutlich größer dimensioniert sein. Auch kommt der Stelen-Charakter durchaus nicht zum Vorschein. Man muss sich die STELE eher wie eine Art Grabplatte vor­stellen, nur schmaler und länger dimensioniert (und natürlich sehr viel größer).

Als letztes nehmen wir uns heute noch Lars´ Titelbild für FdC 24 „Rookax´ Kriegsflotte“ vor. Der Handlungshintergrund ist schnell berichtet:

Während OREOC und seine Lichtroboter im Reich der Dämonenwaffe wüten, nutzt Rookax diesen Angriff seinerseits für einen Vernichtungsschlag. Er zieht Tausende von Raumschiffen zusammen und lenkt sie direkt in Richtung auf die Cranyaa-Zentralwelt Wislyon.

Direkt über der Atmosphäre von Wislyon trifft Rookax mitsamt Flotte mit einer anderen Raumschiffstreitmacht zusammen, die aus Troohn-Schiffen des so ge­nannten „Schwarzen Heeres“ besteht. TOTAM hat zwischenzeitlich entschieden, dass Wislyon noch nicht der Vernichtung anheimfallen soll, und die Flotte ist dazu da, Rookax abzufangen und zu neutralisieren, was in dieser Episode geschieht.

Die Illustration zeigt oben links den Planeten Wislyon, während der restliche Raum nahezu durchgängig schwarz ist, mit eingestreuten, eindeutig zu großen umgebenden Sonnen. Von rechts oben fliegen drei Kastenschiffe der Troohns an, die Lars sehr genau nach meinen grafischen Vorgaben gestaltete, während von unten links ein Schwarm von Tropfenschiffen der Soogrer anfliegt, auf ziem­lich eindeutigem Konfrontationskurs.

Die Schiffe der Soogrer sind dabei allerdings von einem hellen Feld umhüllt, das zum umgebenden Weltraum eine stärker werdende Front aufbaut, und das ent­spricht durchaus der Episodendarstellung, wo TOTAM Rookax´ Flotte durch ein dimensionales Feld einsperrt und so mattsetzt.

Was bei diesem Bild dann leider nicht so gut gelungen ist, ist die dimensionale Wiedergabe der Größenverhältnisse. Die Soogrer-Schiffe sind üblicherweise mehrere hundert Meter lange Giganten, während die kleinen Kastenschiffe der Troohns tatsächlich sehr klein sind, so dass man deren Kampfstärke sehr leicht fatal unterschätzt (deutlich merkt man das in KONFLIKT 19 „Oki Stanwer – Der Missionar“ (DM)), wo ich einen solch ungleichen Kampf einmal vor Jahren dar­gestellt habe, der auf völlig desaströse Weise endet. Auf dem Cover von FdC 24 sehen beide Schiffstypen annähernd gleich groß aus.

Soviel erst einmal für die Titelbildschau für dieses Mal. In ein paar Wochen folgt die Fortsetzung. In der nächsten Woche entführe ich euch in der Rubrik „Log­buch des Autors“ in das Jahr 2113 auf den Planeten Erde des KONFLIKTS 13. Ich denke, das dürfte für euch eine durchweg packende Lektüre werden. Also nicht versäumen…!

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des Oki Stanwer Mythos,

das war schon ein wenig erschreckend, mitzuerleben, wie die armen fünf auf der verwilderten Welt Nylviidin gestrandeten Yantihni unvermittelt wie Tiere eingefangen worden sind – just von jenen Wesen, die sie eigentlich für ausge­storben hielten.

Zu dumm aber auch, dass unsere Freunde nun vor einem ganz besonderen Pro­blem stehen: wie erklärt man Wesen, die fest davon überzeugt sind, exotische Zootiere eingefangen zu haben, dass man selbst in Wahrheit Angehöriger einer intelligenten Spezies ist? Schlimmer noch: als die Yantihni in den Experimental­kammern der BHAYLIID erwachen, ist ihnen bewusst, dass die arachniden Zhonc sie akustisch wohl kaum werden verstehen können – völlig andere Lautfrequen­zen, nicht wahr?

Ja, und dann versteht die Soziologin Yasaari auf einmal dennoch die Gespräche der Experimentatoren.

Gruselige Enthüllungen deuten sich an…

Seid dabei, Freunde, wenn die Yantihni darum ringen, einen höchst komplizier­ten Erstkontakt herzustellen, von dem alles abhängt – nicht zuletzt ihr Leben.

Alles Weitere erfahrt ihr im neuen E-Book TI 22 „Welt der Wunder“, mit dem die Erlebnisse der Hushhin-Forscher auf Nylviidin fortgesetzt werden.

Das aktuelle E-Book „Welt der Wunder“ ist ab heute zum Preis von 1,49 Euro auf Amazon-KDP erhältlich.

Der einmalige Gratisdownload ist am 16. November 2015 möglich.

Ich wünsche euch eine angenehme Lektüre.

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 32: Wer war Jack the Ripper?

Posted November 4th, 2015 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

ja, das ist eine gute Frage, nicht wahr? Eine, die bis heute wahlweise kontrovers diskutiert wird oder als Paradoxie einfach im Raum steht. Doch wenn man sich vergegenwärtigt, wie oft gerade kreative Geister wie Schriftsteller sich an dem Phänomen dieses Serienkillers gerieben haben und bis heute reiben – seien es Phantasten, seien es Krimiautoren, seien es Journalisten, Historiker oder sonst irgendwelche Verfasser, die Geschichten fürs Fernsehen bzw. für den Film adap­tierten – , es ist in jeder Hinsicht eine historische Person, die die Menschen mit reger Phantasie nicht in Ruhe lässt.

Die Fakten sprechen aber durchaus auch Verschwörungstheorien oder überna­türliche Ursprünge an: ein gesichtsloser Killer, der ein einziges erklärtes Mord­ziel hat – englische Prostituierte der Unterschicht im Londoner East End – , ein Monster, das wie ein Phantom aus dem Nichts erscheint und ebenso ungeklärt dorthin wieder verschwindet, nachdem es eine Blutspur ohnegleichen hinter­lassen und die Polizeibehörden verhöhnt hat…

Unklare Faktenlage, brausendes Gerüchtechaos in den Zeitungen und den Stra­ßen von London. Inkompetenz bei den Ermittlungsbehörden. Und der Fall wird nie geklärt… so scheint es. Doch Patricia Cornwell war da anderer Ansicht, und sie nahm in den Titel ihres akribisch recherchierten Sachbuches den Passus „Case Closed“, d. h. „Fall abgeschlossen“ auf.

Hat sie also den Stein der Weisen gefunden, den gesichtslosen Mörder entlarvt, über ein Jahrhundert nach der Mordserie? Lassen wir uns auf das Abenteuer ein, das sie uns, in dieser Funktion ganz Kriminalschriftstellerin, präsentiert. Zu­nächst gilt es, wie in jedem guten Krimi, das Umfeld zu skizzieren, den Schau­platz darzustellen. Die handelnden Personen zu charakterisieren, so gut es eben möglich ist. Und dann geht es um das Verbrechen selbst.

Um ein Monster. Vielleicht.

Wahrscheinlicher aber… um einen Menschen aus Fleisch und Blut mit zutiefst blutigen Begierden…

Wer war Jack the Ripper?

(OT: Portrait of a Killer. Jack the Ripper. Case Closed)

von Patricia Cornwell

Hoffmann und Campe, 2002

460 Seiten, geb.

Aus dem Amerikanischen von Hainer Kober

ISBN 3-455-09365-5

Er ist auch heute noch ein Phantom, rund 120 Jahre, nachdem er seine Morde im Londoner East End begangen hat – Jack the Ripper. Eine Person, die so un­fassbar ist, dass moderne Lexika ihn oftmals nicht einmal im Stichwortregister aufnehmen.1 Die Briten sind da – glücklicherweise – entschieden ehrlicher und gründlicher. Sie rubrizieren Jack the Ripper durchaus in Nachschlagewerken, wo dann etwa folgendes steht:

Jack the Ripper. 19th century. Unidentified murderer. Between August and No­vember 1888, six prostitutes were found murdered and mutilated in the East End of London. The murderer was never discovered. The affair roused much pu­blic alarm, provoking a violent press campaign against the CID and the Home Secretary, and resulting in some reform of police methods. He has been the sub­ject of many novels and films, and speculations about his identity continous.“2

Doch stimmt das tatsächlich? Kann ein Mann, der sechs (vermutlich sieben) Frauen3 kurz nacheinander auf teilweise bestialische Weise hingeschlachtet hat, so völlig unerkannt bleiben, besonders dann, wenn man ihm so intensiv auf den Spuren war wie die Londoner Polizei unter Inspektor Frederick George Abberli­ne im Jahre 1888? Solche Fragen induzieren natürlich fast automatisch Ver­schwörungstheorien. Sie fußen jedoch meist, das sollte man sich vorab klarma­chen, auf falschen Vorstellungen. Vorstellungen, mit denen die Autorin des vor­liegenden Buches gründlich aufräumt.

Patricia Cornwell, einstmals Polizeireporterin und forensische Anthropologin so­wie – heute – Bestsellerautorin („Kay Scarpetta“-Romane), hat sich des Falles erneut angenommen und dabei gründliche Einblicke nehmen können in jene geheimnisvollen Akten und Materialien über Jack the Ripper, die bei Scotland Yard seit über hundert Jahren unter Verschluss lagen. Herausgekommen ist auf diese Weise eine ungemein dichte Darstellung der Zeit, Welt und Gedanken­sphäre des viktorianischen England und der Mentalität Jack the Rippers, wie es vielleicht kein Buch zuvor geschafft hat. Das liegt insbesondere an ihrer Profes­sion und Kenntnis der Materie – der kriminalistischen Ermittlung nach mod­ernsten Methoden.

Natürlich hat sie einen Verdächtigen. Sie nennt ihn den Täter und bemüht sich, ihn zu überführen. Doch bevor wir zu ihm kommen, sollten wir in die Welt des London des Jahres 1888 eintauchen und uns mit ihr vertraut machen, sodann die armen Opfer und den Ablauf der Verbrechen betrachten, um schließlich Pa­tricia Cornwell auf ihrer Verbrecherjagd zu folgen…

Der Himmel (über London) war trüb und fleckig, die Straßen waren mit Ruß bedeckt, die Sandsteingebäude und Eisenkonstruktionen angefressen. Der ver­schmutzte und dicke Nebel (gespeist von rund 360.000 Schornsteinen, die zu rund 40.000 Haushalten gehörten) hielt sich länger und wurde dichter, und der schmutzige Dampf hatte eine andere Farbe als früher. Kanäle, die seit römi­schen Zeiten bestanden, wurden so dreckig, dass man sie zuschüttete. In einem Gesundheitsbericht aus dem Jahre 1889 hieß es, wenn London die Verschmut­zung im bisherigen Tempo fortsetze, sei man bald gezwungen, die Themse zuzu­schütten, weil sie jedes Mal, wenn die Flut käme, mit den Exkrementen von Mil­lionen Einwohnern verpestet wurde. Man tat gut daran, dunkle Kleidung zu tra­gen, und an manchen Tagen war die schweflige, rauchige Luft so aggressiv und der Gestank der ungeklärten Abwässer so unerträglich, dass die Londoner mit brennenden Augen und Lungen umhergingen und sich Taschentücher vors Ge­sicht hielten.“4

Nicht eben anheimelnde Lebensbedingungen, das wird jeder zugeben müssen. Doch dies war natürlich nur die Spitze des Eisbergs:

Nach dem Bericht der Heilsarmee gab es unter den rund 5,6 Millionen Einwoh­nern der Großen Metropole 30.000 Prostituierte und 32.000 Männer, Frauen und Jugendliche, die in Gefängnissen einsaßen. Ein Jahr zuvor, 1889, waren 160.000 Personen wegen Trunkenheit verurteilt worden, 2297 hatten Selbst­mord begangen, und 2157 waren tot aufgefunden worden. In der Großen Me­tropole war knapp ein Fünftel der Bevölkerung obdachlos, befand sich in Ar­beits- oder Armenhäusern, in Krankenhäusern oder lebte in äußerster Armut und war dem Verhungern nahe. Diese ‚tobende See‘ der Not, wie sie General William Booth, der Gründer der Heilsarmee nannte, brandete größtenteils im East End. Dort die betrunkenen, obdachlosen Prostituierten abzuschlachten, war für ein raffiniertes Raubtier wie Jack the Ripper ein Kinderspiel…“5

Dies macht dem Leser dieses Buches ein wenig schaudernd klarer, warum die Bedingungen der britischen Hauptstadt für den blutrünstigen, geheimnisumwit­terten Mörder so ideal waren. Aber es gilt noch einen anderen Faktor einzube­ziehen, und der liegt, wie Cornwell klar herausarbeitet, in dem Ruf, den die überaus schlechte Polizei genoss. Schweigen wir von der schwelenden Rivalität zwischen der Metropolitan Police des District of London und der des Groß­raums London (ja, zwei unterschiedliche, sich beharkende und ständig gegen­seitig im Weg stehende Polizeiorganisationen).

Die Spurensicherung im späten 19. Jahrhundert war, wie Cornwell sehr bedau­ernd ausdrückt, noch nicht allzu weit gediehen, und einen kleinen, oft sarkasti­schen Anklang daran kann man den Sherlock-Holmes-Geschichten von Arthur Conan Doyle entnehmen, der an der Londoner Polizei und ihrer Arbeit nur we­nig gute Haare lässt. Er hat gute Gründe dafür. Die Autorin spitzt die Lage dras­tisch zu und schreibt zu den königlichen Ermittlungsbeamten, den Coronern, folgendes:

Ein Coroner dieser Zeit würde heutzutage einem Rechtsmediziner ohne medizi­nische Ausbildung entsprechen, der mit einem Leichenwagen an den Tatort fährt, sich die Leiche ansieht, Zeugen verhört, abschätzt, wie groß das Vermö­gen des Toten ist, befindet, dass ein plötzlicher Todesfall infolge eines Bienen­stichs Mord durch Vergiften ist, die Unschuld der Ehefrau überprüft, indem er ihr den Kopf unter Wasser drückt, und entscheidet, dass sie unschuldig ist, wenn sie nach fünf oder zehn Minuten noch nicht ertrunken ist. Ist sie dagegen er­trunken, wird sie schuldig gesprochen, und ihr Vermögen fällt an Queen Elizabeth oder den Präsidenten der Vereinigten Staaten, je nachdem, wo das Ver­brechen geschehen ist. In dem Coroner-System jener fernen Vergangenheit konnte man die Geschworenen bestechen. Die Coroner konnten ihr Vermögen vermehren. Unschuldige konnten alles verlieren, was sie besaßen, oder gehängt werden. Es war besser, nach Möglichkeit keines plötzlichen Todes zu sterben…“6

Der Leser versteht nun, schaudernd und ungläubig blinzelnd, wohl erheblich besser, warum die Durchschnittsbürger Londons den britischen Polizeibeamten keine große Sympathie und erst recht kein Vertrauen entgegenbrachten. Neben den oben schon genannten Schwächen, mögen sie auch vielleicht überzeichnet sein, musste man immer noch Inkompetenz, Überarbeitung, Alkoholismus, Rauschgiftabhängigkeit, Vorurteile oder Parteilichkeit berücksichtigen. Von Ge­rechtigkeit gab es mithin kaum eine Spur.

Es ist wichtig, dies zu wissen, um die Person besser zu verstehen, die die Ermitt­lungen im Fall Jack the Ripper leitete: Inspector Frederick George Abberline.7 Er war im Gegensatz zu seinen vielen Kollegen ehemals tätig als Uhrhandwerker, bevor er schließlich 1863 in den Dienst der Metropolitan Police eintrat. Hier zeichnete er sich durch Umsicht, Bescheidenheit, Höflichkeit und hohe morali­sche Ansprüche aus, ebenfalls durch Zuverlässigkeit und Methodik. Im Privaten gehörte seine ganze Liebe der Gärtnerei und den Uhren. Zwar blieben seine Er­mittlungen gegenüber den East-End-Morden Jack the Rippers erfolglos, doch schreibt dies die Autorin Cornwell nicht seiner Unfähigkeit zu, sondern dem Raffinement des Feindes, mit dem er es zu tun hatte. Bis zu seinem Tode im Jahre 19298 hatte Abberline offensichtlich keine Ahnung, wer Jack the Ripper gewesen war.

Die Situation war ohnehin verfahren, als die Mordserie begann. Whitechapel galt, wie gesagt, als eine Art Slum, als unkontrollierbar, noch unkontrollierbarer als die Beamten der Metropolitan Police, die, schlecht ausgebildet und schlecht bezahlt, bestechlich und oftmals völlig überarbeitet, fast schon im Akkord Strei­tigkeiten schlichten, Betrunkene einsammeln und schlimmere Arbeiten erledi­gen mussten. Und nun auch noch dies:

Am 3. April wurde die Leiche von Emma Elizabeth Smith, 459, nahe der Osborn-Street, entdeckt. Ein Mord von vielen, mochten die Menschen damals denken. Die Zeit der Angst begann erst mit dem Mord an Martha Tabran, 35, am 7. Au­gust desselben Jahres in Spitalfields, getötet und verstümmelt durch nicht weni­ger als 39 Messerstiche.

Selbst für das finstere Whitechapel war das beispiellos. Und doch erst der Auf­takt zu Schlimmerem:

Am 31. August fiel Mary Anne Nicholls, 42, in der Buck’s Row dem Mörder zum Opfer, der ihr brutal die Kehle durchschnitt und ihren Körper verstümmelte, wo­bei er ihren Unterleib aufschlitzte und Innereien entfernte, aber offenbar wurde er bei seiner Metzgerarbeit gestört und suchte das Weite.

Nur vier Tage später starb Annie Chapman, 47 Jahre alt, in der Hanbury-Street in Spitalfields, dann legte sich wieder gefährliche Stille über den finsteren Stadt­teil Londons – zwischendurch allerdings auf boshafte Weise zerhackt durch ein Stakkato von beleidigenden Briefen, teilweise in gewählt vornehmer, manchmal slangbehafteter Schreibweise, stets gerichtet entweder an den Inspector Ab­berline oder seinen Vorgesetzten, den „dear boss“ Sir Charles Warren. Der Mör­der, der höhnisch Verstecken mit der Polizei spielte und davon faselte, sie wür­den ihn nie fassen, und er wünsche sich doch gerne „mehr Blut“ beim nächsten Mal, nannte sich „saucy Jack“ (also der „freche“ oder manchmal auch „saftige“ Jack) oder „Jack the Ripper“, mit dessen Namen er in die Annalen der Geschich­te einging.

Die Polizei verstärkte ihre Streifentätigkeit, doch sie konnte das nächste Verbre­chen nicht vereiteln, das auch seinesgleichen nicht hatte: Am 30. September 1888 ereignete sich der furchtbare Doppelmord an Elizabeth Stride in der Berner-Street, und, nur kurze Zeit darauf, an einer Frau namens Catherine Eddows am Mitre-Square, die jedoch so verstümmelt war, dass der Daily Telegraph bis zum 10. November nicht sicher war, ob sie wirklich die Person war, die auf so bestialische Weise den Tod gefunden hatte.

Der Doppelmord löste Panik in Whitechapel aus. Niemand hatte einen Mann mit blutigen Kleidern durch die Straßen laufen sehen, und das war doch eigent­lich unmöglich angesichts der Bluttat. Ein Missionar aus dem East End brachte die Stimmung auf den Punkt, indem er erklärte: „Allgemeine Panik griff um sich, und viele Menschen von leicht erregbarem Temperament erklärten, der Böse sei auf die Erde zurückgekehrt.“

Man konnte es ihnen wahrlich nicht verdenken. Hysterische Anschuldigungen machten die Runde. Einige hielten den Ripper für einen Arzt, der wahnsinnig geworden sei. Andere dachten eher an einen Metzger. Wieder andere speku­lierten, ob ein Angehöriger des Königshauses – etwa der Duke of Clarence, der eine Neigung zu leichten Frauen hatte – in die Taten involviert sein mochte, was vielleicht erklärt hätte, warum die Polizei keine Erfolge verzeichnen konnte. Das Königshaus wurde natürlich geschützt, es galt den guten Ruf zu wahren. Man­che Leute zogen ihre Schlüsse daraus, dass der Ripper offensichtlich nur „leichte Mädchen“ als Zielgruppe auswählte, und es galt als ausgemacht, dass er ein Mann von großer Statur sein müsse, der über gewisse Kenntnisse in Anatomie verfügte. Und es fiel auf, wie er von Mord zu Mord „dazulernte“ und exzessiver wurde.

Nach dem Doppelmord an Stride und Eddows fürchteten die Leute, dass es noch schlimmer kommen könnte, ohne sich freilich vorstellen zu können, wie das wohl aussehen mochte. Sie sollten sich noch den ganzen Oktober hindurch ängstigen, denn abgesehen von weiteren Ripper-Briefen geschah nichts.

Am 9. November ermordete Jack the Ripper sein (vermutlich) letztes Opfer: die junge Mary Jane Kelly (24), die zugleich die einzige Person war, die in einem ge­schlossenen Raum getötet und entsetzlich verstümmelt wurde. Unter anderem wurde ihr Gesicht vollständig zerstört, der Leib aufgeschnitten und das Herz und die Geschlechtsteile entfernt.

Danach, und das ist das eigentlich Mysteriöse, setzte vollkommenes Schweigen ein. Zumindest nach außen hin. Viele Beobachter gingen deshalb davon aus, der Ripper sei nach seiner letzten Bluttat wahnsinnig geworden und habe sich umgebracht, etwa, indem er sich in die Themse stürzte. Niemand konnte das beweisen. Schlimmer noch – wenn man Cornwell folgt, die die rund 250 erhal­tenen Ripper-Briefe im Public Record Office akribisch untersucht hat, dann ka­men bis 1896 (!) weitere Briefe an. Die Forschung hat die meisten davon für Fäl­schungen gehalten. Doch vielleicht irrte man sich.

Die Bluttaten und die Erfolglosigkeit setzten der Karriere des Chefs der Metro­politan Police, Sir Charles Warren, ein Ende. Am 8. November 1888 (!) musste er seinen Hut nehmen.10 Weitere Morde ereignen sich aber nicht. Whitechapel beruhigt sich wieder, Jack the Ripper verdämmert im Laufe der Jahrzehnte zu einer düsteren, unerklärlichen Legende, die immer wieder die Phantasie von Autoren befeuerte. Doch da die Archive von Scotland Yard geschlossen blieben, ist erst Ende des 20. Jahrhunderts die Chance da, die akribische Spurensuche zu betreiben. Manche Forscher folgten dabei falschen Fährten und verkündeten beispielsweise voreilig die Entdeckung eines „Tagebuchs von Jack the Ripper“, das heute leider als – wenn auch sehr intelligente – Fälschung entlarvt ist.11

Als Patricia Cornwell im Mai 2000 zu Besuch in London war, konnte sie in Beglei­tung des stellvertretenden Polizeipräsidenten von Scotland Yard, John Grieve, eine Begehung der Ripper-Schauplätze in Whitechapel machen und dabei die Frage stellen, ob jemals jemand mit modernen forensischen Methoden ver­sucht habe, diese Morde zu entschleiern.

Nein, lautete die ehrliche Antwort, aber wenn sie das selbst vorhabe (und sie ist bekanntlich Polizeijournalistin mit exzellenten forensischen Kenntnissen), dann gebe es jemanden, den sie als wichtigen Verdächtigen genauer ins Visier neh­men solle – einen berühmten Maler namens Walter Sickert, der schon verschie­dentlich früher in den Verdacht geriet, Jack the Ripper zu sein. Sickert-Fans hal­ten das freilich bis heute für absurd.

Cornwell begann sich in die Biografie des am 31. Mai 1860 in München gebore­nen Walter Richard Sickert einzuarbeiten, der 1942 in hohem Alter als angese­hener Maler verstarb. Und fand sehr interessante Dinge. Nicht nur ein Bildnis, das den Titel „Jack the Ripper’s Bedroom“ trägt. Nicht nur eine innige Beziehung Sickerts zum Stadtteil Whitechapel, wo er in den 80er Jahren des 19. Jahrhun­derts eine Reihe geheimer Absteigen besaß, vorgeblich, um zu malen. Sickert neigte auch zu exzessiver nächtlicher Aktivität, war manchmal tagelang ver­schwunden, ohne irgendwem mitzuteilen, warum oder wohin. Und speziell in der Zeit der Ripper-Morde und danach legte er ein Verhalten an den Tag, das dem eines Gejagten verblüffend nahe kam.

Cornwell untersuchte den Nachlass des Malers, soweit das möglich war, und sie stieß auf weitere interessante Details – auf ähnliche Schriftzüge wie in den Rip­per-Briefen, auf identisches Briefpapier und dergleichen. Und so festigte sich ihre Überzeugung: Walter Sickert war Jack the Ripper. Und er hörte NICHT 1888 mit dem Morden auf, sondern fuhr damit fort, wenigstens bis 1907…

Selbst wenn man manchen Schlussfolgerungen der Autorin nicht zu folgen be­reit sein sollte – etwa hinsichtlich so genannter „Trittbrettfahrer“ bei den Ripper-Briefen und vielleicht sogar bei den Ripper-Morden oder gewissen sexuellen Problemen, die Walter Sickert gehabt haben soll/könnte – , bleibt vollkommen unbestritten, dass Cornwell sich tief in das vorhandene Material eingearbeitet hat und mit modernsten wissenschaftlich-kriminalistischen Methoden ihr Bes­tes getan hat, um einen der rätselhaftesten Kriminalfälle der jüngeren Mensch­heitsgeschichte aufzuklären.

Die Studie, die daraus entstand, ist dermaßen packend und mitreißend, dass es den Leser gruseln kann, und die zusammengetragene Indizienkette ist wirklich sehr beeindruckend. Wer immer sich diesem Phänomen Jack the Ripper fortan nähern möchte, sollte auf keinen Fall hinter den Erkenntnisstand und die akribi­sche, bisweilen schon scheußlich genaue Durchleuchtung dieser Studie zurück­fallen.

Es mag sich natürlich herausstellen, dass Cornwell den „falschen“ Kandidaten durchleuchtet hat, aber die Technik, mit der sie das tut, ist in weiten Teilen völ­lig unbestreitbar und unglaublich perfektioniert. Sie hat das Buch ihrem Kolle­gen John Grieve von Scotland Yard gewidmet, der sie erst darauf brachte, Wal­ter Sickert genauer zu betrachten. Und ich stimme ihrer Widmung zu: „Sie hät­ten ihn geschnappt.“

Hätte die Metropolitan Police 1888 bereits über derartige Methoden verfügt, wäre Jack the Ripper seinem wohl verdienten Schicksal wahrscheinlich nicht entgangen. Was tatsächlich aus ihm geworden ist, bleibt jedoch – falls wir es nicht mit Sickert zu tun hatten – ein Geheimnis.

© by Uwe Lammers, 2007/2008

Ob das Geheimnis hiermit endgültig gelöst ist, möchte ich, wie oben schon an­gedeutet, nicht beschwören. Aber ein solch packendes, sehr gut geschriebenes und ebenso exzellent recherchiertes Buch inspiriert, da bin ich ganz sicher, die intelligenten Leser und vielleicht auch Leser mit literarischen Fertigkeiten da­hingehend, daraus Anleihen für eigene Geschichten zu entnehmen. Und für den Rest der Leserschaft, nicht nur für passionierte Cornwall-Fans, ist die Lektüre selbst schon mitreißend genug und gute Unterhaltung.

Nächste Woche kehren wir hingegen in die Zukunft zurück, in Peter F. Hamiltons „Armageddon“-Universum, und dann werdet ihr mitbekommen, wie er das Dra­ma mit den monströsen „Besessenen“ löst. Wenn ihr den Zyklus noch nicht kennt – lasst euch überraschen.

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. beispielhaft DIE ZEIT Welt- und Kulturgeschichte, Bd. 20, 2006.

2 Vgl. Una McGovern (Hg.): Chambers Biographical Dictionary, Edinburgh 2005, S. 786.

3 Ob die am 3. April 1888 in Whitechapel ermordete Emma Elizabeth Smith als Opfer des Rippers anzusehen ist, ist bis heute umstritten. Wie die Autorin herausstellt, ist sie davon überzeugt, dass es noch weitaus mehr Ripper-Opfer gegeben hat. Einige vermeintliche macht sie namhaft.

4 Vgl. Cornwell, S. 89.

5 Vgl. Cornwell, S. 90.

6 Vgl. Cornwell, S. 162.

7 In einem Fernsehzweiteiler vor vielen Jahren genial mit dem charismatischen Schauspieler Michael Caine besetzt, der geradezu gespenstisch gut war.

8 Und es ist schon wirklich bedauerlich, wenn man feststellen muss, dass trotz des Vorliegens dieses beein­druckenden, faktenreichen Buches zumindest ein deutscher Schriftsteller der jüngeren Zeit vom Leben Ab­berlines so wenig weiß, dass er ihn über 30 Jahre zu früh sterben lässt. Christoph Marzi rekurriert in seinem Buch „Lycidas“ ebenfalls auf die Jack-the-Ripper-Morde und schreibt hier zum Jahre 1888: „Maurice Mickle­white wirkte erschöpft: ‚Abberline starb in meinen Armen.‘“ (Seite 378) Was natürlich absoluter Unfug ist. Jeder, der Cornwells Buch gelesen hat, kann über derartige Ignoranz nur den Kopf schütteln. Dramaturgie sollte an der Realität ihre Begrenzung finden.

9 Die Altersangaben und Ortsnennungen stammen, soweit nicht durch Lektüre korrigiert, dem Abdruck der Übersichtskarte der Ripper-Morde aus dem Daily Telegraph vom Samstag, den 10.November 1888, abge­druckt in: Cornwell.

10 Man beachte: einen Tag vor dem letzten bestialischen Ripper-Mord. Vielleicht bin ich nicht der einzige, der hier einen makabren Zusammenhang ahnt. Patricia Cornwell, auf einen anderen Täter festgelegt, folgt die­sem Gedanken leider nicht. Es könnte sehr interessant sein, Warrens Alibis zu prüfen.

11 Vgl. Shirley Harrison: „Das Tagebuch von Jack the Ripper“, Bastei 13980, Bergisch-Gladbach 1998, im Origi­nal 1993. Hier konnten die Aufzeichnungen des Public Record Office noch nicht verwendet werden. Die Ak­ten im Fall Jack the Ripper wurden 1891 geschlossen.

Liebe Freunde des OSM,

schon wieder sieben Wochen verstrichen… also wirklich, die Zeit rennt unglaub­lich, man fasst es kaum. Während ich diese Zeilen schreibe, glüht die August­sonne über Braunschweig, ihr werdet dies alles allerdings erst Anfang Novem­ber zu Gesicht bekommen. Bei regelmäßigen Blogs ist es einfach zwingend von­nöten, gründlich voranzuschreiben, um in Zeiten, in denen man durch dringen­dere Schreibarbeiten oder andere Vorkommnisse abgelenkt ist und nicht zum Abfassen kommt, einen gewissen Puffer zu besitzen.

Gut, dass das bislang alles noch so klappt.

Kommen wir zum Thema zurück: Ich war mit meiner historischen Erörterung über die Genese des OSM stehengeblieben im Juni des Jahres 2006 und hatte kurz davon gesprochen, dass ich im Rahmen der Schreibarbeiten des KONFLIKTS 28 „Oki Stanwer – Der Siegeljäger“ (DSj) das rätselhafte Wesen namens „Mega­taktherz“ (so auch der Titel von Band 45 der Serie) kennen gelernt hatte. Ich füge noch ergänzend an, dass es sich dabei um einen leibhaftigen TUURINGER handelt, von denen verschiedentlich in meinen Blogartikeln schon die Rede war.

Im Juli 2006 blieb ich der Serie treu und schrieb mit Band 46, „Altains Mission“, den ersten Band eines Zweiteilers, den ich heute immer noch sehr gern mag… ja, das hat natürlich mit dem Mädchen zu tun, das darin einen wunderschönen Auftritt hat – eine junge Hexe namens Rebecca McCall, befreundet mit einer Gruppe von leibhaftigen Nixen in einem schottischen Loch, also einem dortigen See. Und die sind verärgert über einen Hubschrauber, der in ihrem See versenkt wurde.

Gruseliger ist dann schon, als Rebecca dem Helfer des Lichts Altain und seinen Gefährten von der LEGION CRUX sagt: „…ich habe ihnen gesagt, sie sollen sich nicht so sehr grämen, in einigen Wochen ist das sowieso alles unwichtig, aber sie wollten nichts davon hören…“

Dummerweise fragt Altains Begleiter Victor Reelborne dann nach, wie sie das meint, und er erhält eine Antwort, die ihm fast die Schuhe auszieht und die er zweifellos nie erwartet hätte: „Ach, das kannst du noch gar nicht wissen, stimmt ja. Ich denke immer, alle wüssten Bescheid. Aber die meisten haben na­türlich Angst deswegen… Es geht um den 4. Oktober. Den solltest du dir merken, denn es ist der Tag, an dem die Welt untergeht. Alles wird dann dahinschwin­den, dahinwelken wie die Blumen im Herbst.“

Und etwas abwesend ergänzt sie, aber weiterhin völlig ruhig: „Die Geisterfinger streichen dann über die Erde und entlauben die Wälder, schicken die Fische in den ewigen Schlaf… einfach alles. Und sie werden die Kristallnadeln und den weißen Jenseitsschaum bringen, der ihre Stelle einnimmt.

Alles hat einmal ein Ende, das ist doch klar, oder? Und unseres kommt eben am 4. Oktober…“

Die zwei Probleme mit dieser Prophezeiung sind folgende: Rebecca McCall irrt sich nie in ihren Prognosen. Und man schreibt außerdem aktuell, während all dies geschieht, den 21. September 1999!

Rebecca McCall sieht den RAND kommen, jenes grässliche Phänomen, das den KONFLIKT 28 in zwei disparate Hälften zersägt und nahezu alles auslöschen wird, was existiert.

Ich konnte den Folgeband in diesem Monat noch nicht schreiben, es schnürte mir schier die Kehle zu, wie ihr euch denken könnt.

Ich war stattdessen so neben der Spur, dass ich außer Rezensionen und man­cherlei Weiterarbeiten an anderen Projekten nichts im OSM in diesem Monat mehr auf die Reihe bekam… andererseits kam ich aus diesem KONFLIKT aber auch nicht los. Ich fühlte mich ein wenig wie eine verzweifelte Fliege an einem klebrigen Band, das von der Decke hängt. Grässliche Lage, und ich kam nicht raus.

Also kopfüber hinein!

So entstand dann der Band 47 der DSj-Serie: „Das Friedhofs-Inferno“, in dem es um die chaotische Konklusion dieses Handlungsstranges ging. Band 46 hatte schon ungewöhnliche 49 Seiten Umfang gehabt, der erwähnte Band 47 kam dann auf satte 79! Er wollte einfach nicht aufhören… und es gab so vieles zu er­zählen.

Was zum Beispiel?

Ach, das Schicksal des Bascia-Clans, das Geheimnis des Schädelfriedhofs von Oban, Klivies Kleines´ Rückkehr als MASKE, das Auftauchen der Autolyse-Enzy­me TOTAMS und vieles mehr. Mord und Totschlag, und nur die Hälfte von alle­dem vermochte ich zu verstehen. Zu sehen vermochte ich alles, aber wie ich schon verschiedentlich sagte – es sehen und niederschreiben zu können, heißt absolut nicht, dass ich auch tatsächlich BEGREIFE, was ich da tue. Das Verstehen kommt manchmal erst Jahre später.

Als ich am 19. August 2006 endlich mit dieser Episode fertig war, war ich wahr­scheinlich in Schweiß gebadet. Eine schwere Story-Geburt, fürwahr. Ein Alp­traum, aber ich wusste auch, dass ich nun ein ganz entscheidendes Stück weiter war. Und vor dem nächsten Schrecken stand: vor der MATRIXPEST und dem RAND.

Ich bekam keine Zeit zur Besinnung, denn ein Einbruch aus der Realität schleu­derte mich in eine ganz andere Ecke der Wirklichkeit: der Science Fiction-Club Baden-Württemberg war in die Krise geraten. Unsere Chefredakteurin ließ uns bedauerlicherweise im Stich, und ich wurde gefragt, ob ich hier nicht interims­mäßig die Chefredaktion unseres Clubmagazins „Baden-Württemberg Aktuell“ (BWA) übernehmen würde.

Im August 2006 sollte die Ausgabe 275 erscheinen, und ich entschied mich da­für, dies zu einer besonders gelungenen Ausgabe zu machen. Das gelang auch deshalb, weil ich kurz zuvor L. Frank Baums phantastischen Klassiker „The Wi­zard of Oz“ gelesen hatte, der mir in einer schön illustrierten Ausgabe vorlag. Und ich machte prompt dieses Buch zum zentralen, auch grafischen, Thema dieser BWA-Ausgabe, die so einen tollen redaktionellen Neustart darstellte.

Ich dachte freilich in diesem Moment noch, dies sei nur so eine Art Übergangs­lösung. Clubvorstandsneuwahlen standen im Frühjahr 2007 an, dann würden sich die Dinge wahrscheinlich ändern und ich den Posten wieder abgeben kön­nen.

Tja, die Dinge haben sich aber anders entwickelt. Ich mache offensichtlich einen so guten Job, dass ich seit August 2006, also seit bald 10 Jahren, als Chefredak­teur wiedergewählt werde… aber ich gestehe auch: die Redaktion macht mir einen Heidenspaß. Es ist also nicht so, dass ich hier eine Art von Frondienst er­füllen müsste.

Gleichwohl, um zum Jahr 2006 zurückzukehren, band diese Redaktion Zeit und Energie. Und da ich vom 1. August an einen ersten Vollzeitjob an dem Landes­kirchlichen Archiv in Wolfenbüttel im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaß­nahme hatte, wurde meine freie Zeit weiter geschrumpft. Im August kam ich auf kein weiteres OSM-Werk mehr. In gewisser Weise konnte ich mich so von dem Stress mit KONFLIKT 28 etwas erholen und völlig in andere Welten abdrif­ten.

Anfang September gingen die Abschreibarbeiten an KONFLIKT 17 „Drohung aus dem All“ weiter, wo ich mit Band 15 aber immer noch ganz am Anfang stand. Ich schrieb am „OSM-Newsletter #2“, an „Der Feuerhort“ (einem Roman um den Feuerspürer Shorex’uss), an „Schluchtenkenners Entdeckung“ und an „Un­ternehmen STURMHERZ“, hinzu kamen mit „Theamins Wissbegierde“ (Band 2 der HdH-Serie, also KONFLIKT 7), „ZYNEEGHAR-Psychose“ in KONFLIKT 4 und dem Anfang der Story „Ein zukunftsweisendes Verbrechen“ weitere Geschich­tenkeime, die aber nicht zur vollen Entwicklung gelangten. Jedenfalls nicht in diesem Monat.

Anfang Oktober gelang mir aber der Durchbruch in einem weiteren Katastro­phenkosmos, nämlich dem KONFLIKT 21 „Oki Stanwer – Fürst von Leucienne“ (FvL). Ich konnte endlich Band 35 „Syndrom: Heimweh“ vollenden und mar­schierte gleich weiter in den kommenden Band 36 „Angriffsziel Mesaron“, wo sich TOTAMS Dämonen dann wirklich anschickten, in Leucienne einen kosmi­schen Krieg vom Zaun zu brechen.

Aber sehr weit voran kam ich in Anbetracht meiner kargen Zeit nicht. Es ent­stand wieder ein weiterer Keim, nämlich „Rätsel von Arc“, wobei ich mir bis heute nicht völlig schlüssig darüber bin, ob es sich dabei letztlich um einen Ro­man oder einen Serienkeim handeln mag.

Ein wenig kam ich auch vorwärts in der Schreibarbeit des Romans „DER CLOG­GATH-KONFLIKT“, aber wirklich nur minimal. Und um die Schleuderpartie voll­ständig zu machen, rutschte ich auch noch kurze Zeit in KONFLIKT 19 des OSM ab, also in die Serie „Oki Stanwer – Der Missionar“ (DM), wo ich an Band 48 feil­te, an „Kybernetische Vernichtungspläne“.

Noch so ein Alptraum: Klivies Kleines gefangen in einer Fangkugel der Baumeis­ter, einer gigantischen Hohlwelt, an seiner Seite terranische Siedler von Daw­son, renitente Berinnyer, bizarre Froschwesen aus dem Volk der Casaier, und auf der Gegenseite: ein durchgedrehter Troohn in voller Kampfrüstung und ein Ritter vom Goldkristall – eigentlich ein Verbündeter – , der Klivies Kleines für einen Abtrünnigen hält und dringend liquidieren will. Und im Hintergrund eine kybernetische, intrigante Wesenheit, die munter alle Fäden so dirigiert, dass alle genannten Personen sich gegenseitig umbringen sollen.

Klasse!

Kommen sie alle um? Nein. Aber Ende Oktober 2006 war mir durchaus unklar, wie aus diesem Schlamassel jemals etwas Gescheites werden sollte. Die Lösung dieser Geschehnisse sollte mich noch bis zum November 2008 in Atem halten… manche Dinge im OSM, besonders die komplizierten, brauchen eben deutlich mehr Zeit, als man zunächst denkt…

Im November 2006 wurden die Dinge dann deutlich einfacher, aus zwei schö­nen, völlig unterschiedlichen Gründen: erstens hatte ich mich endlich gründlich in die Archivarbeit eingefuchst und kam mit deutlich weniger Aufwand an Zeit klar… und zum anderen konnte ich endlich den nächsten Zyklus von Peter F. Ha­milton lesen, den „Commonwealth-Zyklus“, dessen erste drei Bände ich auch prompt gleich rezensierte (Band 4 erschien erst im Frühjahr 2007, und ich las dann den Zyklus gleich noch einmal ganz von neuem)… das wirkte sich schön auf meine kreative Stimulation aus.

So konnte ich im November 2006 gleich FvL 36 vollenden, begann mit dem Band 45 dieser Serie, „Mission auf Höolyt“, wagte mich von neuem in die Hölle des KONFLIKTS 28, indem ich Band 48 „Das Sirianer-Problem“ zu schreiben be­gann. Auch in KONFLIKT 4 „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ konnte ich mit Band 9 „Gefangen im Vierersystem“ eine rätselhafte Lücke teilweise füllen. Und ich schrieb spontan ein Stück am KONFLIKT 28 weiter, indem ich in den Band 56 sprang und „Die Mauern der Offenbarung“ zu beschreiben begann, von denen ich euch heute aber noch nichts weiter sagen möchte.

Gegen Ende des Monats gelang es mir sogar, endlich wieder in den Handlungs­strom des KONFLIKTS 2 „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ (TI) zurückzukeh­ren und mit Band 41 anzufangen, der den interessanten Titel „Entdeckungen im Purpursaum“ trägt.

Wie das Jahr 2006 dann im Dezember endete und was im darauf folgenden Jahr 2007 geschah – meine ABM im Landeskirchlichen Archiv endete mit dem De­zember 2006, danach war ich einmal mehr ohne Beschäftigung – , davon erzäh­le ich euch in dem nächsten Teil dieser Rubrik. Da müsst ihr euch also noch ein Weilchen gedulden.

In der kommenden Woche reisen wir wieder zur virtuellen Bildergalerie des Oki Stanwer Mythos, d. h. zu Lars Vollbrechts Illustrationen des KONFLIKTS 14 „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ (FdC).

Bis dann, meine Freunde!

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.