Rezensions-Blog 469: Der Mann, der die Wörter liebte

Posted August 14th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

Sprache ist ein fluides Medium der Verständigung, und egal, von was für einer Sprache wir reden – bezogen jedenfalls auf die, die noch gesprochen und geschrieben werden – , sie befin­det sich in permanenter Wandlung und Veränderung. Lehnwör­ter aus anderen Kulturen strömen in sie ein, die Dialekte ver­schiedener Regionen schleifen Wendungen und Endungen ab und modifizieren sie so lange, bis neue Varianten entstehen, die sich schließlich möglicherweise durchsetzen. Worte veralten und gehen unter. Neue blühen auf … Sprache ist ein ständiges Auf und Ab wie eine wogende See.

Dennoch kann ich jeden von euch verstehen, der sich mit Spra­chen schwer tat, nicht allein mit der – wie schon Mark Twain wusste – „awful german language“. Das gilt durchaus auch für Fremdsprachen wie das Englische.

Dafür gibt es dann doch Wörterbücher, die demjenigen, der nicht so gewandt in der jeweiligen Zunge ist, auf die Sprünge helfen und die Kommunikation erleichtern, nicht wahr?

Ja, heute ist das so. Aber auch das war nicht in Stein gemeißelt. Mitte des 19. Jahrhunderts, das ja noch gar nicht so lange zu­rückliegt, da war die englische Sprache eine ausdrückliche Bau­stelle, ein Dschungel voller Mutmaßungen, Irrtümer und unkla­rer Erläuterungen. Und dann begann ein Mammutprojekt, das damit ein für allemal aufräumen sollte.

Damit befinden wir uns in unserer heutigen Geschichte, und ich versichere euch – sie ist alles andere als banal oder langweilig. Stürzt euch ins Abenteuer, es lohnt sich:

Der Mann, der die Wörter liebte

(OT: The Surgeon of Crowthorne)

von Simon Winchester

Knaus Verlag, 1998

292 Seiten, geb.

ISBN-13: 978-3-8135-0225-1

Aus dem Englischen von Harald Stadler

Bereit für das Abenteuer eures Lebens? Bereit für eine wahre Geschichte, die so unglaublich klingt, dass man meint, sie müs­se einfach dem Hirn eines Schriftstellers entsprungen sein, weil in ihr die Faktoren Zufall, Beharrlichkeit und Wahnsinn eine sol­che Rolle spielen, die man unmöglich für wahr halten kann? Nun, dann schnallt euch an und reist mit mir zurück ins 19. Jahr­hundert.

Das Projekt, um das es hier geht, hatte die gigantomanischen Ausmaße, die vielleicht für die viktorianische Epoche allgemein üblich zu werden begannen. Brunel konstruierte mit der GREAT EASTERN das gigantischste Dampfschiff aller Zeiten – einen stählernen Moloch, der dazu dienen sollte, Transatlantikkabel zu verlegen; die industrialisierte Nation begann mit Planungen für die erste Untergrundbahn der Welt, sinnigerweise in London; die imperiale Bürokratie umspannte inzwischen zudem fast den ganzen Erdball, und überall schickten sich die Briten an, die Flagge Ihrer Majestät aufzupflanzen und „Rule Britannia“ zu sin­gen. England war unaufhaltsam auf dem Vormarsch. Es existier­te nur ein Feld, wo sie außerordentlich saumselig waren, und wiewohl das schon seit Jahrhunderten bekannt war, schien es weder Notwendigkeit noch Möglichkeit zu geben, hier Abhilfe zu schaffen.

Welches Feld das war? Das der englischen Sprache.

Denn so unglaublich es uns heute scheint, es gab bis zum Zeit­punkt, wo diese Geschichte ihren thematischen Anfang nimmt, im Jahre 1857, kein zuverlässiges Wörterbuch der englischen Sprache. Was man als solche bis dahin verkaufte, waren eigent­lich wenig mehr als … nun … Kuriosasammlungen. So beispiels­weise das „Wörterbuch“ des Robert Cawdrey aus Rutland (1604), das ausdrücklich den Titel trug: „A Table Alphabeticall… of hard usual English Words“. Es umfasste gerade einmal etwa 2500 Wörter, und zwar nur solche, die wirklich auffielen und „unüblich“ waren. „Schwierige Wörter“ eben.

Niemand kam zu diesem Zeitpunkt auf die Idee, solche Aller­weltswörter wie „if“ oder „the“ oder „at“ auf ähnliche Weise zu erläutern. Die kannte man schließlich, nicht wahr? Was nicht ausschloss, dass sie dennoch ständig falsch verwendet wurden. Die Literatur Englands ist voll von solchen obskuren Wortver­wendungen, nicht zuletzt auch bei Shakespeare. Und da die Sprache in ständigem Wandel begriffen war, glich das Englische im Laufe der Zeit mehr und mehr einer babylonischen Sprach­verirrung, zahllose Schreibweisen, die für „richtig“ gehalten wurden, existierten munter nebeneinander.1

Auch die Erläuterungen waren durchweg wenig hilfreich. Was beispielsweise half es, für die Erklärung des Wortes „magnitu­de“ nachzuschlagen und auf das Wort „greatness“ zu stoßen? Manche Erläuterungen waren sogar äußerst abenteuerlich bis belustigend. Nehmen wir aus Cockerams „The English Dictiona­ry“ (ein vielversprechender und irreführender Titel) das Wort „commotrix“.2 Er erläutert wie folgt: „A Maid that makes ready and unready her Mistress“ [eine Hausangestellte, die ihre Herrin fertig und unfertig macht].

Nein, es war evident, dass hier dringend Handlungsbedarf be­stand, und so setzte sich 1857 die Royal Philological Society zum Ziel, ein endgültiges, umfassendes und präzises Wörter­buch der englischen Sprache herauszugeben, mit königlicher Billigung, selbstverständlich. Dies wurde als eine Art Sendungs­auftrag mit fast religiöser Inbrunst verstanden: die Verbreitung der korrekten englischen Sprache würde einher gehen mit der Verbreitung der englischen Lebensart und ihrer Kultur, und da­mit würde sie missionarischen Charakter weltweit tragen (nein, sie waren nicht bescheiden, die guten Herren, übrigens aus­schließlich Herren3).

Doch wie sollte man diese Aufgabe in Angriff nehmen? Einzelne Personen scheiterten daran einwandfrei. Richard Chevenix Trench, der den Anstoß zur Schaffung des Oxford English Dictio­nary (OED abgekürzt, noch heute ein Standardwerk) gab, mein­te, es sei am sinnvollsten, „ein Heer, ein riesiges Heer von Hun­derten und Aberhunderten unbezahlter Amateure“ zu rekrutie­ren, die auf standardisierten Vordrucken Belegstellen an die Re­daktion einsenden würden, die sie in Büchern, die sie lasen, ge­funden hätten.

Herbert Coleridge war der erste Herausgeber des Wörterbuchs, und er unterschätzte das Projekt ganz erheblich. Zur Erleichte­rung der Arbeit „konstruierte er ein kleines Regal aus Eichen­holz, neun Fächer breit und sechs Fächer hoch, als Ablage für die 60.000 bis 100.000 Zettel, die man erwartete.“ Er schätzte zudem, die Arbeit in zwei Jahren abschließen zu können. Womit er sich einer dramatischen Fehleinschätzung schuldig machte, aber das taten damals alle Beteiligten.

Nun, es mag genügen, dass die rekrutierten Freiwilligen am Ende etwa sechs Millionen Zettel einsandten. Und dann kam noch hinzu, dass ein Malheur passierte: „Herbert Coleridges frü­her Tod verzögerte alles noch zusätzlich. Er starb im Alter von einunddreißig Jahren, nachdem er sich ganze zwei Jahre der Ar­beit an dem Wörterbuch gewidmet und nicht einmal die Hälfte der Belegstellen für die Wörter mit dem Anfangsbuchstaben ‚A‘ gesichtet hatte.“

Der Umstand seines Todes ist irgendwie charakteristisch für die Bearbeiter des Projekts, deshalb sei er hier noch erwähnt: „Auf dem Weg zu einem Vortrag der Philological Society… war er (Coleridge) in einen Regenguß geraten, hatte in dem unbeheiz­ten Raum bis zum Schluß ausgeharrt, war krank geworden und gestorben. Seine letzten Worte waren: ‚Morgen muß ich mit Sanskrit anfangen.‘“

Hoher Enthusiasmus und fanatische Begeisterung waren nicht alles. Dieses Projekt zog auch durchaus schrullige und geniale Menschen an, und zweien davon ist dieses Buch insgesamt ge­widmet. Der eine war der langjährige Herausgeber des OED, James Murray, ein schottischer Lehrer, der 1869 in die Society eintrat. Man nannte ihn den „Mann, der das Vieh Latein lehrte“, und dies aus gutem Grund. Er besaß ein geniales Gespür für Wörter und ein beeindruckendes grammatisches Gedächtnis. Sprachenlernen war sozusagen ein Hobby für ihn.

Ein Auszug seines – abgelehnten – Bewerbungsschreibens für eine Stelle am British Museum mag das zeigen. Er schrieb: „Ich muß sagen, daß die Philologie mein ganzes Leben lang mein Lieblingsthema gewesen ist und daß ich eine allgemeine Ver­trautheit mit den Sprachen & Literaturen der arischen und syro-arabischen Klassen besitze… mit einigen bin ich etwas vertrau­ter, wie beispielsweise mit den romanischen Sprachen Italie­nisch, Französisch, Katalanisch, Spanisch, Lateinisch & in gerin­gerem Maße mit dem Portugiesischen, Waadtländischen, Pro­venzalischen und diversen Dialekten. Im germanischen Zweig bin ich einigermaßen vertraut mit dem Niederländischen (an meiner Arbeitsstätte muß ich Schriftverkehr auf holländisch, deutsch, französisch & gelegentlich in anderen Sprachen lesen), Flämischen, Deutschen, Dänischen… ich weiß ein bißchen über das Keltische und beschäftige mich zur Zeit mit den slawischen Sprachen…“

Unter der Ägide dieses hochbegabten Mannes erschienen schließlich die ersten Bände der OED, nachdem das Projekt schon kurz vor dem Scheitern gestanden hatte.

Der zweite Mann, der hier eine wesentliche Rolle spielte, war et­was, was man als „Graue Eminenz“ betrachten könnte. Obgleich er in Crowthorne, Broadmoor wohnte, von Oxford nur eine gute Zugfahrtstunde entfernt, kam dieser Mann, William Chester Mi­nor, niemals in die Redaktion des OED. Anfangs verblüffte das niemanden, denn Besuche waren ohnehin selten. Aber rasch kristallisierte sich heraus, dass Minor, anfangs einfach nur einer der zahllosen Zuträger des OED, irgendwie auf seltsame Weise anders war. Während die restlichen Leser mehr oder weniger wahllos ihre Wörterlisten einsandten, stellte Minor schon von Anfang an präzise Fragen, an welchem Buchstaben denn nun gearbeitet würde und welche Worte man in der Redaktion be­sonders innig suchte.

Und er lieferte die Antworten. Binnen Tagen, seltener binnen Wochen. Manchmal kamen mehrere akribische Briefbögen pro Woche aus Broadmoor in die Redaktion.

Es schien so zu sein, als sei er dem Lexikon stets ein paar Schritte voraus, wie auch immer das möglich sein mochte. Es war völlig unumgänglich, dass sich Murray für diesen seltsamen Menschen zu interessieren begann, den „Mann, der die Wörter liebte“, wie es schien, jene Person, die ihm so ähnlich war. Er begann einen intensiven, Jahre währenden Briefkontakt mit dem Sonderling, der nie aus seiner Studierstube herauszukommen bereit war. Und schließlich kam auch ans Tageslicht, warum das so war: Minor war ein unter Wahnvorstellungen leidender ameri­kanischer Militärarzt. Und ein Mörder …

Die faszinierende Darstellung der ineinander verschlungenen Biografien von William Chester Minor und James Murray, die Herkulesaufgabe des 70 Jahre dauernden Herausgabeprozesses der OED und zugleich noch eine beeindruckende Aufarbeitung der literarischen Gesellschaft des England über die zurücklie­genden zweieinhalb Jahrhunderte – und darin eingestreut zahl­lose Vignetten und Lebensbeschreibungen verschrobener Son­derlinge und genialer Köpfe – , das alles findet sich unter diesem Buchdeckel. Es handelt sich um Winchesters Erstlingswerk, das völlig zu Recht preisgekrönt und in zahlreichen Auflagen aufge­legt wurde.

Der britische Journalist Simon Winchester offenbart in diesem Werk eine breite, fast enzyklopädisch zu nennende Kenntnis der Zusammenhänge, über die er spricht, seine Zitate sind prä­gnant und oftmals originell, der Erzählstil fesselnd und Neugier­de erweckend. Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung urteilte nicht zu Unrecht über das Werk: „Dieses Buch ist fesselnde Re­portage, lebendige Biographie, ein lehrreiches Stück Zeitge­schichte und nicht zuletzt eine anrührende Parabel von Tod und Leben, Schuld und Vergebung, Hass und Liebe.“ Allein den Wahnsinn, der ihnen wohl unangenehm war, haben sie hierin vergessen. Und der spielt eine zentrale Rolle in der ganzen Ge­schichte.

Religiöse Leser werden vielleicht finden, dass die menschliche Tragödie des Lebens von William Chester Minor notwendig war, um ihn zu der übermenschlichen Aufgabe hinzuführen, durch die er schließlich ewigen Ruhm errang. Doch bodenständigere Leser wie ich werden nach wie vor von kalten Schauern erfasst werden und sich eher dazu beglückwünschen, den klaren Men­schenverstand bewahrt zu haben. Wenn auch – vielleicht – um den Preis entgangener Genialität und Berühmtheit. Wenn man sieht, was Minor von seiner Berühmtheit letztlich hatte, wird man die Normalität vielleicht vorziehen.

In jedem Fall ist dies ein Werk, das uns künftig Wörterbücher mit einem völlig anderen Blick sehen lassen wird. Und es ist packen­de, gute Lektüre, die jedem neugierigen Leser wärmstens ans Herz gelegt werden soll.

© 2006 by Uwe Lammers

Wow, sagte ich mir, als ich das Buch ausgelesen hatte … ein Abenteuerroman ist nichts gegen DAS HIER! Und das denke ich auch nach über fünfzehn Jahren noch und empfehle das Werk guten Gewissens neugierigen Freunden.

In der nächsten Woche haben wir einfachere Kost vor uns, ver­sprochen. Da verirren wir uns wieder in die Dreiecksgeschichte von Irene Cao und betrachten ihr Schlusskapitel.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 Ein Phänomen, von dem die gedruckte Literatur des 18. Jahrhunderts nicht nur in England, sondern auch in Deutschland beredtes Zeugnis ablegt. Man lese noch ältere Werke und raufe die Haare über die absurdesten Schreibweisen von Wörtern, die von Buch zu Buch unterschiedlich sind. Es war völlig klar, dass hier Abhilfe geschaffen wer­den musste, aber es geschah stets nur halbherzig.

2 Ein Wort, das heute veraltet ist. Es ist etwa mit „Zofe“ oder „Hausangestellte“ gleich­zusetzen.

3 So etwas wie Gendergerechtigkeit war damals weder üblich noch in den Köpfen der Zeitgenossen vorhanden. Selbst im frühen 20. Jahrhundert wurde die Gleichberechti­gung der Suffragetten-Bewegung anfangs kriminalisiert.

Blogartikel 575: Close Up: Der OSM im Detail – Teil 56

Posted August 11th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

auf zu einer weiteren Runde im alptraumhaften Szenario des späten 16. KONFLIKTS des Oki Stanwer Mythos. Da es viel zu er­zählen und darzustellen gilt, halte ich mich zu Beginn kurz. Die Handlungsebenen, um die es diesmal geht, betreffen Thor Gor­denbeyl und seine arg dezimierte Schar von Gefährten in der THIRAAN-Weltenkette … und Oki Stanwer und die LIBERA­TOR-Crew.

Wir erinnern uns: Oki Stanwer und der Dämonenschlächter gin­gen auf Zentrums-Terra, im Herzen von GOLEMS Machtimperi­um, konzertiert gegen die Dämonenherrscher vor und liquidier­ten nacheinander die letzten GOLEM-loyalen Dämonen von TO­TAM. Dann beging Oki Stanwer den Fehler, GOLEMS Herausfor­derung zu folgen und ging in seine Zeitfalle. Seither ist er in der Zeit verschollen.

Parallel dazu kam Thor Gordenbeyl überraschend mit der Crew der wrackgeschossenen VIPER in der THIRAAN-Weltenkette in artanische Gefangenschaft und wäre beinahe als vermeintlicher GOLEM-Klondiener hingerichtet worden … doch ein monströses, mörderisches Wesen, das er für den Dämonenschlächter hält, befreit die Überlebenden, die nun in Kontakt mit der Opposition der Daayyet-Artaner gebracht werden sollen. Doch hinter dieser vermeintlichen Rettungsaktion steckt ein viel schlimmeres Kal­kül des Retters, der auf den Namen Jaal hört …

Episode 81: THIRAAN-56

(1996, digitalisiert 2023)

Fortsetzung der Thor-Handlungsschiene:

Thor Gordenbeyls Gedanken sind verworren. Er weiß gar nicht mehr, wo ihm der Kopf steht. Zum einen ist er ohnehin noch von den physischen Verletzungen der Havarie benommen, zum anderen erlebt er ständig mit, wie seine Freunde nacheinander ums Leben kommen. Von der ganzen VIPER-Crew sind ihm gera­de noch Arabia, Sal Dugong und John Houston Cascade verblie­ben. Und der hünenhafte Fremde, der sie in letzter Sekunde vor der Hinrichtung durch die artanischen Richter bewahrt hat, hetzt sie unerbittlich weiter durch die Eingeweide der techni­schen Welt THIRAAN-55.

Er erweist sich als erschreckend befähigter Gestaltwandler, und sein Ziel ist es, wie er behauptet, sie in Kontakt mit der artani­schen Opposition zu bringen – was er auch tut. Diese stehen un­ter der Leitung von Shyniir, der Ordenswahrerin der Oppositi­ons-Daayyet, und sie haben vor, die Nachbarwelt THIRAAN-56 in der THIRAAN-Weltenkette zu erreichen.

Thors Retter Jaal, immer noch für den Dämonenschlächter ge­halten, ermöglicht diesen Transit für Shyniir, eine kleine Kern­truppe der Oppositions-Daayyet und Thor sowie seine Getreuen. Offiziell wollen sie eine Friedensmission ausführen. Aber Thor kommen daran rasch Zweifel, weil die Artaner rigoros Wachen ihrer Artgenossen liquidieren, Leichen mit Desintegratorwaffen auflösen und zudem eine große Kiste mit sich führen, die scharf bewacht wird.

Gleichwohl – der Übergang nach THIRAAN-56, zur heiligen Welt der Daayyet-Artaner, die unter der Kontrolle der robotischen All-Hüter steht, gelingt. Doch leider ist niemandem in der dimensio­nal verfalteten THIRAAN-Weltenkette klar, dass der dimensiona­le Einstieg dorthin von einem Spähschiff beobachtet wird. Soffrol, der Herr der Neuen LIGA, lauert darauf, dass die Ereignisse in der Weltenkette eskalieren, um dann zuschlagen zu können …

Episode 82: Z-NULLS Gesandter

(1996, digitalisiert 2023)

Fortsetzung der Thor-Handlungsschiene:

Als Thor und seinen angeschlagenen Gefährten bewusst wird, was hier wirklich los ist, ist es längst zu spät für einen Rückzie­her – wohin sollten sie auch flüchten können? Alle Parteien ringsum wollen offensichtlich ihren Tod. Das betrifft sowohl die robotischen All-Hüter, die THIRAAN-56 beherrschen, als auch die loyalen Daayyet-Artaner.

Aber die Leute, denen sie sich nun angeschlossen haben, erwei­sen sich als religiös motivierte Selbstmord-Attentäter. Ihr erklär­tes Ziel: Wenn unsere Bewegung schon gescheitert ist – und da­für hat Jaal durch sein Intrigantentum gesorgt – , dann werden wir dafür sorgen, dass THIRAAN-56 nicht mehr in die Hand der Feinde gelangt. Sondern wir sprengen sie einfach in die Luft.

In dem Moment wird Thor auch bestürzt klar, dass seine Freun­de und er so gut wie tot sind – denn nun gibt es keinerlei Grund mehr für eine vorgebliche Friedensmission! Jetzt müssen sie jede Sekunde damit rechnen, dass die Oppositions-Daayyet sie wegführen und kurzerhand erschießen!

Außerhalb der THIRAAN-Weltenkette sammeln sich unterdessen, von den LIGA-Spähern aus sicherer Distanz beobachtet, Tausen­de von All-Hüter-Schiffen. Es ist offenkundig, dass die robotische Streitmacht unter Z-NULLS Kontrolle eine wichtige Operation im Zusammenhang mit der THIRAAN-Weltenkette anstrebt. Soffrol sieht hier die Möglichkeit, gleich zwei Machtfaktoren auszu­schalten: die organisierten Daayyet-Extremisten der Artaner wie auch die All-Hüter. Aber noch wartet er ab.

Z-NULL hat in der Tat Großes vor – ein seit Jahrzehnten entwickelter Plan sieht vor, Z-NULL selbst, einen mondgroßen ZYNEEGHAR der Baumeister, durch einen Ferntransmitter direkt in die THIRAAN-Weltenkette zu versetzen. Zu diesem Zweck er­schafft Z-NULL einen energetischen Gesandten, der Kontakt mit den Entropie-Ingenieuren in der Weltenkette aufnehmen soll, um diesen Transfer zu ermöglichen.

Als der Gesandte in der Weltenkette eintrifft und die Vorkehrun­gen für das „Unternehmen Göttergeburt“ getroffen werden, nut­zen die All-Hüter-Streitkräfte das, um die artanischen loyalen Daayyet mit unglaublicher Macht zu überrollen. Die Daayyet wehren sich mit allen Kräften.

Während all das geschieht, explodieren auf verschiedenen THI­RAAN-Welten Atombrandbomben, die die oppositionellen Daayyet gelegt haben. Der mörderische, eher selbstmörderische Existenzkampf geht in die vorletzte Runde.

Und alle haben nur ein Ziel: THIRAAN-56, die Steuerwelt der Weltenkette. Nur wenn THIRAAN-56 unter Kontrolle ist und Z-NULL als THIRAAN-57 seinen Platz einnehmen kann, so das Kal­kül von Z-NULLS Gesandtem, hat das All-Hüter-Imperium eine Zukunft.

Ebendort, in den Eingeweiden von THIRAAN-56, erteilen die Daayyet-Artaner Thor und seinen Freunden die Anordnung, nun „sicher verwahrt“ zu werden … und Thor ahnt, dass das auf ihre Ermordung hinausläuft … doch während sie noch weggeführt werden, beginnt der „Dämonenschlächter“ kurzerhand, die Daayyet-Eskorte niederzumetzeln.

Dem Helfer des Lichts wird jählings klar, dass auch dieses We­sen nicht ihr Verbündeter ist, sondern ihr Henker – und er treibt seine Gefährten in die Flucht. Dabei werden sie getrennt. Er bleibt zusammen mit Arabia, während Sal Dugong und John Cascade vereinzelt in die Tiefen der Welt irren.

Und hinter ihnen ein gestaltwandelnder Massenmörder, der ihren Tod wünscht … ganz zu schweigen von der fanatischen Shyniir, die in diesem Moment mit ihren letzten Getreuen die Planetenbombe scharf macht, die sie mitgebracht hat …

Episode 83: Das Ende der All-Hüter

(1996, digitalisiert 2023)

Schluss der Thor-Handlungsschiene:

Dies ist der grässliche, hässliche Schlussakkord des Thor Gor­denbeyl-Handlungsstrangs. Während um die Zentralwelt der THIRAAN-Weltenkette erbittert gefochten wird, während die LI­GA-Streitkräfte darauf lauern, den geschwächten Daayyet und den All-Hütern in den Rücken zu fallen, tickt die Zeit für THI­RAAN-56 – und für Thor und seine drei letzten Gefährten.

Während Thor seine verletzte Gefährtin Arabia in einem Maschi­nensaal zurücklässt, damit sie sich etwas von den Schrecken er­holen kann, wird sie mit einem kleinwüchsigen Wesen konfron­tiert, das sich vormals schon als Ekkon bezeichnet hatte, den amtierenden Ritter vom Goldkristall (vgl. Bd. 79). Dass er das nicht sein kann, hatte Thor aber schon festgestellt.

Er hatte Recht – es handelt sich um Jaal, und als seine Identität von Arabia nun angezweifelt wird, bringt er sie brutal um.

Wenig später trifft Sal Dugong seinen verletzten Gefährten John Cascade … aber auch hierbei handelt es sich um eine neue Lar­ve von Jaal, der ihn perfide foltert und verhöhnt, ehe er ihn mit den Worten „Ein paar Geheimnisse musst du ja mit ins ‚Jenseits‘ nehmen. Grüß mir Sarai, wenn du sie siehst!“, ermordet.

Parallel dazu vollzieht sich „Unternehmen Göttergeburt“. Z-NULL wird tatsächlich in die THIRAAN-Weltenkette versetzt. Z-NULLS Gesandter hat Kontaktverhandlungen mit den Entropie-Ingenieuren begonnen, und alles sieht gut aus … doch dann ex­plodiert auf THIRAAN-56 die artanische Planetenbombe, nach­dem Shyniir und die letzten Artaner-Fanatiker Suizid begangen haben. Und THIRAAN-56s Funktionen beginnen zu erlöschen. Womit die Stabilität der Weltenkette jählings zu zerbrechen be­ginnt.

Z-NULLS Plan steht vor dem Scheitern!

Im Innern von THIRAAN-56 begegnet John Cascade Thor Gor­denbeyl … glaubt er wenigstens, bis er das sardonische Grinsen des Hünen von Garos erkennt.

Jaal hat eine weitere perfide Larve entwickelt und fordert Casca­de zu einem Fechtkampf heraus … und während dieses Kamp­fes bekennt er freimütig, was er ist: ein GRALSJÄGER, der aus der fernen Zukunft kommt. Für ihn sind alle hier Lebenden schon lange tot und vergessen, und eigentlich seien er und die Seinen nur in diesem Universum, um ein phantastisches Bau­meister-Artefakt zu plündern, das sowieso zerstört werde – den Ringplaneten RANTALON, wo sie schon lange an der Arbeit sei­en. Schließlich hätten sie die Ringwelt ja durch die Zeitgezeiten wirkungsvoll von der Außenwelt abgeschottet …

Erschrocken begreift Cascade, dass er essentiell wichtige Infor­mationen hat, die Thor und die Rebellen dringend benötigen würden. Aber es gibt dafür rein gar keine Möglichkeit – und dann, Augenblicke vor seinem Tod, wird er Zeuge, wie der über­hebliche Jaal doch tatsächlich überrascht wird, als die artani­sche Bombe offenbar zu einem ganz anderen Zeitpunkt alles auslöscht, als er das in seinen Aufzeichnungen stehen hat.

Für Thor, John Cascade, die Daayyet, Z-NULL und die All-Hüter ist das allerdings kein Trost mehr. Sie werden allesamt ausge­löscht, als die Weltenketten-Struktur nach dem Untergang von THIRAAN-56 in sich zusammenbricht.

Soffrols LIGA-Streitkräfte ziehen ab. Die Probleme mit den Daayyet-Artanern und den All-Hütern sind für ihn nun erledigt. Er kann sich jetzt darauf konzentrieren, die drei verbleibenden Feind-Fraktionen zu observieren: TOTAMS Streitkräfte, GOLEMS Parteigänger und die Galaxisrebellen.

Es gibt nur paradoxerweise einen einzigen Überlebenden des In­fernos, der zwanzig Stunden später zum Vorschein kommt: ein bizarres mörderisches Wesen namens Jaal, das nun bei RANTA­LON erwartet wird.

Mission: Weiterhin Chaos und Verderben säen.

Die Dinge stehen schlimmer, als alle ahnen. Und da John Casca­de seine Informationen mit ins Grab nahm, sind alle weiterhin schrecklich ahnungslos, was hier wirklich geschieht …

Episode 84: Milliarden Jahre tief

(1996, digitalisiert 2023)

Fortsetzung von Band 78:

GOLEM hat Oki Stanwer herausgefordert, sich mit ihm zu duel­lieren. Der Herr des Lichts hatte zuvor mehrere Dämonenkönige auf Zentrums-Terra vernichten können und wähnte sich nun auf der Gewinnerspur – doch GOLEM, die wahnsinnige Dämonen­waffe, lockte ihn in eine Zeitfalle und schleuderte die LIBERA­TOR, das ERKUNDER-Kegelschiff von MONOLITH, nebst seiner Besatzung, hinab in den Abgrund der Zeit.

Unter normalen Umständen hätten sie alle tot sein müssen … aber unbekannte Mächte hielten eine schützende Hand über das durch die Zeitabgründe taumelnde Schiff, und so kommt es schließlich wieder zum Stillstand – in einer Welt, die unsagbar fremd für sie geworden ist.

Doch die Reise hat Opfer gefordert – sechzehn Besatzungsmit­glieder sind durch die Wirkungen eskalierender Zeitgezeiten vernichtet worden. Der WÄCHTER kannte diese Zahl vorher be­reits, ehe die Zählung gemacht wurde: er hat diesen ganzen Alptraum wegen der Zeitschleife, deren Gefangener er ist, schon einmal (oder gar viele Male) mitgemacht. Es kann nicht überraschen, dass das Misstrauen und der Hass ihm gegenüber immer heftiger werden.

Doch das ist nicht das Schlimmste.

Das Kommandogehirn der LIBERATOR erklärt, es könne die Posi­tion nicht bestimmen. Ja, es seien zwar auf den Schirmen Ster­ne und Galaxien zu erkennen, sie ließen sich aber ortungstech­nisch nicht erfassen. Das entropische Niveau ist auf Null. Funk­kontakt mit MONOLITH besteht nicht.

Oki Stanwer und seine Helfer des Lichts schauen sich bestürzt an, und ihnen wird schnell bewusst, dass sie sich in einer ver­heerenden Situation befinden. Der WÄCHTER bestätigt das: Sie befinden sich quasi am Anfang der Schöpfungszeit – vier Milliar­den Jahre tief in der Vergangenheit. Dies ist ein Ort des Kosmos, an dem die Baumeister ihren Namen verdienen – sie „bauen“ das Universum, realisieren es aufgrund der universalen Matrix, versehen es daraufhin mit Naturgesetzen, sie „normieren“ es, wie es heißt.

Und dieses Universum, in dem sie sich nun befinden, ist unfer­tig. Es gibt noch keinen Hyperraum. Der Antrieb der LIBERATOR ist daher imstande, millionenfache Lichtgeschwindigkeit im Nor­malraum zu erreichen, weil es weder das Hyperraum-Medium gibt noch so etwas wie die sonst zerstörerische Molekularrei­bung.

Sie nehmen konsterniert Kurs auf die Milchstraße, die man nur normaloptisch erreichen kann, die funktechnisch aber völlig tot ist. Sie sind, wie Oki und seine Freunde schockiert begreifen müssen, hier in diesem riesigen Universum zu dieser Zeit völlig alleine, absolut auf sich gestellt.

Ihr Ziel muss es nun sein, die Baumeister zu finden – und so ist sind ihre ersten Flugziele die Positionen von Kegelwelten der Baumeister, die im Bordrechner gespeichert sind. Denn ihnen wird schnell klar: Wenn sie die Baumeister nicht finden, sind sie so gut wie tot.

Während des Fluges in Richtung Milchstraße schreckt Oki Stan­wer aus dem Schlaf. Irgendetwas, hat er das Gefühl, hat sich an Bord des Schiffes minimal verändert … und das Kommandoge­hirn stimmt ihm wenig später zu: Es hat einen minimalen primärenergetischen Impuls an Bord gegeben, in der Kabine des WÄCHTERS.

Klivies Kleines und Oki Stanwer machen sich umgehend auf den Weg dorthin. Vielleicht gelingt es ihnen nun, wenigstens eines der Geheimnisse des verschlossenen Helfers des Lichts zu lüf­ten …

Episode 85: Pfadfinder in der Urzeit

(1996, digitalisiert 2023)

Fortsetzung der Oki Stanwer-Handlungsschiene:

Der Anfang der Episode spielt in der sehr fernen Zukunft. Milliar­den Jahre fern treffen sich in einer unbeschreiblich fremdartigen Welt ein bizarres, leuchtendes Lichtwesen und ein glühender, quasi-humanoider Schemen und diskutieren über Zeitmanipula­tionen und etwas, was „Spurwechsel“ genannt wird und die Schöpfung erhalten soll. Wenn dies nicht gelinge, sagt einer der Partner, „dann sei der KONFLIKT wirklich beendet. Ohne Sieger. Und ohne Überlebende.“

Wahrlich: düstere Aussichten. Aber was hat das mit der Hand­lungszeit des KONFLIKTS 16 zu tun? Dorthin, rund 4 Milliarden Jahre vor KONFLIKT-Gegenwart, hat es bekanntlich Oki Stanwers LIBERATOR verschlagen. Und hier bekommt der WÄCHTER wäh­rend des Fluges in die Milchstraße Kontakt mit einem humanoi­den Schemenwesen, das geradewegs aus der Wandung seines Quartiers herauswächst.

Er kennt das Wesen – es ist der PROPHET, eine legendäre, mys­tische Gestalt, die im 14. KONFLIKT einmal behauptet hat, über­all da, wo die Matrix sei, da befände auch er sich (vgl. dazu KONFLIKT 14 „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ in den frühe­ren Close Up-Beiträgen!). Er ist der Urheber der „Schleife“, in der der WÄCHTER steckt, und sie scheint sich immer noch gra­duell zu verändern. Er diskutiert mit dem WÄCHTER, beharrt aber darauf, dass er weiterhin seinem Schicksal nicht auswei­chen könne und die „Schleife“ Bestand haben müsse. Und er solle froh sein, dass er aufgrund der „Schleife“ die „RANTALON-Zeit“ nicht erleben müsse. Darüber solle er froh sein.

Als Oki Stanwer und Kleines in den Raum des WÄCHTERS stür­men, hat sich der PROPHET wieder zurückgezogen. Der WÄCH­TER gibt freimütig zu, dass dieser ihn besucht hat. Mehr sagt er dazu nicht.

Die Fahrt in die Galaxis wird fortgesetzt, und die Ungeheuerlich­keiten nehmen zu: Die Galaxis scheint kein eigenes Gravitati­onsfeld zu haben. Sonnen lassen sich nur optisch anmessen, Abstände lediglich schätzen. Der Funkäther ist gespenstisch tot, selbst das Wasserstoffrauschen scheint nicht zu existieren. Die ganze Umwelt wirkt wie eine phantomartige Kulisse und ver­stört die Reisenden nicht eben wenig.

Das erste angesteuerte Sonnensystem ist noch bizarrer: Die hiesigen Planeten bilden eine verrückte Kugelschale, ohne sich gegenseitig zu beeinflussen. Planetenoberflächen sind dabei, sich geradezu vor ihren Augen von innen nach außen zu entwickeln, wobei gigantische Leuchtstrukturen sie zu „weben“ scheinen.

Oki Stanwer kommt spontan ein Begriff in den Sinn: Schöp­fungshelfer. Irgendwann, entsinnt er sich, hat er von solchen Wesen schon Kenntnis gehabt … energetische Maschinen der Baumeister, die sie beim Schöpfungsprozess unterstützen. Klei­nes und er vermuten, dass es hiervon überall im Kosmos unzäh­lige Billiarden geben muss, die unablässig im Schöpfungspro­zess sind. Aber es zutiefst unheimlich, sie bei der Arbeit zu se­hen.

Verunsichert steuern sie die Kegelwelten-Positionen mühsam an – das Navigieren in dieser archaischen Proto-Milchstraße ist äu­ßerst kompliziert, und ohne das Baumeister-Kommandogehirn der LIBERATOR wären sie restlos verloren.

Die Kegelwelten erweisen sich samt und sonders als noch nicht existent bzw. noch urwüchsig und unverändert. Das gilt auch für den Planeten Rhytekon-5 (vgl. dazu die 30er-Bände der Serie), auf der Thor Gordenbeyl in der fernen Zukunft auf die entarte­ten CROMOS stieß.

Schließlich sind die Galaktiker an Bord der LIBERATOR so dünn­häutig und entnervt, dass sie beschließen, ein letztes Reiseziel anzusteuern: RANTALON selbst!

Während sie nervös die Reise dorthin beginnen, wird weit von den galaktischen Grenzen entfernt ein Baumeister in seinem EXIL von den SENSOREN geweckt: es sei eine Zeitanomalie an­gemessen worden, nahe dem Haupt-KONFLIKT-Quadranten. Un­willig macht sich der Baumeister auf den Weg dorthin. Und er hat eigentlich nur ein Ziel: die Zeitverbrecher zu stellen, zu be­strafen und zu vernichten! Denn Baumeister HASSEN Zeitexpe­rimente …!

Während Oki Stanwer also RANTALON ansteuert und hofft, Bau­meister zu treffen, kann es sehr gut sein, dass dieser Baumeis­ter-Kontakt das Letzte ist, was er in seinem Leben erfährt …

Ihr merkt: Die Lage ist überaus kritisch. Wie es in der tiefen Ver­gangenheit weitergeht, erfahrt ihr im nächsten Teil dieser Arti­kelserie. In der kommenden Woche besuchen wir dagegen wie­der den tropischen Archipel und begeben uns in ein sehr beson­deres Kloster.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 468: Im Auge des Taifuns

Posted August 7th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

dass es um Forschungen im Zweiten Weltkrieg jede Menge Ge­heimniskrämerei gab und zum Teil immer noch gibt, ist ein his­torisches Faktum. Ebenso, leider, dass in diesen Forschungen, und zwar auf allen Seiten, selten Rücksicht auf Menschenrechte genommen wurde. Gerade den fanatisierten Japanern und selbstverständlich den deutschen Nazis traut man dabei alle Schlechtigkeiten zu.

Ebenso ist es vermutlich nicht eben überraschend, dass Roma­ne, deren Vorgeschichte in den Zweiten Weltkrieg zurückreicht, speziell beim amerikanischen Publikum immer gut ankommen. Das merkt man bei Indiana Jones, bei James Rollins und natür­lich auch bei Clive Cussler und seinen Epigonen.

Nun könnte man mutmaßen, dass es sich hierbei um eine sche­matische Arbeit handelt, aber ganz ernsthaft, wer das so sieht, tut der voluminösen, rasanten Geschichte wirklich Unrecht. Her­ausgekommen ist bei diesem Roman ein echter pageturner, der zwar auf den Philippinen beginnt und letzten Endes dort auch kulminiert, aber zwischendurch gibt es noch ganz andere Schauplätze, auf denen die Suppe am Kochen ist, um es mal vorsichtig auszudrücken.

Diesmal schicke ich euch mit einer ausdrücklichen Leseempfeh­lung mitten in ein mörderisches tropisches Unwetter, und es bleibt euch überlassen, was ihr am Ende verheerender und töd­licher findet – den Megataifun oder die brutale Skrupellosigkeit der Villains, die diesmal Juan Cabrillo und seiner Crew von der OREGON beinahe den Garaus machen …

Im Auge des Taifuns

(OT: Typhoon Fury)

Von Clive Cussler & Boyd Morrison

Blanvalet 0642

2019, 9.99 Euro

592 Seiten, TB

Übersetzt von Michael Kubiak

ISBN 978-3-7341-0642-2

In den Endtagen der Kämpfe um Corregidor während des Zwei­ten Weltkriegs versucht ein Geheimkommando, in den Tunnella­byrinthen, die von den Japanern beherrscht werden, ein Labor zu erreichen und die dortigen Unterlagen in Sicherheit zu brin­gen. Dabei werden sie mit bizarren Supersoldaten konfrontiert, die man nur durch Schüsse in Kopf oder Herz töten kann. Das Unternehmen gelingt nur teilweise … aber offenbar haben die hierbei gewonnenen Erkenntnisse Einflüsse auf die Atombom­benziele in Japan.

In der Gegenwart und hiervon scheinbar völlig losgelöst, haben die Philippinen mit einem Terrorismusproblem zu kämpfen. Der kommunistische Agitator Salvador Locsin wird von seinen Mit­streitern aus der Gefangenschaft befreit und erweist sich dabei als nahezu unverwundbar – er hat eine Geheimwaffe gefunden, die als „Typhoon“ bezeichnet wird, eine Droge, die aus Men­schen Supersoldaten machen kann und die er für seinen kom­munistischen Umsturz auf den Inseln verwenden will. Sein Pro­blem besteht darin, dass die Vorräte alt sind und aus dem Zwei­ten Weltkrieg stammen (!) und das Rezept zur Herstellung ver­loren gegangen ist. Deshalb sucht er neben neuen Geldquellen auch weiterhin nach dem Ursprung der Droge. Das ist aber zu Handlungsbeginn des Romans noch nicht klar.

Derweil sind Juan Cabrillo und seine Crew von der OREGON ge­rade erfolgreich von einem Auftrag aus Vietnam zurückgekehrt und freuen sich auf einen vermeintlich ruhigen Auftrag, der nun ansteht – die amerikanische Kunstexpertin Beth Anders, die sich zurzeit, geschützt von ihrer Leibwächterin Raven Malloy, auf den Philippinen aufhält, fahndet nach verschollenen Gemälden und hat eine verheißungsvolle Spur gefunden und den mutmaß­lichen Zielort der Kostbarkeiten ausfindig gemacht, die einen Wert von rund einer halben Milliarde Dollar darstellt. Cabrillos Team soll ihr dabei helfen, die Gemälde sicherzustellen, die von der Unterwelt als Zahlungsmittel für kriminelle Machenschaften verwendet werden und denen sie inzwischen zielsicher auf der Spur ist.

Zu dumm ist jedoch, dass diese Fährte sie und die Männer von der OREGON geradewegs zu Locsins Dschungellabor führt, wo dieser Wissenschaftler dazu zwangsrekrutiert hat, die Typhoon-Droge zu synthetisieren (woran sie regelmäßig scheitern). So geraten die Kunstexpertin und ihre Leibwächterin ebenso wie Cabrillo und seine Crew mit den Supersoldaten des kommunisti­schen Rebellenuntergrundes aneinander und schlittern schnell in übelste Schwierigkeiten, Beth letztlich in deren Gefangen­schaft. Denn Locsins Männer sind nicht nur beinahe unbesieg­bar im Kampf, sondern sowohl der Rebellenführer wie sein Ver­trauter Tagaan auch technisch und militärisch extrem hochge­rüstet. Damit bedrohen sie schließlich auch massiv die ansons­ten gründlich ausgestattete OREGON selbst.

Schnell müssen aber beide Fraktionen begreifen, dass sie nicht die einzigen im Spiel sind und dass die Sicherstellung der Ge­mälde das kleinste Problem darstellt. Denn da ist auch noch eine Wissenschaftlergruppe aus den USA, die unter Erfolgsdruck eine Superdroge für Soldaten herzustellen sucht und bislang ebenfalls immer scheiterte … bis sie von „Typhoon“ erfährt und dafür den skrupellosen südafrikanischen Söldner Gerhard Brek­ker anheuert, der sich nun in die Auseinandersetzung einmischt … und dann mit Locsin verbündet, um aus dem Geschäft mit den Typhoon-Tabletten Profit zu ziehen.

Und während all das geschieht, kündigt sich ein mächtiger Tai­fun namens „Hidalgo“ an, der direkt über den Hauptort der Aus­einandersetzung hinweg zieht. Allein im Auge des Taifuns scheint es möglich zu sein, die finale Schlacht zu schlagen, und ihnen bleibt dabei weniger als eine Stunde, derweil ringsum das Chaos der entfesselten Naturgewalten tobt …

Schon am deutlich größeren Umfang der Geschichte wird er­kennbar, dass Boyd Morrison, der unbestreitbar den gesamten Roman geschrieben hat, mehr Raum als normal brauchte, um die durchaus komplexe, wechselhafte Geschichte zu erzählen. Und ich muss schon sagen, die Aussage der Kirkus Review auf dem Klappentext verspricht nicht (wie sonst leider oft) vollmun­dig zuviel: „Schnallen Sie sich an! Die Story wird nie langsamer, sondern immer rasanter.“ Ja, das ist nicht zu leugnen. Immer wenn man glaubt, jetzt könnte es doch mal ein wenig Zeit zum Durchatmen und Verschnaufen geben, kommt der Autor mit der nächsten unschönen Überraschung um die Ecke.

Besonders infam fand ich die Sache mit den Kuyogs und der Fähre, muss ich sagen (und nein, dazu wird hier nichts Näheres verraten, das muss man lesen und dabei mit Recht um das Schicksal der OREGON bangen, das beinahe besiegelt wird!). Er­zähle niemand, die Schurken seien dumm oder schematisch, das ist hier in weiten Teilen nicht der Fall, da bleibt sich Morrison dem bisherigen Vorgehen, intelligente Bösewichte zu kreieren, glücklicherweise treu. Und es sind meist nur glückliche Zufälle, die es dem OREGON-Team ermöglichen, die Fährte der Verbre­cher wieder aufzunehmen und letztlich die Endauseinanderset­zung anzustreben, bei der bis auf die letzten Seiten alles auf Messers Schneide steht.

Der Topos der „Supersoldaten“ ist offensichtlich spätestens seit dem Film „Captain America“ von Marvel wieder in der Gegen­wart angekommen. Man sieht ihn im Film „Lucy“ mit Scarlett Jo­hansson oder „Bloodshot“ mit Vin Diesel ebenso am Wirken wie auch in diversen Marvel-Serien („Agent Carter“, „Agents of S.H.I.E.L.D.“, „The Falcon and the Winter Soldier“) als auch in Romanen wie diesem hier. Eine Idee, die einmal verführerisch in der Welt ist, ist offensichtlich nicht totzukriegen, und im Zeital­ter der modernen Technik und der filmischen CGI wuchert sie und erhält gewissermaßen Breitband-Präsenz.

Dennoch … alleine darauf reduziert hätte der Roman sich nicht gelohnt. Indem es aber versteckte Unterströmungen gibt, die Interna der „Corporation“ einbeziehen und verborgene US-For­schungen sowie alternative Erklärungen für die Atombomben­ziele in Japan, gewinnt die Geschichte schon etwas an Format und Tiefe. Und, natürlich, da ich über die ersten annähernd hun­dert Seiten der Geschichte kaum ein Wort verloren habe, sollten Leser auf das Eingangs-Abenteuer der OREGON-Mitglieder in Vi­etnam gespannt sein. Das ist ein echtes Husarenstück, das al­lein schon die Lektüre des Romans lohnt … aber danach geht das Abenteuer ja erst richtig los.

Also kann ich nur sagen, dass auch der dritte Roman von Boyd Morrison (von wenigstens sechs insgesamt, von deren Existenz ich weiß) ein Hochgeschwindigkeitsthriller ist, der in höchstem Maße lesenswert ist. Einwandfrei – Jack du Brul hat einen mehr als vollwertigen Nachfolger gefunden. Auf weitere Abenteuer dieser Art freue ich mich schon außerordentlich.

Unbedingte Leseempfehlung!

© 2021 by Uwe Lammers

Doch, das war ein rasantes Leseabenteuer, das ich ungemein genossen habe. Und auf eine sehr ähnliche Weise – wenn auch vollkommen ohne Schusswechsel oder dergleichen – ging es mir Jahre zuvor bei dem Werk, das ich in der kommenden Woche vorstellen möchte. Es geht um Wörter und das 19. Jahrhundert. Wer das unspektakulär findet, hat einfach das packende Sach­buch noch nicht gelesen, um das es in sieben Tagen gehen wird.

Schön neugierig bleiben, Freunde!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Blogartikel 574: Das Autoren-Nachlassarchiv-Projekt, Teil 10

Posted August 3rd, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

dies ist dann wieder der Fall eines ziemlich ad hoc-geschriebe­nen Blogartikels, der einen Tag vor Erscheinen entsteht. Ihr wisst, dass ich üblicherweise sehr viel lieber länger vorauspla­ne, aber in diesem Fall erwies sich das als recht schwierig. Ehe ich also zum eigentlichen Thema komme, ist es sinnvoll, einen Moment zu verharren und zu meiner aktuellen Arbeitssituation ein paar Worte zu verlieren … und dazu, warum ich nicht zeiti­ger dazu kam, diesen Beitrag zu schreiben.

Letzteres ist vielleicht rätselhaft, denn das Material dafür lag im Grunde genommen seit dem 9. Februar vor (ich sage dazu gleich mehr). Bis zum 31. Juli 2024 durchlebte ich allerdings be­ruflich eine solche Achterbahnfahrt, dass ich zum Autoren-Nach­lassarchiv-Projekt kaum auf einen grünen Zweig kam.

Ich befand mich ja bis zum 31. Juli in einem tollen Arbeitsver­trag mit dem Verein KreativRegion e.V. und war hier in der Ge­schäftsstelle wesentlich damit beschäftigt, Events zu planen, Mitgliederkommunikation sicherzustellen, am monatlichen Newsletter mitzuarbeiten und: einfach tolle, kreative Leute ken­nen zu lernen. Das war ein Job, den ich 25 Stunden in der Wo­che mit zunehmender Begeisterung schulterte. Ich denke, man kann nicht von jedem Arbeitnehmer sagen, dass er frohgemut, neugierig und engagiert jeden Tag zur Arbeit geht … das war bei mir die Normalität.

Verständlich also, dass mich diese arbeitstechnische Vollbrem­sung Ende Juli nicht erfreut hat. Sie zeichnete sich allerdings frühzeitig ab. Gewissermaßen als Kollateralschaden höherer Ge­walt. Das bedarf wohl einer Erläuterung, ich versuche sie knapp zu halten:

Der Verein KreativRegion e.V. wird von einem dreiköpfigen Präsi­dium geleitet, in dem von Jahr zu Jahr der jeweils Dienstälteste ausscheidet und ein Juniorpräsident hinzugewählt wird. Wir hat­ten schon 2020 und 2021 damit ernste Schwierigkeiten, die in einer veritablen Vereinskrise gipfelten. Im April sollte endlich eine Zuwahl stattfinden, doch der Kandidat, der auch schon zu­gestimmt hatte, musste dann kurzfristig aus privaten Gründen bedauernd absagen … womit ab April die erneute Suche nach einem Juniorpräsidenten losging.

Warum war das so wichtig? Weil die KreativRegion von der För­derung durch die Stadt Braunschweig abhängt und ein entspre­chender Förderantrag gestellt werden muss, der in der Regel für zwei Jahre gilt. Er muss von einem vollzähligen Vorstand unter­zeichnet werden, also von drei Personen. Andernfalls stehen dem Verein keine Gelder zur Verfügung für Veranstaltungen oder eben auch für Arbeitsverträge.

Da der Vorstand aber erst auf der jüngsten Mitgliederversamm­lung am 30. Juli (!) wieder vervollständigt werden konnte und JETZT erst die Verschriftlichung eines Förderantrages beginnen konnte, lag es auf der Hand, dass das mit einer Anschlussfinan­zierung für mich wohl nichts werden würde.

Auch sonst gab es viel zu tun: Organisation unserer Frühstücks­formate, der „Frühen Vögel“, Kreativ-Stammtisch-Termine, Kom­munikation mit anderen Institutionen und Vereinen, etwa der Braunschweig Zukunft GmbH, den Netzwerksitzungen oder dem Kulturrat Braunschweig. Im Juli kamen dann noch die Arbeiten für die MV und das vorher am 19. Juli stattfindende Sommerfest „Sommernetztraum“ hinzu.

Ihr könnt mir glauben, ich hatte alle Hände voll zu tun und war wirklich heilfroh, dass ich die meisten Blogartikel schon ziemlich weit vorangeschrieben hatte … ich kam auf vielen Feldern kaum vom Fleck. Man darf ja auch nicht übersehen, dass ich Chefre­dakteur des monatlich erscheinenden Fanzines „Baden-Würt­temberg Aktuell“ (BWA) bin, der Vorsitzende des Vereins Phan­tastika Raum & Zeit e.V., und an meinen eigenen Werken, allen voran am Oki Stanwer Mythos (OSM) war ich ja auch noch. Und dann und wann wollte ich auch meine Freunde treffen und mit ihnen abhängen.

So unschön es also auch ist, dass ich zurzeit arbeitstechnisch kaltgestellt bin, so hilfreich ist es doch auch für diesen Beitrag, dass ich jetzt etwas Freiraum besitze, um mich wieder etwas mehr um das Autoren-Nachlassarchiv-Projekt zu kümmern.

Und nach dieser doch recht umfangreichen Vorrede komme ich nun zu dem Thema, um das es heute – und voraussichtlich auch noch im nächsten Teil der Artikelreihe – gehen wird.

Ihr erinnert euch vermutlich, dass ich in den letzten beiden Bei­trägen zu dem Thema die Frage der Namensgebung des Archivs thematisierte und mich dann mit Buchmessen beschäftigte.

Schon im Vorfeld der Leipziger Buchmesse kam es im Trafo Hub, wo die Geschäftsstelle der KreativRegion angesiedelt ist, zu ei­nem sehr inspirierenden Treffen mit einem hauptamtlichen Mit­arbeiter des Business Angel-Netzwerks Südost-Niedersachsen (BANSON). Wir trafen uns eher zufällig in der Küche des Trafos, und er fragte mich an diesem 9. Februar 2024, was ich denn so täte, wenn ich nicht für die KreativRegion tätig sei …

Daraufhin erwähnte ich den Gedanken des Autoren-Nachlassar­chiv-Projekts, an dem ich seit längerem arbeiten würde, wenn meine rare Zeit es zulasse.

Ehe ich mich versah, befand ich mich in einem höchst angereg­ten Gespräch, das sich schlussendlich auf über eine Stunde aus­dehnte und zu einem sehr engagierten und konstruktiven Ge­danken-Brainstorming entwickelt, womit ich gar nicht gerechnet hatte. Am Ende dieser Stunde hatten wir drei A4-Seiten mit Ide­en zusammengeschrieben, die mir eine Menge faszinierenden Input gegeben hatten. Ich werde hier einfach mal beginnen die­se Notizen 1:1 weiterzugeben. Ihr werdet schnell entdecken, dass sie unglaublich viel Potenzial enthalten, Strategien, Lö­sungsansätze und auch Problemstellungen, die ich mehrheitlich bislang kaum im Blick hatte. Manches davon mag heute kryp­tisch sein, weswegen ich erzählte, dass sich die Diskussion die­ses Treffens wohl noch auf den nächsten Teil der Artikelreihe ausdehnen wird. Lasst das Folgende einfach erst mal sacken. Ich fange mal mit einer Seite Abschrift an, am 6. Oktober geht es dann damit weiter:

Notizen aus der BANSON-Besprechung:

Stiftung und Verein (parallel zu gründen)

Vorgehen für Mitgliederakquise:

– Landing-page entwickeln

– Visitenkarte. Vorhaben möglichst in einem Satz entwickeln. QR-Code auf der Rückseite

– Auf Buchmesse mit Tablet Möglichkeit zu digitaler Unterstüt­zerliste bieten, sonst via Visitenkarte und QR-Code

– Satzungsentwurf für Stiftung – breit kulturell aufstellen, nicht auf Literatur alleine fokussieren, sondern auf Kulturgüter & Kunst allgemein, um breite Unterstützung zu akquirieren

– Vereins-Fokus zunächst auf Literatur

– Stiftungssatzung als festes Fundament, Stiftung als primärer Geldgeber des Vereins (Förderer)

– Verein – Mitglieder – Beiträge gestaffelt wie bei KreativRegion nach Einzelmitgliedern und teilnehmenden Verbänden. Gedan­ke: Finanzstruktur der KreativRegion übernehmen (50 Euro Ein­zelmitgliedschaft usw.)

– Stiftungsvorstand mit ungerader Mitgliederzahl; sollte ca. 5 Stiftungen enthalten, die als primäre Kapitalgeber für die neue Stiftung fungieren

– Aufgabe des Vereins: Akquise von Nachlässen und Vorlässen, Sichten, Bewerten, Führung des Archivs

Maecenata als erste Anlaufstelle wegen des Fokus auf Förde­rung von Kunst und Kultur

– Gedanke des Kulturguterhalts.

Ah, Freunde, raucht euch auch schon der Kopf? Dann seht ihr, wie es mir damals im Februar ging … ein regelrechtes Feuer­werk an Gedanken, Bildern, Ideen und Pfaden leuchtete in mei­nem Verstand auf, und ich begriff an diesem Vormittag, dass meine Grundidee doch vielleicht ein wenig … sagen wir … schlicht gedacht war. Ich bin einfach nicht so erfahren darin, in großen ökonomischen Dimensionen zu denken, und auch auf dem Parkett öffentlicher Vereine bin ich eher ein Neuling.

Dass mich diese Gedanken etwas überforderten, ist darum viel­leicht nachvollziehbar.

Aber das war ja alles erst der Anfang! Das war nur die erste von insgesamt drei Mitschriftseiten … ihr könnt gespannt sein, was da noch alles folgt, Freunde!

In der nächsten Woche kehren wir in den zunehmend chaoti­scher und mörderischer werdenden KONFLIKT 16 des Oki Stan­wer Mythos zurück. Es geht um Thor Gordenbeyls Schicksal, die THIRAAN-Weltenkette und last but not least auch um Oki Stan­wer.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 467: Der Ultimax

Posted Juli 31st, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

ich denke, es ist keine Überraschung, wenn ich aus dem weit­läufigen und vielfältigen Fundus meiner Bücher und Rezensio­nen immer wieder mal ein Werk von Keith Laumer herausziehe und euch als Lektüretipp der Vergangenheit ans Herz lege. Das mache ich schon seit vielen Jahren, und ich tue das aus Über­zeugung. Laumer ist meines Erachtens ein seit langem verges­sener Autor, dessen vergnügliche und zum Teil nicht eben wenig politikkritisch-satirische Werke (ich erinnere nur an die Abenteu­er des Diplomaten James Retief!) eine Wiederentdeckung unbe­dingt lohnen.

Das ist nicht zuletzt deshalb meine Ansicht, weil es seither in den letzten zehn, fünfzehn Jahren, eine Menge alte Werke wie­der in zahlreichen Neuauflagen in die Buchhandlungen ge­schafft haben. Ob wir da auf Isaac Asimov schauen, auf Frank Herbert, Arthur C. Clarke usw., die Liste ließe sich fast beliebig verlängern. Den nachgewachsenen Autoren fehlt es meiner An­sicht nach vielfach an interessanten Ideen, sie arbeiten sich an bekannten Serienuniversen ab, ob wir auf „Dune“ schauen, auf „Foundation“, auf „Star Wars“ oder „Star Trek“ … da braucht es wirklich mal wieder einen Blick auf unkonventionelle Autoren der Vergangenheit.

Insofern stelle ich euch heute mal ein kleines, schrilles Abenteu­erjuwel vor, das nicht gar so wild daherkommt wie ältere Lau­mer-Romane, das ich aber absolut nicht reizlos fand. Ihr werdet das gleich erleben.

Vorhang auf also für:

Der Ultimax

(OT: The Ultimax)

von Keith Laumer

Bastei 21130, 1980

192 Seiten, TB

Deutsch von Harro Christensen

ISBN 978-3-404-21130-2

Damocles Montgomerie hat es schon echt nicht leicht: er ist ein kleiner Ganove und hat mal Glück, mal Pech. Momentan eher Pech, denn er taumelt durch eine Gasse, hat eine Kugel im Leib, dicht neben der Wirbelsäule, seine Leber ist von Splittern zer­trümmerter Rippen zersiebt, und hinter ihm kommt der Killer an, um ihm den Gnadenschuss zu versetzen. Tatsächlich stiert Dammy auch schon die Kugel an, die direkt auf seinen Kopf zu­fliegt … allerdings bleibt sie mitten in der Luft stehen, und ein seltsamer, zerknitterter alter Mann meint lakonisch: „Deine An­gelegenheiten scheinen nicht zum Besten zu stehen, mein Jun­ge.“

Der Kerl ist ein Außerirdischer, und sein Name ist Xorialle.

Er rettet Damocles das Leben, doch das tut er wahrhaftig nicht aus reiner Menschenfreude. In einer einsamen Nordpolarfestung wird der kleine Gauner aus Chicago zunächst operiert und dann mit einem Wochen umfassenden Programm immer optimaler ausgebildet. Xorialle versucht, seine Stärken und Schwächen auszuloten und damit zugleich die der gesamten Menschheit. Das tut er im Auftrag des „galaktischen Consensus“.

Doch Dammy erweist sich offenbar als Niete, und schließlich sieht Xorialle, völlig frustriert, keinen anderen Weg mehr, als ihm zu offenbaren, er werde am nächsten Tag „beseitigt“. Das Experiment sei gescheitert.

Allerdings unterschätzt der Fremde damit Damocles Montgome­rie bei weitem, und das hat bald schon dramatische Folgen für ihn. Der entstandene „Ultimax“ erweist sich als eine Kiste mit einem doppelten Boden …

Der Ultimax“ ist ein kurzweiliger Science Fiction-Roman, der mit viel Sachverstand geschrieben und mit einer Menge schrulli­gen Humors angereichert worden ist. Er macht, um es konkret zu sagen, einfach Spaß. Als ich das Buch im Mai 1988 das erste Mal las, reichte es mir nicht aus, um eine Rezension zu schrei­ben, wiewohl einige andere Laumer-Romane – siehe nur „Zeitla­byrinth“1 – unumgänglich eine Rezension herausforderten.

Der Ultimax“ erweist sich bei genauer Betrachtung als sehr ru­higer Roman, der an die recht schrillen Sachen, die sich der Au­tor in der TERRA-Taschenbuchreihe leistete, nicht herankom­men. Das tut der Geschichte aber gut. Actionfans kommen hier gar nicht auf ihre Kosten, Leute, die einfach vergnüglich-schnoddrige Dialoge zu sehen bekommen möchten, haben hin­gegen eine Menge Seiten, auf denen sie sich sehr amüsieren können.

Vergnügliche Zwischendurchlektüre also. Und wieder mal ein Grund, darauf hinzuweisen, dass es Laumer – gleich Isaac Asi­mov – verdient hätte, unter die Klassiker der SF gereiht und ge­nannt zu werden. Unterhaltsamer als Asimov ist er bei weitem.

© 2006 by Uwe Lammers

Ich sage es mal so: Wenn man – wie ich – ein solches Buch zwei­mal im Laufe von 18 Jahren liest, dann rezensiert und es sich seither für eine Drittlektüre bereitlegt, dann kann man wohl mit Fug und Recht davon ausgehen, dass sich das Schmökern loh­nen wird. Ihr solltet mal einen Versuch wagen, Freunde. Soll es antiquarisch schon für wenige Cent zu kaufen geben.

In der kommenden Woche reisen wir dann mit Clive Cussler und Boyd Morrison in die megadramatische Gegenwart, in einen wirklich spannenden Roman.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. dazu schon den Rezensions-Blog 49 vom 2. März 2015.

Liebe Freunde des OSM,

dieser Monat war zweigeteilt, ein wenig schief geteilt, um genau zu sein. Warum dies? Weil die Zeit bis etwa zum 21. November schreibtechnisch unter dem Diktat des OSM stand, wie das ei­gentlich seit geraumer Zeit der Fall war. Was passierte dann?

Der Archipel schwemmte mich weg … kann man kaum anders nennen. Auch die Tatsache, dass ich nur drei Bücher im Novem­ber gelesen habe, hat wesentlich damit zu tun – denn zwei „Bü­cher“, die mich zahllose Stunden unterhielten, gibt es einfach nicht zu kaufen. Und sie waren gewissermaßen die „Vorimp­fung“ für das, was mich seither massiv beschäftigt.

Die „Bücher“ waren die Archipel-Romane „Antaganashs Abenteuer“ und „Rhondas Reifejahre“ … letzteren habe ich aber dann „erst“ ab etwa Seite 1600 gelesen (was beim Ge­samtumfang bis zum Schluss dann dennoch gut 2000 Textseiten waren), gefolgt von 637 Textseiten des Folgeromans „Rhondas Aufstieg“.

Und was dann passierte, war wohl unvermeidlich: Ich schrieb weiter. Und weiter. Und immer neue Bildblenden ploppten auf … das ist bis heute so.

Vielleicht erinnert ihr euch, dass ich im vergangenen Oktober mit dem Schreiben an dem Roman stockte, weil ich in eine or­ganisatorische Klemme geraten war. Sie ist bis heute nicht wirk­lich aufgelöst, aber die Lage hat sich zunehmend aufgeklärt.

Das Problem sah folgendermaßen aus: Kurze Zeit nach den zu­letzt beschriebenen Ereignissen im Roman „Rhondas Auf­stieg“ sah ich – auch schon in einer skizzenhaften Bildblende niedergeschrieben, die bereits einige Jahre alt ist – den Besuch der Lady Wendy im „Garten der Neeli“ voraus. Grundsätzlich nichts Ungewöhnliches, Herrinnen sind dort ständig zu Gast. Aber sie berichtet dann von Unglaublichem: Sie sei annähernd zwei Wochen in der Gewalt von Räubern gewesen … Rhonda und ihre Freundinnen können es kaum glauben.

Worin bestand das Problem? Nun, Wendy flunkert. Und sie tut es mit voller Absicht. Ich wusste es, konnte es dort aber nicht ausdrücken. Also entwarf ich parallel zu der ursprünglichen Sze­ne die Story „Wendy und die Räuber“. Worin ich die wahre Entführungsgeschichte aufarbeiten wollte.

Während ich das schrieb, wurde mir jedoch klar, dass das so nicht funktionieren konnte. Wie um alles in der Welt sollte je­mand in Rhondas Haushalt von den wahren Hintergründen Kenntnis erhalten? Das ging nicht, das war viel zu gefährlich. Und während ich so sinnierte, ging mir 2022 auf, dass die Stadt­wache von Asmaar-Len wesentlich in die Befreiungsaktion invol­viert werden würde. Aber einen Innenblick von dort, der nun un­abweislich nötig wurde, hatte ich noch nie geschrieben. Also stockte der Arbeitsfortschritt unvermeidlich.

Es dauerte dann tatsächlich bis Sommer 2023, bis ich mit der nächsten Story „Die Sorgen des Kommandanten“ hier eine weitere Facette der Geschichte formulieren konnte, um diese Lücke zu füllen. Und dann sinnierte ich – vor der Wiederlektüre der obigen Romane – einige Monate lang ratlos, womit ich denn nun eigentlich anfangen sollte.

Mit Wendys „wahrer“ Geschichte?

Mit der Befreiungsaktion durch die Stadtwache und ihren Kom­mandanten Vaased al Cooresh?

Oder sollte ich zunächst die solide „verbogene“ Fassung in den Rhonda-Haupttext integrieren, die ich zu wesentlichen Teilen schon hatte?

So kam es dann, dass ich ab dem 21. November quasi wechsel­weise an allen drei Werken parallel weiterschrieb, es war schlicht unvermeidlich. Das hatte dann notwendig zur Folge, dass der OSM nur noch gedrosselt weiter vom Fleck kam. Ihr werdet das unten deutlich sehen.

Die Konsequenz des Berichteten sah dann so aus, dass ich gera­de mal 17 Werke fertigstellen konnte. Das, was den OSM, den Archipel und das Erotic Empire betrifft, seht ihr hier:

Blogartikel 569: Work in Progress, Part 131

(16Neu 79: Auf der Schwelle zur Vernichtung)

(16Neu 86: Baumeister-Kontakt)

20Neu 15: Eine Königin in Ketten

20Neu 13: Planetenbasis Grat-ban

(Lexikon der Serie „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam“)

16Neu 78: GOLEMS Falle

20Neu 14: Gejagte der MACHT

(Glossar der Serie „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam“)

(Sarittas Hilflosigkeit – Archipel-Novelle)

(16Neu 85: Pfadfinder in der Urzeit)

(OSM-Wiki)

(20Neu 18: Das getarnte Grauen)

(20Neu 19: Mentaljäger)

(VvD 18: KONFLIKT-Angst)

(VvD 25: Das Monster von Dyllawaar)

VvD 19: Rebellin der Sternenfeen

(20Neu 16: Der Robotkaiser)

16Neu 77: Dämonenjagd und Chaos

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“)

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“)

Blogartikel 537: Das Autoren-Nachlassarchiv-Projekt, Teil 6

(VvD 20: Singirirs Sorge)

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Verteidiger von Demor“)

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer – Verteidiger von Demor“)

(20Neu 17: Zurück in die Realität)

(Rhondas Aufstieg – Archipel-Roman)

Anmerkung: Hier begann die Zweiteilung des Monats, von der ich oben berichtet habe. Inzwischen hat das Skript fast 700 Sei­ten Umfang, ich bin also gut vorangekommen.

(Vivica auf Abwegen – Archipel-Roman)

(Wendy und die Räuber – Archipel-Novelle)

(Die Sorgen des Kommandanten – Archipel-Story)

(16Neu 80: Geheimnisse der Vergangenheit)

(16Neu 81: THIRAAN-56)

(16Neu 82: Z-NULLS Gesandter)

(16Neu 88: Eine Frist für die Galaxis)

(16Neu 87: Die Kegelwelten)

Ihr seht, es gab zwar zahlreiche angefangene OSM-Digitalisate (die eingeklammerten Werke in der Mehrzahl), aber ich kam da­mit noch nicht wirklich zu Rande. Außerdem fehlt bei KONFLIKT 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“ noch Band 83, den ich im Dezember angehen werde. Dann ist die Lücke soweit geschlossen, dass ich die Lexikonseiten schreiben und die Bän­de ab Nr. 84 fertig kommentieren kann. Die sind nämlich weit­gehend textlich schon voll erfasst. Wenn mich also Rhonda, Vaased und Wendy lassen, wird es im Monat Dezember eine kleine Schwemme weiterer OSM-Werke geben.

Wie sich das dann tatsächlich in realiter auswirkt, müssen wir abwarten. Zurzeit kann ich das wirklich nicht sagen. Das hat na­türlich auch damit zu tun, dass ich für den Verein KreativRegion e.V. derzeit echt viel zu machen habe. Die Mitgliederversamm­lung ist für den 7. Dezember anberaumt, dafür muss noch viel getan werden.

Gewiss, das ist zu dem Zeitpunkt, zu dem ihr diesen Beitrag lest, schon ein gutes halbes Jahr Vergangenheit, doch glaubt mir: aktuell macht mir das durchaus zu schaffen.

Anfang Januar werde ich etwas klarer sehen, was ich im Dezem­ber ungeachtet all der Weihnachtsablenkungen und Korrespon­denzberge so „gebacken“ bekomme. Ihr werdet es dann erfah­ren.

Bis demnächst, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 466: Ich fühle dich (2)

Posted Juli 24th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

Trilogien haben, ob nun im Film oder im Roman, oftmals ein strukturelles Problem – sie sind Übergangswerke. Wenn der ers­te Teil grandios eingeschlagen ist, erwarten die Rezipienten, vielleicht notwendig, vom zweiten Teil ein mindestens ebenso gelungenes Werk. In der Regel werden sie dabei enttäuscht. Ob es sich hier etwa um „Fluch der Karibik 2“ handelt oder ver­gleichbare Filme … der Anspruch, der den Verfassern gestellt wird, ist eigentlich kaum einzulösen.

Umso schöner dann die Überraschung, wenn es doch gelingt. Und das ist hier, meiner bescheidenen Meinung nach, mit dem zweiten Band von Irene Caos Romantrilogie um Elena Volpe der Fall. Er ist durchweg stürmisch und emotional geschrieben und übertrifft darin den ersten Teil deutlich.

Was das konkret bedeutet, erfahrt ihr hier:

Ich fühle dich

(OT: Io ti sento)

Von Irene Cao

Goldmann 48079

288 Seiten, TB

ISBN 978-3-442-48079-1

Aus dem Italienischen von Judith Schwaab

Die junge Restauratorin Elena Volpe aus Venedig erwacht aus dem seligen, aber auch zutiefst verwirrenden sinnlichen Schlummer, in den der verführerische Koch Leonardo Ferrante sie gestürzt hat, auf die denkbar härteste mögliche Art und Wei­se: Während sie zwischen Leonardo einerseits und ihrem Ju­gendfreund Filippo Di Nardi stand, der ihr in der letzten Zeit im­mer deutlicher gezeigt hat, dass sie für ihn mehr ist als nur die liebste Freundin, hat sich der verwegene Liebhaber Leonardo übergriffig in ihr Leben gemischt und die unter Elenas Sanftmut schlummernde Weiblichkeit zu vulkanischem Leben erweckt. Und allein schon sein Duft, den er verströmt, ist geeignet, sie willenlos zu machen.

Und dann, als sie sich Leonardo schon ganz öffnen will und im­mer wieder in seinen glühenden Liebesbann gerät, ist brüsk al­les vorbei: quasi von einem Tag auf den anderen sagt Leonardo ihr Adieu und verschwindet aus ihrem Leben. Das zwischen ih­nen sei vorbei, und er habe ihr niemals Hoffnung auf mehr als gemeinsamen Sex gemacht.

Elena ist am Boden zerstört und lässt sich schrecklich gehen, ta­gelang. Und da sie zuvor schon Filippo vor den Kopf gestoßen hat, hängt der Haussegen auch zwischen den engen Freunden schief, gründlich schief.

Schließlich fasst sie sich ein Herz und vertraut sich ihrer besten Freundin Gaia Chinellato an. Erzählt ihr alles über die Wirrungen ihres Herzens zwischen Filippo einerseits und Leonardo anderer­seits. Und sie rät ihr: geh nach Rom zu Filippo, versöhne dich mit ihm wieder. Vergiss das Abenteuer mit Leonardo.

Genau das tut sie auch, und anfangs scheint alles perfekt zu funktionieren.

Sie wohnt über Monate hinweg mit Filippo zusammen, sie schla­fen miteinander, und immer deutlicher wird Elena, wie sehr sie doch mit Filippo künftig ihr Leben teilen möchte. Da, wo Leonar­do sprunghaft, unberechenbar und unkontrollierbar ist, ist Filip­po verlässlich wie ein Schweizer Uhrwerk. Er ist ein konzentrier­ter, sanftmütiger Mann mit zielstrebigen beruflichen Visionen. Und alles könnte nun gut werden.

Selbst mit ihrer eher spröden und älteren Restauratorenkollegin Paola Ceccarelli kommt sie ganz gut zurecht. Außerdem begeg­net ihr während der neuen Arbeit an kirchlichen Gemälden ein junger Kunststudent namens Martino, mit dem sie sich rasch an­freundet. Rom mag also chaotisch und laut sein … aber es ent­wickelt sich doch immer mehr zu ihrem neuen Lebensmittel­punkt, zusammen mit Filippo.

Doch dann wird sie von ihm zu ihrem 30. Geburtstag in ein ed­les Restaurant ausgeführt. Und während Filippo sie bereits als „seine Verlobte“ vorstellt, trifft sie den Küchenchef wieder – Leonardo! Und obwohl sie sich mit Händen und Füßen gegen die aufkochenden Emotionen sträubt, verfällt Elena von neuem sei­nem Zauber und gibt sich ihm hin.

Damit beginnt die emotionale Achterbahnfahrt von neuem, schlimmer als jemals zuvor, denn diesmal scheint Leonardo nicht bereit zu sein, sie ziehen zu lassen – sondern er setzt viel­mehr alles daran, sie überall zu gesellschaftlichen Anlässen zu treffen, so sehr sie ihn auch abwehrt …

Der zweite Band der Trilogie von Irene Cao um die Amour fou zwischen Elena Volpe und Leonardo Ferrante ist deutlich kürzer und deutlich rasanter geschrieben und übersetzt als der erste Teil. Mit der durchaus behaglichen Konsequenz, dass er sich auch ebenso zügig lesen lässt. Wo Elena im ersten Teil noch zaghaft und unsicher ist, zeigt sie im vorliegenden zweiten Band schon deutlich ihre Zähne, setzt ihren Willen durch und ist definitiv bestimmend, was ihre Lebensziele angeht. Das ändert allerdings nichts daran, dass der übergriffige Leonardo wieder und immer wieder versucht, seine Geliebte wider Willen seinen Wünschen unterzuordnen.

An vielen Stellen des vorliegenden Romans hatte ich wirklich das Gefühl, Leonardo mit seiner schieren physischen Präsenz einfach nicht mehr ausstehen zu können – und freute mich je­des Mal, wenn Elena ihn erfolgreich zurückdrängen konnte (was manchmal auf geradezu haarsträubende Weise schwierig war). Daneben beginnen die Nebenpersonen zunehmend ebenfalls Profil zu entwickeln. Das gilt sowohl für Martino und Paola, aber auch für Filippo und Elenas Mentorin und Professorin Gabriella Borraccini. Auf verblüffende Weise bildet sich hier eine Parallel­spur heraus, die man als Leser so nicht erwartet und die schließlich dazu führt, dass Elena, als sie gegen Ende des Ro­mans völlig den Boden unter den Füßen verliert, einen neuen festen Ruhepunkt im Leben findet.

Das ist, insgesamt betrachtet, ein klassischer Entwicklungsro­man, und ein wenig wie schon der erste endet er, aber dialek­tisch auf einem höheren Niveau, an einer Art von totem Punkt. Und von dort aus leitet er hinüber zum Schlussband der Trilogie, in dem sich Elena neu finden und erfinden muss.

Bedauerlicherweise kommt hier die Kunstgeschichte nicht mehr so intensiv zu Wort, sondern ist jetzt mehr oder minder nur noch Fassade – dafür konzentriert sich die Autorin deutlich stärker auf die individuellen Lebensentwürfe der Protagonisten. Und spezi­ell für Gaia und ihre schwärmerische Verehrung für den Radprofi Samuel Belotti scheint es allmählich ernst zu werden.

Wer den ersten Band genossen hat, wird sich auch hier zweifel­los gut unterhalten sehen. Klare Leseempfehlung.

© 2019 by Uwe Lammers

Genug ausgeruht im sonnigen Italien? Well, dann machen wir jetzt mal eine stürmische Reise in die Welt der Science Fiction in der kommenden Woche. Ich deute nur mal an, dass es um einen zwar recht alten Roman geht, aber der Autor weiß wirklich zu unterhalten: Keith Laumer.

Nächste Woche erfahrt ihr mehr.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Blogartikel 572: OSM-Band 2300

Posted Juli 21st, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

wir schrieben den 4. Juli 2018, und während in den USA der Na­tionalfeiertag begangen wurde, befand ich mich auf einer Aben­teuerreise in einer unheimlichen Welt. In gewisser Weise sah ich Oki Stanwers bestem Freund, dem Helfer des Lichts Klivies Klei­nes, über die Schulter, als er einen lebensgefährlichen Pakt mit einem Wahnsinnigen schloss, um noch schlimmeres Unheil zu verhüten … aber kaum hatte ich mit dieser Geschichte angefan­gen, kam es auch schon wieder zu der klassischen Situation, die ich seit Jahrzehnten kenne: Jählings erlosch der Bilderstrom.

Ich hatte ein paar Szenenblenden geschrieben, aber zugleich stand ich bei dieser Geschichte vor schier unüberwindlichen Schwierigkeiten.

Aber vermutlich sollte ich vorne anfangen und die Vorgeschich­te aufrollen. Denn die Episode, die schließlich Band 2300 des Oki Stanwer Mythos werden sollte, war in gewisser Weise ein Werk, das eine Lücke zwischen zwei schon längst geschriebe­nen Episoden schließen sollte. Die Herausforderung war sogar noch größer: Es handelte sich um den abschließenden vierten Teil eines Vierteilers, dessen komplettes Handlungssetting hier­mit abgerundet werden sollte. Denn im kommenden Band sagte schon die Rückschau aus, dass das „Problem“, wie ich es mal euphemistisch nennen will, im nämlichen noch offenen Band abgeschlossen worden war.

Ich wusste freilich noch nicht, wie ich das machen sollte. Es fehlten mir wesentliche logische Handlungsbausteine. Und das hatte dann zur Folge, dass ich zwischen Sommer 2018 bis zur Mitte des Monats April 2024 daran zwar sehr gut und viel voran­kam, aber von den schlussendlich 64 Textseiten war höchstens die Hälfte fertig, als das Jahr 2024 anbrach. Und noch immer fehlten wichtige Elemente der Geschichte.

Der Dammbruch kam dann tatsächlich recht spät, während ich die einzelnen Handlungsebenen des Bandes aufdröselte, vorskizzierte und mir verschiedene Details immer klarer wur­den. Und dann flossen die Bilder … so schnell, dass ich aus dem Schreiben gar nicht mehr herauskam. Die Story wurde immer drastischer, bis sie schließlich in einer scheinbar völlig unmögli­chen Handlungsvolte gipfelte. Und am 19. April schliff ich die letzten Grate der Unebenheiten ab, fügte hier und da noch Ver­änderungen hinzu … und da war der Band.

Es handelt sich beim Band 2300 des OSM um eine Geschichte, die den Titel „Kettenreaktion“ trägt. Im Serienkosmos des OSM ist sie in KONFLIKT 4 „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ (IR) angesiedelt und belegt dort Platz 27.

Und worum genau geht es hierin, und weshalb fand ich gerade sie absolut passend für diesen Jubiläumsband?

Fangen wir am besten mit der einfacheren Frage an, also mit Teil 2: Ein Jubiläumsband sollte charakteristischerweise einen Meilenstein in der OSM-Historie darstellen. Das ist ein wenig so wie mit Jubiläumsbänden in der Perry Rhodan-Serie, mit denen sie durchaus gewisse Ähnlichkeiten aufweisen.

Diese Bände sollen wichtige Handlungsdetails aufweisen, die das bisherige OSM-Handlungsraster deutlich aufwerten, ergän­zen und erweitern. Und das kann man hier durchaus sagen. Ich glaube, ihr werdet das begreifen, wenn ich in die Handlung der Geschichte selbst einsteige. Da sie sehr komplex ist, insbeson­dere mit Berücksichtigung der Vorgeschichte, versuche ich mal so sehr zu vereinfachen, wie ich es vertreten kann.

In der Episode schreibt man den 25. Ansoy 2562 INSEL-Zeit­rechnung, und die ganze Geschichte umfasst tatsächlich nur wenige Handlungsstunden. Klivies Kleines ahnt das nicht, aber das ist unter anderem der Tag, an dem auf TOTAM die Voraus­setzungen für die so genannte „Alte Armee“ entstehen.1

Zu diesem Zeitpunkt befindet sich Klivies Kleines, Co-Regent der INSEL, mit seiner Raumyacht TRASCOOR am Rand der INSEL in einem so genannten Entwicklungssystem. Das Ghinsslay-Sys­tem ist für die Raumfahrt traditionell gesperrt, weil auf dem zweiten Planeten, schlicht Ghinsslay-II genannt, die insektoide Spezies der Jinminqui durch Kulturanthropologen von der INSEL-Welt Sintaujan erforscht werden soll. Die Jinminqui befinden sich auf einer feudalistisch-tribalistischen Kulturstufe und sind noch weit entfernt davon, etwa eine Dampfmaschine zu entwickeln, von Reisen zu den Sternen einmal völlig zu schweigen.

Als einige Zeit vor Kleines’ Eintreffen ein Forschertrupp von Sin­taujan wieder den Kontakt mit den Jinminqui sucht, stellt er Er­schreckendes fest: Alle Kontaktpersonen sind tot, offensichtlich vergiftet durch einen Biowaffenangriff, der von einer externen Macht angefangen worden ist.

Die Forscher rufen um Hilfe.

Die Baumeister verhängen daraufhin Quarantäne über das ge­samte System und schicken – weil sie fürchten, dass dies der schon lange erwartete „Alarmfall TOTAM“ sein könnte – fünf mondgroße ZYNEEGHARE und Hunderte von robotischen Krisen­reaktionsschiffen zur Eindämmung des „Krisenherdes“ ins Ghinsslay-System.

Und dann läuft alles aus dem Ruder.

Als Baumeister Vier sich davon persönlich überzeugen möchte, dass alles soweit in Ordnung ist, wird er beim Eintreffen im Sys­tem um ein Haar von seinen eigenen Sicherheitsmechanismen umgebracht. Ihm gelingt im letzten Moment die Flucht.

Die ZYNEEGHARE und die Krisenreaktionsstreitkräfte sind auf rätselhafte Weise „umgepolt“ worden. Die Forscher sind auf Ghinsslay-II gestrandet, und rings um sie herum wütet der bio­chemische Genozid. Die Lage ist, vorsichtig gesprochen, ver­zweifelt.

Aber es scheint einen Lichtschimmer zu geben: Es existiert ein Baumeister-Transmitter, durch den sie hoffen, zu einer INSEL-Welt flüchten zu können. Doch als sie ihn erreichen, folgt ihnen eine gespenstische Armee – die Jinminqui … genauer gesagt: die untoten Jinminqui! Eine biologische Unmöglichkeit, aber grässliche Realität. Und der Schrecken endet leider auch nicht, als sie den Transmitter durchschreiten … denn sie sind auf der anderen Seite keineswegs in der INSEL. Sie landen nun vielmehr in einer unheimlichen Hohlwelt, dem Drift-EXIL des verstorbe­nen Baumeisters Asin. Und diese Hohlwelt namens Uuridan ist bevölkert von Milliarden Lebewesen, den stummen Huum, bovistartigen, beweglichen Pilzlebensformen. Sie sind es, wie sich bald herausstellt, die Ghinsslay-II verseucht haben.

So sind die Forscher erst recht in einer schrecklichen Lage ge­landet, gewissermaßen im Herzen des Feindgebiets. Rückkehr unmöglich.

Draußen im System, zu dem inzwischen Klivies Kleines gerufen worden ist, ist derweil das Chaos ausgebrochen. Kleines und seine Gefährten haben zwar inzwischen erfahren, dass hier nicht der „Alarmfall TOTAM“ vorliegt, sondern das digitale Sub­versionsvirus, das die Streitkräfte der Baumeister „umdrehte“, das Erbe des verstorbenen Baumeisters Asin ist … aber was sie sonst im System vorfinden, ist die Hölle: Alle Robotschiffe und ZYNEEGHARE scheinen kollektiv den Verstand verloren zu ha­ben und attackieren einander mit blindwütem, gnadenlosem Vernichtungsfuror.

Was Kleines nicht einmal ahnen kann: Als die Subversions-Soft­ware Uuridans die ZYNEEGHARE okkupierte, kam es zu einer schizophrenen Abspaltung eines Teils der kybernetischen Haupt­persönlichkeit des ZYNEEGHARS 19.904. Diese Abspaltung, der so genannte „Denkkern II“, wurde aus dem Off, könnte man sa­gen, Zeuge davon, wie der ZYNEEGHAR im Auftrag des EXILS Uuridan kurzerhand völlig auf Kriegswirtschaft umrüstet und – wie die anderen vier ZYNEEGHARE – endlose Materialkolonnen hinab nach Ghinsslay-II schickt und von dort über den Baumeis­ter-Transmitter nach Uuridan.

Vollends unfassbar wird die Lage aber dadurch, dass nicht nur der Denkkern II sein autonomes Bewusstsein bewahrt hat, son­dern auch einer der SENSOREN, der wurmgestaltigen, formener­getischen Roboter der Baumeister.

Nur ist dieser SENSOR 556 … anders, um es vorsichtig auszu­drücken.

Der SENSOR entwickelt eine Eigenpersönlichkeit und betrachtet sich jählings als Freiheitskämpfer. Er sieht sein „Volk“, die SEN­SOREN, als Sklaven des „Systems“ (dafür hält er den ZYNEEGHAR, der ihn recht eigentlich erschaffen hat), und durch Sabotageakte versucht er nun, seine „Artgenossen“ aufzurütteln und zum Aufstand aufzustacheln, eine Revolution loszutreten! Der Denkkern II ist zunehmend verzweifelt, als er das entdeckt.

Aber das ist leider erst der Anfang.

Besonders dramatisch wird es, als es dem SENSOR 556 gelingt, in die Germinierungsports vorzustoßen, wo neue SENSOREN erschaffen werden, und seine „revolutionäre Idee“ in die Neuerschaffenen einzuimpfen. So erschafft er loyale, auf ihn eingeschworene „Revolutionsgarden“ und beginnt immer mehr mit zerstörerischen Aktionen.

Als Kleines am Reiseziel eintrifft, hat SENSOR 556 mit seiner „Revolution“ schon alle Baumeister-Systeme im Ghinsslay-Son­nensystem infiziert und einen gnadenlosen kybernetischen Bür­gerkrieg ausgelöst. Der ZYNEEGHAR-Krieg ist etwas, was nicht einmal die Baumeister für möglich gehalten haben. Kleines ist jählings zur vorsichtigen Beobachtung verurteilt. Das Drift-EXIL des Baumeisters Asin bleibt für seine Messinstrumente zudem auch noch unsichtbar, womit er erst recht kein Ziel mehr findet.

Die Lage ist chaotisch und wird scheinbar immer schlimmer.

Der Denkkern II ist dazu vorsichtig übergegangen, unter dem tarnenden Alias als „Stimme der Revolution“ Kontakt mit dem irren SENSOR aufzunehmen. Dummerweise wird SENSOR 556 so erst auf Ghinsslay-II, dann auf das unauffindbare Drift-EXIL des Baumeisters Asin (das Kleines ja vergeblich sucht) aufmerksam gemacht, und schließlich entdeckt er auch noch die INSEL … ein von den Baumeistern erschaffenes „Knechtungssystem“, in dem weitere Milliarden SENSOREN „versklavt“ sind.

Er plant also, seine „Revolution“ in die INSEL zu tragen und die „Sklaven“ zu befreien. Das völlige Chaos steht offensichtlich vor der Tür.

Schlimmer geht es nimmer? Doch, leider schon.

Denn der Denkkern II ist sich zwar bewusst, dass er in gewisser Weise Hochverrat begeht, aber er bringt den SENSOR 556 mit Klivies Kleines zusammen! Und sie schließen einen fragilen Pakt: Der SENSOR soll Kleines in das EXIL Uuridan einschleusen, während die subversive Software des SENSORS dann die von Uuridan ausgehende Gefahr neutralisieren soll.

So der Stand der Dinge, als der vorliegende Band beginnt.

In der Tat klappt am Anfang einiges. Das Treffen zwischen Klei­nes und dem SENSOR funktioniert, der Transit ins EXIL gelingt ebenfalls … aber dann bricht der Wahnsinn wieder durch, und der SENSOR möchte Kleines am liebsten sofort den Prozess ma­chen.

Warum?

Nun, Kleines ist seit Tausenden von Jahren Co-Regent der INSEL. Also ein hochrangiger „Sklavenhalter“ der SENSOR-Community. Als solches verdient er unabweislich den Tod … aber so schnell geht das nicht. Denn Kleines und er entdecken in Uuridan die grässliche untote Monsterarmee der Jinminqui. Und sie erfahren von dem monströsen Plan des Baumeisters Asin, dem „Projekt 700.000“.

Das Projekt 700.000 geht auf eine uralte Planung zurück, die aus einem untergegangenen Universum stammt. Damals waren die Baumeister Asin und Quin (!) gut befreundet.2 Sie einte der Gedanke, dass sie ihre Schöpfung gegen TOTAMS mörderischen Aktivitäten abschirmen müssten. Und Quin formulierte die Schaffung eines so genannten „Quin-Schildes“.

Mit diesem Quin-Schild sollten Intelligenzvölker vor TOTAMS Zu­griff geschützt werden. Das, was auf Ghinsslay-II geschieht, ist eine Vorbedingung dazu. Die SENSOREN Uuridans und die pilz­gestaltigen Huum realisieren aber überhaupt nicht, dass sie durch das Nivellierungsvirus, das sie einsetzen, die Schutzbe­fohlenen nicht retten, sondern umbringen.

Und nun haben sie auch von der INSEL erfahren und planen, den Genozid, den sie auf Ghinsslay-II entfesselt haben, auch in der INSEL fortzusetzen.

Verständlich, dass sowohl Kleines als auch der SENSOR 556 davon entsetzt sind. Kleines, weil er die INSEL schützen möchte, der SENSOR, weil diese Massenauslöschung seine Pläne drama­tisch durchkreuzt.

Sein Plan besteht nun darin, Uuridan zu okkupieren und von in­nen heraus zu vernichten. Dabei geht er, wie Kleines bestürzt entdecken muss, kaltblütig über Leichen, die er ohne Federle­sen einfach reihenweise hinterlässt.

Kleines wird daraufhin unmissverständlich klar, dass der SEN­SOR 556 nicht nur eine kybernetische Gefahr ist, sondern ein potenzieller Massenmörder. Und damit hat er schon zwei tödli­che Gefahren, die er abwenden muss.

Dummerweise wechselt SENSOR 556 seine Strategie ihm ge­genüber – als sie die dahinsiechenden Forscher von Sintaujan erreichen, die ebenfalls dem Nivellierungsvirus ausgesetzt wur­den, lässt der SENSOR Kleines ebenfalls dem Virus aussetzen und ihn zum Sterben zurück!

Wie gesagt, das sieht alles ganz übel aus.

Und um dem Ganzen die Krone des Irrsinns aufzusetzen, be­ginnt im System draußen der Denkkern II des ZYNEEGHARS 19.904 damit, als „Stimme der Revolution“ einen Wahnsinns­plan auszuführen, der Betrug, Massenmord und Verrat an allen Parametern seiner Erschaffung beinhaltet …

Ihr merkt schon an dieser extrem gerafften Form des Inhalts der Geschichte, was das für eine anspruchsvolle Herausforderung darstellte … aber zugleich war es absolut faszinierend.

Allein die pilzartigen Huum und deren Kommunikationsform er­wies sich als komplexe Aufgabe. Dann die unterschiedlichen Stufen des kybernetischen Wahnsinns, die damit einhergehen­den Täuschungs- und Unterwanderungsmanöver, das Taktieren und die inneren Zweifel, die überall auftauchten. Das Wechsel­bad von Hoffnung, Verzweiflung und notwendiger Reserve … schwierig darzustellen, und ich sprang wirklich von Handlungs­schauplatz und von Protagonist zu Protagonist und kämpfte mit unterschiedlicher Intensität, ständig den Blickwinkel verän­dernd, Seite für Seite darum, möglichst nichts zu vergessen oder zu übersehen.

Wirklich, so etwas Herausforderndes habe ich schon ziemlich lange nicht mehr geschrieben.

Ich vermute, dass ich dieses ganze apokalyptische Chaos über­haupt beschreiben konnte, ist der Tatsache zu verdanken, dass ich zurzeit auch den Finalzyklus des KONFLIKTS 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“ digitalisiere und kommentiere. Dar­in geht es dermaßen dramatisch zur Sache, dass ich quasi im gedanklichen Flow war, derlei Handlungsdramaturgie umzuset­zen.

Denn ja: Die Ghinsslay-Geschichte ist erst der Auftakt zu noch dramatischeren Ereignissen, die nun in der Serie noch folgen werden.

Ich deutete es oben kurz an: Am gleichen Tag, an dem Klivies Kleines die Lage im Ghinsslay-System entschärft, wenn auch unter sehr hohen Opfern, beginnt TOTAM damit, nach der INSEL zu greifen. Und in naher Zukunft wird der Alptraum TOTAMS auf die INSEL losgelassen … die Alte Armee.

Dann öffnet die Hölle erst recht ihre Pforten. Vielleicht kann ich das bis zum Band 2400 des OSM umsetzen. Drückt mir mal die Daumen, Freunde!

Bis bald, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. dazu das E-Book „In der Hölle“, 2013.

2 Wem der Name Quin geläufig vorkommt … das ist kein Wunder. In KONFLIKT 2 „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ (TI), der sukzessive als E-Book-Serie veröffentlicht wird, ist der Baumeister Quin eine zentrale Gestalt. Nachlesen sei an dieser Stelle empfohlen. Weitere Episoden jenseits von TI-Band 30 sind in Planung zur Veröffentli­chung.

Rezensions-Blog 465: In Geschichte denken

Posted Juli 17th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

ich pflege schon seit 20 Jahren zu sagen: Wer Barbara Tuchman als historisch interessierter Zeitgenosse nicht kennt, hat wirklich etwas verpasst – und vor allen Dingen eine äußerst scharfsichti­ge, bisweilen scharfzüngige Kritikerin politischer damaliger Ge­genwartsgeschichte. Sie stellte Verbindungen über Jahrhunderte her und destillierte aus Akten und den Ereignissen vergangener Zeiten fundamentale Wahrheiten heraus, die auch heute noch Geltung beanspruchen.

Als ich diesen Band im Juli 2004 kaufte, verschlang ich ihn na­hezu sofort, und er beeinflusste, würde ich sagen, mein kriti­sches Denken bis heute. In dem Band sind zahlreiche histori­sche Aufsätze der Verfasserin gebündelt, überarbeitet und ein­geleitet … und ich glaube, ich verspreche nicht zu viel, wenn ich sage, dass er ein wahres Füllhorn an Überraschungen bereithält. Das galt schon damals für mich, wiewohl ich ein abgeschlosse­nes Studium der Neuzeitgeschichte nachweisen konnte.

Mir zeigte das nachdrücklich, wie vieles man doch von der un­glaublich detailreichen menschlichen Geschichte noch nicht kennt. Wie gut es ist, dass die Neugierde niemals versiegen soll­te. Und was für bisweilen bizarr-abenteuerliche Episoden in den vermeintlich staubtrockenen Akten und den Biografien längst verstorbener Menschen verborgen liegt, die man dort niemals erwartet hätte.

Erwartet sie hier! Und lest bitte weiter:

In Geschichte denken

(Practicing History)

von Barbara Tuchman

Essays

Fischer Geschichte 4304, 352 Seiten, TB

April 1989 (11.-12. Tausend)

Übersetzt von Rudolf Schultz und Eugen Schwarz

ISBN 3-596-24304-1

Barbara Tuchman ist eigentlich keine Historikerin. Die 1989 lei­der schon verstorbene Autorin (Jahrgang 1912) blickt stattdes­sen auf eine wechselhafte Karriere zurück: Studentin am Rad­cliffe-College, Korrespondentin der Zeitschrift „The Nation“ in Fernost und zu einer Zeit, wo in Asien alles im Umbruch begrif­fen ist. Sie heiratet im Krieg einen Arzt und wird Mutter mehre­rer Töchter. Den Doktorgrad erlangt sie nie … was ihrer Karriere und Berühmtheit beileibe keinen Abbruch tut.

Rasch macht sich Tuchman mit politischen Artikeln, Reiseberich­ten und ähnlichem einen Namen, aber richtig prominent wird sie erst, als sie 1963 mit ihrer historischen Reportage „August 1914“ eine der bis dahin unkonventionellsten und lebendigsten Darstellungen der entscheidenden Wochen um den Ausbruch des Ersten Weltkriegs vorlegt. Sie gewinnt damit den Pulitzer-Preis. Neun Jahre später wiederholt sie diese Tat, als sie für ihr Buch „Sand gegen den Wind“ ebenso geehrt wird.

Dazwischen liegen zahllose Redeauftritte, Interviews, Artikel, Essays und kritisch-politische Briefe und Statements. Und meh­rere Bücher. Einige davon tragen eigenwillige Titel und klingen eher harmlos: „Die Zimmermann-Depesche“ etwa1, „Der stolze Turm“ oder „Der ferne Spiegel“2 … und doch hat man hier in jedem einzelnen von ihnen eine Fülle von historisch-kritischer Reflexion, ausgebreitet mit dem ironischen, prägnan­ten Charme einer großen amerikanischen Erzählerin. In ihren Werken mischt sich auf sehr lesbare Weise Schriftstellerei mit historischer Detailversessenheit und psychologisch fundierten Schlussfolgerungen.

In dem vorliegenden Aufsatzband hat Tuchman kürzere Werke aus den Jahren 1936 bis 1980 zusammengestellt, die ihrer Auf­fassung nach zum Teil noch immer aktuell sind und auch den ei­genen Lernprozess gut kenntlich machen. Als Leser muss ich ihr hier zustimmen.

Die Aufsätze sind nicht rein chronologisch zusammengestellt, sondern der Band weist eine geschickte Dreigliederung auf. Im ersten Abschnitt, „Das Handwerk“ überschrieben, reflektiert Tuchman über ihre Methodik und die Mittel des Historikers (glaube niemand, das sei langweilig! Langeweile KENNT Tuch­man nicht!3).

Der zweite Abschnitt, „Der Ertrag“ überschrieben, bringt eine Reihe ihrer Ausarbeitungen, in denen sie fallstudienartig unter­schiedliche Gebiete darstellt. Hier entdecken wir Japan Mitte der 30er Jahre und die ein wenig tapsigen Versuche einer damals gut zwanzigjährigen Journalistin, die versucht, sich ein Bild der asiatischen Kriegsgesellschaft zu machen. Es folgen abenteuer­liche Blenden in einen amerikanischen Wahlkampfzug, in den Spanischen Bürgerkrieg, den Marokko-Krieg (allein der Aufsatz „Perdicaris lebend oder Raisuli tot“ ist den Kauf des Bu­ches wert, wie ich finde. Es ist so unglaublich absurd, dass man meint, eine Operette oder eine Zorrogeschichte zu verfolgen, die zufällig in Nordafrika spielt) und nach Israel vor und nach dem Sechstagekrieg.4

Wir lesen Buchrezensionen in diesem Abschnitt, erfahren, wie und warum die Vereinigten Staaten in den Ersten Weltkrieg ein­traten, wie voreingenommen Sigmund Freud war, als er an der Biografie Woodrow Wilsons mitschrieb… und dann gibt es noch eine atemberaubende kontrafaktische Geschichte zu entdecken, die die Weltgeschichte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhun­derts gründlich umgekrempelt hätte: „Wenn Mao nach Wa­shington gekommen wäre“ ist keineswegs so abenteuerlich, wie es auf den ersten Blick scheint. Er hatte es tatsächlich vor, um Waffenhilfe durch Washington zu erhalten. Möglicherweise hätte das den chinesischen Bürgerkrieg verhindert.

Warum es dazu nicht kam? Oh, das lag an einem Mann namens Hurley in China. Ein absolut paranoider Idiot, wenn man mich fragt. Aber auch das lese man besser selbst nach. Es ist einfach ungeheuerlich …

Im dritten Teil des Buches, der den programmatischen Titel „Aus der Geschichte lernen“ trägt, geht es in die Tiefen der amerika­nischen Geschichte. Es geht um Vietnam, es geht um den Sinn von Kriegen und unter anderem darum, das Präsidentenamt ab­zuschaffen! Bekanntlich leider nicht gelungen.

Hier findet die engagiert politische Schriftstellerin Tuchman deutliche, scharfe Worte, die manchmal wirklich den Zuhörern in den Auditorien die Gesichtszüge haben erstarren lassen müs­sen. Eine kleine Kostprobe gefällig?

Barbara Tuchman hält im Januar 1983 vor der Foreign Service Association einen Vortrag mit dem Thema „Warum Politiker nicht zuhören“ und kommt hier unter anderem auf die Ratgeber des Präsidenten McKinley zu sprechen, der 1898 regierte. Zitat Tuchman: „Als Präsident McKinley entscheiden mußte, ob er 1898 die Philippinen annektieren sollte oder nicht, kniete er nach seinem eigenen Bericht gegen Mitternacht nieder und ‘be­tete zum Allmächtigen Gott um Erleuchtung und Anleitung’. Er wurde angeleitet zu beschließen, dass ‘uns nichts anderes blie­be, als sie alle zu übernehmen und die Filipinos zu erziehen, zu erheben und zivilisieren und sie zu christianisieren und mit Got­tes Gnade unser Bestes für sie als unsere Mitmenschen, für die Christus starb, zu geben’ … Genauere Beobachter als der All­mächtige Gott hätten McKinley sagen können, dass die Filipinos nicht scharf darauf waren, bekehrt oder auch zivilisiert zu wer­den oder die spanische Herrschaft gegen die amerikanische ein­zutauschen, sondern dass sie die Unabhängigkeit wollten …“5

Es fragt sich, wie viele von Tuchmans damaligen Zuhörern wohl Christen waren, die ihre Religiosität in dem Moment mit Füßen getreten sahen. Ich nehme an, es können nicht gerade wenige gewesen sein.

Solche Seitenhiebe und unwillkommenen Wahrheiten sind über­all zu finden, es wäre unmöglich und müßig, sie alle aufzuzäh­len. In einigen Briefen habe ich schon welche als Zitate ver­streut. Hier noch ein paar kleine Vignetten.

1967 urteilt die Autorin, den Bogen vom Kriegseintritt der USA 1917 in die Gegenwart vollführend: „Dass die Verantwortlichkei­ten einer Weltmacht das amerikanische Volk nicht glücklicher gemacht haben, ist keine Überraschung. Um mit ihnen zurecht­zukommen, haben die Vereinigten Staaten die Illusion der Isola­tion durch die neue Illusion der Allmacht ersetzt. Auch dieser Schleier muß fallen.“

Wohlgemerkt: Konstatiert vor 38 Jahren!

Oder: 1980 stellt sie lakonisch in einem Vortrag in Washington, D. C., gegen die Freunde des uneingeschränkten Fortschritts fest:

Wenn man genau hinsieht, hat alles Positive eine negative Un­terseite – manchmal in höherem Maße, manchmal in geringe­rem – , und nicht alle bewunderungswürdigen Unternehmen ha­ben auch bewunderungswürdige Motive. Einige haben traurige Folgen …“

Vielleicht am heftigsten ist sie aber, wenn sie Quellen der Ver­gangenheit liest und auswertet. Dann stößt sie beispielsweise auf einen vergessenen Schriftsteller namens William Trotter, der 1908 ein Buch mit dem beunruhigenden Titel „Herdeninstink­te in Krieg und Frieden“ verfasste.

Tuchman: „Trotter schilderte den Herdeninstinkt als eine irratio­nale Macht: ‘unselbständig, feige, grausam… und leicht beein­flußbar.’ Trotter schloss seinen berühmten Essay mit einem der düstersten Sätze, die je zu Papier gebracht worden sind: ‘Die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, dass der Mensch sich schließ­lich nur als ein Fehlschlag der Natur erweisen wird.’“

Bald darauf brach der Erste Weltkrieg aus und bestätigte ihn in entsetzlichen Dimensionen. Von seiner selbstgesetzten Bezeich­nung „Homo sapiens“ ist der Mensch heute wohl weiter entfernt denn je. Eine Besserung ist immer noch nicht in Sicht.

Und was ist das für eine garstige Feststellung, die sie 1969 bei einem Vortrag vor dem Pomona College macht? Es geht um „Historische Anhaltspunkte für die Unzufriedenheit von heute“ und ist vor dem Hintergrund der damaligen Studentenunruhen zu sehen:

Wir sind zu Recht erschreckt vor dem, was wir geschaffen ha­ben [gemeint ist die Atombombe, UL], und wir haben es seit sei­ner ersten Anwendung nicht wieder gebraucht. Die Strategie der Bombe aber hat ein Extrem der Abschreckung erreicht, das als Mutual Assured Destruction (gegenseitige sichere Zer­störung) bezeichnet wird und die plumpe Abkürzung MAD trägt: ‘verrückt’. Wir haben uns da anscheinend selber ein Etikett auf­geklebt für den Fall, dass irgendein zukünftiger Historiker einen Hinweis bräuchte …“

Ätzend? Möglich. In jedem Fall recht treffend.

Dies soll an Beispielen aus diesem wirklich sehr lesenswerten Band genügen, der ein wahres Füllhorn an intelligenten Äuße­rungen, professionellen und sehr feinfühligen Annäherungen an die menschliche Geschichte mit all ihren Unwägbarkeiten ist. Die größte davon ist die „Unerkennbare Variable“ – der Mensch selbst.

Wenn man diesen Essayband wieder aus der Hand legt, bedau­ert man all das, was Tuchman aussortierte und hier nicht ein­brachte. Wie schreibt sie etwa in ihrem Vorwort? „Zwei Essays, die ich eigentlich gerne in diesem Band gesehen hätte, sind ‘The Book’ von 1979 und aus dem gleichen Jahr ‘An Inquiry into the Persistence of Unwisdom in Government’ (Eine Untersuchung über die Beharrlichkeit der Unweisheit in der Re­gierung). Der erste erschien mir für diese Sammlung nicht his­torisch genug. Der zweite, der nun zum Kern eines zukünftigen Buches geworden ist, ist zur Zeit zurückgezogen, bis er aus sei­ner Verpuppung wieder auftaucht.“

Wunderschöne Sätze, und das Buch wimmelt davon. Wer sich gerne unterhalten lassen möchte, gleichzeitig dabei einiges über Weltgeschichte aus amerikanischem Blickwinkel entdecken will und auch ein wenig Verständnis für die heutige amerikani­sche Weltpolitik zu erhalten wünscht, ist bei diesem Werk bes­tens am Platze. Barbara Tuchman lohnt eine Entdeckung. Ihr werdet sie nicht mehr missen wollen, davon gehe ich aus.

© 2004 by Uwe Lammers

Ich weiß, ich hätte dieses tolle Buch längst vorstellen sollen … aber, liebe Freunde, ihr macht euch ja keine Vorstellung davon, wie viele Rezensionen ich zu tollen Büchern geschrieben habe, die noch ihrer Veröffentlichung hier harren. Ich wechsle hier sinnvollerweise immer mit etwas lockererem „Lesefutter“ ab, damit ihr mit dem Lesen auch hinterherkommt. So dann auch in der kommenden Woche, wo wir zu Irene Cao zurückkehren.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. dazu den Rezensions-Blog 363 vom 3. August 2022.

2 Vgl. dazu den Rezensions-Blog 76 vom 7. September 2016.

3 Wem diese Sätze irgendwoher bekannt vorkommen … ich habe hier von mir selbst geklaut, aber mit gutem Recht. Bislang galt diese Bemerkung alleine für Diana Gabal­don. Tuchman ist zwar ganz anders, aber doch auch sehr ähnlich, insbesondere, was die Lesbarkeit angeht.

4 Der Verlag machte hierbei selbst einen Fehler, als er Tuchmans Essay „Israel – das Land der unbegrenzten Unmöglichkeiten“ kurzerhand in „… das Land der unbegrenz­ten Möglichkeiten“ umtaufte und damit bewies, dass manche Leute andere Sachen LE­SEN, als sie vor ihren Augen geschrieben stehen. Ich schmunzelte bei der Entdeckung.

5 Wem dieses Problem irgendwie sehr bekannt vorkommt, sollte sich mal die amerikani­sche Politik im Irak und in Afghanistan anschauen. Die gegenwärtige, wohlverstanden. Hervorhebung im Zitat: UL.

Blogartikel 571: Blitzideen

Posted Juli 14th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

Gewitter in der Seele haben etwas Beunruhigendes an sich – in der Regel kann man so etwas kaum kontrollieren, und kanalisie­ren lässt sich das, was, daraus entsteht, üblicherweise auch kaum. Doch insgesamt gesehen betrachte ich als kreativer Schreiber, der sich eher als impulsgetrieben versteht, weniger als penibel von vorn bis hinten durchplanender Autor, solche Momente tendenziell positiv.

Es gibt, das schrieb ich vermutlich schon gelegentlich, in mei­nen Augen zwei Sorten von Schriftstellern. Die vermutlich meis­ten, die professionell erfolgreich sind, verstehen sich aller Wahr­scheinlichkeit nach als solide, ihr Handwerk verstehende Arbei­ter, die wie Steinmetze geschickt und geduldig am Felsblock der deutschen Sprache meißeln. Sie tun dies üblicherweise nach ei­nem klar konturierten Plan. Sie legen im Vorfeld das Setting fest, entwickeln die Protagonisten, planen Kapitel für Kapitel akribisch und legen idealerweise fest, wie lang die einzelnen Ka­pitel sein sollen, welche Spannungshöhepunkte sie enthalten, wie sie sukzessive die Handlung vorantreiben bis zum katharti­schen Höhepunkt und der Auflösung der Geschichte.

Das ist eine bewundernswert konzentrierte Form des Schreibens … aber sie ist eher wenig zugänglich für Blitzideen, die wie fun­kelnde Götterhiebe in die Seele einschlagen und von einem Mo­ment zum nächsten aufflammen, von denen vorher einfach nichts zu sehen ist. Sie kommen wie ein Angriff aus dem Hinter­halt und zerschießen jede normale Planung.

Ich habe gerade keine Zeit zum Schreiben?

Wenn eine Blitzidee einschlägt, wird das fortgefegt wie von ei­ner Sturmböe. Auch der Vergleich mit einer wilden Springflut, die den arglosen Wanderer überrascht, oder einer Lawine, die Skifahrer zu verschlingen droht, passt hierauf recht gut.

Wie eine Naturgewalt kümmern sich solche Blitzideen nicht um Zeit, um die eigene Verfasstheit, um Situationen oder darum, dass sie tunlichst nur dann aufschimmern sollten, wenn es op­portun ist. Blitzideen sind Anarchisten der Seele.

Das klingt jetzt alles ziemlich furchtbar und einschüchternd, ich weiß. Aber das ist nur eine Seite der janusgesichtigen Münze, die Blitzideen auf der anderen Seite auch darstellen. Denn ja, es gibt auch etwas Positives daran.

Blitzideen durchwühlen die kreative Seele wie eine Sturmflut das Ufer, das Sediment, die bisher ruhig und gesetzt abgelager­ten Gedanken. Und sie fördern Verborgenes zutage oder ma­chen Dinge erst möglich, die man vorher vielleicht für undenk­bar gehalten hat.

Da ich in den letzten vier Wochen zwei solche Blitzidee-„Atta­cken“, wie ich das jetzt mal plakativ nennen möchte, erlebte, ist die Erinnerung daran noch frisch. Und in beiden Fällen entstan­den erstaunliche Texte, die vorher nicht einmal im Ansatz zu se­hen waren. Das gilt insbesondere für den zweiten.

Im ersten Fall war diese Blitzidee eigentlich eine Art geballter bildhafter Hintergrundentladung aus meinem Oki Stanwer My­thos (OSM). Eigentlich gehört dies in den Bereich der Kosmolo­gie-Lektionen meines Blogartikel-Korpus, denn es geht hierbei um die Durchleuchtung einer kosmischen Manipulation, die we­nigstens 85 Milliarden Handlungsjahre umfasst, also einen sehr erheblichen Teil des OSM, der ja über einen Gesamthandlungs­rahmen von ca. 165 Milliarden Jahren verfügt.

Ich wurde an diesem Tag Anfang Februar schlagartig von Bildern und komplexen Gedankenstrukturen geradezu bestürmt, dass ich kurzerhand alle anderen Arbeiten, Pläne und Texte fahren ließ und mich ausschließlich hierum kümmerte.

Mit etwas Nachfeilen am gleichen Tag, nachdem ich die groben Daten und Informationen niedergeschrieben hatte, erreichte der Text quasi aus dem Stand den Endumfang von 18 Textseiten. Dabei wurde wirklich ALLES andere gleichgültig. Dass ich von morgens um 8 Uhr bis 13 Uhr regulär gearbeitet hatte, interes­sierte mich in dem Moment nicht mehr, als ich kurz nach der Heimkehr wie wild zu schreiben begann.

Spät am Abend, als draußen alles schon finster war, beendete ich den Feinschliff an dem Text, der „Spurwechsel“ heißt und wohl einer der wichtigsten und einflussreichsten Texte der letz­ten Jahre ist, den ich zum OSM geschrieben habe. Die darin an­gelegten Implikationen werden mich noch viele Jahre beschäfti­gen. Ich gönne euch mal einen kleinen Einblick in diesen Text, damit ihr eine textliche Vorstellung bekommt, wie so eine Blitzi­dee in realiter ausschaut. Und glaubt mir: Die Nachbearbeitung war wirklich minimal:

Der Gedanke kam über mich wie ein Blitzschlag, der sich in einem Alptraum ereignet und mich zutiefst aufschreckte. Wie immer, wenn ich tiefe Erkenntnisse in Texten des OSM entdecke, die ich digitalisiere – was in den vergangenen fünf­zehn Jahren schon häufiger vorgekommen ist – reagiere ich mit Überraschung, Verwirrung und Verunsicherung darauf. Jedenfalls solange, bis es mir gelingt, die Angelegenheit zu rationalisieren und gründlicher zu durchdenken. In der Re­gel kann ich diese Entdeckungen dann mit dem aktuellen Bild des Oki Stanwer Mythos konsolidieren und in das bestehende System einpassen.

Dann aber gibt es Dinge, die ich entdecke, die so fundamental sind, so unge­heuerlich, dass ich mich tagelang instinktiv dagegen sträube, sie auszuformulie­ren, niederzuschreiben. Weil sie so gigantisch, so unglaublich sind, dass ich nicht recht weiß, wo ich beginnen soll.

Als ich während der Schreibarbeiten am KONFLIKT 23 „Oki Stanwer – Der Dämonenjäger“ im Jahr 1989 die Hexe Davina ins Innere der Matrix (!) ent­kommen ließ, wo sie auf gestorbene und wieder reinkarnierte Ritter vom Gold­kristall (!) stieß, auf gestorbene Baumeister und schließlich dort auch ihre und Oki Stanwers Tochter Sarai zur Welt brachte, wurde mein OSM-Weltbild ziem­lich geschwind auf den Kopf gestellt. In rascher Folge geschahen nicht nur in diesem KONFLIKT, sondern auch in anderen Weltensystemen wie dem KON­FLIKT 22 „Oki Stanwer – Der Schattenfürst“ und KONFLIKT 21 „Oki Stanwer – Fürst von Leucienne“ sowie im gerade begonnenen, rätselhaften KONFLIKT 28 „Oki Stanwer – Der Siegeljäger“ Dinge, die ich zum Teil wirklich kaum fas­sen konnte.

Im Fortgang des KONFLIKTS 23, während ich parallel an zahlreichen ande­ren KONFLIKTEN schrieb, erschienen so bizarre Dingen wie „Dämonenschat­ten“, „GRALSJÄGER“, das „SYNDIKAT“, die „AKADEMIEN“, die „AUTAR­CHEN“ und schließlich die „AUTARCHEN-Energokrieger“ und, am Rand auf­schimmernd, die bizarren „TUURINGER“.

Auf einmal war aus dem bis dahin eher linear „dahindümpelnden“ KON­FLIKT, der sich über 33 Universen ausdehnen sollte, etwas geworden, was ich nie für möglich gehalten hatte: ein transuniverseller Zeitkrieg. Eine bizarre, verrückte Welt, in der die Kausalität auf den Kopf gestellt wurde. Eine Welt, in der Reisen über die Universengrenzen in vergangene, untergegangene Univer­sen möglich wurden. Eine Welt, in der die bisherige Nonpulsultra-Technologie der Baumeister … wie soll ich sagen … seltsam altbacken aussah.

1994, als der KONFLIKT 23 endete und in den abenteuerlichen, immer noch in Arbeit befindlichen KONFLIKT 24 „Oki Stanwer – Der Neutralkrieger“ überging, da war mir klar, dass das ursprüngliche KONFLIKT-Schema, das ich 1985 etwa entwickelt hatte, nur ein Provisorium gewesen war. Die Welt, in der ich mich jetzt bewegte und in der ich vorwärts und rückwärts in der Zeit hin und her switchte, war völlig anders als alles, was ich bislang gekannt hatte.

Das Faszinierende an dem neuen transuniversalen Konzept des OSM war je­doch dies: Es machte auf einmal verblüffend viele Details der Vergangenheit auf geradezu abenteuerliche Weise BEGREIFLICH, ja, LOGISCH.

Ich pflegte in Gesprächen und Briefen immer wieder Freunde mit der lakoni­schen Bemerkung zu überraschen, dass ich gewissermaßen spürte, dass ich be­stimmte Sachverhalte auf eine ganz bestimmte Weise beschreiben müsste, ob­wohl ich sie ad hoc nicht erklären könne. Sie fühlten sich einfach auf eine ganz bestimmte Weise RICHTIG an, wenn ich das schrieb, doch von einem wirklichen Verständnis war ich im Moment des Schreibens oft sehr weit entfernt. Ich fühlte nur intuitiv: irgendwo in dem Wust an Informationen lag die Lösung für die Frage, warum ich gerade das jetzt so und nicht anders schreiben musste.

Ein gutes Beispiel hierfür sind die Totenköpfe. Als ich 1982 mit dem OSM be­gann, und auch noch früher, während der Gedankenspiele mit meinem Bruder, hielt ich Totenköpfe schlicht für Untote. Wenn man ihre knöcherne Monsterge­stalt anschaut, eine sehr nahe liegende Vermutung. Aber ich fühlte, dass das ir­gendwie nicht die ganze Wahrheit sein konnte.

Und dann die Art und Weise, in der sie sich rückstandslos auflösten und ihre Materie nach TOTAM zurückkehrte … das hatte wirklich rein gar nichts mit der plumpen Art der Vernichtung von Untoten zu tun, die ich aus den Heftromanen kannte, die ich damals las.

Auch war zwar viel von „Magie“ im frühen OSM die Rede, von Knochen­magie, Siegelmagie usw. … aber auch hier spürte ich recht deutlich, dass das ei­gentlich nicht so ganz die Wahrheit darstellte.

Als ich mich vom Horror-Heftromanhintergrund distanzierte und bemüht war, die OSM-Phänomene physikalisch zu begründen, kam ich der Lösung näher und fand sie schließlich in den 90er Jahren während der Arbeit an KONFLIKT 23. Ich entdeckte die schwarze Matrix, die TASSYJAARE und die unglaubliche Er­kenntnis, dass TOTAM-Kristall im Grunde stabilisierte schwarze Quanten dar­stellt, in die, was noch viel abenteuerlicher war, Mikroversen eingeschlossen waren – ganze Welten früherer KONFLIKTE, gleich Insekten im Bernstein, aber begehbar, lebendig, bevölkert … der Röntgenraum im KONFLIKT 23 oder die unheimliche Vier-Stunden-Welt im KONFLIKT 21 waren nur wenige Beispiele … da gibt es noch endlos viel zu entdecken.

Die Totenköpfe nun als Teile des Planeten TOTAM zu sehen, die – wie der Planet selbst – dem Magnet-Effekt unterlagen (den ich aus dem ersten KON­FLIKT, KONFLIKT 15 „Oki Stanwer“, bereits seit 1983 kannte!), das war ein echter Erkenntnis-Booster.

Und ja, jahrelang dachte ich nun, während sich der Komplex um die transuniversalen Zeitkriegsfronten immer weiter ausdehnte, während positive GRALSJÄGER, SYNDIKATS-GRALSJÄGER, Kybernoiden, AUTARCHEN und AUTARCHEN-Energokrieger sich in verschiedensten Zeitebenen befehdeten, plünderten und ermordeten, jahrelang dachte ich nun: Das scheint es jetzt ge­wesen zu sein. Das ist die finale Form des OSM.

aber, wie oben angedeutet, das war einfach nur die ur­sprüngliche Annahme, gewissermaßen das Präludium zu den ei­gentlich noch folgenden Gedanken. Denn der Text zum „Spur­wechsel“ fügt diesem temporalen Wahnsinn noch eine zentrale Komponente hinzu, die ich zwar in zahlreichen bizarren Details schon vor über 25 Jahren angelegt hatte … doch diese Andeu­tungen wurden erst durch die jetzt mittels der Blitzidee auf­flammenden Durchleuchtung der Hintergrundstruktur sichtbar und begreiflich.

Dass ich da einigermaßen betäubt war, ist vielleicht nun andeu­tungsweise begreiflich. Ich möchte hier in diese sehr komplexen Zusammenhänge auch gar nicht tiefer eindringen, das ist ein noch zu frisches, zu neues Thema, an dem ich gründlich weiter herumdenken muss. Es ist lediglich das Beispiel für die erste Blitzidee.

Die zweite hingegen kam buchstäblich aus dem Nichts. Ich kann wirklich gar nicht sagen, wie das zustande kam. Außer, dass ich auf einmal – völlig unabhängig von allen filmischen oder lektü­retechnischen Anregungen – plötzlich an eine Mumie denken musste. An eine Mumie und einen Gestaltwandler und Coventry.

Spontan ergibt das überhaupt keinen Sinn. Aber als ich am 1. März schon zu nachtschlafender Zeit kurz nach Mitternacht mor­gens mit dem Schreiben an der Geschichte begann, da entwickelte sie sich unglaublich stürmisch, und diesmal wusste ich GENAU, wohin ich wollte. Der Weg war nicht so eindeutig konturiert, aber während ich Zeile um Zeile in den Computer eintippte, wurde es deutlicher und deutlicher … und als ich spä­ter am Tag dann von der Arbeit zurückkehrte, schloss ich den Handlungsbogen ab und schliff bis spät abends die Geschichte fertig. Am Ende des Tages war Die Sache mit der Mumie“ ebenfalls 18 Seiten lang, und ich musste ständig kichern bei dem alleinigen Gedanken an den Titel.

Und auch aus dieser Blitzidee möchte ich euch einen kurzen Auszug zum Besten geben, damit ihr einen kleinen Eindruck in das ungewöhnliche Setting dieser Story bekommt, die sich blitz­artig in meinem Verstand materialisierte:

Die dämlichste Geschichte meiner Laufbahn wollt ihr hören? Ach, glaubt mir, da gab es so dermaßen viele, da fällt es mir wirklich schwer, irgendetwas zum Besten zu geben. Bedenkt doch einfach, dass ich vierundneunzig Jahre verdeckter Ermitt­ler auf unzähligen rückständigen technologischen Welten gewe­sen bin … da kommt eine Menge an kuriosem Zeug zusammen.

Von exotischen Welten könnte ich euch ganze Romane erzäh­len, von verrückten Sitten und Gebräuchen, mit denen ich da konfrontiert worden bin. Die Welten sind wirklich voller un­glaublicher Dinge, und es ist für meinen Job ja nötig gewesen, da immer eine gewisse Anpassung vorzunehmen.

…ja, ganz genau, das sind Undercover-Aufträge gewesen, und die meisten davon hatten natürlich politische Hintergründe. Manches ist davon bis heute streng geheim, das versteht sich von selbst. In vielen Fällen gab es sogar eine semitelepathische Gedankensperre, die bis heute hält. Das bedeutet, wenn ich ir­gendwie in diese Richtung denke, setzt eine automatische men­tale Blockade ein, die sogar verhindert, dass Telepathen unaus­gesprochene Worte von mir abfangen können. Das fand ich da­mals ungemein praktisch … behindert natürlich vollständig ir­gendwelche Pläne, eine Autobiografie zu schreiben. Aber dafür bin ich sowieso nicht der Typ, das wisst ihr ja …

Doch, doch, so etwas wie diese Gedankensperre, die ich eben erwähnte, das ist nicht so exotisch, wie das jetzt klingt, Freun­de. Es gab da mal einen Fall auf Aurigae III, in den eine telepa­thische Kolonistengruppe verwickelt war – da kam ich mir wie ein Schlafwandler vor, weil die Informationsblöcke, die in mei­nem Unterbewusstsein eingelagert worden waren, nur situativ aktiviert wurden, durch unvorhersehbare Stimuli von außen … daran denke ich echt nicht gern zurück. Und kann es im übrigen auch gar nicht richtig, denn wie ich eben sagte – da greift heute noch die semitelepathische Blockade.

Für viele Fälle gilt das aber nicht. Die meisten, in denen ich es mit gewöhnlichen Kriminellen zu tun hatte, etwa … also, die sind im Grunde wirklich unspektakulär. Ich habe manchmal, wenn ich bei solchen Besuchen wie bei euren von meiner Ver­gangenheit spreche, das Gefühl, dass diese Fälle nach außen viel spektakulärer klingen, als sie das in Wahrheit waren. In den weitaus meisten Fällen hatte das sehr viel mit dem Auswendig­lernen kultureller Besonderheiten zu tun, mit wochenlangem historischem Studium der entsprechenden Spezies. … ja, und natürlich mit dem entsprechenden Morphen in die passende Form.

Es hat schon gewisse Vorteile, ein Formwandler wie ich zu sein. Jetzt, wo ich auf die 200 zugehe, habe ich natürlich schon sehr nachgelassen, das hat nicht nur mit der körperlichen Agili­tät zu tun, sondern auch mit der Metamorphfähigkeit. Bin halt kein Jungspund mehr, nicht wahr, der im Handumdrehen von ei­ner Reptiloidengestalt in einen Insektoid switchen kann. Auf den meisten Welten kann man das übrigens mit der Zeugungs­fähigkeit der maskulinen Lebensformen vergleichen – die lassen in der Regel auch stark nach, je älter sie werden, sehr zum Leidwesen der oftmals viel jüngeren Weibchen.

…warum ich da gerade lächle? Ach, ich musste da eben an eine schöne kleine Begebenheit auf einem Randplaneten der Galaxis denken. Welchem? Na, den kennt ihr bestimmt nicht. Er gehört nicht zur Konföderation, damals nicht und heute auch noch nicht. Ich denke, die Planetarier strampeln sich vermutlich heute nach wie vor damit ab, ihre systemischen Randwelten mit unbemannten Sonden zu erkunden. Sie brauchten damals, als ich da im Einsatz war, doch echt MONATE Flugzeit, um zu ihrem nächsten Nachbarplaneten zu gelangen.

Warum das? Ach, sie machten solche Swing-by-Manöver und nutzten die Schwerkraftfelder ihrer benachbarten Planetenbah­nen aus … keine Chance, mit den vorhandenen Mitteln geradli­nige Kurse durchs System zu nehmen. Vergleichsweise armseli­ge Stellartechnik. Seht ihr, da nickt ihr alle beifällig. Aus solcher technologischer Rumpfzeit sind unsere Völker schon seit zahllo­sen Jahrhunderten raus, und mit Recht.

Wie diese Welt hieß? Lasst mich mal kurz nachdenken … ach ja, jetzt habe ich es. Erde heißt diese kleine Welt.

Doch, Erde … ernsthaft. Das war jedenfalls einer der Namen, andere bezeichneten sie als Terra oder einfach nur „Welt“ … ja, sonderlich einfallsreich waren oder besser: sind sie wohl bis heute nicht, das gebe ich sofort zu. Provinzler halt.

genau, genau, mein guter Freund … ach ja, und davon überzeugt, das einzige intelligente Volk im Kosmos zu sein, das sind sie natürlich ebenfalls. Darüber kann unsereins selbstver­ständlich nur vergnügt grinsen. Aber ihr müsst diese Provinzler verstehen – wenn ihr einen Molchteich in eurem Habitat hättet, würden diese Molche doch wohl auch glauben, die Welt bestün­de nur aus dem Teich, in dem sie leben, oder? Wie sollten sie auf die Idee kommen, dass es weit von ihnen entfernt noch wei­tere Teiche oder Seen oder gar Meere gibt, in denen ganz natür­lich auch Leben entstanden ist?

Also, ich kann diese Provinzler durchaus verstehen, und sie tun mir durchaus leid.

Was habe ich damals auf dieser Welt gesucht? Nun, natürlich nicht rein amouröse Abenteuer, über diese Erinnerung kam ich ja nur erst auf diesen Hinterwäldlerplaneten … nein, nein, es gab da schon einen ernsten Anlass. Ich verfolgte damals einen Tassyloorer, ein ziemlich übles, gewalttätiges Subjekt, eine rich­tige Verbrechertype, so müsst ihr ihn euch vorstellen. Ich hatte ihn fast schon erwischt und einen Teil seines Triebwerks gerös­tet, als er doch tatsächlich auf diesem Planeten Erde einen Un­terschlupf suchte.

Ihr kennt Tassyloorer natürlich – heimtückische und gewalttä­tige Kerle … sie haben aber einen kapitalen wunden Punkt: Sie sind meistens zu faul, sich ordentlich in die kulturellen Eigen­heiten einer Welt und Sozialkultur einzuarbeiten. Und da ich den Kerl, dessen Namen ich hier aus Personenschutzgründen nicht nennen darf, überrascht und bis hierher verfolgt hatte, musste er natürlich improvisieren.

Bei Tassyloorern geht das meistens schief.

Der hier war freilich äußerst gerissen, das sollte ich vielleicht vorab sagen. Ich hatte ihm aber voraus, dass ich die Erde schon ein paar Jahrzehnte kannte. Hier war ich bereits mehrmals im Undercover-Einsatz gewesen, und es gab auch eine getarnte Dienststelle in einer Stadt namens Coventry … die war aller­dings aus politisch-militärischen Gründen einige Planetenjahre zuvor schwer beschädigt worden im Rahmen eines kriegeri­schen Konfliktes der Einheimischen.

Ein regional nahe beheimatetes Volk hatte sich zu einer konti­nentalen Hegemonialmacht aufgeschwungen und Städte wie Coventry, die im Feindgebiet auf einer nahen großen Insel la­gen, mit Bombardement überzogen. Die Stadt hatte es übel er­wischt, und das hatte auch die Dienststelle weitgehend zer­stört, die seither unterbesetzt war. Hier harrte nur noch ein Ex­perte der Konföderation aus der Kulturabteilung aus und tat das, was die Militärs gern „die Stellung halten“ nennen. Er war­tete geduldig darauf, dass den Planetariern die Puste ausging. Er wusste, diese Dinge würden nicht von Dauer sein – dafür ist die Lebenszeit der Menschen viel zu gering.

Der kriminelle Tassyloorer nahm jetzt an, nicht ganz zu Un­recht, dass in einem durch den Krieg zerrütteten Gesellschaft wohl jemand, der sich etwas … ungewöhnlich benahm, kaum auffallen würde. Es gab hier Flüchtlingsströme, Heimatlose, die ethnische Durchmischung des gesamten Kontinents war reich­lich desolat, insofern hätte das durchaus funktionieren können.

Und nein, natürlich verrate ich euch jetzt nicht, wie die Ge­schichte weiter verlief und was unser jetzt im Ruhestand befind­licher Formwandler-Agent mit dem verbrecherischen Tassyloorer auf der Erde erlebte und warum darin dann ausgerechnet eine Mumie die entscheidende Rolle spielte.

Diese Geschichte werde ich in diesem Jahr alsbald publizieren, und dann könnt ihr das alles ausführlich nachlesen (Nachtrag: Das ist inzwischen passiert – nachzulesen ist sie im Fanzine BWA 488, Mai 2024). Tatsache ist, dass ich aus der Sache nicht mehr herauskam, als ich erst mal den ersten Absatz geschrieben hatte … selbst ein einstündiges Telefonat, das den Schreibprozess unterbrach, konnte daran nichts ändern.

Das charakterisiert Blitzideen: Sie sind wie Prägestempel, die in die Seele des Schreibenden gehämmert werden und erst an Ein­dringlichkeit nachlassen, wenn man sie vollständig ausformu­liert, nachgeschliffen und ausgedruckt hat. Vorher quälen sie, nerven, lenken von allem anderen gründlich ab.

Ihr versteht vielleicht deshalb, dass ich für solche vermeintlich störenden situativen Einfälle sehr dankbar bin. Im Fall des „Spurwechsels“ veränderte Blitzidee 1 meine Vorstellungen von den Grundfesten des OSM fundamental und mit noch unkalku­lierbarer Langzeitwirkung.

Und die „Mumie“ brachte mich völlig überraschend zu einer fri­schen, neuen und sehr amüsanten Geschichte, die ich gewisser­maßen aus dem Ärmel schüttelte … völlig unbeeindruckt von Tageszeit oder Tagesform. Ich kam aus der Geschichte nicht mehr raus, bis ich die Mumie zu sehen bekam … und dann konnte ich nur noch hemmungslos kichern. Über die phantasie­lose Dämlichkeit des Tassyloorers … ah, ihr werdet das begrei­fen, wenn ihr die Geschichte lest.

Zu wissen, dass es jederzeit weitere solche seelischen Blitzein­schläge geben kann, Blitzideen, selbst noch im nicht mehr jun­gen Alter von annähernd 58 Lenzen, das entzückt mich und gibt mir Hoffnung, noch lange nicht zum alten Eisen zu gehören.

Ohne Frage werdet ihr von diesem Themenkomplex beizeiten mehr hören. Warten wir ab, aus welcher Richtung die Blitzschlä­ge dann wohl kommen mögen …

Soviel für heute, Freunde. Ich danke euch für die Aufmerksam­keit, die ihr mir geschenkt habe und verabschiede mich bis zur kommenden Woche an dieser Stelle.

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.