Liebe Freunde des OSM,

man kann sagen, der Monat März dieses Jahres war einer von der Art, in dem kreativ quasi die Luft brannte, und zwar an allen Ecken und Enden. Zum einen war ich gut eingedeckt mit Terminen seitens der Jobfabrik Braunschweig, dann auch von der KreativRegion e.V., der ich in diesem Monat als zahlendes Mitglied beigetreten bin. Außerdem galt es, eine kleine Archivreise für meine Nebenbe­schäftigung an der TU Braunschweig zu realisieren, vor- und nachzubereiten.

Fernerhin verschlang ich Lektüre, und die meisten dieser Bücher wussten mir zu gefallen – mit der üblichen Konsequenz, dass ich dazu Rezensionen verfasste, die meine inzwischen drei Ablagefächer mit noch zu veröffentlichenden Rezen­sionen bereicherten. Ihr seht also, noch auf Jahre hinaus gibt es definitiv keinen Anlass, um Inhalte meines Rezensions-Blogs zu fürchten (dessen Beiträge so­wieso inzwischen schon bis zum Veröffentlichungsmonat August 2019 fertig ge­schrieben sind).

Die Quintessenz all dessen bestand dann in phänomenalen 45 fertig gestellten Werken im zurückliegenden Monat – ein Pegel, den ich schon lange nicht mehr erreicht habe, wie ihr aus den Blogartikelreihen „Work in Progress“, „Aus den Annalen der Ewigkeit – alt und neu“ und „Was ist eigentlich der OSM?“ schon wissen könntet, auch wenn die letzteren beiden die Gegenwart noch nicht er­reicht haben.

Was aber, und das interessiert uns an dieser Stelle, entfiel davon auf den Oki Stanwer Mythos (OSM) und den Archipel, die beiden kreativen Schreibkomple­xe, für die diese Rubrik recht eigentlich da ist? Nun, da fällt das Fazit ernüch­ternder aus, das kann nicht überraschen. Die Majorität der fertigen Werke wa­ren zwei- bis dreiseitige Rezensionen. Aber es gab auch noch das hier:

Blogartikel 325: Work in Progress, Part 75

(E-Book BdC 2: Gestrandet in Bytharg)

(E-Book BdC 3: Unter Feinden)

(E-Book BdC 4: Der Sonnengarten von Bytharg)

Anmerkung: Es mag ein wenig überraschen, dass ich gerade mal mit dem ersten BdC-E-Book fertig war und schon die nächsten vier „in der Pipeline“ habe, weil das doch für eine „neue“ Serie einigermaßen unüblich erscheint. Das ist aber nur im ersten Moment so. Die Fakten sehen ja völlig anders aus:

Ich habe die BdC-Episodenserie 1987 begonnen und 1993 beendet (die Band­zahl verschweige ich hier mal der Einfachheit halber). Seit 1993 kenne ich also den gesamten Handlungsverlauf der Serie. Als ich dann 2007 mit der digitali­sierten und kommentierten Abschrift begann, dachte ich nicht im Traum daran, daraus E-Books zu entwickeln… aber ihr wisst ja inzwischen, dass sich das geän­dert hat.

Im Zuge der Erkenntnis, dass ich alsbald meine Fotolia-Credits aufbrauchen soll­te, ehe sie verfallen, habe ich im vergangenen Herbst und in diesem Frühjahr reichlich neue Bilder erworben und schließlich auch von meinem Grafiker Lars Vollbrecht montieren lassen. Dazu gehörten die Cover der oben genannten E-Books. Und im März 2019 überlegte ich: wenn ich die digitalen Episodenab­schriften schon vorliegen habe, warum extrahiere ich sie nicht und lege schon mal Rohdatensätze an, die ich später mit wenig Aufwand ausarbeiten kann?

Gesagt, getan. Und so entstanden die obigen E-Book-Rohversionen, die z. T. nur 60 Seiten Textvolumen besitzen und folglich noch sehr intensiv ausgebaut wer­den müssen. Aber die Planungen der BdC-Serie gehen schon sehr viel weiter. Das aktuellste Cover dieser Serie, das vorliegt, ist das für BdC 9. Titel und Inhalt sei hier natürlich noch nicht verraten, da ich schätze, dass ich erst anno 2021 dazu kommen werde, daran zu arbeiten…

(E-Book TI 31: Zeitenwandel)

(OSM-Wiki)

Blogartikel 323: „Was ist eigentlich der OSM?“, Teil 61

(Das Geheimnis von Church Island – OSM-Story)

Anmerkung: Auch in dieser Geschichte kam ich im März einen entscheidenden logischen Schritt weiter und verdoppelte annähernd die Textseiten dieser Story. Ich denke allerdings noch immer, dass ich allerhöchstens ein Drittel, eher wohl nur ein Viertel der gesamten Geschichte überblicke. Höchstwahrscheinlich wird dieses Werk Novellen- oder sogar Romanformat erhalten. Was mich dann wie­der zu der Frage der Illustration kommen lässt… da muss ich mich künftig wohl an Adobe wenden, das Fotolia im Herbst 2019 schlucken wird. Seufz.

14Neu 63: Der Wahnsinnsplan

12Neu 56: Auf der Suche nach Arc

Anmerkung: Hier könnte man jetzt wieder denken, ich hätte die Schreibreihen­folge durchbrochen. Das würde aber bei Digitalisaten keinen Sinn machen, da dort Seiten- und Fußnotenzählung episodenübergreifend aufeinander basieren. Es ist vielmehr (mal wieder) so, dass ich direkt nach 14Neu 63 den Keim für 12Neu 56 legte, die Episode aber dann erst am Monatsende fertig schrieb… deutlich nach den Episoden 53-55. Es wirkt also verwirrend, hat aber in der Dar­stellung durchaus eine innere Logik.

(Die Suyenka – Archipel-Roman)

Anmerkung: Auch in diesem Roman kam ich enorm voran. Das zog sich über Wochen, weil ich die Ursprungsversion im Präsens entworfen hatte – eine Er­zählzeit, die ich manchmal für Fragmente wähle, die aber bei Archipelromanen nichts verloren hat. Ich musste also über Dutzende von Seiten hinweg die Er­zählzeit anpassen und nutzte die Gelegenheit dazu, ebenfalls Dutzende von neu­en Seiten zu verfassen. Das Fragment hat nicht umsonst inzwischen über 140 Seiten Textvolumen…

12Neu 53: Inferno in Bytharg

12Neu 54: Der Letzte Krieg

(14Neu 65: DAS TOR NACH KAWEKOR)

14Neu 64: Todesurteil für die Fremden

12Neu 55: Saat des Grauens

Anmerkung: Ja, und damit senkt sich gewissermaßen das graue Leichentuch des Todes über die Galaxis Bytharg, auf eine Weise, wie sich niemand das vorstellen konnte… mit der Ausnahme von mir, aber selbst mir zog es den Magen zusam­men und kräuselte mir die Zehennägel, als ich all diese Grausamkeiten nach fast 30 Jahren endlich abgeschrieben hatte.

Ehe ihr all das zu lesen bekommt, werdet ihr zunächst das strahlende, lebendige und grausame Bytharg in all seiner finsteren Pracht erleben können, beginnend mit BdC-E-Book 2, voraussichtlich im Herbst 2019. Und danach geht die Achter­bahnfahrt des Schreckens los, die ihr mir aktuell noch gar nicht glauben würdet. Aber ich weiß das schon seit 30 Jahren, Freunde… was denkt ihr wohl, wie oft und intensiv es mich in den Fingern gejuckt hat, darüber mehr zu sagen? Ist im­mer noch der Fall, wenn ich ehrlich sein soll.

Muss mich da selbst zur Geduld ermahnen.

(DSj 49: Zu den Sternen)

Anmerkung: Was, zum Henker, wird DAS denn jetzt?, mögt ihr euch fragen, die ihr aus meinen früheren Blogartikeln wisst, welche OSM-Serie das ist. Ja, ganz recht, das ist „Oki Stanwer – Der Siegeljäger“ (DSj), KONFLIKT 28!

Ich kann euch beruhigen… ich machte nur eine kurze Stippvisite in diesem Frag­ment, weil ich nicht mehr recht wusste, wie weit die Geschichte gediehen war… und schon nach ein paar Zeilen Korrekturtext hatte ich sie wieder verlassen. Es ist noch nicht Zeit für DSj. Eine weitere, hoch komplexe und spannende Baustelle ist es gleichwohl. Beizeiten kehre ich dorthin zurück, versprochen, und dann hal­te ich euch auch auf dem Laufenden, was da los ist.

Der Oki Stanwer Mythos: Gegen das Terrorimperium – Artikel

Anmerkung: Wir schreiben das Jahr 2019, und ich bekam mehrmals inzwischen Post aus Osnabrück, wo für Mai 2019 die „3. Perry Rhodan-Tage Osnabrück“ geplant sind. Diesmal wurde ein Einsendeschluss für das Conbuch genannt, und ich bekam, könnte man sagen, ein wenig Torschlusspanik. Da ich in den letzten beiden Conbüchern jeweils mit einem Artikel zu meinem OSM-E-Book-Pro­gramm vertreten war, wäre es doch zu schade, ging es mir durch den Kopf, wenn ich die Linie nun reißen lassen müsste.

Also verfasste ich einen Beitrag zum Fortgang der Serie „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ (TI) ab Band 31, an dem ich gerade schreibe, und sandte ihn ein. Und wer weiß, vielleicht ist der TI-Band 31 „Zeitenwandel“ ja bis dahin auch fertig. Schön wär’s jedenfalls…

(Ani und das Wolkenmädchen – OSM-Story)

Anmerkung: Diese Geschichte begann ich bereits im Jahr 2010, und sie wies ei­nen weitgehend ausgefeilten Handlungsbogen auf. Aber auf der anderen Seite ermangelte sie wesentlicher Zutaten, als da wären: Umgebungsschilderungen, Dialoge, Personen mit Namen und Vita.

Im März 2019 überfielen mich nun, während ich Bildvorlagen für die Protago­nisten suchte (und fand) zunehmend weitere Inhaltsblenden, und ich vertiefte mich darein, baute Passagen aus und fügte ganze Seiten von neuem Text hinzu. Inzwischen ist die Ani-Geschichte auf 30 Seiten Textumfang angewachsen und wird darum mindestens auch eine Novelle werden, ggf. ein Roman. Das ent­scheide ich aber erst später.

Blogartikel 329: Charakterisierungen für Todgeweihte?

(14Neu 66: Die Hassflotte)

(12Neu 57: Meilenstein im All)

Anmerkung: Ach ja, ich könnte jetzt einiges zu Oki Stanwers Expedition mit der SCHATTENBRECHER zur Baumeister-Galaxis Arc erzählen, um die es in dieser Episode geht, aber das wäre natürlich mal wieder alles viel zu früh… und so be­schränke ich mich darauf, zu bemerken, dass Oki, seinen Helfern des Lichts so­wie den Allis in seiner Gefolgschaft sehr damit gedient gewesen wäre, bei VAN­GOORD-4 aufzugeben… aber dummerweise gehört dieses Wort nicht zum akti­ven Repertoire von Oki Stanwers Wortschatz. Und so macht er natürlich weiter – mit fatalen Folgen, wie sich herausstellen wird.

(HdH 4: Schmelztiegel Shallakhon)

Anmerkung: Ja, in KONFLIKT 4 „Oki Stanwer – Held der Hohlwelt“ bin ich auch schon sehr lange nicht mehr gewesen. Das ist wahr. Und Band 4 der Serie klingt jetzt nicht wirklich bombastisch… aber das wird es werden. Das ist nämlich der designierte Band 1900 des Oki Stanwer Mythos.1 Ich las mich erst mal wieder durch die ersten drei Episoden, um ein Gefühl für die Welt und die dort leben­den Wesen zu bekommen, und dann ging es weiter… ich bin zuversichtlich, diese Episode in spätestens 6 Wochen geschrieben zu haben. Wird ein faszinierender Band 1900, soviel steht fest.

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“)

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“)

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer – Held der Hohlwelt“)

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Held der Hohlwelt“)

Anmerkung: Das war dann sozusagen eine zwingende Notwendigkeit, nachdem ich an der Episode 4 der Serie weitergeschrieben hatte. Denn sowohl das Lexi­kon wie auch das Glossar waren doch ziemlich veraltet und konnten ein Update sehr gut gebrauchen.

(HdH 5: Am Großen Strom)

So, und das waren dann alle relevanten Werke aus dem Dunstkreis des OSM und des Archipels, an denen ich im Monat März 2019 gearbeitet habe. Ich fin­de, das ist immer noch recht beachtlich. In der kommenden Woche blende ich wieder im Rahmen der „Close Up“-Reihe zurück in den KONFLIKT 14 des OSM.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Und nein, das ist KEIN Aprilscherz! Offenbar war Erich Herbst von der ESPost neulich diese Ziffer 1900 so su­spekt, dass er sie eigenmächtig in „190“ änderte. Ich musste ihn schmunzelnd darauf hinweisen, dass ich OSM 190 bereits im Jahre 1984 geschrieben hatte und Band 1900 infolgedessen absolut korrekt war. Aber da war es zu einer Korrektur natürlich schon zu spät. Seufz.

Rezensions-Blog 222: Fluch!

Posted Juni 25th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

also, selbst aus weiter Distanz kann ich nicht leugnen, dass ich im Sommer 2007 ein Mordsvergnügen hatte, als ich das unten rezensierte Geschenkbuch schmö­kerte. Leider, wie ebenfalls unten erwähnt, ein schrecklich kurzes Vergnügen, weil das Buch nicht sonderlich viele Seiten aufweist. Dafür aber ein wahnsinnig lustiges, das mit einer Vielzahl von neckischen Sujets spielt. Da ist einmal der klassische „Whodunnit“, es geht um Schätze, es geht um mayanische Kultur, um Beziehungsdramen, und witzig ist das Ganze außerdem.

Eine totale Win-win-Situation, ehrlich, Freunde.

Also, wer Gideon Oliver noch nicht kennen sollte oder keine Angst vor sinistren mayanischen Flüchen und Kriminellen hat, die selbige in die Realität umsetzen… oder wer einfach verdammt unterhaltsame Lesestunden mit einem sehr ver­gnüglichen Buch verbringen möchte, der sollte sich dringend auf die Suche nach diesem Werk machen.

Nach welchem? Ah, ich greife vor. Lest einfach mal weiter:

Fluch!

(OT: Curses)

Ein Gideon-Oliver-Krimi

von Aaron Elkins

Haffmanns Kriminalromane 13

240 Seiten, TB, 1993

ISBN 3-453-06475-5

Aus dem Amerikanischen von Jürgen Bürger

Man sollte ja nicht abergläubisch sein, wenn man ein Buch mit einem solchen Titel liest, aber es gibt doch schon zu denken, dass es ausgerechnet die Num­mer 13 in der Reihe ist, nicht wahr…? Wer solcherart schon zu Beginn verunsi­chert wird, sollte sich wirklich anschnallen. Es geht genauso weiter, und zwar nicht nur mit Flüchen, sondern auch mit einer subtilen und ausdauernden Atta­cke auf das Zwerchfell. Wie meine gute Freundin Conny in ihrer Widmung schrieb: „Fluch! Das Buch gegen schlechte Laune. Verbessert das seelische Be­finden schon nach 30 Minuten Lesezeit.“ Sie hat nur untertrieben. Das Gekicher fängt bereits auf Seite 1 an. Und das kommt so…

Gideon Oliver, seines Zeichens Anthropologe an einer biederen nordamerikani­schen Universität, seit ein paar Jahren mit seiner schlagfertigen Gefährtin Julie verheiratet, ist gestresst. Die Semesterarbeiten, die er durchschauen soll, sta­peln sich, seine eigene Schrift, an der er arbeitet, schleppt sich von Seite zu Sei­te, und eigentlich möchte er nur möglichst weit weg von alledem. Kann nicht mal wieder das FBI auf ihn zutreten und ihn bitten, ein paar morsche Knochen zu untersuchen, vorzugsweise welche, an denen kein Fleisch mehr hängt (das mag er nämlich nicht so gern)?

Keine Chance.

Stattdessen erhält er einen Anruf aus Yucatan von seinem 78jährigen Mentor Abraham Goldstein, mit dem er 1982 bereits einmal dort unten war, an einer kleinen, fast unbekannten Ruinenstätte namens Tlaloc, die traurige Berühmt­heit durch einen Forschungsskandal erlangte und für die folgenden fünf Jahre gesperrt wurde. Jetzt hat Goldstein es geschafft, die Grabungserlaubnis zu er­neuern, und das erste, was er entdeckt, ist… richtig, eine Leiche.

Also fliegen Julie und Gideon nach Yucatan und stoßen auf das Grabungsteam, das interessanterweise fast dasselbe ist wie bei der Grabungssaison 1982. Auf dem Weg zum Ziel erzählt Gideon seiner Frau auch, was damals passiert war – der Grabungsleiter Howard Bennett, war nach dem Sensationsfund eines unbe­kannten Maya-Codex – also eines heiligen Buches der Maya – völlig ausgerastet, und am Abend der Entdeckung stürzte darauf nicht nur der Treppenschacht ein, in dem die geheime Kammer lag, sondern auch Howard, ein Indio und der Codex verschwanden spurlos. Wobei sich Howard später aus dem Ausland noch einmal brieflich meldete und für die Unannehmlichkeiten, die er bereitet hatte, entschuldigte.

Daraufhin wurde in der internationalen Szene die Existenz des geraubten Codex (Minimalwert: 2 Millionen Dollar!) bekannt gemacht und somit der Verkauf wirksam unterbunden.

In Tlaloc angekommen, werden die beiden auch mit der Existenz eines geschrie­benen Fluches konfrontiert, der aus der mayanischen Epoche stammt und schlimme Strafen für diejenigen ankündigt, die die Ruhe der Toten stören. Schlimmer noch: kaum ist das Grabungsteam angekommen, wird heimlich nachts der Treppenschacht wieder ausgegraben! Der Sinn erschließt sich nicht recht, der Codex ist doch schließlich von Howard ins Ausland entführt worden. Noch unangenehmer ist aber die Folgerung, die Goldstein und Oliver aus den Ereignissen ziehen müssen – der heimliche Ausgräber ist einer von ihrer Crew, wer auch immer.

Motive gäbe es allerdings genug. Vorausgesetzt, man nimmt an, der Treppen­schacht verberge – was nicht ohne Präzedenzfall ist – noch eine zweite geheime Kammer und vielleicht weitere Kodizes.

Worthy Partridge, der gerne Jugendbücher über die alte Mayakultur schreiben möchte, könnte sicherlich etwas mehr Geld gebrauchen.

Leo Rose, Leiter einer Landerschließungsfirma und immerzu auf der Jagd nach neuen „Opfern“, mit denen er Kontrakte abschließen kann, betrachtet die Gra­bung sozusagen als Urlaub, um sich vom Berufsstress zu erholen und alte Kon­takte wieder aufzufrischen. Ähnlich wie Howard Bennett ist er leidenschaftli­cher Hobby-Archäologe. Kann er auch Geld gebrauchen?

Preston und Emma Byers sind ein Fall für sich. Angeblich haben sie es mit einer ökologischen Fast-Food-Kette im Mittleren Westen zu bescheidenem Wohl­stand gebracht. Während Preston völlig farblos und unscheinbar ist, ist Emma auf einem völlig abgedrehten esoterischen Trip. Alsbald versichert sie, in astra­lem Kontakt mit mayanischen Göttern zu stehen, die ihr dringend zu verstehen geben, die Grabung sei abzubrechen, sonst werde „sich der Fluch Stück für Stück vollziehen“ und mit dem Tod aller Beteiligten enden.

Und dann ist da auch noch – als wenn das nicht schon reichte! – die Vermu­tung, dass der untergetauchte Howard Bennett höchstselbst sich herumschlei­chen könnte, um von der Grabung in irgendeiner Weise zu profitieren. Die Indi­zien dafür verdichten sich rasch.

Zu guter Letzt ist da zudem dieser vermaledeite Fluch!

Er kündigt höchst unangenehme Aussichten an, wie alle finden (aber keiner kann sie oder Emmas inbrünstig überzeugte Warnungen ernst zu nehmen). Blutsaugende Wesenheiten werden über sie herfallen, behauptet der Fluchtext, Dunkelheit wird hereinfallen, ein mächtiges Trommel wird die Seele dahinwel­ken lassen, die Götter werden die Eingeweide der Frevler in Feuer und blutigen Ausfluss verwandeln, sodann ihre Schädel durchbohren und die Hirne ausgie­ßen, schließlich wird das Ungeheuer kommen, das Menschen in Stein verwan­delt, und dies gipfelt, wie die Wissenschaftlerin Dr. Garrison erklärt, schließlich im „Ende der Zigarre“ – der mayanischen Metapher für das Ende von allem.

Na, bestens! Schließlich schaltet sich auch noch die mexikanische Polizei ein.

Und dummerweise beginnt die Sache bald darauf auf bizarre Weise real zu wer­den. Ziel der Hauptattacke: Gideon Oliver, der nur mit Müh und Not den ersten Mordanschlag übersteht. Von da an stehen die Zeichen auf Sturm…

Leider ist das Buch so kurz, muss man seufzend sagen. Selbst wenn man sich viel Zeit lässt, ist man in drei Tagen durch, weil man einfach kaum mehr aufhö­ren kann zu lesen. Gewiss, manche Dinge stehen für den findigen Leser sehr schnell fest und überraschen dann nicht mehr richtig, aber man kann nicht be­haupten, es wäre langweilig. Wenn man ohnehin ein Faible für die mayanische Kultur besitzt – wie beim Rezensenten vorhanden – und sich ein bisschen in dem Metier auskennt, für den ist das Buch ein echtes Heimspiel.

Wenn ein ahnungsloser Leser etwas verstört reagiert wegen der anthropologi­schen Termini, so sei er beruhigt – zumindest die anatomischen Begriffe werden hinten in einem Glossar erläutert. Ansonsten ist das Buch wirklich eine ver­flucht gute Lektüre für trübe Tage, am besten zu genießen mit ein wenig Tee im Lesesessel. Ein backofenheißer Bus, in dem man dringend Ablenkung wünscht, tut es aber auch. Doch Vorsicht! Die Haltestelle, wo man raus will, sollte man nicht verpassen. Dieses Buch macht wirklich süchtig und natürlich neugierig auf den damals schon erschienenen Erstling „Alte Knochen“ (1992). Inzwischen soll es weitere Bücher mit dem guten Gideon Oliver geben…

© 2007 by Uwe Lammers

Tja, Freunde, und da war auch diese kurze Rezension schon wieder vorbei. Ich sage es ja immer wieder – alle Texte, die sich flink und geschwind lesen lassen, sind viel zu schnell Vergangenheit. Ich merke das selbst bei 400seitigen Bü­chern, die mich üblicherweise beim heutigen Lesetempo meist nur 3-4 Tage verweilen lassen. Manche, die ich kürzlich goutierte (aber erst frühestens 2020 im Rezensions-Blog vorstellen kann), hielten mich echt bis tief in die Nacht wach. Das kann euch mit dem obigen Buch kaum passieren – dafür ist es ein­fach zu schnell verschlungen. Glaube ich jedenfalls.

In der kommenden Woche kehre ich zu unserem alten Bekannten Clive Cussler zurück und rezensiere ein weiteres seiner Werke. Wer ihn mag, der schaue vor­bei. Ich freue mich über jeden Besucher.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Wochen-Blog 329: Charakterisierungen für Todgeweihte?

Posted Juni 23rd, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

das hört sich jetzt vielleicht melodramatisch an, aber wenn ihr mir heute auf diesem Pfad der Argumentation folgt, werdet ihr etwas entdecken, was euch vermutlich nicht gefällt. Aber seid beruhigt – mir gefällt das heutzutage auch nicht mehr, und es ist ein gutes Zeichen dafür, dass ich mich im Laufe der ver­gangenen gut 35 Lebensjahre gründlich als Schriftsteller entwickelt habe. Well, ich würde nicht so weit gehen zu sagen, ich sei inzwischen das, was man einen routinierten, guten Autor nennt – dafür bin ich erkennbar noch zu sprunghaft und intuitiv, zu wenig planerisch denkend – , doch in diesem Punkt habe ich mich deutlich weiter entwickelt.

Wenn man einen alten Fehler immer wieder in seinen eigenen Texten vorfindet und vor allen Dingen als ebensolchen erkennt, dann zeigt das meiner Ansicht nach schon, dass man einen mentalen Schritt weiter ist als zu dem Zeitpunkt, als ich die erwähnten Texte schrieb.

Heute möchte ich mal ganz außer der Reihe etwas über Personencharakterisie­rung in der Frühzeit des Oki Stanwer Mythos (OSM) erzählen. Und dazu, warum ich damals ganz offenkundig der Auffassung war, dass manche Leute (die meis­ten, wenn ich ehrlich sein soll) so überhaupt kein Profil bekamen.

Ich habe jüngst mal wieder zwei alte OSM-Episoden abgeschrieben und kom­mentiert. Die eine stammte aus dem Sommer 1985, die andere aus dem Herbst des Jahres 1990. Beide enthielten dieselbe strukturelle Fehlerquelle, und beide Male habe ich das einigermaßen gallig kommentiert, weil ich einfach nicht an­ders konnte. Und jenseits meiner traditionellen „Fehlerlese“ ist es, denke ich, mal an der Zeit, diesen ganz speziellen „Fehler“, den ich damals natürlich nicht als solchen erkennen konnte, zu thematisieren.

Lasst mich also zwei Textauszüge bringen, und dann schauen wir uns an, was ich da strukturell falsch gemacht habe. Aus begreiflichen Gründen kann ich euch die Detailstellen nicht nennen. Beim Auszug 1 (1985) geht es deshalb nicht, weil ich damit deutlich den „Close Up“-Artikeln vorgreifen würde. Wir kommen noch zu dieser Folge, versprochen. Im Fall des zweiten Zitats (1990) würde ich euch zu viel Informationen über den Fortgang des KONFLIKTS 12, also der Serie „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ geben, wenn ich präzisierte, wo genau diese Stelle im Serienkontext zu finden ist.

Kommen wir zu Zitat 1 (1985). Es lautet wie folgt:

GEGENWART:

„Die Entropie-Werte steigen an!“(,) rief Xanor-Ert1 erregt. Die Lichtfestung war zerstört, aber dort war ein violettes Loch im Kosmos entstanden, das sich laufend ausweitete. Und die violetten Schwaden, die dort herauskamen2, trie­ben auf Tohl III zu. Dort aber stand das Entropie-Tor nach TOTAM!

„Wir müssen es sofort aktivieren“, sagte Trann-Lors.3

„Lassen wir die Raumer gleich hineinfliegen?“

„Nein, sie sind zu groß. Wir müssen einzeln hindurchgehen. Das Reich stirbt, wir aber werden das Ewige Reich errichten. Beeilt euch mit der Durchsage. Alle DIGANTEN sollen sich dort auf Tohl II und Tohl III einfinden.“

So geschah es.

Und dann haben wir Zitat 2 (1990), das so aussieht:

Jheakon:

„Und der andere Posten ist verschwunden?“, fragte der Militärkommandant Rhylant.4

„Ja, Kommandant“, sagte der Wissenschaftler, der hier die Leitung des Trans­mitterkomplexes hatte.5 „Es handelt sich sicherlich nicht um Fahnenflucht…“

„Nein, wahrscheinlich nicht. Aber auch nicht um einen Angriff, denn dann hätte der Unbekannte oder die Unbekannten weitergemacht.“

Die beiden Sargoy gingen durch das dreieckige Schott und den langen gold­farbenen Gang in den Transmittersaal mit seinen acht schwarzen, riesenhaften Trapezwänden. Sie sahen unheimlich aus, weil keiner sie auf Dauer kontrollieren konnte. Keiner konnte sagen, wohin all diese Tore führten. Sechs von ihnen wa­ren erforscht, sie führten zu anderen Transmitterwelten.

Aber zwei waren unerforscht.

Und in dem Moment, als die beiden Sargoy alleine in dem Transmitterraum standen, fuhr hinter ihnen auf einmal das Transmitterschott herunter, das man von innen nicht öffnen konnte. Jedenfalls wussten sie beide nicht, wie es ging.

Die beiden bärenartigen Riesen aus dem Volk der Sargoy gerieten zumindest in Nervosität. Sie rannten zum Schott zurück. „Wie macht man das auf, Kal­jeoor? Sie müssen das doch wissen…!“

„Ich… ich… so etwas ist nie vorgekommen…“, stammelte der Wissenschaftler.

Dann hörten sie die Geräusche hinter sich.

TAUCHTEN JETZT DIE BAUMEISTER AUF?

Grauen ließ den beiden Sargoy die Haare zu Berge stehen. Dann drehten sie sich um und sahen die silberhäutigen Yesvaa aus dem Transmitterkanal 7 stei­gen, einem der beiden unerforschten.

Rhylant riss seine Waffe heraus, aber lange bevor er sie auslösen konnte, durchbohrten ihn vier Todesstrahlen der silberhäutigen Humanoiden.

„Bitte… bitte… nicht… ich ergebe mich…“, stammelte Kaljeoor wimmernd. Er war kein Held.

„Wir brauchen ihn nicht“, entschied ein Yesvaa gefühlskalt.6

Die Strahlen töteten auch den Wissenschaftler, der an dem geschlossenen Schott herabsank.

Ein großes Gerät wurde hereingeschoben aus dem schwarzen Transmitterka­nal.

„Wollen wir es wirklich einsetzen?“, flüsterte ein Yesvaa schaudernd. Er frös­telte.

„Wir müssen! Dies ist die ultimate Waffe. Und nun komm, Taloos.7 Wir müs­sen zurück. In wenigen Momenten aktiviert sich die Waffe. Wir wollen nicht, dass sie nach beiden Seiten losgeht.“

Sie traten in das schwarze Wallen, das einen Moment später starr und glatt wurde.

Das Schott fuhr wieder hoch, und die alarmierten Sargoytruppen stürmten herein. Sie sahen die Leichen der beiden Vorgesetzten und erlebten mit, wie sich das Addjh-Feld bildete.

Es war das Letzte in ihrem Leben, was sie sahen…

Was genau lernen wir daraus? Nun, Folgendes: Wie ihr erkennen konntet, wer­den zwar jede Menge Namen genannt, auch gelegentlich Rangpositionen, aber sonst fehlt im Grunde genommen jedwede Charakterisierung. Nicht nur optisch werden sie nicht beschrieben, sondern auch sonst nicht – und man kann nicht behaupten, dass DIGANT, Sargoy oder Yesvaa (aus diesen Völkern stammen die erwähnten Personen) in irgendeiner Weise erschöpfend wäre. Das würde so sein, als würde ich x-beliebige Protagonisten nur als „Menschen“ beschreiben und der Auffassung sein, damit seien sie hinreichend charakterisiert.

Jeder Leser merkt sofort, dass das Nonsens ist.

Ich hatte damals zwei falsche Vorstellungen in meinem Kopf, die zu einer ziem­lich verengten, schematischen Personendarstellung führten. Zum einen malte ich mir offensichtlich aus, dass Alienvölker, die grundsätzlich nicht menschen­ähnlich seien, allein schon durch ihre Fremdartigkeit gewissermaßen „homo­gen“ seien, was es mir erschwerte, den Personen individuelle Züge zu verleihen. Besonders schwer fiel mir das etwa bei den Cranyaa, Insektoiden mit einem starren Chitinpanzer, die notwendigerweise keine Mimik aufwiesen. Sie zu beschreiben, war… schwierig. Also beschränkte ich mich dort in der Regel darauf, Rang und Namen zu nennen und es dabei zu belassen. Heute würde ich das anders machen.

Dummerweise dehnte ich das auf andere OSM-Völker aus. Die Allis oder Tasva­ner sind in KONFLIKT 12 ein recht prägnantes Beispiel… aber gerade bei ihnen bin ich ziemlich lernfähig gewesen, wie ihr aus dem E-Book „BdC 1: Im Feuer­glanz der Grünen Galaxis“ ersehen könnt. Ich würde sagen, dort bekommen die Tasvaner schon ordentliches individuelles Profil.

Oben jedoch, vor 34 bzw. 29 Jahren, sah das noch deutlich anders aus. Dort in­dividuelle Sargoy oder Yesvaa zu beschreiben, fiel mir unendlich schwer. Da werde ich in der Überarbeitung grundlegende Veränderungen und massive Aus­bauten leisten müssen, damit die zahllosen Protagonisten Profil gewinnen.

Was war der zweite Fehler, den ich damals machte und der sich über Jahre fort­setzte? Ich habe ihn in Fußnote 5 ziemlich klar ausgesprochen: viele der Prot­agonisten, die ich in die Handlung pflanzte, hatten kein langes Leben, sondern waren in der Regel nach wenigen Seiten alle tot. Und ich stand damals (wahr­scheinlich, ich kann es nicht mehr konkret ermitteln) auf dem Standpunkt: Wie jetzt? Ich muss diese Leute charakterisieren? Warum denn? Die sind doch gleich tot. Da kann ich mir das sparen…

Nein, dass das grundfalsch ist, weiß ich sehr wohl. Heutzutage ist mir mehr als bewusst, dass Leser nur mit solchen Personen mitleiden, die sie zumindest ein wenig näher kennen lernen und sie als individuelle Persönlichkeiten begreifen können. Das Mitgefühl und Mitleiden wird erst durch die personelle Nähe er­möglicht, andernfalls sind die Protagonisten austauschbar wie der Inhalt eines stetig wieder aufgefüllten Regals, und die Leser bleiben dann gleichgültig und unbeeindruckt, egal, wie schrecklich die sich anschließenden Handlungen sein mögen.

Wie gesagt, heute ist mir das sehr bewusst, aber 1985 oder auch noch 1990 schob ich die Personen in meinen Geschichten hin und her wie Schachfiguren, und das geschah bisweilen mit ganzen Spezies und Planetenbevölkerungen… wer immer mir damals bei der Lektüre des rudimentären Episoden-OSM brutale Kaltschnäuzigkeit vorgehalten hätte, wäre vollkommen im Recht gewesen.

Heutzutage weiß ich es glücklicherweise besser, und ich nehme meine Perso­nen, die mir im Rahmen der OSM-Geschichten über den Weg laufen, sehr viel ernster als einst. Ihr merkt das in meinen E-Books, dass da immer stärker die Normalität des Alltagslebens Raum findet, und genauso soll das auch sein.

Mögen heute also auch viele meiner Handlungspersonen dem baldigen Tode geweiht sein, so kann ich euch versichern, dass ich sie nicht mehr wie die „Redshirts“ in der Sternenflotte behandeln werde, wo sie üblicherweise auch nur Namen, Gesicht und Rang bekommen, ehe sie den Löffel abgeben… nein, ihr werdet euch auch mit den Leuten anfreunden, die bald darauf nicht mehr da sind. Sie sind ebenfalls vollwertige Handlungspersonen und verdienen es, ernst genommen zu werden.

Versprochen, so werde ich künftig vorgehen. Und der Tod wird gleichwohl seine Ernte einfahren… doch weniger vorhersehbar als bislang.

Soviel für heute zu den Fehlern der Vergangenheit. Nächste Woche erzähle ich euch, was ich im März 2019 alles so geschafft habe.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 …der natürlich wieder nicht beschrieben wird…

2 Dabei handelt es sich höchstwahrscheinlich um das entropische Phänomen der Energiewolken, die be­kanntlich alle anderen Energieformen verzehren und am Ende selbst Materie auflösen. Vgl. dazu besonders KONFLIKT 15 „Oki Stanwer“ (1981-1984).

3 …und der wird natürlich auch nicht beschrieben…

4 …der natürlich auch mal wieder nicht beschrieben wird…

5 Hier müsste man natürlich mindestens Kaljeoors Namen nennen und ein wenig zu seiner Person sagen. Aber ich vergesse beides. Der Name wird erst etwas später nachgereicht, aber das ist selbstverständlich un­genügend. Und nein, ich kann mich nicht mit der Erklärung aus der Verantwortung stehlen: „Die sind sowie­so gleich tot und spielen keine Rolle mehr…“ So etwas ist ein schriftstellerisches No-Go, das damals bei mir aber permanent in Gebrauch war. Totale, schematische Unterbelichtung der Personen als Individuen. Muss grundlegend überall geändert werden, selbstverständlich auch bei unseren beiden Todeskandidaten hier.

6 …und auch hier fehlt wieder jedwede Beschreibung der einzelnen Personen… seufz…

7 …der wird natürlich auch nicht beschrieben…

Rezensions-Blog 221: Gestohlene Welten

Posted Juni 19th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

Diebstahl ist ein Verbrechen, das vom Gesetz mit Recht verfolgt und bestraft wird. Eigentum ist nicht erst in der modernen kapitalistischen Gesellschaft ein Grundpfeiler der sozialen Ordnung, sondern war dies schon seit Anbeginn der Zeit (aber, zugegeben, damals waren die Strafen für Diebstahl weitaus dramati­scher als heute, mitunter wurde man schlicht beim Ertappen einen Kopf kürzer gemacht).

Diebstahl ist auch nichts, was man als ein flüchtiges, vergangenes Phänomen charakterisieren könnte, sondern ich würde soweit gehen zu sagen, dass es heute wohl noch viel ausgeprägter ist als in früheren Jahrhunderten. Das hat viele verschiedene Gründe. Raffgier allein ist jedenfalls dafür nicht der aus­schlaggebende Grund… schon gar nicht in dem Bereich, in dem es nicht primär um schnödes Geld oder Juwelen geht, sondern um andere Dinge der Vergan­genheit, die rar und verborgen sind und als Schatz gehütet werden.

Wissen, zum Beispiel, ist eine Ressource, die zu jeder Zeit in Gefahr war, gestoh­len zu werden.

Aber wie, um alles in der Welt, stiehlt man ganze WELTEN? Und dann sogar noch solche, die es niemals gegeben hat? Nun, um das zu verstehen, möchte ich euch heute eine meiner älteren Rezension zu einem Buch vorstellen, das ich im Jahre 2004 mit großer Faszination rasant durchgeschmökert habe. Ich kann es jedem, der meinen obigen Zeilen neugierig gefolgt ist, nur wärmstens emp­fehlen.

Vorhang auf für:

Gestohlene Welten

(OT: The Island of Lost Maps)

von Miles Harvey

btb 73046

354 Seiten, TB

Dezember 2002, 10.00 Euro

Übersetzt von Andrea Ott

Man nannte es den „unsichtbaren Raubzug“ – die wohl unglaublichste Serie von Diebstählen, die die Geschichte je gesehen hatte. Nun gab es natürlich eine Menge Diebe in der Weltgeschichte, und spektakuläre Objekte, die geraubt wurden. Aber in der Regel merkte man schnell, dass etwas fehlte. Diesmal nicht. Der Räuber wurde nicht entdeckt, der Diebstahl nicht registriert.

Und was er raubte!

Wutschnaubende Drachen, die dem Betrachter drohten? Eingerollt und mitge­nommen. Bizarre Ländereien, die kaum je ein Auge zuvor gesehen hatte, die zu­vor gar als Staatsgeheimnis galten? Geschwind zwischen den Fingern ver­schwunden und nie wieder gesehen. Eldorado? Atlantis? Fantastische Inseln? Unter dem Mantel verschwunden und gestohlen. Jahre harter Arbeit, Jahrhun­derte ehrwürdiger Tradition, einfach so entweiht, herausgerissen aus ihrem Schlummer, entführt ohne Lösegeld, ohne Bekennerschreiben.

Nur ein dummer Zufall, einer aufmerksamen Beobachterin zuzuschreiben, brachte im Dezember 1995 den unscheinbaren Dieb ans Tageslicht: einen Mann, der sich selbst als James Perry bezeichnete und doch ganz anders hieß, einen Mann, hinter dem der monströse Schatten ganzer Jahrhunderte und Jahr­tausende einer sinistren, ja, diabolisch zu nennenden Tradition stand.

Der Dieb, der ausging auf seinen unsichtbaren Raubzug, hieß in Wahrheit Gil­bert Bland, ein nichts sagender, unscheinbarer Mann, der selbst, wenn man sich an ihn erinnerte, nicht durch besondere Details auffiel. „Freundlich“, „unschein­bar“, „langweilig“ und „durchschnittlich“ waren die Attribute, die man ihm zu­schrieb. Man unterschätzte ihn, weil er ein Blender war und seine Umwelt im­merzu virtuos verführte, weil er wollte, dass man ihn unterschätzte.

Die Opfer verstanden sich als Hüter alter Schätze, meist waren es pedantische, ruhige, verständige Menschen, die alte Bücher mehr schätzten als den Kontakt mit der Allgemeinheit. Menschen, die sich darum sorgten, dass ihr Etat gekürzt wurde, dass vielleicht die Bausubstanz ihrer Wissenstempel ruiniert werden könnte, im Wesentlichen aber Menschen, die in einer ganz anderen Welt da­heim waren als jene Personen, die um ihre Gebäude herumwuselten: sie waren nicht Männer und Frauen der Tat, der Gegenwart verpflichtet, sondern sie hor­teten und hüteten das Wissen vergangener Jahrhunderte, ja, sogar der Jahrtau­sende. Mächtige, von hochbegabten und arbeitsamen Druckern hergestellte Fo­lianten, kostbare Werke, die in oftmals jahrelang nicht ein einziges Mal aus den Magazinen geholt wurden. Umso froher waren diese Menschen, die Bibliothe­kare, wenn dies dennoch geschah.

Und sie waren so froh, ihre Schätze einem einsamen Benutzer vorlegen zu kön­nen, und wenn er James Perry hieß. Konnten sie denn wissen, dass er in seiner Manteltasche eine einseitig geschärfte Rasierklinge mit sich führte? Konnten sie ahnen, dass er nicht des Wissensgewinnes wegen hier war, sondern deshalb, weil er mit unheimlich geschickten Bewegungen wertvolle Karten aus den Bü­chern heraustrennte und verschwinden ließ?

Wie gesagt, dies ist die Geschichte jenes unheimlichen, unsichtbaren Raubzu­ges, den Gilbert Bland in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts be­gann und der gleich einem tektonischen Beben nach seiner Aufdeckung die Bi­bliothekarszunft zu erschüttern begann, unmittelbar flankiert von einem ähnli­chen Beben in der Ebene der Kartensammler und -antiquare.

Und doch war die Entdeckung nicht der Höhepunkt dieser Geschichte, denn dazu musste er noch verurteilt werden, der Kartendieb. Genau dazu aber wäre es beinahe niemals gekommen…

Der Journalist Miles Harvey, nach eigenem Bekunden ein hoffnungslos den Kar­ten Verfallener, der die Karten gelegentlich wispern hört und ihnen lauscht, wenn sie Geschichten von verstörten, verblendeten Abenteurern erzählen, von mythischen Orten und Inseln, die es nicht gibt, Miles Harvey begibt sich auf sei­ner Suche nach der Geschichte des geheimnisumwitterten Kartendiebes Gilbert Bland auf eine Reise durch die Zeit.

Sie führt nicht nur bis in Blands Kindheit zurück (aber auch), sondern sie macht den Leser vertraut mit vielen Jahrtausenden kartografischer Tradition. Wenn wir, so Harvey, verstehen wollen, was die Bedeutung dieser Karten ist, müssen wir begreifen lernen, was sie darstellen. Warum Menschen überhaupt versuch­ten, ihre Welt in Karten zu fassen, was die seltsam pausbäckigen Windfiguren an den Rändern antiker Karten bedeuten, warum viele so bizarr und verzerrt aussehen und weswegen andere Karten obskure Inseln und Ländereien (wie etwa das Paradies oder die Insel Kalifornien) tragen, fiktive breite Ströme gar, die Nordamerika in Ost-West-Richtung durchqueren.

Der Leser, der sich auf das sehr kurzweilige und spannende Abenteuer einlässt, dieses Buch zu lesen und diesen gedanklichen Pfaden zu folgen, wird sich rasch auf eigenartigen Karten wieder finden, in der Gesellschaft von Schmugglern, Pi­raten, Räubern, fanatischen Entdeckern, Konquistadoren, herrschsüchtigen Kö­nigen und Päpsten, er wird mit den Druckern und Zeichnern, den Kupferste­chern und Färbern vergangener Zeiten schwitzen und wochenlang, ja jahrelang über einzelnen Karten grübeln. Er wird den Wert von Karten damals wie heute begreifen und langsam zu verstehen beginnen, dass Menschen wie Gilbert Bland – er ist nicht alleine, glaube das niemand! – , dass hier nicht nur ein „paar Blatt Papier“ geraubt werden, wenn man alte Karten aus vergilbten Foli­anten herausschnitzt, sondern dass damit Geschichte selbst geraubt wird. Man plündert das Leben früherer Jahrhunderte und toter Menschen, wie man Grä­ber ausplündert und Leichen fleddert.

Man verstehe den Autor richtig: es geht hier nicht um ein Verdammungsurteil. Es geht um VERSTÄNDNIS. Denn nur aus dem Verständnis und einem richtigen Umgang mit der Vergangenheit erwächst jene Anerkennung, jene Ehrfurcht vor früheren Generationen, die es möglich macht, dass ihr Erbe bewahrt wird. Von diesem Standpunkt aus gesehen ist Miles Harveys Buch eminent wichtig, denn es entlarvt die Fehler und Schwächen in einem System der Bewahrung von Wis­sen, es entlarvt aber auch jenen Menschen, der wie kein anderer Wert darauf legte, dass ihn niemand kennen lernen konnte: Gilbert Bland.

Und fast nebenher erfährt der geneigte Leser unwahrscheinlich viel über Karto­grafie, über Bücher, über Entdeckungsgeschichte, die Mentalität jener früheren Jahrhunderte, über Herrschaftspolitik, willkürliche Grenzziehungen und vieles mehr. Ja, und am Ende ist man beinahe selbst geneigt, über Karten zu meditie­ren und darauf zu warten, dass sie einem geheimnisvoll die Wegbeschreibung zur Lösung des Problems ins Ohr wispern, einem freundlichen Flaschengeist nicht unähnlich.

Lasst euch auf die Reise ein, ihr werdet es nicht bereuen.

© 2004 by Uwe Lammers

Ja, Gilbert Bland und Miles Harvey sind schon wirklich heftiger Stoff, der aber zugleich auf kulturhistorischem Gebiet für einen enormen Wissenszuwachs sor­gen kann. Achtet diese Dinge also nicht zu gering, meine Freunde.

Wie, das war euch jetzt zu hochgeistig? Ihr wollt es gern wieder ein wenig seichter, bodenständiger, euch dröhnt der Schädel von all den ungewohnten Fakten? Also schön, dann werde ich euch in der kommenden Woche etwas Ver­gnügliches vorstellen, das ein bisschen eure Lachmuskeln trainieren hilft. Da müsst ihr also mindestens mit den Mundwinkeln zucken, ja? Versprecht es mir, Freunde, und schaut nächste Woche wieder rein.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

wie ihr vor ein paar Wochen in der letzten Ausgabe dieser Artikelreihe lesen konntet, erwies sich das Frühjahr 2016 als arger Prüfstein für meine mentale Kondition und meine Kreativität, ebenso für mein E-Book-Programm. Dass ich nun ab Februar 2016 eine Vollzeit-Arbeitsstelle an der TU Braunschweig inne­hatte (wenn auch als BMBF-Projekt befristet, und da ich später ins Projekt ein­gestiegen war, auch noch befristeter, als ich anfangs annahm), war Segen und Fluch zugleich. Segen wegen meiner Finanzsituation, die sich deutlich ent­spannte, Fluch wegen der Lebenszeit, die die Vollzeit-Stelle natürlich fraß. Ich sagte schon, dass meine kreativen Leistungen arg einbrachen. Das war ein Trend, der sich auch im März 2016 fortsetzte.

Auf den ersten Blick sieht man das nicht, wenn ich referiere, dass ich in dem Monat auf 46 kreative fertige Werke kam. Aber wenn man genau hinschaut, er­kennt man das sehr wohl. Allein 18 davon entfallen auf Gedichtabschriften. Weitere 17 sind Blogartikel. Ihr merkt, da wird die Luft schon ziemlich dünn jen­seits davon. Drei weitere werden für Rezensionen abgezweigt. Für den OSM blieb da relativ wenig Raum.

Natürlich versuchte ich, an den Digitalisaten für KONFLIKT 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ weiterzuarbeiten und etwa dasselbe mit der Novelle „Die magische Waffe“ zu machen, doch blieb das im Ansatz stecken. Ebenfalls nicht zum Abschluss kommen konnte ich mit den Arbeiten am E-Book „Als Tiyaani noch ein Kind war…“ (inzwischen glücklicherweise erschienen). Ich trieb mich in diversen OSM-Glossaren herum und machte kleine Stippvisiten in Werken wie „Die automatische Stadt“ und der Archipel-Story „Roxanne“, schrieb alte Non-OSM-Geschichten wie „Erster Bericht über Alcengia II“ ab.1

Das einzig herausragende Ereignis des Monats war die Fertigstellung der OSM-Episode „Fangstricke“, die sich, etwas verblüffend für mich, als OSM-Band 1775 erwies. Und sie hat, vertraut mir, eine wirklich rasante Geschichte zum Inhalt, über die ich sicherlich beizeiten mehr erzählen werde. Es hat mit dem Saum­reich der Talather, der Galaxis Arc, dem Wesen TOTAM und dem blutrünstigen Dämonenschlächter zu tun. Heute ist dafür nicht der Raum (schade eigentlich, aber ich sollte fokussiert bleiben).

Auch der Monat April schaut auf den ersten Blick gut aus (36 fertig gestellte Werke). Sieht man näher hin, ist der Lack durchaus schon ein wenig ab: 13 Ge­dichtabschriften. 12 Blogartikel.

Autsch, sagt ihr? Recht habt ihr, und der Autor seufzt. Ich steckte sehr viel Zeit in diesem Monat in einen wichtigen wissenschaftlichen Artikel, der mich un­glaubliche Kraft kostete. Gelegentliche fast verlegene Stippvisiten im Archipel oder im OSM (so in dem E-Book „Späherin der Cestai“) blieben Ausnahmen. Glücklicherweise gelang es mir aber auch in diesem Monat, mit „Als Tiyaani noch ein Kind war…“ endlich wieder ein E-Book zu vollenden.

Im Mai 2016 gingen die Fertigstellungszahlen meiner Werke noch mehr in den Keller. Das war aus zwei Gründen zu erwarten gewesen – zum einen war ich mit den meisten Gedichtabschriften nun fertig, so dass die schiere Zahl hier not­wendig sank (Gedichte sind bei mir eben eine begrenzte Ressource, ich heiße ja nicht Hermann Hesse!). Zum anderen nahm natürlich meine Beanspruchung im Rahmen der beruflichen Beschäftigung konstant zu. So kam ich im Mai dann nur noch auf 26 beendete Werke. Davon entfielen 5 immer noch auf Gedichte, weitere 8 auf Blogartikel. Außerdem entwickelte ich einiges Engagement, alte Rezensionen neu zu formatieren oder abzuschreiben bzw. in bescheidenem Ausmaß neue hinzuzufügen.

Warum tat ich das? Das ist vermutlich eine Art Verlegenheitsimpuls gewesen, dem Wunsch entspringend, ich möge auf etwas mehr „fertige“ Werke zurückbli­cken können, wenn ich den Monat hinter mir ließ. Und wenn diese einzelnen Werke auch nur selten mehr als 2-3 Seiten hatten… es sähe dann wenigstens nach etwas aus.

Ansonsten wirkte der Monat schließlich ziemlich trostlos. Immerhin gab es 15 „eingeklammerte“ Zeilen, die also auf Werke verwiesen, an denen ich schrieb, bei denen ich aber nicht zum Fertigstellungsziel kam. Bei den meisten war das sowieso utopisch. Die OSM-Wiki etwa ist ja bis in fernste Zukunft ein „Work in Progress“, das in jedem bisher dokumentierten Monat (notwendig) eingeklam­mert ist und auch bleiben wird.

Nicht ganz so aussichtslos sind die Chancen bei den OSM-Stories „Ungleiche Freunde“ und „Himmelfahrtskommando“, auch die Archipel-Werke „Sarittas Hilflosigkeit“, „Amanda trifft einen Geist“ und „Vivica auf Abwegen“ scheinen im Laufe der kommenden Jahre weitgehend abschließbar. Die meisten einge­klammerten OSM-Episoden, an denen ich in diesem Monat arbeitete, sind heutzutage fertig digitalisiert und kommentiert. Sonst kann ich aber nicht be­haupten, in diesem Monat sonderlich herausragende Leistungen erbracht zu haben. Die Arbeit, diverse Archivreisen und die stete 40-Stunden-Woche fraßen mich langsam aber sicher auf. Der erhoffte „Gewöhnungseffekt“ an den univer­sitären Alltag hatte sich bislang jedenfalls noch nicht eingestellt, eine neue Ba­lance war nicht in Sicht.

Folgerichtig ging es im Juni 2016 noch weiter in den Keller. Die Zahl der vollen­deten Werke sank auf 23, von denen wieder insgesamt 12 auf Blogartikel ent­fielen. Die Reihe der „Beam-Blogs“ stellte ich in dem Monat dann endgültig ein, widmete mich stattdessen dann verstärkt Rezensionen und Rezensionsabschrif­ten (insgesamt sechs). Wieder versuchte ich, mit Abschriften alter Geschichten und der bescheidenen Weiterarbeit an Archipel-Werken („Die Zwillinge“, „Lana II“ – das ist ein Planungstitel) und sporadischen OSM-Weiterarbeiten („DER CLOGGATH-KONFLIKT“, „Die magische Waffe“ und „Kontrollverlust“) zumin­dest ein bisschen kreatives Feuer zu bewahren.

Es gelang eher kläglich, und ihr könnt euch denken, dass ich mich ebenso kläg­lich fühlte. Allerdings war der Tiefpunkt noch nicht erreicht. Ich seufze ein we­nig, wenn ich daran denke. Davon berichte ich euch in der kommenden Ausga­be dieser Artikelreihe, wenn wir zum Juli 2016 kommen.

Bis nächste Woche, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Letztere wird beizeiten im Fanzine PARADISE des TCE veröffentlicht…

Rezensions-Blog 220: Der illustrierte Mann

Posted Juni 12th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

Kurzgeschichtensammlungen, so heißt es in Verlagskreisen oftmals, seien quasi schon per se Liebhaberprojekte, die sich schlecht verkauften. Angehenden Au­toren wird – ernsthaft – geraten, doch lieber gleich einen Roman zu verfassen, der ließe sich leichter vermarkten und erziele höheren Umsatz. Das klingt ei­gentlich paradox, aber es scheint sich um ein uraltes und quasi fast ehernes Ge­setz der Verlagsbranche zu handeln.

Aber es gibt Ausnahmen.

Und es gibt Ausnahmeutoren, das möchte ich eigens dazu betonen.

Ray Bradbury gehört zu jenen Ausnahmeautoren, die ich zu den Großmeistern der phantastischen Kurzgeschichte rechnen will und nach wie vor sehr schätze. Vielleicht nicht unbedingt wegen der plausiblen Settings (das sind sie vielfach nicht), sondern weil er es versteht, Protagonistenseelen knapp und doch beein­druckend klarsichtig zu beschreiben, auch weil bei ihm die Formulierungsgabe bemerkenswert scharfsinnig ausgeprägt ist bzw. war. Leider weilt Bradbury ja nicht mehr unter uns.

Dann wiederum gibt es Leute, die denken, nur weil Bücher oder Kurzgeschich­ten 40 oder mehr Jahre auf dem Buckel haben, würden sie unwichtig oder alt­backen, angestaubt und uninteressant sein… nun, wer diese blasierte Auffas­sung vertritt, braucht hier gar nicht weiterzulesen. Denn ich möchte heute ein sehr lesenswertes Buch vorstellen, dessen frischeste Geschichte schon fast 70 Jahre alt ist, die meisten davon sind noch älter.

Und dennoch finde ich anerkennende, ja begeisterte Worte dafür? Einwandfrei. Weil es sich einfach um ein gutes Buch handelt, das heute mit Gewissheit so gut wie vergessen ist. Ich finde, es lohnt eine Wiederentdeckung. Folgt mir also zur Venus, zum Mars und zu der Erde der Zukunft, die Bradbury in der tiefen Ver­gangenheit beschrieb.

Vorhang auf für:

Der illustrierte Mann

(OT: The Illustrated Man)

Von Ray Bradbury

Heyne 3057

3. Auflage, München 1970

192 Seiten, TB

Aus dem Amerikanischen von Peter Naujack

Als ich im Dezember 1988 diese Storysammlung antiquarisch erwarb, war mir nicht bewusst, dass ich hiermit eine der erfolgreichsten Kurzgeschichtensamm­lungen Ray Bradburys vorliegen hatte. Das wusste ich auch im März 1990 nicht, wo ich sie als Ablenkung von meinem Zivildienst auf einer meiner zahllosen Rei­sen zwischen Gifhorn und Hameln erstmals las. Damals fiel die Lektüre in ein Zeitfenster, in dem ich nahezu keine Rezensionen verfasste, und so rutschte auch dieses Buch durch das Raster der analytischen Lektüre. Im Juni 2016, wäh­rend ich Hardy Kettlitz´ interessantes Buch „Ray Bradbury. Poet des Raketen­zeitalters“ las, das sich ja mit Ray Bradburys Werk beschäftigt, stolperte ich überraschend über die Feststellung, dass just hier die Mars-Story „Die Feuer­ballons“ enthalten sein sollte, die im Grunde genommen in „Die Mars-Chroni­ken“ gehörte – die ich gerade gelesen hatte.1

Nun, an die Geschichte konnte ich mich gar nicht mehr entsinnen, also war es definitiv Zeit für eine Neulektüre. Und ich muss zugeben, nun, wo ich das Buch ausgelesen habe, dass das gar keine schlechte Idee gewesen ist. Nach über 25 Jahren die Erinnerung aufzufrischen, ist eine tolle Sache. Der Band enthält 16 Kurzgeschichten des SF-Altmeisters, die zwischen 1947 und 1951 in verschiede­nen Magazinen in den USA erschienen sind. Für diese Veröffentlichung wurden sie mit einer Rahmenhandlung umgeben, durch einen einleitenden Prolog und einen Epilog gekennzeichnet.2 Die Geschichten selbst stehen sonst für sich und können in unterschiedlicher Reihenfolge gelesen werden. Schauen wir uns die längeren davon mal kurz an.

Im Prolog lernen wir die beiden zentralen Personen des Buches kennen, zwei namenlose Wanderer auf einer Landstraße in Wisconsin, beide auf der Suche nach Arbeit. Sie treffen sich hier erstmals und übernachten zusammen in der Wildnis. Der eine von ihnen ist der herkulische illustrierte Mann, über und über mit Tätowierungen bedeckt, die ihm angeblich eine Frau aus der Zukunft auf den Leib tätowiert hat. Das Problem ist, dass die Bilder zu leben beginnen und Geschichten erzählen, wenn man sie zu lange fixiert. Und es gibt ein freies Feld, in dem angeblich das Schicksal des Betrachtenden materialisiert.

Der zweite Mann kann aber, während der Illustrierte schläft, nicht umhin, die Bilder anzusehen, und so wickelt sich der Reigen der Kurzgeschichten nachein­ander ab. Die Rahmenhandlung ist also knapp gehalten, aber raffiniert gemacht und zieht das Interesse des Lesers an.

Das Kinderzimmer (The Veldt) ist die erste Geschichte. In der Zukunft ist selbst die Kindererziehung weitgehend automatisiert. Dazu gehört ein phantastisches Zimmer, in dem wie mit Hologrammwänden eine Naturkulisse projiziert werden kann. Doch im Zimmer von George Hadleys beiden Kindern scheint etwas schief zu gehen, denn es projiziert immer nur eine afrikanische Savanne mit einer Hor­de Löwen in der Ferne. Als er das Zimmer für die Kinder sperrt, eskaliert ein un­terschwelliger Konflikt in schrecklicher Form…

In Kaleidoskop (Kaleidoscope) explodiert gleich zu Beginn ein Raumschiff auf dem Weg zur Erde. Die Besatzung wird in den Weltraum geschleudert, überlebt bis dahin aber. Und während sie durch das Vakuum driften, halten sie Funkkon­takt miteinander. In dieser Ausnahmesituation flammen bis dahin unter Ver­schluss gehaltene Emotionen auf…

Der Mann“ (The Man) ist ein Phänomen, das Kapitän Hart frustriert. Er ist mit seiner Mannschaft nach langem Raumflug auf einer von menschenähnlichen Wesen bewohnten Welt gelandet, nahe ihrer Stadt, aber niemand interessiert sich für den Erstkontakt. Sie werden völlig ignoriert. Hart vermutet, als er davon hört, dass erst kürzlich „der Mann“ hier durchgekommen ist, dass es ein Kon­kurrent gewesen ist – aber im Verlauf der Geschichte kristallisiert sich mit er­schreckender Deutlichkeit heraus, dass die Lösung vielmehr eine zutiefst spiri­tuelle ist. Hart und seine Leute haben ein epochales Ereignis ganz knapp ver­passt…

Der lange Regen“ (The Long Rain) ist heute eine Geschichte, die man mit Amü­sement liest. Sie spielt auf der Venus, laut Bradbury eine Welt unter dichten Wolken, auf der es ewig regnet. Die einzige Rettung für die hier gestrandete Raumschiffsmannschaft sind Sonnenkuppeln, die errichtet worden sind und in denen sie dem wahnsinnig machenden Regen entkommen können. Aber die Venusier scheinen sie zerstört zu haben…

Die Feuerballons“ (The Fireballoons), jene Story also, derentwegen ich diese Geschichtensammlung wieder aus den Bücherregalen zog, spielt tatsächlich auf dem Mars, der dabei ist, von Menschen kolonisiert zu werden. Mit Pater Joseph Daniel Peregrine und Pater Stone sind zwei Würdenträger der Episkopalkirche gelandet und wollen das Wort Gottes auch an die Marsianer verkünden. Davon scheint es zweierlei Arten zu geben, einmal jene wenigen überlebenden Exem­plare, von denen in „Die Mars-Chroniken“ die Rede ist. Aber dann gibt es an­geblich noch leuchtende Kugeln, Feuerballons nicht unähnlich, die in gebirgi­gen, abgelegenen Regionen des Planeten existieren sollen. Und Pater Peregrine ist überzeugt, dass auch diese „Feuerballons“ zum Glauben finden können…

Die Verbannten“ (The Exiles) spielt ebenfalls auf dem Mars, passt aber inhalt­lich nicht zu den „Mars-Chroniken“. Ähnlich kurios wie die etwa zeitgleich ent­standene Story „Usher II“, die in den amerikanischen Ausgaben dieser Story­sammlung enthalten ist – auf Deutsch in „Die Mars-Chroniken“ enthalten – , besitzt dieses Werk eher Fantasy- bis Weird Fiction-Anklänge. Auf den Mars ha­ben sich all jene Phantasiegestalten geflüchtet zusammen mit den sie erschaf­fenden Autoren wie Algernon Blackwood, Edgar Allan Poe, Ambrose Bierce usw., weil auf der Erde die phantastische Literatur zielstrebig zerstört wurde. Als nun das erste Marsschiff zur Landung ansetzt, ersinnen die Phantasiegestal­ten eine furchtbare Überraschung für die Raumfahrer…

Kein Abend, kein Morgen…“ (No particular Night or Morning) spielt in einem Raumschiff und ist eigentlich psychologischer Natur, wie das oft bei Bradbury der Fall ist. Der Raumfahrer Hitchcock erleidet während des Fluges einen Anfall von Raumkrankheit und beginnt, an allem zu zweifeln, was er nicht direkt in diesem Moment sehen kann: am nächsten Stockwerk des Raumschiffes, am Schiffsarzt, am Flugziel, an nahezu allem. Das führt schließlich zu dramatischen Vorkommnissen…

Der Fuchs und die Hasen“ (The Fox and the Forest) zehrt von Ray Bradburys eigenen Erinnerungen an Reisen nach Mexiko im Jahre 1938. In diesem Jahr spielt die nämliche Geschichte. In der fernen Zukunft ist die Zeitreise erfunden worden, und William Travis und seine Frau Susan nutzen die Möglichkeit, um ins Jahr 1938 zu flüchten und sich hier inkognito zu verbergen. Doch Travis ist für den Krieg der Zukunft von zentraler Bedeutung, und so werden sie verfolgt…

Der Besucher“ (The Visitor) bringt uns einmal mehr auf den Mars. Hier ist der Mars jedoch ein Ort, wohin man Menschen, die am so genannten „Blut-Brand“ erkrankt sind, zum Sterben abschiebt. Jeder vegetiert mehr oder minder parzel­liert einzeln vor sich hin, meist in Sichtweite zum nächsten, darunter auch Saul Williams. So ist es, bis eine Rakete Leonard Mark bringt, einen scheinbar gesun­den Mann, dessen Fluch darin besteht, dass er parapsychische Fähigkeiten be­sitzt…

Die Geschichte „Zementmischer“ (The Concrete Mixer) macht titelmäßig erst ganz zum Schluss Sinn, und dann ein wenig erzwungen. Es ist die Geschichte des Marsianers Ettil, der sich lange weigert, an dem Kriegszug gegen die Erde teilzunehmen. Als er dann doch dazu überredet wird, verläuft die Invasion der Erde völlig anders als angenommen, denn die Marsianer werden herzlich be­grüßt. Ettil, der aus irdischen Pulp-Stories argwöhnt, dies sei ein böswilliger Trick, mit dem ihre Vernichtung besiegelt werden sollte, muss schließlich einer grässlichen Wahrheit ins Auge sehen: „Krieg ist eine schlimme Sache – aber Frieden kann ein Schrecken ohne Ende sein“…

Marionetten, e.V.“ (Marionettes, Inc.) zeigt uns eine bizarre Zukunftswelt, die selbst heute noch nicht realisierbar wäre: Die Firma „Marionetten, e.V.“ schafft auf Wunsch automatische Kopien von Menschen, die diese auf Zeit ersetzen können, etwa bei drögen Geschäftsessen, oder auch, um der Ehefrau vorzuspie­len, man sei da, während man in Wahrheit bei seinem Kumpel Smith in der Bar sitzt und ihm die Ohren volljammert über die Ehe, die zum Alptraum geworden ist. Aber dann gibt es leider auch noch diese andere Seite der maschinellen Kopie…

Die Stadt“ (The City) hat seit Ewigkeiten gewartet. Sie ist eine vollautomati­sierte Metropole, die Bewohner sind seit Jahrtausenden ausgestorben. Schließ­lich landet ein Raumschiff von der Erde, und die Mannschaft untersucht die Stadt, die irgendwie unheimlich ist, weil so gut erhalten. Niemand kann wissen, dass die Stadt ein Vollstreckungsinstrument ist und sehr lange schon darauf lau­ert, Rache zu nehmen…

Stunde Null“ (Zero Hour) ist die älteste Story in der Sammlung, aber vielleicht auch eine der besten: Die neunjährige Mink spielt mit gleichaltrigen Gefährten ein Spiel, das sie „Invasion“ nennt und baut zusammen mit den anderen eine seltsame Maschine zusammen. Die nachsichtigen Eltern lassen sie gewähren, wundern sich aber schon, dass die Kinder offenbar landesweit dieses Spiel spie­len und dabei von einem unsichtbaren Freund namens „Drill“ unterstützt wer­den. Was das wirkliche Ziel dieses Spiels ist und was zur „Stunde Null“ passieren soll, begreifen die Eltern dann erst zu spät…

Das Raumschiff“ (The Rocket) ist der Traum des Schrottplatzbesitzers Fiorello Bodoni, der sich danach sehnt, zu den Sternen zu fliegen und später davon zu berichten. Damit geht er seiner Frau und seinen Kindern auf die Nerven, und er weiß selbst, dass er dafür weder Geld hat noch die sonstigen Möglichkeiten. Höchstens einer kann fliegen, nur wer? Das Halmeziehen zeigt, dass die Wün­sche, zu fliegen, und die ihnen entgegen stehenden Emotionen eine Realisie­rung verhindern. Also beschließt Bodoni, doch besser sein Geld in neue Maschi­nen zu investieren… aber dann wird ihm zum Abwracken ein Raumschiff ange­boten…

In dieser Kurzgeschichtensammlung sehen wir Ray Bradbury als beeindruckend vielfältigen Verfasser unterschiedlichster Visionen. Es gibt zwar andere Autoren, die behaupten, seine Charaktere seien nicht gut durchdacht und seine physikali­schen Settings würden nicht funktionieren – letzteres ist, was seine Mars- und Venus-Geschichten angeht, sicherlich in vielen Fällen zutreffend – , doch bin ich nicht uneingeschränkt dieser Auffassung. Bradbury stellt in den weitaus meis­ten Geschichten menschliche und mentale Konflikte ins Zentrum, beleuchtet Ausnahmesituationen und erzeugt auf diese Weise mal mehr, mal weniger wirk­same Spannung. Das gelingt ihm meiner Ansicht nach sehr gut. Das Setting ringsum ist nicht wirklich das, worauf es ihm zentral ankommt.

Deshalb mag man vielleicht über veraltete Darstellungen lächeln, an der ein­dringlichen Wirksamkeit der meisten Werke in diesem Buch ist auch nach über 65 Jahren nicht zu zweifeln. Stört euch also nicht daran, dass es zutiefst unlo­gisch ist, todkranke Menschen zur Quarantäne auf den Mars zu deportieren oder dass Marsianer irdische Pulp-Magazine und darin enthaltene Invasions-Geschichten kennen sollen (interessant, dass Pulps auch auf dem Mars von Grossisten verbreitet werden… das irdische Vertriebsnetz der Zeitschriften reicht weiter, als man glaubt, das ist für sich schon eine phantastische Vorstel­lung). Einfach drüber hinweglesen, Freunde, darauf kommt es nicht an.

In manchen der Geschichten nimmt er sogar ausgesprochen Klassiker des phan­tastischen Genres vorweg – so in „Marionetten, Inc.“, wo er die ganze Replikan­tenproblematik, die wir heute gern mit Philip K. Dick in Verbindung bringen, schon im Kleinen aufzeigt.

Alles in allem ist dies mit Recht ein Klassiker der Science Fiction, der zweifellos bei detebe neu aufgelegt worden sein wird und unbedingt die Wiederentde­ckung lohnt. Um dann im Nachgang die Entstehungsgeschichte der Storysamm­lung und der Einzelwerke besser einordnen zu können, empfiehlt sich dann die Lektüre des oben erwähnten Buches von Hardy Kettlitz.

© 2016 by Uwe Lammers

Also, reine Euphorie? Würde ich so nicht sagen. Aber ein lesenswertes, sehr kurzweiliges Buch unbedingt. In der nächsten Woche kümmern wir uns um ei­nen phantastischen Raubzug, wie man ihn sich gar nicht vorstellen kann – um die reale Geschichte eines Mannes, der ganze Welten stahl.

Wie das geht? Erfahrt ihr nächste Woche.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. dazu auch den Rezensions-Blog 161 vom 25. April 2018.

2 Diese Storysammlung wurde witzigerweise unter diesem Titel auch mal vor langer Zeit verfilmt. Was schon an sich bezeugt, dass Bradburys Storysammlung höchst reizvoll ist. Welcher Storysammlung ist schon solche filmische Adelung zuteil geworden? Ich kann mich an keinen zweiten Fall entsinnen.

Wochen-Blog 327: Legendäre Schauplätze 13: Milchstraße

Posted Juni 8th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

oh, wie langweilig… die Milchstraße als „legendärer Schauplatz“ des OSM? Aber die Milchstraße, immerhin unsere eigene Heimatgalaxis, die kennen wir doch zur Genüge, das sei langweilig…? Nun, das kann man glauben. Ich werde euch zeigen, dass diese anfängliche Enttäuschung völlig zu Unrecht besteht. Denn die Galaxien (!) Milchstraße innerhalb des OSM kennt ihr definitiv noch nicht. Und wer glaubt, dies sei eine Art von „Heimspiel“, das er geflissentlich überspringen kann, der sollte sich das noch mal gründlich überlegen.

Fangen wir langsam an zum Aufwärmen: Ich redete oben von „Galaxien Milch­straße“… aber wir wissen doch, könnten Besserwisser einwenden, dass es nur EINE Galaxis Milchstraße gibt. Tja, das ist dann schon der erste Denkfehler. Der OSM ist ein serielles Kontinuum, das in zahlreichen aufeinander folgenden Uni­versen spielt, und in vielen davon ist die Galaxis Milchstraße ein zentraler Schauplatz. Folgerichtig gibt es auch mehrere Galaxien Milchstraße, je nach­dem, in welchem KONFLIKT-Universum man sich gerade aufhält. Und, das ist dann eher die geringere Überraschung, jede dieser Sterneninseln ist recht ver­schieden voneinander.

Schauen wir mal, wo die Milchstraße eine zentrale Rolle spielte, und dann ar­beiten wir uns geduldig durch die OSM-Ebenen hindurch, soweit das im Rah­men eines Artikels wie des vorliegenden möglich ist.

Erstmals wird die Galaxis Milchstraße – OSM-chronologisch, nicht nach der rea­len Chronologie, dazu komme ich noch weiter unten – im bis heute nicht ge­schriebenen KONFLIKT 8 zum Schauplatz. Jedenfalls sieht das derzeit so aus. Zu­mindest ist dies das erste Mal, dass die Erde und die Menschheit im Fokus ste­hen. Soweit ich das bislang überblicken kann, erreicht Oki Stanwer mit den Bau­meistern und ihren ZYNEEGHAREN die Milchstraße etwa im 21. Jahrhundert ir­discher Zeitrechnung und trifft schon auf eine Hightech-Zivilisation, die von den Dämonen von TOTAM attackiert wird, insbesondere durch eine Zeitmanipulati­on, die die gegenwärtige Menschheit aus dem Gestern dramatisch dezimiert.1

Auch im nächsten KONFLIKT, KONFLIKT 9, den ich in der Serie „Oki Stanwer – Der Kaiser der Okis“ (DKdO) abhandle, ist die Milchstraße zentral. Dort erreicht der Vorkämpfer des Lichts die Sterneninsel allerdings zu einem viel zu frühen Zeitpunkt, der mit dem Ausklang der Jungsteinzeit in Vorderasien zusammen­fällt. Die Pyramidenbauten in Ägypten sind noch nicht vorhanden. In der Galaxis selbst sind allerdings schon mehrere rivalisierende Sternenreiche entstanden, in denen Oki Stanwer sich durchsetzen muss, um seinen Traum einer geeinten Ga­laxis durchzusetzen. Hier entwickelt sich, nachdem er den Rückhalt durch den ZYNEEGHAR 11, den nachmaligen „Okiplaneten“ erhalten hat, das okische Im­perium, das schlussendlich die Milchstraße und Andromeda und Dutzende von intelligenten Völkern zu einer machtvollen Allianz gegen TOTAM zusammen­schmieden und mehrere tausend Jahre Bestand haben wird.

Das okische Imperium, sollte ich dazu vielleicht sagen, war einst in den „Gedan­kenspielen“ mit meinem Bruder Achim Mitte der 70er Jahre der Ausgangspunkt des nachmaligen Oki Stanwer Mythos, weswegen ich in vielen weiteren Serien auf (Matrixfehler-) Strukturen dieses Reiches zurückkomme. Die weitergehende Konsequenz, da fast alle diese Strukturen in der Milchstraße existieren, war na­türlich, dass die Milchstraße als Schauplatz ebenfalls immer wieder ins Zentrum des Denkens rückte.

Da KONFLIKT 9 in seiner originären Ausprägung allerdings noch in seinen Anfän­gen steckt (es gibt noch nicht mal 20 Episoden), kann ich dazu aus begreiflichen Gründen wenig mehr sagen.

Die KONFLIKTE 10 und 11 sind derzeit noch nicht geschrieben. Aber von KON­FLIKT 10 weiß ich immerhin schon seit langer Zeit, dass darin das Sternenreich der robotischen All-Hüter aufgebaut wird (das auch noch ein schauriges „Nach­leben“ als Matrixfehler führen sollte; vom Standpunkt der Realisierung in OSM-Episoden kann man auch von einem bizarren „Vorleben“ reden, da KONFLIKT 10 noch nicht geschrieben ist, die Matrixfehler-Folgen indes sehr wohl schon, z. T. seit 35 Jahren). Und da die Matrixfehler der All-Hüter nachher in der Milchstra­ße ihr Unwesen treiben, ist der Schluss gestattet, dass KONFLIKT 10 wohl auch in der Milchstraße spielen wird.

Die KONFLIKTE 13 „Oki Stanwer Horror“ (OSH) und 18 „Kampf gegen TOTAMS Dämonen und Schergen“ (KGTDUS) sowie die KONFLIKTE 23 „Oki Stanwer – Der Dämonenjäger“ (DDj) und 28 „Oki Stanwer – Der Siegeljäger“ (DSj) spielen alle zentral auf der Erde, so dass sie eher mikroskopisch die Milchstraße als Fokus besitzen. Da sie aber keinen ausgebreiteten Handlungsraumfächer besitzen, werden sie hier vernachlässigt.

Interessanter wird es in KONFLIKT 15 „Oki Stanwer“ (OS), der ersten OSM-Serie, an der ich ab 1981 schrieb. Oki Stanwer kommt hier im späten 8. Jahrtausend nach Christus in der Milchstraße an und trägt einen Klonkörper, der seinem al­ten grundsätzlich gleicht. Diese Galaxis ist durch den Voork-Krieg vor fast 2000 Jahren völlig in ihren sozialen und politischen Strukturen zerrüttet und zudem mit unzähligen Matrixfehlern durchsetzt, also Dingen, die es recht eigentlich nicht mehr geben dürfte.2

Hier bemüht sich Oki Stanwer zum einen, die zerrütteten menschlichen Koloni­en zu vereinen, während er auf der anderen Seite – direkter Rekurs auf KON­FLIKT 9, der zu dem Zeitpunkt nur als vage Idee bestand! – versucht, die alte „Allianz“ zusammenzuführen. Der so genannte „Alte Bund“ hat zu Zeiten des okischen Imperiums (s. o.) zahlreiche Sternenvölker unter dem Banner des Im­periums vereint. Und die Matrixfehler-Völker, die sich in der Milchstraße des KONFLIKTS 15 finden, besitzen rudimentäre „Erinnerungen“ an diese Vergan­genheit, die in diesem Universum nie Wirklichkeit war (man nennt das „infor­melle Matrixfehler“, es handelt sich dabei allerdings nicht um Wahnvorstellun­gen, sondern sie können sehr wohl auf materielle Hinterlassenschaften grün­den, auch wenn deren Existenz physikalisch kaum zu erklären ist). So kann Oki Stanwer schließlich robotische Oki-Kampftruppen und Matrixfehler der All-Hü­ter sowie der pflanzlichen Zartans unter ihren PSI-Intelligenzen in das Gefecht mit TOTAMS Truppen führen.

KONFLIKT 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“ (DMadN), mit dem ich begann, als KONFLIKT 15 quasi in die Zielgerade ging, setzt scheinbar genau dort an, wo KONFLIKT 15 aufhörte… und doch nicht wirklich.

Wir befinden uns wieder in der Milchstraße, aber am Ende des 39. Jahrhun­derts irdischer Zeitrechnung. Während in KONFLIKT 15 die Erde verlassen und verwüstet war und von Oki Stanwer erst wiedergefunden werden musste, ist sie hier das Zentrum einer aufstrebenden Militärdiktatur, der so genannten Ster­nenreichsunion (SRU), die die Hegemonie über die Menschenwelten anstrebt und sich im Krieg mit dem Insektoidenreich der Artaner befindet (die es in KON­FLIKT 15 nie gegeben hat).

Oki Stanwer materialisiert als treibender Raumfahrer in einem Raumanzug mit­samt dem Wrack eines gigantischen Schlachtkreuzers – wer KONFLIKT 15 erlebt hat, erkennt darin sofort Oki Stanwers Flaggschiff, die KÄMPFER, wieder. Aber sie scheint nun um Tausende von Jahren in die Vergangenheit versetzt, auf den ersten Blick. Auf den zweiten sieht man jedoch, dass diese Galaxis Milchstraße mit der, die Oki Stanwer gerade verlassen hat, nur die astronomischen Struktu­ren gemein hat.

Es gibt andere Völker, andere Allianzen, andere Geschichte. So fehlen beispiels­weise alle Matrixfehler des okischen Imperiums. Dafür ist die Galaxis entropisch instabil und durchsetzt von rätselhaften Installationen des Volks der Baumeis­ter, den so genannten Kegelwelten. Sie scheinen Entropie-Warnvorrichtungen zu sein, installiert vor langer Zeit. Und nahe dem Zentrum der Galaxis gibt es eine geheimnisvolle Ringwelt der Baumeister – RANTALON. Aber RANTALON er­weist sich in der Folge als ein unzugänglicher Ort, geschützt von einem Störfeld intermittierender Zeitströme, von den so genannten „Zeitgezeiten“.

Dennoch… letzten Endes ist genau diese künstliche Riesenwelt das Schlachtfeld, wo sich die Streitkräfte des Lichts und der Finsternis zum letzten Gefecht auf­stellen… und ergänzt wird dieses Alptraumensemble von Matrixfehler-Kriegern von Soffrols LIGA und von GRALSJÄGERN aus der fernen Zukunft.3

Lange bevor ich in realiter diesen KONFLIKT 16 abschloss (1998) hatte ich be­reits das danach folgende Universum vollständig abgehandelt, KONFLIKT 17 „Drohung aus dem All“ (DadA, 1983-1986). Und auch dieses Universum konzen­triert sich auf… die Milchstraße. Und es ist wieder eine andere mit einer abwei­chenden Geschichte.

Hier schreibt man das Jahr 2089. Die vor relativ kurzer Zeit in den Weltraum vorgestoßene Menschheit hat ein kleines, bescheidenes Kolonialreich etabliert und entdeckt eine Reihe von desaströsen Geheimnissen der stellaren Frühzeit. So weckt sie einen schlummernden Konflikt zwischen den humanoiden Weelon und den robotischen All-Hütern (!) wieder. Letztere sind natürlich auch in die­sem Universum Matrixfehler. Und sie sind überdies mit dem Volk der Hightech-Zivilisation der Rontat verfeindet, die scheinbar ausgerottet sind und früher Par­teigänger TOTAMS waren. Das erweist sich allerdings als fatale Fehleinschät­zung, als all diese alten Mächte zu neuem Leben erwachen und die Menschheit zwischen den Kampffronten zu zermalmen drohen.

Schlussendlich führt Oki Stanwer eine bescheidene Allianz der Lichtkämpfer, zu denen auch Menschen gehören, auf der Siegelwelt TOTAMS in die finale Aus­einandersetzung mit den Exponenten des Bösen.

KONFLIKT 18 überspringe ich (s. o.), wiewohl auch hier die Erde im Zentrum steht. Am 1. Januar 1991 begann ich dann mit einer weiteren Serie, nämlich mit dem KONFLIKT 19 des OSM, „Oki Stanwer – Der Missionar“ (DM). Zentrum auch hier: die Milchstraße.

Wundert es noch jemanden, wenn ich diese Galaxis als „legendären Schauplatz“ darstelle? Jetzt vermutlich nicht mehr. Also lauscht noch ein Weilchen weiter, es gibt verdammt viel zu erzählen, und ich halte mich hier wirklich schon EXTREM kurz, vertraut meinen Worten!

Man schreibt im KONFLIKT 19 das Jahr 2081. Dort, wo zu dieser Zeit in KON­FLIKT 17 bereits Sternenkolonien der solaren Menschheit existierten, sind die Menschen dieser Galaxis Milchstraße davon noch weit entfernt. Sie haben das solare System noch nie verlassen, besitzen keine Überlichtantriebe… aber halt, das ist so nicht ganz präzise.

Genau genommen HABEN Menschen das solare System schon verlassen, aber es gibt noch keine Bestätigung darüber. In den 40er Jahren des 21. Jahrhun­derts haben die Raumfahrer auf der Venus ein Baumeister-Portal entdeckt, das „Tor der Ewigen Seligkeit“, das ein Einseitentor ist und zu einem Planeten na­mens Dawson führt, wie ihn die dorthin ausgewanderten Menschen nennen.4 Dorthin ist auch Oki Stanwer vor Jahren in einem irregulären Transit gelangt und versucht seitdem, auf dieser ausgesprochenen Lowtech-Welt eine Machtbasis, das LAGER, aufzubauen. Als er mit dem Raddampfer MISSOURI, für Dawson definitiv Hightech!, zur Jungfernfahrt aufbricht, gelangt er geradewegs ins Universum (dazu sage ich im nächsten Beitrag der „legendären Schauplätze“ mehr, deshalb halte ich mich hier kurz).

Rasch muss er entdecken, dass im KONFLIKT 19 die Baumeister entmachtet wurden, was er ungeheuerlich findet.5 Statt ihrer wird die „spezialstrukturierte“ Galaxis Milchstraße, die in Hunderttausende von „Reservaten“ eingeteilt ist, vom SCANNER-System kontrolliert. So genannte „Vergeltungskonvois“ durch­streifen im Auftrag des Lichts die Galaxis und löschen Völker aus, die es nicht mehr geben dürfte – Matrixfehler. Verzweiflung macht sich in der Sterneninsel breit. Und es gibt subversive Strömungen, die gegen das SCANNER-System ar­beiten. Paranoia grassiert. Negative GRALSJÄGER handeln mit verbotener Waf­fentechnologie. Intriganten ersinnen monströse Verschwörungspläne… und in all diesem Chaos steckt Oki Stanwer, begleitet von Sternenfeen, terranischen Abenteurern und noch wilderen Kreaturen.

Da ich diesen KONFLIKT noch schreibe, kann ich zurzeit nicht sagen, wie die Ge­schichte ausgeht. Faktum ist jedenfalls, dass dies mit weitem Abstand die kom­plizierteste, bizarre Milchstraße ist, die ich bislang im Rahmen des OSM bereist habe. Aber es ist bislang die letzte in der langen Reihe der multiplen Galaxien Milchstraße.

Nein, ob es die definitiv letzte ist, kann ich nicht abschließend sagen. Ich er­wähnte schon, dass die KONFLIKTE 8 und 10 ungeschrieben sind. Wo KONFLIKT 11 handelt, ist mir aktuell auch unklar. Und während die KONFLIKT-Universen 12-24 entweder schon vollendet oder in Arbeit sind, so dass ich die Handlungs­orte kenne, ist jenseits davon noch ein Möglichkeitsraum aufgespannt, wo die Milchstraße so oder so eine Rolle spielen könnte. Ich will es definitiv nicht aus­schließen.

Tatsache ist jedenfalls, dass die Anzahl von OSM-Episoden, die so oder so in der Milchstraße spielen, in die Aberhunderte geht. Während ich die Galaxis Leuci­enne kürzlich schon nur dank der zentralen Rolle in einem einzigen KONFLIKT zu einem „legendären Schauplatz“ erklären konnte (das hatte primär mit ihrer bi­zarren, singulären Struktur zu tun), trägt die Milchstraße diesen Titel deshalb zu Recht, weil sie fast schon ubiquitär als Handlungsort ist.

Ich hoffe, ihr habt eure anfängliche Reserve inzwischen überwunden und stimmt mir zu, dass dies eine abenteuerliche, aber lohnende Reise durch eine Vielzahl von Varianten der Sterneninsel Milchstraße war. Sie ist unsere Heimat­galaxis, das stimmt. Aber im OSM ist sie noch sehr viel mehr, wie ich hoffentlich darstellen konnte.

Damit verlasse ich euch für heute und freue mich, wenn ihr in der kommenden Woche wieder reinschaut!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Das wird in Vergangenheitsblenden während KONFLIKT 9 „Oki Stanwer – Der Kaiser der Okis“ (DKdO) ange­deutet. Über die Ereignisse selbst geschrieben, im Rahmen der eigenständigen Serie von KONFLIKT 8, habe ich allerdings noch nicht. Das ist eine Aufgabe für die Zukunft.

2 Mehr zum Hintergrundkonzept der Matrixfehler erfahrt ihr beizeiten in KONFLIKT 4 „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ (IR), die noch in Arbeit ist.

3 Ich deute das hier nur schon mal dezent an: Die LIGA Soffrols werdet ihr beizeiten in KONFLIKT 12, also der E-Book-Serie „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ (BdC) in voller, schrecklicher Blüte erleben. In KONFLIKT 16 sind sie doch schon sehr viel schwächer… aber in dem verwüsteten und zerrütteten Umfeld, in dem diese Matrixfehler dann agieren, erweisen sie sich als schreckliche Kombattanten.

4 Über Dawson könnt ihr inzwischen auch einiges mehr erfahren, etwa in der Geschichte „Der Platz der Stei­ne“ oder das E-Book „Ian und der Stein der Götter“ (2014). Zur Vorgeschichte ist etwas nachzulesen in der ebenfalls im E-Book-Format erschienenen Story „Die Intervention“.

5 Wer allerdings weiß, was sie sich in den vorangegangenen drei KONFLIKTEN geleistet haben, versteht diese Entscheidung der Lichtmächte gut. Falsch ist sie gleichwohl, weil sie katastrophale Entwicklungen in KON­FLIKT 19 anstoßen hilft.

Rezensions-Blog 219: Sweet Sins (3/E): Fesselnde Blicke

Posted Juni 5th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

erotische Romane zu schreiben, ist alles andere als simpel, selbst wenn man sich dies vielleicht als Leser manchmal so vorstellt. Gar zu leicht verengt sich der Autorenfokus zu einer Art von Tunnelblick, mit der Konsequenz, dass zwar abwechslungsreiche, prickelnde Liebesbegegnungen dargestellt werden, aber jenseits davon alles auf der Strecke bleibt. Mitunter passiert es sogar, dass selbst wichtige zentrale Aspekte von Romanen stiefmütterlich behandelt wer­den.

So geschah das in den ersten beiden Bänden der Sweet Sins-Trilogie (die genau besehen ein Vierteiler ist; allerdings ist „Opalherz“ gewissermaßen ein Sequel, weswegen ich oben schon das „E“ für den Schlussband der Trilogie aufgenom­men habe). Wer wirklich Details über Renee Maurice, die Betreiberin der Ero­tik-Agentur „Sweet Sins“ erfahren wollte, der wurde in den ersten beiden Bän­den bedauernswert karg abgespeist.

Es ist schön, dass sich das – in gewisser Weise zumindest – im dritten Band ge­ändert hat. Hier erfährt man recht viel über Renees Vergangenheit und wird so­lide und aufreizend unterhalten. Dennoch bleibt der Personenbestand sehr übersichtlich, und allzu sehr in die Tiefe geht die Geschichte im Bereich der Protagonisten-Biografien nicht.

Einerlei – ich wurde durchaus gut unterhalten und empfand den vorliegenden dritten Band als nette Ergänzung zu den ersten beiden Romanen. Außerdem wurden sogar schon Fährten für den Folgeband „Opalherz“ gelegt.

Neugierig geworden? Dann schaut einfach mal weiter:

Sweet Sins 3 – Fesselnde Blicke

Von Ivy Paul

Plaisir d’Amour

308 Seiten, TB (2015)

ISBN 978-3-86495-209-8

Preis: 12,90 Euro

Sweet Sins ist eine Erotik-Agentur in Sydney, die unter der Leitung der energi­schen wie phantastisch aussehenden Leiterin Renee Maurice allein stehende Männer und Frauen mit ausgefallenen sexuellen Bedürfnissen einander näher­bringt. Präzise gesagt: sie ermöglicht es ihnen auf diskrete Weise, ihre Neigun­gen zu Dominanz, Sadismus, Devotismus und dergleichen mit Gleichgesinnten auszuleben, und dies in reizvoller Umgebung mit allem erdenklichen Luxus. In den ersten beiden Teilen dieser Trilogie konnte man auf diese Weise schon mit­erleben, wie sich die Opernsängerin Kristin Manzetti mit einem dominanten Rocksänger verband1 bzw. wie die Parfümdesignerin Monique Heillecourt bei ei­nem Besuch in Australien, als sie einer Einladung ihrer alten Freundin Renee folgte, von zwei dominanten Kerlen verwechselt und kurzerhand für einen BDSM-Kurzurlaub entführt wurde – wobei sie den Mann fürs Leben kennen lernte.2

Wir befinden uns eben im Dunstkreis der romantischen BDSM-Romane, und dies hier ist wieder einer davon. Die Autorin Ivy Paul wurde offensichtlich dar­auf aufmerksam gemacht, dass zwar vergleichsweise oft von der Agentur und dem angeschlossenen Nachtclub die Rede war, aber die Initiatorin, Renee Mau­rice, vergleichsweise eine Randrolle spielte. Das habe wohl nicht nur ich bedau­ert. Folgerichtig steht diesmal im Roman Renee im Zentrum der Darstellung.

Die Geschichte startet mit einer Erinnerungsblende Renees: man schreibt den Juli des Jahres 2000. Renee ist noch in ihrem Heimatland und lebt mit ihrer Freundin Monique (siehe „Sweet Sins 2“) in einer Wohngemeinschaft beisam­men, als sich ihr die Gelegenheit bietet, ein prickelndes erotisches Abenteuer zu erleben. Ein herrischer junger Mann namens Pascal Folly, dem offenkundig eine steile Karriere als Jungpolitiker bevorsteht, macht Renee mit der Welt der Dominanz und Unterwerfung vertraut. Er gehört einem Bund an, der sich „Freundeskreis der O.“ nennt, und hier werden ähnlich heftige Praktiken an Frauen vollzogen, wie sie in dem Erotik-Klassiker von Pauline Reage beschrieben wurden.

Das ist der jungen und einigermaßen verschreckten Renee dann doch zuviel, erst recht, als sie Zeugin wird, wie eine Frau einem Gangbanging mit ange­schlossener Bestrafungsaktion unterworfen wird. Pascal droht ihr allerdings, dass sie über all diese Dinge nie etwas erzählen soll. Falls doch, werde er sie überall finden… voller Schrecken entschließt sich Renee daraufhin, Frankreich den Rücken zu kehren und all diese Dinge tief in ihrer Seele zu vergraben.

Sehr begreiflich.

Doch dann – und hierfür ist es essentiell, dass man die ersten beiden Bände des Zyklus gelesen hat, sonst versteht man die Anschlusspassagen kaum – kommt sie über 15 Jahre später in Kontakt mit dem Journalisten Nicholas Brady. Auf­grund der Ereignisse von Band 1 hat er etwas gegen Renee in der Hand und zwingt sie zu einem Interview… doch das Interview läuft gründlich aus dem Ru­der. Insbesondere deshalb, weil Nick von Renee geradezu magnetisch angezo­gen wird und sie selbst ihn zwar für einen arroganten Mistkerl hält… aber zu­gleich schwach wird.

Ihre Hingabe und bereitwillige Unterwerfung unter seinen Willen ist für Nick ei­nigermaßen überraschend. Er hat keine Ahnung davon, dass Renee eine starke devote Neigung tief in sich verbirgt und insgeheim davor fürchtet, an einen do­minanten Liebespartner zu geraten – jemanden wie ihn selbst. Aber Nicholas hat auch so seine Probleme. Er besitzt zwar eine dominante Ader, zugleich je­doch ist er einigermaßen unerfahren darin und hat eine traumatische BDSM-Beziehung hinter sich. Er ist von Selbstzweifeln zernagt und traut seiner eigenen Dominanzfähigkeit nicht.

Und doch… und doch… so sehr es ihn zu Renee hinzieht, so sehr er sie begehrt, so verlockend erscheint es doch einer dunklen Sehnsucht in seinem Herzen ebenfalls, diese wunderschöne Frau zu beherrschen und seine wildesten Phan­tasien mit ihr auszuleben. Sie zu dominieren und vollkommen seinem Willen zu unterwerfen.

Renee nimmt Reißaus. Wieder einmal.

Sie kann ihm allerdings nicht sehr lange entfliehen – denn ein paar Monate spä­ter sucht Nick ihre Hilfe. Er hat einem Freund versprochen, seine Verlobte wie­der zu finden, Kathy Sullivan. Sie soll angeblich davongelaufen sein, um mit je­mandem durchzubrennen und sich ihm in einer BDSM-Partnerschaft als Sklavin hinzugeben.

Renee sieht darin nur ein bedingtes Problem – beide Partner scheinen erwach­sen zu sein, und wie sie ihre sexuellen Beziehungen gestalten, obliege allein ih­nen… aber dann rückt Nick mit den Details heraus: Kathy und ihr „Freund“, ein Mann namens Wayne Durham3, sollen sich in Frankreich aufhalten. Er sei die rechte Hand eines gewissen Pascal Folly, und dummerweise kann Nick nun mal kein Französisch. Er braucht also eine Dolmetscherin… und denkt daran, Renee mitzunehmen.

Die Angelegenheit wird noch pikanter: denn Nicholas will versuchen, Kontakt mit Kathy während eines BDSM-Urlaubs in einem exklusiven und sehr elitären Resorts aufzunehmen, zu dem quasi niemand Zutritt erhält. Um dort hinein zu gelangen, müssen sich die beiden als Ehepaar mit BDSM-Neigung ausgeben, und das hat dann einen ganz eigenen prickelnden Reiz. Ein Abenteuer der be­sonderen Art, das sie beide schließlich ins Naturschutzgebiet Cinque Terre führt – und in eine abgeschiedene Ortschaft namens Malcesi, in dem sich das Zen­trum des „Freundeskreises der O.“ unter Pascal Folly befindet. Und dessen frü­herer Stellvertreter ist Renee längst als ein geschasster Provinzpolitiker be­kannt, der einstmals eine Lebensgefährtin vergewaltigt und umgebracht hat. Sie dringt also in ein Umfeld ein, das alte Alpträume wieder zu neuem Leben er­weckt.

Und schließlich stoßen die beiden, die ohnehin schon Schwierigkeiten haben, gegenseitig ihre Grenzen abzustecken, auch noch auf einen finster dreinblicken­den Schweden namens Isak Söderblom, der durchschimmern lässt, dass er durchaus nicht aus erotischem Interesse an dieser Reise ins Cinque Terre teilge­nommen hat – auf einmal entpuppt sich das Abenteuer als durchaus gefährli­che Reise in den Abgrund von Renees Vergangenheit…

Nach den beiden ersten „Sweet Sins“-Romanen und erst recht, nachdem ich dann vorzeitig „Opalherz“ gelesen hatte, der dummerweise NACH dem vorlie­genden Roman spielt4, war ich natürlich neugierig auf dieses Buch und hoffte, hierin ein paar noch offene Fragen beantwortet zu finden… darin wurde ich mehrheitlich enttäuscht, leider. Da außerdem in „Opalherz“ Isak Söderblom die männliche Hauptrolle spielt, war mir schon einiges klar, was all jenen Leserin­nen und Lesern, die die Bücher in der richtigen Erscheinungsfolge lasen, natür­lich nebelhaft bleiben musste. Gleichwohl nahm dieses Werk nicht allzu viel vorweg. Das lag daran, dass Isak in diesem Roman ja nur eine Nebenrolle spiel­te und Renee in „Opalherz“ umgekehrt den Nebenpersonenpart ausfüllte.

Dafür gab sich Ivy Paul jede erdenkliche Mühe, die emotionalen Tiefen von Re­nee Maurice auszuloten und zugleich die des bislang auch nur am Rande er­wähnten Reporters Nicholas. Das ist ihr solide gelungen, und es gibt eine wirk­lich beachtliche Menge verwegener, erfinderischer Liebes- und Dominanzsze­nen in dem Werk. Das ist nicht zu leugnen. In anderer Hinsicht fand ich ihn dann allerdings ein wenig schal – wenn man nämlich nun wirklich mehr über Renees familiären und beruflichen Hintergrund erfahren wollte, stocherte man weiterhin als Leser im Nebel. Denn da war eigentlich nichts weiter.

Der biografische Hintergrund, der beispielsweise im Falle von Christian Grey und Anastasia Steele doch bemerkenswert weit ausgeforscht wird5, glänzt hier auch weiterhin völlig durch Abwesenheit. Wie sieht es mit Renees Familienge­schichte aus? Wie hat sie ihre Freundin Monique kennen gelernt? Was genau hat sie studiert? Wieso hat sie gerade Australien als neues Lebensumfeld ge­wählt, und woher hat sie die Finanz, „Sweet Sins“ zu etablieren? Gähnende Lee­re.

Natürlich ist es amüsant, von ihren Katzen „Kirk“ und „Spock“ zu erfahren und von ihrer enormen Star Trek-Leidenschaft, das hat sie sehr für mich eingenom­men (ah, süß war dieses Pizzarad in Form der U. S. S. ENTERPRISE!). Dass sich Nick dann auch als Trekkie outet, war ein wenig zuviel des Guten, fand ich, aber es gab den Personen schon eine charmante Note. Das weitgehende Zerstreuen des Gefahrenplots zum Schluss war ein wenig enttäuschend… aber wenn man von diesen Kritikpunkten absieht, ist „Sweet Sins 3: Fesselnde Blicke“ ungeachtet des etwas irreführenden Titels eine sehr unterhaltsame Weiterung der ersten beiden Romane der Reihe. Ein gut lesbarer Band, der Liebende sicherlich auf den einen oder anderen anregenden Gedanken zu bringen versteht… wenn man entsprechend veranlagt ist, versteht sich.

Ich bin auf weitere Romane der Verfasserin definitiv gespannt.

© 2017 by Uwe Lammers

Nach all diesen erotischen Irrungen und Wirrungen des vorliegenden Romans und den historischen Krimis und Clive Cussler-artigen Mäandern vor zwei Wo­chen ist es mal wieder an der Zeit, einen SF-Klassiker unter die Lupe zu neh­men. Das geschieht in der nächsten Woche an dieser Stelle.

Welches Buch ich mir vornehme? Na, da lasst euch mal überraschen, meine lie­ben Freunde. Schaut einfach wieder herein.

Bis demnächst, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. dazu Ivy Paul: „Sweet Sins 1: Arie der Unterwerfung“. Siehe auch den Rezensions-Blog 211 (10. April 2019).

2 Vgl. dazu Ivy Paul: „Sweet Sins 2: Essenz der Hingabe“. Siehe auch den Rezensions-Blog 215 (8. Mai 2019).

3 Leser, die wie ich „Opalherz“ schon gelesen haben, werden bei dieser Namensnennung zweifellos zusam­mengefahren sein. Auch wenn Wayne im genannten Roman nur eine Schattengestalt ist, erzählt doch sein Todfeind Isak Söderblom genug über ihn, um klar zu skizzieren, dass er ein sexistisches, sadistisch veranlag­tes Ungeheuer ist…

4 Der Roman wird demnächst im Rezensions-Blog besprochen werden.

5 Vgl. dazu die Romane von E. L. James: „Fifty Shades of Grey“ ff. Auch diese Werke sind für den Rezensions-Blog in Vorbereitung.

Wochen-Blog 326: Close Up: Der OSM im Detail, Teil 6

Posted Juni 1st, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

eine Woche später als erwartet fahre ich heute fort mit der Nahbeschreibung des KONFLIKTS 14 des Oki Stanwer Mythos, „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“. Zunächst die obligatorische Einleitung, heute knapper als beim vergange­nen Mal:

Rückblick: Eigentlich sollen die insektoiden Cranyaa in der Galaxis Hun’arc Oki Stanwer zur Seite stehen, sobald er erscheint. Aber TOTAM und seine Schergen haben andere Pläne. Die Dämonenwaffe Rookax wurde schon vor Jahrhunder­ten ins Galaxiszentrum eingeschleust und hat hier vier Völker unterworfen und mit den Tsoffags ein künstliches fünftes erschaffen. Im Jahre 700 der Cranyaa-Zeitrechnung bringt der Tsoffag-Sturm die Zivilisation der Insektenwesen weit­gehend zum Zusammenbruch.

Die erste Helferin des Lichts, Slek-Im, wird ermordet, doch der zweite Helfer des Lichts, Klivies Kleines, kann mit seiner Lichtfestung OREOC wesentliche Teile von Rookax´ Vielvölkerreich destabilisieren. Das verhindert jedoch nicht TOTAMS Er­scheinen. Das „Ewige Reich“ wird ausgerufen, die Knochenstraßen entstehen – und selbst die kurzzeitige Zerstörung des Dämonenplaneten durch den Cranyaa-Helfer des Lichts Ureg-Ni bringt nur zeitweilige Erleichterung.

Derweil erscheint Oki Stanwer während eines Raumfluges der Risaler und okku­piert den Körper des quallengestaltigen Raumfahrers Morn. Außerdem begin­nen seine Parakräfte unkontrolliert zu entgleiten. Es beginnt das „Traum-Infer­no“…

Episode 26: Das Traum-Inferno

(12. März 1984, digitalisiert 2015)

Der Probetestlauf des Hyperriss-Triebwerks, mit dem der risalische Versuchspi­lot Morn von Risalon zur Nachbargalaxis Wukarin übergewechselt ist (siehe Bd. 25), hat katastrophale Nachwirkungen. Nicht nur, dass das Universum zwischen den Sterneninseln aufreißt und eine immer größere Schockzone entsteht – entropische Phänomene, die die Raumzeit selbst angreifen, treten in Erscheinung. Doch das alles wird übertroffen von Oki Stanwers paranoiden Erinnerungen und Wahnvorstellungen. Denn seine Parakräfte sind so geartet, dass sie ähnlich wie TOTAMS Traumnebel funktionieren: Wenn er sich vor den Schrecken der Vergangenheit fürchtet, etwa vor den Troohns aus KONFLIKT 2, treten sie mit all ihrer Brutalität wieder ins Dasein und gewinnen materielle Realität.

Auch das Wunschdenken, positive Kräfte gegen sie zu mobilisieren, etwa die Kampfflotten der Oki-Roboter aus KONFLIKT 9, führt nur vordergründig zu et­was Gutem. Denn die beiden antagonistischen Kampfgruppen attackieren sich erbarmungslos und achten nicht auf Kollateralschäden. Ein furchtbares Blutbad bahnt sich an.

Und dann wird Okis größter Alptraum offensichtlich Realität – der Planet TO­TAM erscheint in Wukarin…!

Episode 27: Die Ruinenwelt

(15. März 1984, digitalisiert 2015)

Blende zum weiteren Schicksal des vierten Helfers des Lichts, Ureg-Ni. Der einzi­ge Überlebende der HUHLEG-Expedition (vgl. Bd. 19-21) hat den monströsen Wächter des BUCHES, die Mumie namens Oltrav, ebenso zerstört wie das BUCH selbst. So wurde die Entität, die in der Oltrav-Hülle gefangen saß, befreit – ein monströser Fremder, der sich Soffrol nennt.

Doch Ureg-Nis Handeln kam zu spät. TOTAM hatte bereits die Knochenstraßen in ferne Galaxien aufgespannt, und der Magnet-Effekt bewirkt, dass die zerbers­tenden Trümmer der Kristallwelt wieder zusammengezogen werden, als würde der Explosionsfilm in verkehrter Reihenfolge ablaufen. Ureg-Ni selbst kann per Weitstrecken-Teleportation auf einer fremden Welt herauskommen, die von Ruinen bedeckt ist und fast völlig leblos aussieht.

Bei dieser Welt handelt es sich um einen Planeten des uralten untergegangenen Reiches der Plegg’re. Hier trifft der Cranyaa auf den fünften Helfer des Lichts, UCHULON… der sich seltsamerweise als grotesker, kastenförmiger Roboter er­weist. Und hinter ihm ist der Dämon Awurkk her, der den Auftrag hat, UCHU­LON zu vernichten.

Doch der in dem kastenförmigen Roboter gefangene Helfer des Lichts vermag den Dämon zu übertölpeln. Sehr geschwächt gelingt Awurkk in letzter Minute die Flucht zurück nach TOTAM – und Ureg-Ni hört auf einmal eine fremde Stim­me in sich. UCHULON hat den Robot-Gastkörper gegen den seinen ausge­tauscht, und der Cranyaa ist nun quasi ein doppelter Helfer in einem Körper.

Außerdem macht sich der von Ureg-Ni befreite Soffrol bemerkbar. Er weist auf Oki Stanwers entfesseltes Traum-Inferno hin. Der Feldherr der Cranyaa habe durch seine mentalen Fähigkeiten versehentlich „ein zweites TOTAM“ erschaf­fen, auch die Schockzone wachse bedrohlich an.

Und Soffrol gibt noch zwei Hinweise – zum einen sei der Mond der Ruinenwelt etwas, was sich Ureg-Ni/UCHULON genauer anschauen sollten. Zweitens sei der sechste Helfer des Lichts nur gut 8000 Lichtjahre von ihrer Position entfernt. Sie sollten sich beeilen, zu ihm zu gelangen… dann verschwindet Soffrol spurlos.

Episode 28: Landung auf Runix

(24. März 1984, digitalisiert 2015)

Blende ins zerfallende Reich der Dämonenwaffe Rookax im Herzen von Hun’arc. Nachdem das Waamox-System der Soogrer von OREOC verlassen worden ist, steuert die nunmehr wieder vollständige Besatzung die Heimat der zweiköpfi­gen Echsenwesen an, der Calnarer. Sie waren für Rookax´ Raumschiffsbau zu­ständig. Klivies Kleines hat außerdem den Moog Gruhl, in dessen Körper die Es­senz des dritten Helfers des Lichts ruht, an Bord genommen und einige hundert seiner gezüchteten Artgenossen.

Das Le-Konji-System erweist sich jedoch als eine beispiellose Bastion. Alle 14 Planeten werden von verschiedenen Waffenfestungskreisen bewacht, und so­bald OREOC materialisiert, machen die Calnarer unverzüglich gegen die Licht­festung mobil.

Derweil haben die Besatzungsmitglieder OREOCS massive anderweitige Proble­me: Klivies Kleines, das Kristallwesen, leidet erneut unter dem schwarzen Kris­tallkrebs, und das Gehirn der Lichtfestung behauptet, Kleines stehe kurz vor dem Tode. Es gebe nur eine Chance, ihn zu retten – man muss den Krebs von in­nen bekämpfen. So werden Kama-Ke, Lasa-On und der Soogrer Goonex mit ei­ner Kapsel zielstrebig geschrumpft, um in Kleines´ Mikrokosmos einzudringen. Doch sie machen dort eine erschreckende Entdeckung und wollen unverzüglich umkehren… dann aber reißt der Kontakt zu ihnen ab, und sie sind verschollen im Mikrokosmos.

Außerhalb davon spitzt sich die Lage ebenfalls zu. OREOC ist vom Regen in die Traufe gekommen…

Episode 29: DER TITAN

(27. März 1984, digitalisiert 2015)

Wieder eine Blende zum Handlungsschauplatz Wukarin. Hier verstärkt sich das von Oki Stanwer unabsichtlich ausgelöste Chaos immer mehr. Die fischartigen Wukariner werden zu Abertausenden dezimiert durch die monströsen Traum­geschöpfe aus Oki Stanwers Vergangenheit. Und sie fürchten zudem, dass das lange überwundene „Terror-Syndrom“ wieder ausbrechen könnte.

Ehe die Wukariner zu einer friedfertigen Spezies wurden, induzierte die Amok-Drüse einen fanatischen Rauschzustand, der aus ihnen Furien und Amokläufer machte. Und nun, unter extremem Stress stehend, tritt dieses Symptom wieder auf.

Als erst TOTAM II auftaucht, Oki Stanwers paramentale Kopie der Welt des Bö­sen, und dann noch eine 276 Kilometer lange Kristallstele aus dem Nichts mate­rialisiert, die STELE DER EWIGKEIT (vgl. Bd. 23), da bricht das Chaos in Wukarin richtig aus.

Oki Stanwer ist inzwischen in seinem risalerischen Gastkörper Morn in einen komatösen Zustand abgesackt. Ein kristalliner Roboter der STELE, Xyllom, der ei­nem schwebenden Seeigel aus Kristallglas gleicht, bringt ihn an Bord der STELE, wo Okis Körper in eine humanoide, nicht-aquatische Form umgewandelt wird.

Derweil geschieht auf dem realen Planeten TOTAM in Hun’arc Entsetzliches. Der MAGNET-EFFEKT hat sich umgekehrt und den Dämonenplaneten von neuem zusammengefügt. Alle 32 Dämonen sind nun erwacht – und es werden Aufga­ben verteilt… es sollen die Völker der DIGANTEN und der Gerlakos verführt und für das Böse gewonnen werden. Die Gefahren für Oki Stanwer und die Kräfte des Lichts wachsen beständig an.

Episode 30: TRAUMKRIEGER

(4. April 1984, digitalisiert 2015)

Oki Stanwer hat menschliche Gestalt angenommen und führt nun das Komman­do über das mächtigste Kampfinstrument der Lichtmächte in diesem KONFLIKT – über die STELE DER EWIGKEIT. Mit dem Primärenergiewandler und dem Traumsarg verfügt das gigantische Schiff aus Goldkristall über Waffensysteme, die das von Oki Stanwer entfesselte Traum-Inferno dahingehend abmildern, dass ein Heer von positiven Traumkriegern erschaffen und ins Gefecht geworfen werden kann. Auch das Duplikat TOTAMS sowie der Dämon Drenosa fallen dem Gegenangriff Oki Stanwers zum Opfer.

Dummerweise ist das nicht genug – denn ein verstümmelter Funkspruch der Ri­saler wird aufgefangen. Die Quallenwesen in der Nachbargalaxis haben parallel zum Fernflug Morns ein Entropie-Experiment initiiert, das offenbar fehlgeschla­gen ist. Die Konsequenzen bestehen in einem zunehmenden entropischen Brand Risalons. In drei Wochen wird die gesamte Galaxis nur noch ein monströ­ses Loch im Universum sein… und das alles scheint leider erst der Anfang zu sein.

Soweit der diesmalige Blick in den KONFLIKT 14. Es brennt an allen Ecken und Enden des KONFLIKT-Universums, wie man sieht, aber Oki Stanwer kann nicht überall sein. Die Cranyaa am Boden, OREOC im Herzen Hun’arcs in Bedrängnis, TOTAM erstarkt und mobilisiert seine Truppen… und eine Galaxis wird vom Uni­versum selbst verschlungen.

Mehr zu diesen dramatischen Geschehnissen im nächsten Teil der Close Up-Reihe. In der kommenden Woche wenden wir uns erneut einem „legendären Schauplatz“ zu… und vertraut mir, Freunde, den kennt ihr namentlich recht gut. Aber damit endet die Vertrautheit dann auch schon, ihr werdet es sehen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 218: Blutnetz

Posted Mai 29th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

wie ich letzte Woche bereits versprach – nach einem eher mittelmäßigen Ro­man aus dem Sektor der kriminalistischen Spannungsliteratur kommen wir nun zu einem, den ich rundum als gelungen bezeichnen möchte: mit raffiniertem Katz- und Maus-Spiel zwischen Jäger und Gejagtem, Tarnung, Täuschung, lang­gestreckten und komplizierten Strategieplänen, geschickten falschen Spuren und tödlicher Action.

Selbst wenn man aus den ersten beiden Romanen um Isaac Bell natürlich weiß, dass er dieses Abenteuer überleben wird (das haben die dortigen Prologe und Epiloge verraten), bedeutet das nicht, dass er nicht in Lebensgefahr geraten oder schwer verletzt werden könnte. Und das gilt erst recht für den Rest des Personen-Tableaus auf beiden Seiten des Spielfeldes.

Wenn man darüber hinaus auch noch Historiker mit thematischem Schwer­punkt des frühen 20. Jahrhunderts ist, wie das bei mir der Fall ist, und wenn zu­dem der Roman dem geschärften kritischen Auge standhält… tja, dann kann ich nur sagen: Hut ab, die Herren Autoren!

Folgt mir in einen rundum packenden Roman und ins Jahr 1908:

Blutnetz

(OT: The Spy)

Von Clive Cussler & Justin Scott

Blanvalet 37964

576 Seiten, TB, 2012

Übersetzt von Michael Kubiak

ISBN 978-3-442-37964-4

Man schreibt das Jahr 1908 in den Vereinigten Staaten von Amerika. Die Welt steht im Bann eines dramatischen Rüstungswettlaufes, der in ein paar Jahren in das fatale Verhängnis des Ersten Weltkriegs münden wird und dann Monarchi­en stürzen, Staaten zerstören und Millionen Menschen auf bisweilen unvorstell­bar grausame Weise zugrunde gehen lassen wird.

Am 17. März 1908 ist dies noch eine finster über der Zeitgeschichte lastende Wolke voller vernichtender Pestilenz, doch das Grauen nähert sich auf leisen Sohlen. Eine finstere Macht und ihre Emissäre greifen nach den USA, und alles beginnt in einer Nacht auf dem Washington Navy Yard, als ein rätselhafter Ein­brecher in das Büro des genialen Waffenkonstrukteurs Arthur Langner ein­dringt. Doch offensichtlich ist er nicht gekommen, um etwas zu rauben, sondern um vielmehr etwas zu bringen. Als Langner bald darauf bei einer Explosion ums Leben kommt, gehen alle bestürzt von Selbstmord aus – bis auf seine fassungs­lose Tochter Dorothy, die steif und fest behauptet, es sei Mord gewesen. Doch die einzige Unregelmäßigkeit, die man entdecken kann, ist die versuchte Fest­nahme eines Asiaten, der sich in der nämlichen Nacht auf dem Gelände herum­getrieben hat. Allerdings bringt man das mehr mit einem abscheulichen Mäd­chenhändlerring von Chinesen in Verbindung.

Also: alles nur die fixe Idee einer trauernden Tochter, die mit der offenkundigen Wahrheit nicht klarkommt und sich mit dem Tod ihres Vaters nicht abfinden kann? Alles sieht sehr danach aus, und niemand nimmt ihre Bedenken ernst – allein der von ihr konsultierte Detektiv Isaac Bell von der Van Dorn-Agentur kommt zögernd ins Grübeln.

Wenig später stirbt ein Metallurge in Bethlehem, Pennsylvania, bei einem gräss­lichen Unfall in einem Stahlwerk. Spätere Nachforschungen der Van Dorn-Agen­tur ergeben, dass hier während des Unglücks jemand mit deutschem Aussehen kurz gesichtet wurde.

Grover Lakewood, Feuerleitexperte für ein marines Geheimprojekt, ist in seiner Freizeit begeisterter Bergkletterer. Bei einer dieser Klettertouren macht er die bezaubernde Bekanntschaft einer jungen, irisch aussehenden Frau mit flam­mend rotem Haar, die sich ihm als Katherine Dee vorstellt. Und sie wird auf schreckliche Weise sein Verhängnis.

All diese Vorfälle sind völlig unscheinbar, wiewohl private und auch berufliche Tragödien. Aber es sieht doch beim besten Willen aus wie eine Verkettung un­glücklicher Umstände. Allein Dorothy Langners entschiedene Überzeugung, dass ihr Vater niemals Selbstmord begangen haben könnte, und ihre Hartnäckigkeit, die den Chefermittler bei Van Dorn, Isaac Bell, beeindrucken, führen dann zusammen mit einem unerwarteten Zufall dazu, dass eine bedrohliche Verschwörung sichtbar wird.

Wenig später ist Bell nämlich zugegen, um bei einem weiteren Mordversuch Zeuge zu werden. Und er kann bis auf einen alle Angreifer ausschalten. Dieser, ein Mann namens „Iceman“ Weeks, entkommt verwundet. Und, seltsam genug, dieser Mann ist Bell durchaus vertraut – er gehört zu einer in New York ansässi­gen Kriminellenbande, den „Gophern“ von Commodore Tommy Thompson. Aber die Gopher verlassen New York eigentlich nie, und die Truppe hier war ziemlich weit außerhalb ihres Terrains. Problematischer ist jedoch, dass auch dieses Op­fer mit dem amerikanischen Schiffsprogramm zu tun hatte… genau wie alle an­deren oben erwähnten Todesopfer der „Unfälle“.

Also, dass es sich bei den Unglücksfällen um raffiniert arrangierte Morde han­delt und mithin Dorothy Langners Vermutung der Realität entsprach, ist bald of­fenkundig, nur fehlen in allen Fällen handfeste Beweise. Und die Indizien sind verwirrend. Langners Tod scheint von einem Japaner begangen worden zu sein. Es ist ein deutscher Agent darin verwickelt, vielleicht ein Ire, eventuell ein Brite, es gibt auch Anzeichen für französische Spionage. Aber Gemeinsamkeiten scheinen nicht zu existieren.

Je mehr sich Isaac Bell in den Fall vertieft, desto komplizierter und komplexer wird er. Als er selbst einen Fall von Sabotage bei einem Stapellauf eines neuen Schlachtschiffs vereiteln kann, kommen die Dinge in Bewegung. Er muss allmäh­lich begreifen, dass er sich in einem Blutnetz von Intrigen befindet, in einem ganzen Räderwerk von Agenten, die in Tarnidentitäten unterwegs sind und ganz offensichtlich mit einer Art von Spinne in diesem Spinnennetz zusammenarbei­ten, die als „Mastermind“ im Hintergrund ist.

Aussehen des Masterminds: unbekannt.

Name des Masterminds: unbekannt.

Nationalität des Masterminds: unbekannt.

Konkrete Ziele: unbekannt.

Er hingegen, der seinen Verfolgern stets mehrere Schritte voraus zu sein scheint, spinnt seine finsteren Fäden allmählich auch gegen die Van Dorn Agen­tur, beginnt damit, deren Ruf zu demontieren, Sabotagetrupps überall im Land aktiv in den Einsatz zu schicken, zu denen recht schnell auch chinesische Tong-Killer gehören.

Während Isaac Bell versucht, herauszufinden, wer eigentlich der dubiose Draht­zieher im Hintergrund ist, gibt es weitere „Unfälle“, Van Dorn-Agenten sterben, und atemlose, lebensbedrohliche Verfolgungsjagden führen nach und nach dazu, dass sich Jäger und Gejagter immer mehr annähern…

Das dritte Abenteuer des Detektivs Isaac Bell, zum zweiten Mal in Zusammenar­beit mit Justin Scott verfasst, ist ebenso wie ihre Vorgänger „Höllenjagd“ und „Sabotage“ ein rasanter Page-turner, der den Leser mitreißt.1 Allein andere Ak­tivitäten hatten zur Folge, dass ich acht Tage daran las… ich hätte es sicherlich auch in vieren geschafft. Die hinteren vierhundert waren sowieso dann in zwei aufeinander folgenden Tagen fällig, die letzten am gestrigen Abend bis nach Mitternacht. Wenn man sich erst mal in dem dramatischen Erkenntnisprozess Isaac Bells befindet, wer denn der „Mastermind“ ist, der titelgebende „Spion“, dann kann man eigentlich nicht mehr aussteigen aus dem Roman.

Packend an diesem Roman war: ich ahnte schon eine ganze Weile lang, wer denn der „Spion“ ist. Und wenn man das weiß und Bell dann ahnungslos mit ihm an einem Tisch im Zugwaggon sitzt, dann kann einem schon heiß und kalt werden… und wenn Bell anschließend die eiskalt gelegte falsche Fährte ver­folgt… du meine Güte. Das ist schon ziemlich kitzelig.

Selbst wenn wahrscheinlich alle Erfinderpersonen fiktiv sein dürften, ist doch auch diesmal das Lokalkolorit des Jahres 1908 faszinierend eingefangen, das geht bis hin zu den offenkundigen rassistischen Einstellungen der amerikani­schen Arbeiterschaft. Und ganz so wie beim letzten Roman der Reihe hat sich das Duo – dort bezüglich Eisenbahnen, hier bezüglich des Seewettrüstens vor dem Ersten Weltkrieg – sichtlich tief in die Materie eingearbeitet. Es ist auch schön zu beobachten, wie fremd Bell die Welt der internationalen Spionage ist, und die Raffinesse der Attentäter der Gegenseite zeigt einmal mehr, dass hier nicht der plumpe Versuch unternommen wird, Möchtegernverbrecher aufzu­bauen, die leicht zu demontieren sind. Leicht zu demontieren ist hier überhaupt nichts. Die Gegenseite ist äußerst raffiniert und absolut tödlich.

Ein spannender, äußerst unterhaltsamer und gut gemachter Roman, der Hunger auf weitere Isaac Bell-Abenteuer macht (die es glücklicherweise auch schon gibt… wenigstens fünf oder so). Klare Leseempfehlung, Freunde.

© 2015 by Uwe Lammers

Der Roman macht echt Laune, kann ich nur sagen. Selbst wer mit Cusslers NU­MA-Abenteuern nichts anfangen kann, weil sie ihm zu überdreht erscheinen, der sollte mal in die Isaac Bell-Romane eintauchen. Ich glaube, die könnten ge­fallen.

Ansonsten könnt ihr natürlich auch mir in der kommenden Woche wieder nach Down Under folgen, um den dritten Teil der „Sweet Sins“-Trilogie kennenzuler­nen… ach nein, weite Teile des Romans spielen ja in Frankreich. Warum das? Nun, das erfahrt ihr nächste Woche an dieser Stelle.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. dazu die Rezensions-Blogs 186 (17. Oktober 2018) und 206 (6. März 2019).