Rezensions-Blog 175: Ein Sherlock Holmes des Roten Planeten

Posted August 1st, 2018 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

heute erwartet euch mal ein ganz unerwartetes Abenteuer, das ihr euch ver­mutlich im Rahmen meiner Rezensions-Blogs nicht vorgestellt habt. Denn das Buch, das ich heute vorstelle, gibt es recht eigentlich gar nicht… wie, das ist ein Widerspruch in sich? Wie kann man ein Buch vorstellen, das es überhaupt nicht gibt? Oh, ich versichere euch, das ist für einen kreativen Kopf keine Zauberei. Es ist nicht einmal völlig singulär. Lasst mich dazu mal die Vorgeschichte erzählen, denn es ist immerhin über zehn Jahre her, dass ich das unten stehende Werk entwickelte, und es war (anfangs) strikt zielgebunden.

Wie viele von euch wissen, bin ich seit sehr langer Zeit bereits Chefredakteur des Fanzines „Baden-Württemberg Aktuell“ (BWA) des Science Fiction-Clubs Ba­den-Württemberg (SFCBW). Ich fülle diese Aufgabe mit Begeisterung und Lei­denschaft aus und bin auch nach mehr als dreizehn Jahren dieser Aufgabe durchaus nicht überdrüssig. Im Rahmen dieser Tätigkeit entwickelte ich ver­schiedene Themenbände, und der Themenband BWA 290 sollte im Zeichen des Themas „Mars“ stehen. Dazu kamen eine Menge interessanter Beiträge, und das Heft wurde eine schöne Ausgabe, auf die ich heute noch stolz bin.

Lange grübelte ich indes darüber nach, was ich selbst dazu beisteuern könnte. In meinem Oki Stanwer Mythos (OSM) ist der Mars eher unterrepräsentiert, und Stories aus dem Stegreif thematisch zu entwickeln und in kürzester Zeit niederzuschreiben, das ist für mich als intuitiver Schriftsteller so einfach nicht. Das entfiel also. Was dann aber tun…?

Tja, und da kam mir eine verwegene Idee. Ich erinnerte mich an den polnischen Phantasten Stanislaw Lem und sein Buch „Die vollkommene Leere“, das ich vor langer Zeit mit einiger Verwirrung gelesen hatte. Das Buch beinhaltet, und das ist kein Witz, Vorworte fiktiver Romane. Und zwar ausschließlich. Auf diese Wei­se entstand eine Art bizarrer Essayband mit zum Teil sozialkritischen Ansichten des Autors. Ein irritierendes, aber durchaus reizvolles literarisches Experiment.

Ich übertrug diesen Gedanken auf meine bevorstehende Aufgabe und mischte noch eine weitere meiner Leidenschaften hinein: Sherlock Holmes. Und dann kam Folgendes dabei heraus – was wäre, dachte ich mir, wenn es in der ferne­ren Zukunft auf dem Mars eine Kolonie gäbe und sich dort nach und nach eine eigenständige Kultur etablierte? Was, wenn es einen Kolonisten gäbe, der den physiologischen Herausforderungen seines Wohnortes nicht gewachsen wäre? Würde er, zumal als Schriftsteller, als den ich ihn entwarf, nicht alles versuchen, in seinen Geschichten Kompensation zu betreiben?

So tauchte Tarsin Vincent Eyslitt in meinem Leben auf. Und sein Protagonist, Janvier Tsangpo. Eine kuriose Figur mit einem nicht minder bemerkenswerten Lebenslauf. Und ich schrieb über Eyslitts drei fiktive Tsangpo-Romane. Mit dem Erfolg, dass diese Fiktivrezension nachgedruckt wurde und ich sogar noch einen Preis dafür gewann.

Neugierig geworden? Na, dann lest mal schön weiter und staunt, Freunde.

Vorhang auf für einen „Sherlock Holmes des Roten Planeten“:

Ein Sherlock Holmes des Roten Planeten

Ein marsianischer Mord

Rote Vergangenheit

Duell auf den Höhen

Drei Mars-Krimis (Kompakt-Edition)

von Tarsin V. Eyslitt

Quantum-Press, London, New York 2207

448 Seiten, Hardcover $ 21.80

Deutsch bei Scherz-Verlag, Bern

504 Seiten, Hardcover, 28.00 Neue Euro

Aus dem marsianischen Englisch von Derek Wild

Er lag am Ende der Schuttrinne, die fast zweihundertfünfzig Meter lang war, und sein verzerrtes rotes Gesicht starrte in einer bizarren Nachahmung eines Grinsens zu den Sternen empor, als man ihn fand. Mancher der Journalisten meinte ernsthaft, er habe gelacht, als er starb, aber damit ging diese Paralleli­sierung mit Janvier Tsangpo ganz offensichtlich zu weit.

Doch kann man natürlich angesichts des Todes des Autors nicht über die offen­sichtlichen Parallelen zwischen dem Schöpfer und seiner Figur hinwegsehen. Zweifelsohne ist Tarsin Vincent Eyslitt seiner Gestalt, dem Gentleman-Detektiv Janvier Tsangpo, sehr ähnlich gewesen, und er hat auch zeitlebens daraus kei­nen Hehl gemacht. Diese Ähnlichkeit bestand sowohl im Guten wie im Schlech­ten, und diese Werkausgabe ist gewiss ein guter Grund, diesen Parallelen ein wenig genauer nachzugehen, als es in den gängigen, kurzlebigen Nachrufen in den innersystemischen Netzzeitungen der Fall ist, wo Kürze noch mehr trium­phiert als Detailwissen, wo Fakten gering geschätzt werden, wenn man phantastischere Details ersinnen oder erspähen kann, die die Auflage mehr er­höhen. Die Widerrufe, die bald danach kommen, liest sowieso niemand.

Eyslitt hätte sich in dieser Situation ebenso bestätigt gefühlt wie Tsangpo.

Die Art und Weise, wie Tsangpos Schöpfer den Tod fand, erinnert in der Tat auf frappierende Weise an das vor zwei Jahren erschienene dritte Abenteuer des marsianischen Detektivs „Duell auf den Höhen“, und wohl unvergessen werden jene zynischen Abschiedsworte des Marsianers bleiben, als er, schon am Boden liegend und in die Mündung der gegnerischen Waffe starrend, das feine Knacken im Atemsystem seines Gegners hörte und dessen entsetzten Blick und den aufgerissenen Mund erblickte.

Ich nahm mir die Freiheit, Ihre zweite Sauerstoffpatrone gegen eine Stickstoff­patrone auszutauschen. Jetzt atmen Sie marsianische Luft.“ Unnötig zu erwäh­nen, dass dies die letzten Worte waren, die der Gegner jemals hörte. Und es ist schon gespenstisch, dann an diesen steilen Höhenzug zu denken, wo sich das abspielte, und dann die Bilder von der Bergung von Eyslitts Leiche zu vergegen­wärtigen, die um die Welt und durch das ganze Sonnensystem gingen.

Ich habe nur ein Leben, und ich gedenke, es auf die Weise zu verbringen, die meiner Person angemessen ist“, sagte Eyslitt acht Monate vor seinem Tod auf die Frage, warum er den Kontrakt über einundvierzig Millionen Dollar ab­gelehnt habe, den ihm das Random-House-Wilson-Konsortium in New Orleans für den vierten Tsangpo-Roman geboten hatte, von dem erst wenige Vorstudien existierten. „Ich schließe keine Kontrakte auf die Zukunft. Sie kommt dann für mich, wenn sie da ist, vorher nicht.“

Eyslitt, ein zäher, täglich acht Stunden Fitness betreibender Marskolonist, der durch den monatelangen Flug durch die kosmische Leere von der Erde zum Mars vor über dreißig Jahren eine grundlegende Muskel- und Gelenkschwäche davongetragen hatte, gehörte zu der Generation von Kolonisten, die mit ihrer eigenen Arbeit versuchten, den Mars in ein bescheidenes Paradies zu verwan­deln, wohl wissend, dass es stets ein fragiler Kosmos bleiben würde, der immer­zu der Aufmerksamkeit bedurfte. Niemand glaubte hier daran, dass ein Terra­forming dieser Welt irgendwann Erfolg haben würde, zu weit war der Planet von der Sonne entfernt, zu erkaltet sein Kern, und ein wie auch immer neu an­gefachter Vulkanismus hätte zuallererst alles zerstört, was sie aufgebaut hatten.

Marskolonisten wie Eyslitt waren hart, energisch, minimalistisch, und all das drückte sich dann auch in dem aus, was er tat, als unabweisbar klar wurde, dass er für physische Arbeit kaum mehr zu gebrauchen sein würde. Sein sprühender, kristallklarer Geist wandte sich neben der Ertüchtigung, die notwendig war, um sein Leiden nicht zu verschlimmern, der Essenz des menschlichen Verstandes selbst zu, und da er in den Netzzeitungen nur zu deutlich sehen konnte, dass selbst 125 Jahre nach der Kolonisation des Mars die alten, fast schon rassis­tischen Klischees zwischen Mars und Erde kursierten, die Vorurteile, Missver­ständnisse und all der Zank und Hader, da schlug er sich, im Herzen ohnehin seit langem Marsianer, ganz auf die Seite des Roten Planeten und griff gleicher­maßen „zur Feder“.

Auf die Frage, warum es denn eine Art „marsianischer Sherlock Holmes“ sein musste, den er charakterisierte und in die Welt hinausschickte, antwortete Eys­litt auf einer Pressekonferenz zu seinem Erstling „Ein marsianischer Mord“ im Juni 2188 lakonisch: „Kennen Sie sonst einen Detektiv auf dem Mars? Wenn ja, geben Sie mir doch seine Adresse.“ Damit entwaffnete er den Journalisten und trug wesentlich dazu bei, dass die ersten zehntausend Exemplare des Buches in Windeseile ausverkauft waren.

Und die Leser liebten ihn.

Ihn und seinen „Helden“, Janvier Tsangpo, einen gebürtigen Marsianer: Tsang­po, den lederhäutigen, hageren Mann, der auch vom Namen her so sehr an einen auf den Mars verpflanzten Tibeter erinnerte – was Sinn macht, weil bekanntlich viele Tibeter in der ersten Kolonistengeneration waren, und Eyslitt folgerichtig seinen Detektiv auch in eine marsisch-tibetische Familie integrierte und in einen Masuda-Aschram, in dem er aufwächst, nachdem seine Eltern in einem Drucksturm umgekommen sind. Vieles an diesem Schicksal deutet unzweifelhaft auf das Wunschschicksal Eyslitts hin, denn Tsangpo war eben vieles, was er selbst nicht war: nativer Marsianer, stark, kühl, selbstbewusster und deutlich zielstrebiger und erfolgreicher im Leben.

Eigentlich soll der junge Tsangpo Mönch werden, doch er ist erkennbar zu scharfsinnig für religiöse Dogmatik, stellt zu sehr kritische Fragen und ist zu­gleich für Predigten wegen seiner Wortkargheit wenig zu gebrauchen. Außer­dem entwickelt Tsangpo eine gewisse dandyhafte Neigung zu Exportkultur von der Erde und wird bald Stammgast in Spielhöllen von Port Bradbury, was ihm einen ernsten Verweis seines Abtes einträgt.

Das kümmert den sturen Tsangpo – hier ist es ganz Eyslitts alter Ego, wie man sieht – recht wenig. Er geht seinen Weg, liebt die Wanderungen in der lebens­feindlichen marsianischen Wildnis, wo er manchmal tagelang verschwindet. Und er wendet seinen scharfen Verstand ebenso an wie seine starke Physis. Gleich dem Vorbild, das Eyslitt womöglich auch vorgeschwebt hat, nämlich Sir Arthur Conan Doyles Sherlock Holmes, ist der Marsianer in seiner Jugend be­geisterter Anhänger der Kampfkünste und höchst versiert, seine Gegner auf diese Weise in Verlegenheit zu bringen.

Dennoch gerät er eher durch Zufall in sein erstes Abenteuer hinein. Als er sei­nem zugewanderten und daher physisch schwachen Freund Alex Maylight hel­fen möchte, der in der Halbwelt in Schwierigkeiten geraten ist, hat er auf einmal einen Toten in seinem Hotelzimmer – einen waschechten Terraner, und dann sogar noch einen vom Nachrichtendienst, wie er bald darauf feststellen muss, als er selbst verhaftet wird.

Ein marsianischer Mord“ führt meisterhaft sowohl in die Tiefen der marsiani­schen Gesellschaft und beleuchtet die postkolonialistischen Ambitionen macht­hungriger irdischer Konzernkreise ebenso wie das schwierige Schicksal religi­öser Randgruppen auf dem Mars – es sei hier nur Maylights kleine jüdische Ge­meinde genannt, da ja die Masuda-Aschrams auf dem Mars wohl etabliert und gut situiert genannt werden können.

Die rigorose wie verblüffende Aufklärung des Mordes etabliert jedenfalls Jan­vier Tsangpos Ruf als unbestechlichen, rechtlich einwandfreien Staatsbürger des Mars, und sie demonstriert auch, dass ihm daran liegt, marsianische Rechte zur Geltung kommen zu lassen. So begründet er seinen Ruf als Detektiv.

Nach diesem Abenteuer wartete die Leserschaft lange acht Jahre bis zum zweiten Buch, auch dies mit nicht einmal 200 Seiten eine eher kurze Geschich­te, die man an einem Nachmittag geradezu verschlingen konnte. Und doch sehr gewöhnungsbedürftig. In diesem Buch schwenkte Eyslitt von unserer Welt fort und schilderte mit „Rote Vergangenheit“ etwas, das wir auf unserem Mars nicht finden können.

In der Tradition eines Edgar Rice Burroughs oder anderer Autoren des Pulp-Zeit­alters vor 300 Jahren, wärmte er die alte Geschichte von Schiaparellis Mars­kanälen wieder auf, die, wie wir seit langer Zeit wissen, eine Fiktion waren, aus­gelöst durch Beobachtungsungenauigkeiten der frühen Astronomie-Pioniere. Jahrzehntelang geisterten diese Kanäle durch die Weltgeschichte, und immer kühnere Geschichten von degenerierten, sterbenden Marskulturen entstanden, die in zerfallenden Palästen einer Hochkultur allmählich dahinschwanden. Auch unsere Hauptstadt Port Bradbury trägt bekanntlich den Namen eines solchen kühn schwadronierenden amerikanischen Phantasten jener Tage… und man­cher Kritiker spöttelte schon damals vor Erscheinen des Buches, als sein Inhalt durchsickerte, Eyslitt versuche sich jetzt wohl in „Science Fiction“, mancher wit­zelte, der reale Mars genüge ihm nicht mehr, jetzt müssten auch noch die „grü­nen Männchen“ her.

Doch wieder überraschte der Autor sie. Er hatte nicht acht Jahre über einem unausgegorenen, reißerischen Thema gegrübelt, sondern es auf die gewohnte, sowohl subtile wie auch intensive Art und Weise erforscht. „Rote Vergangen­heit“ enthält weder Zeitmaschinen noch grüne Männchen, auch keine Mars­kanäle. Sehr wohl hingegen Marsarchäologie und dezente Spuren einer marsia­nischen Urzivilisation oder wenigstens etwas, das für so etwas ausgegeben wird.

Eyslitt schnitt ein – wie üblich – sehr unangenehmes Thema an: Was geschieht, wenn man feststellen müsste, dass der Mars einstmals eine Zivilisation getragen hat, von deren technischen Errungenschaften sich die irdische Zivilisation große Vorteile verspricht? Wie würde die irdische Cosmic-Commonwealth-Regierung in London reagieren MÜSSEN, wenn so etwas sichtbar würde? Wäre es nicht unumgänglich, den Status der Marskolonisten drastisch einzuschränken und vor allen Dingen eine dauerhafte Garnison des Commonwealth auf den Mars zu verlegen, um frühzeitig technologischen Transfer zugunsten der Kolonisten zu unterbinden?

Es ging also um Autonomie und Okkupation. Um stellare Politik. Und natürlich um Intrigen. Deshalb waren die konkurrierenden Unternehmen der Aldersley-Expedition und der Yin-Sin-Unternehmung so wichtig und so hochpolitisch. Wieder war es eher ein Zufall, der Janvier Tsangpo auf die sterbende Journalis­tin Rebecca Riley stoßen ließ, deren letzte Worte ihn mit völligem Unglauben erfüllten: „Retten Sie die rote Vergangenheit… schützen Sie die Urmarsianer…!“

Ich glaube, ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass dieses zweite Abenteuer noch weit aufregender, weit brisanter und politischer war als das erste. Zwei­undzwanzig Millionen Leser allein der Erstauflage fanden das damals ebenso, und der schon zu bescheidenem Wohlstand gelangte Autor wurde so in den bestirnten Himmel der vermögenden High Society des Mars katapultiert.

Und selbstverständlich hungerte die Fangemeinde nun nach weiteren Abenteuern des ersten marsianischen Detektivs. Viele Neugeborene wurden auf den Namen „Janvier“ getauft, was man in ein paar Jahren in den Schulen und Universitäten wird feststellen können. Auf diese Weise, wenigstens auf die­se Weise, hat sich Tarsin Vincent Eyslitt unsterblich gemacht.

Die Leserschaft musste sich weitere neun Jahre gedulden, bis 2205 endlich der letzte Roman über den marsianischen Detektiv auf den Verkaufstischen lag. Er schoss sofort raketengleich an die Spitze der Bestsellercharts und verkaufte sich in so ungewöhnlicher Weise, dass die Tantiemen aus diesem Werk und den Neuauflagen der beiden früheren Romane es dem Autor Eyslitt ermöglichten, sich endlich seine eigene Villa zu kaufen, eigenes Dienstpersonal einzustellen und damit auch eine Wacheskorte, die allzu aufdringliche Reporter und Fans von ihm fernhielt. Dies war dringend erforderlich.

Wie sein alter Ego Tsangpo nutzte er jede Gelegenheit, in die marsianischen Wüsten hinauszuwandern, sehr selten mit Begleitung, und er war äußerst unge­halten, wenn er feststellte, dass man ihm folgte. Denn der Ruhm hat das hässli­che zweite Gesicht, dass er anstrengend ist, dass er wie eine steinerne Mühle die Privatsphäre zermahlt und höchst selten haben die Menschen, die sich wünschen, berühmt zu sein, sich eindringlich klargemacht, dass sie dies dann für den Rest ihres Lebens sein werden. Man misst sie an der Fassade, die sie um ihr Leben errichtet haben, und haben sie dies nicht getan, bleiben sie verletzlich, für die Medien, für Rivalen, für Neider und für Fans.

Eyslitt schmerzte wohl vor allen Dingen die Unfähigkeit seines Publikums, zu verstehen, dass er die Öffentlichkeit mit Absicht floh. Er wollte keine schönen Frauen heiraten oder mit ihnen Affären haben, es gelüstete ihn nicht nach weiten Reisen, denn dazu war er von seiner Physis her gar nicht mehr imstande. Sein einziges, größtes Vergnügen bestand darin, die Einsamkeit zu genießen.

Im Kopf ist jeder Mensch allein, so sehr er sich auch der Illusion der Gemein­schaftlichkeit in geselliger Runde hingeben mag“, gab er gern einen Spruch sei­nes Detektivs Tsangpo wieder, der einem Glaubenssatz der Masuda-Tibeter ent­spricht. Und er ergänzte in „Duell auf den Höhen“ in einer selten philosophi­schen Laune: „Viele Menschen geben sich der Illusion hin, gesellige Wesen zu sein und schätzen nichts mehr als die Gegenwart von Lebenspartnern, Freunden oder Familienmitgliedern. Diese Illusion ist verständlich, aber sie lässt sich nicht auf alle Personen anwenden. Die Illusion der Geselligkeit ist zugleich ein eisiger Dorn, der der Quell aller Schmerzen der Seele ist, und wer die Schmerzen ver­meiden oder überwinden möchte, muss auch diese Illusion überwinden. Nicht nur die Stärke liegt in der Einsamkeit, sondern auch die Wahrheit.“

Für Tarsin Vincent Eyslitt gab es nie einen Zweifel, dass diese Wahrheit, diese Einsamkeit dort draußen lag, jenseits der klimatisierten Kuppeln der Marssied­lungen. Die Menschheit, die den Mars besiedelt, ist hier nur zu Gast, erwähnte er einmal, und wir werden nie hier völlig verwurzelt werden. Dies wusste sogar seine Figur Tsangpo, und daraus resultieren ihre melancholischen, bitteren An­wandlungen und ihre Schweigsamkeit.

Wir werden wahrscheinlich nie erfahren, was Eyslitt an jenem 8. August 2206 dort draußen gesucht und gefunden hat. Der Obduktionsbericht sagt aus, es habe sich nicht um einen Selbstmordversuch gehandelt, sondern eher um einen Schwächeanfall, der ihn auf dem Höhengrat das Gleichgewicht verlieren ließ. Wie jeder Marstourist und Marsbewohner gut weiß, genügt das völlig, um zu sterben. Schon ein gewöhnlicher Sturz auf das in der Regel scharfkantige Mars­gestein ist hinreichend, um den Druckanzug zu beschädigen, und wenn nie­mand in der Nähe ist, braucht es nicht mehr, um in eine lebensbedrohliche Lage zu geraten. Der Schriftsteller Eyslitt wurde erst nach elfstündiger Suche gefun­den, inzwischen völlig steifgefroren und mit einem geradezu mythischen Grin­sen im Gesicht, als wolle er den Marsgöttern der Vergangenheit ein für allemal widersprechen.

Der vierte Tsangpo-Roman sollte, soviel ist inzwischen bekannt, „Marsianisches Requiem“ heißen. Auf tragische Weise hat die Recherche den Autor zu weit ge­führt und den Titel zu einer sich erfüllenden Prophezeiung gemacht.

Zweifellos wird eine in Arbeit befindliche Biografie des bekannten Kriminalisten Peter Belford Licht in diese Dinge bringen. Bis dahin bleibt uns nur, erneut in die Abenteuer des ungewöhnlichen marsianischen „Sherlock Holmes“ einzutau­chen, die anlässlich des Todes seines Schöpfers hiermit erstmals in kompakter Edition vorliegen, hilfreich ergänzt um einen Essay von Belford, der die biografi­schen Parallelen und Unterschiede zwischen Verfasser und Romanfigur ins rechte Licht rückt und der Mythenbildung Vorschub leistet. Man wünscht sich als Leser mehr solche wohl ausgewogenen Darstellungen. Und wer weiß, viel­leicht kommt ja dereinst jemand daher, der wie damals, als der Meisterdetektiv Sherlock Holmes als Bienenzüchter in den Ruhestand geschickt wurde, Tsang­pos weitere Abenteuer erzählen mag.

Denn machen wir uns nichts vor – ein Autor ist sterblich, keine Frage. Aber eine berühmte Romanfigur gewiss nicht…!

© 2007 [2207] by Uwe Lammers

Tja, Freunde, ihr könnt euren ungläubig aufgerissenen Mund jetzt wieder schließen. Ich hoffe, ihr habt das kleine Leseabenteuer, das weitaus eher eine Kurzgeschichte denn eigentlich eine Rezension war, genossen. Und um aufflam­mende Erwartungen – die damals übrigens bei beiden Veröffentlichungen des Textes sofort in den Lesern erwachten und die ich sehr gut verstehen kann – so­gleich zu ersticken: Nein, es gibt diese drei besprochenen Romane bis heute nicht. Und nein, ich habe in absehbarer Zeit nicht vor, sie zu schreiben… wie­wohl ich einschränkend sagen muss, dass es tatsächlich ein Geschichtenfrag­ment zu Janvier Tsangpo gibt, das mir seither eingefallen ist. Aber ob und wann ich es fertigstelle, ob und wann ich mich der Herausforderung der obigen Romane stelle, steht buchstäblich in den Sternen.

Ich möchte andererseits niemanden von meinen Lesern daran hindern, die obi­ge Idee aufzugreifen und zu realisieren. Um mit einem Schmunzeln die Wahr­heit zu sagen: die Romane würde ich selbst gern lesen. Und da bin ich vermut­lich nicht alleine.

In der kommenden Woche begeben wir uns buchstäblich wieder auf irdischeres Terrain, nämlich ins archaische Pliozän, um zu sehen, wie der Machtkampf der exilierten Terraner und der Tanu weitergeht. Ich versichere, Freunde, es wird aufregend.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

hinter mir liegt ein seltsamer Monat, der zwischen drei verschiedenen Polen hin und her oszillierte, während ich, makroskopisch gesprochen, jede Menge Öf­fentlichkeitsarbeit zu tun hatte. Warum war das so?

Nun, ich bin nun in drei Ehrenämtern tätig, während ich nonstop auf Arbeitssu­che bin, und die hielten mich gut in Atem: Posten 1 ist bekanntlich der Chefre­dakteursposten des Fanzines „Baden-Württemberg Aktuell“, dessen Nummer 416 in diesem Monat entstand und mit 80 Seiten Umfang auch einiges an Ar­beit abverlangte.

Auf Posten 2 bin ich im Vorstand des Fördervereins Phantastika Raum & Zeit e.V. in Braunschweig aktiv, und hier fiel die bei weitem meiste Arbeit an – wir haben unseren nächsten Convention „Raum & Zeit Continuum IV“ (RZC IV) reali­siert, an dem wir seit vier Jahren gesessen haben. Das bedeutete natürlich, dass viel zu tun war: den Conort, das Jugendzentrum Mühle auf Vordermann bringen und schmücken, Räume vorbereiten, Plakate aufhängen, Lesungen organisie­ren, mit den Verantwortlichen reden, den letzten Schliff an die eigene Vortrags­präsentation anlegen, ein eigenes Lesungsskript verfassen, Probelesung halten usw… ehrlich, ich bin am Staunen, dass ich überhaupt noch was anderes neben dieser Schiene geschafft habe. Aber ihr werdet sehen, das ist mir durchaus ge­lungen.

Und dann war da der Ehrenamtsposten 3, der jüngste von allen: Ansprechpart­ner für den Sektor Buchmarkt beim Verein KreativRegion e.V.. Auch hier war ich nicht untätig, hatte ich es doch im vergangenen Herbst erreicht, dass die Krea­tivRegion mit dem Förderverein zusammen den RZC IV mitorganisierte und am ersten Contag einen eigenen Event, „11hoch11 trifft Buchmarkt“ stattfinden lassen konnte. Um das alles vorzubereiten und zugleich etwas Marketing für un­sere Fördervereins-Veranstaltung zu machen, hielt ich vor den Verantwortlichen der KreativRegion am 5. April einen Vortrag mit dem Thema „20 Jahre Förder­verein Phantastika Raum & Zeit e.V.“, denn ja, so lange sind wir schon aktiv.[1]

Gleichwohl war das nur EINER der drei Pole, mit denen ich in diesem Monat zu tun hatte. Pol 2 resultierte aus meiner ausgiebigen Entspannungslektüre, wäh­rend ich von Aktion zu Aktion hetzte – ich schrieb einen ganzen Haufen Rezen-sionen, die voraussichtlich 2019 und 2020 im Rezensions-Blog zu finden sein werden. Hier werden sie nicht aufgelistet, wie üblich.

Und beim Pol 3 kaprizierte ich mich darauf, in einem Gewaltmarsch bei der kommentierten Abschrift des KONFLIKTS 18 des Oki Stanwer Mythos, „Kampf gegen TOTAMS Dämonen und Schergen“, voranzukommen. Auch da bin ich rela­tiv weit gekommen, zumindest in der Entwurfsform. Im Mai geht es genau da gleich weiter.

Genug vorbereitet, meint ihr? Okay, dann schaut euch das mal im Detail an… ach ja, und zum Thema „Detail“ habe ich gegen Schluss auch noch was zu sa­gen, ihr werdet es sehen.

(Wandlungen – Archipel-Story)

Blogartikel 277: Work in Progress, Part 64

(OSM-Wiki)

18Neu 102: Das Magmareich

(18Neu 105: GOLEMS Geheimnis)

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“)

18Neu 104: Dimensionsraumschiff Schädelturm

(Geister – OSM-Story)

(12Neu 46: Welt der Türme)

(12Neu 47: Die Gravitationsbändiger)

Blogartikel 281: Legendäre Schauplätze 9: INSEL

18Neu 103: Kriegszug der Skelette

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“)

Blogartikel 283: Der OSM in Gedichtform (8): Der tiefere Sinn

Erläuterung: Tja, und dieses Gedicht hatte ich dann einfach mal bei meiner Auf­arbeitung des OSM in Gedichtform munter vergessen und musste es noch er­gänzen. So etwas kommt vor. Ich versuche zwar schon, so präzise wie möglich zu arbeiten, aber ihr macht euch gar keine Vorstellung, was das hier für ein Wust an Werken ist, die z. T. noch niemals veröffentlicht worden sind. Und dann die strikte Reihenfolge solcher Frühwerke zu ermitteln, das ist mitunter knifflig. Da kommen schon mal Fehler vor – bin halt auch nur ein Mensch…

(18Neu 106: In der Welt des Rippenbaums)

(14Neu 50: ZEITTRANSIT)

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“)

(Im Bann der schönen Fremden – OSM-Story)

Erläuterung: Oh Gott, NOCH ein neues Storyfragment?, mögt ihr stöhnen. Tja, so ist das eben mit einem intuitiven Schriftsteller… wenn mich Ideen anfliegen, kann ich einfach nicht widerstehen. So war es auch in diesem Fall. Schon seit Ta­gen nagte wieder dieser Sternenfeen-Gedanke an mir, und auf einmal war ich unterwegs in der Grünen Galaxis Bytharg… na ja, besser gesagt, UNTER der Ga­laxis Bytharg, in einem brodelnden, entfesselten Hyperraum, und da war dieser Trupp von Yesvaa, angreifende Berinnyer und Todesgefahr… und ein rettender Engel.

Beizeiten werdet ihr von der Geschichte mehr sehen als nur den Entwurf. Aber zunächst müssen zwei Grundbedingungen gegeben sein: a) die Story muss na­türlich fertig gestellt sein, und b) ihr braucht Hintergrundinformationen, worum zum Teufel es in der Geschichte überhaupt geht. Ihr wisst aktuell weder sonder­lich präzise, wer die Yesvaa sind, noch habt ihr allzu viel Informationen über das Netz der Hyperraumstationen der Baumeister. Diese Infos bekommt ihr aus der Serie „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ (BdC) in nächster Zukunft im E-Book, dann könnt ihr die obige Geschichte auch gescheit in den OSM-Kontext einsor­tieren. Und erst dann macht doch das Spekulieren, was das alles nun soll, richtig Spaß. Ich weiß das noch aus meiner Zeit als Leser der Perry Rhodan-Serie…

(Glossar der Serie „Kampf gegen TOTAMS Dämonen und Schergen“)

(E-Book BdC 1: Im Feuerglanz der Grünen Galaxis)

(18Neu 107: Der große Betrug)

Maiblog 2018

(18Neu 108: Flucht auf die Siegelwelt)

(18Neu 109: Soffrols Offenbarung)

(18Neu 110: Überlebenskampf auf der Kristallwelt)

(18Neu 111: Sterne ohne Gnade)

Erläuterung: Das sieht jetzt vielleicht etwas manisch aus, aber ich versichere euch, dazwischen lagen a) Tage und b) eine ganze Menge an Rezensionen. In meiner handschriftlich geführten Schreibaufstellung für den Monat April 2018 sieht das nicht so gedrängt aus. Dennoch ist die Tendenz klar: ich habe Rohfor­men für die Episoden angelegt, eine jede umfasst aktuell etwa 5-6 Textseiten. Die restlichen Bände bis Nr. 114 (Ende der Serie) folgen im Mai.

Blogartikel 300: Close Up: Der OSM im Detail (1)

Erläuterung: So, und ich sagte ja oben schon, zum Thema „Detail“ gibt es etwas mehr zu erzählen. Sehen wir mal von der wirklich phantastisch fernen Nummer des Blogartikels ab… Ihr erinnert euch vermutlich noch daran, was ich vor rund drei Monaten im Maiblog 2018 gesagt habe – dass das alleinige Veröffentli­chungstempo der E-Books, selbst wenn ich zum monatlichen Rhythmus zurück­kehren kann (was allerdings durchaus fraglich ist, das hängt von meiner errati­schen beruflichen Beanspruchung ab), wohl nicht hinreichen wird, euch mit den schon in Episodenform fertig gestellten Universen einigermaßen vertraut zu ma­chen. Das ist etwas, was schon seit Jahren unangenehm an mir nagt.

Der Gedanke, eventuell kommentierte Abschriften der alten OSM-Episoden auf meiner Webseite zum Lesen zur Verfügung zu stellen, war einer, der schnell wie­der gestorben ist. Die Gründe dafür stehen in meinem Maiblog. Ich ging ge­danklich stattdessen einen anderen Weg, indem ich mich für Kurzrezensionen der Episoden ab KONFLIKT 14 entschied. Und ihr seht schon daran, wie mächtig die Idee und wie unwiderstehlich der innere Druck für mich war, dass ich am gleichen Tag, an dem ich den Maiblog fertigstellte (29. April 2018) auch den ersten Blogartikel der neuen Reihe der „Close Ups“ munter herunterschrieb.

Ich versichere euch, das war das reinste Vergnügen, und wenn meine händische Übersicht über die Blogartikel nicht bei Nr. 298 gegenwärtig endete (das muss ich heute Nachmittag dringend ändern, allein schon, um die Nr. 300 und ihren Fertigstellungstermin nachzutragen), dann hätte ich Folge 2 und 3 sicherlich auch gleich geschrieben.

Natürlich, damit rase ich dem Publikationsdatum der Blogartikel weit voraus, denn der erste Close Up-Beitrag wird Ende November erscheinen, der dritte also sicherlich erst 2019. Dennoch… ich werde vermutlich dergestalt verfahren, davon werdet ihr im kommenden Monat gewiss lesen.

Geplant ist ein Abstand von fünf Wochen, und ich werde versuchen, in jeder Fol­ge wenigstens 5 Episoden kurz zu rezensieren (im ersten Close Up waren es, weil ich etwas Einleitungstext brauchte, nur deren drei). Dennoch wird allein die FdC-Serie 21 Close Up-Beiträge umfassen, so dass ihr euch auf einen Veröffentli­chungshorizont von gut 105 Blogartikeln einstellen könnt.

Weite Vorausplanung? Weiß Gott, ja, das sind, von heute an gerechnet, annä­hernd drei Jahre. Aber ich habe ja zu Beginn meiner Blogartikel im Jahre 2013 versprochen, dass ich hier diesmal systematisch und gründlich vorgehen wollte, und exakt das werde ich tun. Das hier ist das beste Beispiel dafür.

(NK 54: Tödliche Entscheidung)

Erläuterung: Das war nur so eine kurze Stippvisite im letzten Band des HANKSTEYN-Zyklus… es juckte mich verdammt in den Fingern, den Band, der inzwi­schen schon 85 einzeilige Textseiten bekommen hat, ohne fertig zu sein, mal wieder zu lesen… und Teufel noch mal, das ist vielleicht ein Höllenstoff. Muss ihn dringend fertig schreiben. Aber dafür ist es natürlich erforderlich, um in die komplexe Handlung reinzukommen, den gesamten HANKSTEYN-Zyklus noch mal zu lesen. Das müsst ihr verstehen – ich muss doch wieder wissen, wer die Leute sind, die ich (leider) umzubringen habe: BASSID, LECHESICC, Grauhäutige, CRO­MOS, Technos, Dämonen, Dämonenwaffen, zeitreisende GRALSJÄGER verschie­denster Fraktionen, Crellys, Masork… schweigen wir mal von diesem angreifen­den Heer multiethnischer Zusammensetzung, das über 100.000 Schiffe umfasst und von allem, was im EXIL HANKSTEYN noch so herumwuselt.

Das ist die Hölle (allerdings, und das klingt jetzt paradox, eine schöne Hölle!) – und da sich das alles auf die ferne Zukunft UND ferne Vergangenheit des OSM auswirkt, ist hier natürlich große Vorsicht angesagt. Beizeiten sage ich mehr dazu.

So also schaut der recht arbeitsame Monat April 2018 aus, der mit 33 fertig ge­stellten und noch mehr begonnenen Werken abschloss. Ihr könnt jetzt wieder durchatmen, Freunde, genau wie ich.

Bis bald, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

[1]    Also, das muss ich natürlich einschränken: Der Förderverein selbst ist so alt. Ich selbst bin erst seit 2012 „an Bord“. Ich bekam allerdings von unserer Vereinsvorsitzenden die entsprechenden historischen Basisdaten und konnte so einen umfassenden Vortrag halten. Kam gut an.

Rezensions-Blog 174: Der Fluch des Khan

Posted Juli 25th, 2018 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

ich habe ja schon verschiedentlich gesagt, dass Clive Cussler inzwischen ein we­nig in die Jahre gekommen ist, was das Schreiben angeht. Und da er sich nahezu notorisch auf ein und dieselbe Person kapriziert, eben auf Dirk Pitt und dane­ben auf dessen Sidekick Albert Giordino, nimmt es nicht wunder, dass nach mehr als 25 Jahren unablässiger Bestseller-Abenteuer langsam die Puste aus­geht. An diesem Buch merkt man das dann leider recht deutlich, weswegen ich ihn in einem potenziellen Ranking von Cussler-Romanen auch ziemlich weit hin­ten einsortieren würde.

Damit möchte ich nicht behaupten, dass er so unlesbar ist wie etwa weiland „Akte Atlantis“, der Roman war nun echt unterirdisch. Dieser hier hat nur eine ganze Reihe schematischer Schwächen und spult gelegentlich Standardkost ab, wobei es gewisser würzender Ingredienzien ermangelt. Wie ich unten andeute, war wohl der Schreibanteil seines inzwischen ebenfalls schriftstellerisch aktiven Sohnes Dirk Cussler recht bescheiden – das hat sich äußerst nachteilig auf das Buch ausgewirkt.

Abgesehen davon und vielleicht auch der Vollständigkeit der Lektüre halber sollte sich ein wahrer Fan von diesen zurückhaltenden Einleitungsworten nicht abschrecken lassen. Und wer sich für mongolische Geschichte interessiert, ist hier ohnehin richtig.

Auf, auf zu der Spurensuche nach Dschingis Khans Grab:

Der Fluch des Khan1

(OT: Treasure of Khan)

von Clive Cussler & Dirk Cussler

Blanvalet, gebundene Ausgabe

548 Seiten, 2007

ISBN 978-3-7645-0275-1

Übersetzt von Oswald Olms

Wer sich ein bisschen mit asiatischer Geschichte des Mittelalters auskennt, hat die Fakten, die im ersten der beiden Prologe dieses Buches auf packende Weise in dramatische Handlung umgegossen werden, recht schnell parat: Als der Mongolenherrscher Kublai Khan, Erbe des legendären Dschingis Khan, den chi­nesischen Thron im 13. Jahrhundert besteigt, geht sein Ehrgeiz dahin, auch die umliegenden Reiche zu unterwerfen. Korea nimmt er von See her, und als sich das störrische Japan Drohungen nicht unterwerfen will, nimmt er anno 1274 den Weg der Gewalt und versucht eine Invasion der japanischen Inseln. Doch ein gewaltiger Sturm zerstreut die Armada und rettet Japan.

Am 10. August 1281 unternimmt der Khan einen neuen Vorstoß. Zwei große Flotten sollen sich diesmal vereinigen, eine vom chinesischen Festland, eine von Korea stammend. Zwar gelingt dies, und unter normalen Umständen wäre die Landung dieser Tausende von Schiffen zählenden Armada der sichere Unter­gang für das japanische Kaiserreich… doch einmal mehr wütet ein verheerender tropischer Sturm und sorgt für eine beispiellose Niederlage – und das Schiff des mongolischen Heerführers Arik Temur wird dabei weit aufs Meer hinausgetrie­ben, bis er und die wenigen Überlebenden nach langer Zeit und völlig desorien­tiert an die Gestade einer fremden, tropischen Insel gelangen, wo man sie gast­freundlich aufnimmt.

Erst nach Jahren erfährt Temur, dass die Bewohner dieser Insel einst übers wei­te Meer gekommen sein sollen, und auf diese Weise gelingt es ihm endlich, in seine Heimat zurückzukehren und Kublai Khan Bericht zu erstatten. Der Khan je­doch ist inzwischen alt und krank, und wenig später stirbt er. Das Mongolen­reich geht unter. Sein Grab, geheim gehalten wie das seines großen Vorbildes Dschingis Khan, wird nie gefunden.

Im zweiten Prolog, der am 4. August 1937 nahe Peking spielt, machen wir die Bekanntschaft eines wirklich alten Bekannten (der mich hier ausnehmend nerv­te): Leigh Hunt.2 Diesmal ist er weder Kommandant eines Atom-U-Bootes3, auch nicht ein Pirat in der Karibik4 und ebenso wenig ein Captain eines Schiffes der konföderierten Marine, das mit der NAUTILUS konfrontiert wird.5 Damit es nicht so auffällt, darf er heute mal anno 1937 in China den Archäologen mit Fedora auf dem Kopf spielen (Indiana Jones lässt munter grüßen, das gilt auch für die Folgen). Hunt gräbt das legendäre Xanadu Kublai Khans aus und macht hier kurz vor dem Vorrücken der japanischen Armee einen Aufsehen erregenden Fund: eine Schatulle, dessen Inhalt offensichtlich auf das Grab des Dschingis Khan deutet. Leider ist sein Assistent Mongole. Noch bedauerlicher ist es, dass Hunt sein Reiseziel, nämlich England, niemals erreicht. Sein Flugzeug verschwindet spurlos über der Wüste Gobi, und mit ihm jeder Hinweis auf das geheime Grab­mal…

Am 2. Juni 2007, und damit erleidet der Leser nun fast eine Art Kulturschock, wird umgeblendet zum sibirischen Baikalsee, wo eine kleine Gruppe von Pro­spektoren einer Ölfirma unter Leitung von Theresa Hollema einer jungen mon­golischen Ölfirma namens Avarga Oil Consortium wissenschaftliche Hilfestel­lung leistet. Entlang des Baikalsees sollen Ölflecken gesichtet worden sein, die auf ein Austreten von Öl aus unterirdischen Lagerstätten hindeuten. Leider ist das nicht das Hauptanliegen von Avarga, die mit Tatiana Borjin die Schwester des Besitzers der Firma, Tolgoi Borjin, eine direkte Kontaktperson zu den Ölspe­zialisten geschickt hat.

Überraschend wird das Boot der Gruppe von einer Seebebenwelle beinahe ver­senkt, und nur dem draufgängerischen Mut zweier Meeresforscher, die mit ih­rer Forschungsmission in direkter Nähe sind, ist es zu verdanken, dass sie alle am Leben bleiben: Dirk Pitt senior und sein Freund Al Giordino von der NUMA leisten nämlich zufällig ebenfalls gerade wissenschaftliche Schützenhilfe, und zwar bei dem russischen Geophysiker Dr. Alexander Sarchow, der an der Erforschung der Strömungsverhältnisse des Baikalsees arbeitet.

Eigentlich scheint alles nach der Rettung in bester Ordnung – aber dann stellt Pitt fest, dass ihr eigenes Schiff, die Wereschtschagin, nächtens am Ankerplatz schlicht unterzugehen droht. Mit Müh und Not gelingt es ihm und seinen Ge­fährten, das Schiff zu retten. Nur um das nächste Rätsel serviert zu bekommen: das Ölsuchteam ist spurlos verschwunden, und Dr. Sarchow ebenfalls. Glückli­cherweise können Pitt und Giordino Sarchow kurz darauf aus Entführerhand retten und seinen Tod vereiteln. Die anderen sind aber verschwunden, und die Spur führt, seltsam genug, mitten in die Mongolei, zum Sitz von Avarga.

Auf den Weltmärkten regiert derweil das Chaos: Erdbeben im Persischen Golf und ein Tankerunglück in Fernost lassen die Weltmarktversorgung mit Öl weit­gehend kollabieren. Besonders betroffen davon ist China, wo die Wirtschaft ins Stocken zu geraten droht – aber auf einmal taucht eine relativ unbekannte Öl­firma auf, die verspricht, binnen 30 Tagen die notwendigen Ölmengen zu lie­fern. Diese Firma ist das Avarga Oil Consortium aus der Mongolei, Tolgoi Borjins unscheinbare Firma.

Zu diesem Zeitpunkt ahnt aber noch niemand, dass Borjin im Besitz einer revo­lutionären Technik ist, mit der man künstliche Erdbeben auslösen kann. Sein verheerender Plan sieht vor, auf wirtschaftlichem Gebiet genau dort weiterzu­machen, wo sein großer Ahne Temudschin, Dschingis Khan, aufgehört hat: erst das mongolische Großreich wieder in alter Pracht erstehen zu lassen und dann die Welt zu erobern.

Dummerweise stehen ihm dabei ein paar erstaunlich hartnäckige Gegner im Weg, die sich penetrant weigern, zu sterben. Und Dirk Pitt und Al Giordino er­weisen sich nicht nur als findig wie Sherlock Holmes, sondern sie überstehen sogar Reiterattacken von mongolischen Kriegern, Motorradfahrten ins Nirgend­wo, Wanderungen durch die Wüste Gobi ohne Nahrungsmittel und allerlei an­deres Ungemach. Und schließlich holen sie zum Gegenschlag aus…

Man kennt derlei Szenarien von anderen Romanen Clive Cusslers inzwischen zur Genüge, und wiewohl es mitunter recht vergnüglich zugeht, kann man doch in den drei Tagen Lesezeit, die man für diesen Roman veranschlagen sollte, gele­gentlich ein ermüdetes Grinsen nicht unterdrücken. Ganz so wie in dem Roman „Die Troja-Mission“ kann man hier konstatieren, dass die stilistische wie inhaltliche Höhe des Vorgängerromans „Geheimcode Makaze“ (der kalendarisch definitiv vor diesem hier erschienen ist, obwohl das Erscheinungsdatum etwas irritiert) nicht gehalten werden kann. Das lag vermutlich daran, dass Dirk Cusslers Beiträge zum Skript relativ bescheiden waren. Die Protagonisten, die ihm am Herzen liegen – Dirk Pitt jr. und seine Schwester Summer – tauchen erst auf Seite 359 auf, was wirklich sehr schade ist. Ansonsten fließt vermutlich nur seine Kenntnis des Börsenwesens der Welt in die Story weiter vorne ein.

Die Majorität der Handlung wird von Dirk Pitt sr. und seinem Sidekick Al Giordi­no eingenommen, wobei es im Wesentlichen um einen recht ungleichen Kampf zwischen den beiden Unverwüstlichen und einer Truppe eher unterbelichteter Gegner geht. Der Familienclan der Borjin kann wirklich den beiden weder das Wasser noch das Öl reichen, und das merkt man ziemlich bald. Der Bruder Tol­gois erweist sich vor Hawaii als jemand, der von Seefahrt und von Tauchen wirk­lich keinen blassen Schimmer besitzt (und folgerichtig auch durch ein richtiges Deppentum umkommt), die Schwester Tatiana ist eher so eine Art von Quoten­frau, die auch nicht richtig viel zu melden hat, und Tolgoi selbst… ach, das müsst ihr selbst nachlesen. „Natürlich“ machen die Helden mal wieder eine Begeg­nung mit Clive Cussler selbst, der diesmal am Rande der Mongolei als Busfahrer unterwegs ist… und wie immer wird er natürlich nicht erkannt. Früher waren solche Selbstreferenzen manchmal recht witzig, doch inzwischen wirken sie sehr bemüht, hier zumindest.

Der Verlag hat im Übrigen dem Buch einen überaus reißerischen und ganz und gar unpassenden Titel gegeben. Von einem „Fluch des Khans“ ist weit und breit wirklich so überhaupt nichts zu sehen, und abgesehen von der wirklich pfiffigen Erfindung, die Tolgoi einsetzt (aber die ist dann auch deutschen Ursprungs, so dass die Mongolen wirklich mehrheitlich als dumpfe, machtgierige und raffgieri­ge Deppen kommuniziert werden), ist der Roman eigentlich nur eine Art von Durchschnittslesefutter für Cussler-Hardcore-Fans. Es wäre tatsächlich zu wün­schen, dass der Sohnemann ein bisschen mehr Freiraum fürs Schreiben erhält und Summer sowie Dirk Pitt jr. ein bisschen besser ausarbeiten darf. Und auch die hier doch inzwischen völlig degenerierte Libido könnte ruhig ein wenig aus­gedehnt werden. Außer freundschaftlichen Küssen passiert hier nämlich eigent­lich überhaupt gar nichts. Das mag ja für Cussler sr. angehen, aber die beiden Kinder sind doch eigentlich im besten Alter für erotische Abenteuer.

Das hier ist sozusagen der klassische Schlag ins Wasser. Sorry, Clive, aber das ist eine ziemliche Niete, auch wenn dein Held nachher den Schatz doch noch fin­det… aber wo, das sei nicht verraten. Das soll man dann nachlesen, wenn man neugierig geworden ist. Alles in allem ist der Roman ja recht unterhaltsam gera­ten, wenn auch nicht besonders berauschend. Schlichtes Lesefutter halt, wenn an große Langeweile hat und sich nicht an Gehaltvolleres traut. Dafür ist er ak­zeptabel.

© 2011 by Uwe Lammers

In der kommenden Woche nehme ich euch dann mit zu einem extraordinären Leseabenteuer, das es noch gar nicht gibt… das klingt verrückt? Oh nein, meine Freunde, absolut nicht. Wir haben es dann mit einer Rezension aus dem 23. Jahrhundert zu tun und besuchen den Planeten Mars.

Näheres in sieben Tagen an dieser Stelle.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Eigentlich, und das sagt das Rechtschreibprogramm völlig mit Recht, müsste es hier „des Khans“ heißen, was einmal mehr darauf hindeutet, dass der Verlag des Deutschen offensichtlich nicht restlos mächtig war. Vermutlich war das auf den Fluch des Khans zurückzuführen…

2 Inzwischen ist es relativ klar, dass es sich dabei um einen persönlichen Freund Clive Cusslers handelt, dem er einen Gefallen mit „Gastauftritten“ tut. Aber in der Häufung fällt das allmählich echt negativ auf.

3 Wie in dem Roman „Im Todesnebel“ von Clive Cussler vor über 20 Jahren! Vgl. dazu auch den Rezensions-Blog 66 vom 29. Juni 2016.

4 Wie in dem Roman „Die Troja-Mission“ von Clive Cussler. Vgl. dazu auch den Rezensions-Blog 143 vom 20. Dezember 2017.

5 Wie in dem Roman „Im Zeichen der Wikinger“ von Clive Cussler. Vgl. dazu auch den Rezensions-Blog 135 vom 25. Oktober 2017.

Liebe Freunde des Oki Stanwer Mythos,

erneut hat sich die Veröffentlichung meines neuesten E-Books bedauerlicher­weise etwas hingezogen. Aber nun ist es soweit, der vorläufige Schlussakkord der Abenteuer, die die Überlebenden der RHONSHAAR-Expedition absolvieren, liegt vor euch.

Die havarierte RHONSHAAR ist – wie weiland ihr Schwesternschiff GHANTUU­RON – von fremden Intelligenzwesen vor der sicheren Zerstörung durch die Ab­baumaschinen des Terrorimperiums der Troohns gerettet worden. Aber wäh­rend die GHANTUURON-Raumfahrer mit den reptiloiden Allis und dem Bau­meister Nogon zu tun bekamen und alsbald in die Heimat repatriiert wurden (mehr von ihnen ist im 31. Band der TI-Serie zu lesen), sehen sie sich hier den rätselhaften Cestai gegenüber.

Über sie und ihre Lebensweise ist bislang nicht allzu viel bekannt. Als Kapitän Khaalnech und die Seinen nun also den originären Lebensraum der Cestai auf­suchen, nehmen sie zuversichtlich an, dass sich das bald ändern wird. Aber eine Reihe von Überraschungen erwartet sie.

Das Kriegernest der Cestai ist ein Ort der Rätsel und Wunder und … ja … des Ver­drusses. Denn die Cestai reagieren durchaus nicht wie angenommen. Und dann ist da auch noch diese Geheimniskrämerei … und schließlich eine Entdeckung, die den geretteten Yantihni geradewegs den Boden unter den Füßen wegzieht …

Mehr dazu lest ihr besser nach in meinem neuen E-Book „Das Kriegernest“, Band 30 der Serie „Oki Stanwer und das Terrorimperium“. Es ist ab sofort im EPUB-Format auf Amazon-KDP zum üblichen Preis von 1,49 Euro erhältlich. Der einmalige Gratisdownload ist am 30. und 31. Juli 2018 möglich. Im Preis inbe­griffen ist der Schluss der Bonusgeschichte „Das Silber des Bösen“.

Ich wünsche euch angenehmes Lesevergnügen.

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Wochen-Blog 281: Legendäre Schauplätze 9: INSEL

Posted Juli 21st, 2018 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

der Name ist eine Legende im OSM für sich… obwohl ich, zugegeben, lange Zeit gar nicht wusste, dass sie existierte. Aber das ist im Oki Stanwer Mythos oft der Fall – dass Welten, Reiche und Völker quasi aus dem Nichts auftauchen, meis­tens zunächst in Form von Erzählungen, ehe ich sie dann tatsächlich zu Gesicht bekomme. Man stelle sich das ein wenig wie das mythische Cathay vor, von dem lange Legenden kursierten, ehe Seefahrer es dann tatsächlich mit eigenen Augen erblickten.

So ähnlich erging es mir mit der INSEL.

Die Galaxis Mysorstos tauchte auf meinem Radar bereits ab Mitte der 80er Jah­re auf, nämlich damals, als ich am KONFLIKT 20 „Oki und Cbalon – Das Ewig­keitsteam“ (OuC) schrieb. Damals gehörte diese Galaxis mit dem betörenden Namen zu einem Galaxiencluster, der von der so genannten MACHT regiert wird, die auch die Baumeister-Galaxis Arc unterworfen hatte. Schon damals, als ich Mysorstos nur kurz streifte, dachte ich darüber nach, was dort wohl einst­mals los gewesen sein mochte und warum ich diesen Namen einfach nicht ver­gessen konnte.

Als ich sehr viel später damit begann, mir ernsthafte Gedanken zu machen über die Genese des finsteren Antagonisten Oki Stanwers, TOTAM, da irrte ich – heu­te würde ich sagen: unweigerlich – zurück nach Mysorstos. Und obwohl das eher zufällig geschah, war das irgendwie folgerichtig. Nachdem ich erst einmal damit begonnen hatte, diese Idee zu verfolgen, entwickelte sie, wie so viele im OSM, ihr Eigenleben und ist inzwischen so zementiert, dass sie sich gleich ei­nem begierigen Mikroorganismus überallhin ausgebreitet hat.

Wer meinen Blogartikeln schon geraume Zeit folgt, der weiß, dass ich den OSM gegen Mitte der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts eher aus seinem Zentrum her­aus entwickelte, von KONFLIKT 15 „Oki Stanwer“ an (1981-1984). Die frühen Universen des OSM, in denen so zentrale Dinge geschehen sein mussten, lagen weitgehend im Dunkel. Auch wenn ihr Leser heutzutage mit KONFLIKT 2 nahezu am Beginn des Gesamtbauwerks steht, ist doch der KONFLIKT 2 „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ (TI) erst eine Geburt der späteren Zeit, mit dessen Ausarbeitung ich erst 2003 begann.

Die INSEL folgte ziemlich genau ein Jahr später, am 28. November 2004. Und wieder überfiel mich diese Idee, von der ich nicht wusste, wohin sie mich füh­ren würde: Bilder tauchten in meinem Kopf auf, die insbesondere mit einer zen­tralen Erscheinung des OSM zu tun hatten – mit der unheimlichen Untotenar­mee, über die TOTAM später gebietet, die Totenköpfe.

Wann und wie, fragte ich mich, sind sie wohl entstanden? Wann haben sie ihren schrecklichen Ruf erlangt? Inzwischen seid ihr darüber als eifrige Leser meiner E-Books und Fortsetzungsgeschichten in Fanzines darüber klarer infor­miert. Dazu muss man nur das zweite Werk der Annalen, „In der Hölle“, oder den Fortsetzungsroman „Die Totenköpfe 1: Die Alte Armee“ im Fanzine Baden-Württemberg Aktuell (BWA) lesen.

Und damit war ich automatisch in der INSEL.

In der Galaxis Mysorstos.

Mitten im KONFLIKT 4 „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ (IR).

Ihr betretet die Bühne der INSEL in der Blüte ihrer Existenz, im Jahre 2562 ihres Bestehens. Entgegen des Namens handelt es sich hierbei nicht um ein klein di­mensioniertes tropisches Eiland, wie man es beispielsweise im tropischen Ar­chipel, meiner erotisch-phantastischen Gegenwelt zum OSM, zu Tausenden vor­finden kann.

Die INSEL ist ein Vielvölker-Sternenreich, das sich am Rande der Galaxis Mysor­stos ausdehnt. Ursprünglich hätte der Verlauf der kosmischen Geschichte in Mysorstos vielleicht denselben Weg genommen wie in so vielen anderen stella­ren Regionen des Universums – als Bühne für die rivalisierenden, antagonisti­schen Sternenreiche aufstrebender Völker, vielleicht stellare Kriege eingeschlos­sen.

Denn es gab tatsächlich einiges Konfliktpotenzial in dieser Sterneninsel, das ist nicht zu leugnen. Das Volk der humanoiden Technos, das sich von seiner Hei­matwelt Technoros auszubreiten begann, war ein sehr expansives, das zugleich dazu neigte, sich in Splittergruppen aufzuspalten. Sehr leicht hätte das frühe Techno-Sternenreich zerfallen, Bruderrepubliken bilden und sich in Machtkämpfen zerfleischen können.

Dass es nicht so kam, war einer Intervention von außen zu verdanken.

Es trat eine legendäre Gestalt auf den Plan, die das verhinderte: Oki Stanwer. Er kam im Gefolge einer Gruppe machtvoller Aliens, deren Heimat die ferne Gala­xis Arc war.

Die Baumeister.

Sie erschienen zusammen mit ihren gewaltigen technologischen Bauwerken, den ZYNEEGHAREN, die die Größe ganzer Monde besitzen und gigantische Fa­brikzentren der Hochtechnologie darstellen. Und diese geballte Macht setzten Oki Stanwer und die Baumeister ein, um Positives zu wirken: die Baumeister re­volutionierten die Raumfahrttechnik und motteten die archaischen Antriebe der Technos ein. Sie entwickelten ein Netz von Portaltransmittern, das jede be­siedelte Welt vernetzte. Die Datensphären der Planeten wurden optimiert, das Gesundheitswesen perfektioniert… die Zahl der Wohltaten der Baumeister wur­de unüberschaubar.

Binnen weniger Jahrzehnte erlosch jeder zivilisatorische Groll zwischen der Mutterwelt der Technos und ihren Kolonialwelten, und die Kultur der „INSEL“, wie die Baumeister und Oki Stanwer das entstehende imperiale Gebilde zu nen­nen pflegten, dehnte sich immer mehr aus.

Das Ziel der INSEL-Gründung, das sagte Oki Stanwer, der offensichtlich unsterb­liche Regent der INSEL, bestehe darin, nach und nach alle Völker von Mysorstos in eine homogene zivilisatorische Struktur einzugemeinden und ihr Entwick­lungslevel so anzuheben, dass sie ein Leben führen könnten, das keine Entbeh­rungen mehr kennen würde. Und die Baumeister stellten all ihre Technologie sehr bereitwillig in den Dienst der INSEL.

Man schätzt, dass zeitweise bis zu dreißig Baumeister im Raum der INSEL wirk­ten, die genaue Zahl weiß niemand in der Öffentlichkeit präzise. Mutmaßlich Hunderte von ZYNEEGHAREN sind stets unterwegs oder, wie der ZYNEEGHAR 38 über der Zentralwelt der Kleinis, stationär verankert.

Dutzende von Völkern leben im dritten Jahrtausend der INSEL-Zeitrechnung un­ter dem Schutz der Baumeister und haben sich an einen zivilisatorischen Luxus gewöhnt, der für uns Normalsterbliche völlig unfassbar ist.

Transmitterportale, die Reisen über Lichtjahresdistanzen mit einem Schritt er­möglichen – kein Problem, Alltag in der INSEL.

Schwebende Gebirge, von einer Welt zur nächsten versetzt, um dort als Ur­laubsparks zu dienen? Alltag in der INSEL.

Datensphären, die die Bürger vor jedweder Gefahr zu schützen verstehen, wo und wie auch immer sie auftritt? Normal in der INSEL.

Verbrechen? Seit langem ausgerottet.

Kriege? Hat es seit Jahrtausenden nicht mehr gegeben.

Naturkatastrophen? Sofern sie nicht von den ZYNEEGHAR-Überwachungssyste­men vorausgesehen werden, sind sofort Katastrophenhilfskräfte vor Ort, um Opferzahlen zu minimieren, Verletzte zu bergen und Schäden zu begrenzen.

In der INSEL haben sich die vielen Völker, die hier leben, seit Generationen dar­an gewöhnt, dass die altruistischen Baumeister und ihre nimmermüden Künstli­chen Intelligenzen sowie die ständig erreichbaren ZYNEEGHARE alles im Griff haben. Es gibt, so sieht es wenigstens aus, keinerlei Gefahr medizinischer, zivili­satorischer oder kriegerischer Art, die der stabilen Friedensgesellschaft der IN­SEL gefährlich werden könnte.

Aber sind die Baumeister wirklich ausschließlich die Altruisten, als die sie sich geben? Es gibt daran schon gewisse Zweifel. Ihr wisst das, wenn ihr den Anna­len-Roman „Jaleenas zweites Leben“ gelesen habt.

Und ihr ahnt, dass das Imperium der INSEL nicht einfach nur aus Nächstenliebe geschaffen wurde… denn irgendwo in den Weiten des Universums gibt es einen finsteren Feind, eine unbegreifliche Entität namens TOTAM, die schon drei Zivi­lisationsgründungen der Baumeister ausgelöscht hat.

Die INSEL ist nur dem ersten Anschein nach eine reine Friedensgründung. Insge­heim arbeiten die Fabriken der Baumeister auf Hochtouren, um Kriegsschiffe zu erschaffen, Arsenale anzulegen, um gerüstet zu sein für den Krieg, der offenbar unausweichlich ist.

Gigantische Sensorsysteme lauschen hinaus in den Leerraum und in die Tiefen von Mysorstos, um den sich anschleichenden Gegner aufzuspüren und attackie­ren zu können, ehe TOTAM über die friedlichen Welten der INSEL herfallen kann.

Aber ein Gegner, den man nicht versteht, kann man nicht wirklich abwehren.

TOTAM schleicht sich auf unbegreifliche Weise ein: Friedhöfe verschwinden. Einzelne Gebäude lösen sich samt Bewohnern in Nichts auf und werden direkt auf die schwarze Welt des Bösen transferiert. Hier mutieren die Verschleppten auf entsetzliche Weise und müssen sich schließlich direkt dem Kampf mit mons­trösen Feinden stellen – der Alten Armee, die TOTAM für den Sturm auf die IN­SEL erschafft.

Und sehr, sehr viel später, da erfährt ein traumatisierter Oheetir-Totenkopf na­mens Shylviin in einer Horror-Mikrowelt, die alle vier Stunden unwiderruflich zerstört und neu erschaffen wird, dass die INSEL damals, vor Urzeiten, als TO­TAM schließlich angriff, in einem schrecklichen Feuersturm unterging, den sich weder Oki Stanwer noch die Baumeister jemals vorstellen konnten.

Dies ist ein Trauma, das die Baumeister nie wieder überwunden haben.

Aber, und das sage ich euch hier im Vertrauen, Freunde, die INSEL ist nicht nur eine paradiesische Traumwelt des schwelgerischen Luxus. Und sie ist auch nicht nur die Hintergrundkulisse für eine alptraumhafte Zerstörungsvision, mit der sie in Schutt und Asche sinkt. Es gibt Gründe, die dies zwar unabweislich machten… aber es gibt auch ferne Mächte, die wichtige kosmische Pläne verfolgten – mit der Gründung ebenso wie mit dem Untergang der INSEL.

Beizeiten kann ich mehr dazu sagen, heute kann ich nur darauf hinweisen, dass ich aktuell dabei bin, den KONFLIKT 4 in seiner Rohform zu beenden, weil ich in­zwischen weiß, wie das Finale aussehen wird. Und zweifellos werde ich später noch über die zahllosen Welten und Myriaden von Bewohnern dieses wunder­baren und prächtigen Reiches schreiben können. Partiell bin ich sogar schon da­bei, wenn ich an Geschichten wie „Rilaans Geschichte“ oder „Besuch in der Heimat“ denke.

Die INSEL bietet Raum für zahllose Geschichten und Anknüpfungspunkte für schon jetzt recht viele Fragen. Ein paar seien kurz erwähnt: Wie kann es sein, dass auf allen Welten, die Techno-Kolonisten erreichen, schon Baumeister-Por­tale stehen? Die Baumeister scheinen buchstäblich schon auf allen Welten von Mysorstos gewesen zu sein, auf denen die INSEL-Raumfahrer landen.

Wie kommt es, dass im Blitzberge-Park der Zentralwelt während Unwettern yantihnische Matrixfehler aus dem Nichts erscheinen, wie beispielsweise die kampfbereite Jaleena?

Was hat es mit den Matrixfehlern der MINEURE auf sich, die am Rande der IN­SEL auftauchen und bisweilen ganze Kolonialwelten vernichten? Sind das tat­sächlich nur „Randerscheinungen“, wie die meisten Baumeister glauben, oder handelt es sich nicht vielmehr um Angriffsversuche TOTAMS?

Und schließlich: Wie ist es möglich, dass auf dem Planeten Tushwannet eine Gruppe von Technos entsteht, die offenbar imstande ist, Ereignisse zu sehen, ehe sie eintreten?

Das alles sind Fragen, mit denen sich alsbald die Publikation des KONFLIKTS 4 des Oki Stanwer Mythos beschäftigen wird. Ich würde sagen, das ist nicht mehr sehr weit entfernt, vielleicht vier oder fünf Jahre. Doch bis dahin werdet ihr sporadisch von der INSEL in anderen publizierten Geschichten hören, da der Widerhall der grässlichen Katastrophe, in die die INSEL-Geschichte mündet, durch die Jahrmilliarden des Oki Stanwer Mythos hallt. Das hat seine Gründe, die ich heute noch nicht enthüllen kann.

Tatsache ist und bleibt jedoch, dass mich die INSEL, seit ich sie vor rund vier­zehn Jahren erstmals aufsuchte, schlagartig bezauberte und seither nicht mehr losgelassen hat. Vielleicht ergeht euch das ja genauso, ich hoffe es sehr.

Damit schließe ich für heute das aktuelle Kapitel der „legendären Schauplätze“ und verabschiede mich bis zur nächsten Woche, wo ich über meine kreativen Aktivitäten im April 2018 berichten möchte.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

gar zahlreich sind die legendären Fälle des Detektivs Sherlock Holmes aus der Baker Street in London, die sein „Eckermann“ Dr. John Watson den Lesern des „Strand Magazine“ im Laufe von Jahren berichtet. Auf diese Weise machte der „Chronist“ Dr. Arthur Conan Doyle seinen fiktiven Helden unsterblich, wie ein­gefleischte Fans seit langem wissen. Und eine Vielzahl von Epigonen trat nach Doyles Ableben in seine Fußstapfen und verfolgte Windungen und Biegungen und die unzähligen kleinen Andeutungen in Holmes´ Kanon-Geschichten, um daraus ein eigenes „verschwiegenes“ oder „vergessenes“ Holmes-Abenteuer zu generieren.

Manche dieser Fälle wurden sogar mehrfach aufgegriffen und zu unterschiedli­chen Werken literarisch verdichtet. Eine solche Begebenheit ist die um den Seg­ler „Matilda Briggs“ und den „Schrecken von Sumatra“. Ich war verdutzt, als ich auf den Roman von Jörg Kastner stieß, wie ich unten referiere, aber es handelte sich um eine ausgesprochen angenehme Überraschung. Wer also glauben soll­te, er wisse schon alles, was es mit der Matilda Briggs auf sich hatte und mit dem „Schrecken von Sumatra“, der sollte sich dieses Buch besorgen und besser noch mal nachlesen.

Ich bin der Auffassung, dass sich das lohnt.

Worauf genau lasst ihr euch ein, wenn ihr meiner Empfehlung folgt? Das stellt am besten selbst fest und lest weiter:

Sherlock Holmes und der Schrecken von Sumatra

Von Jörg Kastner

Verlag Thomas Tilsner

260 Seiten, geb. (1997)

ISBN 3-910079-40-7

Wir kennen die Grundstruktur – und zweifellos fungiert Jörg Kastner deshalb hier auch auf dem Vorsatzblatt als Herausgeber eines Berichtes von Dr. John H. Watson – , die dieses Werk als posthumes Werk von Sherlock Holmes´ langjäh­rigem Freund und Vertrauten Watson ausgibt. In Wahrheit, auch das ist für Holmsianer offensichtlich, ist es lediglich die raffinierte Camouflage des Autors selbst, der traditionell sein Licht unter den Scheffel stellt. Sei es drum, das hat schon Arthur Conan Doyle so gehalten, verweilen wir dabei also nicht.

Auf den ersten Blick überrascht es, dass es schon wieder um den Fall der „Ma­tilda Briggs“ geht, denn das ist tatsächlich so. Warum verblüfft das? Weil allge­mein bekannt sein sollte, dass dieser Fall längst in einem anderen Roman aus­führlich abgehandelt wurde.1 Dort werden die Ereignisse ins Jahr 1894 datiert, in diesem Buch vor uns befinden wir uns hingegen etwa im Jahre 1887 und noch deutlich vor der Veröffentlichung der ersten Holmes-Geschichte.2

Der Fall beginnt, als ein Monstrum in Holmes´ Wohnung stolpert und hier unter grässlichen Qualen verendet. Nur ist es kein Monstrum gewesen, sondern der französische Kriminalist François le Villard. Er kann nur noch wenig hervorsto­ßen, doch darunter ist der Name „Professor Chalonge“. Schnell wird klar, dass ein Verbrechen vorliegt und dies nur die Spitze des Eisbergs darstellt, eine zu­dem höchst gefährliche. Denn le Villard ist an einer schrecklichen Seuche ge­storben, die offensichtlich künstlich ausgelöst wurde. Professor Chalonge selbst, ein französischer Biologe, ist wie vom Erdboden verschluckt, und seine Entfüh­rer, denen Holmes und Watson bald auf den Kontinent folgen, sind ihnen stets einen Schritt voraus.

Das merken die beiden Kriminalisten, als sie versuchen, Chalonges Tochter Marie in Lyon vor der Entführung zu retten. Wieder misslingt es ihnen. Aber dank des seltsamen „Haustiers“, das die Verbrecher mitschleppen, und mit Hilfe von raffinierter hündischer Spürnase und Indizien, die der Polizei wenig sagen, dafür umso mehr Sherlock Holmes, erkennt er, dass die Spur nach Fernost führt – genauer gesagt: nach Sumatra.

Ohne Unterstützung durch amtliche Personen müssen die beiden sich hier ihrem Feind stellen, der seinerseits ein Heer williger Geister beschäftigt, die skrupellos über Leichen gehen – den Geheimbund der Tukans, die mehrmals auf raffinierte Weise versuchen, Holmes und seinen Gefährten vom Leben zum Tod zu befördern. Schließlich führt die Fährte auf die Insel Aravia, ein düsteres, dschungelbedecktes Eiland des malaiischen Archipels, voller Fallen und Tod. Hier residiert der Baron Xavier Henri Maupertuis3, der sich als Menschenfreund geriert, aber keinerlei Skrupel hat, monströse Experimente durchzuführen, die angeblich zum Besten des Menschengeschlechts dienen sollen, in Wahrheit aber Tod und Grauen im Gefolge haben. Sehr schnell finden sich die Freunde in einem erbarmungslosen Kampf mit einem nicht minder erbitterten Gegner wie­der, und alle Schicksalskarten scheinen zu Ungunsten von Holmes und Watson gemischt zu sein…

Es ist eine klassische Abenteuergeschichte, die uns Jörg Kastner hier unter dem Deckmantel der Autorenschaft von Dr. John H. Watson erzählt, und sie hat mit der Story, die Rick Boyer darbietet, in Wahrheit nur noch recht wenig zu tun. Natürlich, gegen Schluss tauchen sowohl die „Matilda Briggs“ als auch die Rie­senratte von Sumatra auf, aber ich denke, der wahre „Schrecken von Sumatra“ ist in Wirklichkeit der Baron. Er, der sich als Menschenfreund vorstellt und tat­sächlich ein Monstrum ohne Respekt und Skrupel ist, stellt die Hauptgefahr dar, flankiert von nicht minder menschenfeindlichen, kriminellen Subjekten. Wes­halb allerdings überallhin der Orang-Utan von Sumatra mitgehen muss, entzog sich, offen gestanden, meiner Kenntnis. Es hat dann Holmes die Verfolgung der Verbrecher sehr erleichtert.

Das Buch selbst, das durchzogen ist von zahllosen Verbeugungen – insbesonde­re gegenüber Herbert George Wells, der tatsächlich als Handlungsfigur auf­taucht und zahlreiche Elemente des Buches befeuert, bei denen sich Kastner munter bedient4 – und raffinierten Anspielungen, es macht insbesondere we­gen seines schönen Detailreichtums Spaß. Davon abgesehen hat es ständig ne­ckische und bisweilen recht dramatische Wendungen parat. Natürlich… die Rahmenstruktur gerät schon arg an ihre Grenzen, wenn „Watson“ aus der Di­stanz des Jahres 1923 (!) über fast 40 Jahre zurückliegende Ereignisse so akri­bisch Bericht erstattet, bis hin zu den Dialogen (!), dass man darüber eigentlich nur noch schmunzeln kann. Da ist doch der eigentliche Autor Kastner zu sehr Perfektionist, als dass er eine realistische, durch jahrzehntelange Erinnerung ge­trübte und reduzierte Fassung gutgeheißen hätte.

Das spielt aber, wenn man sich auf das Leseabenteuer einlässt, bald keine Rolle mehr. Man vergisst mehrheitlich den „allwissenden Erzähler“ Watson und fie­bert mit Holmes und seinem Kompagnon der langsamen Auflösung des Falles entgegen, leidet durch die Wechselfälle des Schicksals. Er wird tatsächlich an keiner Stelle langatmig oder langweilig, was wesentlich auf die dichte Beschrei­bung zurückzuführen ist und, natürlich, auf die zahlreichen subtilen Anspielun­gen, z. T. in „zeitgenössische“ Fußnoten verpackt. Insgesamt ist es eine Lektüre, die man sich am besten schön genüsslich einteilt… ich für meinen Teil habe ge­mächliche acht Tage dafür gebraucht.

Ausdrückliche Leseempfehlung – eine gelungene Holmes-Geschichte.

© 2017 by Uwe Lammers

Wie ihr sehen könnt, gibt es unter den vergriffenen Büchern jenseits des Ver­zeichnisses Lieferbarer Bücher (VLB) eine ganze Menge echte Perlen. Das hier ist eine davon. Ob auch die Empfehlung der kommenden Woche dazu rechnet, ist wohl Geschmacksfrage. Es geht mit Clive Cussler in den Fernen Osten.

Näheres erfahrt ihr an dieser Stelle in sieben Tagen.

Bis dann, Freunde, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. Rick Boyer: „Sherlock Holmes und die Riesenratte von Sumatra“, Bastei 15601, 2006 (das Originaldatum der Publikation war allerdings 1976, womit dieser Roman ein klarer Vorläufer des vorliegenden Werkes ist). Vgl. zur Rezension des Werkes den Rezensions-Blog 74 vom 24. August 2016.

2 Dies erzeugt dann eine interessante Diskontinuität: Wie kann Holmes jenseits von Watsons Geschichten schon so bekannt sein, dass sich internationale Kriminalisten um seinen Rat bemühen? 1894 scheint darum die weitaus plausiblere Datierung für den Fall der Matilda Briggs zu sein… doch dies nur am Rande bemerkt.

3 Der Name ist eindeutig entlehnt von Pierre Louis Moreau de Maupertuis, einem französischen Mathemati­ker (1698-1759) – ebenfalls ein Mann, der seiner Zeit weit voraus war, allerdings deutlich positiver geartet als die Romangestalt.

4 Natürlich dreht „Watson“ das so, dass Wells die Inspirationen, die er aus den obigen Geschehnissen gewon­nen hat, später für seine eigenen Romane verwendet… auf diese Weise verwandelt er den Plagiierten in den Plagiator… eine Handlungsweise, die dann weniger verbeugend ist, als sie ursprünglich wohl gedacht war.

Liebe Freunde des OSM,

wenn ein Monat meines kreativen Daseins mit 53 Werken (!) abgeschlossen wird, wie das im Monat Juli 2014 der Fall war, dann sollte man davon reden, dass das ein außergewöhnlich produktiver Monat war. Das stimmt solange, wie wir von den absoluten Zahlen ausgehen. Ein Detailblick zwingt zur Differenzie­rung: in diesem Monat war ich wesentlich damit beschäftigt, alte Gedichte ab­zuschreiben und zu digitalisieren, und bekanntlich sind Gedichte per se nichts, was sonderlich lang ist. Wenn ich also die Gedichte (und Rezensionen) aus die­sem Monat herausziehe, bleibt was übrig? 16 Werke.

Nun, das ist dann doch deutlich ernüchternder, keine Frage. Dennoch, in meiner handschriftlichen Aufstellung füllen meine kreativen Tätigkeiten des Monats Juli 2014 geschlagene 5 eng beschriebene Seiten, das ist sehr beeindruckend.

Fünf der Werke des Monats entfielen auf Blogartikel, außerdem gelang es mir, zwei E-Book-Texte zu vollenden, nämlich das E-Book 18 „Gefangen auf der Dschungelwelt“ und 19 „Vanshcors Flucht“, die alsbald veröffentlicht werden sollten.

Außerdem schrieb ich weitere Episoden aus KONFLIKT 24 ab, also der Serie „Oki Stanwer – Der Neutralkrieger“, werkelte am Glossar für KONFLIKT 18, „Kampf gegen TOTAMS Dämonen und Schergen“. Den Archipel-Roman „Rückzug in das Liebeskloster“, den ich im Juni 2010 begonnen hatte, hielt ich in diesem Monat immer noch für eine „Story“. Das ist schon lange nicht mehr der Fall, von einer Vollendung der Storyline kann freilich nach wie vor keine Rede sein… manche Projekte brauchen einfach viele Jahre, bis sie abgeschlossen werden können. Ich erwähne an dieser Stelle nur mal den OSM-Roman „Eine scharf geschliffene Waffe“, zu dessen Inhalt und Fertigstellung ich im Blogartikel 288 mehr sagen werde.

Auch bei KONFLIKT 18 grub ich mich geduldig durch die kommentierten Ab­schriften und erreichte mit Band 59 „Wenn das Schicksal ruft…“ eine atembe­raubende Stelle der Geschichte, im antiken Hattusas (bzw. Hattuscha) spielend, also in Zentralanatolien im 2. Jahrtausend vor Christus, wo Oki Stanwer und seine Freunde über die Dämonenwaffensärge und das Orakel wachen, weil sie nicht mehr in die Gegenwart zurückkehren können… und auf einmal ertönt das markerschütternde Heulen von Alarmsirenen, die vor einem nuklearen Angriff warnen – das Schädelorakel schreit und verschlingt die Helfer des Lichts. Und das war leider erst der Anfang des Alptraums…

Ebenfalls in diesem KONFLIKT angesiedelt, aber deutlich früher im Serienkon­text, handelte die bislang fragmentarische Geschichte „Spurensuche in Baby­lon“, mit der ich im August 2012 begonnen hatte.

Ich feilte außerdem an Annalen 4: „Heiligtum der Shonta“ und unternahm ei­nen ersten (erfolglosen) Versuch, ein E-Book in ein Create Space-Format umzu­formatieren, um ein Printexemplar herzustellen. Ziel des Plans war das E-Book „Die Katze, die die Sonne stahl“.

Weitere Energie floss in ein weiteres E-Book, „Die Macht der Liebe“ und in das Glossar der Serie „Oki Stanwer“. Und, einigermaßen überraschend, konnte ich dann parallel zu den ganzen E-Book-Arbeiten den Band 45 der TI-Serie been­den, „In den Dschungeln von Shaktalon“ sowie an einigen späteren Episoden der Serie „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ weiter schreiben.

Und dann war da natürlich noch eine Reihe weiterer Baustellen, an denen ich tätig war: die kommentierte Abschrift des Uralt-Quasi-OSM-Romans „Der stäh­lerne Tod“, die kommentierte Abschrift von KONFLIKT 12 „Oki Stanwer – Be­zwinger des Chaos“ und die Sammlung von Kurzgeschichtenversionen für die Storysammlung „Ein Passagier der R.M.S. TITANIC und andere phantastische Geschichten“… wahrlich, ich konnte mich in dem Monat über Langeweile echt nicht beklagen.

Im August ging das ziemlich genau so weiter, die Zahl der vollendeten Werke sank indes auf 34 ab, davon 16 Gedichte bzw. Rezensionen. Drei Blogartikel flankierten hier außerdem zwei Interviews, die ich gab und noch ein wenig nachfeilte. An Glossaren für die Serien „Oki Stanwer – Der Neutralkrieger“, „Oki Stanwer“, „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ und „Oki Stanwer und das Ter­rorimperium“ machte ich weitere Schritte, auch Storyglossare für OSM-Storyab­schriften entstanden. Für E-Book-Texte langte es dieses Mal nicht… wenigstens nicht für die Fertigstellung ebendieser.

Das heißt nicht, dass ich nicht an E-Book-Texten schrieb. Ich war dabei, mich um „Die Macht der Liebe“, „Abenteurerherz“, Annalen 4: „Heiligtum der Shonta“ sowie um das E-Book-Glossar zu kümmern.

Weitere Energie versickerte im OSM-Fragment „Der Veteran“, in dem KONFLIKT 7 „Oki Stanwer – Held der Hohlwelt“, der kommentierten Abschrift der KON­FLIKTE 12 und 14 „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“, außerdem verbrachte ich einige Zeit im stiefmütterlich behandelten KONFLIKT 21 „Oki Stanwer – Fürst von Leucienne“ und bei der Überarbeitung der TITANIC-Titelstory für die nächs­te Storysammlung. Ich hatte inzwischen zur Genüge erkannt, dass die alte Ge­schichte so überhaupt nicht funktionieren konnte, und durch die intensive Ver­mischung mit dem Reinkarnations-Handlungsstrang und meinen Infos zum al­ten Ägypten, Echnaton und der realen TITANIC gewann die moderne Story mas­siv an Format.

Ach ja, und dann war da natürlich auch noch „Quisiins letzter Fall“, das OSM-Hauptglossar, KONFLIKT 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“, meine Tätig­keit als Chefredakteur für das Fanzine Baden-Württemberg Aktuell (BWA)… wer immer glaubt, hier würde Mangel an Baustellen herrschen, der hat sich voll­ständig geschnitten. Ich wünsche mir sehr häufig, dass ich manches davon end­lich mal abschließen kann.

Ja, mag man sich an dieser Stelle vielleicht stirnrunzelnd fragen, das hast du schon so oft erwähnt – aber warum TUST du das dann nicht? Warum fokus­sierst du nicht deine Energie darauf, EIN Projekt (oder mehrere nacheinander) konsequent abzuschließen, sondern machst stattdessen immer „neue Fässer“ auf?

Die Antwort darauf ist ein wenig strange, aber das ist die geradlinigste, die ich gegenwärtig angeben kann: Es gibt zwei Pole in mir, die widerstreiten. Das eine ist das, was ich eben sagte – der Wunsch, Baustellen abzuschließen, Storylines zu beenden und die Geschichten ruhen zu lassen. Das ist ein hehrer Wunsch, der sich in realiter fast nicht umsetzen lässt (ich komme gleich zu dem Warum).

Der andere Pol ist jener, den ich mal einfach den „familiären“ nennen möchte, und er ist wohl der, der sich schwerer nachvollziehen lässt von Lesern, die der Auffassung sind, dass die Protagonisten, von denen ich berichte, doch recht ei­gentlich fiktiv sind, nur Buchstaben auf dem Papier bzw. digitale Einheiten in ei­nem Computertext. Die Welten, die ich besuche, beschreibe und von denen ich schwärme, sind solche, die es ja wohl in Wahrheit gar nicht gibt… und so weiter. Das ist die Sicht von außen.

Die Sicht von innen sieht völlig anders aus. Wenn ich in die Geschichten hinein­gesogen werde, und das ist zumeist der Fall, dann bin ich IN diesen Geschich­ten, die Leute dort gewinnen eine Realität, die man als Nicht-Autor nur schwer nachvollziehen kann. Sie sind, im Guten wie im Schlechten, vertraute Personen, oftmals wirklich lieb gewonnene Freunde. Und während ich die Geschichten schreibe, weiß ich natürlich, dass das, was ich formuliere, nur ein Teilaspekt ihres Lebens ist. Da gibt es noch soviel mehr zu erzählen, viele Dinge, die buch­stäblich hinter der nächsten Ecke der Geschichte liegen.

Was bedeutet das? Dass jede Geschichte einen Halo besitzt, einen Halo von un­realisierten Möglichkeiten. Wenn man sich als Autor auf eine davon festlegt, vermag man zweifellos die Geschichte rund zu erzählen. Aber das sind dann jene Autoren, die ihre Geschichten stringent durchplanen und genau wissen, was passieren wird.

Ich sagte schon verschiedentlich, dass ich so nicht arbeite.

Ich bin ein intuitiver Schriftsteller, ich folge wie ein Spurensucher und Fährten­leser den Pfaden der Story, und meine Protagonisten lenken mich nicht selten auf Wege, von deren schierer Existenz ich überhaupt keine Ahnung hatte. Und diese Pfade führen zu Entscheidungsbäumen, die ich auch nicht kannte. Des­halb verästeln sich manche Serien im OSM in bizarrer Weise, deshalb blühen fraktalgleich immer wieder neue Storyideen auf, die Schlaglichter hierhin und dorthin werfen.

Kurzum: ich zögere immer wieder, Welten zu verlassen, weil ich das dumme, bohrende Gefühl habe, dass ich wichtige Dinge übersehen habe. Pfade nicht verfolgen konnte, die doch zweifelsohne faszinierende Geschichtensettings ber­gen können. Es fällt mir schwer, Abschied von Protagonisten, Welten, Völkern und Geschichten zu nehmen. Oder, um es mit Doctor Who zu sagen: „Ich hasse es, wenn etwas endet.“

Macht mich das zu einem schlechten Schriftsteller? Ich weiß es nicht. Macht es mich zu einem sentimentalen, romantisierenden, unprofessionellen Schrat? Möglicherweise. Kümmert mich das? Eher selten… aber ihr seht, die Konse­quenz besteht dann darin, dass mir die schiere Zahl an Möglichkeiten und Ideen schlicht über den Kopf wächst. Das ist einerseits toll, andererseits zum Haare- raufen (bis irgendwann keine mehr da sind, vielleicht poliere ich anschließend vor Verzweiflung die Tonsur, keine Ahnung…!).

Nein, natürlich SCHLIESSE ich Geschichten ab, selbstverständlich. Und ich bin auch zuversichtlich, dass ich in dem Moment, da alle alten OSM-Episoden digi­talisiert sind, wieder mehr Energie in neue bzw. bis dahin fragmentarische Ge­schichten fließen lassen kann. Aber der OSM ist eben auch verdammt ausge­dehnt, und es gibt noch Hunderte Episoden, die allein in handschriftlicher bzw. maschinenschriftlicher Form vorliegen (schweigen wir mal von all den Non-OSM-Werken, von denen es ebenfalls Aberhunderte gibt).

Der Spagat zwischen dem Wunsch, Geschichten endlich abschließen zu wollen und sie auf der anderen Seite noch so lange unentschlossen unvollendet zu be­lassen, bis ich ihre Tiefe gescheit und vollständig ausgelotet habe, wird also bis auf weiteres bestehen bleiben.

Nein, es ist nicht einfach, Autor des Oki Stanwer Mythos oder Uwe Lammers zu sein, wahrhaftig nicht. Seid froh, Freunde, dass ihr nicht in meiner Haut steckt. Die meisten von euch hätten sicherlich längst kapituliert (lach).

Für heute möchte ich mit diesen Worten schließen. In der kommenden Woche entführe ich euch wieder zu einem legendären Schauplatz, den ihr in meinen E-Books in Auszügen schon kennen lernen konntet – die INSEL in der Galaxis Mysorstos. Freut euch drauf!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 172: Der goldene Ring (2)

Posted Juli 10th, 2018 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

Zeitreisen und Erstkontakte sind zwei massive Themen der Science Fiction, und in diesem Zyklus treffen sie massiv aufeinander, kombiniert mit einem weiteren zentralen SF-Thema, dem der Entfesselung parapsychischer Fähigkeiten und was sie mit einer Gesellschaft machen, in der dergleichen zur Normalität ge­hört. Es ist wirklich höchst bedauerlich, das ist wiederholt zu konstatieren, dass der Pliozän-Zyklus von Julian May, dessen zweiter Band hier heute vorgestellt wird, schon seit langem aus dem Verzeichnis lieferbarer Bücher (VLB) ver­schwunden ist und man ihn allenfalls noch zu horrenden Preisen antiquarisch erhalten kann.

Vielleicht noch bedauerlicher, das wird während des vierten Bandes unüberseh­bar werden, ist es außerdem, dass die so genannte „Milieu-Trilogie“, die die Au­torin ebenfalls schrieb, nie ins Deutsche übersetzt worden ist. Mutmaßlich lag das am Tod der Übersetzerin, vielleicht führten auch ernüchternde Verkaufszah­len dieses anspruchsvollen Vierteilers dazu, ich habe da keinen Einblick. Für die Gegenwart, die sich durch zahlreiche marktschreierisch popularisierte SF-Stan­dardkost auszeichnet, die im Vergleich zu diesen Büchern doch meist eher blass und uninspiriert wirkt, wäre zu wünschen, dass sich ein Verlag mal dieser Wer­ke in einer vollständigen (also siebenbändigen) Gesamtausgabe starkmacht.

Folgen wir heute also den ins Pliozän exilierten Angehörigen der „Gruppe Grün“ aus dem ersten Band, die mit ihrer Ankunft so etwas wie einen Sprengsatz sozialer Art zünden und ein Machtbeben in der Erdvergangenheit auslösen. Ein wenig fühlte ich mich dabei übrigens an die Ränkespiele erinnert, die wir heut­zutage in „Game of Thrones“ vorfinden… allerdings mit partiell sympathische­ren Charakteren.

Neugierig geworden? Gut so. Dann gehen wir mal einen entscheidenden Schritt weiter:

Der goldene Ring

(OT: The Golden Torc)

von Julian May

Heyne 4301

496 Seiten, 1986

Übersetzt von Rosemarie Hundertmarck

Wer sich in der Gegenwart des von zahlreichen außerirdischen Rassen domi­nierten galaktischen „Milieu“ nicht zurechtfand, besaß die Möglichkeit, dieser Welt ein für allemal den Rücken zu kehren: durch das Zeitportal der Madame Guderian, das sich in den französischen Alpen befand und in die Welt des irdi­schen Pliozän, 6 Millionen Jahre vor der Gegenwart, zurückführte. Es handelte sich um eine Einbahnstraße und, wie alle hofften, um ein Tor in eine bessere Welt.

Die acht Angehörigen der so genannten „Gruppe Grün“ mussten nach ihrer An­kunft im so genannten „vielfarbenen Land“ jedoch rasch erkennen, dass diese naive Einschätzung katastrophal falsch war – das Pliozän befand sich vielmehr unter der Kontrolle einer außerirdischen Rasse von Psionikern, die ihre latenten Fähigkeiten mittels technischer Hilfsmittel (Ringe) zur vollen Operanz entwickelt hatten. Die meisten Menschen, die hier ankamen, hatten diesen Wesen, den Tanu, nichts entgegenzusetzen und wurden mehr oder weniger in die Sklaverei gezwungen.

Doch dies war eine seltsame Art der Sklaverei: viele Menschen fanden sich mit den Nachteilen dieser Welt ab, um dadurch eine Vielfalt von Vorteilen zu ge­winnen. Nicht selten erlangten sie unter den Tanu Macht und Einfluss, gewöhn­ten sich an die Ringe, die zu einem guten Teil eigene latente Parafähigkeiten verstärkten und sie zu Leistungen befähigten, die sie im Milieu niemals hätten erreichen können.

Doch die Gruppe Grün erwies sich schon bei der Ankunft als völlig atypisch. Und es zeigte sich bald, dass die Angehörigen dieser Gruppe das Potential hat­ten, die Gesellschaft des vielfarbenen Landes aus den Angeln zu heben. Wäh­rend der gescheiterte Raumfahrer Richard Voorhees fast wahnsinnig wurde, die Nonne Amerie Roccaro in Resignation versank und der titanische „Wikinger“ Stein Oleson sich in einen Berserker verwandelte, der mittels eines grauen Rings gezähmt werden musste, erhielt die durch einen Unfall blockierte Metap­sionikerin Elizabeth Orme ihre vollen Fähigkeiten wieder. Der Soziologe Bryan Grenfell sollte ebenso wie Elizabeth eine wichtige Rolle in den Plänen der Tanu spielen. Der jugendliche und unverbesserliche Verbrecher Aiken Drum hingegen zeigte durch die Transmission erwachende, starke psionische Fähigkeiten und wurde ebenfalls flussabwärts zum Mittelmeer gebracht, zu der dort liegenden Hauptstadt der Tanu, Muriah. Der Paläontologe Claude Majewski besaß keinerlei mentale Fähigkeiten, ebenso schien es mit der psychotisch wirkenden jungen Kunstkriegerin Felice Landry, in deren verführerischem – und absolut männerverachtenden – Körper in Wahrheit monströse Psi-Fähigkeiten lauerten.

Während vier von der Gruppe nach Süden aufbrachen (Elizabeth, Aiken, Bryan und Stein), entwichen die anderen vier, die als normale menschliche Sklaven nach Norden deportiert werden sollten, töteten vermittels einer Eisenwaffe eine Tanu-Lady, womit sie erkannten, dass Eisen für Tanu letal wirkte. In der Fol­ge konnten sich Felice und ihre kleine Gruppe mit unbezwingbarer Energie zu den menschlichen Rebellen durchschlagen, die von der ebenfalls ins Pliozän-Exil gegangenen Madame Angelique Guderian angeführt wurden.

Sie war längst völlig verbittert und machte sich schlimmste Schuldvorwürfe, dass sie die Menschen hier in die Sklaverei der Tanu geführt hatte. Und sie ar­beitete wie besessen an einem Mehrstufenplan, um die Menschheit wieder zu befreien. Der Plan sah vor, zunächst das Bergwerk in der Stadt Finiah zu zerstö­ren, aus dem seltene Erden für die Produktion der Ringe geschöpft wurden. In einem zweiten Schritt wollte die alte Französin das Zeitportal schließen, um den Zustrom von immer neuen hilflosen Menschen zu unterbinden und so die auf der Ausbeutung von Menschenkraft basierende Tanu-Zivilisation ins Wanken zu bringen. Ein dritter Angriff sollte die Ringfabrik in Muriah vernichten.

Doch erst als die vier Flüchtlinge der Gruppe Grün auftauchten, wurde es mög­lich, solche Pläne umzusetzen: sie hatten mit dem Eisen die ultimate Waffe ge­gen die Tanu gefunden (und übrigens auch gegen die zwei mit den Tanu verfein­deten, gestaltwandelnden Geschwisterrassen der Firvulag und Heuler, die zeit­weise mit den menschlichen Untergrundkämpfern zusammenarbeiteten), au­ßerdem konnte Claude Majewski das legendäre „Schiffsgrab“ lokalisieren, jenen Krater, der entstanden war, als das Tanu-Galaxienschiff auf der Erde aufschlug. Dort, so ging die Legende, hatten ein Tanu- und ein Firvulag-Champion rituell gegeneinander gekämpft, und dort war der „Speer“ zur Ruhe gebettet worden. Dieses Gebilde war eine Photonenwaffe mit tödlicher Durchschlagskraft.

Madame Guderian gelang es, die Firvulag dazu zu überreden, einen Angriff auf Finiah zu unternehmen, während eine menschliche Expedition den „Speer“ und eines der Tanu-Beiboote bergen sollte, um einen Luftangriff auf die Tanu-Stadt zu unternehmen.

Dieser Angriff, der kurz vor dem rituellen Waffenstillstand der Tanu und Firvulag stattfand, hatte Erfolg, erwies sich aber als äußerst blutig. Richard Voorhees verlor seine Geliebte und beinahe den Verstand, Madame Guderian wurde ver­letzt, Finiah fiel, Tausende von Menschen kamen ums Leben oder wurden vom Ring befreit. Die Mine versank in einem Vulkanausbruch und wurde so versie­gelt.

Dies war der Stand am Ende des ersten Bandes. Die erste Stufe des Planes von Madame Guderian hatte Erfolg gehabt, nun galt es, die beiden nächsten in An­griff zu nehmen.

Die anderen vier Mitglieder der Gruppe Grün reisen die Rhone talabwärts und erreichen nach wenigen Tagen die glänzende Hauptstadt Muriah. Hier wird Stein Oleson als Krieger ausgesucht, der bei dem Großen Wettstreit, der direkt nach dem Monat des Waffenstillstandes auf der Silberebene bei der Stadt zwi­schen Tanu und Firvulag von Jahr zu Jahr blutig ausgetragen wird, als Sklave für die Tanu kämpfen solle. Er hat sich inzwischen aber in die Silberringträgerin Sukey, eine Menschenfrau, verliebt und mit ihr ein Kind gezeugt. Dies ist ein de­finitiver Frevel, denn die Tanu-Ärzte machen den Eingriff der Gegenwartsmedi­ziner rückgängig, der die in die Vergangenheit gehenden Frauen davor bewah­ren sollte, als Gebärmaschinen missbraucht zu werden.

Auf diese Weise bringen die Außerirdischen die menschlichen Frauen dazu, zu­nächst mit dem Tanu-König Thagdal Sex zu haben und danach ausschließlich Ta­nu-Kinder zu gebären. Die so entstandenen Mischlingskinder verfügen nicht sel­ten über latente Paragaben, die durch ihre silbernen oder goldenen Ringe (die höchste Stufe) operant werden. Manche Menschen oder Mischlinge steigen so­gar in die Hierarchie der Tanu selbst auf.

Elizabeth hingegen soll nach den Plänen hochrangiger Tanu, insbesondere der geheimnisvollen Schiffsgattin Brede, die das Schicksal der Tanu-Rasse voraus­sieht, sich mit König Thagdal paaren, um eine neue Generation von Superpsio­nikern zu begründen. Denn der Wahn der Tanu führt dahin, dass sie sich danach sehnen, voll operant zu werden, um ohne die Ringe jene Dinge zu vollbringen, die sie nun nur mit deren Hilfe schaffen können.

Doch Elizabeth hat ihre eigenen Pläne.

Brede Schiffsgattin hat ihre eigenen Pläne.

Außerdem gibt es noch die Fraktion um den Tanu Nodonn, der die Menschen und Mischlinge als gefährlich ansieht und am liebsten all ihren Einfluss aus­schalten würde. Pikanterweise ist seine Lebensgefährtin eine Menschenfrau: niemand geringeres als Mercedes Lamballe, die von dem Soziologen Bryan Grenfell angeschmachtete und heftigst geliebte Frau, deretwegen er in das Plio­zän-Exil gegangen ist. Mercedes, inzwischen als Lady Mercy-Rosmar in die Klas­se der Psioniker aufgestiegen, sieht ihn jedoch nur als Lustspielzeug an, sie ist vollständig verwandelt. Schließlich soll Bryan im Auftrag des Königs eine sozio­logische Analyse schaffen, um Nodonns Befürchtungen ein für allemal zu wider­legen, dass der Tanu-Gesellschaft von den Menschen aus der Zukunft Gefahr droht.

Aiken Drum erweist sich entgegen den Voraussagen keineswegs als „mentale Nova“, die schnell verglüht, sondern seine Parakräfte sind so stark, dass sie so­gar den goldenen Ring, den er erhält, ausbrennen. Er wird unter die Fittiche der alten Mayvar Königsmacherin genommen, die ihre eigenen Pläne mit ihm hat. Und Aiken Drum, sexbesessen und intrigant, spielt nur zu bereitwillig in diesen verwirrenden Machtspielen der Tanu mit, um sich während des Großen Wett­streites in die vorderste Reihe der Macht zu katapultieren.

Im Norden hat derweil die besessene Felice Landry in den Ruinen von Finiah ebenfalls einen goldenen Ring gefunden, der ihre zwar vorhandenen, verborge­nen Parafähigkeiten freilegt, sie aber auch schärft und immer stärker einsetzbar macht. Ihre Kräfte wachsen beständig, und mit dem wilden, hasserfüllten Wunsch, die Außerirdischen allesamt auszurotten für das, was sie der Mensch­heit angetan haben, schließt sie sich der Expedition in den Süden an, der die Ringfabrik zerstören soll. Sie haben nur allesamt ein Problem dabei: der „Speer“, den sie in Finiah noch einsetzen konnten, ist funktionslos geworden. Und der einzige Feinmechaniker, dem sie trauen können, ihn wieder instand zu setzen, ist in Muriah: niemand Geringeres als Aiken Drum…

Mit dem zweiten Band des Zyklus vom Vielfarbenen Land setzt Julian May die konsequente Linie ihres Beginns fort. Viele farbige Charaktere und starke emotionale Notlagen vertiefen die Leseerlebnisse des Betrachters, er lernt die kleine, aber unwahrscheinlich kostbare Stadt Muriah kennen, die Gilden der Tanu, die sehr menschlichen Ränkespiele gegeneinander und die hochkomple­xen Verwandtschaftsverhältnisse, die schon manchmal gehörig durcheinander bringen (ein Stammbaum wäre hier ganz gut gewesen, doch wenn man daran denkt, dass alleine Thagdal über zehntausend (!!!) Kinder mit menschlichen Frauen und Tanu-Frauen gezeugt hat, kann man sich die Unübersichtlichkeit vorstellen, die dann herrschen würde). Geschickt arbeitet sie die Psychodyna­mik der einzelnen Personen heraus, entwickelt neue Züge an ihnen und gibt dem Geflecht der Beziehungen damit neue, unerwartete Richtungen und Stöße.

Selbst für mich, der ich diese Romane vor knapp fünfzehn Jahren schon einmal las (ohne damals freilich eine Rezension anzufertigen), sind viele Wendungen einfach verblüffend, weil ich sie vollkommen vergessen habe. Und mir fiel beim Lesen insbesondere dieses Bandes auf, wie intensiv die gestaltwandelnden Fir­vulag beschrieben wurden. Dass etwa ein Jahr später in der 12. OSM-Ebene „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ das gestaltwandelnde Volk der Berinnyer auftauchte und sehr zentrale Bedeutung gewann, muss man wohl vor diesem Hintergrund sehen. Es war mir aber nicht mehr bewusst, bis ich dieses Buch er­neut las.

In jedem Fall wird, wer den ersten Band mit Gewinn las, diesen hier nicht ent­täuscht aus der Hand legen und im Gegenteil dem dritten Teil entgegenfiebern, das den Titel „Kein König von Geburt“ trägt.

© 2001 by Uwe Lammers

Ihr merkt schon, wie rasant die Handlung Fahrt aufnimmt, nicht wahr? Aber ich versichere euch, das ist noch gar nichts gegen die nächsten beiden Bände, zu denen ich in Bälde kommen werde. Da wird sich erst das wahre Potenzial von Aiken Drum und Felice Landry zeigen, auf eine ungeheuerliche Weise.

In der nächsten Woche lassen wir es dagegen dann lieber wieder etwas ruhiger angehen und kümmern uns um einen der seltenen Auslandsaufenthalte des le­gendären Detektivs aus der Baker Street.

Sherlock Holmes is back? Aber ja doch. Und wie. Genaueres lest ihr in einer Woche an dieser Stelle – bloß nicht versäumen, Freunde!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Wochen-Blog 279: Logbuch des Autors 25 – Ordnerrausch

Posted Juli 7th, 2018 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

vor elf Wochen erzählte ich in dem letzten Beitrag dieser Rubrik etwas von mei­nem „Bücherrausch“. Heute möchte ich gewissermaßen noch einen drauf set­zen und von meinem nächsten heimischen „Exzess“ ordnungsstruktureller Art berichten. Auch das ist nicht selbstverständlich und für manchen von euch ver­mutlich fern wie der Mond.

Wenn ich über meine Bücherberge schrieb, konnte ich noch gewiss sein, dass viele meiner Leser dies anhand eigener Büchersammlungen gut nachvollziehen konnten. Aber ein wenig möchte ich anzweifeln, dass ihr ein analoges Ordner­problem habt, wie sich das bei mir seit Jahren in immer stärkerer Weise ab­zeichnet. Glücklicherweise gibt es dafür Lösungen.

Meine Lösung hieß… Aldi.

Ohne Witz, Freunde, Aldi. Genau der bundesweit vertretene, in eine Nord- und Süd-Fraktion aufgeteilte Lebensmittel-Discounter, der nicht nur Nahrungsmittel im Angebot hat. Neulich fand ich dort – neben Ordnern, bei denen ich traditio­nell gern zugreife – etwas eher Ungewohntes: Archivkartons. Und dies zu einem durchaus akzeptablen Preis. Das brachte mich sehr schnell zum Nachdenken und, eingedenk der Tatsache, dass solche Angebote schnell wieder verschwun­den sind, zum Zugreifen.

Warum genau tat ich das?

Nun, um das nachzuvollziehen, sollte ich ein wenig über meine heimischen Ord­nerbestände erzählen. Im Grunde genommen gibt es vier große Abschnitte in meinem Ordnerbestand, die hier mal kurz summiert werden sollen:

A) OSM-Ordner

B) Archipel-Ordner

C) Briefordner

D) Sonstige Ordner

Im Laufe von insgesamt annähernd 40 Jahren (der älteste stammt aus dem Jahr 1979) haben sich hier sehr viele Ordner akkumuliert, und es ist traditionell so, dass es ein stetig wachsender Bestand ist. Im Gegensatz zu meiner Bibliothek, wo verschiedentlich Bücher aussortiert und weggegeben oder verschenkt wer­den (im Laufe der letzten zehn Jahre über tausend Bücher), ist dies ein Bereich meines Lebens, der konsequent wächst.

Jedes Jahr kommen traditionell Storyordner hinzu, es wachsen meine Brieford­nerberge und neuerdings – seit 2013 – natürlich auch Ordner für E-Books und die Blogartikel. Während die OSM- und Archipel-Ordnerfraktion eher sehr mo­derat wächst, sieht das bei den Briefen völlig anders aus. In frühen Jahren, wo meine Briefe noch kurz und knackig waren und Mails keine Rolle spielten, war zum einen die Anzahl an Briefkontakten überschaubar, zum anderen wuchs die schiere Zahl an Briefen und Karten nicht ins Unüberschaubare. Da war es schon überraschend, wenn ein Jahr drei oder sogar vier Ordner erforderte.

Heutzutage, im Mailzeitalter, sind acht Ordner pro Jahr absolut normal, meis­tens sind es zehn oder mehr. Und da meine Wohnung nun mal nicht die TARDIS ist und somit innen größer als außen mit unbegrenztem Stauraum (da kann ich definitiv auf den Doktor neidisch sein, von seinem Zeitmanagement mal ganz zu schweigen – Zeitmaschine!!!!), geriet ich schon vor Jahren an gewisse Grenzen.

Regalplatz, zumal solcher, wo ich Ordner einstellen kann, ist einfach rar, und je mehr die Buchbestände sich ausdehnten, desto weniger Raum blieb mir. Schon 2014 war es so, dass ich sie auf dem Fußboden aufstellen musste, eine bestän­dige Fußfalle.

Es kamen die Jahre 2015 und besonders 2016 und 2017 mit ihrem unfasslichen Mail- und sonstigen Korrespondenzaufkommen (2016: rund 3.500 Positionen, 2017: rund 3.400 Positionen). Meist kurze Schreiben, keine Frage. Aber schlicht viele! Wo also unterbringen?

Und dann tauchten im Januar 2018 diese Archivkartons auf.

Ihr ahnt, was in meinem Kopf vorging, nicht wahr? Ja, ja, ratter, ratter… genau.

Endlich mal die Chance, hier die ganz alten Briefordner gescheit und platzspa­rend zu verstauen und die anderen, die in drei Zimmern der Wohnung verstreut aufgestellt waren, mehr schlecht als recht, gescheit zu ordnen und neu aufzustellen.

Gesagt, getan.

In einem ersten Arbeitsschritt begann ich, sechs Kartons zu kaufen, testweise, und sie dann mit Ordnern zu befüllen. Gleichzeitig beschriftete ich sie natürlich gleich konsequent mit Laufzeit und ggf. Sonderinhalten… Sonderinhalte? Nun, da waren etwa die zweijährlich geführten Briefstatistiken und Adresslisten. Da gab es Reiseberichte von Brieffreunden, etwa meiner alten Brieffreundin Marty aus Bayern, die ausführlich über ihre Reise nach Japan berichtet hatte, von an­derer Seite gab es einen schönen Reisebericht aus Barcelona. Ich konnte Pro­jektberichte aus meiner Arbeit als Historiker einfügen und kleine Fotoalben aus den 80er Jahren.

Tja, 30 Ordner, das war schon ein schöner Anfang, fand ich… und kaufte am nächsten Tag noch einmal sechs Kartons nach, um damit gleich weiter fortzu­fahren.

Diesmal kam ich bis zum Jahr 2003, diese Korrespondenz ist nun brav in insge­samt 12 Archivkartons verstaut, und ich hatte mir damit ein halbes Regal freige­schaufelt.

Sehr gut. Jetzt kann ich endlich die Storyordner ab 2013 systematisch da ab­stellen, wo sie hingehören“, murmelte ich, ging ins Wäschezimmer und holte sie mir von dort, wo ich sie – Platzmangel – aus Verlegenheitsgründen aufgestellt hatte.

Immer noch viel Platz im Regal.

Ich sollte direkt im Anschluss an die Storyordner die Fragmentordner aufstel­len“, sinnierte ich weiter.

Die nächste Umschichtung: drei blaue allgemeine Fragmentordner wanderten in dieses Regal. Dann fünf knallrote Archipel-Fragmentordner. Dann ein halbes Dutzend graue OSM-Fragmentordner.

Eigentlich gehören doch die angefangenen Romanskripte hier auch hin…“, ging es mir durch den Kopf. Und so fanden „Odyssee in Arc“, „Eine scharf geschliffe­ne Waffe“ und „Aktion TOTAMS Ende“ ebenfalls ihren Platz hier. Das ist zwei­fellos noch nicht das letzte Wort.

In die unterste Reihe des frei gewordenen Regals begann ich dann die Ordner aus dem nächsten Korrespondenz-Regal einzugliedern. Als ich hier zu den Ord­nern des Jahres 2007 kam, fiel mir etwas auf, dessen katastrophale Ausmaße mir bislang unklar gewesen waren: ich hatte ein ernstes Zerfallsproblem. Das sah folgendermaßen aus:

Mein Bibliothekszimmer liegt nach Westen raus im dritten Stock, man kann sich also die Hitze vorstellen, die an heißen Sommertagen sich trotz offener Fenster dort staut. Was ich vor etwa anderthalb Jahren mit einigem Unglauben ent­deckte, war, dass Ordner mit Folienrücktaschen im Gegensatz zu solchen mit reinen Aufklebeetiketten stark wärmeempfindlich sind. Mit der Konsequenz, dass die Folientaschen einfach erst spröde werden und dann unter Fingerdruck munter zerbröseln.

Ich musste aufgrund dieser Tatsache schon eine Reihe von Ordnern verschrot­ten und austauschen. Nun entdeckte ich, dass die 2007er-Korrespondenzordner auf ähnliche Weise demoliert waren. Aber hier war die Hitze von zwei Seiten her gekommen (das Regal ist nach hinten offen).

Ich zog einen Ordner heraus und hörte es knistern und knirschen.

Unschön.

Ich schlug ihn auf und entdeckte einigermaßen fassungslos, dass das Kunststoff-Register an der rechten Seite, wo die Buchstabenzähne stehen, komplett zer­bröselte.

Das kann doch wohl nicht wahr sein!“, murmelte ich frustriert.

Dann strich ich über die Ränder der Klarsichthüllen, die ich für Schriftstücke je­nes Jahres verwendete, bei deren Mailausdrucken ein zu schmaler linker Rand verblieben war. Beim normalen Lochen wären dort Buchstaben der Lochung zum Opfer gefallen.

Nun, ich strich über die Ränder der Klarsichthüllen und hörte es knistern und bröseln.

Nein, das glaube ich jetzt einfach nicht!“

Es war Tatsache: auch der dem Sonnenlicht ausgesetzte rechte Rand der Klar­sichthüllen war fast durch die Bank zerbröselt. Diese Klarsichthüllen konnte ich vergessen, die konnte man nur noch wegwerfen.

Ich seufzte, zog den Ordner mit mir und widmete mich in der Küche eine knap­pe halbe Stunde dem munteren wie stumpfsinnigen Umbetten. Glücklicherweise hatte ich noch ein papiernes vollständiges Register da. So werde ich also die ins­gesamt 8 Ordner morgen entsprechend nachbearbeiten müssen, ehe ich ans Weiterrücken des Bestandes denke. Und erst dann kann ich ermessen, wie viel Raum ich durch die Verpackungsaktion, die ich mit „Ordnerrausch“ ironisch be­zeichnet habe, gewinnen konnte.

Der ersten Zählung von eben nach zu urteilen habe ich zumindest im Bereich der Briefordner Raum für 22 weitere Ordner geschaffen, aber an vielen anderen Stellen meines verstreuten Aktenordnerbestandes sind nun natürlich ebenfalls Lücken entstanden, die ich adäquat auffüllen kann. Schaut gut aus, muss ich sa­gen. Und da wird mir schon einiges einfallen zur Schließung dieser Lücken.

Gleichwohl… der „Ordnerrausch“ dauert noch ein Weilchen an und macht di­verse Nacharbeiten erforderlich.

Was für Nacharbeiten meine ich?

Nun, als ich etwa in den Bereich der Jahre 2006 und 2007 vorstieß, stellte ich fest, dass die Ordnerrückenbeschriftung fast komplett ausgeblichen war (Son­neneinstrahlung). Die war also nachzuziehen. Von den zerbröselten Klarsicht­hüllen und Kunststoff-Registern sprach ich schon.

Ferner galt es, gewisse Lücken auszufüllen, da manche Regalfächer nicht voll­ständig mit Ordnern voll gestellt werden können. Da sortierte ich dann gelesene Sonderhefte von NATIONAL GEOGRAPHIC ein, Bücher über die TITANIC und ähnliches (und fand einen über orientalische Wohnkunst, von dem ich ausging, ich hätte ihn längst gelesen… falsch geschätzt: er stand seit 2001 ungelesen im Regal und musste nun natürlich in den Buchbestand übernommen werden).

Solche Dinge halt.

Ich stolperte über Schriftstücke, die ich in Zeitnot einfach nicht eingeheftet, sondern auf die Ordner gelegt hatte. Darum werde ich mich in den nächsten Ta­gen kümmern, um da etwas mehr Ordnung hineinzubringen.

Und vorsorglich plane ich, morgen noch einen Schub Archivkartons zu kaufen. Denn ich sagte ja: dieses Angebot ist ein saisonales, das kann in einer Woche schon verschwunden sein, wer weiß, wann es wiederkehrt? Die Ordnerbestän­de nehmen aber konsequent von Jahr zu Jahr zu. Habe schon einen Briefordner für 2018 angelegt, der noch viel Raum bietet. Aber es wird nicht der einzige bleiben. Und für die 2017er-Briefe und deren Mails brauche ich zweifelsohne noch einen Ordner 6 und 7, allein für die Korrespondenz, die schon abgearbei­tet ist und jetzt auf einem Stapel in einer Zwischenablage gelagert wird.

Ihr merkt: langweilig wird das hier nicht in einem Literatenhaushalt und bei je­mandem, der das Schreiben mit Leidenschaft praktiziert. So bin ich eben einfach.

Der Vorteil eines solchen „Ordnungsrausches“, wie ich das mal nennen möchte, liegt aber im Umkehrschluss auf der Hand: in relativer Ordnung und Übersicht­lichkeit lässt es sich einfach besser arbeiten. Ich werde also, wenn diese Ord­nungsaufgabe erst mal abgeschlossen ist, umso konzentrierter an meinen krea­tiven Projekten arbeiten können, etwa dem nächsten E-Book.

Und damit schließe ich für den Moment und freue mich darauf, euch in einer Woche hier wieder als Leser begrüßen zu dürfen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 171: Todesfracht

Posted Juli 4th, 2018 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

neue Besen kehren gut, sagt das Sprichwort, und daran ist oftmals etwas Wah­res. Bei Büchern, neuen Autoren und besonders Übersetzern ist jedoch nicht selten Skepsis geboten. Ohne damit neuen Autoren in seriellen Romanzusam­menhängen oder frischen, meist jüngeren Übersetzern grundsätzlich die Quali­fikation absprechen zu wollen, ist doch zu konstatieren, dass es hier bisweilen zu Gewöhnungsproblemen kommen kann. Ich thematisiere das auch aus gege­benem Grund in der unten wiedergegebenen Rezension des heutigen Tages.

Damals, 2012, als ich diese Zeilen verfasste, war ich tatsächlich noch im Unkla­ren, ob sich Michael Kubiak als neuer Übersetzer für die OREGON-Abenteuer von Clive Cussler bewähren würde, und dasselbe galt für den mir damals unbe­kannten Jack du Brul, den ich längst wertzuschätzen gelernt habe.

Ich hatte also ein gewisses Wagnis vor mir, ein Leseabenteuer mit unklarem Ausgang. Aber ich bereue es nicht, dieses Wagnis auf mich genommen zu ha­ben, und es ist wirklich jedem Neugierigen zu empfehlen, der sich in den ersten beiden Romanen um die OREGON und die „Corporation“ schon warm gelesen hat. Das Buch des heutigen Tages, du Bruls Feuertaufe im Umfeld von Clive Cussler, kann sich sehr sehen lassen und ist ein wirklich rasantes, auch politisch hochbrisantes Abenteuer. Leider hat sich an der Aktualität des Syrien-Bezugs in den vergangenen sechs Jahren nichts geändert, das ist wirklich zu betrüblich.

Wer wissen möchte, was um alles in der Welt die OREGON-Crew jetzt mit Syri­en zu tun hat, und warum der Roman dennoch in Nordkorea beginnt (pikanter­weise heutzutage auch nicht völlig ohne aktuellen Tagesbezug), der lese weiter:

Todesfracht

(OT: Dark Watch)

Von Clive Cussler & Jack du Brul

Blanvalet 36857

412 Seiten, TB, 2008

Aus dem Amerikanischen von Michael Kubiak

ISBN 978-3-442-36857-0

Die Welt steckt voll von Schurken, und ohne solche Schurkenstaaten könnte die Welt der Actionromane vermutlich nicht funktionieren. Manchmal aber ist es verblüffend, zu entdecken, wie prophetisch solche Geschichten sein können – diese hier besitzt entsprechendes Potenzial und ließ den Leser anfangs nicht wenig zusammenfahren.

Der Prolog zur eigentlichen Haupthandlung beginnt auf dem Flughafen von Pjöngjang, Nordkorea. Ein Militärjet landet und entlässt eine Gruppe hochrangi­ger syrischer (!) Militärs, die in Nordkorea Langstreckenraketen heimlich kaufen wollen, um damit libanesische Milizen aufzurüsten, damit so letztlich Amerikas Macht getroffen werden kann.1 General Kim von Nordkorea und Colonel Hasni Hourani aus Syrien steuern den Frachter Asia Star an, auf dem sich die Waffen befinden und von den Syrern nun kontrolliert werden.

Zu dumm, dass die Syrer falsch sind.

In Wahrheit handelt es sich um Juan Cabrillo und seine Gefährten von der „Corporation“, die einen sinister eingefädelten Plan gegen den Weltfrieden auf raffiniert-tückische Weise und mit ziemlichem Knalleffekt sabotieren. Und das ist, wie erwähnt, erst der Anfang.

Während das geschieht, befindet sich die OREGON, das Schiff der „Corporation“, einer Gruppe freiberuflicher Söldner, die gegen Entgelt und für eine ausgesuchte humanitär ausgerichtete Klientel risikoreiche Aufträge ausfüh­ren, im südchinesischen Meer und ist auf der Suche nach neuen Aufträgen. Das Geld ist knapp – nachdem Mike Halpert2 aus der „Corporation“ im Anschluss an den Mekka-Fall ausgestiegen ist und seine Millionen Dollar schwere Abfindung erhalten hat, ist es zwingend erforderlich, einen lukrativen Job an Land zu ziehen.

Sobald Cabrillo und sein Team an Bord zurück sind, wird er davon in Kenntnis gesetzt, dass sich eine Gruppe schwerreicher Reeder mit der Bitte an die „Corporation“ gewandt hat, der Entführung von Schiffen im südchinesischen Meer ein Ende zu machen. Cabrillo nimmt die Herausforderung an. Eine Million Dollar Prämie für jedes ausgeschaltete Piratenschiff, das klingt nach einer soli­den Sache.

Er hat überhaupt keine Ahnung, worauf er sich da einlässt.

Moderne Seepiraterie hat keinen romantischen Touch mehr wie die Piratenfil­me a la Hollywood nach wie vor ganz gern verbreiten. Die heutigen Piraten sind zumeist mit Drogen gedopte, skrupellose und über alle Maßen brutale Verbre­cher, die vor Massenmord nur selten zurückschrecken.3 Und das, was sich zu dieser Zeit im südostasiatischen Meer abspielt, ist noch weitaus schrecklicher, als sich alle Verantwortlichen das vorstellen können.

Der erste Kontakt mit den Seepiraten führt selbst für die gut ausgerüsteten und vorbereiteten Matrosen der OREGON zu einem so heftigen Seegefecht, dass sie nur um Haaresbreite der eigenen Versenkung entgehen. Dann fischen sie einen Frachtcontainer aus dem Meer und finden darin zu ihrem Entsetzen Dutzende von nackten Leichen – lauter Chinesen. Die Obduktion einiger Enterer ergibt, dass alle an einer hohen Quecksilbervergiftung gelitten haben. Und zu allem Unglauben entpuppt sich das während des Gefechts geortete „U-Boot“ als ein seit Tagen verschollenes, versenktes, aber nicht völlig untergegangenes Schiff der Royal Geographical Society, dessen Besatzung den Piraten zum Opfer gefal­len ist – bis auf die zähe, junge Victoria Ballinger, die sie buchstäblich im letzten Moment retten können… eine rätselhafte Frau, die noch mehr Geheimnisse umgeben.

Die toten Chinesen sind offensichtlich Opfer so genannter „Schlangenköpfe“ ge­worden, also von Menschenhändlerringen, die mit den chinesischen Triaden in direkter Verbindung stehen. Da Cabrillo vermutet, dass die Spur direkt nach China führt, kann er ein Mitglied der „Corporation“, den Amerikaner Eddie Seng, der über chinesische Wurzeln verfügt, dazu überreden, undercover in die Volksrepublik einzureisen, doch dann reißt der Kontakt zu ihm ab.

Eine weitere Spur ist ein Schiff, das Tory Ballinger kurz vor dem Untergang ihres eigenen Schiffes gesehen hat und das sich in der Tat als Fährte zu den Piraten erweist – ein unförmiges, sehr langsames schwimmendes Trockendock, das auf dem Weg nach Indonesien zu sein scheint. Es scheint, noch verwirrender, offen­sichtlich von russischen Ex-Soldaten bewacht zu werden.

Die weiteren Fährten führen in die Schweiz, nach Russland und schließlich in die entlegene Halbinsel Kamtschatka. Ein skrupelloser, verbrecherischer Sikh mit seiner Familie spielt eine zentrale Rolle und ein Abwrackbetrieb, der ein höchst lukratives neues Betätigungsfeld gefunden hat… doch ehe Juan Cabrillo und sei­ne Gefährten von der „Corporation“ verstehen können, wie diese Mosaiksteine wirklich zusammenpassen, vergeht erschreckend viel Zeit. Häufig ist ihnen der Gegner einen wesentlichen Schritt voraus, und das Leben Tausender von un­glückseligen Menschen hängt schließlich nur noch an einem seidenen Faden…

Dies ist der dritte Roman der Abenteuer der Crew des Schiffes OREGON und des „Vorsitzenden“ (hier Kapitän genannt, obwohl die OREGON-Crew ja angeb­lich nicht über Dienstränge verfügt, das hat der neue Übersetzer wohl nicht be­griffen) Juan Cabrillo von der „Corporation“. Vom zweiten zum dritten Band wurde nicht nur Clive Cusslers Coautor Craig Dirgo ausgetauscht, sondern – es wurde angedeutet – auch sein „alter Ego“ Mike Halpert… und der Übersetzer. Das alles zusammen stimmte mich natürlich ein wenig skeptisch. Würde Jack du Brul, von dem ich bis dato noch nichts gelesen hatte, die Stimmung an Bord der OREGON einfangen können? Würde der Übersetzer dasselbe vermögen? Oft ge­nug bedeutet leider ein Übersetzerwechsel eine deutliche Einbuße der Lese­qualität.

Nun, diese Befürchtungen erwiesen sich als substanzlos. Mehr noch: das Ge­genteil ist der Fall, und zwar auf folgende Weise: Während die ersten beiden OREGON-Romane ein Stakkatofeuerwerk sehr kurzer Szenenblenden und un­glaublich vieler Personen waren (was natürlich eine umfangreiche Übersicht über die Handlungsfiguren notwendig machte, die in diesem Roman fehlt), zeig­te sich, dass dieser dritte Roman sich mit den Szenen und ihrer Modellierung sehr viel mehr Zeit ließ. Die in Band 1 und 2 betrüblich vermisste genauer aus­gearbeitete Charakterisierungstiefe wurde zugunsten der hastige Blenden-Schnitttechnik viel mehr betont. Das bedeutete gleichwohl nicht, dass die Ge­schwindigkeit der Geschichte darunter litt. Es verhält sich vielmehr nun so, dass durch raffinierte Innenblenden, z. B. in Juan Cabrillo oder Eddie Seng, die Perso­nen sehr viel mehr Leserinteresse auf sich zu ziehen vermögen als zuvor. Das kommt dem Roman insgesamt außerordentlich zugute.

Während es noch immer waghalsige Action und irrwitzig anmutende, verwege­ne Pläne gibt (man schaue sich bitte nur mal die Nordkorea-Aktion an oder das, was in der Schweiz abgeht!), gewinnt diese Geschichte eine moralische Tiefen­dimension, die in den ersten beiden Büchern nicht wirksam war. Der amerikani­sche Originaltitel „Dark Watch“ (und damit ist keine dunkle Uhr gemeint!) be­zieht sich auf einen tiefsinnigen Gedanken von Juan Cabrillo – nach dem 11. September 2001, sinniert er, sei es notwendig geworden, Wacht über die Welt zu halten, auf eine Weise, wie es die Weltmächte selbst meist aufgrund der po­litischen Zwänge nicht können. Selbst Geheimdienste geraten in solchen Zeiten in den Ruch, Instrumente der Machtpolitik zu sein (oftmals zu Recht, leider). Darum, so sinniert Cabrillo weiter, ist es erforderlich, das unabhängige Instan­zen wie die „Corporation“ die „dunkle Wache“ gegen das Verbrechen durchfüh­ren und die Wachfunktion erfüllen.

Auch der deutsche Titel ist übrigens diesmal ausgesprochen plausibel, denn es geht in der Tat um „Todesfracht“, im doppelten Sinn – einmal um die Asia Star mit den Langstreckenraketen (wobei das furiose Finale dieser Aktion wohl das sehr passende Titelbild inspiriert hat) als auch um Menschenhandel in schlimmster Weise.

Dies zusammengenommen ergibt dann ein sehr schmeichelhaftes Bild dieses Buches. Sowohl der befähigte Übersetzer Kubiak, der schon von weiteren Cuss­ler-Romanen bestens vertraut ist als auch der neue Verfasser Jack duBrul ver­mögen auf ganzer Linie zu überzeugen. Sogar ein Aspekt, der in den ersten bei­den Romane eher vernachlässigt wurde, nämlich der rein finanzwirtschaftliche, erhält hier deutlich mehr Gewicht als bisher, was zur logischen und plausiblen Fundierung der Geschichte beiträgt.

Ich beginne also zu begreifen, warum so viele OREGON-Abenteuer erschienen sind. Und ja… ich bin mal sehr gespannt auf den nächsten Roman, der ja schon in meinem Regal auf die lesehungrigen Augen wartet.

Demnächst mehr dazu.

© 2012 by Uwe Lammers

Also ja, das ist eine rasante, atemberaubende Geschichte. Danach braucht man erst mal ein wenig Abkühlung, könnte ich mir vorstellen. Und deshalb ist es ver­mutlich sinnvoll, in der nächsten Woche zurück ins rätselhafte, von den außerir­dischen Tanu beherrschte Pliozän umzublenden und euch in diese hochkomple­xe Welt zurückzuschicken, in der man sich als Leser recht langsam bewegen muss, um nicht schnellstens haarsträubende und weit reichende Details zu überlesen.

Es lohnt sich, vertraut mir.

Bis nächste Woche dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Und es ist wirklich interessant, diesen Roman zu Zeiten zu lesen, wo Syrien sich unter dem jüngeren Assad als klare Diktatur übelster Sorte entpuppt. Ein solches Verhalten, wie es in diesem Buch angedeutet wird, könnte man dem Assad-Regime durchaus zutrauen… freilich gerichtet gegen die eigene freiheitsliebende Be­völkerung Syriens, weniger gegen die USA.

2 Vgl. zu Mike Halpert die ersten beiden OREGON-Romane „Der goldene Buddha“ und „Todesschrein“. In Kurz­form siehe dazu auch die Rezensions-Blogs 151 vom 14. Februar 2018 und 163 vom 9. Mai 2018.

3 Einen kleinen Geschmack von der modernen Piraterie bekommt man etwa vor der somalischen Küste, und auch hier könnte man Jack duBrul attestieren, dass er recht aktuelle Themen aufgreift. Man sehe sich etwa die „Mission Atalanta“ an.