Wochen-Blog 335: Close Up: Der OSM im Detail, Teil 8

Posted August 4th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

die Serie „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ (FdC) ist etwas unüberschaubar geworden, findet ihr vielleicht? Zu viele verschiedene Handlungsstränge, fremd­artige Protagonisten mit noch komischeren Namen… doch vertraut mir, das ist alles noch relativ harmlos im Vergleich etwa zu Serien wie dem KONFLIKT 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“ (DMadN), zu der ich im Rahmen der Close Ups in ein paar Jahren auch noch kommen werde. Das Gute am OSM ist indes, dass ihr bis dahin noch jede Menge mehr Informationsinput von meiner Homepage in euch aufsaugen könnt und dann deutlich besser gewappnet seid.

Diesmal wird es um die Episoden 36 bis 40 der Serie gehen, in denen wichtige Weichen für die nähere und mittlere Zukunft gestellt werden. Also gleich wie­der frisch ans Werk.

Rückblick: Oki Stanwer ist der Feldherr der Cranyaa, jedenfalls nominell. Aber er ist viel zu spät und fern der Cranyaa-Galaxis Hun’arc erschienen und befindet sich inzwischen in ebenso existenziellen Problemen wie die Insektoiden selbst, deren Reich sich von dem verheerenden Tsoffag-Sturm immer noch nicht erholt hat.

Während Oki Stanwer in der Schockzone auf dem rätselhaften Planeten ANTI-TOTAM festsitzt und von den schattenhaften Dimensionwanderern aus dem Volk der Gerlakos belagert wird, erleidet derweil in Hun’arcs Zentrum Klivies Kleines einen gesundheitlichen Rückfall auf dem Planeten Runix, der Zentralwelt der Calnarer, und beginnt monströs zu wuchern.

Und auch die Helfer des Lichts Ureg-Ni und UCHULON, die inzwischen auf den sechsten Helfer des Lichts gestoßen sind, stecken in Schwierigkeiten. Denn Glu­sem, der nämliche Helfer, ist eine Dämonenwaffe und so mutiert, dass er als Plasmaozean einen ganzen Planeten bedeckt… und zudem fest entschlossen ist, zu TOTAM zu konvertieren.

Das sieht alles nicht eben witzig aus. Aber bevor hierzu Weiteres gesagt werden kann, erfolgt eine kurze Rückblende – bekanntlich sind Kama-Ke, Lasa-On und Goonex von der Lichtfestung OREOC geschrumpft worden, um im Innern des Kristallkörpers die Ursache von Klivies Kleines´ Krankheit herauszufinden. Statt­dessen riss der Funkkontakt ab, und sie sind verschollen im Mikrokosmos…

Episode 36: Gefangen im Mikrokosmos

(28. Mai 1984, digitalisiert 2016)

Blende ins Innere von Klivies Kleines´ Körper und zeitliche Rückblende vor dem Transit OREOCS in das System Le-Konji. Die beiden Cranyaa Lasa-On und Kama-Ke sowie der „schanghaite“ Soogrer Goonex haben sich bereit erklärt, in einem Beiboot der Lichtfestung geschrumpft zu werden, um Klivies Kleines von innen zu heilen. Während im Draußen ein weiterer Rückfall des Helfers des Lichts dazu führt, dass sein Körper erst die Waffenzentrale Runix sprengt und dann monströs den ganzen Planeten zu überwuchern beginnt, stoßen die ge­schrumpften Freunde im Mikrokosmos auf eine ganze Flotte von Rautenschif­fen, die sie unverhohlen feindselig attackieren.

Schlimmer noch: da das Beiboot OREOCS kristalliner Natur ist, befällt der schwarze Kristallkrebs, der Kleines plagt, auch das Beiboot. Sie sind gezwungen, den Havaristen zu verlassen, werden aber unmittelbar darauf voneinander ge­trennt und geraten in die bizarre Gefangenschaft. Die beiden Cranyaa werden von unheimlichen Steinwesen umkrustet und wehrlos gemacht, Goonex, der später aussteigt, stößt auf die Besatzung der Rautenschiffe.

Die werden von einem rätselhaften Wesen kommandiert, das sich Timor-Dol nennt und gelenkt von scheinbar brennenden Energiewesen, den NEGATIVEN. Und, noch verrückter, als Goonex und Timor-Dol einander gegenüberstehen, er­kennt er Goonex als einen Soogrer…!

Episode 37: Zentrum des Bösen

(21. Juni 1984, digitalisiert 2016)

Fortsetzung der Mikrokosmos-Handlungsebene, nahtloser Übergang. Die Über­raschungen reißen nicht ab. Während Timor-Dol seinen Gast als Soogrer er­kennt, stößt Goonex aus, er erkenne in seinem Gegenüber niemand Geringeren als „Timor-Dol“. Aber damit hören die Rätsel nicht auf. Goonex behauptet nun nämlich, jeder Soogrer kenne Timor-Dol, der einst seinem Volk die genetischen Wissenschaften nahe gebracht habe. Was Timor-Dol nicht glauben kann. Und er kann auch nicht glauben, dass Goonex der Goonex ist, den er kennt – denn der sei seit rund 600.000 Jahren tot. Bizarrerweise behauptet er zugleich aber auch, er sei kein Zeitreisender.

Rätsel über Rätsel.

Draußen gelingt es derweil Kama-Ke, sich von der Umklammerung seines „Steins“ zu lösen, aber das ist nur kurzfristig hilfreich. Seine Gefährtin Lasa-On ist nämlich unterwegs zum „Zentrum des Bösen“, wo sich der Dämon Zsolseg von TOTAM eingenistet hat, offenbar schon seit Jahrtausenden. Er ist letzten Endes die Quelle von Kleines´ Krankheit. Und er sucht einen neuen Gastkörper, den er in Lasa-On gefunden zu haben glaubt..

Episode 38: Das Gigant-Syndrom

(23. Juni 1984, digitalisiert 2016)

Weiterhin Fortsetzung der Mikrokosmos-Ebene mit gleitendem Übergang zu der Handlung im makrokosmischen Le-Konji-System. Auf Runix eskaliert das Chaos. Gruhl und der unter TOTAMS Bann stehende Calnarer Zephir-Gort kämp­fen gegeneinander, doch Kleines´ Wachstum bricht den Bann. Im letzten Mo­ment gelingt beiden die Flucht auf die Lichtfestung OREOC.

Im Mikrokosmos sucht Kama-Ke seine Cranyaa-Gefährtin aus der Gewalt der bi­zarren Steins zu befreien und zerstört zahlreiche von ihnen. Aber zu seinem Ent­setzen muss er erkennen, dass Lasa-On bereits der Gastkörper für den Dämon Zsolseg ist und damit ihr Leben ausgelöscht wurde. Im letzten Moment erreicht der Intimfeind der Steins, Timor-Dol, zusammen mit Goonex, das „Zentrum des Bösen“ und kann den Dämon vernichten – womit er allerdings zugleich Lasa-On tötet und Kama-Ke so schwer verletzt, dass eine Heilung ausgeschlossen ist. Wenig später stirbt der letzte Cranyaa aus Kleines´ Gefolge an den Verletzun­gen.

Draußen erliegen die beiden von TOTAM ausgesandten Dämonen Derdusuum und Tekalotiir der von Kleines´ monströs metamorphierendem Körper emittier­ten Strahlung. Und aus Kleines´ Gigantkörper tauchen nun die Schiffe der NEGATIVEN samt Timor-Dols Flaggschiff auf, die jetzt den Mikrokosmos endlich verlassen können.

Das calnarerische Hauptsystem aber bricht immer stärker und schneller in sich zusammen. Flüchtlingsschiffe verlassen es in Strömen – und der Planet Runix taumelt aus seiner Umlaufbahn. Er wird in einigen Monaten in die Sonne stür­zen. Spätestens damit, da sind sich alle auf der Lichtfestung OREOC Versammel­ten sicher, wird Kleines endgültig gestorben sein.

OREOC scheint daran nur bedingt Anstoß zu nehmen und visiert das nächste Reiseziel an: den Planeten Crymon, das Zentrum von Rookax´ einstigen psycho­tischen Waffentechnikern. Auch die von ihnen ausgehende Gefahr muss einge­dämmt werden.

Episode 39: Transmittermond der Plegg’re

(24. Juni 1984, digitalisiert 2017)

Handlungsblende zur Biowelt Glusem im galaktischen Leerraum: UCHULON hat von Glusem den Handlungskörper eines Ghouls erhalten. Sein Gefährte Ureg-Ni ist indes noch auf dem Grund des Plasmaozeans eingesperrt, zu dem er nun ge­bracht wird.

Glusem, immer noch von dem Gedanken gelenkt, TOTAM zu dienen, was er seltsamerweise sehr gut in Einklang mit seiner Freundschaft zu Oki Stanwer bringen kann, hat die Gedächtnisinhalte beider Helfer-Kollegen durchleuchtet und dabei entdeckt, dass UCHULON die konzentrierte Mentalessenz eines Vol­kes darstellt, das einst Plegg’re hieß. Sie waren es, die das Ruinensystem bevöl­kerten, ehe es vor Urzeiten verwüstet wurde (vgl. Bd. 27). Zugleich wird Glusem auf den Ausspruch des intriganten Soffrol aufmerksam – dass man dem Mond der Ruinenwelt Aufmerksamkeit schenken müsse.

In einer beispiellosen parapsychischen Anstrengung versetzt Glusem seine phy­sische Substanz zusammen mit den Helfern des Lichts und dem GOLEM-Schat­ten auf den Mond… oder besser: in den Mond, denn es zeigt sich, dass dieser Mond in Wahrheit ein raffiniertes und unbeschädigtes Raumschiff ist. Es ent­stammt unzweifelhaft der Technologie der versunkenen Plegg’re… und auf ein­mal aktiviert es sich!

Episode 40: „Oki Stanwer antwortet nicht!“

(16. August 1984, digitalisiert 2017)

Direkte Fortsetzung von Band 39. Handlungsort: der Transmittermond der Plegg’re.

Unmittelbar nach ihrer Rematerialisation stellen die Helfer des Lichts fest, dass das System von fremden Schiffen angeflogen wird. Es handelt sich um Dreiecks­kreuzer TOTAMS, die die Helfer ausschalten sollen. Aber die alte Entropiewaf­fenabwehr der Plegg’re ist immer noch aktiv und löscht mühelos die Angreifer aus.

Im Anschluss an die überstandene Gefahr versucht Ureg-Ni Näheres über die Plegg’re und den Mond zu erfahren… aber ihm wird die Auskunft erteilt, die Be­kanntgabe dieser Daten würde die Existenz des Mondes gefährden. Er ist offen­kundig Frucht eines Zeitexperiments. Und Glusem ist einer dieser Zeitreisen­den, der davon freilich noch keine Ahnung hat.

Der Transmittermond selbst unterstellt sich bereitwillig Glusems Kommando und aktiviert seine Triebwerkssysteme, um nun zielstrebig die Schockzone anzu­steuern, wo Oki Stanwer vermutet wird. Doch alle Funksprüche werden mit Schweigen beantwortet.

Als sie in die Schockzone einfliegen, orten sie den Planeten ANTI-TOTAM, und UCHULON, der nun einen Körper aus Glusems Materie besitzt, beschließt, diese Welt aufzusuchen. Da er auch an Glusems Parafähigkeiten partizipieren kann, gelingt ihm die Teleportation dorthin… aber hier wird er mit den gnadenlosen Gerlakos konfrontiert, die seinen Körper kurzerhand zerfetzen.

Zu seiner Verwirrung ist er daraufhin aber nicht tot. Und er ist auch nicht zurück im Transmittermond, sondern er hat auf einmal einen humanoiden Körper und sieht sich mit einem charismatischen Mann konfrontiert, den er sofort erkennt: Oki Stanwer.

Der Feldherr der Cranyaa hat seine Helferseele an sich gezogen und mit Hilfe des Primärenergiewandlers einen neuen Körper für ihn geschaffen. Während der Transmittermond nun in einen Orbit um ANTI-TOTAM geht, ist UCHULON so Besatzungsmitglied der STELE DER EWIGKEIT geworden.

Aber sie sind alle immer noch Gefangene der Schockzone und der Gerlakos und damit erst recht zur Hilflosigkeit verurteilt…

Ihr seht, wie versprochen, dass die Pfade sich allmählich verengen und ineinan­derfließen. Indes kann durchaus sein, was Oki Stanwer am Ende dieser Episode frustriert ausruft: „Alle Helfer des Lichts werden mich suchen und hier in die Falle laufen. Wir sind gottverdammte Narren! Nun wird TOTAM triumphieren…!“

Aber ist das tatsächlich so? Oder wie geht es weiter? Das erfahrt ihr in der nächsten Ausgabe der „Close Up“-Reihe.

Bis nächste Woche, meine Freunde,

mit Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 227: The Wonderful Wizard of Oz

Posted Juli 31st, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

heute reiche ich euch mal wieder ein kleines Schmankerl, das ich kürzlich für eine Neuveröffentlichung in den ANDROMEDA-NACHRICHTEN bearbeitet habe.1 Hier bekommt ihr die – freilich um die damaligen Illustrationen bereinigte – Ur­sprungsfassung zu sehen. Das scheint mir einfach gescheiter zu sein, so könnt ihr besser nachvollziehen, wie die Veröffentlichung dieses Artikels in BWA 275 im Jahre 2006 wirkte. Mit dieser Ausgabe begann meine seither andauernde, langjährige Chefredakteurszeit im Science Fiction-Club Baden-Württemberg. Und ich dachte mir einfach, als der SFCD Interesse an meiner philosophischen Hausarbeit zu Alternativwelten zeigte2, dass auch dieser Beitrag vielleicht für ein breiteres Publikum geeignet war.

War er definitiv.

Ihr werdet sehen, dass ich den Artikel literaturhistorisch aufgezogen habe und so meine Profession des Historikers, insbesondere des Biografiehistorikers, mit der des Rezensenten und Autors verschmolzen habe. Und ich hoffe, ihr genießt die Zeitreise ins Ende des 19. Jahrhunderts und alles, was ihr hier über Lyman Frank Baum und seine Welt erfahren könnt.

Vorhang auf:

The Wonderful Wizard of Oz“

oder

Ein Mythos wird geboren

Artikel von Uwe Lammers

Einleitung:

Wie entsteht ein Mythos?

Diese schlichte Frage soll einleiten in das Phänomen eines der wohl bekanntes­ten und doch zugleich in den Kreisen der Phantasten oft gering geschätzten Bu­ches, das heutzutage weltberühmt ist und Generationen von Phantasten inzwi­schen wesentlich geprägt hat.

Die Rede ist von L. Frank Baums Klassiker „The Wonderful Wizard of Oz“ (dt.: „Der Zauberer von Oz“), der das 20. Jahrhundert einleitete und zahlreiche in­teressante Dinge vorwegnahm, die kommen würden. Zugleich ist er auch als eine von tiefer, ernster Moral getragene Geschichte zu lesen, wenn man sie recht zu lesen versteht. Zahllose Anspielungen darin rekurrieren auf den Le­benslauf des Schöpfers L. Frank Baum und auf allgemeine kulturgeschichtliche Details des Lebens in Amerika gegen Ende des 19. und zum Beginn des 20. Jahr­hunderts. Vieles davon ist heutzutage schlichtweg unbekannt, aber es lohnt meines Erachtens eine Wiederentdeckung. Man sollte sich als neugieriger Leser also gewiss nicht von dürftigen Kommentaren wie diesem hier leiten lassen: „Obwohl man L. Frank Baums Klassiker The Wonderful World of Oz (sic!) kaum als Klassiker der SF bezeichnen kann, scheint er doch wie ein heller, neuer Tag auf das strahlende neue Jahrhundert.“3

In sechs Schritten soll, basierend auf dem Buch „Alles über den Zauberer von Oz“4, der Versuch unternommen werden, das Werk dem geneigten phantasti­schen Leser näherzubringen. Zunächst gilt es, ein wenig über die Welt des Jah­res 1900 zu erzählen, um einige zeitnahe Anspielungen zu verstehen, die im Werk vorhanden sind (insbesondere bezogen auf das Porzellanland). Dann wird auf Baums Biografie eingegangen, bevor sich der Fokus dem Buch selbst zuwen­det und die Entstehungsgeschichte beleuchtet, den Inhalt des Romans skizziert und den Aufschwung des Werkes und seines Autors nach 1900 nachzeichnet.

Wie das mit Büchern häufig so ist, geraten sie, wenn noch nicht zu Lebzeiten, so doch gerne nach dem Tode ihres Verfassers ins Schussfeld von Kritikern, und das geschah in den USA insbesondere durch Bibliothekare in der Zeit der soge­nannten „McCarthy-Ära“ in den frühen 50er Jahren. Warum das Buch (bzw. ge­nauer gesagt: die Bücher, denn „Der Zauberer von Oz“ steht durchaus nicht al­leine!) diesen Sturm überstanden hat und wie er überhaupt aussah, leitet dann direkt über in die Gegenwart.

Schritt 1: Die Welt um 1900

Die Welt des Jahres 1900 unterschied sich in signifikanter Weise von unserer heutigen Zeit. Vieles, was uns heute selbstverständlich ist, wäre, und das ist durchaus sinnig, den damaligen Zeitgenossen buchstäblich als „Zauberei“ vor­gekommen. Im Jahre 1900, als die Weltbevölkerung höchstwahrscheinlich gera­de die Schwelle von einer Milliarde Individuen überschritten hatte, bestanden die schnellsten Beförderungsmittel in den Eisenbahnen und den Dampfschiffen. Unterseeboote galten als untaugliche, plumpe Gebilde, die man zwar schon kannte, aber nicht sonderlich schätzte. In realiter gerade mal im Konföderati­onskrieg eingesetzt, faszinierten sie allenfalls in ihrer optimierter Version die Le­serschaft eines Jules Verne im fernen Europa. Daran, dass diese Erfindung ir­gendwann einmal perfektioniert werden könnte und es dafür einen GRUND ge­ben würde, mochte man kaum denken.

Am 2. Juli 1900 brach relativ unspektakulär mit einem 9-Kilometer-Flug das Zeitalter des Zeppelins an und der Mensch schickte sich an, die Lüfte zu er­obern.5 Die Gebrüder Wright sollten noch mehr als drei Jahre benötigen, bis sie mit Motorkraft über dem Strand von Kitty Hawk aufstiegen.6 Überhaupt war die Motorisierung noch nicht weit vorangekommen. Die Automobile wurden so­wohl auf dem Kontinent als auch in Amerika in äußerst geringen Stückzahlen gefertigt, da Henry Fords Erfindung des Fließbandes noch in weiter Ferne lag.

Und ansonsten? Was geschah in Amerika und in der Welt im Jahre 1900 noch? Paris feierte seine grandiose Weltausstellung, zeitgleich fanden in Athen die ers­ten modernen Olympischen Spiele statt.7 Amerika registrierte, wie die Briten in die 11. Woche des Burenkrieges „schlitterten“8 und beteiligte sich auch nicht an der blutigen Niederschlagung des sogenannten „Boxeraufstandes“ in Peking.9 Der Grund lag in der Befürchtung des Präsidenten McKinley, es könne innenpolitisch gesehen negative Auswirkungen auf seine Wiederwahl in diesem Jahr haben. Diese Zurückhaltung half ihm allerdings wenig – er starb an den Folgen eines anarchistischen Attentats am 6. September 1901.10

Dass Baum von dem Boxeraufstand und überhaupt von China wusste – mögli­cherweise natürlich auch über die in Amerika inzwischen etablierten „China­towns“, die ihm regional näher waren – , das belegen die Geschehnisse von Do­rothy und ihren Gefährten im Porzellanland übrigens nachdrücklich, wie auch Michael Patrick Hearn mit seinen Anmerkungen schlüssig nachweist.11

Die amerikanische Regierung arrivierte ihre geografischen Besitzungen mit dem Erwerb der beiden letzten spanischen Inseln im Pazifik, Cagayan und Sibutu, die für 100000 Dollar an die Vereinigten Staaten abgetreten wurden.12 Fernerhin geriet New Jersey durch ein verheerendes Feuer in die Schlagzeilen, bei dem drei Schiffe am Hoboken-Dock vernichtet wurden. Dabei starben zweihundert überwiegend deutsche Seeleute.13 Und dann gab es noch das häufig zu vermel­dende, diesmal aber katastrophale Ausmaße erreichende Phänomen von Hurri­kans: „Im September verwüstete ein Hurrikan die Küste von Texas und erzeugte eine Flutwelle, die den Hafen von Galveston traf; über viertausend Menschen fielen ihm zum Opfer.“14 Wer eine literarische Bearbeitung dieser Naturkatastro­phe nachlesen möchte, sei ausdrücklich verwiesen auf die Geschichte „Der gro­ße Knall“ von Joe R. Lansdale.15

Der Durchschnittsamerikaner jedoch kommunizierte mit der Außenwelt, zumal in ländlichen Regionen, überwiegend über die Tageszeitungen und kam kaum über die Grenzen seines Landes hinaus. Das ging auch dem zu diesem Zeitpunkt nicht eben vom Glück begünstigten Amerikaner L. Frank Baum so. Und so muss es auch niemanden wundern, wenn er ein „typisch amerikanisches Leben“ führ­te.16

Schritt 2: Das Leben des L. Frank Baum, 1. Teil

Lyman Frank Baum wurde am 15. Mai 1856 in Chittenango im Staate New York geboren. Das Talent zur Vielseitigkeit erbte Baum vermutlich von seinem Vater Benjamin Ward Baum, der nach dem Aufbau einer Fassfabrik ein Vermögen in der noch jungen Ölindustrie von Pennsylvania machte und schließlich nach Sy­racuse bei New York zog, um dort den Landsitz Rose Lawn zu erbauen, wo sein Sohn mit seinen Geschwistern behütet und in wohlhabender Atmosphäre auf­wuchs.17 Es ist unbezweifelbar, dass diese Jugend seine Neigung zur Träumerei und zur sprudelnden Phantasie beflügelte und begünstigte. Und er bekam viel Zeit dafür: „Er galt als sensibles und phantasievolles, etwas kränkelndes Kind. Seine Eltern, die vier ihrer neun Kinder verloren hatten, liebten ihn abgöttisch und schlugen ihm keinen Wunsch ab“, wie der Biograph Hearn schreibt.18

Baum neigte, durchaus tagträumerisch veranlagt, anfangs dem Journalismus zu und publizierte eine Reihe von Zeitschriften in seiner Jugend (bis 1873), etwa die Literaturzeitschrift The Rose Lawn Journal, dann The Engineer und schließ­lich The Stamp Collector (für sein Hobby des Briefmarkensammelns).19 Als es dann daran ging, sich den Lebensunterhalt zu verdienen, arbeitete er zunächst höchst erfolgreich in der Geflügelzucht, insbesondere bei den Hamburgern… nein, um Missverständnissen vorzubeugen, er war nicht Lieferant für McDonalds-Vorläufer, sondern „Hamburger“ sind eine Geflügelrasse. Über sie schrieb er auch ein Buch.20

Das hätte es nun sein können, das Tor ins Berufsleben und zwar für den Rest seines Lebens… aber die Sprunghaftigkeit, die Baum zu eigen war und ihn ge­wissermaßen in den Untergang führen sollte, brachte ihn von der äußerst lukra­tiven Geflügelzucht ab. Bereits 1881 wandte er sich einer neuen Leidenschaft zu, dem Theater.21 Doch während er sich selbst für schauspielerisch sehr befä­higt hielt und seinen Vater dazu bringen konnte, im Staate New York ein eigenes Theater zu erbauen, wo Baum auch selbstgeschriebene Stücke auf die Bühne bringen konnte, wurde er vom Unglück verfolgt: am 29. Dezember 1881 eröff­net, fiel Baum’s Opera House schon am 8. März 1882 einem Brand zum Opfer.22 Es wurde nicht wieder aufgebaut.

Nur wenige Monate später heiratete Baum die zwanzigjährige Maud Gage, die Tochter einer der Begründerinnen der Suffragetten-Bewegung, Matilda Joslyn Gage, die gegen diese Verbindung war.23 Sie sah sich aber außerstande, die von beiden Seiten gewollte Heirat aufzuhalten.

Baum und seine energische Frau zogen als Schauspielerehepaar durchs Land, doch als sich das erste Kind ankündigte, kehrten sie nach Syracuse zurück, wo Baum nun in das Ölgeschäft seines Vaters einstieg. Wenig später begeisterte er sich für die immer perfekter werdende Fotografie. Sie wurde später zu einem Hobby, das er für den Rest seines Lebens beibehalten sollte, doch anfangs be­mühte er sich, daraus – wie eigentlich aus allem, was er hobbymäßig begann – einen Beruf zu machen. Zusammen mit einem Gemischtwarenladen, Baum’s Bazaar, den er 1888 eröffnete, sollte die Amateurfotografie ein berufliches Standbein werden.

Doch er blieb weiter vom Pech verfolgt: ausgerechnet Aberdeen/Dakota, der Standort von Baum’s Bazaar24, litt unter Dürre und Wirtschaftsflaute, die lang anhaltend war. Baum musste sein Geschäft am Neujahrstag 1890 schließen. Zeitgleich war jedoch bereits in dem Aberdeen Saturday Pioneer, einer der örtli­chen Zeitungen, als Autor und Verleger publizistisch aktiv25, und zweifellos wur­de so eine seiner Kindheitsneigungen wieder aktiviert, die Leidenschaft für das Schreiben, die er nie ganz aufgegeben hatte. Heute würde man konstatieren müssen, dass dies, das Schreiben, seine wahre Leidenschaft und Berufung war.

Die Beschäftigung mit den wirtschaftlich und besonders landwirtschaftlich kata­strophalen Umständen in Dakota sollten später prägenden Charakter für das Anfangskapitel seines Buches „The Wonderful Wizard of Oz“ haben. Er übertrug sie schlicht von Dakota auf Kansas.26

Das Desaster von Baum’s Bazaar wurde gefolgt von rascher Desillusionierung beim Aberdeener Saturday Pioneer, dessen Herausgeberschaft Baum im April 1891 abgab. Stattdessen zog Baum, der inzwischen mit seiner Frau vier Söhne besaß, nach Chicago, wo er wieder als Journalist anfing, aber in der Redaktion der Evening Post bereits nach einem Monat wieder kündigte. Stattdessen schlug er sich nun als Vertreter für Porzellan durch.27

Obgleich man das als nun als definitiven Tiefpunkt seines Lebens ansehen könn­te, gab es doch einen faszinierenden Nebeneffekt, der ihn schließlich zur Be­rühmtheit emporführte: aufgrund der Tatsache, dass Baum so selten zuhause war, war er froh um jeden Tag, den er mit seinen Kindern zubringen konnte. Und um den jüngeren von ihnen die Welt zu erklären, erfand er Geschichten um ein Kinder-Schlaraffenland namens „Phunniland“. Eines Abends hörte seine Schwiegermutter Matilda Gage das mit an und drängte ihn nun dazu, diese Geschichten doch niederzuschreiben.

Glücklicherweise kam Baum diesem Ratschlag nach und verfasste die Geschich­ten für zwei Storysammlungen: „Tales from Mother Goose“ und „Adventures in Phun[n]iland“. Ersteres erschien 1897 unter dem Titel „Mother Goose in Prose“ und wurde zum ersten Kinderbuch Baums, dem rasch noch zahlreiche folgen sollten.28 Der Versuch war zwar nicht übermäßig erfolgreich, doch er bereitete den Weg. Zunächst freilich ging Baums berufliche Odyssee weiter: so gründete er 1897 mit The Shop Window in Chicago eine Zeitschrift für Schaufensterdeko­rateure, worin er auch seinem Hobby als Fotograf frönen konnte. Auf diese Wei­se geriet er mit seinem Kompagnon und Verleger Williams in den Chicagoer Presseklub. Und hier lernte er den trunksüchtigen Bohemien und Zeichner Wil­liam Wallace Denslow kennen.29 Man kann ohne Übertreibung sagen, dass die­se Begegnung sein Leben von Grund auf veränderte und die Weichen für die Zukunft stellte.

Zunächst arbeiteten Baum und Denslow in dem Folgeprojekt von „Mother Goo­se“ zusammen, nämlich in „Father Goose. His Book“, das ganz überraschend zum erfolgreichsten Kinderbuch des Jahres 1900 wurde. Die erste Auflage von 5700 Exemplaren war schlagartig ausverkauft, prominente Autoren wie Mark Twain (!) lobten das Buch.30

Nach vielen Jahren der Entbehrung und des Herumwanderns konnte sich die Familie Baum nun endlich so etwas wie Luxus leisten. Baum kaufte ein Sommer­haus am Michigansee, das er „Sign of the Goose“ nannte und, Multitalent, das er war, auch selbst ausstattete.

L. Frank Baum war an seinem Ziel angekommen: er war Schriftsteller. Und er hatte noch weit ehrgeizigere Pläne als bislang umgesetzt.

Schritt 3: Oz entsteht

Was dann geschah, beschreibt L. Frank Baum selbst später so: „Ich saß auf der Kommode in der Eingangshalle und erzählte den Kindern gerade eine Geschich­te, da kam es plötzlich und nahm von mir Besitz. Ich schickte die Kinder fort, nahm ein Blatt Papier, das auf der Kommode herumlag, und begann zu schrei­ben. Es schrieb sich wie von selbst. Als ich kein normales Papier mehr finden konnte, nahm ich, was herumlag, sogar einen Stapel alter Briefumschläge…“31

Im Grunde genommen kann es also niemanden wundern, wenn der Akt des Schreibens bei Schriftstellern gelegentlich auch von ihnen selbst als ein Akt göttlicher Intervention wahrgenommen wird. Schriftsteller aller Zeiten – den Verfasser ausdrücklich eingeschlossen – kennen dieses Phänomen zur Genüge, ohne es indes erklären zu können.

Faktum ist, dass Baum, als er mit 40000 Wörtern das Manuskript zu „The Eme­rald City“ (so der ursprüngliche Titel, andere Entwürfe sprechen von „The Great City of Oz“ oder „The Fairyland of Oz“) schließlich einreichte, vom Erfolg dieser Geschichte keineswegs überzeugt war. Das liegt natürlich daran, dass das Ma­nuskript bereits am 8. Oktober 1899 fertig war, lange vor seinem Erfolg von „Father Goose“. Selbst Anfang 1900, als sich letztgenanntes Buch bereits gut verkaufte, zeigt er sich noch skeptisch. Nun – aus der Biografie her ist das ver­ständlich. Hatte nicht so vieles schon gut begonnen und schlimm geendet, was er angefangen hatte?

Aber in gewisser Weise täuschte er sich: schon nach der Ankündigung des Bu­ches in The Bookseller schrieb diese Zeitschrift, dass alleine bis jetzt (Juni 1900) „bereits über 5000 Exemplare bestellt“ wurden.32 Das ist erst der Anfang. Zwar differieren die Angaben über die Höhe der Auflagen, aber realistische Schätzun­gen gehen von 35000 Exemplaren fürs Jahr 1900 aus, womit es schnell eines der am weitesten verbreiteten Kinderbücher in den USA in jenen Tagen wurde.

In den Literaturkritiken wurde es oft in einem Atemzug mit Lewis Carrolls „Alice in Wonderland“ genannt, aber viele Kritiker stellten den „Zauberer von Oz“ ganz klar über die üblichen Kinderbücher. Symptomatisch dafür mag die Bespre­chung von The Bookseller and Latest Literature zitiert werden: „Die Kleinen werden ganz wild danach sein, und die Älteren werden es ihnen mit Freude vor­lesen, da es ein angenehmes Zwischenspiel in der ernsthafteren Literatur dar­stellen wird.“33 Andere Zeitschriften nannten es „für anspruchsvolle Leser ein­fach unwiderstehlich“34, und The Minneapolis Journal urteilte am 18. November 1900, vielleicht ein wenig voreilig, es sei schlicht „die beste Kindergeschichte des Jahrhunderts“.

Der Mythos Oz war geboren.

Schritt 4: Was im Buch passiert

Weithin bekannt dürften Anspielungen aus dem Buch sein. Eine, die der deut­sche Zuschauer des Films „Matrix“ freilich nicht mitbekam, weil sie in der Syn­chronisation verlorenging, wird in dem Aufsatz „Der Bau eines besseren Simula­krums: Literarische Einflüsse auf Matrix35 wiedergegeben und dankenswerter­weise vom Übersetzer des Artikels kommentiert. Die Stelle lautet: „Wenn Cy­pher zu Neo sagt: ‚Das bedeutet: Schnall dich an, Dorothy, denn jetzt heißt’s Ab­schied nehmen von Kansas‘, legen wir automatisch diese berühmte Schablone [des Buches „Der Zauberer von Oz“] über den Film.“ Der Übersetzer Peter Ro­bert bemerkt dazu: „In der deutschen Synchronfassung – ‚Das bedeutet, dass du dich lieber anschnallen solltest; hier wird’s nämlich gleich sehr ungemütlich werden‘ – wurde diese Anspielung weggelassen.“

Der detaillierte Inhalt des Buches ist den meisten Lesern vermutlich weitgehend unbekannt.

The Wonderful Wizard of Oz“ beginnt etwa im Jahre 1900 im grauen und tris­ten Bundesstaat Kansas im amerikanischen Mittelwesten. Die kleine Dorothy, deren Alter nirgends genannt wird, die aber etwa zwischen 6 und 10 Jahre alt sein muss, ist ein Waisenkind, das bei seiner Tante Em und dem Onkel Henry lebt, die beide ein wenig vermögendes Farmerpaar in der Prärie von Kansas sind.36 Dorothys bester und einziger Freund ist der kleine, treue Hund Toto, den Denslow als eine Art von Promenadenmischung zeichnete.37 Welcher Rasse Toto genau entstammt, wird nie geklärt, und die Zeichner stellen ihn später stets unterschiedlich dar (vom Cairn Terrier bis zum Boston Bulldog).38

Eines Tages nun geschieht es, dass ein Wirbelsturm – in Kansas ein recht häufi­ges Phänomen – das Haus der Farmer packt und in die Luft reißt. Während Tan­te und Onkel sich in den Keller in Sicherheit bringen können, wird Dorothy mit­samt Hund und Haus durch die Lüfte entführt und findet sich nach einer wun­dersamen Reise in einer farbenprächtigen, schönen Gegend wieder, die rasch als Land Oz entpuppt.

Sie ist im Land der Munchkins gelandet und hat bei ihrer Landung zufällig die böse Osthexe erschlagen und die Bevölkerung so befreit. Auf diese Weise gerät Dorothy an die silbernen Wunderschuhe der Hexe, die noch eine wichtige Rolle spielen sollen.

Doch obwohl das Land so wunderschön ist, ersehnt sich Dorothy – ganz Kind! – nichts mehr, als zu ihrer Tante und ihrem Onkel zurückzukehren, die sich inzwi­schen zweifellos schreckliche Sorgen um sie machen müssen. Doch wie zurück­kommen, wenn niemand in Oz jemals auch nur von Kansas gehört hat?

Da wisse wohl nur einer Abhilfe: der große Zauberer Oz, der in der Smaragden­stadt (im Original The Emerald City) regiere. Dorothy, erklärt ihr die gute Nord­hexe, solle sich einfach nur an die Straße aus gelben Ziegelsteinen halten, sie führe direkt ins Zentrum des Landes und zur Smaragdenstadt. Und so macht sich das kleine Mädchen mit seinem Hund auf den langen Weg zur Smaragden­stadt, um den Zauberer von Oz zu bitten, den Heimweg nach Kansas zu ermögli­chen.

Auf dem Weg zur Stadt trifft Dorothy eine belebte Vogelscheuche und einen ro­botergleichen Holzfäller, den „Wooden Tinman“ (als „Blechholzfäller“ übersetzt) sowie den feigen Löwen, die zu ihren Begleitern werden und zahlreiche Aben­teuer zu überstehen helfen. Um nur ein paar zu nennen: das tödliche Mohnfeld, die Königin der Feldmäuse, die böse Westhexe und ihre furchtbaren Gesandten, die geflügelten Affen sowie die Kampfbäume.

In der Smaragdenstadt stellt sich allerdings heraus, dass Oz seltsam unwillig ist, dem kleinen Mädchen zu helfen. Er verlangt stattdessen, sie solle die böse Westhexe töten – etwas, wozu sich Dorothy außerstande sieht. Dass es den­noch gelingt, ist wieder eher einem Zufall zuzuschreiben. Bei der Rückkehr zur Smaragdenstadt entlarven sie dann auch noch den „schrecklichen Zauberer Oz“ als einen Schwindler und müssen die Hilfe für das Mädchen anderweitig su­chen. Erst die gute Hexe Glinda ermöglicht Dorothy schließlich die Rückkehr in ihre Heimat.

Schritt 5: Ein Buch wird berühmt…

(oder: Das Leben des L. Frank Baum, 2. Teil)

Mit dem überwältigenden Erfolg des Buches über den Zauberer von Oz (der, wenn man ehrlich ist, eigentlich eine Nebenrolle spielt, es geht in dem Buch im Grunde genommen zentral um Dorothy) gerät L. Frank Baum ganz überra­schend in eine andere Zwickmühle, die man als die dunkle Kehrseite des Ruh­mes ansehen muss: er ist plötzlich im Zugzwang. Die Leser sehnen sich danach, mehr über jene Plätze und Regionen zu erfahren, die es im magischen Land Oz noch geben mag und die auch auf Karten eingezeichnet zu finden waren, über die Baum aber noch nichts schrieb.

Und schlimmer noch: im März 1902 musste das Verlagshaus Hill Konkurs anmel­den, so dass an eine Fortsetzung der Arbeit vorerst nicht zu denken war. Der Verlag Ogilvie Company, der die Konkursmasse Hills übernahm, kündigte zwar an, er werde Baums Buch weiterhin herausgeben, erhielt dazu aber vom Autor keine Genehmigung. Baum selbst gedachte nämlich inzwischen, sprunghaftes Multitalent, das er war – der Bühne hatte er nie ernstlich abgeschworen, unge­achtet seiner dort eher geringen Erfolge – , The Wizard Of Oz als musikalische Revue auf die Bühne zu bringen. Zudem zerstritten sich zu allem Überfluss etwa zur gleichen Zeit auch noch Baum und Denslow, der Illustrator. Ideale Voraus­setzungen, einen Mythos direkt nach der Geburt sterben zu lassen, nicht wahr? Doch es kam anders.

Die Revue, die heute in Europa fast unbekannt ist, war es schließlich, die Baums eigentlichen Ruhm begründete und ihn bekannt machte. Aus dieser Quelle speiste sich sein zeitweiliger Reichtum. Er hielt allerdings nie lange an, weil der Autor wirklich mit Geld nicht umgehen konnte und immer wieder Finanz in un­ausgegorene Projekte steckte.

Eines davon war, auch hier zeigte er sich seiner Zeit bedauerlicherweise weit voraus, eine Verfilmung des Wizard Of Oz. Die erstaunlichen Fortschritte der Ki­nematografie brachten den fotovernarrten L. Frank Baum, bestärkt durch die Wucht der Revue, wo er seine eigenen Figuren lebendig auf der Bühne agieren sehen konnte, dazu, Unsummen in eine Verfilmung zu investieren. All das resul­tierte schließlich 1910 in einer Stummfilmversion des Buches, wobei sich aller­dings – wie bereits in der Revue – die Handlung immer mehr vom Original ent­fernte. Kaum nötig zu erwähnen, dass auch das Schwierigkeiten mit sich brach­te, von denen hier nicht berichtet werden soll.

Inzwischen war Baum hoch verschuldet und schrieb, auch um die Schulden ab­zutragen, weitere Oz-Bücher. Obwohl er schon 1910 befand, er habe nach sechs Oz-Büchern genug über diese Welt geschrieben (eine Meinung, die die Leser verständlicherweise nie teilten). Bis zu seinem Tode zwangen ihn die Schulden, sein „jährliches Oz-Buch“ zu verfassen, wobei freilich die Qualität durch den Druck immer weiter litt. Man kann ähnliche Effekte bei verschiedenen anderen Schriftstellern beobachten, die derartige Fallen ersinnen und sich darin fan­gen.39 Es ist ein durchaus gängiges Phänomen.

Der Ruhm des L. Frank Baum war also eine Falle, in der er sich wie die Fliege im Honig fing und die ihn letzten Endes in den Ruin zwang. Am Morgen des 6. Mai 1919 starb L. Frank Baum schließlich, schon seit mehreren Jahren geplagt von Angina Pectoris und heftigen Schmerzattacken, die ihn dem Morphium verfal­len ließen. Er war 63 Jahre alt geworden.40 Von solchen Triumphen wie der Ver­filmung von Oz als Tonfilm mit Judy Garland in der Rolle der kleinen Dorothy – was sie weltberühmt machte – , konnte Baum nicht einmal mehr träumen.

Doch wenn er geglaubt hätte, seine Schöpfung könne nun endlich unbestritten Bestand haben, so sollte er sich gründlich irren. Der wahre Kampf stand dem Lande Oz erst noch bevor.

Schritt 6: …und gerät in die ideologische Schusslinie

Die Kinder ließen die Oz-Bücher nicht sterben“, schreibt Michael Patrick Hearn in „Alles über den Zauberer von Oz“41, im Gegenteil verkauften sich die Bücher nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und nach dem Tode des Autors eher bes­ser als je zuvor. Mehr noch: mit der Autorin Ruth Plumly Thompson, der Her­ausgeberin der sonntäglichen Kinderseite des Philadelphia Public Ledger, wurde jemand gefunden, der insgesamt neunzehn weitere Fortsetzungen von Baums Oz-Zyklus schuf (in Deutschland allesamt unbekannt geblieben, Oz ist im We­sentlichen ein amerikanischer Mythos, selbst heute noch).42

Der Krieg der Bibliothekare und Verleger gegen Oz begann hingegen schon zu Baums Lebzeiten, es ist freilich unklar, ob er sich dessen bewusst war: indem sich Baum dafür entschied, das ursprüngliche Buch in einem kleinen Verlag er­scheinen zu lassen, riskierte er nicht nur, sich zu ruinieren oder zu blamieren. Es gab schlimmere Folgen, die man nur erkennen kann, wenn man sich im ameri­kanischen Buchhandel ein wenig auskennt:

So wurde etwa im Literaturmagazin St. Nicholas nichts besprochen, was der ei­gene Verlag – Bobbs-Merrill – nicht auch herausgab. Damit waren seine bei Hill erschienenen Titel automatisch ausgeschlossen.43 Mit der Quintessenz, dass The Wizard Of Oz dort nie gewürdigt wurde. Nachteil: was nicht hinreichend rezensiert wurde, wurde entsprechend auch nicht hinreichend im Verkauf gefördert. Zwar war Baum zu Lebzeiten von größeren Verlagen nach seinen ersten Erfolgen umworben worden, doch der Autor war den kleineren Verlagshäusern im Wesentlichen treu geblieben, was ihm die großen Verleger lange nachtrugen.

Diese Ignoranz seitens der Verlage stellte jedoch nicht das eigentliche Problem dar. Viel schlimmer waren die Meinung der Bibliothekare und, in gewisser Wei­se im Verein mit ihnen, die Patrioten. Wie das?

Zahlreiche Bibliotheksleiter und Bibliothekare verbannten die Oz-Bücher bald nach Baums Lebzeiten aus ihren Regalen oder sogar in abgeschlossene Magazi­ne. Die Begründungen, die dafür gegeben wurden, waren unterschiedlichster Natur. Die wohl meisten hielten die Bücher einfach für „billigen Schund“, der Leiter der Detroit Public Library, Ray Ulveling, gab sogar offen an, die Bücher be­säßen „keinen Wert“ und in einem Brief sagte er im Oktober 1957 zur Rechtfer­tigung seiner Position sogar offen: „Vor über dreißig Jahren wurde die Entschei­dung gefällt, dass die Bibliothek jetzt, da es so viele bessere Kinderbücher gibt… die alten Exemplare [des „Wizard Of Oz“] einfach nicht ersetzen würde. Drei Ex­emplare sind jederzeit für die jungen Leser verfügbar. Das ist keine Verbannung, das ist Auswahl.“44

Wer den Lesehunger junger Menschen kennt, weiß, dass diese Begrenzung der Buchmenge nahezu gleichbedeutend mit Verbot ist. Man sehe sich nur an, wie das mit den Harry Potter-Büchern in öffentlichen Büchereien gehandhabt wird. Der Gedanke, eine Bücherei könne auf den Gedanken kommen, „nur“ 3 Potter-Exemplare bereitzustellen und nicht bei Verschleiß zu ersetzen, kann heute nur Kopfschütteln auslösen. Im Falle des „Wizard Of Oz“ wurde aber ganz genau so verfahren. Naheliegend, dass dieser Schuss letztlich nach hinten losging – wie im Falle der Prohibition ließ sich dieses indirekte Verbot letztlich nicht aufrecht­erhalten.

Noch übler war freilich der Vorwurf der patriotisch gesinnten Buchleser in den USA, die Oz-Bücher stellten die verkappte Glorifizierung eines „sozialistischen Staates“ dar.45 Zwar gibt es, wie richtig analysiert wurde, in Oz kein Geld46, auch ist die Farbe des Munchkin-Landes nun einmal erwiesenermaßen rot. Aber die Interpretation ging entschieden zu weit – „The Wizard Of Oz“ wurde im Jahre 1900 gedruckt, zu einem Zeitpunkt, wo an einen marxistischen, geschweige denn sozialistischen Staat noch nicht mal zu denken war. Zudem handelt es sich um ein in vielen Belangen allegorisch gehaltenes Kinderbuch, und die Vorstel­lung der sozialistischen Indoktrination des Nachwuchses der Nation mutet nun wirklich abenteuerlich an, zumal um die Jahrhundertwende.

Das hielt übereifrige Patrioten in den 50er Jahren nicht ab, die Oz-Bücher kon­sequent auf den Index zu setzen. Im Staate Florida begann das im Februar 1959, und das Verbot hielt sich bis 1966. Man sollte allerdings hinzufügen, dass wäh­rend der McCarthy-Ära sogar „die Legende von Robin Hood als marxistisches Traktat betrachtet wurde“, wie Hearn zu berichten weiß.47 Es ist aber ziemlich sicher, dass die ohnehin despektierliche Sicht vieler Bibliothekare auf Baums Werk solche politisch-irrationalen Tendenzen förderten.

Schließlich mussten Schriftsteller und Fans zur Verteidigung von L. Frank Baums Welt antreten. Den Anfang machte schon 1929 Dr. Edward Wagenknecht mit seinem Sachbuch „Utopia Americana“, und endgültig den Durchbruch der Oz-Werke als Kultbücher schaffte schließlich die Ausstellung des Kurators Roland Baughman an der Columbia University. Kritische Ausgaben der Oz-Reihe er­schienen, und heutzutage werden die Bücher nahezu unablässig immerzu neu aufgelegt.48

Betrachtet man also L. Frank Baums Leben und seine Werke, so kommt man nicht umhin, ihn wie die Inkarnation des – freilich nicht völlig geglückten – ame­rikanischen Traumes zu begreifen. Jemand, der aus durchaus nicht unproblema­tischen Verhältnissen kam, getragen von träumerischen Hoffnungen und Schwärmereien, um schließlich einen Mythos zu schaffen, der sich in einer Weise verselbständigte, dass er bis heute im Wesentlichen unvergessen ist. Es gibt sowohl in Europa als auch in Amerika zahlreiche ähnliche Phänomene, die den Vergleich lohnten. Für die Phantastik Amerikas soll hier einzig auf das wechselvolle, ähnlich krisenhafte Leben des Rhode Islanders Howard Phillips Lovecraft und seines Cthulhu-Mythos hingewiesen sein.

Und vielleicht weist irgendwann einmal jemand nach, dass auch Lovecraft als Kind nicht nur düstere Geschichten eines Edgar Allan Poe gelesen hat, sondern vielleicht einst auch nach jenem verführerisch grünen Buch griff, auf dem in grünen Lettern „The Wonderful Wizard Of Oz“ geschrieben stand…

ENDE

© 2005/2006 by Uwe Lammers

Puh, ich glaube, das war mit weitem Abstand der längste Blogbeitrag, den ich je geschrieben habe… und ja, ich überlegte, ob ich ihn teile. Aber ich entschied mich dann dagegen. Es ist doch ein wenig lästig, wenn man bis zum Ende des Argumentationsganges eine oder zwei Wochen warten muss.

Versprochen, nächste Woche bin ich sehr viel kürzer! Vertraut mir!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 Vgl. dazu ANDROMEDA-NACHRICHTEN 264, Januar 2019.

2 Ebd.

3 Vgl. John Clute: „Science Fiction. Die illustrierte Enzyklopädie“, Heyne-Hardcover, München 1996, S. 42. Der Schreibfehler des Titels ist vermutlich ein redaktionelles Versehen, er bleibt indes peinlich genug.

4 Vgl. Michael Patrick Hearn: „Alles über den Zauberer von Oz“, Europa-Verlag, Hamburg 2003 (künftig mit Hearn: „Oz“, a. a. O. abgekürzt).

5 Vgl. Martin Gilbert: „Geschichte des 20. Jahrhunderts, 1. Band: 1900-1918“, München 1997, S. 53 (künftig: Gilbert: „Geschichte“, a. a. O. abgekürzt).

6 Vgl. Fred E. C. Culick & Spencer Dunmore: „Den Himmel stürmen“, Collection Rolf Heyne, München 2001.

7 Vgl. Gilbert: „Geschichte“, a. a. O., S. 50.

8 Vgl. Gilbert: „Geschichte“, a. a. O., S. 17.

9 Vgl. Gilbert: „Geschichte“, a. a. O., S. 31f.

10 Vgl. DIE ZEIT: „Welt- und Kulturgeschichte Bd. 18“, Hamburg 2006, S. 455.

11 Vgl. Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. 295-310.

12 Vgl. Gilbert: „Geschichte“, a. a. O., S. 41.

13 Vgl. Gilbert: „Geschichte“, a. a. O., S. 48f.

14 Vgl. Gilbert: „Geschichte“, a. a. O., S. 48.

15 Vgl. Joe R. Lansdale: „Der große Knall“, in: Douglas E. Winter (Hg.): „Offenbarungen“, Bastei 14193, Bergisch-Gladbach 1999, S. 37-116.

16 Eine ähnliche Biografie wie die von L. Frank Baum ist auch aus dem Fall des zufällig zum SF-Schriftsteller avancierten Amerikaners Ward Moore bekannt. Vgl. Ward Moore: „Es grünt so grün“, Moewig 3516, Mün­chen 1981, Nachwort, S. 382-384.

17 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XV.

18 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XVI.

19 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XVII.

20 Vgl. L. Frank Baum: „The Book of the Hamburgs. A Brief Treatise Upon The Mating, Rearing and Manage­ment of the different Varieties of Hamburgs“, Hartfort, Conn. 1896. Es kann natürlich dennoch sein, dass die­se Vögel in irgendeiner Weise etwas mit der Entwicklung des späteren Fastfood-Artikels zu tun haben, doch das entzieht sich meiner Kenntnis.

21 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XVIII.

22 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XIX.

23 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XXf.

24 Dorthin waren sie gezogen, weil Mauds Verwandte sich in Dakota angesiedelt hatten. Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XXI.

25 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XXIII.

26 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. 11-22.

27 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XXIV. Vielleicht ist das „Porzellanland“ in Oz auch ein satirischer Abglanz jener Zeit.

28 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XXVIIf. Es scheint übrigens nicht ausgeschlossen, dass ein Mann namens Walt Disney deshalb eine Ente als Vorbild für seine Comicstrips nahm, weil er in der Kindheit mit „Father Goose“ Bekanntschaft geschlossen hatte. Insofern wäre also L. Frank Baum einer der Gründerväter für Donald Duck & Co.

29 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XXIXf.

30 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XXXIII.

31 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XXXVIf.

32 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XLI.

33 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XLIV.

34 Ebd.

35 Vgl. Paul di Filippo: „Der Bau eines besseren Simulakrums: Literarische Einflüsse auf Matrix“, in: Karen Haber (Hg.), Das Geheimnis der Matrix, Heyne 6447, S. 60-80, hier S. 68.

36 Die Parallelen zu den Angehörigen der Familie Gage in Dakota sind hier sehr deutlich.

37 Wenn ich mich recht entsinne, wird der Name „Toto“ später in einer Comicserie als Indianername recycelt. Aber ich kann mich da auch täuschen. Ob es irgendwelche Zusammenhänge zwischen „The Wizard Of Oz“ und der späteren Popgruppe „Toto“ gibt, ist mir unbekannt, aber durchaus denkbar.

38 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. 21.

39 Als Beispiele seien hier nur die Thriller-Autoren Colin Forbes – mit seinen Romanen um den Geheimdienst­chef Tweed – und Jon Land – mit dem Helden Blaine McCracken genannt. In beiden Fällen sind die Autoren wie Figuren nach neunzehn bzw. 8 Romanen vollkommen ausgebrannt. Bei den klassischen Detektivge­schichten landet man in diesem Fall automatisch bei Arthur Conan Doyles Sherlock Holmes, den er ja extra in den Reichenbach-Fällen sterben ließ, um die Figur „los“ zu sein und sich anderen Charakteren wie etwa Professor Challenger zu widmen, was jedoch kläglich fehlschlug. Das Leserinteresse zwang ihn zu Holmes zu­rück.

40 Vgl. Hearn, „Oz“, a. a. O., S. LXXXV.

41 Vgl. Hearn, „Oz“, a. a. O., S. LXXXV.

42 Vgl. Hearn, „Oz“, a. a. O., S. LXXXVI.

43 Vgl. Hearn, „Oz“, a. a. O., S. LXXXVIII.

44 Vgl. Hearn, „Oz“, a. a. O., S. XCVIIf.

45 Vgl. Hearn, „Oz“, a. a. O., S. XCVII.

46 Vgl. Hearn, „Oz“, a. a. O., S. XCV.

47 Vgl. Hearn, „Oz“, a. a. O., S. XCVII.

48 Vgl. Hearn, „Oz“, a. a. O., S. C.

Liebe Freunde des OSM,

es ist echt toll, wenn das Glück hold ist – und das würde ich zurzeit absolut von mir und meinem Umfeld behaupten wollen. Dafür gab es in den letzten Tagen gleich mehrerlei Anlässe. Zunächst schien das Gegenteil der Fall zu sein: am 28. April verlor ich meine Geldbörse im Zug und hatte daraufhin einige Schwierig­keiten, wieder heimzukehren.

Am Tag darauf meldete sich überraschend mein universitärer Arbeitskollege: ob ich meinen Geldbeutel vermissen würde. Es habe eine Frau von der Uni angeru­fen, die ihn gefunden habe… ich dachte, ich träume. Tat ich nicht. Binnen weni­ger Stunden war mein Geldbeutel wieder vollständig heimgekehrt, und ich hat­te der Finderin dankbar meine Print-Storysammlung „Lustvoller Schrecken“ ge­schenkt, in jedem Fall ein persönlicheres Präsent als ein schnöder finanzieller Finderlohn.

Am 30. April spielte die Technik hervorragend mit bei meinem zweiten Archiv­besuch im Hauptstaatsarchiv Hannover. Und am Abend desselben Tages lernte ich auf dem Event „Digitaler Dienstag“ der KreativRegion e.V. einen Software­entwickler und Jungunternehmer aus dem Raum Salzgitter kennen, und wäh­rend des Gesprächs entdeckten wir unglaublich viele gemeinsame Interessen, insbesondere in Hinblick auf phantastische Filme… was dazu führte, dass wir uns bis Mitternacht verquatschten.

Klasse.

Und als ich dann heute früh „kreativen Kassensturz“ für den Monat April mach­te, entdeckte ich fasziniert, dass nicht weniger als 50 eigenständige kreative Werke in diesem Monat abgeschlossen werden konnten. Wenn das kein Grund zur Freude ist!

Heißt das jetzt, ich habe 50 neue OSM-Werke geschrieben? Oje, nein, da erwar­tet ihr jetzt zuviel von mir, Freunde! Ganz so hypertroph war der Monat dann doch nicht. Aber es ist eine Menge an schönen Dingen entstanden, die in den Bereich des OSM hineinrechnen. Vieles entfiel – wie üblich – auf die Blogartikel (17 Werke). Eine Menge investierte ich auch in die Digitalisierung der alten Fantasy-Serie „Horrorwelt“ (18 Werke) sowie in Rezensionen. Und folgendes blieb dann an interessanten Projekten übrig:

Blogartikel 330: Work in Progress, Part 76

(OSM-Wiki)

(E-Book BdC 2: Gestrandet in Bytharg)

12Neu 58: Blick auf das Paradies

12Neu 59: Der Plan des Wahnsinnigen

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“)

14Neu 65: DAS TOR NACH KAWEKOR

(14Neu 67: Sturm der Untoten)

(14Neu 68: Die Graue Eminenz)

(14Neu 69: Mordanschlag auf den WÄCHTER)

(14Neu 70: Verfolgungsjagd zur schwarzen Welt)

(Die Kondenswesen – OSM-Story)

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“)

Blogartikel 331: Close-Up – Der OSM im Detail (7)

Blogartikel 335: Close-Up – Der OSM im Detail (8)

12Neu 60: Die Weltenkette

HdH 4: Schmelztiegel Shallakhon

Anmerkung: Das ist OSM-Band 1900, und nach diesem Band hatte ich den Kopf wieder frei für eine Vielzahl alter und neuer Projekte, die ich nun mit zunehmen­der Energie verfolgen konnte und kann. Ich denke, da erwartet euch in der nä­heren Zukunft noch so manche kleine Überraschung, die ich in meinen Work in Progress-Blogartikeln über den Rest des Jahres 2019 verstreuen werde…

12Neu 57: Meilenstein im All

(Roxanne – Archipel-Story)

Anmerkung: Das war wirklich nur eine sehr kleine und kurze Stippvisite, die nur 4 weitere Textseiten erbrachte. Aktuell, stellte ich danach fest, bin ich definitiv nicht in Archipel-Schreibstimmung.

(12Neu 61: Stern der vielen Gesichter)

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Held der Hohlwelt“)

Anmerkung: Die Ausarbeitung von OSM 1900, die ja zugleich Band 4 dieser lan­ge ruhenden Serie war, zeigte mir, dass sowohl das Lexikon dieser Serie wie auch das Glossar auf dem Stand des Jahres 2012 versteinert waren. Das konnte so natürlich nun nicht mehr bleiben und erforderte deutliche Veränderungen. Und davon löste Band 4 HdH wirklich jede Menge aus.

Blogartikel 336: Logbuch des Autors 29 – Jenseits von OSM 1900

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer – Held der Hohlwelt“)

Anmerkung: Wie eben schon gesagt war auch diese Reaktivierung und Aktuali­sierung durch HdH 4 ausgelöst worden und lange überfällig.

14Neu 66: Die Hassflotte

(Bewusstwerdung – OSM-Story)

Anmerkung: Irgendwie lag es auf der Hand, dass wenn ich an der HdH-Serie ge­danklich arbeitete und sogar schon neue Titel für die Titelvorschau generierte, es fast unvermeidlich war, eine neue Szenenblende einzuarbeiten. So entstand der erste Abschnitt von HdH 8, einer ganz neuen Episode, die den Handlungs­strom von HdH 4 unmittelbar fortsetzt.

Was ich eher nicht so ahnte, war eben die jähe Entstehung von neuen Titeln. Denn wie die Arbeit an der Serie hatte auch die Planung derselben nach 2012 stagniert. Bislang kannte ich nur die Titel bis Band 9… nun entstanden an einem Nachmittag die Titel bis inklusive Band 15! Ihr seht hier also einen unglaubli­chen inneren Druck, der sich in einer Fortschreibung der Storyline des KON­FLIKTS 7 äußerte. Tolle Sache!

Ach ja, und diese Story… die spielt ebenfalls in Hyoronghilaar, weswegen es ir­gendwie sehr nahe lag, daran weiter zu feilen. Hier ist das so ähnlich wie bei der Hushhin-Story in KONFLIKT 2 „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ (TI)… auch diese Geschichte liegt, durchaus analog zu „Heiligtum der Shonta“ in der TI-Serie quasi „neben“ der Haupthandlung und fließt dann nach Fertigstellung in den Zyklus der Episoden 5-7 der HdH-Serie. Weswegen ich diese Story favorisiert fertigstellen muss, ehe ich an der Serie selbst weiter feile.

(HdH 8: Fremde im Hellen Dom)

Blogartikel 327: Legendäre Schauplätze 13 – Milchstraße

Blogartikel 328: „Was ist eigentlich der OSM?“, Teil 62

(12Neu 62: Der Schattenstrudel)

Anmerkung: Was ein „Schattenstrudel“ sein mag? Oh nein, Freunde, das möch­te ich an dieser Stelle noch nicht vorwegnehmen, auch nicht natürlich, wer die Protagonisten dieser Episode sein werden. Ich verrate nur soviel: es sind Tasva­ner. Aber welche und unter welchen höchst abenteuerlichen Umständen sie an diesen Punkt der Serienhandlung gelangen, das würdet ihr mir kaum glauben, selbst wenn ich es euch hier schon verriete. Doch glaubt mir: es ist sehr lesens­wert.

OSM-Time # 1 – Fanzine

Anmerkung: Ich bin nach wie vor Teil der APA FAN und steuere so – in den letz­ten Jahren, zugegeben, etwas erratisch und stockend – Beiträge zu den viertel­jährlich erscheinenden FAN-Ausgaben bei, die im Grunde genommen Sammel­becken von Individual-Egozines darstellen. Das letzte Mal schrieb ich hier etwas zu meinem E-Book „DER CLOGGATH-KONFLIKT 1: Vorbeben“. Diesmal dachte ich darüber nach, etwas zum E-Book „BdC 1: Im Feuerglanz der Grünen Gala­xis“ zu verfassen, aber dafür hat’s nimmer gereicht.

Ich begnügte mich also damit, ein kleines neues Mikro-Zine aus dem Boden zu stampfen und lieber etwas zu OSM 1900 „Schmelztiegel Shallakhon“ zu ma­chen. Das habe ich noch gerade eben bis zum Einsendeschluss hinbekommen. Puh, Glück gehabt…

(TI 48: Das graue Ei)

(TI 55: Die Anthrazitlegion)

(TI 57: Depot der Baumeister)

(TI 58: Das ZYNEEGHAR-EXIL)

Anmerkung: Hieran sieht man übrigens deutlich, dass ich zunehmend Zeit in länger suspendierte Projekte investiere, nachdem ich OSM 1900 (s. o.) abge­schlossen habe. Es ist sehr zu erwarten, dass ich in diesem Jahr noch die eine oder andere aktuelle TI-Episode neben den TI-E-Books, die ich geplant habe (vgl. dazu meinen Maiblog 2019 vom 1. Mai), schreiben kann. Drückt mir mal die Daumen, dass sich mein Aufmerksamkeitsfokus nicht wieder verschiebt.

Blogartikel 337: Legendäre Schauplätze 14 – NISCHE

(12Neu 63: TOTAMS EXIL)

(Aktion TOTAMS Ende – OSM-Roman (Überarbeitung))

Anmerkung: Das war eine durchaus witzige Sache. Eigentlich wollte ich nur hier noch mal eine Szene nachlesen… und blieb prompt mehr als eine Stunde an die­sem schon mehr als 160 Seiten langen Text hängen, ehe ich mich losreißen konnte. Da ich ein paar offenkundige Schreibfehler korrigierte, gilt auch dieses Werk als leicht nachbearbeitet, weswegen es oben auftaucht.

Ansonsten entfallen alle weiteren Positionen der 50 fertigen kreativen Werke auf andere Felder und Welten als den OSM und den Archipel. Ich bin aber zu­versichtlich, dass sich das bald besser fokussieren lässt. Ob mir das gelingt, er­fahrt ihr aller Voraussicht nach in meinem nächsten Artikel dieser Reihe, der dann dem Monat Mai 2019 gewidmet sein wird.

In der nächsten Woche kehren wir ins Universum 14 des OSM zurück und in die Welt der Cranyaa. Bleibt gespannt, Freunde!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 226: Kein Fall für Mr. Holmes

Posted Juli 24th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

wie jüngst berichtet – heute haben wir den eher ungewöhnlichen Fall eines Sherlock Holmes-Romans ohne Sherlock Holmes vor uns. Ich war selbst etwas verdutzt, als ich auf dieses unscheinbar aussehende Buch stieß. Und dann faszi­niert, denn wir erfahren hier einiges mehr zu einer Randperson des Holmes-Kosmos, nämlich zu seiner Vermieterin, der guten Mrs. Hudson.

Außerdem, und das ist dann für eingefleischte Holmsianer, die mit dem Überna­türlichen vielleicht so ihre Schwierigkeiten haben, finden wir hier eine recht massive Intervention des Spiritismus-Elements. Das hat durchaus seine Gründe. Nicht nur in der Streaming-Serie „Houdini & Doyle“ wird dieser Punkt strapa­ziert. Auch wer sich ein wenig näher mit Arthur Conan Doyles Vita beschäftigt hat, wird wissen, dass der Schöpfer des Sherlock Holmes – im Gegensatz zu sei­nem beinhart rationalistisch operierenden Detektiv – dem Übernatürlichen in späteren Lebensjahren zunehmend zugeneigt war. Er glaubte an Seancen, an El­fen und dergleichen, und insofern ist Hosiers Roman auf dieser Ebene auch eine dezente, aber sehr passende Anspielung auf eben jene Tatsache.

Wer immer glaubt, ein Holmes-Roman ohne den Detektiv sei langweilig, der lasse sich auf faszinierende Weise vom Gegenteil überzeugen. Ich denke, der vorliegende Roman lohnt unbedingt eine Neuentdeckung.

Vorhang auf also für:

Kein Fall für Mr. Holmes

(OT: Elementary, Mrs. Hudson)

Von Sydney Hosier

Econ 25182

192 Seiten, TB (1997)

Aus dem Amerikanischen von Antje Knoop

ISBN 3-612-25182-1

Als das Telegramm in der Baker Street 221B eintrifft, kommt es zur Unzeit: Sher­lock Holmes und Dr. Watson befinden sich für wenigstens 14 Tage in Schottland und sind unerreichbar. Die einzige Person, die anwesend ist und den Haushalt aufrecht erhält, ist die Haushälterin, Mrs. Emma Hudson. Wir kennen sie als eher im Hintergrund befindliche Hauswirtin, und Watson war so ungerecht, äu­ßerst wenig über ihre Person und ihre Vita zu verkünden.

Nun, das ändert sich jetzt dramatisch.

Denn das Telegramm stammt von einer Frau namens Violet Warner, und die ist für Emma Hudson wirklich keine Unbekannte – zu Zeiten, als ihr Ehemann noch am Leben war, unternahmen die beiden mit Violet Warner und ihrem Gatten zahlreiche Unternehmungen und standen sich sehr nahe. Inzwischen haben sich die beiden Frauen längst aus dem Blick verloren – bis dieses vermaledeite Telegramm eintrifft.

Violet Warner benötigt dringend die Dienste des Sherlock Holmes auf dem Gut Haddley Hall nahe dem Dörfchen Twillings bei London. Mrs. Hudson, die über dieses Ansinnen mindestens ebenso erstaunt ist wie über das überraschende Wiederauftauchen ihrer alten Freundin, entschließt sich kurzerhand dazu, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen – und fährt nach Haddley Hall, das wirklich am Ende der Welt liegt, wie man schnell entdeckt.

Das Problem, mit dem sich Violet plagt, ist schnell offenkundig: die Hausherrin, Mrs. St. Clair, ist verstorben und Violet ist fest davon überzeugt, dass sie ermor­det worden ist! Der Hausarzt Dr. Morley insistiert allerdings, sie sei an einem Herzanfall gestorben. Violet Warner meint jedoch, Chloroform im Todeszimmer gerochen zu haben. Zu dumm, dass das sonst niemand mitbekommen hat, der zugegen war.

Als Violet dann schließlich auch noch ihrer alten Freundin beichtet, dass sie zum Todeszeitpunkt in Form einer astralen Projektion im Schlafzimmer der alten Dame gewesen ist und sah, wie jemand Schattenhaftes mit der Lady kämpfte, wird die Geschichte wirklich kurios. Wenigstens auf den ersten Blick.

Kurz darauf wird jedoch im Park des Herrenhauses eine junge, unbekannte Frau erschlagen aufgefunden. Und nun ist Emma Hudson fest davon überzeugt, dass hier ein Mörder sein Unwesen treibt – er muss nur noch ausfindig gemacht und überführt werden. Während sie sich mit dem unfähigen Polizisten Thackeray herumärgert, kristallisiert sich immer klarer heraus, dass Violet Warner tatsäch­lich übersinnliche Begabungen besitzt. Und sie setzt sie schließlich dazu ein, das Geflecht von Geheimnissen und Lügen aufzuhellen, das Haddley Hall dichter umstrickt, als sich das irgendwer in seinen kühnsten Träumen vorstellen konnte.

Das erzeugt natürlich das nächste Problem: denn welcher Polizist wird schon Er­kenntnissen Glauben schenken, die auf Spiritismus basieren? Da kann man ja auch gleich Hellseher einschalten. Emma Hudson ist also klar, dass sie handfes­te Fakten braucht. Und das bringt sie in Lebensgefahr…

Mit dem vorliegenden kleinen Büchlein liegt eine kurzweilige Geschichte vor, die neckischerweise mal ein Holmes-Roman ohne Sherlock Holmes ist. Etwas, was man sonst für kaum möglich hält (allerdings kann man auch meinen, eine Doctor Who-Episode ohne Doctor Who sei undenkbar, was ebenfalls nicht stimmt. Das geht durchaus, und es ist auch schon vorgekommen). Die Autorin versteht es ausgezeichnet, die sonst nur eher schattenhaft gezeichnete Mrs. Hudson wesentlich deutlicher und lebendiger zu charakterisieren, als es Sir Ar­thur Conan Doyle jemals in den Sinn kam. Er hatte Mrs. Hudson erkennbar als Schablonenfigur angelegt und es Hosier damit natürlich leicht gemacht, eine ei­gene Version der Vita ihrer „Heldin aus der zweiten Reihe“, wie man sagen könnte, zu kreieren. Die Umsetzung kann als gelungen gelten.

Ein wenig schwieriger ist es dann allerdings, die Astralreisen Violet Warners mit den notwendigen harten Fakten eines Kriminalromans in Deckung zu bringen. So pfiffig und witzig dieses Element auch sein mag, es fungiert mancherorts doch als eine Art von „deus ex machina“, mit dessen Hilfe unerklärliche Dinge erklärt werden sollen. Während es also jede Menge Verdächtige gibt (und nein, es ist nicht der Butler, der ist vielmehr ein Verbündeter Emma Hudsons) und die potenziellen Tatmotive sich nur recht langsam entwickeln, gewinnt das spiritisti­sche Element mehr und mehr an Bedeutung.

Leser, die sich also bei Holmes-Fällen mit Übernatürlichem nicht auseinander­setzen wollen, sind hier eindeutig fehl am Platze und werden das Buch sicher­lich mit säuerlicher Miene lesen. Personen hingegen, deren Geist deutlich flexi­bler genannt werden darf, kommen hier durchaus auf ihre Kosten. Alles in allem ist die Geschichte recht konventionell gestrickt, aber durch das übernatürliche Element auf neckische Weise unberechenbar. Und es gibt sogar gegen Ende eine Stelle, bei der ich beim Lesen laut herausplatzen musste vor Lachen. Warum? Es hat damit zu tun, dass Sherlock Holmes mit Jack the Ripper verwechselt wird! Glaubt ihr nicht? Das ist aber die reine Wahrheit. Ihr solltet die Stelle auf alle Fälle lesen, die ist echt göttlich… und wenn ihr deutlich mehr als bisher über Mrs. Hudson in Erfahrung bringen wollt, dann seid ihr hier goldrichtig.

Angenehmes Lesevergnügen!

© 2017 by Uwe Lammers

Im nächsten Beitrag machen wir eine weitere Zeitreise, die aber dieses Mal nicht gar so weit zurückgeht wie beim obigen Buch. Wir bleiben gewissermaßen in relativer zeitlicher Nähe zum Umbruch des 19. zum 20. Jahrhundert. Ich nahm mir vor über dreizehn Jahren eine Lektüre zum Anlass, einen modernen Mythos zu durchleuchten, weshalb der nächste Beitrag weniger eine Rezension als ein literaturwissenschaftlich-historisch-biografischer Beitrag ist.

Zu welchem Buch und welchem Autor? Das sei heute noch nicht verraten.

Schaut einfach wieder rein, Freunde!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

als ich vor fünf Wochen an dieser Stelle von meinen kreativen Aktivitäten im Frühjahr 2016 berichtete, deutete ich an, dass die Talsohle meiner Arbeitsleis­tung noch nicht wirklich erreicht war. Dahin kommen wir jetzt.

Ich befand mich seit Jahren endlich wieder einmal voll im Arbeitsleben, auf ei­ner 40-Stunden-Stelle, hatte mit einem unglaublich spannenden Thema zu tun, das die Schnittfläche zwischen Philosophie, historischer Wissenschaft und Bio­technologie im weitesten Sinne bearbeitete, und im Grunde genommen hätte ich glücklich sein müssen, nicht wahr? Ja, das Projekt war befristet, das stellte natürlichen einen Wermutstropfen dar, aber daran hatte ich mich in den zu­rückliegenden rund 15 Jahren eigentlich schon gewöhnt.

Aber wir reden hier halt von mir, und ich bin nicht ein 08/15-Arbeitnehmer, sondern ein Mensch, der Schriftstellerei seit Jahrzehnten als Berufung versteht und dafür selbstverständlich auch entsprechenden Freiraum braucht, um aus­geglichen zu bleiben. Dieser Freiraum blieb mir nun nicht, und das hatte fatale Rückwirkungen auch auf meine wissenschaftliche Leistung im Projekt. Die dort in der Folge auftretende allgemeine Unzufriedenheit wirkte dann wiederum zu­rück auf meine mentale Ausgeglichenheit im Alltag, und die Konsequenz ließ meine Kreativität stocken.

Ja, ich glaube, so kann ich das aus der Distanz von rund drei Jahren am ehesten charakterisieren. Im Juli 2016, über den ich hier zunächst reden will, zeigte es sich, dass der quantitative Zuwachs zuerst stagnierte. Ich konnte gerade einmal 15 Werke fertigstellen. Davon waren nicht weniger als sechs Blogartikel, die aus dieser Betrachtung hier herausfallen. Interessanterweise entstanden aber auch zwei Non-OSM-Geschichten, die ich kurz erwähnen möchte.

Bis dieser Beitrag erscheint, dürfte die erste davon, „Wahltag 2040“, einer brei­teren Öffentlichkeit durch die Publikation auf der Webseite des Vereins Krea­tivRegion e.V. in Braunschweig bekannt geworden sein. Eigentlich eine dystopi­sche Vignette, die ich am 2. Juli 2016 in einem Rutsch niederschrieb und die sich zweifellos aus den Wahlerfolgen populistischer Parteien der Gegenwart speiste. Die zweite Story, „Everstons Traum“, wurde durch eine Bildanregung aus einem Fotobildband ausgelöst. Bei ihr handelt es sich eigentlich um einen erotisch-phantastischen Alptraum.1

Ansonsten entstanden eigentlich überwiegend Rezensionen und Abschriften… aber ich versuchte mich auf allen möglichen Gebieten bei den Fragmenten, ohne irgendwie dort auf einen grünen Zweig zu kommen. Schwerpunktmäßig kümmerte ich mich um Archipel-Fragmente. Um welche? Um folgende Werke: „Das Geheimnis des Vungash“, „Blindlings“, „Gashhoys Geschichte“, „Kapitän Taisanors Geschichte“, „Raubgut“ und „Auf und nieder“. Allzu weit kam ich bei keiner davon. Ihr merkt, der Fokus war verloren, ich konnte mich echt nicht konzentrieren.

Was half es mir da schon, den 100. Rezensions-Blog zu schreiben und mit dem normalen Wochen-Blog mit Folge 203 die Reihe der „Legendären Schauplätze“ zu beginnen? Das stellte mich definitiv nicht zufrieden.

Wo waren die Arbeiten an E-Books geblieben? Wo die Arbeiten an OSM-Projek­ten? Quasi verdunstet. Nein, das konnte mir natürlich nicht gefallen.

Well, ich hoffte, im August würde es besser werden.

Wurde es das?

Nun, sagen wir es vorsichtig: rein numerisch klappte es durchaus. Ich rappelte mich auf 22 fertige Werke wieder auf. Aber wie verteilten sie sich? Da werden die Gesichter dann schon länger: 12 Werke waren fertig gestellte Blogartikel. Endlich gelang es mir, mit „Späherin der Cestai“ ein E-Book-Skript zu vollenden, außerdem schrieb ich „Der Handspiegel“ ab, eine erotische Novelle von 1991, bei der ich damals noch nicht sagen konnte, wann und wo sie wohl Verwendung finden würde. Dass sie anno 2018 in Überarbeitung ihren Platz in der Publikati­on „Grey Edition 12: Lustvoller Schrecken“ des TCE finden würde, war damals eher noch kein Plan.

Neben der intensiven Arbeit für das universitäre Projekt, in dem ich beschäftigt war, lenkten mich natürlich zusätzlich immer noch die Nachwehen des Todes meiner Mutter im Mai 2015 und die Erbschaftskomplikationen ab, die erst jetzt allmählich abebbten. Man sollte es nicht für möglich halten, wie lange man mit solchen Dingen zu kämpfen hat, Freunde. Nehmt so etwas nicht auf die leichte Schulter, das kann unglaublich viel Zeit und Energie verschlingen.

Auch in diesem Monat übertraf die Zahl der „eingeklammerten“ Einträge – also jener Projekte, an denen ich arbeitete, ohne sie in diesem Monat zum Ab­schluss bringen zu können – die der „freien“ Zeilen bei weitem. Ich zähle allein in diesem Monat 27 derartige Zeilen. Und auch jetzt schwankte ich heftig zwi­schen dem Archipel und dem OSM hin und her. Ob es sich um zahlreiche provi­sorische Episodenhülsen handelte, die ich für die kommentierte Abschrift des KONFLIKTS 18 des OSM („Kampf gegen TOTAMS Dämonen und Schergen“) an­legte, ob es sich um Fragmente des Erotic Empire handelte oder Archipel-Ge­schichten… ich kam irgendwie nirgendwo auf einen grünen Zweig.

Im Archipel kümmerte ich mich etwa um „Mariannes Kursänderung“, „Julian­na“, „Zwei Mädchen auf der Insel“ und „Falsche Voraussetzungen“. Im OSM ver­suchte ich mich an „Rescaz“, „Mein Freund, der Totenkopf“ (hier immerhin in der E-Book-Version) und „Beas Freund“. Aber wie schon erwähnt: sonderlich weit kam ich damit nicht.

Im September stürzte ich wieder ab. 18 beendete Werke. Davon wieder einmal 8 (!) Blogartikel. Herausragendes Highlight war in diesem Monat etwas, was mit dem OSM nur sehr bedingt zu tun hatte, was mich aber stärker in der kulturel­len Szene Braunschweigs verankerte: Meine Freunde von der KreativRegion e.V. fragten mich kurzfristig an, ob ich Lust hätte, auf ihrer Veranstaltung „Markt­platz 3.0“ eine Lesung zu absolvieren.

Das kam wie eine kalte Dusche über mich, zugegeben, weil ich normalerweise nicht der Mensch bin, der extrem kurzfristig situativ reagiert… aber ich fühlte mich geschmeichelt, entwickelte in Eile ein Leseskript und saß dann echt auf dem Friedrich-Wilhelm-Platz in Braunschweig auf einer Bühne und las aus mei­ner OSM-Story „Heimweh“… allerdings in sehr arg verkürzter Fassung.

Nun, das Wetter war kühl und feucht, die Zuschauermengen hielten sich in Grenzen, und der Ablenkung gab es gar viel… ich konstatierte denn auch in mei­nem danach geschriebenen reflexiven Beitrag „Ein kreatives Attentat“, dass die Rahmenbedingungen durchaus hätten besser sein können. Aber es war eine in­teressante Erfahrung… und zu dem Zeitpunkt war mir ja schon klar, dass im Ok­tober eine weitere Lesung, diesmal „indoor“, im Kulturpunkt West in Braun­schweig anstehen würde.

Aber ihr versteht sicherlich, dass mich diese außergewöhnlichen Events gründ­lich vom Schreiben an den wesentlichen Werken abhielten. Es entstanden in diesem September 2016 also alle möglichen merkwürdigen Dinge: Gedichte. Rezensionen. Leseskripte. Lesungsberichte. Aber sonst? Ich konnte mich echt nicht konzentrieren, sondern oszillierte auch weiterhin zwischen den Werkpo­len der zahllosen Fragmente hin und her.

Im OSM war da neben den kommentierten Abschriften aus KONFLIKT 18 und KONFLIKT 14 „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ sowie KONFLIKT 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ solche Werke wie „Kämpfer gegen den Tod“ und „DER CLOGGATH-KONFLIKT“ (reine Abschriften indes nur). Kleine Stippvisiten im Archipel lasse ich hier mal unter den Tisch fallen, sie zählen nicht wirklich.

Nein, ich konnte mit diesem Quartal echt nicht glücklich sein. Ich hatte das quä­lende Gefühl, einfach auf der Stelle zu treten und nirgendwo richtig vom Fleck zu kommen. Als wenn ich in Treibsand feststeckte oder in einem Sumpfloch, um mich wie weiland Indiana Jones an einer Liane festzuhalten und nicht mehr vor noch zurück zu gelangen.

Witzig nenne ich was anderes.

Wurde das gegen Jahresende besser? Davon erzähle ich euch dann lieber beim nächsten Mal, Freunde. In der kommenden Woche schreibe ich dann lieber über meine kreativen Erträge aus dem April 2019.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Die Story wird erstmals abgedruckt werden in der zweiten Print-Storysammlung erotisch-phantastischer No­vellen, die als Band 13 in der Reihe „Grey Edition“ im Terranischen Club Eden (TCE) im Herbst 2019 erschei­nen soll. Ein Bandtitel steht derzeit noch nicht fest.

Rezensions-Blog 225: Die Entdeckerzeitung

Posted Juli 17th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

manchmal, wenn ich ziemlich alte Rezensionen für meinen Rezensions-Blog auf­bereite, stoße ich auf Werke, die ich nicht eben wohlwollend kommentierte. Mitunter stelle ich das etwas zu spät fest – das hier ist so ein Fall.

Das vorliegende Buch habe ich anno 2003 gelesen, also vor mehr als fünfzehn Jahren. Interessanterweise – und möglicherweise, weil es der Vollständigkeit diente, da es eine ganze Reihe ähnlicher Kinderbücher aus diesem Verlag gab – rezensierte ich es, obwohl aus dem Tonfall der Rezension relativ deutlich klar wird, dass ich damit während der Lektüre einige Schwierigkeiten bekam.

Nun, ich wiederhole mich mal in zweifacher Hinsicht: zum einen bin ich Histori­ker. Man sollte also davon ausgehen, dass ich gerade bei Werken, die histori­sche Kontexte durchdringen wollen, besonders genau hinschaue und mein Ei­genwissen dann zur Anwendung bringe. Im vorliegenden Fall gereichte es dem Buch nicht zum Vorteil, um es vorsichtig zu sagen.

Zweitens aber, und das relativiert meine Worte von eben etwas, habe ich auch verschiedentlich betont, dass ich hier keinen Schönwetter-Blog betreibe. Was ihr hier also ausdrücklich NICHT finden werdet, und nicht einmal bei Autoren wie etwa Clive Cussler, den ich wirklich mag, das sind schönfärberische Rezensionen, die kurzerhand immerzu die Kritikpunkte unter den Teppich kehren. Vielleicht bin ich da ein wenig voreingenommen, aber ich hoffe doch sehr, dass mancher von euch meinen Rezensions-Blog aus genau diesem Grund liest: weil ich eben nicht der Lobhudelei diene oder den Verlagen, Autoren oder Überset­zern nach dem Maul rede. Dann könnte ich auch Marketingleiter eines Verlags sein, der seine Kritikfähigkeit bisweilen an der Garderobe abgibt, wenn es den Vorgesetzten in den Kram passt, selbst schlechte Werke mit warmen Worten wohlfeil zu verteidigen.

Nein, das ist meine Sache nicht. Ich versuche, einigermaßen ehrlich und aufrich­tig zu sein, und deshalb ist zu konstatieren, dass das heute vorgestellte Buch zwar ein Kinderbuch ist, das Geschichte allgemeinverständlich vermitteln soll. Es enthält meiner Ansicht nach aber solche didaktischen Geschichtsklitterungen, dass es den eigentlichen Zweck nicht erfüllt.

Warum nicht? Nun, ich schlage vor, um das herauszufinden, solltet ihr weiterle­sen:

Die Entdeckerzeitung

(The History News: Explorers)

von Michael Johnstone

Kinderbuchverlag (kbv) Luzern

36 Seiten, gebunden

Übersetzt von Christa Holtei

Ohne Zweifel, das Zeitalter der Entdecker ist länger, als man allgemein an­nimmt. Für den Macher dieser „Zeitung“ beginnt dieses Zeitalter im Polynesien vor rund 3500 Jahren. Jeder, der sich ein wenig mit dieser Materie auskennt, wird dieser Einschätzung zustimmen können. In der Tat sind die polynesischen Seefahrer die Prototypen der Abenteurer, die dargestellt werden.

Der Bogen der Handlungszeit spannt sich vom Polynesien des zweiten vorchrist­lichen Jahrtausends bis zur Gegenwart. Wir treffen die Phönizier, die chinesi­schen Forscher, natürlich die reiselustigen Wikinger und den erstaunlichen, fuß­festen Ibn Battuta. Kolumbus darf nicht fehlen, eben sowenig Magellan und die spanischen Konquistadoren. Sucht jemand Captain Cook? Ist drin. Afrikafor­scher? Polarforscher? Ebenfalls vorhanden. Selbst Tiefseetaucher sind zu fin­den.

Alles in Ordnung? Leider nein.

Wer sich an „Die aztekische Zeitung“1 und „Die Wikinger-Zeitung“2 entsinnt, die auch rezensiert wurden, muss von diesem Band zwangsläufig enttäuscht sein. Man merkt es bereits beim ersten Artikel, also zurück zu den polynesi­schen Wagemutigen und gelauscht, wie der betreffende Text beginnt:

Als ich gebeten wurde, diesen Artikel zu schreiben, habe ich mir vorgestellt, was es bedeutet haben muss, ohne Kompass oder Seekarte auf das riesige offe­ne Meer hinauszusegeln und nicht zu wissen, wo das nächste Land lag…“

Netter Versuch, aber im ganzen Text über die Polynesier schwingt die auswärti­ge Position mit, ein eher hilfloses Staunen, das mit keiner Silbe in der damaligen Zeit wurzelt. Der große Reiz, den diese „Zeitungen“ bislang ausmachten, speiste sich ja gerade daraus, dass die Autoren sich richtig in die Zeit und das damalige Alltagsleben hineinversetzten. Das passiert in diesem Buch nur sehr selten.

Doch, es kommt vor. Beispielsweise bei den Phöniziern und den Chinesen. Da­nach kehrt der Stil zurück zur „Reportage“ . Dann, bei Ibn Battuta, wechselt es wieder in die Interview-Weise zurück. Bei Kolumbus erzählt ein Mitreisender, und Kolumbus selbst meldet sich mit einem „Leserbrief“ vom 23. März 1506 zu Wort, in dem er betont: „…An einem Punkt muss ich jedoch etwas richtig stel­len. Trotz allem, was die Leute sagen, glaube ich fest, dass ich keine ‚Neue Welt‘ entdeckt habe. Ich behaupte immer noch, dass ich nur eine Insel an der Küste Japans erreicht habe. Ich hoffe, Sie berichtigen diesen Fehler, bevor ihn jeder für richtig hält…“

Köstlich.

Ab Seite 20 wird das Buch indes zu einem Werk mit moralischem Zeigefinger, es wird wirklich fast nur noch „berichtet“, es kommen keine „Zeugen“ mehr zu Wort, was die Lektüre dröge macht und den Eindruck erweckt, hier sei hastig und schlampig gearbeitet worden. Ärgerlicher ist aber noch, dass allein der „entdeckerische“ Aspekt einseitig in den Vordergrund gestellt wird.

Wäre dieser Effekt durch eine Quasi-Historisierung (Reporter, die beispielsweise bei karthagischen Expeditionen vor Christi Geburt dabei sind) hervorgerufen, so könnte man dagegen wenig einwenden. Da diese Einseitigkeit sich aber ver­stärkt in der zweiten Hälfte des Buches niederschlägt – wo die Quasi-Historisie­rung nicht mehr greift – und einen sehr naiven Eindruck erweckt, ist er kritik­würdig.

Nehmen wir, nur als ein Beispiel von mehreren, den Afrikareisenden Henry Morton Stanley, der hier als heldenhafter Kämpfer auf der Suche nach dem ver­schollenen Dr. David Livingstone dargestellt wird („…wir verließen Sansibar am 21. März 1871 und kämpften uns sieben Monate lang durch ein Land voller kriegerischer Stämme und hatten mit vielen Krankheiten zu kämpfen…“).

Der Berichterstatter vergisst geflissentlich zu erwähnen, dass Stanley ein ausge­prägter Rassist war und die „kriegerischen Stämme“ deswegen kriegerisch wur­den, weil Stanley während seiner Suche in Afrika ziemlich wahllos Dutzende (manche behaupten, es seien Hunderte gewesen) von Afrikanern umbrachte, die ihm auf seinem Weg begegneten. Dass deren Angehörige daraufhin ihm nicht gerade Sympathie entgegenbrachten, ist wohl verständlich.

In diesem Bericht kommen diese aufgebrachten Angehörigen aber einfach nur als „kriegerische Stämme“ rüber, also als blindwütig-aggressive Leute, die dem „armen, guten Stanley“ an den Kragen wollen. Dass es sich, streng genommen, umgekehrt verhielt, wird unter den Teppich gekehrt.

Solche Details machen das Werk leider ziemlich ungenießbar. Mehr oder weni­ger der ganze Esprit, der die ersten beiden „Zeitungen“ adelte, fehlt hier, und da das Konzept des historisierenden Erzählens nicht konsequent durchgehalten wird, macht es einen zusammengestoppelten Eindruck.

Leider also nicht empfehlenswert.

© 2003 by Uwe Lammers

Das war etwas ernüchternd? Da kann ich nicht anders, als euch beizupflichten. Ich war von der Lektüre auch eher enttäuscht. Das gilt allerdings nicht für das Werk, das ich euch in der kommenden Woche vorstellen möchte. Ein Sherlock Holmes-Roman ohne Sherlock Holmes.

Gibt es so etwas? Oh ja. Und das ist durchaus nicht uninteressant. Ihr werdet es sehen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. dazu den Rezensions-Blog 62 vom 1. Juni 2016.

2 In Vorbereitung für den Rezensions-Blog.

Liebe Freunde des OSM,

kehren wir heute in den April des Jahres 2013 zurück. Ihr erinnert euch, dass ich im letzten Eintrag dieser Artikelreihe (Blogartikel 324) das erste Quartal dieses Jahres darstellte. Ich hatte mit meinem E-Book-Programm angefangen und flan­kierte es rege mit Blogartikeln für die neue Webseite. Allein in dem Monat April entstanden sieben weitere Artikel. Bis zum Monatsende sollte ich insgesamt auf 32 fertige Werke kommen. Die meisten davon entfielen allerdings auf die jüngst begonnene Neuformatierung des KONFLIKTS 15 „Oki Stanwer“, nämlich nicht weniger als 10 Episoden. Ebenfalls investierte ich viel Arbeit in andere Digitali­sierungen von OSM-Werken, so etwa für KONFLIKT 18 „Kampf gegen TOTAMS Dämonen und Schergen“ und KONFLIKT 22 „Oki Stanwer – Der Schattenfürst“ und KONFLIKT 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“.

Weitere Arbeitszeit floss in OSM-Glossare, ein wenig in die Abschrift des hand­schriftlichen Romans „Der stählerne Tod“ und in den Archipel-Roman „Die Suyenka“. Aber sonst gibt es aus dem Monat keine nennenswerten autonomen Geschichten zu vermelden.

Der Mai 2013 schloss mit 28 fertigen Werken. Herausragend sind hier im Rah­men der „Annalen“ das E-Book „Der Schiffbrüchige“ und das erste „Annalen“-E-Book „In der Hölle“, die beide in diesem Monat fertig wurden. Flankierend brachte ich ihm Rahmen von FAN das Egozine „E-Book-Times #1“ und kam bei der kommentierten Abschrift der OSM-Serien gut voran (s. o.).

Ebenfalls in diesem Monat begann ich mit der Digitalisierung älterer Non-OSM-Stories, die später in einer E-Book-Storysammlung erscheinen sollten. Die Rede ist von „Die Schule“ und „Der Weg zum Regenbogenmeer“. Ebenso nahm ich mir die OSM-Geschichten „Heimweh“ und „Heiligtum der Shonta“ vor, die be­kanntlich inzwischen ebenfalls beide veröffentlicht sind.

Die Stippvisiten im Archipel wurden in diesem Monat zahlreicher. So tauchte ich wieder ein in die „Brigitta“-Geschichte und formatierte den Roman „Abenteuer im Archipel“ neu (unvollendet, aber das Fragment hat immerhin ein paar hun­dert Textseiten bisher). Etwas Zeit investierte ich außerdem in den Erotic Empi­re-Roman „Die Kolonie Saigon II“ und in die Rohanlage neuer E-Book-Skripte. Als ich gegen Monatsende die Neuformatierung von Band 50 der „Oki Stanwer“-Serie erreichte, konnte ich schon recht zufrieden zurückschauen auf den Monat.

Im Juni kam ich dann auf 27 beendete Werke. Das Bild blieb relativ homogen. Bei KONFLIKT 15 erreichte ich Band 60 in der kommentierten Abschrift, kam hier also aufgrund der sehr knappen Episodenlänge sehr rasant voran. Sechs neue Blogartikel entstanden, ferner das E-Book „Wenn der Sternenhammer fällt…“.

Sehr stark auffallend ist in diesem Monat das Kontingent eingeklammerter Text­zeilen, also solcher Geschichten, die ich begann oder weiter bearbeitete, aber noch nicht vollständig fertigstellen konnte. Da war wirklich viel Interessantes zu sehen. Natürlich gab es Archipel-Werke: „Die Suyenka“, „Kapitän Taisanors Ge­schichte“ und „Abenteuer im Archipel“. Natürlich gab es die unvermeidlichen vorgeplanten E-Book-Texte. Ebenso OSM-Episoden aus den KONFLIKT-Univer­sen 22, 21 „Oki Stanwer – Fürst von Leucienne“ und 4 „Oki Stanwer – Der Insel-Re­gent“ und 18.

Darüber hinaus ergänzte ich Glossare und werkelte ein wenig an autonomen OSM-Geschichten wie „Geister“, „Auf Sklavenjagd“ oder „Spurensuche in Ba­bylon“. Beendet habe ich aber keine davon.

Am Ende des Monats Juni hatte ich also 182 Gesamtwerke für die erste Jahres­hälfte 2013 erreicht, aber die E-Book-Erstellung fraß eine Menge Energie, die ich für neue Projekte jetzt sicherlich dringender gebraucht hätte.

Ach, dachte ich mir, einerlei. Da muss ich jetzt einfach durch. Das sind Anfangs­schwierigkeiten, das wird sich schon geben.

Und es sah ja auch tatsächlich danach aus – kam ich nicht mit der Digitalisie­rung der OSM-Episoden-Altbestände bestens voran? Doch. Kam ich nicht mit den neuen E-Book-Texten und den Blogartikeln gut klar? Ebenfalls klare Zustim­mung. Außerdem war ich es gewohnt, sowohl beruflich wie privat, dass aller Anfang ein wenig „schwergängig“ sein würde, das war ein vertrautes Phäno­men.

Sicherlich würde alsbald auch wieder das berufliche Licht über mir leuchten und mich aus dem prekären aktuellen Tal der Erwerbslosigkeit herausholen.

Also machte ich mich im Juli 2013 daran, energisch an allen Fronten voranzu­kommen. Und es sah toll aus: der Monat schloss mit 45 fertigen Werken! Dar­unter befanden sich mit „Der Bibliothekar“ und „Die Schuttwelt erwacht“ zwei E-Book-Skripte, ebenfalls 7 Blogartikel und ein Interview, das ich zu meinem E-Book-Programm gab. Die OSNEU-Serie (KONFLIKT 15) kam auf Band 70.

Das 30jährige Jubiläum des Science Fiction-Clubs Baden-Württemberg (SFCBW) warf seinen Schatten voraus und nötigte mich, einen Jubiläumsartikel zu verfas­sen, was ich aber gern tat. Für die intensivere strukturelle Durchdringung des Oki Stanwer Mythos entwickelte ich die „OSM-Wiki“, deren erste Zeilen in die­sem Monat geschrieben wurden.

Äh, ja, und dann wurde ich am 6. Juli irgendwie ein wenig verrückt. Der Grund dafür lag natürlich in der stürmischen Digitalisierung des KONFLIKTS 15 „Oki Stanwer“, ich weiß. Immerhin war ich bis Band 70 bereits gekommen, und die Serie hatte nur 91 Episoden. Es war also bei dieser Neuformatierungsgeschwin­digkeit realistisch, anzunehmen, dass ich mit dieser Aufgabe bis September fer­tig sein würde (was auch tatsächlich klappte).

Also, dachte mein Unterbewusstsein wohl, höchste Zeit, eine neue Aufgabe an­zugehen. Oje, sagt ihr da? Neue Baustelle? Ja, richtig. Die Baustelle hieß: KON­FLIKT 14, also die Serie „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“, an der ich von 1983-1988 schrieb. Anfangs noch, ganz wie in der „Vorgängerserie“ „Oki Stan­wer“, per Hand. Bis jedenfalls in die frühen 40er-Bände, dann stieg ich auf Schreibmaschine um, zunächst anderthalbzeilig, später dann ziemlich dicht ge­drängt einzeilig. Am 6. Juli begannen die Abschrift- und Kommentierungsarbei­ten.1

Es kamen noch Gedichtabschriften als Nachzügler hinzu, aber auch Arbeiten an den E-Books „Ian und der Stein der Götter“ und „Rätselhafte Retter“, außer­dem an der OSM-Geschichte „Monsterjagd“… alles in allem ein Monat, mit dem ich durchweg zufrieden sein konnte.

226 fertige Werke hatte ich bis Ende Juli schon erarbeitet, das war durchaus ein Grund, stolz zurückzublicken. Well, natürlich war mir bewusst, dass der sehr viel größere Berg an Arbeit noch vor mir lag, und ich arbeite seither Tag für Tag – wenn es zeitlich und von der Motivation her möglich ist – daran, mich hier wei­ter voranzuarbeiten. Aber auf einen Schnitt von mehr als 30 Werken pro Monat zurückzublicken, also quasi auf ein beendetes Werk pro Tag, das fühlte sich wirklich phantastisch an. Und mochten es vielleicht auch nur neu formatierte OSM-Episoden sein oder abgeschriebene Gedichte.

Ich hatte noch keine Vorstellung von den biografischen Schatten, die das zweite Halbjahr 2013 verdunkeln sollten. Aber noch ist es nicht soweit, davon zu erzäh­len. Zunächst geht der kreative Höhenflug weiter. Wie sich das im August 2013 auswirkte, davon erzähle ich das nächste Mal.

Bis bald, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Es mag genügen, wenn ich erwähne, dass ich im Monat Mai 2019 gerade mal bis Band 68 in der Digitalisie­rung dieser Serie gekommen bin. Und die inhaltsreichsten Bände liegen noch vor mir. Das kostet mich zwei­fellos noch ein paar Schreibjahre.

Rezensions-Blog 224: Power Play – Opalherz (4)

Posted Juli 10th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

eine Trilogie hat üblicherweise drei Bände… ich weiß das, Freunde. Dennoch ist das hier absolut richtig unter „4“ rubriziert, denn inhaltlich schließt dieser auto­nome Roman eng an die „Sweet Sins“-Trilogie an. Da aber Renee Maurice und die Agentur „Sweet Sins“ hier nur eine Nebenrolle spielen, ist auch das „E“ hin­ter dem Band „Fesselnde Blicke“ jüngst absolut berechtigt gewesen. Ich kann der Autorin das wirklich nicht übel nehmen, dass sie sich von den Protagonisten nicht trennen mochte… ähnliche Strukturen habe ich jüngst bei Lauren Rowes Zyklus „The Club“ gefunden und bei Beth Kery.1

Meine unten gemachten Bedenken hinsichtlich des ausgelebten Sadismus und Masochismus erhalte ich gleichwohl aufrecht. Ich habe es wirklich nicht so gern, wenn Männlein und Weiblein ausgesprochenen Gefallen an der intensi­ven Vermengung von Qual und Lust empfinden, das fühlt sich für mich unge­sund an… aber das ist so meine Privatansicht. Das war auch der zentrale Grund, warum ich etwa Linda Mignanis „Federzirkel“-Romane nicht rezensiert habe. Sie lesen sich ganz nett, ja, aber die Schwelle zum „Sind sie rezensionswürdig?“ wussten sie nicht zu überschreiten.

Der untere Band wird eigentlich auch eher aus Gründen der Vollständigkeit da­mals rezensiert worden sein und die Besprechung deshalb hier abgedruckt. Wer also gern etwas tiefer in die sadistisch-masochistische Gedankenwelt eintau­chen und gleichwohl romantischen Lesestoff vorfinden möchte, der schmökere einfach mal weiter und entdecke das vorliegende Buch:

Power Play – Opalherz

Von Ivy Paul

Plaisir d’Amour

292 Seiten, TB (2016)

ISBN 978-3-86495-229-6

Preis: 12,90 Euro

Gleich mal zur Vorwarnung: wer nicht auf Hard Limits steht und definitiv etwas dagegen hat, wenn Mädel Hiebe verabreicht bekommen, ist in diesem Roman fehl am Platze – es setzt hier reichlich Hiebe, und das hat mit der finsteren männlichen Hauptperson der Geschichte zu tun, mit Isak Söderblom und sei­nem infamen Rachetrip. Zugleich jedoch, und das sollte ebenfalls sogleich ange­merkt werden, handelt es sich um eine ausdrückliche und leidenschaftliche Lie­besgeschichte. Und diese widersprüchliche Message dröselt sich folgenderma­ßen auf:

Isak Söderblom, erfolgreicher Jung-Reeder aus Schweden, hat den Tod seiner geliebten Schwester Greta noch nicht überwunden, und da er den Verursacher kennt, einen dominanten Mistkerl namens Wayne Durham, glüht in seinem finsteren Herzen der Zorn und die Rachsucht unbeschreiblich heiß. Sein ganzes Leben ist nur noch in tiefschwarze Nacht getaucht, und es vergeht kein Tag, an dem er nicht heiß und innig danach dürstet, Wayne seiner gerechten Strafe zu­zuführen. Doch dies ist unmöglich – zwar hat Wayne Greta mit perversen BDSM-Spielen an den Rand ihrer Nervenkraft geführt und sie anschließend ver­gewaltigt, so dass sie nur noch in den Selbstmord flüchten konnte… aber Wayne hat sich in seine Heimat England abgesetzt, ein Verfahren gegen ihn wurde nicht eröffnet.

Da scheint sich für Isak ein Fenster für eine Rachemöglichkeit zu öffnen: sein Todfeind Wayne hat doch wirklich eine Schwester, Julie. Und über das Internet macht Isak Julie Durham am anderen Ende der Welt ausfindig, in Australien. Hier betreibt sie offensichtlich einen Seifenladen.

Wie grausam muss es für Wayne Durham sein, malt er sich aus, wenn er Julie in seinen erotischen Bann zieht, ihre Liebe und Hingabe gewinnt und sie schließ­lich aus kaltem Kalkül im Stich lässt und so ihr Glück ebenso zerstört, wie Wayne es mit dem seinen und Gretas Harmonie getan hat? Dies hört sich für den rachsüchtigen Schweden höchst konsequent an. Da er selbst eine starke dominante, ja ausgesprochen sadistische Ader hat, nimmt er nicht an, dass das „graue Mäuschen“, für das er Julie Durham hält, ihm lange Widerstand wird entgegensetzen können. Er weiß, dass er auf das weibliche Geschlecht sehr gut wirkt, geradezu magnetisierend gut.

Was soll also schon schief gehen?

Nun, einiges.

Zunächst einmal macht Isak eine Stippvisite bei alten Freunden in Sydney, näm­lich bei Renee Maurice, der Inhaberin der Erotik-Agentur „Sweet Sins“ (!), und schon hier stößt er auf arge Vorbehalte. Renee billigt seinen infamen Racheplan nämlich überhaupt nicht.

Er lässt sich nicht aufhalten, sondern sucht den Kontakt mit Julie Durham, wo­bei er natürlich den wahren Grund der Kontaktanbahnung nicht durchschim­mern lässt. Zu seiner vollkommenen Überraschung entpuppt sich die junge Sei­fensiederin als bildhübsch und aufregend gerundet… und um die Überraschung perfekt zu machen, stellt sich recht schnell heraus, dass sie unerfüllte erotische Phantasien in sich trägt, in denen es um wilde Liebeserfüllung in der Rolle einer devoten Gespielin geht.

Und dann ist da auch noch die Sache mit Isaks und Julies Herzen…

Der Roman ist eine interessante Form von erotisch-exzessiver Achterbahnfahrt – strukturell natürlich recht vorhersehbar, weil die Strickmuster romantisch-ero­tischer BDSM-Romane sich doch grundsätzlich sehr ähneln. Aber es gibt auch hier ein paar nette Überraschungen, mit denen der Leser nicht sogleich rech­net.

Überraschung Nummer eins war wenigstens für mich das Auftauchen von Re­nee Maurice und dem Journalisten Nicholas Brady, die aus den „Sweet Sins“-Romanen bekannt waren. Es ist interessant, zu sehen, wie diese Romane ein personelles Kontinuum zu bilden beginnen. Dabei stellte ich noch etwas fest – es wird auf Handlungsstrukturen angespielt, die im Buch „Sweet Sins 3 – Fes­selnde Blicke“ abgehandelt werden, das ich noch nicht besitze.2 Insofern kam die Lektüre ein wenig zu früh, doch macht das nicht viel aus, da die Überschnei­dungsflächen begrenzt sind.

Überraschung Nummer zwei war die verblüffende Entdeckung, dass die weibli­che Hauptperson zwar eine ausgesprochene Abneigung gegen Kontrollfreaks hat, sich aber unter Isaks vollständiger Kontrolle komplett hingeben kann und das dann sogar als erfüllend versteht. Eine psychologische Struktur, die man nicht auf Anhieb erwartet, die aber das Wechselspiel der Emotionen der Protagonisten um einiges interessanter macht, als wenn man einem plumpen Schematismus folgt.

Der ausgelebte Sadismus und, man muss es dann leider doch aussprechen, die wirklich sehr ausgeprägte masochistische Ader Julies passen dann wie Schlüssel und Schloss ineinander. Dennoch fand ich es an einigen Stellen etwas zu exzes­siv, was Isak Julie antat, und noch beunruhigender, dass beide daran solchen Gefallen fanden.

Wie gesagt, wenn man sich für derlei absichtsvolle Grausamkeiten erwärmen kann, mag man diese Geschichte für höchst anregend halten. Ich hätte lieber ei­nen Gang zurückgeschaltet und weniger Hiebe denn andere anregende Liebes­praktiken in der Darstellung bevorzugt. Ich hatte das Gefühl, die Autorin habe mal versucht, sich auf ein etwas härteres erotisches Terrain zu bewegen. Ob das wirklich gelungen ist, müssen die Leute entscheiden, die ausgesprochene Sadis­ten mit letzten Endes weichem Herz als Protagonisten mögen. Ich habe da so meine Vorbehalte.

Ach ja, und was den Titel angeht… sowohl „Power Play“ als auch „Opalherz“ treffen meines Erachtens den Inhalt nicht. Es gibt da zwar einen Opalherz-An­hänger, und es wird auch kurz mal von Power Play gesprochen, aber das war’s dann auch schon. Der Verlag hätte vielleicht gut daran getan, einen geschick­teren Titel zu wählen. Oder alternativ die Autorin.

Möge der Leser entscheiden, ob dies eine Leseempfehlung ist oder nicht – gut lesen ließ er sich jedenfalls, in meinem Fall binnen von drei Tagen…

© 2017 by Uwe Lammers

Seltsame Kost gab es heute zu entdecken? Wohl wahr, meine Freunde. Und mit den Entdeckungen machen wir in der kommenden Woche auch gleich munter weiter. Inwiefern? Nun, da lasst euch mal überraschen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Beide Zyklen – einmal ein Siebenteiler, zum zweiten ein nicht klar so deklarierter Vierteiler – sind in Vorbe­reitung für den Rezensions-Blog, voraussichtlich für 2020.

2 Wie ihr als regelmäßige Leser meines Rezensions-Blogs wisst, ist diese Info inzwischen überholt. Vgl. dazu meinen Rezensions-Blog 219 vom 5. Juni 2019. Das ändert nichts daran, dass ich den dort rezensierten Ro­man noch nicht kannte, als ich obige Rezension schrieb. Es kann hier also Überschneidungen geben.

Wochen-Blog 331: Close Up: Der OSM im Detail, Teil 7

Posted Juli 7th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

ich denke, es ist gut, wenn ich gleich „in medias res“ gehe, wie die Lateiner sa­gen, denn es gibt heute eine Vielfalt von komplizierten Zusammenhängen und Ereignissen zu berichten, das braucht Raum. Ich werde mich darum auch in der Rückschau kurz halten.

Rückblick: Das 14. Universum des Oki Stanwer Mythos ist dabei, im Chaos zu versinken. Eigentlich soll Oki Stanwer als Feldherr der Cranyaa in der Galaxis Hun’arc dem Imperium der insektoiden Cranyaa beistehen. Doch das ist inzwi­schen durch die Aktivitäten der Diener der Dämonenwaffe Rookax weitgehend ausgeschaltet worden.

Dank der Intervention des Helfers des Lichts Klivies Kleines und seiner Lichtfes­tung OREOC konnte Schlimmeres vereitelt werden, doch stehen die Dinge nun im Herzen von Hun’arc, in dem Reich des Rookax, nicht eben gut.

Oki Stanwer ist derweil fernab als Geistwesen erschienen und in den Körper des risalischen Versuchspiloten Morn geschlüpft. Seine Parafähigkeiten sind aller­dings außer Kontrolle und erzeugen erratisch Traumkrieger, die weiteres Chaos generieren. Außerdem zerrütten die Konsequenzen von Raumzeit-Experimenten der Risaler und Wukariner das Universum und schaffen eine immer gigantischer anschwellende Schockzone. Oki Stanwer und sein Werkzeug, die STELE DER EWIGKEIT, scheinen auf verlorenem Posten zu stehen…

Episode 31: Schwarze Raumer greifen an!

(22. April 1984, digitalisiert 2016)

Während der Versuchspilot Morn nach Wukarin unterwegs ist, um die Völker­freundschaft mit den Wukarinern physisch herzustellen (vgl. Bd. 25), wird in Ri­salon das Unternehmen KOSMOPOL aktiviert, mit dem ein Portal zu anderen Di­mensionen geöffnet werden soll. Doch der intrigante sechsarmige Hüne Soffrol, der berüchtigte „Rächer von Breeth-Fgahn“, dessen Ziel es ist, älter zu werden als TOTAM und der eher unabsichtlich vom Cranyaa-Helfer des Lichts Ureg-Ni aus seiner Hülle als Oltrav befreit wurde (vgl. Bd. 20), mischt sich ein und bringt das Experiment zum Scheitern. Damit legt er den Keim für die sich unkontrolliert ausufernde Schockzone, die ein Raumfahrervolk nach dem nächsten auslöscht. Soffrols Ziel besteht darin, TOTAM und seine Vasallen anzulocken – was auch gelingt. Der Dämon Untrok und der Troohn Crefreckt werden von den ausgelösten Chaosenergien verschlungen und ausgelöscht.

Oki Stanwer selbst versucht ebenfalls mit Hilfe der STELE DER EWIGKEIT, die chaotische Zone zu begrenzen, doch das gigantische kristalline Raumschiff wird in die Zone hineingezogen… in der unmöglicherweise ein Planet existiert…?

Episode 32: Die Waffenfestung

(1. Mai 1984, digitalisiert 2016)

Blende ins Herz von Hun’arc: Klivies Kleines und seine Gefährten sind hier zur­zeit unterwegs, um das Reich der doppelköpfigen Echsenwesen als Gefahren­quelle auszuschalten. Die Calnarer sind Rookax´ Raumschiffskonstrukteure ge­wesen und derzeit desorientiert, seit OREOCS Lichtroboter die Rookax-Stelen auf ihren Welten zerstört haben.

Da Kleines zwischendurch einen organischen Zusammenbruch hatte, wurde von OREOC eine Heilungsmission beschlossen, bei der die Cranyaa Kama-Ke und Lasa-On sowie der Soogrer Goonex mikrominiaturisiert in Kleines´ Körper einge­schleust wurden. Doch der Kontakt zu ihnen ist jäh abgerissen. Kleines geht es nun besser, aber er ist bestürzt, als er hört, was passiert ist. Seiner Befürchtung nach müssen die Freunde in seinem Körper auf Wesen gestoßen sein, die er mit „Timor-Dol“ und den „NEGATIVEN“ benennt (womit noch niemand etwas an­fangen kann).

Derweil gehen im makrokosmischen Bereich natürlich die Ereignisse weiter. OREOC befindet sich im Zielanflug auf das Herzsystem des Calnarer-Reiches, auf das System Le-Konji.

Das Sonnensystem Le-Konji ist zu einer massiven Waffenfestung ausgebaut worden. Bei dem Versuch, die Kontrolle über die Abwehrsysteme zu gewinnen, geraten Kleines, Gruhl und die Angehörigen der genetischen Armee in eine Fal­le, die sich zu einem mörderischen Blutbad entwickelt. Ihr Antagonist ist der subversive Calnarer Zephir-Gort, der sich insgeheim zum Herrscher des Systems aufgeschwungen hat.

Und dann tauchen auch noch Dämonen von TOTAM auf…!

Episode 33: Unter dem Bann eines Dämons

(13. Mai 1984, digitalisiert 2016)

Die Ereignisse im Le-Konji-System laufen aus dem Ruder, als die Dämonen Der­dusuum und Tekalotiir auftauchen, um die Calnarer für TOTAM zu unterjochen. Zephir-Gort, der heimliche Herrscher von Runix, überreagiert und löst damit ein robotisch gelenktes Blutbad unter den Moogs der genetischen Armee aus. Nur Gruhl, der dritte Helfer des Lichts im Körper eines Moogs, kann mit dem Leben davonkommen.

Während sich die Suggestivstrahlung der Dämonen im System ausbreitet und die zweiköpfigen Echsenwesen in Lethargie versinken lässt, kommt es bei dem kristallinen Helfer Klivies Kleines zu einem gesundheitlichen Rückfall. Auf ein­mal beginnt sein Körper explosionsartig zu wuchern und sich zu vergrößern. Und laut seinen letzten verständlichen Worten soll Gruhl verschwinden, „ehe Timor-Dol und die NEGATIVEN erscheinen und alles vernichten!“

Episode 34: ANTI-TOTAM

(14. Mai 1984, digitalisiert 2016)

Handlungsblende wieder zurück zur Schockzone bei den Galaxien Wukarin und Risalon und damit zu Oki Stanwer und seiner STELE DER EWIGKEIT. Das giganti­sche Kristallschiff ist in die Schockzone hineingestürzt, und während das ge­schieht, ist in unklarer Distanz zur sich ausdehnenden entropischen Zerstö­rungszone der Dämon Naamie von TOTAM unterwegs und verführt ein rätsel­haftes Volk von Dimensionswanderern – die Gerlakos.

Diese nebelhaften Wesen, die stets in eine Art von Dunstwolke gehüllt sind und von deren Körpern man nur mörderische Krallen erkennen kann, werden von Naamie dazu bewogen, gegen Oki Stanwer zu kämpfen – nicht zuletzt deswe­gen, weil Naamie Oki Stanwer die Entstehung der Schockzone anlastet.

Derweil ist die STELE DER EWIGKEIT auf einem Planeten gelandet, der aus un­begreiflichen Gründen im Innern der Schockzone existieren kann. Als der Kris­tallwächter Xyllom, ein Bordmitglied der STELE, diese Welt zu erforschen be­ginnt, stellt er einigermaßen konsterniert fest, dass es sich um eine Kopie des Planeten TOTAM handelt, allerdings aus strahlend weißem Kristall. Eine Art „ANTI-TOTAM“, womit die Welt einen Namen bekommt. Sie ist offenkundig eine extreme Emanation von Oki Stanwers eskalierenden Parafähigkeiten.

Während Xyllom die geheimnisvolle und vollständig durchtechnisierte Welt er­forscht – ein klarer Kontrast zu dem Planeten TOTAM der Gegenwart – , werden er und der in seinem Kristallsarg „träumende“ Oki Stanwer Zeugen davon, wie die Gerlakos den Planeten besetzen.

Oki erschafft Traumprojektionen wie Tom, die aber von den Gerlakos umge­hend gnadenlos niedergemetzelt werden. Es gibt weder eine Form von Verstän­digung noch eine Chance zum Kampf. Oki Stanwer ist in der STELE hilfloser Ge­fangener, und jenseits der Sphäre um ANTI-TOTAM existiert nur die Schockzone, in die die STELE sicherheitshalber nicht starten sollte, da sie Gefahr läuft, dort diesmal tatsächlich vernichtet zu werden.

Die Besetzung ANTI-TOTAMS nimmt immer massivere Züge an, und bald sind Millionen der rätselhaften Dimensionswanderer hier…

Episode 35: Glusem – die Biowelt

(20. Mai 1984, digitalisiert 2016)

Handlungsblende in den kosmischen Leerraum nahe der Galaxis Hun’arc: Nach­dem die beiden Helfer des Lichts Ureg-Ni und UCHULON auf der Ruinenwelt miteinander verschmolzen sind (vgl. Bd. 27), gehen sie dem Hinweis des intri­ganten Soffrol nach und gelangen durch Ureg-Nis Hyperraumgehfähigkeiten als PSI-Schalter auf eine Welt, die von einem globalen Plasmaozean bedeckt wird.

Hier werden die Seelen voneinander getrennt, und UCHULON geht in den Kör­per eines schleimigen Ghouls über, während der Cranyaa in den Ozean stürzt und in die grässliche Tiefe gesogen wird, bis er das Bewusstsein verliert. Aber er wird noch gewahr, dass dieser Plasmaozean ein intelligentes Lebewesen ist – und sogar eins, das er kennt.

Er steht der Dämonenwaffe Glusem von TOTAM gegenüber, die zugleich ein Helfer des Lichts ist. Aber Glusem hat grässliche Vorstellungen von seiner Art, ein Helfer des Lichts zu sein – er favorisiert allen Ernstes ein Bündnis mit TOTAM!

UCHULON wird an der Oberfläche zu seinem nicht eben geringen Schrecken mit zwei weiteren Dämonenwaffen konfrontiert: mit einem glühenden Schädel, der GOLEM genannt wird, und mit einem rauchartigen Etwas, das sich Quaramus nennt… allerdings sind dies, ursprünglich Todfeinde Glusems, nicht die Origina­le, sondern vergleichsweise kraftlose Projektionen Glusems geworden, die er sich eher wie Schoßtiere hält.

Und diese Wesen haben mindestens ebenso verschrobene Ansichten wie Glu­sem selbst: GOLEM etwa verkündet lauthals, er werde Oki Stanwer warnen! Da­mals war das immerhin sein Todfeind. Und als UCHULON ratlos rückfragt, vor wem er Oki Stanwer warnen möchte, heißt es: „Vor dem WÄCHTER“, also dem amtierenden Matrixkoordinator.

Nun versteht UCHULON natürlich gar nichts mehr und hält die Projektionen für ebenso gestört wie Glusem selbst.

Ihr seht, die Komplexität nimmt weiterhin zu, es tauchen seltsame neue Prot­agonisten auf, die bisweilen intrigante oder noch verwirrendere Absichten ver­folgen. Und immer noch laufen die Pfade nebeneinander her und führen nicht wirklich zusammen.

In der nächsten Ausgabe der „Close Up“-Artikel wird sich das noch etwas stei­gern, aber es deuten sich schon gewisse Harmonisierungen an, vertraut mir. In vier Wochen seid ihr schlauer – versprochen!

Bis nächste Woche, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 223: Killerwelle

Posted Juli 2nd, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

üblicherweise stehen die Romane von Clive Cussler ja relativ alleine für sich. Sie besitzen zwar meist ein wiederkehrendes Personal, etwa die NUMA-Kämpen Dirk Pitt, Albert Giordino, Joe Zavala und Kurt Austin oder eben – siehe unten – die Crew der Corporation um Juan Cabrillo… aber sie sind doch nur sehr selten so angelegt wie dieser hier. Hier haben wir, was die Voraussetzungen des vorlie­genden Werkes angeht, mit etwas zu tun, was ich als Quasi-Mehrteilerstruktur bezeichnen möchte. Das heißt, ohne die Kenntnis des vorigen Bandes „Teufli­scher Sog“ hat man hier gewisse Verständnisprobleme.

Das klingt jetzt vielleicht negativer, als es gemeint ist. Ich fand es sinnvoll und geschickt, auch wenn mir die daraus resultierenden Konsequenzen nicht wirk­lich schmeckten. Aber das ist zweifellos von Leser zu Leser unterschiedlich.

Der Roman packte mich ungeachtet gewisser Indifferenzen in der Storyline defi­nitiv, und ich würde ihn als einen der besseren Kooperationsromane von Cuss­ler und du Brul einstufen. Abgesehen von der Tatsache, dass der Verlag sein Bestes tat, den Roman vollkommen falsch zu bewerben und zu betiteln, schwei­gen wir mal vom absolut irreführenden Titelbild, haben wir hier einen definitiv spannenden Actionroman vor uns. Ohne Taucher. Ohne Haie. Vertraut mir, die werdet ihr da nicht finden.

Was dann? Lest weiter, wenn ihr das wissen wollt:

Killerwelle

(OT: The Jungle)

Von Clive Cussler & Jack du Brul

Blanvalet 37818

528 Seiten, TB, 2012

Aus dem Amerikanischen von Michael Kubiak

ISBN 978-3-442-37818-0

Man schreibt das Jahr 1281 nach Christus, als ein Reisender aus der Ferne, der einen chinesischen Heerzug begleitet, Zeuge einer seltsamen Begebenheit wird. Bei der Erstürmung einer belagerten Festung erlebt er die gespenstische, un­glaubliche Waffe, die man „Drachenblick“ nennt und die zur Erblindung der un­glückseligen Verteidiger der Feste wird. Aber das Geheimnis dieser rätselhaften Waffe versinkt offenkundig in der Vergessenheit. Daran kann auch die Tatsache nichts ändern, dass dieser Zeuge den Namen Marco Polo trägt…

Mehr als siebenhundert Jahre später und völlig unzusammenhängend damit hält ein Forscher namens William Cantor notgedrungen schlecht besuchte Vor­träge über seine Arbeit, namentlich über die Forschung am Leben Marco Polos. Im Anschluss an einen solchen Vortrag verschwindet er spurlos.

Vier Monate darauf, in der Jetztzeit, stoßen wir dann auf Seite 35 des Romans endlich auf vertraute Personen – in einer Region namens Nord-Wasiristan im af­ghanischen Bergland nahe Pakistan. Juan Cabrillo und einige seiner Mitstreiter von der Corporation haben sich hier für einen riskanten Auftrag anheuern las­sen, der sie in direkte Konfrontationslinie mit den Taliban-Kriegern bringt. Vor­angegangen sind ein paar unschöne Entwicklungen, deren Vorkenntnis das Ver­ständnis des Romans deutlich verbessert. Es empfiehlt sich deshalb, den Roman „Teuflischer Sog“ vorher gelesen zu haben.1 Kurz resümiert, sieht die Lage fol­gendermaßen aus:

Die Corporation, die ja von Juan Cabrillo nach seinem Ausstieg aus der CIA als privates Sicherheitsunternehmen gegründet worden ist und ihren Sitz auf dem heruntergekommen wirkenden, in Wahrheit aber hochmodernen Frachter ORE­GON hat, steht üblicherweise auf gutem und freundschaftlichem Fuß mit der CIA und deren betagtem Chefagenten Langston Overholt III. Doch das letzte Un­ternehmen der Corporation, das im eben erwähnten Roman beschrieben wur­de, führte am Rand der Antarktis zu einer recht krassen militärischen Konfron­tation mit den Argentiniern und den Chinesen, und zwar zu einem Zeitpunkt, als Overholt ein Einschreiten strikt untersagt hatte. Letzten Endes war die Ope­ration ein Erfolg, aber die Corporation gilt seither als unsicherer Kantonist und wird von der CIA nicht mehr unterstützt. Sie steht gewissermaßen auf der schwarzen Liste, und die Regierung der Vereinigten Staaten als finanzstarker Geldgeber für Aufträge fällt darum aus.

Aus diesen Gründen muss Juan Cabrillo andere Aufträge entgegennehmen. Ei­ner davon kommt von einem Mann namens Gunawan Bahar, einem indonesi­schen Geschäftsmann. Wie das Schicksal so spielt, ist sein geistig zurückgeblie­bener Sohn Setiawan unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in einen Zirkel is­lamistischer Fundamentalisten geraten und dann kurzerhand gekidnappt wor­den, um in einem Bergnest in Nord-Wasiristan mit einem Sprengstoffgürtel aus­gestattet zu werden und als lebende Bombe zu einem Märtyrer zu werden. Ca­brillo und sein Team sollen ihn dort herausholen, und dies möglichst diskret.

Zu ihrer nicht geringen Verblüffung stoßen sie dort auf eine zweite Geisel, de­ren Schicksal es offenkundig ist, medienwirksam von den Al Kaida-Fundamenta­listen vor lautender Kamera enthauptet zu werden – der gefangene amerikani­sche Soldat MacD Lawless.2

Auf eine ziemlich atemberaubende Weise gelingt ihnen dieser Auftrag und die Flucht. Sie bringen den armen Setiawan zurück zu seinem Vater, erhalten das Honorar, und Lawless´ Zähigkeit macht auf Cabrillo Eindruck. Während sie den nächsten Einsatz planen, macht er sich Gedanken, ihn als Ersatz für einen Team­verlust (auch dies geschah im genannten Vorgängerroman) in die Corporation aufzunehmen.

Der nächste Auftrag bringt den Chef der Corporation mit einem Schweizer Ban­kier namens Roland Croissard in Kontakt, der die Verbindung zu seiner einzigen Tochter Soleil verloren hat. Sie ist eine junge Abenteurerin, die sich stets Hals über Kopf in Abenteuer stürzt, und diesmal hat sie sich vorgenommen, in ein nahezu unerschlossenes Dschungelgebiet im Goldenen Dreieck im birmani­schen Grenzland vorzudringen. Dort ist sie spurlos verschwunden. Cabrillo weiß, dass allein das schon eine Herausforderung ist, doch Croissard besteht darauf, dass das Team von einem einstigen Fremdenlegionär begleitet werden soll, der sich den Namen „John Smith“ zugelegt hat. Eher widerwillig geht Ca­brillo auf diese Bedingung ein. Der Einsatz soll zugleich MacD’s Feuertaufe sein. Er kostet sie beinahe allesamt das Leben.

Denn der Auftrag entpuppt sich als heimtückische Falle. Das Zielgebiet enthält einen verfallenen buddhistischen Tempel, und sie finden einige Leichen und ei­nen Rucksack. Danach geht alles schief, und ehe sich Cabrillo und MacD verse­hen, stecken sie in den Folterkellern des birmanischen Militärs. Da gibt es wirk­lich ein paar echt widerliche Passagen, wie ich sagen muss. Nichts für schwache Nerven.

Und doch ist der rasante Roman damit erst etwa auf knapp der Hälfte des Tex­tes angelangt, danach dreht er erst richtig auf. Es wimmelt in der Folge von Schießereien, abenteuerlichen Verfolgungsjagden zu Land und zu Wasser, Artil­lerieduellen, Verrätern und Doppelspielen… und was das alles mit einer Bohrin­sel vor Brunei zu tun hat und inwiefern zwei gigantische Kristallkegel zu einer weltweiten Bedrohung werden können… das sollte man gelesen haben, das möchte ich nicht vorwegnehmen. Wenn man dann schließlich bei einem Lese­pensum von 250 Seiten pro Tag angelangt ist und am liebsten noch mehr läse – ich musste mich dann um Mitternacht ernstlich bremsen – , dann kann man ei­gentlich nur sagen, die Geschichte reißt den Leser mit…

Im Grunde dachte ich lange Zeit, dies sei der letzte Roman von Jack du Brul, der über die OREGON-Crew geschrieben werde. Das ist aber, wie ich inzwischen weiß, ein Irrtum. Wenigstens ein weiterer Roman existiert, nämlich „Tarnfahrt“, der im September 2014 in den Handel gelangen wird. Weitere Romane könnten folgen.

Wenn man sich dieses Werk hier anschaut, das sich deutlich darum bemüht, Verknüpfungen zu vorigen Romanen herzustellen und um einiges sorgfältiger ausgearbeitet ist als gerade der letzte Band der Serie, dann würde ich sagen, lohnt es sich, diesen Abenteuern weiter nachzuspüren. Was die Beurteilung der Geschichte angeht, so hatte ich nach Ende der Lektüre das irritierende Gefühl, dass hier eine Veränderung des Handlungsstroms vorgenommen worden ist, und die Titelvergabe sowohl im Englischen wie im Deutschen hat diese Irritati­on höchstens verstärkt.

The Jungle“ ist ein offensichtlicher Verlegenheitstitel, denn abgesehen von dem birmanischen Abenteuer, das aber gerade mal gut 100 Seiten ausmacht, geht es überhaupt nicht um einen Urwald, und der steht selbst dort nicht im Zentrum. Das wäre etwa so, als würde man ein Werk über den Ersten Weltkrieg schreiben und ihm den Titel „Die große Karpatenschlacht“ geben. Die hat es da auch gegeben, natürlich, aber das ist völlig irreführend. So ist der englische Ti­tel. Der deutsche, „Killerwelle“, ist noch dämlicher. Es geht nicht um eine Welle, es geht weder um Tsunamis noch sonst etwas in dieser Richtung… und schwei­gen wir mal vom Titelbild, wo wir Taucher, Haie und Lava sehen. Nichts davon kommt im Roman vor. Hätte man nicht wenigstens Höhlen, einen buddhisti­schen Tempel oder die Maginot-Linie bringen können…? Nein, gar nichts. Nicht mal eine Bohrplattform, auch das hätte noch einen gewissen Sinn ergeben. Stattdessen nur dumpfe Desinformation.

Manche Desinformationsstrukturen waren zudem recht deutlich zu sehen. Ich habe beiden Neuankömmlingen in der Geschichte misstraut, und ich tat gut daran (wenn auch aus sehr unterschiedlichen Gründen). Das war dann ein we­nig platt gemacht. Die letzte Person hingegen, die dann in die Handlung einge­führt wird… ja, ich glaube, Person ist ein falscher Begriff, das ist ein echtes Sci­ence Fiction-Element, Freunde… also, diese Person, um mal dabei zu bleiben, die war dann wirklich interessant gemacht. Nicht wirklich glaubwürdig, finde ich, aber hier könnte ich keine fundierte Kritik anbringen, ohne den zentralen Plot zu verraten. Schade eigentlich, aber nicht zu ändern.

Der zentrale Plot scheint mir im Übrigen etwas verändert worden zu sein, wie ich eben schon andeutete, und zwar während des Schreibens. Die anfängliche Marco Polo-Handlung macht zwar einigermaßen mühsam Sinn, aber im Detail wirkt das dann, verknüpft mit dem Endzweck der Geschichte, einigermaßen verkrampft. So, als hätten Cussler und du Brul so auf Seite 300 gedacht: Mist, das ist aber zu geradlinig gedacht, das ist nicht spannend genug… machen wir lieber DAS daraus! Ein wirklich konsequenter roter Faden fehlt deswegen, und einige Details der Geschichte bleiben auch völlig im Ungewissen.

Dennoch – alles in allem ein durchaus packender, interessanter Roman, der den Tiefpunkt der Serienhandlung im vergangenen Roman dann wieder abmildert. Man darf auf weitere Abenteuer der Corporation gespannt sein…

© 2014 by Uwe Lammers

Es ist bekanntlich nicht alles Gold, was glänzt. Und nicht alles, was es auf die New York Times-Bestsellerliste schafft (was Cussler seit Jahrzehnten mit seinen Büchern gelingt), muss deshalb jenseits des amerikanischen Umfeldes auch wirklich interessant oder gelungen sein. Das hier ist eine seltsame Form von Zwischending.

Noch interessanter aber sind in meinen Augen die Werke, die man eigentlich überhaupt nicht im Buchhandel finden kann. Wie jetzt, mögt ihr vielleicht fra­gen, spreche ich von Selfpublishern? Nein, tue ich nicht. In der kommenden Woche stelle ich einen weiteren Roman des Verlags Plaisir d’Amour vor. Und dieser Verlag ist üblicherweise nicht im Buchhandel vertreten – was schätzungs­weise primär damit zu tun hat, dass er Romane präsentiert, die strukturell ero­tische Werke sind, zumeist aus dem BDSM-Milieu.

Ich meine, vor dem Hype um E. L. James´ „Fifty Shades of Grey“ konnte ich die­se Prüderie des stationären Buchhandels ja noch halbwegs verstehen. Aber seit inzwischen zahllose Epigonen von James mit ihren nicht gerade zurückhaltenden Werken im traditionel­len Buchhandel Fuß gefasst haben – viele davon mit Kapiteln, die heftiger als in den PdA-Romanen sind! – , ist mir diese Zurückhaltung doch einigermaßen schleierhaft.

Macht euch einfach in der kommenden Woche ein Bild davon, wenn ich den vierten Band des Australien-Zyklus um die Agentur „Sweet Sins“ vorstelle.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Für das Kurzformat empfiehlt sich dazu mein Rezensions-Blog 214 vom 1. Mai 2019.

2 In meinen Augen ein ausgesprochen bescheuerter Name, aber das kann man sich als Rezensent halt nicht aussuchen…